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Dr. Matthias Denzer

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 2

Lerntipps, Startseite, Verschiedenes

Dieser Beitrag setzt den Rechtsprechungsüberblick im Zivilrecht von Oktober 2018 bis März 2019 fort. Teil 1 des Beitrags findet ihr hier.
 
BGH, Beschluss v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17
„VW-Abgasskandal“: Abschalteinrichtung als Sachmangel
Zunächst stellte der BGH fest, dass der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung ein Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist:

„Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende – Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist.
Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.“ (Leitsätze 1a und 1b)

Eine Nacherfüllung durch Nachlieferung eines gleichwertigen Neuwagens nach § 439 Abs. 1, 2. Alt BGB soll grundsätzlich möglich sein. Auch ein Modellwechsel (im konkreten Fall von einem VW Tiguan I auf einen VW Tiguan II) steht dem nicht entgegen:

„Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist.
Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben.
Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es – nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern können den Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“ (Leitsätze 2b und 2c).

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die Besprechung von Sebastian Rombey.
 
BGH, Beschluss v. 09.01.2019 – VIII ZB 26/17
Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses und analoge Anwendung des § 566 BGB auf den Erwerb eines Miteigentumsanteils
Die Eheleute M und F waren Miteigentümer einer Mietwohnung. Diese vermieteten sie an den Mieter X. Später übertrug M seinen Miteigentumsanteil auf die F, sodass F nun Alleineigentümerin der Mitwohnung war. Im Februar 2016 kündigte F das Mietverhältnis mit X. Fraglich war nun, ob die Kündigung auch durch den M hätte ausgesprochen werden müssen oder ob § 566 Abs. 1 BGB zur Anwendung komme, mit der Folge, dass die Kündigung allein durch den Erwerber des Miteigentumsanteils ausgesprochen werden konnte. Der BGH verneinte eine direkte Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB:

„Nach dem Wortlaut des § 566 Abs. 1 BGB muss die Veräußerung an einen Dritten erfolgen, das heißt, der veräußernde Eigentümer und der Erwerber müssen personenverschieden sein, der Erwerber darf bis zum Erwerb nicht Vermieter gewesen sein. Eine direkte Anwendung des § 566 BGB kommt damit […] nicht in Betracht.“

Auch eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht. Für eine Analogie bedarf es einer planwidrigen Regelungslücke sowie einer vergleichbaren Interessenlage. Solch eine vergleichbare Interessenlage lehnte der BGH im vorliegenden Fall ab:

„Sinn und Zweck des § 566 BGB ist der Schutz des Mieters vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegenüber einem neuem Erwerber im Falle der Veräußerung der Mietsache. Dieser Schutzzweck ist von vornherein nicht berührt, wenn […] einer von zwei vermietenden Miteigentümern seinen Eigentumsanteil auf den anderen überträgt, so dass dieser Alleineigentümer der Mietsache wird. Denn der nunmehrige Alleineigentümer ist (weiter) an den Mietvertrag gebunden und ein Verlust des Besitzes auf Seiten des Mieters infolge des Veräußerungsvorgangs ist somit nicht zu besorgen. Damit scheidet eine analoge Anwendung des § 566 BGB auf einen solchen Fall aus.“

 
BGH, Urteil v. 15.01.2019 – II ZR 392/17
Vertretung einer Gesellschaft durch den Aufsichtsrat

„Der Aufsichtsrat vertritt die Aktiengesellschaft nicht nur bei Rechtsgeschäften, die mit einem Vorstandsmitglied selbst geschlossen werden, sondern auch bei Rechtsgeschäften mit einer Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied ist.“ (Leitsatz)
„Für eine entsprechende Erweiterung des Anwendungsbereichs spricht insbesondere der Schutzzweck der Norm. § 112 Satz 1 AktG soll Interessenkollisionen vorbeugen und eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern sicherstellen. Dabei ist es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ausreichend, dass aufgrund der gebotenen und typisierenden Betrachtung in den von § 112 Satz 1 AktG geregelten Fällen regelmäßig die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung der Gesellschaft vorhanden ist.
Hierbei kann es keinen entscheidenden Unterschied machen, ob das Vorstandsmitglied einen Vertrag im eigenen Namen mit der Gesellschaft abschließt, oder ob Vertragspartner der Gesellschaft eine Gesellschaft ist, deren alleiniger Gesellschafter das Vorstandsmitglied ist.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BAG, Urteil v. 23.01.2019 – 7 AZR 733/16
Änderung der Rechtsprechung zur Auslegung einer Vorbeschäftigung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG  
Nach bisheriger Rechtsprechung des BAG (Urteil v. 06.05.2011 – 7 AZR 716/09) waren Arbeitsverhältnisse, die länger als drei Jahre zurücklagen, nicht als Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG anzusehen. Nun nimmt die Rechtsprechung Abstand von einer rein zeitlichen Betrachtung:

„Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.“

Siehe zu dieser Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Yannik Beden, M.A.
 
BAG, Urteil v. 07.02.2019 – VII ZR 63/18
Abgrenzung Schadensersatz statt und neben der Leistung im Werkvertragsrecht
Die Klägerin ließ ihr Kfz (Volvo V 70) beim Beklagten, der eine Kfz-Werkstatt betreibt, warten. Im Rahmen dieser Wartungsarbeiten tauschte der Beklagte u.a. den Keilrippenriemen, den Riemenspanner und den Zahnriemen aus. Aufgrund von Problemen mit der Lenkung bring die Klägerin circa einen Monat später ihr Kfz in die Werkstatt des L – der Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt Betriebsferien. In der Werkstatt des L wird festgestellt, dass der Beklagte den Keilrippenriemen nicht richtig gespannt hatte und dieser daher gerissen war. Infolgedessen sind Schäden am Riemenspanner, am Zahnriemen, der Servolenkungspumpe sowie der Lichtmaschine entstanden. Die Klägerin ließ die beschädigten Teile in der Werkstatt des L austauschen und verlangte nun von der Beklagten Schadensersatz. Es stellte sich somit die Frage, ob die entstandenen Schäden unter den Voraussetzungen des Schadensersatz statt der Leistung (§§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB) oder als Mangelfolgeschäden unter den Voraussetzungen des Schadensersatz neben der Leistung (§§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB) ersatzfähig seien.
Der BGH differenzierte insoweit zwischen dem Austausch von Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen und dem Austausch von Servolenkungspumpe und Lichtmaschine.

„Liegt eine Pflichtverletzung in Form einer mangelhaften Werkleistung vor, ist danach zwischen dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB und dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zu unterscheiden. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst damit das Leistungsinteresse des Bestellers. Er erfordert zunächst – vorbehaltlich der geregelten Ausnahmen – eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, um dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit zur Erbringung der geschuldeten Werkleistung, also zur Herstellung des mangelfreien Werks, zu geben. Demgegenüber sind gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB die über das Leistungsinteresse hinausgehenden Vermögensnachteile, insbesondere Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst oder an dessen Vermögen, zu ersetzen:“

Die Schäden an Servolenkungspumpe und Lichtmaschine (diese Teile waren nicht Gegenstand der Wartungsarbeiten des Beklagten) qualifizierte er dabei als Mangelfolgeschäden, die als Schadensersatz neben der Leistung zu ersetzen sind. Das heißt: Eine Fristsetzung war insoweit nicht erforderlich:

„Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten. […]
Von […] Schäden, die im Zuge der Nacherfüllung zwangsläufig entstehen, sind diejenigen Schäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen zu unterscheiden, die durch die mangelhafte Werkleistung verursacht wurden. Sie werden von der Nacherfüllung nicht erfasst, sondern können nur Gegenstand des – verschuldensabhängigen – Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB sein.“

Die Nacherfüllung auch auf Mangelfolgeschäden zu erstrecken – und in der Folge einen Schadensersatzanspruch als Schadensersatz statt der Leistung zu qualifizieren – würde „zu einer nicht gerechtfertigten Einschränkung des Bestellers führen, wenn er bei mangelbedingten (engen) Folgeschäden nicht mehr entscheiden könnte, durch wen sie beseitigt werden sollen. […]Den Interessen des Unternehmers wird in Bezug auf Folgeschäden durch das in § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB geregelte Verschuldenserfordernis hinreichend Rechnung getragen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)
Die Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens qualifizierte das Gericht als Schadensersatz statt der Leistung.

„Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst das Leistungsinteresse des Bestellers. Er knüpft daran an, dass eine ordnungsgemäße Nacherfüllung nicht erfolgt ist. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich damit nach der Reichweite der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gemäß § 634 Nr. 1, § 635 BGB auf Herstellung des geschuldeten Werks gerichtet ist, bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.“

Damit wäre hinsichtlich der Schäden an Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen eine Fristsetzung grundsätzlich erforderlich gewesen. Eine solche hatte die Klägerin nicht gesetzt. Der BGH stellte jedoch fest, dass eine Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich sei, da besondere Umstände vorlägen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigten:

„Solche Umstände sind hier zu bejahen. Danach besteht ein besonderes Interesse der Klägerin an einer einheitlichen Reparatur, bei der die erforderlichen Austauscharbeiten im Zuge der Beseitigung der wirtschaftlich im Vordergrund stehenden Folgeschäden an der Lichtmaschine und der Servolenkung miterledigt werden. Demgegenüber tritt das – grundsätzlich bestehende – Interesse des Beklagten an der Möglichkeit einer Nacherfüllung betreffend Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen zurück […].

 
BAG, Urteil v. 07.02.2019 – 6 AZR 75/18
Gebot fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen

„Ein Aufhebungsvertrag kann […] unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist. […]
Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte hätte dann Schadensersatz zu leisten. Sie müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies führte zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.“ (Pressemitteilung das BAG, Nr. 6/19 v. 07.02.2019)

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Yannik Beden, M.A.
 
BGH, Urteil v. 02.04.2019 – VI ZR 13/18

„Weiterleben“ als Schaden
Ärzte haften grundsätzlich nicht, wenn sie einen Patienten länger als medizinisch sinnvoll am Leben erhalten und somit sein Leiden verlängern.
Geklagt hatte der Sohn eines an fortgeschrittener Demenz leidenden Patienten. Durch künstliche Ernährung sei das krankheitsbedingte Leiden seines Vaters verlängert worden; die Ärzte hätten das Therapieziel dahingehend ändern sollen, dass das Sterben des Patienten durch die Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen zugelassen werde. Der Kläger machte Schmerzensgeld aus ererbtem Recht sowie den Ersatz von Behandlungs- und Pflegeaufwendungen geltend.

„Nach Auffassung des BGH steht dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu. Dabei könne dahinstehen, ob der Beklagte Pflichten verletzt habe. Denn jedenfalls fehle es an einem immateriellen Schaden. Hier stehe der durch die künstliche Ernährung ermöglichte Zustand des Weiterlebens mit krankheitsbedingten Leiden dem Zustand gegenüber, wie er bei Abbruch der künstlichen Ernährung eingetreten wäre, also dem Tod. Das menschliche Leben sei ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert stehe keinem Dritten zu. Deshalb verbiete es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch wenn ein Patient selbst sein Leben als lebensunwert erachten möge mit der Folge, dass eine lebenserhaltende Maßnahme gegen seinen Willen zu unterbleiben habe, verbiete die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich der Rechtsprechung ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden. 
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Ersatz der durch das Weiterleben des Patienten bedingten Behandlungs- und Pflegeaufwendungen zu. Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen sei es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden seien, zu verhindern. Insbesondere dienten diese Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.“ Pressemitteilung des BGH Nr. 40/2019 v. 02.04.2019

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Charlotte Schippers. 
 
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15.04.2019/1 Kommentar/von Dr. Matthias Denzer
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Dr. Matthias Denzer

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 1

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Viele Examenskandidaten stehen unmittelbar vor dem Antritt ihres „Freischusses“ im nächsten Monat. Empfehlenswert ist es dabei stets, sich die Rechtsprechung der letzten Monate noch einmal vor Augen zu führen – angesichts des zumeist straffen Zeitplans aus Lernen, Wiederholen und der Teilnahme am Klausurenkurs kein leichtes Unterfangen. In unserem Rechtsprechungsüberblick sollen daher die – aus unserer Sicht – examensrelevanten Entscheidungen auf ihre wesentlichen Aussagen reduziert dargestellt werden. Teil 2 des Rechtsprechungsüberblicks im Zivilrecht erscheint nächsten Montag (15.4.2019).
Einen Rechtsprechungsüberblick für die Monate Juli – September 2019 findet ihr unter den folgenden Links:
            Rechtsprechungsüberblick Zivilrecht (Juli – September 2018)
            Rechtsprechungsüberblick Strafrecht (Juli – September 2018)
            Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Juli – September 2018)
 
BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – XII ZB 231/18
Kann die Ehefrau der ein Kind gebärenden Frau als Mit-Elternteil im Geburtenregister eingetragen werden?
Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kinders der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Der BGH verneinte die Frage, ob diese Regelung direkt oder analog auch auf die Ehefrau der in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebenden Mutter eines Kindes Anwendung finde:

„Die Ehefrau der ein Kind gebärenden Frau wird weder in direkter noch in entsprechender Anwendung des § 1592 Nr. 1 BGB Mit-Elternteil des Kindes. Die darin liegende unterschiedliche Behandlung von verschieden- und gleichgeschlechtlichen Ehepaaren trifft nicht auf verfassungs- oder konventionsrechtliche Bedenken.“ (Leitsätze 1 und 2)

 
BGH, Urteil v. 16.10.2018 – XI ZR 69/18
Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen
Grundsätzlich beträgt die Widerrufsfrist bei Verbraucherdarlehensverträgen 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB) ab Vertragsschluss und Aushändigung der Vertragsurkunde, die die nach § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Pflichtangaben enthalten muss (§ 356b Abs. 1, 2 BGB). Dazu gehört insbesondere auch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. (Gesetzesangaben entsprechen der Neufassung v. 13.06.2014.)
Im entschiedenen Fall schloss der Kläger mit der Beklagten im September 2005 einen Verbraucherdarlehensvertrag. Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung enthielt dieser nicht, die Widerrufsfrist begann damit nach § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen. Im September 2011 einigte sich der Kläger mit der Beklagen auf eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags und zahlte an die Beklagte eine „Vorfälligkeitsentschädigung“. Die Beklagte gab daraufhin vom Kläger bestellte Sicherheiten frei. Im November 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
Der BGH führte aus, dass das Widerrufsrecht des Klägers 9 Jahre nach Abschluss des Darlehnsvertrags und drei Jahre nach der vorzeitigen Beendigung verwirkt sei:

„Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. […] Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen.“

Solche Umstände hat der BGH in der Freigabe von Sicherheiten gesehen:

„Dem steht nicht entgegen, dass der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten ohnehin freizugeben hätte. Vom Darlehensgeber bestellte Sicherheiten sichern regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB. Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an. Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag, kann darin die Ausübung beachtlichen Vertrauens im Sinne des § 242 BGB liegen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17
Ausübung eines Gestaltungsrechts (hier: Widerruf gem. § 312b, 312g, 355 f. BGB) nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung

„Der Vortrag einer Partei, dass ein Gestaltungsrecht erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung ausgeübt worden ist – vorliegend durch die Erklärung des Widerrufs gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB – ist grundsätzlich unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Denn die prozessrechtliche Präklusionsvorschrift in § 531 Abs. 2 ZPO soll die Parteien lediglich dazu anhalten, zu einem bereits vorliegenden und rechtlich relevanten Tatsachenstoff rechtzeitig vorzutragen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 102). Sie verfolgt hingegen nicht den Zweck, auf eine (beschleunigte) Veränderung der materiellen Rechtslage hinzuwirken.“

 
BGH, Urteil v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17
Zur Sachmängelhaftung eines mit einem Softwarefehler behafteten Neufahrzeugs

„Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn die Software der Kupplungsüberhitzungsanzeige eine Warnmeldung einblendet, die den Fahrer zum Anhalten auffordert, um die Kupplung abkühlen zu lassen, obwohl dies auch bei Fortsetzung der Fahrt möglich ist.
An der Beurteilung als Sachmangel ändert es nichts, wenn der Verkäufer dem Käufer mitteilt, es sei nicht notwendig, die irreführende Warnmeldung zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer zugleich der Hersteller des Fahrzeugs ist.“ (Leitsatz 1a und b)
 

BGH, Urteil v. 07.11.2018 – XII ZR 109/17
Werbung auf einem Kraftfahrzeug gegen Entgelt – Qualifizierung des Vertragstyps

„In der Zurverfügungstellung einer konkreten Werbefläche auf dem der Klägerin gehörenden Fahrzeug liegt eine Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 BGB, bei der es einer Besitzverschaffung ausnahmsweise nicht bedarf. Die Überlassung einer Werbefläche auf einem in Benutzung der Bildungseinrichtung stehenden Kraftfahrzeug unterscheidet sich rechtlich nicht von der Reklame an Straßenbahnen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Mietverhältnis qualifiziert worden ist. Soweit der Senat ähnlich gelagerte Werbegestattungen als Rechtspacht eingestuft hat, führt dies gemäß § 581 Abs. 2 BGB ebenfalls zur Anwendung von Mietrecht.
Dem steht auch nicht das Urteil des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 1984 (X ZR 93/83 – NJW 1984, 2406, 2407) entgegen. In jenem Fall lag der Schwerpunkt – anders als im vorliegenden Fall – ersichtlich auf werksvertragstypischen Leistungen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 07.11.2018 – IX ZA 16/17
Zur Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

„Die Kläger meinen zu Recht, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters ergebe sich daraus, dass dieser als Mitverfasser eines Geleitworts zu einer Festschrift anlässlich des 70. Geburtstags des Beklagten dessen Person und Lebenswerk in heraushebender Weise gewürdigt hat. In dem Geleitwort bezeichnet der abgelehnte Richter den Beklagten als einen Mann, „der sich wie kein zweiter in vielfältiger Weise um das Insolvenzrecht und die angrenzenden Rechtsgebiete verdient gemacht“ habe; der „zu der seltenen Spezies Insolvenzverwalter gehört, die unternehmerisches Denken mit scharfsinniger juristischer Analyse verbinden können“, der „unternehmerisch mit dem bestmöglichen Bemühen um die Sanierung als die ökonomisch vorzugswürdige Lösung“ vorgehe, „mit seinen Publikationen seine Qualifikation als Vordenker für die Praxis“ beweise und „den Acker «Insolvenz und Sanierung» in sehr unterschiedlichen, einander aber immer wieder befruchtenden Funktionen bestellt und daraus reiche Ernte hervorgebracht“ habe.
Die damit verlautbarte Hochachtung nicht nur von Person und Lebenswerk des Beklagten, sondern auch seiner besonderen insolvenzrechtlichen Treffsicherheit und seiner Vorbildfunktion für Insolvenzverwalter, kann bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, in einem Rechtsstreit, in dem der Beklagte wegen angeblicher Pflichtverletzung bei der Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.“

 
BGH, Urteil v. 14.11.2018 – XII ZB 107/18
Zur Auslegung einer Patientenverfügung

„Urkunden über formbedürftige Willenserklärungen sind nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen dabei aber nur berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille des Erklärenden in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat.“ (2. Leitsatz)

 
BGH, Urteil v. 05.12.2018 – VIII ZR 271/17
Gefahr einer Schimmelpilzbildung aufgrund von Wärmebrücken in den Außenwänden als Mangel der Mietsache bei Altbauwohnung

„Wärmebrücken in den Außenwänden einer Mietwohnung und eine deshalb – bei unzureichender Lüftung und Heizung – bestehende Gefahr einer Schimmelpilzbildung sind, sofern die Vertragsparteien Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache nicht getroffen haben, nicht als Sachmangel der Wohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht.
Welche Beheizung und Lüftung einer Wohnung dem Mieter zumutbar ist, kann nicht abstrakt-generell und unabhängig insbesondere von dem Alter und der Ausstattung des Gebäudes sowie dem Nutzungsverhalten des Mieters, sondern nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bestimmt werden“ (Leitsätze, Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 06.12.2018 – VII ZR 71/15
Zur Bemessung des Schadens nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bei Nichtbeseitigung der Mängel im Rahmen eines Werkvertrags

„Die Ermittlung der Höhe des Vermögensschadens der Klägerin durch das Berufungsgericht beruht auf der Annahme, er lasse sich nach den erforderlichen, tatsächlich jedoch nicht angefallenen (Netto-)Mängelbeseitigungskosten […] bemessen, wenn der Besteller den Mangel eines Werks […] nicht beseitigt hat. Diese im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats stehende Auffassung trifft nicht zu. Der Senat hat […] unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Besteller, der den Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen kann.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 19.12.2018 – XII ZR 5/18
Zur Verjährung des Anspruchs des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache
Der Beklagte mietete Räumlichkeiten des Vermieters zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros an. Teile dieser Räumlichkeiten nutze der Beklagte zu Wohnzwecken. Der Vermieter machte gegen den Mieter einen Anspruch auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache nach § 541 BGB geltend. Dem wendet der Beklagte die Einrede der Verjährung entgegen.

„Der Bundesgerichtshof hat für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts bereits entschieden, dass bei einer zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnraum der Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer aus § 1004 Abs. 1 BGB bzw. § 15 Abs. 3 WEG nicht verjährt, solange die Nutzung andauert. Zur Begründung wurde dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass in diesem Fall der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung liegt, sondern die übrigen Wohnungseigentümer in gleicher Weise dadurch beeinträchtigt werden, dass die zweckwidrige Nutzung dauerhaft aufrechterhalten wird“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
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10.04.2019/2 Kommentare/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-04-10 09:30:002019-04-10 09:30:00Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 1
Dr. Matthias Denzer

Karteikarte Stellvertretung; §§ 164 ff. BGB

Karteikarten, Zivilrecht


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04.02.2019/0 Kommentare/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-02-04 17:41:302019-02-04 17:41:30Karteikarte Stellvertretung; §§ 164 ff. BGB
Dr. Matthias Denzer

In 5 Schritten zur erfolgreichen Klausur

Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Schon gelesen?, Verschiedenes

Das Semester ist noch jung, doch es ist nie zu früh, sich schon mal mit dem auseinanderzusetzen, was einen am Ende des Semesters erwartet: Die ersten juristischen Klausuren. Auch wenn diese noch weit entfernt scheinen, schadet es nicht, sich frühzeitig die richtige Herangehensweise anzueignen. Hier sind unsere fünf Schritte für ein erfolgreiches Abschneiden in der Klausur:
1. Schritt: Die richtige Vorbereitung
Ohne eine richtige Vorbereitung ist keine Klausur zu meistern. Eigentlich eine Banalität. Allzu häufig zeigt sich jedoch, dass Studenten den Umfang des Stoffes verkennen: Steht die Abschlussklausur am Ende des Semesters an, so sollte es doch genügen, nach den Weihnachtsferien mit dem Lernen anzufangen. Mehr als ein bis zwei Wochen Vorbereitung seien doch nicht erforderlich. Ein weit verbreiteter Trugschluss. Die Fülle des erwarteten Stoffes in kurzer Zeit zu lernen, wird selbst den Begabtesten kaum gelingen. Doch das soll keineswegs Panik in euch auslösen. Der Stoff ist in der Tat umfangreich, wenn man allerdings von Anfang an „am Ball bleibt“, können auch keine Lücken entstehen und am Ende des Semesters wird man nicht vor einem schier unüberwindbaren Berg stehen. Genug der Metaphern: Wenn ihr die Vorlesung nachbereitet und die Inhalte regelmäßig wiederholt sowie in den Arbeitsgemeinschaften folgen könnt, müsst ihr euch hinsichtlich der Klausuren keinerlei Sorgen machen.
Noch ein, zwei Tipps: Gründet von Anfang an mit ein bis zwei Freundinnen oder Freunden eine Arbeitsgruppe, in der ihr Fälle gemeinsam durchsprecht und löst. Das schärft euer Problembewusstsein. Wenn ihr von Beginn an die Herangehensweise an einen Fall übt, wird euch dies später in der Klausur leichter fallen. Eure Arbeitsgruppe kann euch hier den Einstieg erleichtern – zudem lässt sich in der Gemeinschaft auch leichter Motivation finden, sich mit unbekannten und daher unbequemen Fällen auseinanderzusetzen.
Tipp 2: Besorgt euch vor dem Ernstfall einen Klausurblock. Das hilft dabei, dass die Klausur auf den Korrektor einen ordentlichen Eindruck macht. Niemand will den Korrektor von Anfang an missgelaunt stimmen, indem er ihn dazu verdonnert, seitenweise hingekritzelte Hieroglyphen zu entziffern. Es ist wie so oft im Leben: Der erste Eindruck zählt.
2. Schritt: Erfassen des Sachverhalts und der Fallfrage
Auch Schritt 2 klingt auf den ersten Blick banal. Vielleicht zu banal. Erfahrungen zeigen aber immer wieder: Viele Studenten überfliegen den Sachverhalt und stürzen sich gleich auf bekannte Probleme – und übersehen dabei nur allzu oft die eigentlichen Schwerpunkte des Falles. Bei Sachverhalten, die lediglich aus drei Zeilen bestehen und in denen bloß zwei Personen vorkommen, mag dieser Punkt noch nicht so sehr ins Gewicht fallen. Im Verlauf des Studiums werden die Sachverhalte jedoch tendenziell länger. In der Examensklausur ist es nicht ungewöhnlich, wenn sich ein Sachverhalt über vier bis fünf Seiten erstreckt – irgendwie müssen ja auch die fünf Stunden Bearbeitungszeit gefüllt werden. Doch auch schon der Sachverhalt einer Abschlussklausur im ersten Semester wird regelmäßig eine DIN A4-Seite füllen. Dass oftmals drei, vier, fünf Personen darin vorkommen ist ebenfalls nichts ungewöhnliches, wenn man sich vor Augen führt, dass Stellvertretung im Zivilrecht oder etwa Täterschaft und Teilnahme im Strafrecht typische Problemfelder des BGB AT bzw. des Strafrecht AT sind – eben jene Fächer, die im ersten Semester gelesen werden. Das Ganze soll jetzt jedoch keinesfalls abschreckend wirken. Im Gegenteil: Auch komplex anmutende Sachverhalte verlieren ihren Schrecken, wenn man sich klargemacht hat, was eigentlich passiert ist.
Daher unser Tipp: Ließ den Sachverhalt zunächst einmal völlig unbefangen. Mache dich nun mit der Fallfrage vertraut. Denn eine Lösung zu verfassen nach der gar nicht gefragt ist, ist in etwa so wie an Ostern den Weihnachtsbaum aufzustellen. Ließ nun den Sachverhalt nochmals und markiere dir Schlagwörter sowie wichtige Passagen. Am Rand oder auf einem Schmierzettel kannst du dir bereits erste Ideen notieren. Insbesondere wenn mehrere Personen beteiligt sind, bietet sich die Anfertigung eines Schaubilds an. Nun sollte man soweit sein, den Handlungsablauf chronologisch nachvollziehen zu können. Erst jetzt, wenn man Sachverhalt und Fallfrage vollständig erfasst hat, kann mit dem Anfertigen einer guten Lösungsskizze begonnen werden.
3. Schritt: Die Lösungsskizze
Eine gute Lösungsskizze ist das A und O einer erfolgreichen Klausur. Deshalb sollte man sich für das Erstellen auch genügend Zeit einplanen. Doch Vorsicht: Verwendet man zu viel Zeit auf für das Erstellen der Lösungsskizze, kann es mit der Reinschrift eng werden (siehe dazu auch Schritt 4: Das Zeitmanagement). Es ist daher unumgänglich, die Lösungsskizze bloß stichpunktartig zu fassen und ggf. auch – für einen selbst verständliche – Abkürzungen zu verwenden. Auch das Schriftbild darf hier gerne vernachlässigt werden – solange man selber lesen kann, was man zuvor geschrieben hat (persönliche Erfahrungen zeigen, Letzteres ist nicht selbstverständlich…).
Die Lösungsskizze ist die Schablone für die fertige Lösung; sie gibt die Struktur der späteren Lösung vor: Die Prüfungsreihenfolge der in Betracht kommenden Ansprüche bzw. der zu prüfenden Straftatbestände, die Gliederungsebenen und der zu prüfenden Tatbestandmerkmale, eine Sortierung der Argumente, etc. Es gilt dabei die Grundregel: Die Informationen aus dem Sachverhalt haben auch in der Lösung aufzutauchen. Die Lösungsskizze bietet dabei die Möglichkeit, die Sachverhaltsangaben an den richtigen Stellen zu verordnen.
Und einen weiteren Vorteil bietet die Lösungsskizze: Widersprüche in der eigenen Lösung lassen sich leichter erkennen und somit vermeiden (und im Zweifel nachträglich korrigieren). Und Widersprüche in der eigenen Lösung gilt es unbedingt zu vermeiden! Je knapper man die Lösungsskizze hält, desto mehr Zeit verbleibt für die Reinschrift. Eines sollte man sich jedoch bewusst sein: Fällt einem beim Erstellen der Lösungsskizze ein Fehler auf, den man zuvor gemacht hat, so lässt sich dieser relativ schnell korrigieren. Ist die Lösung jedoch erst einmal ausformuliert, ist die Korrektur eines Fehlers nicht nur mühsam, sondern oftmals auch nicht mehr in der vorgegebenen Zeit zu bewältigen. Daher ist das Erstellen einer Lösungsskizze absolut empfehlenswert!
4. Schritt: Das Zeitmanagement
Im universitären Betrieb scheint ein Zeitparadoxon zu herrschen: Während sich in mancher  Vorlesung der Minutenzeiger nur mit stoischer Ruhe fortbewegt, scheint er während der Klausur zu rasen. Die zwei (bzw. drei) Stunden Bearbeitungszeit vergehen meistens wie im Flug. (Und auch in fünfstündigen Examensklausuren wird man regelmäßig in Zeitdruck geraten.) Ein richtiges Zeitmanagement ist daher besonders wichtig. Oberste Prämisse ist dabei: Fertig werden! Kaum etwas wirkt sich auf die Bewertung der Klausur negativer aus, als eine unfertige Lösung – einen Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip oder die Prüfung der Strafbarkeit eines Toten einmal ausgenommen.  
Die Zeiteinteilung muss daher immer darauf ausgerichtet sein, eine vollständige Lösung aufs Papier zu bringen. Dass man dabei unter Zeitdruck gerät, liegt dabei nicht unbedingt nur am eigenen Arbeitstempo: Viele Klausuren sind gerade darauf angelegt, den Prüfling unter Zeitdruck zu setzen. Man sollte sich daher unbedingt genug Zeit für das Ausformulieren der Lösung lassen. Das soll jedoch keineswegs Appell sein, das Erstellen einer Lösungsskizze zu vernachlässigen. Wie viel Zeit man zur Reinschrift benötigt, hängt natürlich auch vom eigenen Schreibtempo ab. Als Faustregel lässt sich festhalten: Mindestens die Hälfte – eher zwei Drittel – der Bearbeitungszeit ist für das Ausformulieren der Lösung zu veranschlagen. Das kann aber auch nur ein grober Richtwert sein – und kann individuell deutlich variieren. Aber keine Sorge: Das richtige Zeitmanagement lässt sich sehr gut üben. Probeklausuren geben einem dazu eine gute Möglichkeit. Aber auch wenn solche nicht angeboten werden, kann man zuhause für sich üben. Tipp: Schaffe dir selber reale Klausurbedingungen, d.h. Laptop, Netflix und Radio aus, Handy auf Flugmodus, Timer an und los geht’s! Eine Probeklausur im Strafrecht findet ihr zum Beispiel hier.
5. Schritt: Übung macht den Meister
„Man muss nicht hundert schlechte Klausuraufgaben zur Übung schreiben, sondern zehn gute, und sie wirklich durchdenken.“[1] Diese Aussage von Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., hat durchaus Diskussionen in der juristischen Welt hervorgerufen. Meines Erachtens völlig zu Recht: Nicht nur, dass man sein Zeitmanagement durch regelmäßiges Klausurenschreiben verbessert, die praktische Anwendung des gelernten Wissens zeigt einem gerade auch, an welcher Stelle noch Lücken bestehen, die es zu schließen gilt. Zudem führt regelmäßiges Klausurenschreiben zu einigen schönen Nebeneffekten: Standardformulierungen und Definitionen „brennen“ sich ins Gedächtnis ein, mit der Folge, dass man in nachfolgenden Klausuren über diese Punkte nicht mehr nachdenken muss. Das spart im Ernstfall kostbare Zeit, die man auf die wirklich interessanten Fragen verwenden kann. Dass mit der Übung auch die Schreibgeschwindigkeit zunimmt, bedarf keiner näheren Ausführung.
Der meines Erachtens jedoch wichtigste Punkt ist folgender: Durch regelmäßiges Klausurenschreiben verliert man die Angst vor der Klausur. Da man die Herangehensweise bereits öfters trainiert hat – und damit auch Situationen kennengelernt hat, in denen man nicht auf Anhieb weiterweiß – kann auch der „Ernstfall“ einen nicht aus der Ruhe bringen. Daher unser Tipp: Schreibt alle Übungsklausuren, die angeboten werden.
Ein letzter Tipp zum Abschluss: Um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben, abonniert juraexamen.info auf Facebook (juraexamen.info) und Instagram (@juraexamen.info), dann kann in den Klausuren gar nichts schiefgehen. 😉
[1] https://www.zeit.de/campus/2014/06/thomas-fischer-jurastudium-vorurteile-auswendig-lernen/seite-2

