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Schlagwortarchiv für: Referendariat

Alexandra Ritter

Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 3: Der Lieferantenregress

Aktuelles, Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Kaufrecht, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Jurastudenten und auch Praktiker werden die Nachricht mit gemischten Gefühlen entgegengenommen haben – mit dem Beginn des Jahres 2022 stehen größere Änderung im allseits prüfungs- und praxisrelevanten Kaufrecht an. Juraexamen.info gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, die aufgrund der Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 im Kaufrecht der §§ 433 ff. BGB erfolgen. Hierzu veröffentlichen wir eine Reihe von Beiträgen – in diesem dritten Teil der Reihe steht der Regressanspruch des Verkäufers gegen seinen Lieferanten im Fokus.
 
I.       Vorbemerkungen
Auch im Lieferantenregress des BGB hat die Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/711 Änderungen bewirkt: Die Meisten sind redaktioneller Natur, um bspw. die Änderungen von § 439 BGB aufzunehmen. Dennoch werfen sie klärungsbedürftige Rechtsfragen auf. Der Prüfungsaufbau jedoch bleibt unverändert.
Die Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/711 enthält in ihrem Art. 18 die Vorgaben für die Umsetzung des Regresses des Verkäufers auf den Lieferanten. Dort steht:

„Haftet der Verkäufer dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette, einschließlich des Unterlassens, Aktualisierungen für Waren mit digitalen Elementen gemäß Artikel 7 Absatz 3 zur Verfügung zu stellen, ist der Verkäufer berechtigt, bei den oder dem innerhalb der Vertragskette Haftenden Rückgriff zu nehmen. Bei welcher Person der Verkäufer Rückgriff nehmen kann, sowie die diesbezüglichen Maßnahmen und Bedingungen für die Geltendmachung der Rückgriffsansprüche bestimmt das nationale Recht.“

Die unionsrechtlichen Vorgaben haben erkennbar einen geringen Umfang und gem. Art. 18 S. 2 RL (EU) 2019/711 werden einige Regelungsaspekte den Mitgliedstaaten überlassen.
Der Lieferantenregress im Kaufrecht wird weiterhin in den §§ 445a, 445b und 478 BGB geregelt.
 
II.    § 445a Abs. 1 BGB
In § 445a BGB beschränken sich die Änderungen auf den ersten Absatz; Die Absätze 2 und 3  bleiben unverändert.
 
1.      Erweiterung der Bezugnahme auf § 439 BGB
Zunächst wird die Bezugnahme von § 445a Abs. 1 BGB auf § 439 BGB erweitert, sodass auch die Rücknahmekosten des Verkäufers gem. § 439 Abs. 6 S. 2 BGB (zu dieser Änderung s. den zweiten Beitrag dieser Reihe) in den Anwendungsbereich des Regressanspruchs fallen.
 
2.      Regressmöglichkeit für Aufwendungen des Verkäufers wegen § 475b Abs. 4 BGB
§ 445a aE BGB gibt dem Verkäufer nunmehr die Möglichkeit Regress beim Lieferanten zu nehmen für Aufwendungen, die ihm im Verhältnis zum Käufer wegen eines Mangels, der auf der Verletzung einer objektiven Aktualisierungspflicht gem. § 475b Abs. 4 BGB beruht, entstehen.
Diese Ergänzung am Ende von § 445a Abs. 1 BGB kann problematisch gesehen werden: Der Regressanspruch des Verkäufers gegen den Lieferanten beruht auf dem Gedanken, dass der Grund für die Inanspruchnahme des Verkäufers durch den Käufer ein Mangel ist, der aus der Sphäre des Lieferanten stammt (Looschelders, Schuldrecht BT, 15. Aufl. 2020, § 9 Rn. 1). Dies geht auch daraus hervor, dass gem. § 445a Abs. 1 BGB der Mangel bereits beim Übergang der Gefahr vom Lieferanten auf den Letztverkäufer vorgelegen haben muss. Der Lieferant haftet also über den Regressanspruch, weil er eine Pflicht, die er bereits gegenüber dem Verkäufer hatte, verletzt hat.
Eine Aktualisierungspflicht gem. § 475b Abs. 4 BGB hat der Lieferant gegenüber dem Verkäufer jedoch nicht (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067). In den Gesetzesmaterialien heißt es hierzu:

„Da in der Regel nicht der Verkäufer, sondern der Hersteller technisch und rechtlich in der Lage ist, die erforderlichen Aktualisierungen anzubieten, ist eine Aktualisierungsverpflichtung nur dann tatsächlich effektiv, wenn die Pflicht, Aktualisierungen bereitzustellen, durch die Lieferkette bis zum Hersteller weitergereicht wird.“ (BT-Drucks. 19/27424, S. 27)

Man geht also davon aus, dass der Verkäufer die Aktualisierung nicht anbieten kann. Dann allerdings stellt sich ein Folgeproblem: § 445a Abs. 1 BGB i.V.m. § 475b Abs. 4 BGB verpflichtet den Lieferanten nicht unmittelbar zur Vornahme der Aktualisierung, sondern zum Ersatz der Aufwendungen, die der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung zu tragen hat. Solche Aufwendungen können einem Verkäufer, der die Aktualisierung nicht anbieten kann, jedoch gar nicht erst entstehen. Das vom umsetzenden Gesetzgeber angestrebte Ergebnis, eine Aktualisierungsverpflichtung herbeizuführen, kann mit § 445a Abs. 1 aE BGB nicht erreicht werden (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2068). Insbesondere bei einer längeren Lieferantenkette, müsste eine solche Pflicht über § 445a Abs. 3 BGB, also vermittelt über die gesamte Lieferkette bis zum Hersteller, hergestellt werden.
Der Lösungsvorschlag von Lorenz (NJW 2021, 2065, 2068) begegnet dem Problem mit einer teleologische Reduktion des § 445a Abs. 1 aE BGB, Der Regress des Verkäufers gegen den Lieferanten ist dann zu untersagen, „wenn das unterlassene Zurverfügungstellen von Aktualisierungen beim Verbraucher allein aus der Sphäre des Verkäufers selbst herrührt und nicht auf den Lieferanten oder einen Dritten zurückzuführen ist.“ (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2068). Diese Lösung steht in Einklang mit dem Wortlaut von Art. 18 S. 1 RL (EU) 2019/771. Denn nach Art. 18 S. 1 RL (EU) 2019/771 soll ein Regressanspruch bestehen, wenn ein voriges Glied der Vertragskette es unterlassen hat, „Aktualisierungen für Waren mit digitalen Elementen gemäß Artikel 7 Absatz 3 zur Verfügung zu stellen“, das heißt, es darf nicht allein der Verkäufer selbst für die unterlassene Aktualisierung verantwortlich sein.
 
III. § 445b BGB
§ 445b BGB regelt weiterhin Besonderheiten der Verjährung von Ansprüchen des Verkäufers gegen den Lieferanten nach § 445a BGB. § 445b Abs. 1 BGB wurde nicht geändert. In § 445b Abs. 2 BGB dagegen wurde Satz 2 aF gestrichen. Das bedeutet die Ablaufhemmung für die Ansprüche des Verkäufers gegen den Lieferanten aus gem. § 445a Abs. 1 BGB und gem. § 437 BGB ist nicht mehr auf fünf Jahre begrenzt.
Diese Änderung ist durch die Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 nicht vorgegeben. Hintergrund ist die soeben erläuterte Vorstellung des Gesetzgebers, dass über § 445a Abs. 1 aE BGB eine Verpflichtung des (Hersteller-)Lieferanten zur Aktualisierung bestehe und solche Aktualisierung über eine Dauer von mehr als fünf Jahren notwendig sein können (vgl. BT-Drucks. 19/27424, S. 28).
 
IV. § 478 BGB
Zuletzt sind die Änderungen von § 478 BGB zu betrachten. § 478 BGB modifiziert die Regelungen der §§ 445a und 445b BGB für den Fall, dass der letzte Verkauf in der Kette ein Verbrauchsgüterkauf i.S.v. § 474 Abs. 1 S. 1 BGB ist. Während § 478 Abs. 1 und Abs. 3 BGB unverändert sind, wurde in Absatz 2 ein Verweis auf die §§ 475b und 475c BGB eingefügt.
478 Abs. 2 BGB regelt die Haftungsbeschränkung des Lieferanten, bzw. deren Unwirksamkeit. Der Lieferant kann sich nicht auf eine Vereinbarung berufen, die vor Mitteilung des Mangels getroffen wurde und zum Nachteil des Unternehmers (Verkäufers) von §§ 478 Abs. 1, 433 bis 435, 437, 439 bis 443, 445a Absatz 1 und 2 sowie den §§ 445b, 475b und 475c BGB abweicht, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Neu ist die Aufnahme der §§ 475b und 475c BGB. Jedoch kommen diese Normen bei dem Regress des Unternehmers gegen den Lieferanten nicht zur Anwendung (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2068). Fraglich ist insoweit, wie zum Nachteil des Unternehmerverkäufers von den §§ 475b und 475c BGB abgewichen werden soll, wenn dem Unternehmerverkäufer die entsprechenden Rechte gar nicht zustehen. In den Gesetzesmaterialien beschränkt man sich auf den Hinweis, dass es sich um „Folgeänderungen“ handele, mit denen „der Einfügung der §§ 475b und 475c BGB-E Rechnung getragen“ werde (BT-Drucks. 2019/27424, S. 44). Die Ergänzung um §§ 475b und 475c BGB ist auch nicht für einen effektiven Verbraucherschutz notwendig, da seine Rechte aus §§ 475b und 475c BGB schon durch § 476 Abs. 1 S. 2 BGB geschützt sind.
 