07.11.2018/1 Kommentar/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2018-11-07 09:15:192018-11-07 09:15:19In 5 Schritten zur erfolgreichen Klausur
Dr. Matthias Denzer

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Juli – September 2018)

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Mit Beginn des neuen Semesters wird es auch wieder Zeit für unseren Rechtsprechungsüberblick. Zu Beginn eines jeden Quartals bieten wir euch einen kurzen Überblick über ausgewählte, examensrelevante Entscheidungen der jeweils letzten drei Monate.
Die folgenden Entscheidungen bieten sich aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung oder ihrer Konstellation juristisches „Basiswissen“ abzuprüfen, als Fragestellung sowohl in einer Examensklausur, als auch in der „Großen Übung“ an. Auch – und insbesondere – in der mündlichen Prüfung ist ein umfassender Überblick über die aktuelle Rechtsprechung unerlässlich. Es ist daher nur zu raten, sich mit den folgenden Entscheidungen – zumindest in ihren Grundzügen – auseinandergesetzt zu haben:
BGH, Urteil v. 19.09.2018 – VIII ZR 231/17
Verbindung einer fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses mit einer hilfsweise ordentlichen Kündigung
Die fristlose Kündigung eins Wohnraummietverhältnisses kann mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung verbunden werden. Dies gilt insbesondere für den Fall der außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB). Dabei lässt eine Zahlung der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB (sog. Schonfristzahlung) eine wegen Zahlungsverzuges nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB mit Zugang der Kündigungserklärung herbeigeführte sofortige Beendigung des Mitverhältnisses nachträglich rückwirkend entfallen. Das Mietverhältnis wird damit fortgesetzt. Dazu führte das Gericht aus:

Der Gesetzgeber habe gewährleisten wollen, „dass die wirksam ausgeübte fristlose Kündigung unter den dort genannten Voraussetzungen trotz ihrer Gestaltungswirkung rückwirkend als unwirksam gelte und der Mietvertrag fortgesetzt werde. In einer solchen Situation komme eine gleichzeitig mit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zur Geltung. Denn ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise oder vorsorglich eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines aufgelaufenen Zahlungsrückstands ausspreche, erkläre diese nicht nur für den Fall einer bereits bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen Unwirksamkeit der vorrangig erfolgten fristlosen Kündigung. Vielmehr bringe er damit aus objektiver Mietersicht regelmäßig weiterhin zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung auch dann zum Zuge kommen solle, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung aufgrund eines gesetzlich vorgesehenen Umstandes wie einer unverzüglichen Aufrechnung durch den Mieter (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB), einer sog. Schonfristzahlung oder einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) nachträglich unwirksam werde.“

BGH, Urteil vom 14.09.2018 – V ZR 213/17
„Änderungen eines Grundstückskaufvertrags nach der Auflassung sind formlos möglich, wenn die Auflassung bindend geworden ist. (Leitsatz)“
Der BGH bestätigte mit dieser Entscheidung seine ständige Rechtsprechung (u.a. BGH, Urteil v. 28.09.1984 – V ZR 43/83, WM 1984, 1539). Ein Grundstückskaufvertrag unterliegt grundsätzlich dem Formerfordernis der notariellen Beurkundung gem. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB. Dies gilt auch für nachträgliche Änderungen des beurkundeten Kaufvertrags. Nach der Auflassung ist dies jedoch anders:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Grundstückskaufverträge nach der Auflassung formlos abgeändert werden, weil die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung mit der Auflassung erfüllt ist und deshalb nicht mehr besteht. Von der Formfreiheit ausgenommen ist die Begründung neuer selbständiger Erwerbspflichten.“  (Nachweise in Zitat ausgelassen)  

BGH, Beschluss v. 04.09.2018 – VIII ZB 70/17
Zum Verschulden eines Prozessbevollmächtigten bei Fristversäumnis

„Dem Prozessbevollmächtigten einer Partei ist ein – ihr zuzurechnendes – Verschulden an der Fristversäumung dann nicht anzulasten, wenn zwar die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen oder Anweisungen für eine Fristwahrung unzureichend sind, er aber einer Kanzleikraft, die sich bislang als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Gleiches gilt, wenn die konkrete Einzelanweisung zwar nicht allein, jedoch in Verbindung mit einer allgemein bestehenden – für sich genommen unzureichenden – Anweisung im Falle der Befolgung beider Anordnungen geeignet gewesen wäre, die Fristversäumung zu verhindern.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 BGH, Urteil vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17
Widerrufsrecht bei Werkverträgen
Zum Sachverhalt: Der Kläger schloss in seinem Wohnhaus mit dem Beklagten einen Vertrag über die Lieferung und den Einbau eines Senkrechtlifts zum Preis von ca. 40.000 €. Der Lift ist eine individuelle Maßanfertigung; die einzelnen Teile des Lifts sind an die jeweilige Einbausituation angepasst. Der Kläger zahlt ca. 12.000 € auf den Kaufpreis an. Kurze Zeit später widerruft er den Kaufvertrag.
Dabei stellten sich zwei maßgebliche Fragen, die der BGH wie folgt beantwortet:
Ausschluss des Widerrufsrechts? – Verhältnis von § 312 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu § 357 BGB:

„Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht nach § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. […] Diese Regelung findet keine Anwendung, da der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nicht als Vertrag über die Lieferung von Waren im Sinne des § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB einzustufen ist.
Dem Wortlaut nach umfasst § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB Verträge, die auf die Lieferung von Waren gerichtet sind. Damit werden nach dem allgemeinen Sprachgebrauch Kaufverträge (§ 433 BGB) und Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen (Werklieferungsverträge, § 651 BGB) erfasst.“
Damit folgte der BGH dem Berufungsgericht, welches zuvor feststellte: „Auf Dienstleistungen im Sinne der VRRL – worunter etwa auch ein Werkvertrag nach deutschem Recht fällt – ist § 312 g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB nicht anwendbar. Hat der Vertrag eine Dienstleistung zum Gegenstand, besteht auch keine Notwendigkeit das Widerrufsrecht auszuschließen, um den Unternehmer vor Nachteilen zu schützen, die sich daraus ergeben können, dass er vor dem Widerruf mit der Vertragsausführung begonnen hat. Dies schon deshalb, weil die Widerrufsfrist bei einem Vertrag über eine Werk- oder Dienstleistung anders als bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht erst mit Lieferung der Ware beginnt (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB), sondern – unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen – bereits mit Vertragsschluss. Der Unternehmer kann also regelmäßig das Ende der Widerrufsfrist abwarten, bevor er mit der Vertragsausführung beginnt. Es besteht folglich kein Grund, eine analoge Anwendung des § 312 g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB auf Werkverträge in Erwägung zu ziehen. Daneben ist der Unternehmer durch den Anspruch gemäß § 357 Abs. 8 BGB geschützt.“ (OLG Stuttgart, Urteil v. 19.09.2018 – 6 U 76/16, juris, Nachweise in Zitat ausgelassen)

Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB (Verbraucherbauverträge; § 650i BGB):

„Die Anwendbarkeit von § 312g Abs. 1 BGB ist nicht nach § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Regelung findet § 312g BGB keine Anwendung auf Verträge über erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass […] der Begriff der erheblichen Umbaumaßnahmen im Sinne des Verbraucherschutzes eng auszulegen sei. Hierunter fielen nur solche Umbaumaßnahmen, die dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar seien, beispielsweise Baumaßnahmen, bei denen nur die Fassade eines alten Gebäudes erhalten bliebe. Maßgeblich seien mithin Umfang und Komplexität des Eingriffs sowie das Ausmaß des Eingriffs in die bauliche Substanz des Gebäudes.“

BGH, Urteil v. 24.08.2018 – III ZR 192/17
Tickets zum Selberausdrucken – Eventim – „print@home“-Servicegebühr ist unzulässig
Die von Eventim verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingung: „Premiumversand 29,90 EUR inkl. Bearbeitungsgebühr“ und „ticketdirect – das Ticket zum Selbst-Ausdrucken Drucken Sie sich ihr ticketdirect einfach und bequem selber aus! 2,50 EUR“ sind mit der grundsätzlichen Regelung von der abgewichen wird nicht vereinbar (§ 307 Abs. 2 BGB), benachteiligen den Käufer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sind daher unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).
Die Optionen Premiumversand und ticketdirekt seien nicht als Entgeltvereinbarungen für die geschuldete Hauptleistung zu qualifizieren, sondern vielmehr als kontrollfähige Preisnebenabreden zur Erfüllung der kaufvertraglichen Hauptpflicht. Sie seien jedoch mit der Regelung in § 448 Abs. 1 BGB nicht vereinbar:

„Nach § 448 Abs. 1 BGB hat der Kunde nur die Kosten der Versendung der gekauften Eintrittskarte nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort zu tragen. Versendungskosten im Sinne dieser Norm sind in erster Linie die unmittelbar transportbedingten Sachaufwendungen für Porto, Verpackung und gegebenenfalls Versicherung des Kaufgegenstandes. Dagegen gewährt die Vorschrift grundsätzlich keine Kompensation für die Zeit und den sonstigen Aufwand des Verkäufers, den Kaufgegenstand transportgerecht zu verpacken und zum Versand aufzugeben. Setzt der Verkäufer hierfür Personal und Maschinen ein, gilt nichts anderes. Denn (anteilige) Personal- und Sachkosten, die nicht unmittelbar der Verpackung und dem Versand der Ware zugeordnet werden können, sind allgemeine Geschäftsunkosten, die der Verkäufer im Hinblick auf das Gebot der Unentgeltlichkeit von Nebenleistungen, die der Erfüllung seiner kaufvertraglichen Hauptleistungspflicht dienen und daher in seinem eigenen Interesse liegen, nicht auf den Käufer abwälzen kann.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

Es sei auch nicht erkennbar, welche Aufwendungen von der Servicegebühr von 2,50 € abgedeckt würde, da insoweit weder Porto- noch Verpackungskosten entstünden.
Auch der für den Premiumversand verlangte Betrag für 29,90 € übersteige den Preis für Porto und Verpackungskosten nicht nur unerheblich, selbst dann, wenn es sich um einen Eilbrief bzw. eine versicherte Sendung handelte, sodass die „Betragshöhe […] damit ganz überwiegend von der ausdrücklich inkludierten ‚Bearbeitungsgebühr‘ bestimmt“ werde. Das BAG sieht darin „jedenfalls angesichts der beträchtlichen Höhe der ‚Bearbeitungsgebühr‘ eine unangemessene Benachteiligung des Kunden.“
BGH, Urteil v. 22.08.2018 – VIII ZR 99/17
Wohnraummiete – Instandhaltungspflicht des Vermieters

Leitsatz: „Für das Bestehen der Pflicht des Vermieters, die Wohnung gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zum vertragsgemäßen Gebrauch zu überlassen und sie fortlaufend in diesem Zustand zu erhalten, ist es unerheblich, ob der Mieter die Sache tatsächlich nutzt und ihn ein Mangel daher subjektiv beeinträchtigt.“

BGH, Urteil v . 22.8.2018 – VIII ZR 277/16

Leitsatz: „Im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung hält die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen“

Der BGH bestätigte damit seine bisherige Rechtsprechung (siehe BGH, Urteil v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14, BGHZ 204, 302).
BGH, Urteil v. 19.07.2018 – VII ZR 19/18
Abgrenzung Kauf- und Werkvertrag – Vertrag über Lieferung und Einbau einer Küche
Der BGH entschied, dass es für die rechtliche Einordnung darauf ankommt, auf welchem Element bei gebotener Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liege:

„Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung geboten. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Montage- und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeit, und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liegt ein Werkvertrag vor.“

BGH, Urteil v. 12.07.2018 – III ZR 183/17,
Anspruch des Erben auf Zugang zu Benutzerkonto bei Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks

Leitsatz: „Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.“

Siehe hierzu bereits die ausführliche Urteilsbesprechung von Sebastian Rombey.
OLG Schleswig-Holstein, Urteil v. 04.07.2018 – 12 U 87/17
Zur Frage: Wann ist ein Pferd ein „gebrauchte Sache“ im Sinne der §§ 474 Abs. 2 S. 2, 476 Abs. 2 BGB

Leitsatz: „Bei einem zum Zeitpunkt der Versteigerung zweieinhalb Jahre alten Hengst handelt es sich um eine gebrauchte Sache im Sinne des § 474 Absatz 2 S. 2 BGB.“

Siehe hierzu bereits die ausführliche Urteilsbesprechung von Yannik Beden, M.A.

11.10.2018/1 Kommentar/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2018-10-11 10:00:442018-10-11 10:00:44Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Juli – September 2018)
Gastautor

VG Stuttgart zum „Mannheimer Modell“ – Neuartiger Jurastudiengang verfassungsgemäß

Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns heute eine Gastbeitrag von RA Frank Hofmann veröffentlichen zu können. Der Autor ist Rechtsanwalt und Repetitor in Freiburg i. Br. Wegen des „Mannheimer Modells“ vertritt er derzeit zwei Kläger vor dem VGH Baden-Württemberg.
Einleitung
Nach dem sog. „Mannheimer Modell“ dürfen Jurastudierende der Uni Mannheim ihre Examensklausuren über bis zu vier Semester strecken. Mit der rechtlich umstrittenen Begünstigung hatte sich nun erstmals das VG Stuttgart auseinanderzusetzen. RA Frank Hofmann analysiert die rechtliche Problematik.
Zu den besonderen Herausforderungen der juristischen Staatsprüfung gehört es, dass ein Abschichten des Prüfungsstoffes durch Leistungen während des Studiums grundsätzlich nicht möglich ist. Alle zu beherrschenden Rechtsgebiete müssen im Examen gleichzeitig beherrscht werden, wenn die Prüfungskandidaten binnen zwei Wochen meist sechs Klausuren à fünf Stunden aus allen Rechtsgebieten absolvieren müssen.
Dass die hierdurch den Kandidaten abgeforderte Gedächtnisleistung enorm ist, liegt angesichts der Stofffülle im Examen auf der Hand. Vor diesem Hintergrund haben sich Abschichtungsmodelle, die in einzelnen Bundesländern eingeführt wurden und eine Portionierung der Prüfungsleistungen und deren Verteilung über einen größeren Zeitraum erlauben, bei den Studierenden immer größter Beliebtheit erfreut.
So knüpfen etwa einige Prüfungsordnungen die Möglichkeit zur Abschichtung an die frühzeitige Meldung zum Examen: Wer sich spätestens zu einem bestimmten Studiensemester – in der Regel dem 8. Semester zum sogenannten „Freiversuch“ – zum Examen anmeldet, bekommt die Chance, die zu erbringenden Prüfungsleistungen zeitlich zu strecken (vgl. etwa § 12 Juristenausbildungsgesetz (JAG) NRW, § 4 Abs. 2 S. 2 Niedersächsisches Gesetz zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen (NJAG) Nieders.).
Abschichten nach dem „Mannheimer Modell“
Eine neue, bundesweit bisher einmalige, Option zur Abschichtung der Examensklausuren bietet nun die Universität Mannheim ihren Jurastudierenden an: Im Rahmen eines neuen Bachelorstudiengangs zum Wirtschaftsrecht bietet die Universität den Studierenden die Möglichkeit parallel die Erste juristische Staatsprüfung zu absolvieren und zwar – anders als an den übrigen Universitäten in Baden-Württemberg – mit der Möglichkeit die Examensklausuren im Zivil-, Straf- und Öffentlichen Recht über bis zu vier Semester zu verteilen (sog. „gestufter Kombinationsstudiengang“, vgl. §§ 35a ff. Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung (JAPrO) Baden-Württemberg).
Die Studierenden schreiben nach dem 6. Semester die Klausuren im Zivilrecht, nach dem 10. Semester dann die Klausuren im Straf- und Öffentlichen Recht. „Erkauft“ wird diese Erleichterung allerdings mit den wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzleistungen, die die Examenskandidaten im Rahmen des Bachelorstudienganges zu erbringen haben. Die Teilnahme am Kombinationsstudiengang ist für Studierende der Universität Mannheim zwingend; eine Möglichkeit ohne Teilnahme an diesem Studiengang abzuschichten besteht nicht.
Schon früh begegnete diese Ausgestaltung des Mannheimer Studienganges indes rechtlichen Bedenken. So hat etwa im Rahmen der Anhörung der hierfür erforderlichen Änderung der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung Baden-Württembergs der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg auf unter Gleichheitsgesichtspunkten bestehende verfassungsrechtliche Einwände hingewiesen, da für die Jurastudierenden an anderen baden-württembergischen Universitäten keine Möglichkeit zur Abschichtung der Examensklausuren besteht (vgl. LT-Drs. 14/2962 v. 9.7.2008, S. 2). Ausdrücklich gegen das „Mannheimer Modell“ sprach sich auch der Deutsche Juristen-Fakultätentag aus (vgl. Deutscher Juristen-Fakultätentag, Protokoll 88. DJFT, S. 11).
Rechtliche Bedenken
In der Tat könnte das „Mannheimer Modell“ gegen das Recht der baden-württembergischen Prüfungskandidaten auf Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen. Zwar sieht § 5d Abs. 2 S. 3, 2. HS DRiG die Möglichkeit zur Abschichtung ausdrücklich vor. Allerdings gewährten alle bisherigen Abschichtungs-Modelle die Chance, diese Vergünstigung zu erlangen, immer ausnahmslos allen Prüflingen im jeweiligen Bundesland. Sie knüpften diese höchstens an Bedingungen, die in der Person des Prüflings lagen und die dieser beeinflussen kann, etwa die Erbringung von Studienleistungen in einer bestimmten Zeit.
Hiervon rückt das „Mannheimer Modell“ insoweit ab, als die Möglichkeit zur Abschichtung nur den Mannheimer Studierenden, nicht aber denjenigen an den anderen Baden-Württemberger Universitäten gewährt wird. Darin könnte eine Verzerrung des Leistungsmaßstabes liegen.
Zudem trifft die Mannheimer Reform wohl auch die Intention des Studienreformgesetzgebers nicht ganz: Dieser wollte den Universitäten die Ausprägung eines individuellen Leistungs- und Themenprofils vielmehr im Bereich des Schwerpunktstudiums ermöglichen. Im Bereich der Staatsteils der Prüfung wollte er dagegen die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen gewahrt wissen (vgl. auch § 5d Abs. 1 S. 2 DRiG). Erste Erfahrungen mit dem „Mannheimer Modell“ zeigen, dass die dortigen Absolventen in den Klausuren offenbar tatsächlich überdurchschnittlich gut abschneiden (vgl. FAZ v. 28.04.2012).
Entscheidung des VG Stuttgart
In einer aktuellen Entscheidung hat sich nun das Verwaltungsgericht Stuttgart erstmals zum „Mannheimer Modell“ geäußert (Urt. v. 18.09.2013, 12 K 4134/12  sowie Pressemitteilung v. 16.09.2013). Das Gericht hält die Vergünstigung für die Mannheimer Examenskandidaten für rechtmäßig. Zwischen dem Modell-Studiengang und dem klassischen Jurastudium bestünden Unterschiede von solchem Gewicht, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden. Es spreche einiges dafür, dass der Mannheimer Weg sogar anspruchsvoller sei.
Außerdem brauche der Gesetzgeber einen erweiterten Spielraum, wenn er Reformmodelle einführe. Das „Mannheimer Modell“ sei durch eine Experimentierklausel (§ 62a Abs. 2 S. 1 JAPrO BW) zeitlich bis zum Jahr 2019 befristet. In diesem Sinn müsse es dem Normgeber möglich sein innovative Studiengänge in der Praxis auszuprobieren.
Schließlich sei zu überlegen, ob Kandidaten im Hinblick auf Bedenken hinsichtlich des „Mannheimer Modells“ nicht eine Rügeobliegenheit bereits vor Antritt der Prüfung treffe, andernfalls sie ihrer Rechte verlustig gingen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das VG Stuttgart allerdings die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen.
Fazit
Mit der Entscheidung des VG Stuttgart nimmt ein Gericht erstmals Stellung zur Rechtmäßigkeit des „Mannheimer Modells“. Es befürwortet in der Sache einen weiten Spielraum des Gesetzgebers bei der Erschaffung von Reformmodellen für das Jurastudium. Endgültige Klarheit wird hier aber wohl erst ein Judikat des Verwaltungsgerichtshofs oder des Bundesverwaltungsgerichts schaffen.
Bis dahin bleibt die Frage der Rechtmäßigkeit des „Mannheimer Modells“ eine interessante Zusatzoption auch für prüfungsrechtliche Klagen. Besonderer Beachtung bedürfen allerdings die Ausführungen des Gerichts zur Frage einer etwaigen Rügeobliegenheit.
 


27.12.2013/6 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-12-27 09:00:052013-12-27 09:00:05VG Stuttgart zum „Mannheimer Modell“ – Neuartiger Jurastudiengang verfassungsgemäß
Dr. Jan Winzen

VG Göttingen: Werbe- und Hausverbot gegen juristische Repetitorien bestätigt

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Der seit geraumer Zeit andauernde Verwaltungsrechtsstreit um Werbemaßnahmen juristischer Repetitorien in den Räumlichkeiten der Uni Göttingen geht nach dem jüngsten Urteil des VG Göttingenvom 20.09.2012 (4 A 258/09) in eine neue Runde.

A. Verfahrensgang

Zwei kommerzielle Anbieter juristischer Repetitorien hatten u.a. in der juristischen Fakultät durch verschiedene Werbemaßnahmen auf sich aufmerksam gemacht (Handzettel, Plakate, persönliche Ansprachen etc.). Die Universität erließ gegen die Repetitorien und ihre Hilfspersonen ein Werbe- und Hausverbot (betreffend das Betreten des Juridicums zu Werbezwecken) und ordnete die sofortige Vollziehung an. Auf einen Eilrechtsschutzantrag hin, stellte das VG Göttingen die aufschiebende Wirkung der gegen das Hausverbot erhobenen Klage wieder her (4 B 10/10 – siehe dazu bereits hier). Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Universität sei nämlich gegen andere ebenfalls auf ihrem Gelände werbende juristische Repetitorien nicht in gleicher Weise eingeschritten.