V.    Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass es wie auch bezüglich der Nacherfüllung gem. § 439 BGB keine grundlegenden Änderungen im Lieferantenregress durch die Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (RL) 2019/771 gibt.
Problematisch ist aber die Ergänzung von § 445a Abs. 1 aE BGB um den pauschalen Verweis auf § 475b Abs. 4 BGB. Hier gilt es zu beobachten, wie Rechtsprechung und weitere Stimmen der Literatur dazu Stellung beziehen werden und welche Auswirkungen der Verweis in der Praxis haben wird.
Zudem ist der Verweis in § 478 Abs. 2 BGB auf die §§ 475b und 475c BGB kritisch zu hinterfragen. Für Studierende in der Klausursituation gilt es hier – wie immer in Konstellationen mit mehreren Beteiligten –, die einzelnen Vertrags- und Leistungsbeziehungen klar zu ordnen. Auch wenn es banal erscheinen mag, sollte eine Fallskizze mit den einzelnen Beziehungen der Beteiligten angefertigt und bei der Anfertigung der Lösung im Auge behalten werden.

18.01.2022/1 Kommentar/von Alexandra Ritter
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Alexandra Ritter https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Alexandra Ritter2022-01-18 09:00:522022-01-18 09:00:52Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 3: Der Lieferantenregress
Dr. Yannick Peisker

Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 2: Der Nacherfüllungsanspruch

Aktuelles, Examensvorbereitung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Jurastudenten und auch Praktiker werden die Nachricht mit gemischten Gefühlen entgegengenommen haben – mit dem Beginn des Jahres 2022 stehen größere Änderung im allseits prüfungs- und praxisrelevanten Kaufrecht an. Juraexamen.info gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, die aufgrund der Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 im Kaufrecht der §§ 433 ff. BGB erfolgen. Hierzu veröffentlichen wir eine Reihe von Beiträgen – in diesem zweiten Teil der Reihe steht der Nacherfüllungsanspruch des Käufers im Fokus.
I. Anforderungen der Richtlinie (EU) 2019/771 an die Nacherfüllung
Genuin unionsrechtliche Vorgaben und Anforderungen an die Nacherfüllung in Gestalt der Nachbesserung oder Nachlieferung trifft die Richtlinie (EU) 2019/771 in Art. 14.
Art. 14 Abs. 1 Richtlinie (EU) 2019/771 beschreibt die Art und Weise der Erfüllung von Nachbesserung und Nachlieferung. Dies habe unentgeltlich (lit. a); innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit unterrichtet hat (lit. b) und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zu erfolgen, wobei die Art der Waren sowie der Zweck, für den der Verbraucher die Waren benötigt, zu berücksichtigen sind (lit. c).
Abs. 2 regelt nunmehr die Frage, wie mit der mangelbehafteten Ware zu verfahren ist. Sofern die Vertragswidrigkeit durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung beseitigt wird, stellt der Verbraucher die Ware dem Verkäufer zur Verfügung. Der Verkäufer muss diese ersetzten Waren auf seine Kosten zurücknehmen.
Abs. 3 betrifft die Problematik der Nacherfüllung bei eingebauten Waren. Erfordert die Nachbesserung deren Entfernung, umfasst die Nacherfüllungspflicht nunmehr ausdrücklich die Entfernung der mangelbehafteten Ware sowie Montage oder Installierung nach Nachbesserung oder Nachlieferung, oder aber auch eine entsprechende Kostenübernahme.
Zuletzt regelt Abs. 4, dass der Verbraucher für eine normale Verwendung der ersetzten Waren für die Zeit vor der Ersetzung nicht zu zahlen braucht.
Um diese in der Richtlinie (EU) 2019/771 getroffenen Anforderungen in nationales Recht umzusetzen, hat der Gesetzgeber einige Anpassungen des § 439 BGB vorgenommen.
II. Die Umsetzung in deutschen Recht
Textliche Änderungen hat der Gesetzgeber durch Gesetz v. 25.6.2021 (BGBl. I S. 2133) durch Anpassung des Abs. 3 S. 1, durch Streichung des Abs. 3 S. 2, durch Einfügen eines neuen Abs. 5 und die Verschiebung des bisherigen Abs. 5 in Abs. 6 verbunden mit der Einführung eines neuen Abs. 6 S. 2 vorgenommen. Nachfolgend sollen die einzelnen Änderungen untersucht und ihre Auswirkung auf die bisher geltende Rechtslage beurteilt werden.
1. Aufwendungen für den Aus- und Einbau, § 439 Abs. 3 BGB nF.
439 Abs. 3 BGB betrifft die klassischen Einbaufälle, in denen der Käufer die gekaufte Sache in eine andere Sache eingebaut, oder an eine andere Sache angebracht hat. Abs. 3 S. 1 verpflichtet in diesem Fällen, sofern der Einbau oder die Anbringung der Art der gekauften Sache und ihrem Verwendungszweck entspricht, den Verkäufer dazu, die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau oder das Anbringen der mangelhaften Sache zu tragen.
Wichtig ist: Diese Pflicht wird durch die Neuregelung des Abs. 3 im Grundsatz nicht angerührt.
Lediglich der Ausnahmetatbestand ist betroffen. So verwies § 439 Abs. 3 S. 2 BGB aF. auf § 442 Abs. 1, wobei es für die Kenntnis des Käufers auf den Zeitpunkt des Einbaus/Anbringens ankam. Dies hatte nach früherer Rechtslage zur Folge, dass der Anspruch des Käufers auf Aufwendungsersatz nach Abs. 3 S. 1 in den Fällen ausgeschlossen war, in denen er bereits bei Einbau oder Anbringen der gekauften Sache Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von ihrer Mangelhaftigkeit besaß. Mit dieser Vorschrift setzte der nationale Gesetzgeber seinerseits (überschießend, also nicht nur für Verbraucher, sondern für alle Käufe geltend) die Rechtsprechung des EuGH um, nach der ein Ersatz von Aus- und Einbaukosten nur bei Gutgläubigkeit des Verbrauchers bestehen könne (BT-Drs. 19/27424, 26).
Dieser Ausnahmetatbestand des S. 2 fällt nunmehr weg.
Stattdessen wurde Abs. 3 S. 1 dergestalt angepasst, dass ein Aufwendungsersatzanspruch nur besteht, wenn die Sache eingebaut oder angebracht wurde „bevor der Mangel offenbar wurde“. Was genau unter dieser Begrifflichkeit zu verstehen ist, bleibt ungeklärt. Die Richtlinie (EU) 2019/771 selbst verhält sich hierzu nicht, ebenso wenig die nationalen Regelungen.
Vertreten lässt sich sowohl eine objektive Sichtweise, sodass es auf die Erkenntnismöglichkeit eines Durchschnittskäufers ankomme (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067), jedoch scheint auch eine Betrachtungsweise aus Sicht des Käufers nicht ausgeschlossen.
Darüber hinaus ist fraglich, ob die positive Kenntnis entscheidend und erforderlich ist, oder ob bereits grob oder einfach fahrlässige Unkenntnis ausreichend ist. Mit Blick auf die EuGH Entscheidung zur Richtlinie (EG) 1999/44, der die Gutgläubigkeit des Käufers forderte (EuGH, Urt. v. 16.6.2011 – C-65/09, C-87/09, NJW 2011, 2269) und die frühere Umsetzung in nationales Recht durch Verweis auf § 442 BGB, ist davon auszugehen, dass auch vorliegend bereits grob fahrlässige Unkenntnis schädlich ist. Sofern der nationale Gesetzgeber eine anderweitige Regelung hätte treffen wollen, hätte er dies in der Gesetzesbegründung wohl deutlicher hervorgehoben.
Rechtlich bringt die Änderung des § 439 Abs. 3 BGB nach hier vertretener Auffassung daher keine Änderungen, das letzte Wort ist hier jedoch juristisch noch nicht gesprochen.
In dem Zusammenhang soll kursorisch erwähnt werden, dass die bisherige Regelung des § 475 Abs. 4 BGB aF. ersatzlos gestrichen wurde. Der dortige S. 2 sah die Möglichkeit des Verkäufers vor, den Aufwendungsersatz nach Abs. 3 S. 1 auf einen angemessenen Betrag zu beschränken, sofern die andere Art der Nacherfüllung wegen der Höhe der Aufwendungen nach § 439 Abs. 2 oder Abs. 3 S. 1 BGB unverhältnismäßig ist. Diese Vorschrift galt aufgrund ihrer Verortung in § 475 BGB ausschließlich für den Kauf einer Ware eines Verbrauchers von einem Unternehmer. Diese Schlechterstellung des Verbrauchers im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes gegenüber anderen Käufern wird nunmehr aufgehoben. Eine Beschränkung auf einen angemessenen Betrag ist daher nicht mehr möglich.
2.Verweigerung der Nacherfüllung, § 439 Abs. 4 BGB nF.
§ 439 Abs. 4 BGB selbst bleibt unverändert. An dieser Stelle soll jedoch erneut auf den ersatzlosen Wegfall des § 475 Abs. 4 BGB aF. hingewiesen werden. Nach alter Rechtslage stand dem Unternehmer als Verkäufer, wenn die eine Art der Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen war oder der Unternehmer sie nach § 275 Abs. 2 oder 3 BGB oder § 439 Abs. 4 S. 1 BGB verweigern konnte, in Bezug auf die andere Art der Nacherfüllung nicht der Einwand des § 439 Abs. 4 S. 1 BGB zu. Es bestand daher nur ein relatives Verweigerungsrecht des Verkäufers (BeckOK BGB/Faust, 60. Ed. Stand 1.11.2021, § 475 Rn. 33 ff.).
Mit der Abschaffung dieser Regelung kann sich der Verkäufer daher auch im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs auf eine Totalverweigerung berufen (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2069).
3. Pflicht des Käufers, dem Verkäufer die Sache zur Verfügung zu stellen, § 439 Abs. 5 BGB nF.
§ 439 Abs. 5 BGB regelt nunmehr ausdrücklich die Pflicht des Käufers, dem Verkäufer die Sache zum Zwecke der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.
Dies stellt im Grundsatz eine Kodifikation bisher geltender Rechtsprechungsgrundsätze dar. Denn nach bisheriger Judikatur des BGH liegt kein taugliches Nacherfüllungsverlangen vor, solange der Käufer dem Verkäufer keine Gelegenheit biete, die Ware zu begutachten und sie ihm hierfür nicht am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung stelle (BGH, Urt. v. 19.7.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 21). Nach bisher geltender Rechtslage handelt es sich bei der Überlassung der mangelbehafteten Kaufsache an den Verkäufer um eine Obliegenheit des Käufers. Ohne ein taugliches Nacherfüllungsverlangen liegt keine ordnungsgemäße Fristsetzung innerhalb der §§ 281, 323 BGB vor, sodass die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Rücktritts, Schadensersatz und Minderung regelmäßig ausgeschlossen ist (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067).
Wohingegen einige Autoren die nunmehr ausdrückliche Kodifikation weiterhin als Obliegenheit einordnen wollen (so wohl Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067), spricht vieles dafür, nunmehr von einer erzwingbaren rechtlichen Pflicht auszugehen.
So wird in der Begründung zum Gesetzentwurf wie folgt formuliert:

„Mit § 439 Absatz 5 BGBE wird dies nunmehr gesetzlich geregelt. Systematik und Wortlaut der unionsrechtlichen Vorgabe deuten indes darauf hin, dass es sich nicht bloß um eine Obliegenheit des Käufers handelt, sondern um eine erzwingbare Pflicht.“

Eine rechtliche Pflicht genießt gegenüber einer Obliegenheit den Vorteil, dass sie vom Verkäufer (Schuldner) dem Käufer (Gläubiger) des Nacherfüllungsanspruches als Einrede gemäß § 273 BGB entgegengehalten werden kann – bereits dieser ist somit nicht durchsetzbar (Wilke, VuR 2021, 283, 289). Darüber hinaus ist ein Nacherfüllungsverlangen zur Geltendmachung der Rechte aus § 437 BGB insbesondere im Verbrauchsgüterkauf nicht immer notwendig (siehe § 475d BGB). Diese Rechte aus § 437 BGB, insbesondere § 323 und § 281 BGB, setzen jedoch einen fälligen und einredefreien Anspruch voraus, welcher im Falle der Einordnung als Pflicht – und damit nicht als Obliegenheit – aufgrund von § 273 BGB gerade nicht besteht. Dies zeigt die rechtliche Schwäche einer Einordnung als Obliegenheit auf.
4. Erfüllungsort der Nacherfüllung
Zum Erfüllungsort selbst verhält sich die Richtlinie (EU) 2019/771 oder auch das BGB nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft die bisherige Rechtsprechung des BGH Geltung entfacht (nachzulesen in BGH, Urt. v. 19.7.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 21 ff.). Danach gilt auch im Kaufrecht grundsätzlich die allgemeine Vorschrift des § 269 BGB. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kommt es somit entscheidend darauf an, ob die Nacherfüllung mit solchen Unannehmlichkeiten verbunden ist, dass der Erfüllungsort ausnahmsweise am Wohnsitz des Verbrauchers liegt. Das Abstellen auf die mit der Nacherfüllung verbundenen Unannehmlichkeiten in diesem Rahmen findet in Art. 14 Abs. 1 lit. d Richtlinie (EU) 2019/771 erneut eine brauchbare Stütze im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 269 BGB.
5. Rücknahmepflicht des Verkäufers, § 439 Abs. 6 S. 2 BGB nF.
Korrespondierend zur Überlassungspflicht des Käufers regelt § 439 Abs. 6 S. 2 BGB nF. die Pflicht des Verkäufers, die ersetzte Sache zurückzunehmen. Dieser S. 2 steht in Zusammenhang mit Abs. 6 S. 1. Es handelt sich hierbei um den § 439 Abs. 5 BGB aF. Nach dieser Norm kann der Verkäufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 BGB verlangen, sofern er zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert.
Abs. 6 S. 2 betrifft damit die Konstellation, dass der Verkäufer eine neue Sache im Wege der Nachlieferung bereitstellt, er aber die alte Sache nicht zurücknimmt. Aus der Praxis dürfte dies insbesondere bei großen Versandhändlern der Fall sein, die den mit der Rücknahme einer defekten Sache verbundenen Aufwand nicht tragen wollen.
Bereits ohne ausdrückliche Normierung der Pflicht des Verkäufers, die ersetzte Sache zurückzunehmen, war jedoch nach alter Rechtslage anerkannt, dass die Rücknahmepflicht einer mangelhaften Sache Kehrseite der aus § 433 Abs. 2 BGB folgenden Abnahmeverpflichtung des Käufers darstellt (OLG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 11 U 46/05, NJW-RR 2006, 677; BeckOK BGB/Faust, 60 Ed. Stand 1.11.2021, § 439 Rn. 28). Nichtsdestotrotz tendierte der BGH bisher dazu, eine entsprechende Rücknahmeverpflichtung des Verkäufers nur bei einem berechtigten oder besonderen Interesse des Käufers anzunehmen (BGH, Urt. v. 9.3.1983 – VIII ZR 11/82, NJW 1983, 1479, 1480). Diese Position hat sich jedenfalls mit der ausdrücklichen Kodifizierung der Rücknahmeverpflichtung des Verkäufers erledigt.
6. Summa: Kaum rechtliche Änderungen
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die rechtliche Beurteilung des Nacherfüllungsanspruches sich auch nach dem 1.1.2022 größtenteils nicht ändern wird. Für das Examen bedarf es hier daher nur kaum einer inhaltlichen Auffrischung.
Neu sein dürfte die Einordnung der Überlassung der Kaufsache an den Verkäufer bei ihrer Mangelhaftigkeit als rechtliche Pflicht des Käufers sein, mit den oben dargestellten Folgen in Bezug auf die bisherige Rechtsprechung des BGH zur Frage des tauglichen Nacherfüllungsverlangens. Hier lohnt es sich, auch in der Klausur präzise zu arbeiten und den Unterschied zwischen Obliegenheit und rechtlicher Pflicht herauszuarbeiten.
Zur Rechtssicherheit trägt die Kodifikation der Verkäuferpflicht zur Rücknahme der mangelhaften Kaufsache bei Neulieferung bei, hier kommt es nun nicht mehr auf das Vorliegen eines berechtigten Käuferinteresses an.
Rechtsunsicherheit wird durch die Richtlinie (EU) 2019/771 und die mit ihr verbundenen Änderungen im nationalen Recht lediglich im Rahmen der klassischen Einbaufälle geschaffen. So bedarf es in Zukunft der gerichtlichen Klärung, wann der Mangel „offenbar“ wird. Einer Problematisierung bedarf es hier daher in jedem Falle auch in der Prüfungssituation.

03.01.2022/0 Kommentare/von Dr. Yannick Peisker
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannick Peisker https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannick Peisker2022-01-03 09:00:112022-01-03 09:00:11Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 2: Der Nacherfüllungsanspruch
Dr. Matthias Denzer

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 2

Lerntipps, Startseite, Verschiedenes

Dieser Beitrag setzt den Rechtsprechungsüberblick im Zivilrecht von Oktober 2018 bis März 2019 fort. Teil 1 des Beitrags findet ihr hier.
 
BGH, Beschluss v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17
„VW-Abgasskandal“: Abschalteinrichtung als Sachmangel
Zunächst stellte der BGH fest, dass der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung ein Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist:

„Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende – Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist.
Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.“ (Leitsätze 1a und 1b)

Eine Nacherfüllung durch Nachlieferung eines gleichwertigen Neuwagens nach § 439 Abs. 1, 2. Alt BGB soll grundsätzlich möglich sein. Auch ein Modellwechsel (im konkreten Fall von einem VW Tiguan I auf einen VW Tiguan II) steht dem nicht entgegen:

„Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist.
Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben.
Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es – nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern können den Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“ (Leitsätze 2b und 2c).

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die Besprechung von Sebastian Rombey.
 