Zwar suchte das daraufhin im Wege der Allgemeinverfügung gegenüber sämtlichen kommerziellen Repetitorien erlassene Haus- und Werbeverbot diese Bedenken auszuräumen. Die Beschwerde der Universität (§§ 146, 147 VwGO) gegen den Beschluss des VG Göttigen wies der u.a. für das Hochschulrecht zuständige zweite Senat des OVG Lünerburg (2 ME 167/10 ) dennoch mit der Begründung zurück, die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren maßgeblichen Erfolgsaussichten der Hauptsache seien – auch unter Berücksichtigung der nunmehr erlassenen Allgemeinverfügung – offen; die in diesem Fall vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Gunsten des Aussetzungsinteresses der Repetitorien aus (siehe ausführlich zur Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO hier – die Allgemeinverfügung konnte das Gericht in seine Entscheidung überhaupt nur einbeziehen, weil maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Sach- und Rechtslage im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nach hM stets der Zeitpunkt der Eilentscheidung – und nicht etwa der der letzten Behördenentscheidung – ist).

In seiner Entscheidung vom 20.09.2012 hat das VG Göttingen (4 A 258/09) die Rechtmäßigkeit des Hausverbots nunmehr in der Hauptsache bestätigt (allein das vorausgegangene Eilrechtsschutzverfahren enthält schon zahlreiche prüfungsrelevante Fragestellungen – insoweit wird aber auf die Lektüre der zitierten Beschlüsse und unseren Grundlagenbeitrag zu § 80 Abs. 5 VwGO verwiesen).

B. Begründetheit der Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren 

Die Anfechtungsklage hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist (die Zulässigkeit der Anfechtungsklage stand im vorliegenden Verfahren nicht Frage).

Die Anfechtungsklage ist begründet, soweit der angefochtene Verwaltungsakt (also das Werbe- und Hausverbot) rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist.

I. Ermächtigungsgrundlage: § 37 Abs. 3 Satz 1 NHG

Die Ermächtigungsgrundlage für das Werbe- und Hausverbot im Universitätsbetrieb findet sich regelmäßig in dem jeweiligen Landeshochschulgesetz. Im vorliegenden Fall gilt § 37 Abs. 3 Satz 1 NHG. Danach wahrt das Präsidium die Ordnung in der Hochschule und übt das Hausrecht aus (vergleichbare Vorschriften finden sich etwa in Art. 21 Abs. 12 Satz 1 BayHSchG oder § 18 Abs. 1 Satz 4 HG NRW).

Es handelt sich bei den regelmäßig so formulierten Vorschriften der Landeshochschulgesetze keineswegs um bloße Aufgabenzuweisungen oder Zuständigkeitsnormen. Die „Ausübung“ des Hausrechts umfasst vielmehr die Wahrnehmung sämtlicher sich aus dem Hausrecht ergebenden Befugnisse. Zu diesen Befugnissen gehört insbesondere auch der Erlass eines den Inhalt des Hausrechts konkretisierenden Hausverbotes (so etwa das VG Braunschweig in einem Urteil vom 10.3.2005 – 6 A 159/03 Rz. 32 juris).

II. Formelle Rechtmäßigkeit

Im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit des Verbotes geht das Gericht nur sehr kurz auf eine möglicherweise unterlassene Anhörung ein:

Ob die Klägerin vor Erlass des Bescheides angehört worden ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist durch den Schriftwechsel der Beteiligten im Eil- und Klageverfahren, in dem beide Seiten ihre Standpunkte ausgetauscht haben, ein etwaiger Anhörungsmangel geheilt worden (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG, s.a. Nds. OVG, a.a.O.).

In der Klausur sollte man sich hier etwas mehr Zeit nehmen. Zumal der Sachverhalt dann sicherlich ausdrücklich von einer (zunächst) unterbliebenen Anhörung ausgehen wird und man zur Frage einer möglichen Heilung Stellung nehmen muss.

Fehlende Anhörung?

Das Werbe- und Hausverbot ist ein belastender Verwaltungsakt (das hätte man in der Klausur bereits im Rahmen der Statthaftigkeit festgestellt). Bevor ein belastender Verwaltungsakt erlassen wird, ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 28 Abs. 1 VwVfG). Ist laut Sachverhalt eine Anhörung nicht erfolgt, muss man zunächst die Ausnahmetatbestände des § 28 Abs. 2 VwVfG in den Blick nehmen. Der vorliegende Fall bereitet insoweit gewisse Schwierigkeiten, als das Hausverbot ja auch noch einmal im Wege einer Allgemeinverfügung ausgesprochen wurde. Von der Anhörung kann nämlich gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG insbesondere abgesehen werden, wenn die Behörde eine Allgemeinverfügung erlassen will. Das VG Göttingen ist auf diesen Umstand – wie gesagt – nicht weiter eingegangen. In einer Klausur müsste man aber an Hand der im Sachverhalt enthaltenen Angaben prüfen, ob es in diesem konkreten Fall vielleicht dennoch einer Anhörung bedurft hätte. Wegen der besonderen rechtsstaatlichen Bedeutung der Anhörung im Verwaltungsverfahren sind die Ausnahmetatbestände des § 28 Abs. 2 VwVfG eng auszulegen. Für die Allgemeinverfügung heisst das, dass der Eingriff nicht von besonderer Schwere und Intensität sein und auch keine Dauerwirkung entfalten darf (Hauptanwendungsfall sind die Verkehrszeichen). Mit guter Argumentation sind je nach Sachverhaltslage verschiedene Ergebnisse vertretbar.

Heilung?

Kommt man zu dem Ergebnis, dass eine Anhörung nicht nach § 28 Abs. 2 VwVfG entbehrlich (und das Hausverbot deshalb eigentlich formell rechtswidrig) war, ist die nächste wichtige Norm § 45 Abs. 1  Nr. 3 VwVfG. Danach ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Ein Nichtigkeitsgrund dürfte regelmäßig nicht vorliegen. Man muss sich also die Frage stellen, ob der Schriftwechsel der Parteien während des Verwaltungsstreitverfahrens die unterbliebene Anhörung geheilt haben könnte.

Die ständige Rechtsprechung zur Heilung einer unterbliebenen Anhörung ist relativ streng. Dem Betroffenen muss (wie im Rahmen des § 28 Abs. 1 VwVfG) Gelegenheit gegeben werden, sich – schriftlich oder mündlich – zu den für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen zu äußern. Darüber hinaus muss die Behörde ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehen.

Problematisch ist zudem, dass eine unterlassene Anhörung nach Sinn und Zweck der Heilungsnorm grundsätzlich nicht durch die Möglichkeit der Stellungnahme in einem gerichtlichen Eilverfahren nachgeholt werden kann. Eine Heilung soll insoweit aber ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn der Betroffene weiß, dass es (auch) um die Anhörung zum Zwecke der Entscheidung über den VA in der Hauptsache geht (siehe etwa bei Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 7. Auflage 2008, § 45 Rn. 87).

Anhand dieses Prüfungsmaßstabes sollte dann die Heilung der unterbliebenen Anhörung (so man nicht schon eine Ausnahme nach § 28 Abs. 2 VwVfG bejaht hat) und damit die formelle Rechtmäßigkeit des Hausverbotes bejaht werden können.

III. Materielle Rechtmäßigkeit

§ 37 Abs. 3 Satz 1 NHG setzt eine Beeinträchtigung der Ordnung der Hochschule voraus. Eine solche liegt nach Ansicht des Gerichts insbesondere vor, wenn Zweckbestimmung und Dienstbetrieb gestört werden. Es bedarf also einer Bestimmung des Zwecks der Hochschule im Rahmen der Juristenausbildung.

Es folgen umfangreiche Ausführungen zu den Aufgaben, die nach Ansicht des Gerichts einer Hochschule im Rahmen der Juristenausbildung zukommen. So heisst es etwa Eingangs noch recht allgemein gehalten:

Zu den Aufgaben der Beklagten gehört die Ausbildung und Hinführung der Studierenden zu einem berufsqualifizierenden akademischen Abschluss durch Bereitstellung eines entsprechenden Lehrangebots.

Problematisch ist nun aus Sicht des Gerichts, dass die Repetitorien in für die Bewältigung dieser Aufgabe wesentlichen Aspekten in Konkurrenz zur Hochschule treten:

Im Rahmen des juristischen Studiums bietet die Beklagte (neben den für den Studienabschluss notwendigen Lehrveranstaltungen) speziell zur Wiederholung und Examensvorbereitung für höhere Semester Repetitorien, Klausurenkurse und Probeexamina an. Die Klägerin wirbt für vergleichbare Veranstaltungen kommerzieller Art und richtet sich damit an dieselbe Zielgruppe.

Es könnte schließlich bei den Studenten der Eindruck entstehen, die universitäre Ausbildung allein reiche zur erfolgreichen Vorbereitung für das erste juristische Staatsexamen nicht aus:

Die Werbung für solche Veranstaltungen im räumlichen Bereich der Beklagten ist geeignet, bei den Studierenden den Eindruck zu vermitteln, dass das universitäre Lehrangebot für einen erfolgreichen Examensabschluss nicht ausreicht und die Beklagte ihr Lehrangebot selbst nicht für ausreichend hält.

Vor diesem Hintergrund liegt also eine grundsätzliche Beeinträchtigung der Zweckbestimmung der Hochschule, die zu dem Erlass eines Hausverbotes berechtigt, vor:

Bereits diese Beeinträchtigung des Vertrauens in die Leistungsfähigkeit der Beklagten stellt eine Störung der Zweckbestimmung der Beklagten dar, die grundsätzlich eine Nutzungsuntersagung rechtfertigt. Erst recht gilt dies, wenn der Lehrbetrieb unmittelbar, z.B. durch Überkleben offizieller Mitteilungen mit kommerziellen Plakaten oder den Zugang zu Hörsälen behindernde Verteilung von Werbemitteln, gestört wird. Die Beklagte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, gegen Werbetätigkeiten kommerzieller Repetitorien vorzugehen

Das Gericht untermauert diesen Befund sodann mit einigen lehrreichen Aussagen zur Gestaltung des Jurastudiums:

Dem steht nicht entgegen, dass auch bei einem umfassenden Lehrangebot der Beklagten die private Vor- und Nachbereitung durch die Studierenden erforderlich ist. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Wissenslücken entstehen können, die u.U. nicht mehr in Eigeninitiative, sondern mit Hilfe kommerzieller Nachhilfe- oder Lehrinstitute behoben werden. Im Regelfall ist die universitäre Ausbildung jedoch darauf ausgerichtet, dass neben den Lehrveranstaltungen die eigenständige Arbeit des Studierenden für den Studienerfolg ausreicht

Besonders prägnant dann der Verweis auf eine Aussage des Bundesverwaltungsgerichts aus den 1970er Jahren:

Erfahrungsgemäß können einigermaßen begabte, denkfähige und fleißige Studenten das Examen auch ohne Repetitor bestehen

Man muss sich also entscheiden, Rep oder Lehrveranstaltung:

Teilweise findet der Unterricht kommerzieller Repetitorien zudem zeitgleich zu den Lehrveranstaltungen der Beklagten statt, so dass sich die Studierenden für einen längeren, in der Regel über ein Semester hinausgehenden Zeitraum entscheiden müssen, ob sie sich mit Hilfe der Beklagten oder mit Hilfe des kommerziellen Repetitors auf die Prüfung vorbereiten.

Wird ein Richter nebenberuflich als Repetitor für Referendare tätig, ist dies im Übrigen mit der Werbung kommerzieller Repetitorien (im Hinblick auf das erste Staatsexamen) in der staatlichen Hochschule nicht vergleichbar, denn durch letztere werde

eine sachliche und räumliche Verbindung zur staatlichen Einrichtung geschaffen, welche die Annahme zulässt, die staatliche Einrichtung billige den Inhalt der Werbung, fördere die private Einrichtung und halte deren Besuch für nützlich oder gar geboten,

während die

auf die lehrende Person (des Richters) beschränkte Identität zwischen staatlicher und privater Ausbildung (…) in geringerem Maße eine Verbindung zur staatlichen Ausbildung her(stellt). Der Ausbilder wird erkennbar als Privatperson außerhalb der staatlichen Einrichtung und außerhalb seiner Dienstzeit tätig.

Außerdem (das dürfte wohl den meisten Referendaren bewusst sein)

dient die staatliche Referendarausbildung vorrangig dazu, den Referendar mit den Aufgaben der juristischen Praxis vertraut zu machen und nimmt – anders als die universitäre Ausbildung – nicht für sich in Anspruch, ein umfassendes Angebot zur Prüfungsvorbereitung bereit zu stellen.

Die auf diesem Wege festgestellte und mehrfach untermauerte Beeinträchtigung der Zweckbestimmung der Hochschule berechtigt grundsätzlich zum Erlass des Werbe- und Hausverbots.

Das auf Rechtsfolgenseite zu beachtende Ermessen hat die Hochschule nach Ansicht des Gerichts fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere musste sie das Haus- und Werbeverbot nicht etwa auf das Juridicum beschränken. Denn überall, wo sich Jurastudenten möglicherweise aufhalten könnten, erwecke die Werbung der Repititorien den Eindruck der Duldung durch die Hochschule.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nach Erlass der alle kommerziellen juristischen Repetitorien betreffenden Allgemeinverfügung ebenfalls nicht ersichtlich. Das Gericht erteilt dazu noch einige interessante Hinweise. Nicht zu beanstanden ist etwa, das nicht kommerzielle Repetitorien die Werbung in der Hochschule nicht untersagt wurde. Diese stehen nach Ansicht des Gerichts nicht in einer vergleichbaren Konkurrenzsituation zur Hochschule und sind außerdem schon deshalb nicht zu beanstanden, wenn und weil die von Mitarbeitern der Hochschule (in deren Aufgabenbereich) geleitet werden. Auch die teilweise durchgeführte (und nicht untersagte) Werbung für Verlagsprodukte kommerzieller Repetitorien war nicht zu beanstanden, da insoweit die Zweckbestimmung der Hochschule nicht beeinträchtigt ist.