BGH, Beschluss v. 09.01.2019 – VIII ZB 26/17
Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses und analoge Anwendung des § 566 BGB auf den Erwerb eines Miteigentumsanteils
Die Eheleute M und F waren Miteigentümer einer Mietwohnung. Diese vermieteten sie an den Mieter X. Später übertrug M seinen Miteigentumsanteil auf die F, sodass F nun Alleineigentümerin der Mitwohnung war. Im Februar 2016 kündigte F das Mietverhältnis mit X. Fraglich war nun, ob die Kündigung auch durch den M hätte ausgesprochen werden müssen oder ob § 566 Abs. 1 BGB zur Anwendung komme, mit der Folge, dass die Kündigung allein durch den Erwerber des Miteigentumsanteils ausgesprochen werden konnte. Der BGH verneinte eine direkte Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB:

„Nach dem Wortlaut des § 566 Abs. 1 BGB muss die Veräußerung an einen Dritten erfolgen, das heißt, der veräußernde Eigentümer und der Erwerber müssen personenverschieden sein, der Erwerber darf bis zum Erwerb nicht Vermieter gewesen sein. Eine direkte Anwendung des § 566 BGB kommt damit […] nicht in Betracht.“

Auch eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht. Für eine Analogie bedarf es einer planwidrigen Regelungslücke sowie einer vergleichbaren Interessenlage. Solch eine vergleichbare Interessenlage lehnte der BGH im vorliegenden Fall ab:

„Sinn und Zweck des § 566 BGB ist der Schutz des Mieters vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegenüber einem neuem Erwerber im Falle der Veräußerung der Mietsache. Dieser Schutzzweck ist von vornherein nicht berührt, wenn […] einer von zwei vermietenden Miteigentümern seinen Eigentumsanteil auf den anderen überträgt, so dass dieser Alleineigentümer der Mietsache wird. Denn der nunmehrige Alleineigentümer ist (weiter) an den Mietvertrag gebunden und ein Verlust des Besitzes auf Seiten des Mieters infolge des Veräußerungsvorgangs ist somit nicht zu besorgen. Damit scheidet eine analoge Anwendung des § 566 BGB auf einen solchen Fall aus.“

 
BGH, Urteil v. 15.01.2019 – II ZR 392/17
Vertretung einer Gesellschaft durch den Aufsichtsrat

„Der Aufsichtsrat vertritt die Aktiengesellschaft nicht nur bei Rechtsgeschäften, die mit einem Vorstandsmitglied selbst geschlossen werden, sondern auch bei Rechtsgeschäften mit einer Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied ist.“ (Leitsatz)
„Für eine entsprechende Erweiterung des Anwendungsbereichs spricht insbesondere der Schutzzweck der Norm. § 112 Satz 1 AktG soll Interessenkollisionen vorbeugen und eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern sicherstellen. Dabei ist es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ausreichend, dass aufgrund der gebotenen und typisierenden Betrachtung in den von § 112 Satz 1 AktG geregelten Fällen regelmäßig die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung der Gesellschaft vorhanden ist.
Hierbei kann es keinen entscheidenden Unterschied machen, ob das Vorstandsmitglied einen Vertrag im eigenen Namen mit der Gesellschaft abschließt, oder ob Vertragspartner der Gesellschaft eine Gesellschaft ist, deren alleiniger Gesellschafter das Vorstandsmitglied ist.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BAG, Urteil v. 23.01.2019 – 7 AZR 733/16
Änderung der Rechtsprechung zur Auslegung einer Vorbeschäftigung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG  
Nach bisheriger Rechtsprechung des BAG (Urteil v. 06.05.2011 – 7 AZR 716/09) waren Arbeitsverhältnisse, die länger als drei Jahre zurücklagen, nicht als Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG anzusehen. Nun nimmt die Rechtsprechung Abstand von einer rein zeitlichen Betrachtung:

„Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.“

Siehe zu dieser Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Yannik Beden, M.A.
 
BAG, Urteil v. 07.02.2019 – VII ZR 63/18
Abgrenzung Schadensersatz statt und neben der Leistung im Werkvertragsrecht
Die Klägerin ließ ihr Kfz (Volvo V 70) beim Beklagten, der eine Kfz-Werkstatt betreibt, warten. Im Rahmen dieser Wartungsarbeiten tauschte der Beklagte u.a. den Keilrippenriemen, den Riemenspanner und den Zahnriemen aus. Aufgrund von Problemen mit der Lenkung bring die Klägerin circa einen Monat später ihr Kfz in die Werkstatt des L – der Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt Betriebsferien. In der Werkstatt des L wird festgestellt, dass der Beklagte den Keilrippenriemen nicht richtig gespannt hatte und dieser daher gerissen war. Infolgedessen sind Schäden am Riemenspanner, am Zahnriemen, der Servolenkungspumpe sowie der Lichtmaschine entstanden. Die Klägerin ließ die beschädigten Teile in der Werkstatt des L austauschen und verlangte nun von der Beklagten Schadensersatz. Es stellte sich somit die Frage, ob die entstandenen Schäden unter den Voraussetzungen des Schadensersatz statt der Leistung (§§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB) oder als Mangelfolgeschäden unter den Voraussetzungen des Schadensersatz neben der Leistung (§§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB) ersatzfähig seien.
Der BGH differenzierte insoweit zwischen dem Austausch von Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen und dem Austausch von Servolenkungspumpe und Lichtmaschine.

„Liegt eine Pflichtverletzung in Form einer mangelhaften Werkleistung vor, ist danach zwischen dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB und dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zu unterscheiden. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst damit das Leistungsinteresse des Bestellers. Er erfordert zunächst – vorbehaltlich der geregelten Ausnahmen – eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, um dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit zur Erbringung der geschuldeten Werkleistung, also zur Herstellung des mangelfreien Werks, zu geben. Demgegenüber sind gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB die über das Leistungsinteresse hinausgehenden Vermögensnachteile, insbesondere Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst oder an dessen Vermögen, zu ersetzen:“

Die Schäden an Servolenkungspumpe und Lichtmaschine (diese Teile waren nicht Gegenstand der Wartungsarbeiten des Beklagten) qualifizierte er dabei als Mangelfolgeschäden, die als Schadensersatz neben der Leistung zu ersetzen sind. Das heißt: Eine Fristsetzung war insoweit nicht erforderlich:

„Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten. […]
Von […] Schäden, die im Zuge der Nacherfüllung zwangsläufig entstehen, sind diejenigen Schäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen zu unterscheiden, die durch die mangelhafte Werkleistung verursacht wurden. Sie werden von der Nacherfüllung nicht erfasst, sondern können nur Gegenstand des – verschuldensabhängigen – Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB sein.“

Die Nacherfüllung auch auf Mangelfolgeschäden zu erstrecken – und in der Folge einen Schadensersatzanspruch als Schadensersatz statt der Leistung zu qualifizieren – würde „zu einer nicht gerechtfertigten Einschränkung des Bestellers führen, wenn er bei mangelbedingten (engen) Folgeschäden nicht mehr entscheiden könnte, durch wen sie beseitigt werden sollen. […]Den Interessen des Unternehmers wird in Bezug auf Folgeschäden durch das in § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB geregelte Verschuldenserfordernis hinreichend Rechnung getragen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)
Die Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens qualifizierte das Gericht als Schadensersatz statt der Leistung.

„Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst das Leistungsinteresse des Bestellers. Er knüpft daran an, dass eine ordnungsgemäße Nacherfüllung nicht erfolgt ist. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich damit nach der Reichweite der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gemäß § 634 Nr. 1, § 635 BGB auf Herstellung des geschuldeten Werks gerichtet ist, bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.“

Damit wäre hinsichtlich der Schäden an Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen eine Fristsetzung grundsätzlich erforderlich gewesen. Eine solche hatte die Klägerin nicht gesetzt. Der BGH stellte jedoch fest, dass eine Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich sei, da besondere Umstände vorlägen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigten:

„Solche Umstände sind hier zu bejahen. Danach besteht ein besonderes Interesse der Klägerin an einer einheitlichen Reparatur, bei der die erforderlichen Austauscharbeiten im Zuge der Beseitigung der wirtschaftlich im Vordergrund stehenden Folgeschäden an der Lichtmaschine und der Servolenkung miterledigt werden. Demgegenüber tritt das – grundsätzlich bestehende – Interesse des Beklagten an der Möglichkeit einer Nacherfüllung betreffend Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen zurück […].

 
BAG, Urteil v. 07.02.2019 – 6 AZR 75/18
Gebot fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen

„Ein Aufhebungsvertrag kann […] unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist. […]
Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte hätte dann Schadensersatz zu leisten. Sie müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies führte zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.“ (Pressemitteilung das BAG, Nr. 6/19 v. 07.02.2019)

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Yannik Beden, M.A.
 
BGH, Urteil v. 02.04.2019 – VI ZR 13/18

„Weiterleben“ als Schaden
Ärzte haften grundsätzlich nicht, wenn sie einen Patienten länger als medizinisch sinnvoll am Leben erhalten und somit sein Leiden verlängern.
Geklagt hatte der Sohn eines an fortgeschrittener Demenz leidenden Patienten. Durch künstliche Ernährung sei das krankheitsbedingte Leiden seines Vaters verlängert worden; die Ärzte hätten das Therapieziel dahingehend ändern sollen, dass das Sterben des Patienten durch die Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen zugelassen werde. Der Kläger machte Schmerzensgeld aus ererbtem Recht sowie den Ersatz von Behandlungs- und Pflegeaufwendungen geltend.

„Nach Auffassung des BGH steht dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu. Dabei könne dahinstehen, ob der Beklagte Pflichten verletzt habe. Denn jedenfalls fehle es an einem immateriellen Schaden. Hier stehe der durch die künstliche Ernährung ermöglichte Zustand des Weiterlebens mit krankheitsbedingten Leiden dem Zustand gegenüber, wie er bei Abbruch der künstlichen Ernährung eingetreten wäre, also dem Tod. Das menschliche Leben sei ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert stehe keinem Dritten zu. Deshalb verbiete es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch wenn ein Patient selbst sein Leben als lebensunwert erachten möge mit der Folge, dass eine lebenserhaltende Maßnahme gegen seinen Willen zu unterbleiben habe, verbiete die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich der Rechtsprechung ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden. 
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Ersatz der durch das Weiterleben des Patienten bedingten Behandlungs- und Pflegeaufwendungen zu. Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen sei es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden seien, zu verhindern. Insbesondere dienten diese Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.“ Pressemitteilung des BGH Nr. 40/2019 v. 02.04.2019

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Charlotte Schippers. 
 
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15.04.2019/1 Kommentar/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-04-15 09:30:362019-04-15 09:30:36Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 2
Dr. Matthias Denzer

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 1

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechungsübersicht, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Viele Examenskandidaten stehen unmittelbar vor dem Antritt ihres „Freischusses“ im nächsten Monat. Empfehlenswert ist es dabei stets, sich die Rechtsprechung der letzten Monate noch einmal vor Augen zu führen – angesichts des zumeist straffen Zeitplans aus Lernen, Wiederholen und der Teilnahme am Klausurenkurs kein leichtes Unterfangen. In unserem Rechtsprechungsüberblick sollen daher die – aus unserer Sicht – examensrelevanten Entscheidungen auf ihre wesentlichen Aussagen reduziert dargestellt werden. Teil 2 des Rechtsprechungsüberblicks im Zivilrecht erscheint nächsten Montag (15.4.2019).
Einen Rechtsprechungsüberblick für die Monate Juli – September 2019 findet ihr unter den folgenden Links:
            Rechtsprechungsüberblick Zivilrecht (Juli – September 2018)
            Rechtsprechungsüberblick Strafrecht (Juli – September 2018)
            Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Juli – September 2018)
 
BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – XII ZB 231/18
Kann die Ehefrau der ein Kind gebärenden Frau als Mit-Elternteil im Geburtenregister eingetragen werden?
Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kinders der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Der BGH verneinte die Frage, ob diese Regelung direkt oder analog auch auf die Ehefrau der in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebenden Mutter eines Kindes Anwendung finde:

„Die Ehefrau der ein Kind gebärenden Frau wird weder in direkter noch in entsprechender Anwendung des § 1592 Nr. 1 BGB Mit-Elternteil des Kindes. Die darin liegende unterschiedliche Behandlung von verschieden- und gleichgeschlechtlichen Ehepaaren trifft nicht auf verfassungs- oder konventionsrechtliche Bedenken.“ (Leitsätze 1 und 2)

 
BGH, Urteil v. 16.10.2018 – XI ZR 69/18
Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen
Grundsätzlich beträgt die Widerrufsfrist bei Verbraucherdarlehensverträgen 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB) ab Vertragsschluss und Aushändigung der Vertragsurkunde, die die nach § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Pflichtangaben enthalten muss (§ 356b Abs. 1, 2 BGB). Dazu gehört insbesondere auch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. (Gesetzesangaben entsprechen der Neufassung v. 13.06.2014.)
Im entschiedenen Fall schloss der Kläger mit der Beklagten im September 2005 einen Verbraucherdarlehensvertrag. Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung enthielt dieser nicht, die Widerrufsfrist begann damit nach § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen. Im September 2011 einigte sich der Kläger mit der Beklagen auf eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags und zahlte an die Beklagte eine „Vorfälligkeitsentschädigung“. Die Beklagte gab daraufhin vom Kläger bestellte Sicherheiten frei. Im November 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
Der BGH führte aus, dass das Widerrufsrecht des Klägers 9 Jahre nach Abschluss des Darlehnsvertrags und drei Jahre nach der vorzeitigen Beendigung verwirkt sei:

„Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. […] Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen.“

Solche Umstände hat der BGH in der Freigabe von Sicherheiten gesehen:

„Dem steht nicht entgegen, dass der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten ohnehin freizugeben hätte. Vom Darlehensgeber bestellte Sicherheiten sichern regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB. Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an. Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag, kann darin die Ausübung beachtlichen Vertrauens im Sinne des § 242 BGB liegen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17
Ausübung eines Gestaltungsrechts (hier: Widerruf gem. § 312b, 312g, 355 f. BGB) nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung

„Der Vortrag einer Partei, dass ein Gestaltungsrecht erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung ausgeübt worden ist – vorliegend durch die Erklärung des Widerrufs gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB – ist grundsätzlich unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Denn die prozessrechtliche Präklusionsvorschrift in § 531 Abs. 2 ZPO soll die Parteien lediglich dazu anhalten, zu einem bereits vorliegenden und rechtlich relevanten Tatsachenstoff rechtzeitig vorzutragen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 102). Sie verfolgt hingegen nicht den Zweck, auf eine (beschleunigte) Veränderung der materiellen Rechtslage hinzuwirken.“

 
BGH, Urteil v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17
Zur Sachmängelhaftung eines mit einem Softwarefehler behafteten Neufahrzeugs

„Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn die Software der Kupplungsüberhitzungsanzeige eine Warnmeldung einblendet, die den Fahrer zum Anhalten auffordert, um die Kupplung abkühlen zu lassen, obwohl dies auch bei Fortsetzung der Fahrt möglich ist.
An der Beurteilung als Sachmangel ändert es nichts, wenn der Verkäufer dem Käufer mitteilt, es sei nicht notwendig, die irreführende Warnmeldung zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer zugleich der Hersteller des Fahrzeugs ist.“ (Leitsatz 1a und b)
 

BGH, Urteil v. 07.11.2018 – XII ZR 109/17
Werbung auf einem Kraftfahrzeug gegen Entgelt – Qualifizierung des Vertragstyps

„In der Zurverfügungstellung einer konkreten Werbefläche auf dem der Klägerin gehörenden Fahrzeug liegt eine Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 BGB, bei der es einer Besitzverschaffung ausnahmsweise nicht bedarf. Die Überlassung einer Werbefläche auf einem in Benutzung der Bildungseinrichtung stehenden Kraftfahrzeug unterscheidet sich rechtlich nicht von der Reklame an Straßenbahnen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Mietverhältnis qualifiziert worden ist. Soweit der Senat ähnlich gelagerte Werbegestattungen als Rechtspacht eingestuft hat, führt dies gemäß § 581 Abs. 2 BGB ebenfalls zur Anwendung von Mietrecht.
Dem steht auch nicht das Urteil des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 1984 (X ZR 93/83 – NJW 1984, 2406, 2407) entgegen. In jenem Fall lag der Schwerpunkt – anders als im vorliegenden Fall – ersichtlich auf werksvertragstypischen Leistungen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 07.11.2018 – IX ZA 16/17
Zur Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

„Die Kläger meinen zu Recht, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters ergebe sich daraus, dass dieser als Mitverfasser eines Geleitworts zu einer Festschrift anlässlich des 70. Geburtstags des Beklagten dessen Person und Lebenswerk in heraushebender Weise gewürdigt hat. In dem Geleitwort bezeichnet der abgelehnte Richter den Beklagten als einen Mann, „der sich wie kein zweiter in vielfältiger Weise um das Insolvenzrecht und die angrenzenden Rechtsgebiete verdient gemacht“ habe; der „zu der seltenen Spezies Insolvenzverwalter gehört, die unternehmerisches Denken mit scharfsinniger juristischer Analyse verbinden können“, der „unternehmerisch mit dem bestmöglichen Bemühen um die Sanierung als die ökonomisch vorzugswürdige Lösung“ vorgehe, „mit seinen Publikationen seine Qualifikation als Vordenker für die Praxis“ beweise und „den Acker «Insolvenz und Sanierung» in sehr unterschiedlichen, einander aber immer wieder befruchtenden Funktionen bestellt und daraus reiche Ernte hervorgebracht“ habe.
Die damit verlautbarte Hochachtung nicht nur von Person und Lebenswerk des Beklagten, sondern auch seiner besonderen insolvenzrechtlichen Treffsicherheit und seiner Vorbildfunktion für Insolvenzverwalter, kann bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, in einem Rechtsstreit, in dem der Beklagte wegen angeblicher Pflichtverletzung bei der Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.“

 
BGH, Urteil v. 14.11.2018 – XII ZB 107/18
Zur Auslegung einer Patientenverfügung

„Urkunden über formbedürftige Willenserklärungen sind nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen dabei aber nur berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille des Erklärenden in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat.“ (2. Leitsatz)

 
BGH, Urteil v. 05.12.2018 – VIII ZR 271/17
Gefahr einer Schimmelpilzbildung aufgrund von Wärmebrücken in den Außenwänden als Mangel der Mietsache bei Altbauwohnung

„Wärmebrücken in den Außenwänden einer Mietwohnung und eine deshalb – bei unzureichender Lüftung und Heizung – bestehende Gefahr einer Schimmelpilzbildung sind, sofern die Vertragsparteien Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache nicht getroffen haben, nicht als Sachmangel der Wohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht.
Welche Beheizung und Lüftung einer Wohnung dem Mieter zumutbar ist, kann nicht abstrakt-generell und unabhängig insbesondere von dem Alter und der Ausstattung des Gebäudes sowie dem Nutzungsverhalten des Mieters, sondern nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bestimmt werden“ (Leitsätze, Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 06.12.2018 – VII ZR 71/15
Zur Bemessung des Schadens nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bei Nichtbeseitigung der Mängel im Rahmen eines Werkvertrags

„Die Ermittlung der Höhe des Vermögensschadens der Klägerin durch das Berufungsgericht beruht auf der Annahme, er lasse sich nach den erforderlichen, tatsächlich jedoch nicht angefallenen (Netto-)Mängelbeseitigungskosten […] bemessen, wenn der Besteller den Mangel eines Werks […] nicht beseitigt hat. Diese im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats stehende Auffassung trifft nicht zu. Der Senat hat […] unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Besteller, der den Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen kann.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 19.12.2018 – XII ZR 5/18
Zur Verjährung des Anspruchs des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache
Der Beklagte mietete Räumlichkeiten des Vermieters zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros an. Teile dieser Räumlichkeiten nutze der Beklagte zu Wohnzwecken. Der Vermieter machte gegen den Mieter einen Anspruch auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache nach § 541 BGB geltend. Dem wendet der Beklagte die Einrede der Verjährung entgegen.