Die Kombination von Werbe- und Hausverbot findet ihre Rechtfertigung in dem (von der Hochschule vorgetragenen) Umstand,

dass andernfalls Werbung durch das Verteilen von Handzetteln oder kostenlosen Skripten und durch persönliche Ansprachen nicht wirksam begegnet werden könnte. So sei es z.B. öfter vorgekommen, dass Mitarbeiter kommerzieller Repetitorien unmittelbar nach einer Lehrveranstaltung den Hörsaal betreten hätten, um für kommerzielle Veranstaltungen gleichen Inhalts zu werben. (…) Gegen ein derartiges Vorgehen könne die Beklagte nur durch ein sofortiges Eingreifen mittels eines Hausverbots vorgehen.

Schließlich ist das Hausverbot auch angemessen, da es auf das Betreten zu Werbezwecken beschränkt wurde.

Die Anfechtungsklage ist im Ergebnis unbegründet.

C. Fazit

Die Entscheidung des VG Göttingen betrifft sicherlich keinen klausurtypischen Sachverhalt. Das Verhältnis von staatlicher Universitätsausbildung zu privatem Repetitorium und dessen Bedeutung für die Juristenausbildung ist indessen ein Thema, zu dem nahezu jeder (angehende) Jurist eine Meinung haben dürfte. Als Aufhänger für eine Diskussion in der mündlichen Prüfung eignet sich die Entscheidung (bzw. der ihr zugrunde liegende Sachverhalt)  deshalb ganz gewiss. Anknüpfungspunkte für die Prüfung verwaltungsrechtlicher Grundlagen enthält der Sachverhalt zu Genüge (einstweiliger Rechtschutz, Ermächtigungsgrundlage, Verfahrensfehler, Rechtsfolgenseite, Ermessen, Verhältnismäßigkeit etc.).

Hingewiesen wird zudem noch auf eine Entscheidung des Kartellsenats des OLG Karlsruhe vom 13.05.2009 (6 U 50/08). Hier ging es um einen ähnlich gelagerten Fall an der Uni Freiburg, der im Ergebnis ebenfalls zu Gunsten der Hochschule entschieden wurde.

Eines der betroffenen Repetitorien soll bereits einen Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO) gestellt haben (siehe hierzu und zu weiteren interessanten Hintergrundinformationen den Bericht bei ). Wir werden über den weiteren Verlauf des Verfahrens berichten.

 

22.10.2012/7 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2012-10-22 12:30:132012-10-22 12:30:13VG Göttingen: Werbe- und Hausverbot gegen juristische Repetitorien bestätigt
Dr. Simon Kohm

Zwischenprüfung und jetzt?

Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Schon gelesen?

Liebe Leserinnen und Leser von juraexamen.info, auf Anregung eines Kommilitonen entstand der folgende Grundsatzartikel, der Gedanken aufgreift, mit denen wir uns bereits in der Vergangenheit überblicksartig beschäftigt haben. Ich möchte mir jedoch noch eine Vorbemerkung erlauben: Die Studienordnungen der einzelnen Universitäten sind im Fluss, genau wie die Prüfungsordnungen in den einzelnen Bundesländern. Bitte habt Verständnis dafür, dass es uns nicht möglich ist, alle möglichen Konstellationen und Möglichkeiten im Blick zu behalten; ich möchte mich daher auf meine persönlichen Erfahrungen in Bonn/NRW beschränken. Der Artikel soll Denkanstoß für 3.-5. Semester und Freischussinteressierte sein, ein Besuch bei der Fachstudienberatung sollte in jedem Fall stattfinden.
Zwischenprüfung! Die ZP ist im Fach Jura ja eher notwendiges Übel, eine selbständige Bedeutung kommt ihr in den seltensten Fällen zu, sie wird eben „mitgemacht“ und man hat sie irgendwann, im Idealfall nach dem 3. oder 4. Semester. Will man sich jetzt schon mit dem Examen beschäftigen? Sicher nicht….so ging es mir jedenfalls. Und eher mit Glück, als Verstand hat in Sachen Planung am Ende doch alles so geklappt, wie ich es mir vorgestellt habe. Im Folgenden werden erst einmal die Alternativen aufgezählt, dann ein Vorschlag für einen Studienplan gemacht.
Hauptstudium. Je nach Universität besteht das Hauptstudium noch aus „Übungen“, in denen Klausuren geschrieben werden und die Zulassungsvoraussetzung für den Schwerpunktbereich sind. Diese Übungen würde ich in jedem Fall vor dem „Examen“ erledigen, da sie erstens den Stoff der Anfangssemester nochmals aufgreifen und zweitens Klausurpraxis geben; drittens muss man sich dann nach dem Examen nicht noch mit den Fortgeschrittenenklausuren beschäftigen.
Schwerpunkt. Je nach Universität umfasst der Schwerpunkt einige Klausuren, eine wissenschaftliche Arbeit, evtl. sogar eine mündliche Prüfung. Er umfasst ca. 2-3 Semester. IN machen Bundesländern ist es möglich, die Staatsprüfungen vorzuziehen, was es einem erleichtert die Freischussfrist einzuhalten („angemeldet bis zum Ende des 8. Semesters“).
Staatsprüfungen. Zum Thema „Examen ohne Rep.“ haben wir bereits einen ausführlichen Artikel gepostet ( https://red.ab7.dev/examen-ohne-repetitor-2/ ). Da ich annehme, dass die meisten jedoch den Besuch eines Reps. bevorzugen werden und auch ich nur von dieser Warte aus berichten kann, beschränke ich mich auf dies Lösung (bei der Vorbereitung ohne Rep. ist man ohnehin zeitlich viel flexibler). Das Rep. veranschlagt in seiner „klassischen“ Länge ein volles Jahr. In dieser Zeit wird der ganze Stoff durchgepaukt, dazu werden Klausuren geschrieben und wiederholt. Dass hier einiges auf der Strecke bleibt (ZPO, StPO, MietR,…) ist fast unausweichlich, daher sollte man einen guten Puffer zum Wiederholen haben, mMn am besten 3-5 Monate, je nach Wissensstand. Ich würde auf jeden Fall für den Freischuss planen, allein schon auf Grund der psychischen Entlastung. Wenn man das nicht vor hat, kann man sich sicher ein oder zwei Semester mehr Zeit lassen für die Examensvorbereitung.
Praktika und Hausarbeiten. Hier sollte man konsequent sein, auch wenn dadurch alle Semesterferien flöten gehen. Alle Pflichtpraktika und Hausarbeiten sollten bis zum Anfang des Repetitoriums erledigt sein. Zudem sollte man sichergehen, dass die absolvierten Praktika auch vom JPA anerkannt werden!
Das sind die Fakten und Möglichkeiten, die einem offen stehen nach dem 3.-4. Semester. An dieser Stellen kann man die Situation noch nicht wirklich überblicken, aber eine gute Planung ist hier absolut entscheidend, zumindest sollte man sich eigene Gedanken machen und einen für sich vertretbaren Weg finden. Im Folgenden mal ein Vorschlag, der alle Möglichkeiten beinhaltet. Wie bereits erwähnt, nur ein Denkanstoß und ein „Roter Faden“ für eure eigene Planung.

  • 3. Semester : Zwischenprüfung
  • 4.-5. Semester : Übungen und restliche Vorlesungen
  • Semesterferien: Restliche HA oder Praktika erledigen!
  • 6.-7. Semester: Repetitorium. Beginn schon meist während der Semesterferien. Ende des Reps. ist damit regelmäßig September oder März, so dass einem Studenten, der sich bereits anmelden musste, nur noch 6 Wochen zur Wiederholung bleiben. Dies erscheint jedenfalls grundsätzlich als knappes Zeitfenster.
  • Vor Ende des 8. Semesters erfolgt die Anmeldung zum Examen, also unter Umständen noch während oder am Ende des Reps. Daher würde ich persönlich mein Studium so planen, dass ich am Ende des Reps. noch am Ende meines 7- Semesters bin, sodass ich keinen Anmeldungsdruck zum Freischuss verspüre und mir noch 3-5 Monate für die Wiederholung Zeit lassen kann. Eine Anmeldung kann dann erfolgen für den Januar oder Juli/August (je nach Rep.-Beginn).
  • 9. Semester: Vorbereitung für die mündliche Prüfung und evtl. Klausuren für den Schwerpunkt, also Besuch von Vorlesungen nebenher. Wenn man ganz perfekt planen will, kann man die Anmeldung zum Examen und damit den Mündlichen Prüfungstermin (in NRW 5 Monate später) so legen, dass hier einem Mündliche Prüfung und Abschlussklausuren nicht in die Quere kommen….ist aber nicht wirklich notwendig.
  • Semesterferien: Evtl. Seminararbeit
  • 10. Semester: Klausuren für den Schwerpunkt; Mein Tipp geht im Ergebnis dahin, den Schwerpunkt nicht zu splitten, aber das ist natürlich keine allgemeingültige Lösung. Man kann natürlich auch alles in 6 Semestern machen 😉 .
01.12.2009/2 Kommentare/von Dr. Simon Kohm
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Simon Kohm https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Simon Kohm2009-12-01 09:23:032009-12-01 09:23:03Zwischenprüfung und jetzt?
Dr. Simon Kohm

Abi und jetzt?

Für die ersten Semester, Lerntipps, Schon gelesen?

Liebe Leserinnen und Leser von juraexamen.info, liebe Besucher, auch wenn wir primär auf das Examen vorbereiten wollen, so sind mir beim Durchstöbern diverser Foren und studienspezifischer Seiten doch oft Fragen wie folgende aufgefallen:
„…Hallo, ich bin 19 und werde diesen Sommer mein Abitur ablegen, ich dachte mir, dann Jura zu studieren. Allerdings werde ich wohl „nur“ einen Abischnitt von 2,5 erreichen, sodass ich Angst habe, später „durchs Raster zu fallen“. Ich habe nämlich gehört, dass sogar 1er Abiturienten später nur mit einer „Drei“ abschneiden und so Angst um ihre berufliche Zukunft haben müssen….“
Darauf folgen oft hahnbüchene Antworten, die sich ungefähr so anhören:
„….was? Nur 2,5? Dann solltest du lieber eine Lehre machen…“
„…mit ner 3 im Examen bist du quasi arbeitslos…“
„…ich bin im ersten Semester und sage dir: Lass es sein….es ist alles sooooo langweilig….das musst du aber vorher wissen….“
Man kann nicht mit allen Vorurteilen aufräumen und das soll auch gar nicht Aufgabe des Artikels sein. Auch will ich keinen kompletten Studienführer schreiben, da gibt es auch sehr gute im Handel, worauf zum Schluss noch hingewiesen werden soll. Dennoch kann dieser Artikel vielleicht einen  kleinen Überblick für den angehenden Jurastudenten geben, der eben noch nicht genau Bescheid weiß.
„…Jura studieren? Das ist aber trocken….“
Was viele Studenten später (nicht) mehr zugeben wollen: Jura wurde gewählt, „da nichts anderes passte oder gefiel“, „da es was Solides ist“, Jura also nur aus Verlegenheit? Die (für selbst den angehenden Juristen typische) Antwort: Es kommt drauf an!
Einerseits weiß man (und das ist normal) als frischgebackener Abiturient wenig zum Jurastudium. Man kann weder genau sagen, worum es geht, wie die Arbeitstechnik und der Studentenalltag aussehen, welche Art von Prüfungen anstehen und welche Möglichkeiten sich bieten. Das alles ist neu und bestenfalls bekommt man von Eltern oder Bekannten zu hören: „…Jura? Das ist aber trocken….“, vielleicht sind einem auch die gängigen Klischees von Steppjacken und Ralph Lauren Blusen bekannt. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, zumal ich persönlich auch nie verstanden habe, was genau unter dem Begriff „trocken“ zu verstehen ist, aber dazu später. Also bedeutet der Schritt, Jura zu studieren, eine ganz neue Herausforderung, der man sich stellen kann!
Auch wird der angehende Jurastudent jedenfalls gewisse Grundfähigkeiten besitzen müssen, zu denen ich bereist jetzt zählen möchte: Problembewusstsein, Ausdrucksvermögen, ein gutes Sprachgefühl und –Beherrschung, Ausdauer, logisches und systematisches Denken und nicht zuletzt (jedenfalls später) ein sicheres Auftreten nach Außen. Fachlich ist es auf keinen Fall erforderlich, den Sozialkunde oder Politik LK belegt zu haben. Das hilft einem allenfalls im ersten Semester weiter. Was ich damit sagen möchte: Für den Jurastudenten werden eher gewisse Fähigkeiten, als ein bestimmtes Vorwissen wichtig. Ein kleines persönliches Beispiel: Mir hat der Religionsunterricht in der Oberstufe im Nachhinein sehr viel am Anfang und auch während des Studiums gebracht: Dort hatten wir uns vertieft mit der Auslegung und Exegese von Texten befasst und verschiedene Auslegungsmethoden angewandt. Auch wurden anspruchsvolle wissenschaftliche Schriften gelesen und thesenartig zusammengefasst. Soviel einmal zu anfänglichen puren Unkenntnis.
Andererseits mag der typische Kandidat nun denken: „In allem ganz gut, aber nichts will ich studieren, dann bleibt ja nur Jura….“. Also doch aus Verlegenheit? So ganz wird man diese Frage wohl nicht beantworten können, einerseits sind vielleicht gerade breit gestreute Interessen von Vorteil und man weiß gerade nicht, was auf einen zukommt, andererseits verleitet gerade auch diese „Freiheit“ den ein oder anderen dazu, „einfach mal anzufangen…“. Ich kann den Interessierten nur raten, es zu probieren, auch wenn es am Ende ganz anders werden wird, als ihr es euch vorgestellt habt.
Was muss ich mitbringen?
Meiner Meinung sollten ein paar gewisse Grundfähigkeiten vorhanden sein, bzw. ausbaufähig zur Verfügung stehen ;), als da wären.

  • Problembewusstsein (Finde ich in einem komplexen Sachverhalt das Atypische und kann die Probleme aufspüren?)
  • Schnelle Auffassungsgabe (Kann ich viel Text und damit viele Informationen schnell erfassen und in gewisser Dichte abspeichern?)
  • Beherrschung der Sprache (Sie ist euer einziges Werkzeug, eure einzige „Waffe“, sie muss im Grunde perfekt beherrscht werden, va. in Schrift, später auch in freier Rede; auch wenn sich später das „Juristendeutsch“ bei euch einschleicht, das mancher Sprachliebhaber wohl eher als „Vergewaltigung“ sehen wird…)
  • Systematisches und logisches Denken/Verständnis (Kann ich vorgelegte Fälle, Problemstellung, aber auch meine eigenen Antworten systematisch strukturieren, so dass sie für Außenstehende verständlich sind?)
  • Die Bereitschaft, viel zu lesen und (gerade vor Prüfungen und ganz besonders am Schluss) viel Zeit am Schreibtisch (sei es in der Bibliothek oder zu Hause) zu verbringen.
  • Geduld und Ausdauer sind bei jedem Studium gefragt, bei Jura kommen noch die dauernd schlechten Noten hinzu.
  • Selbstorganisation ist nicht ganz so wichtig, wie in anderen Studiengängen, ein Stundenplan ist relativ fest vorgegeben.

Diese Aspekte können an der Abiturnote festgemacht werden. Als Indikatoren werden gerne die Schulnoten in Latein, Mathe und Deutsch herangezogen. Zwingend ist ein solcher Vergleich natürlich nicht.
Ist das wahr?
Jura ist „trocken“: Ich wusste nie, was darunter zu verstehen ist….viel lesen und Bücher wälzen, sich mit Theorien beschäftigen, die später niemand mehr braucht, welcher Student kennt das denn nicht (ich rede nicht vom 6. Sem. Bachelor) ? Wenn es bedeutet, dass man mit Jura im Alltag„nichts anfangen kann“, dann muss das mit einem „Nein“ beantwortet werden: Schon früh im Studium befasst man sich mit ganz konkreten Fällen, die auch nicht irgendwo in einem Elfenbeinturm (ok, hin und wieder schon…) erdacht wurden. Schlägt man die Zeitung auf, hört die Nachrichten oder redet nur mit den Nachbarn, immer wird man „Juristisches“ aufschnappen können (zur Fähigkeit, diese Probleme ad hoc zu lösen später).
Juristen sind Schleimer/Ekel/Tussis: Die Quote ist überdurchschnittlich hoch, aber keine Sorge: Die Blender schießen sich schnell selbst ins Knie und vernünftige und „normale“ Leute gibts auch zu Hauf!
Gesetze auswenig lernen? Nein, nein und nein. Das Gesetz hat man in jeder Klausur bei sich, es ist das einizg zugelassene Hilfsmittel. Darüberhinaus muss man während des Studium selten Sachen stupide auswenig lernen. Die wichtigsten Definitionen benutzt man so oft, dass sie sich schon recht schnell im Kopf festsetzen.
Jura ist schwer! Auch hier kann es nur heißen: Es kommt darauf an. Denn selten ist ein einzelnes Problem mal so schwer, dass man es nicht verstehen kann. Probleme bereiten vor allem die riesige Menge an Stoff und das gerade am Anfang (wenig ausgeprägte) Systemverständnis, der „Weitblick“. Auch muss man ehrlich sagen: Das Studium bist zu den Staatsprüfungen ist (je nach Studienordnung) recht einfach machbar….man kann viele Scheine in vielen Klausuren sammeln und muss für ein „Bestehen“ nicht so sehr viel tun. Der richtige „Hammer“ kommt dann spätestens mit den Staatsprüfungen (dazu später).
Die Noten sind schlecht! Ja, das sind sie wohl…aber das Ganze folgt (wer hätte es nicht gedacht?) einem System, dass sich seit Jahrzehnten wiederholt und wiederholt: Die Notengebung erfolgt auf einer Skala von 0-18 Punkten, magische Grenze sind im Examen die 9,0 Punkte, das sog. „Vollbefriedigend“.  Das und das darüber liegenden „Gut“ und „Sehr Gut“ erreichen im deutschlandweiten Schnitt ca. 13% aller Studenten, das heiß begehrte Prädikatsexamen. Diesen harten Gegenwind verspürt man schon im ersten Semester und dann ganz extrem am Ende vor den Staatsprüfungen.
Hammerexamen?! Ja, das Examen ist wirklich eine Sache für sich. Eineinhalb Jahre und 5 Tage die Woche Vorbereitung sprechen für sich. Wer sich genauer  informieren will, dem seien die Erfahrungsberichte  auf der Seite ans Herz gelegt.
Arbeitsweise und Alltag
Der Jurist löst Fälle, eine einfache Wahrheit. Auch der Student wird sich schon früh, also ab dem 1. oder 2. Semester mit Fällen, also fiktiven oder sich wirklich ereigneten Sachverhalten, auseinanderzusetzen haben. Selten werden Fragen ganz abstrakt und aus dem Zusammenhang gerissen gestellt. Dabei ist zu beachten, dass man sich einem ganz strengen Schreib- und Formulierungsstil unterzuordnen hat, dem sog. Gutachtenstil, der darauf abzielt ein gewisses Problem immer auf die gleiche Art und Weise anzugehen und damit systematisch zu lösen. Aber es sollte nicht verkannt werden, dass der Schwerpunkt vieler Klausuren eher im Bereich der Argumentation anzusiedeln ist, da kann man hin und wieder durchaus kreativ werden.
Von Anfang an ist es wichtig, das Gelernte nicht nach der ersten Abschlussklausur zu vergessen, bzw. in dem Bewusstsein weiterzumachen, sich immer nur punktuell auf die nächste Klausur vorzubereiten. Denn so gut wie Alles (wenn man mal von der Rechtsgeschichte absieht) ist in den fortgeschrittenen Klausuren des Studiums (2-4 Semester) wichtig. Denn es ist an der Tagesordnung, dass sich der Erstsemester mit den gleichen Problemen beschäftigt wie ein Examenskandidat und das vielleicht sogar in der gleichen Tiefe.  Das wurde bereits erwähnt: Die Probleme an sich werden nicht schwerer, die Sachverhalte nur komplexer und der Stoff nimmt mengenmäßig extrem zu.
Auch sollte man sich darüber bewusst sein, dass sich ein bestimmtes Systemverständnis erst nach ein paar Semestern und ständiger Wiederholung einstellen kann. Man sollte also nicht zu früh den Kopf in den Sand stecken.
Zum Ablauf des Studiums und für eventuelle Bewerbungen, empfehle ich die Internetseiten der jeweiligen Unis/Fakultäten, von mir nur so viel (NRW):
– 3-4 Semester Grundstudium
– 2-3 Semester Hauptstudium mit Übungen und Schwerpunktbereich
– 2-3 Semester Examensvorbereitung (privat oder Repititorium)
Schattenseiten
Lernen, Lernen und Wiederholen gehören im Grunde zu jedem Studienfach, also spare ich mir das mal als signifikantes Problem.

  • Die Noten sind absolut gesehen meist einfach schlecht. Das kann deprimieren, was sich auch bis zum Ende kaum ändern wird.
  • Der Leistungsdruck ist hoch und der Blick auf den Arbeitsmarkt, sowie Geschichten über Junganwälte, die ihre Kanzlei im Wohnzimmer betreiben müssen, machen es einem nicht gerade einfacher.
  • Stellt euch auch auf viel Arbeit während der Semesterferien ein, es winken Hausarbeiten und Pflichtpraktika.
  • Das Examen am Ende ist hart, sehr hart sogar. Der Leistungsdruck ist immens und für eineinhalb Jahre tägliche Vorbereitung braucht man einen sehr langen Atem.

Berufschancen
Ich bin kein Recruiter einer Großkanzlei, noch habe ich langjährige Berufserfahrung. Das Thema überlasse ich dann Anderen. Von mir nur soviel: Mit einem guten Abschluss stehen einem viele Türen offen, Anwaltstätigkeit, Staatsdienst, Wirtschaft. Auch sind die Juristen ob ihrer og. Fähigkeiten auch in fachfremden Bereichen gerne gesehen.
Fazit und Empfehlung
Das Jurastudium in wenigen Sätzen zu beschreiben, das ist klar geworden, fällt schwer. So kann man natürlich keine allgemeine Empfehlung aussprechen und Gewissheit kann man nicht erlangen, solange man nichts versucht hat. Gerade mit Jura begibt man sich auf einen eher unbekannten Pfad, ein Vor- und Nachteil. Aber wer die og. Fähigkeiten mitbringt, dazu fleißig ist, kann hier viel erreichen.
Ich wünsche euch viel Erfolg bei einer ganz und gar nicht einfachen Wahl.
Ps:
Ich habe Jura auch nur studiert, weil mir nichts anderes einfiel und ich mich eher als Multitalent sah, als als Spezialist in einem besonderen Gebiet (Abi 2,2, quasi überall 10 Punkte, wenige Einser, wenige Dreier, Mathe/Deutsch/Geschichte LK). Auch mir ist es nicht immer leicht gefallen, mit vollem Einsatz dabeizubleiben, habe es aber letzen Endes doch geschafft (Staatsnote 9,7- Vollbefriedigend). Lasst euch nicht entmutigen!
Links und Tips:
Studienführer  http://www.amazon.de/Studienf%C3%BChrer-Jura-Olaf-Grosch/dp/3896942867
Jura studieren? http://www.studis-online.de/Studienfuehrer/jurastudium.php
Jus Coach http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?sessionid=986517F441284E33A89F9FCC17882837&toc=JuS.15

23.07.2009/15 Kommentare/von Dr. Simon Kohm
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Simon Kohm https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Simon Kohm2009-07-23 20:42:422009-07-23 20:42:42Abi und jetzt?
Dr. Christoph Werkmeister

Tucker Max – oder auch „wie man Jura richtig studieren sollte“

Lerntipps

Geht mal auf seine Seite: http://www.tuckermax.com – highly entertaining! Bestsellerautor des Buches „I hope they serve beer in hell“. Ein par sehr lustige Geschichten auf seiner Seite – sollte man sich mal angucken…

Hier ein par Ausschnitte aus seiner FAQ:
Basic Personal Information:
Height: 6’0″
Weight: 185 lbs
Current Residence: Hollywood, CA
High School: Blair Academy, ’95
College: The University of Chicago (BA ’98). Can you believe the irony? The school where fun goes to die produced one of the premier partiers of this generation. And I still graduated in three years, with highest honors.
Graduate School: Duke Law School (JD, ’01). Duke even gave me an academic scholarship. Fate, it seems, has a sense of humor.
What is your job? Do you work as a lawyer?
I am a best-selling author, which makes me a writer. I also wrote and produced a movie, which makes me a screenwriter and a movie producer. Of course I don’t work as a lawyer, I don’t hate myself.
If you aren’t working as a lawyer, why did you get your JD?
I made a mistake going to law school. There was a time in my life that I thought I wanted to be a lawyer, but I was terribly mistaken. I didn’t know that you had to give up your soul to work in that field.
Should I get my JD? What is your advice for someone thinking about going into law school?Do you want to waste three years of your life debating stupid and utterly irrelevant minutia? Then yes, get your JD. Do you want to get a degree that allows you work the rest of your life in a tedious, shitty, unrewarding job? Then yes, get your JD. Are you a boring, facile, socially retarded whore, desperate for the illusion of money and success, regardless of the cost to your life and the lives of those you love? Then yes, get your JD. Do you want to squander your existence sitting in a lifeless office, churning out ultimately meaningless paperwork? Then yes, get your JD. Listen to me people: There is a reason that lawyers have the LOWEST job satisfaction of any profession in America. THE JOB SUCKS. It is horrible.

20.07.2009/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2009-07-20 14:26:322009-07-20 14:26:32Tucker Max – oder auch „wie man Jura richtig studieren sollte“
Dr. Christoph Werkmeister

Schnelles Jurastudium: In 6 Semestern zur Examensanmeldung

Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Schon gelesen?

Intention des Artikels
Da hier bereits ein Artikel zum Thema „von 7 auf 9,7“ gepostet wurde, möchte ich deshalb die Chance nutzen, meine Erfahrungen im Bezug auf die Schnelligkeit meines Studiums zu teilen. Diese Schilderung ist nicht als Erfolgsgarant oder als Belehrung zu sehen, sondern sie soll diejenigen ermuntern, denen während des Studiums auch schnell langweilig wird; ein etwas länger dauerndes Studium hat ebenso viele Reize und ist gleichermaßen legitim, denn jeder muss das für sich richtige und optimale Tempo finden. Gerade im Hinblick auf das Staatsexamen kenne ich viele Leute, die sich nach hinten raus doch etwas mehr Zeit nehmen wollten und dann mit Erfolg gekrönt wurden.
Zum Ablauf des Studiums (Bonn)
Das erste Semester nutzte ich, um zunächst einmal herauszufinden, ob das Jurastudium tatsächlich für mich geeignet ist. Hier ging ich normal nach den Empfehlungender Studienordnung vor.
Mein Studium war sodann seit dem zweiten Semester davon geprägt, dass ich zusätzlich zu den von der Studienordnung vorgeschriebenen Klausurfächern immer ein bisschen mehr als vorgeschrieben belegte. Ein solches Verhalten war dadurch motiviert, dass das Durchfallen durch eine Grundstudiumsklausur eigentlich keine negativen Folgen nach sich zieht.
Außerdem hatte ich keine besondere Lust, mich in besonderen Details zu verlieren, sondern es machte mir Spaß, die jeweiligen Rechtsgebiete zunächst einmal nur überblicksartig erfasst zu haben. Letztenendes sind die Klausuren, die in der Uni angeboten werden auch meist nicht so schwer, so dass zumindest das Bestehen auch mit rudimentären Kenntnissen gesichert sein sollte.