„Der Bundesgerichtshof hat für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts bereits entschieden, dass bei einer zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnraum der Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer aus § 1004 Abs. 1 BGB bzw. § 15 Abs. 3 WEG nicht verjährt, solange die Nutzung andauert. Zur Begründung wurde dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass in diesem Fall der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung liegt, sondern die übrigen Wohnungseigentümer in gleicher Weise dadurch beeinträchtigt werden, dass die zweckwidrige Nutzung dauerhaft aufrechterhalten wird“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
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10.04.2019/2 Kommentare/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-04-10 09:30:002019-04-10 09:30:00Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 1
Dr. Maximilian Schmidt

Erfahrungsbericht: Anwaltsstation in New York bei Ernst&Linder

Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Das Referendariat wird von vielen Juristen genutzt, um Auslandserfahrungen zu sammeln – so auch vom Autor dieser Zeilen: Ich verbrachte die ersten drei Monate meiner Anwaltsstation in New York City bei der Kanzlei Ernst&Linder – eine großartige Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte. Im Folgenden möchte ich meine Erfahrungen hinsichtlich der Suche nach dem richtigen Ort und dem richtigen Ausbilder teilen sowie einen kurzen Einblick in meine Zeit vor Ort geben.
I. Die Entscheidungsfindung: Welche Station, welcher Ort?
Zu Beginn des Referendariats überlegen wohl die meisten Referendare, ob sie eine Auslandsstation in ihre Ausbildung einbauen. Kaum ein Zeitraum kommt hierfür so gelegen wie das Referendariat. Während im Studium die Fokussierung auf das Erste Staatsexamen einen Erasmus-Aufenthalt für viele unattraktiv macht, verpasst man im Referendariat vergleichsweise wenig und ist zudem bereits ein „gestandener Jurist“. 
Die Entscheidung eine Stage im Ausland zu verbringen hatte ich daher schnell getroffen. Wie wohl die meisten Referendare bemühte ich mich zunächst um einen Ausbildungsplatz beim Auswärtigen Amt bzw. den Außenhandelskammern. Das Auswärtige Amt bietet ein eigens eingerichtetes Bewerbungsverfahren für Referendare an. Einfach und unkompliziert. Allerdings ist die Zuteilung der Ausbildungsplätze zumindest undurchsichtig – welche Auswahlkriterien wie gewertet werden, wird nicht mitgeteilt. So erhielt ich denn – zugegebenermaßen doch überrascht – keinen Ausbildungsplatz. 
Was nun? Ich entschied mich nunmehr mein Glück in der Anwaltsstation im Ausland zu suchen und es es einmal mit Bewerbungen für Anwaltskanzleien zu versuchen. Und welcher Ort birgt für Anwälte eine größere Anziehungskraft als New York? Mit der Idee auch einmal wie Harvey Specter am HotDog-Stand im Tom Ford-Anzug einen gegnerischen Anwalt mit ein paar treffsicheren Sprüchen bloßzustellen, bewarb ich mich bei einigen Kanzleien in Manhattan. Eine Liste mit ausbildenden Kanzleien findet sich auf der Seite des Deutschen Generalkonsulats in New York. Die meisten Kanzleien meldeten sich auch zeitnah und ich führte mehrere telefonische Bewerbungsgespräche. Schnell kristallisierte sich heraus, dass ich bei Dr. Marcus Ernst, Partner bei Ernst&Linder, meine Stage verbringen würde. 
II. Die Reisevorbereitungen oder: Auf der Suche nach dem Passierschein A-38
Um in den USA als Referendar arbeiten zu können, ist ein J-1 Visum notwendig. Ernst&Linder begleiten einen Bewerber hierbei tatkräftig und finanzieren überdies das knapp 1000$ teure Verfahren. Bereits vor einem Jahr, also noch unter der Obama-Adminstration, war das Visumsverfahren für den Bewerber jedoch euphemistisch gesprochen „arbeitsintensiv“. Eine Unmenge an Dokumenten musste eingereicht werden; selbst ein gültiger Mietvertrag in Deutschland und bestehende Konten wurden abgefragt, um meine Absicht, nach Ablauf meines internships nach Deutschland zurückzukehren, zu untermauern. Doch hiermit nicht genug: So bedarf es eines von einem privaten Sponsor in den USA ausgestellten Dokuments, um das J1-Visum beantragen zu können (sog. DS-2019-Zertifikat). Teils fühlte man sich wie im Asterix-Klassiker auf der Suche nach dem Passierschein A-38. Zu eurer Beruhigung: Weder musste man einen Krokodilfluss auf einem unsichtbaren Seil überqueren noch alle Mahlzeiten des belgischen Kochs Mannekenpix verdrücken. Dies mag sich aber in der nächsten Zeit unter Präsident Trump vielleicht noch ändern. Dieser hatte jedenfalls im Wahlkampf einmal fallenlassen, dass keine J1-Visa mehr erteilt werden sollten, da hiervon Ausländer profitierten und Inländern Studienplätze verloren gingen (America First!). 
III. Die Wohnungssuche
Während man günstige Flüge nach New York von Düsseldorf oder Frankfurt relativ leicht findet, ist die Wohnungssuche in New York eine echte Herausforderung –  es sei denn, man verfügt über ein Wohnungsbudget von mehr als 2000€ pro Monat. Letztlich sind immer Kompromisse notwendig und selbst die sind noch teuer. Man mag mir eine schlechte Suche vorwerfen, doch erscheint mir ein Zimmer (!), das weniger als 30 Metrominuten vom Union Square entfernt, nicht rattenverseucht und zumindest 10qm groß ist, nicht unter 1200€ pro Monat zu haben zu sein. Dies gilt zumindest, wenn man mit echten New Yorkern zusammenwohnen möchte und nicht in einem Webster-Appartment oder der Kolping-Unterkunft bleiben möchte. Nachteil ist dort sicherlich, dass man geneigt sein mag, nur mit den Mitbewohnern Zeit zu verbringen. Wichtig ist auf jeden Fall die Anbindung an die Metro (na klar!) und hier vor allem an die Expresslinien. Steigt man hier direkt an einer Expressstation ein, werden aus 45 Minuten ganz schnell deren 30. Mich verschlug es letztendlich nach Williamsburg, ein junges Viertel in Brooklyn am East River, das alles bietet, was wohl die meisten Mitzwanziger suchen: Einkaufsmöglichkeiten, Bars, Restaurants, Clubs. Eine sehr angenehme Mischung!
IV. Die Kanzlei – Ernst&Linder als idealer Ausbildungsort in Manhattan

Die Ausbildung in der Kanzlei Ernst&Linder ist schlichtweg vorbildlich. Jedem motivierten, engagierten und aufgeschlossenem Referendar kann ich eine Stage bei Ernst&Linder nur empfehlen. Die Arbeitszeiten sind flexibel, aber grundsätzlich täglich von 9.30 bis 18.00 Uhr. Wenn mehr anfällt, kann man mehr arbeiten – wenn weniger anfällt, auch mal früher gehen. Neben der „Unterhaltsbeihilfe“ des Landes zahlt die Kanzlei eine Aufwandsentschädigung; ich erhielt zudem einen leistungsbezogenen Bonus. Ernst&Linder ist eine kleine Kanzlei, so dass man häufig „ins kalte Wasser springen muss“. So kam inhaltlich viel neues auf mich zu: Vorwiegend amerikanisches Gesellschaftsrecht, aber auch Immobiliarsachenrecht und Werkrecht waren Schwerpunkte meiner Tätigkeit. Dies hängt aber letztlich davon ab, was in der Kanzlei „gerade ansteht“. Der größte Teil der Arbeit ist auf Englisch, so dass hier gute Kenntnisse unabdingbar sind. Dr. Ernst nimmt immer Rücksicht auf die logischerweise begrenzten Kenntnisse im amerikanischen Recht. So erklärt er eingehend bestimmte Verfahren, so dass man einen guten Einblick gerade in das amerikanische Gesellschaftsrecht bekommt. Auch persönlich ist Dr. Ernst ein sehr umgänglicher Ausbilder, der Referendaren auf Augenhöhe begegnet. Nicht zuletzt gibt er praktische Tipps, weist auf anstehende Events in Museen hin und schenkte mir sogar Karten für die Oper Tristan&Isolde in der Metropolitan Opera! Dass man täglich mit Blick aus dem Büro auf die Freiheitsstatue arbeiten kann (kein Scherz!) und bei einem Kaffee auch einmal den Sonnenuntergang in der Kanzlei genießen kann, ist sicherlich auch kein Nachteil…
V. Das Leben in New York
Um es mit Präsident Trump zu sagen: „It´s awesome. It´s great. I mean, I have seen it!“ Die Anzahl an Kultur-, Politik- und Sportevents ist schlichtweg nicht zu erfassen. Es gibt für jeden einfach alles zu tun. Da hier nicht der richtige Ort für Urlaubstipps ist, beschränke ich mich auf drei Dinge, die wirklich jeder, der einmal länger als ein paar Wochen in New York gelebt hat, gemacht haben sollte:

  • Für Sportfans: Mets/Yankees oder Giants/Jets
  • Für Kunstfans: Frick-Collection
  • Für jeden: Einen Sonntag im Centralpark verbringen!

VI. Nutzt die Chance!
Meine Zeit in New York war großartig. Sicherlich sollten einem die Kosten eines Aufenthalts bewusst sein, da es kaum etwas schlimmeres vor Ort gibt als zu wenig Geld zu haben. Das fängt bereits bei der Unterkunft an, geht über das Essen und endet bei Events, die einfach immer teuer sind. Ich kann jedoch nur sagen, dass sich jeder ausgegebene Dollar gelohnt hat und ich die Zeit für immer in allerbester Erinnerung halten werde.

17.02.2017/3 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2017-02-17 09:00:072017-02-17 09:00:07Erfahrungsbericht: Anwaltsstation in New York bei Ernst&Linder
Dr. Christoph Werkmeister

VG Augsburg: Das Kopftuch bleibt examensrelevant

Rechtsprechung, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Das VG Augsburg hatte mit Urteil vom 30.06.2016 – Au 2 K 15.457 festgestellt, dass Rechtsreferendarinnen in Bayern nicht verboten werden darf, ein Kopftuch bei der Ausübung von hoheitlichen Tätigkeiten mit Außenwirkung zu tragen (z.B. bei Sitzungsvertretungen für die Staatsanwaltschaft).
Prozessuale und materiellrechtliche Probleme
Der Fall eignet sich hervorragend für mündliche Prüfungsgespräche in allen Bundesländern, und dies nicht nur, weil in verwaltungsprozessualer Hinsicht die besondere Klageart der Fortsetzungsfeststellungsklage einschlägig war (es ging hier um die Klage gegen eine Auflage, die anscheinend während der Staatsanwaltschafts-Station auferlegt und nach Beendingung der Station aufgehoben wurde; das erforderliche besondere Feststellungsinteresse wurde vom VG Augsburg wegen eines Rehabilitationsinteresses der betroffenen Rechtsreferendarin bejaht).
Auch in materiellrechtlicher Hinsicht wies der Fall eine Besonderheit auf, denn die Auflage zulasten der Referendarin wurde auf eine Verordnung i.S.d. Art. 80 GG des bayerischen Justizministeriums gestützt. Das VG Augsburg führte hierzu überzeugend aus, dass der infrage stehende Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Religionsfreiheit (Art. 4 GG) nicht auf eine Rechtsverordnung, also ein von der Exekutive erlassenes Gesetz, sondern nur auf ein formelles Parlamentsgesetzes gestützt werden kann (Stichwort: Wesentlichkeitstheorie).
Examensrelevanz
Wir hatten erst kürzlich zur Kopftuchthematik berichtet, allerdings im Zusammenhang mit Kopftuchverboten für Lehrkräfte (siehe dazu hier). Aufgrund der Examensrelevanz sollten die aktuellen Entwicklungen und die verschiedenen Fallkonstellationen beherrscht werden. Zur weiterführenden Lektüre seien deshalb ebenfalls die hier verlinkten Beiträge empfohlen.

03.07.2016/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2016-07-03 10:07:532016-07-03 10:07:53VG Augsburg: Das Kopftuch bleibt examensrelevant
Dr. Maximilian Schmidt

Notiz: OVG Münster: Unwürdigkeit für juristischen Vorbereitungsdienst bei wiederholter Begehung von Straftaten

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verwaltungsrecht

Auch wenn wir hoffen (und davon ausgehen), dass keiner unserer Leser betroffen ist, sei auf den Beschluss des OVG Münster v. 12.08.2015 – 6 B 733/15  hingewiesen. Das Gericht hat im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entschieden, dass eine Versagung des Zuganges zum juristischen Vorbereitungsdienst auch bei mehreren Verurteilungen, die allesamt unter der des Regelbeispieles von einem Jahr Freiheitsstrafe (§ 30 Abs. 4 JAG NRW) liegen, möglich ist. Tatbestandlich geht es um den Begriff der „Unwürdigkeit“, die sich auch aus der Summe, der Bandbreite sowie der Qualität der über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren begangenen Straftaten beziehungsweise erfolgten strafrechtlichen Verurteilungen ergeben kann.
§ 30 Abs. 4 JAG NRW lautet:

Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst ist zu versagen:
1. wenn die Bewerberin oder der Bewerber der Zulassung nicht würdig ist; dies ist in der Regel anzunehmen, wenn sie oder er wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt und die Strafe noch nicht getilgt worden ist;
2. solange der Bewerberin oder dem Bewerber die Freiheit entzogen ist.

Hingewiesen sei auf den Umstand, dass es sich bei dem Bewerber um ein Mitglied im Bundes- und Landesvorstand der Partei „Die Rechte“ sowie der mittlerweile verbotenen „Kameradschaft Hamm“ handelt. Dieser war in der Zeit von 2004 bis 2015 insgesamt zehn Mal einschlägig strafrechtlich verurteilt worden:  u.a. wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, mehrfacher Beleidigung, Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Die Unwürdigkeit folgte also wohl nicht alleine aus den Straftaten als solchen, sondern sicherlich auch aus ihrem rechtsradikalem Hintergrund: Hüter des Rechts kann nicht sein, wer dieses mit Füßen tritt und beseitigen möchte.

14.08.2015/2 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2015-08-14 13:00:012015-08-14 13:00:01Notiz: OVG Münster: Unwürdigkeit für juristischen Vorbereitungsdienst bei wiederholter Begehung von Straftaten
Gastautor

In fünf Minuten zu besseren Assessorklausuren

Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Falls deine Klausurergebnisse nicht immer so sind, wie du sie gerne hättest: Willkommen im Club! Das Problem kennt jeder Referendar nur zu gut.
Leider hilft dagegen auch umfangreiches Lernen nur bedingt und kostet vor allem wahnsinnig viel Zeit. Deshalb zeige ich dir in diesem Beitrag eine andere Möglichkeit. Mit der Technik, die du gleich lernst, kannst du deine Klausurergebnisse mit minimalem Zeitaufwand deutlich verbessern. Ich behaupte sogar, dass du das in 5 Minuten schaffst.
[Wenn du es eilig hast, kannst du nach unten zur Überschrift „Der-5-Minuten-Weg“ im Abschnitt „Wie du deine Klausuren verbesserst, ohne zu lernen“ springen. Was dort steht, reicht schon, um deine Klausuren in 5 Minuten zu verbessern. Allerdings wirst du einen noch größeren Nutzen aus diesem Beitrag ziehen, wenn du ihn komplett durcharbeitest.]
Wie ich meine Klausuren verbesserte, ohne zu lernen
Vor ein paar Wochen war ich selbst frustriert von den Noten meiner Übungsklausuren. Zwar waren immer wieder auch gute Klausuren dabei, die notwendige Konstanz fehlte aber völlig. Leider hatte ich auch keine Zeit mehr, vor dem Examen den ganzen Lernstoff noch einmal durchzugehen. Ich musste mir also etwas anderes einfallen lassen.
Nach kurzer Grüblerei habe ich mich entschlossen, mir mehrere Tage frei zu nehmen und meine schon geschriebenen Übungsklausuren zu analysieren. Ich wollte herausfinden, was ich in den guten Klausuren anders gemacht habe als in den schlechten Klausuren, ob es also ein „Geheimnis“ zu meinen guten Klausuren gab – irgendetwas, das ich reproduzieren konnte.
Schritt 1: Die schockierende Entdeckung
Bei der Analyse habe ich immer eine gute und eine schlechte Klausur desselben Rechtsgebietes direkt nebeneinander gelegt und verglichen. Der erste Aha-Effekt kam sofort: Meine Klausuren lasen sich völlig unterschiedlich! Urteilsstil, Schwerpunktsetzung, Argumentation – hier waren himmelweite Unterschiede festzustellen, obwohl der Autor jeder Klausur derselbe war, nämlich ich.
Schritt 2: Unerwartete Ursachen
Natürlich musste ich die Ursachen für diese Qualitätsschwankungen finden. Dann hätte ich auch eine Chance, sie zu beseitigen… Ich analysierte also weiter.
Glücklicherweise hatte ich mir beim Schreiben der Klausuren immer Notizen zur Herangehensweise und zur Dauer der einzelnen Bearbeitungsschritte gemacht. So konnte ich nicht nur das Klausurergebnis, sondern auch den Lösungs- und Schreibprozess selbst analysieren und vergleichen.
Und tatsächlich: Umso mehr Klausuren ich untersuchte, desto stärker dämmerte mir, dass hinter vielen meiner schlechten Klausuren immer wieder die gleichen negativen Verhaltensmuster standen.
Bei komplizierten Sachverhalten habe ich zum Beispiel den Tatbestand im Urteil zu stark perfektioniert und dadurch Zeit verloren.
Bei besonders schwierigen Klausuren habe ich angefangen, gedanklich zwischen Klausurteilen zu springen oder gar einen Teil der Klausur auszuformulieren, bevor ich den Rest skizzenhaft durchgelöst hatte. Das Ergebnis war Chaos und eine vollkommen verhunzte Klausur.
Teilweise habe ich zu stark verkürzt und keine ausreichenden Schwerpunkte gesetzt – obwohl ich natürlich ganz genau wusste, wie wichtig eine gute Schwerpunktsetzung für die Note ist.
Und so weiter, und so weiter…
Schritt 3: Effektive Konterstrategien
Nachdem ich auf diese Weise meine Schwächen kennengelernt hatte, habe ich konkrete Regeln formuliert, um sie auszuschalten. Wenn ich schon in der Lösungsskizze drei Schwerpunkte fett rot markiere, die ich auf jeden Fall in sauberem Gutachten- oder Urteilsstil abarbeiten will, komme ich an einer Schwerpunktsetzung beim Ausformulieren gar nicht mehr vorbei. Wenn ich bei langen Sachverhalten von vornherein 2 Punkte Abzug für zu starke Kürzung im Urteilstatbestand einplane, besiege ich meinen Tatbestandsperfektionismus.
So habe ich Regel an Regel gefügt, bis ich alle meine Probleme und Schwächen abgearbeitet hatte. Das Ergebnis war etwas, was ich meine „Liste eiserner Klausurregeln“ nenne. Sie besteht aus 18 Regeln für das Schreiben juristischer Assessorklausuren.
Regeln, die mir immens geholfen haben: Die Übungsklausuren, die ich unter Befolgung meiner eigenen Klausurregeln schrieb, wurden im Schnitt deutlich besser als meine alten Klausuren – ohne dass ich auch nur eine Sekunde gelernt hatte.
Wie auch du deine Klausuren verbesserst, ohne zu lernen
Der gründliche Weg:
Wenn du Zeit hast, mache es genau wie ich. Schaue dir deine alten Klausuren ausführlich an. Lege gute und schlechte Klausuren nebeneinander und vergleiche. Dazu hilft es, wenn du dir beim Klausurenschreiben schon Notizen über den Ablauf und deine Arbeitsweise machst. Wie lange hast du für welchen Klausurschritt gebraucht? In welcher Reihenfolge hast du gearbeitet? Vergleiche aber insbesondere auch die jeweiligen Randbemerkungen der Korrektoren.
Die Analyse funktioniert natürlich umso besser, desto mehr Übungsklausuren du geschrieben hast. Wie du möglichst viele Übungsklausuren schreiben kannst, ohne dabei zu viel kostbare Lernzeit zu opfern, habe ich hier beschrieben.
Nachdem du deine persönlichen Schwächen und Probleme herausgearbeitet hast, erstelle dir deine eigene „Liste eiserner Klausurregeln“. Sieh dir am Besten vorher zur Anregung meine unten stehende Zusammenstellung an.
Der 5-Minuten-Weg:
Wenn dir das zu lange dauert, z.B. weil du morgen Examen schreibst, habe ich auch noch eine 5-Minuten-Lösung für dich. Im Folgenden habe ich meine persönliche „Liste eiserner Klausurregeln“ abgedruckt. Schau dir die Liste an und überlege, welche der Regeln auch dir helfen könnten. Nutze die copy&paste Funktion deines Computers um dir daraus deine eigene, verkürzte „Liste eiserner Klausurregeln“ zu erstellen. Lies deine neue Liste einmal gründlich durch und wende deine Regeln in der nächsten Klausur an. Diese Vorbereitung ist in 5 Minuten zu schaffen und kann deine Klausuren mehrere Punkte nach oben katapultieren!
Meine „Liste eiserner Klausurregeln“