Infolge eines solchen Vorgehens schloss ich das Grundstudium nach zwei Semestern ab. Nach vier Semestern hatte ich die großen Übungen absolviert, wobei ich im vierten Semester bereits mit Schwerpunktbereichsklausuren anfing.
Nach dem vierten Semester besuchte ich ein kommerzielles Repetitorium, wobei ich die noch ausstehenden Schwerpunktbereichsklausuren Stück für Stück parallel zur Examensvorbereitung schrieb. Am Ende des sechsten Semesters meldet ich mich dann zum Examen, um meinen Freischuss zu nutzen.
Zur methodischen Vorgehensweise
Wie bereits erläutert, eignete ich mir im Rahmen des Grundstudiums zunächst einmal bloß die Grundzüge eines Themas an. Dies klingt im Prinzip einfach – und das ist es auch tatsächlich! Einfach ein Lehrbuch/Skript zur Hand nehmen und komplett durchlesen, wobei Details, die man nicht direkt versteht, einfach überlesen werden. Nachher am besten nochmal lediglich das Inhaltsverzeichnis zu Rate ziehen, um zu überprüfen, wie viel Struktur tatsächlich hängengeblieben ist.

Worauf man gerade in den ersten Semestern aber besonders viel Wert legen sollte, ist die Aneignung eines perfekten Gutachtenstils und eine saubere Subsumtion. Definitionen hingegen müssen fast nie auswendig gelernt werden, es reicht völlig, wenn man sinngemäß eine Erklärung des jeweiligen Tatbestandsmerkmals reproduzieren kann. Je geschulter die sprachlichen Fähigkeiten werden, desto einfacher fällt es auch, mit nur einem Bruchteil an Wissen eine klausurreife Definition zu kreieren.
Nicht auf Lücke lernen
Ob im Examen oder bereits im Grundstudium. Es empfiehlt sich nicht, ganze Rechtsgebiete auszuklammern. Zumindest die Grundstrukturen sollten in jedem Gebiet erfasst sein. So waren bei mir die einzigen Fächer, die ich während des Studiums nicht gehört oder bearbeitet hatte das internationale Privatrecht und das Zwangsvollstreckungsrecht, so dass ich während des Reps bei diesen Gebieten zunächst gar keine Ahnung hatte: Wäre ich bei weiteren Teilbereichen so vorgegangen, hätte ich die Examensvorbereitung nie im Leben so schnell und stressfrei abschließen können.
Auch sollte an allen für das Semester angebotenen „obligatorischen“ Klausuren teilgenommen werden. Auch wenn man noch so mies vorbereitet ist, sind es lediglich 1-3h, die einem an Freizeit geraubt werden und der Trainingseffekt ist dafür enorm. Nirgendswo lernt man sonst, seine Gedanken ausgearbeitet zu präsentieren und zu perpetuieren. Gerade im Examen ist diese Fähigkeit aber lebenswichtig, da hier regelmäßig Sachverhalte gestellt werden, die zumindest 1-2 unbekannte Probleme enthalten.
Das schnelle Studium hatte für das Examen jedenfalls in meinen Augen nur Vorteile: Das Wissen aus den ersten Semestern war bei mir noch relativ frisch, so dass mir ein vertieftes Lernen während des Repetitoriums äußerst leicht fiel. Diejenigen, die meinen, das Wissen müsse sich erst setzen, übersehen, dass Vergessenes erst wieder neu gelernt werden muss, bevor die Wissenskurve wieder anfängt zu steigen.
Freizeit vs. Pauken: Zeitmanagement
Wenn ich sagen würde, dass das schnelle Studium das reine Zuckerschlecken war, würde ich lügen. Mir ist aber trotzdem aufgefallen, dass ich gerade in den ersten vier Semestern trotz der hohen Anzahl an überobligatorischem Leistungen doch deutlich mehr Freizeit hatte, als die meisten meiner Kommilitonen, die noch das 6. Urteil zur gestörten Gesamtschuld bearbeiteten und nachts den Palandt unter das Kopfkissen legten.

Dies lag meines Erachtens an der sorgenfreien Einstellung, da ich seit dem zweiten Semester in jede Klausur (außer examensrelevanten Leistungen natürlich) mit dem Gefühl gegangen bin, dass selbst null Punkte keinerlei negative Auswirkungen haben.
Ein weiterer Aspekt ist meiner Meinung nach ein gelungenes Zeitmanagement. Man sollte sich genau überlegen, wie viele Stunden man für welches Teilgebiet an welchen Tagen lernen möchte. Wenn man dann noch einige Vorlesungen aus dem Stundenplan streichen kann, kommt man mit 5 Lerntagen zunächst auf ein Pensum von stets weniger als drei Lernstunden + die übrigen Vorlesungen. In der Examensvorbereitung relativiert sich diese Aussage allerdings ein wenig, da hier leider auch ein enormes Detailwissen gefragt ist. Unter 4-6 Lernstunden + Rep für die 5-Tage-Woche braucht man hier meines Erachtens nach gar nicht erst anfangen zu rechnen.
Der Lernplan muss natürlich nicht wie das Grundgesetz jeden Tag streng eingehalten werden. Eine gewisse Konsistenz ist aber wohl von Nöten, allein schon damit sich für das Lernen eine gewisse Routine einstellt.
Es sollten aber trotzdem ein bis zwei Tage in der Woche explizit nur für Freizeit/Freunde/Familie/Sport reserviert sein. Ansonsten stellt sich ein Gefühl der Unzufriedenheit ein, wodurch die Lerneffizienz auch deutlich verringert wird. Des Weiteren kann natürlich an JEDEM Wochentag am Nachmittag oder Abends die Zeit zum socializen genutzt werden, solange man hierdurch nicht gerade nach 2 Uhr ins Bett kommt.
Zu viel Arbeit nebenher ist für ein solches Unterfangen natürlich hinderlich. Ich selbst habe lediglich für für ein Jahr als studentische Hilfskraft an einem Lehrstuhl gearbeitet und wurde ansonsten von den Eltern finanziert.
Fazit
Ihr wollt natürlich wahrscheinlich auch wissen, ob es sich gelohnt hat und ob ich es wieder so machen würde. Im Ergebnis bin ich jedenfalls mit 11,7 (staatlich sowie universitär) aus dem Examen herausgegangen und würde mein Vorgehen beim Lernen deshalb als relativ erfolgreich ansehen. Während des Studiums ließen meine Leistungen im Schnitt eigentlich auch nie Unmut aufkommen (Ausrutscher waren aber natürlich auch öfters mal dabei – also nicht entmutigen lassen!). Ausgenommen von der Vorbereitungszeit für das Examen hatte ich m.E. auch immer genug Zeit für Freunde und zum Feiern etc.
Das einzige, was ich bereue, ist, dass ich bei diesen straffen Studienplan keine Zeit für ein Auslandssemester hatte, da es irgendwie nie so gut zu passen schien. Einen kurzen Auslandsaufenthalt konnte ich nur durch ein Praktikum in England genießen. Um diese Erfahrung eines längeren Studienaufenthalt im Ausland noch zu machen, möchte ich deswegen noch einen LLM dranhängen – ob dieser Aufenthalt das Fehlen eines Erasmus-Party-Semesters kompensiert, gilt es dann im Folgenden noch zu erörtern 😉

05.07.2009/18 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2009-07-05 09:59:322009-07-05 09:59:32Schnelles Jurastudium: In 6 Semestern zur Examensanmeldung
Dr. Stephan Pötters

Verhaftung einer HIV-positiven Sängerin wegen ungeschützten Geschlechtsverkehrs

Strafrecht

Eine Verhaftung der Darmstädter Staatsanwaltschaft sorgte für eine heftige öffentliche Diskussion: Eine Popsängerin (ihren Namen wollen wir hier anders als Bild oder Spiegel online nicht nennen) wurde öffentlichkeitswirksam kurz vor einem Auftritt in Untersuchungshaft genommen. Die Bild veröffentlichte hierüber einen ausführlichen Bericht mit intimen Details über das Sexualleben der Beschuldigten. Hiergegen ging der Anwalt erfolgreich mittels einer einstweiligen Verfügung vor. Auch seriöse Zeitungen berichteten ausführlich: Die Süddeutsche Zeitung widmete dem Fall das Thema des Tages (SZ Nr. 88/2009, S. 2) und kritisierte dabei aufs Schärfste die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft, welche die Unschuldvermutung missachtet und die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten verletzt habe. Auch die FAZ Sonntagszeitung diskutierte ausgiebig (Nr. 16/2009, S. 12, 23).
Die Sängerin steht unter dem Verdacht, in mindestens drei Fällen mit unterschiedlichen Männern ungeschützten Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben, ohne dabei die Männer darüber aufgeklärt zu haben, dass sie HIV-positiv ist. Einer der Männer trägt seitdem das HI-Virus in sich. Die StA Darmstadt ermittelt wegen des Verdachts einer gefährlichen Körperverletzung. Die Untersuchungshaft begründet sie mit einer „Wiederholungsgefahr“.
Beides – also sowohl die materiellrechtliche Seite als auch die Voraussetzungen für eine Untersuchungshaft – soll hier näher beleuchtet werden. Die sichere Beherrschung beider Themenkomplexe ist für ein erfolgreiches Jurastudium unverzichtbar. Zu beiden Problematiken gibt es umstrittene und auch politisch relevante höchsrichrichterliche Rechtsprechung.
Zunächst einmal allgemein zur Strafbarkeit des Geschlechtsverkehrs von HIV-positiven Menschen: Der BGH geht regelmäßig von einer gefährlichen Körperverletzung (§§ 223 I, 224 I Nr. 1 StGB „Beibringung von anderen gesundheitsschädlichen Stoffen“) aus, wenn der Infizierte seinen Sexualpartner nicht aufgeklärt hat und es zu einer Ansteckung kommt. Schon die Infizierung mit dem HI-Virus ist dabei eine Gesundheitsschädigung iSv § 223 I StGB, auf einen Ausbruch der Krankheit AIDS kommt es nicht an, denn schon der HI-Virus beeinträchtigt die Lebensweise negativ und verursacht so einen pathologischen Zustand (s. auch Schönke/Schröder, § 223 StGB Rn. 7: “ […] Demzufolge ist in diesem Infektionsbereich Körperverletzung nicht erst und nicht nur dann anzunehmen, wenn das „acquired immune deficiency syndrom“ (AIDS) – idR nach bis zu sechs Jahren – voll zum Ausbruch kommt, sondern bereits dann, wenn idR vier bis sechs Wochen nach dem infizierenden Kontakt der „human immune deficiency virus (HIV)“ auftritt; denn bereits infolge dieser HIV-Infektion weicht der körperliche Zustand des Infizierten in pathologisch signifikanter uU auch für andere Krankheitssymptome anfälliger Weise vom Normalbild eines Gesunden ab).
Der Versuch ist im Falle der Nicht-Ansteckung ebenfalls strafbar (vgl. BGH, Urteil vom 04-11-1988 – 1 StR 262/88).
Bei einer entsprechenden Aufklärung des Sexualpartners scheidet eine Strafbarkeit hingegen in der Regel aus, da nur eine Teilnahme an einer eigenverantwortlichen Selbstgefährung vorliegen soll (vgl. hierzu BayObLG, Urteil vom 15.09.1989 – RReg. 1 St 126/89). Die Selbstgefährung ist dabei von der einverständlichen Fremdgefährung abzugrenzen, bei der nur eine Einwilligung in Betracht kommt (vgl. dazu auch unseren Artikel zu Beschleunigungsrennen). Für die Abgrenzung ist dabei nach der Rspr. und der hL das Kriterium der Tatherrschaft maßgebend: Beim Sex haben eben beide Partner „Tatherrschaft“, sodass bei einer Aufklärung des Partners über die Infektion und einer Kenntnis des damit verbundenen Risikos eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung anzunehmen ist.
Weiteres Problem  ist das Vorliegen des Körperverletzungsvorsatzes. Dieser wird von der Rechtsprechung in der Regel bejaht. Gleichzeitig wird ein Tötungsvorsatz (Versuch) jedoch verneint, obwohl ja eine Ansteckung mit dem HI-Virus auch heute noch häufig zum Tod führt. Dies begründet der BGH mit der höheren Hemmschwelle bei Tötungsdelikten, weshalb hier an die Bejahung des Vorsatzes besonders hohe Anforderungen zu stellen seien. Diese Rspr. wird in der Lehre zum Teil als widersprüchlich kritisiert und abgelehnt (vgl. Schönke/Schröder, § 223 StGB Rn. 7). Wieder andere Stimmen versuchen eine Zurechenbarkeit im Todesfall aufgrund des idR langen Zeitabstandes zwischen Infektion und Todeseintritt zu verneinen. Im Ergebnis sind wohl alle Ansätze dogmatisch unbefriedigend, gleichwohl verdient der „Kompromiss“ des BGH (also Körperverltzung idR ja, Totschlag/Mord idR nein) bei wertender Betrachtung Zustimmung.
Als zweites nun zur strafprozessualen Problematik: die Voraussetzungen für eine Untersuchungshaft.  Diese sind in § 112 StPO geregelt. Danach sind drei Punkte zu prüfen:
1) Dringender Tatverdacht, § 112 I 1 StPO:
Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat, wobei ein strafbarer Versuch ausreichend ist.
2) Ein Haftgrund z.B. § 112 II StPO (muss nach BVerfG immer vorliegen, auch in Fällen des Abs. 3, dann aber – je nach Schwere des Tatverdachts – abgeschwächt):
Vorliegend nannte die Staatsanwaltschaft den Haftgrund der „Wiederholungsgefahr“, § 112a I Nr. 2 StPO.
Ob ein solcher Haftgrund hier tatsächlich anzunehmen ist, erscheint allerdings äußerst fragwürdig. Spätestens nach der Berichterstattung der Bild-Zeitung kann wohl davon auszugehen sein, dass nunmehr jederman(n) von der HIV-Infektion der betroffenen Person Kenntnis erlangt hat.
3. Verhältnismäßigkeit, § 112 I 2 StPO

19.04.2009/5 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2009-04-19 11:45:512009-04-19 11:45:51Verhaftung einer HIV-positiven Sängerin wegen ungeschützten Geschlechtsverkehrs

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