  1. Ich fertige die Sachverhaltskizze auf meinem Schmierzettel nur sehr grob an. Dazu notiere ich alle wichtigen Ereignisse mit Datum, erläutere sie aber nicht näher. Stattdessen verweise ich auf die entsprechenden Blätter des Klausursachverhalts. Streitiges markiere ich in der Skizze farbig.
  2. Beim Ausformulieren des Tatbestands kalkuliere ich 2 Punkte Abzug wegen übermäßiger Kürzung ein, strebe sie bei langen Klausuren sogar an. [Dieser psychologische Trick eignet sich für alle, die den Tatbestand vor den Entscheidungsgründen schreiben, zu übertriebenem Tatbestandsperfektionismus neigen und denen dann am Ende Zeit für die rechtlichen Ausführungen fehlt]
  3. Ich definiere für Personennamen am Anfang der Klausur eine Abkürzung und schreibe den Namen dann nicht mehr aus. [Beispiel: „Eigentümerin des Grundstücks ist Frau Prof. Dr. Justine Justitia (im Folgenden: J).“]
  4. Unbekannte Normen lese ich langsam, gründlich, immer bis zu Ende und mindestens zwei Mal. Hier darf ich keine Zeit sparen, da in den unbekannten Normen regelmäßig der Clou der Klausur liegt.
  5. Ich achte auf Jahreszahlen.
  6. Ich gehe bei der Klausurlösung Schritt für Schritt vor, konzentriere mich immer auf das Problem, an dem ich gerade arbeite, und lasse mich nicht von der Unübersichtlichkeit der Klausurgesamtheit überwältigen.
  7. Wenn ich Probleme in der Zulässigkeit nicht auf Anhieb lösen kann, mache ich erst meine Lösungsskizze für die Begründetheit fertig und löse die Zulässigkeitsprobleme nur, wenn danach noch Zeit ist.
  8. Wenn mir etwas komisch vorkommt, ist es im Zweifel auch als Problem gedacht. Ich lasse mich dadurch nicht verunsichern, sondern freue mich, das Problem erkannt zu haben und nutze die Gelegenheit, um Argumentationsfähigkeiten zu zeigen.
  9. Wenn ich auf einen mir unbekannten Rechtsbegriff stoße und ich im Kommentar keine Erläuterung finde, erarbeite ich mir in der Klausur schulmäßig mit der juristischen Auslegungsmethodik eine Definition.
  10. Ich löse die Klausur erst komplett durch, und schreibe sie dann komplett herunter. Keinesfalls löse ich zuerst einen Teil der Klausur, wie z.B. die Zulässigkeit, formuliere ihn dann aus und löse erst danach den Rest der Klausur. Denn in letzterem Fall kann ich kein effektives Zeitmanagement gewährleisten.
  11. Ich löse aber lieber Teile der Klausur falsch oder „Randfragen“ wie Zinsen, Zulässigkeitsprobleme oder kleinere Zusatzansprüche gar nicht, als dass ich zu spät anfange zu schreiben. [Denn meine Klausuranalyse hat gezeigt, dass eine Klausur mit Lücken bei den „Randfragen“ und vereinzelten Fehlern, dafür aber guten Schwerpunkten, in der Regel besser bewertet wird als eine vollständige und richtige Klausur, bei der aus Zeitmangel keine Schwerpunkte gesetzt wurden.]
  12. Bevor ich nach dem Erstellen der Lösungsskizze anfange, die Klausur auszuformulieren, definiere ich Klausurschwerpunkte, an denen ich sauberen, unabgekürzten Urteils- bzw. Gutachtenstil verwenden werde. Dadurch zwinge ich mich zu einer sauberen Schwerpunktsetzung und vermeide den Vorwurf, auch wichtige Stellen nur oberflächlich bearbeitet zu haben.
  13. Bei Urteilen mache ich mir bewusst, dass ich das Urteil auch für den juristischen Laien schreibe. Dadurch verwende ich automatisch sauberen Urteilsstil, weil ich alles klar und verständlich erläutern möchte.
  14. Jede problematische Entscheidung begründe ich mit mindestens 2 Argumenten.
  15. Argumente gewinne ich nach Möglichkeit aus dem Sachverhalt.
  16. Von der Tendenz her setze ich in der Assessorklausur Schwerpunkte eher bei Subsumtionsfragen als bei reinen Rechtsfragen.
  17. Obersätze, Obersätze, Obersätze! Vor allem am Anfang der Klausur sind sie wichtig, um dem Korrektor zu zeigen, dass man das juristische Handwerkszeug beherrscht. Nur weil ich etwas selbstverständlich finde, heißt das nicht, dass der Korrektor es nicht lesen will.
  18. Ich arbeite immer mit Liebe zur Norm. (Ratschlag von RiOLG Marc Russack)

Hast du weitere Regeln zur Klausurbearbeitung, die in meiner Liste nicht auftauchen? Teile Sie uns bitte in den Kommentaren mit!
Dieser Artikel ist von Rechtsreferendar Lucas aus Hamburg. Wenn du dein Klausurentraining so effektiv wie möglich gestalten willst, lade dir seinen kostenlosen Übungsklausurenplaner für die Assessorklausuren herunter.

24.03.2014/7 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2014-03-24 12:00:172014-03-24 12:00:17In fünf Minuten zu besseren Assessorklausuren
Dr. Gerrit Forst

BGH: Rechtsprechungsübersicht in Zivilsachen

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Zivilrecht

In den vergangenen Wochen hat der BGH wieder eine Reihe examensrelevanter Urteile in Zivilsachen erlassen, die wir Euch nicht vorenthalten möchten. Einige dieser Urteile haben wir schon an anderer Stelle besprochen (z.B. BGH, Urt. v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12 über die Wirksamkeit der AGB von Reinigungen, dazu dieser Beitrag und BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 6/13 zu Mangelgewährleistungsrechten bei steuerlicher Schwarzarbeit, dazu dieser Beitrag).
 
I. Materielles Recht
BGH, Urt. v. 3.7.2013 – VIII ZR 169/12 (zu §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB) – TOP-TIPP:
Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs des Käufers sind nicht als Verzögerungsschaden nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB ersatzfähig. Es handelt sich um einen an die Stelle der Leistung tretenden Schaden, den der Gläubiger nur unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB und somit nicht neben der Vertragserfüllung beanspruchen kann.
 
BGH, Urt. v. 3.7.2013 – VIII ZR 191/12 (zu § 536a BGB):
Die Kündigung eines Mietverhältnisses, die von einem sachlichen Grund zur fristlosen Kündigung getragen ist, steht, auch wenn sie an einem formellen Mangel leidet, einem auf § 536a Abs. 1 BGB gestützten Ersatz derjenigen Schäden nicht entgegen, die darauf beruhen, dass der Mieter bestehende Mängel der Mietwohnung berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch eine den Umständen nach angemessene neue Wohnung anzumieten.
 
BGH, Urt. v. 4.7.2013 – III ZR 342/11 (zu § 839 BGB):
a) Zur Amtshaftung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen.
b) Dem Inhaftierten, der menschenunwürdigen Haftbedingungen ausgesetzt ist, steht kein Entschädigungsanspruch nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zu. Art. 5 EMRK bezieht sich grundsätzlich nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten des Vollzugs der Haft. Unzumutbare Haftbedingungen werden ausschließlich von Art. 3 EMRK erfasst. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK richten sich primär nach nationalem Recht in Deutschland nach §§ 839, 249 ff BGB.
Anm. d. Verf.: Die EMRK gilt in Deutschland nach der Rechtsprechung des BVerfG (z.B. BVerfG, Urt. v. 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307, 315) im Rang eines einfachen Bundesgesetzes.
 
BGH, Urt. v. 11.6.2013 – VI ZR 209/12 (zu § 823 Abs. 1 BGB):
Zur Zulässigkeit eines satirisch gefärbten Fernsehbeitrags über das Streitgespräch eines Journalisten mit einer Teilnehmerin an einer Mahnwache im Hinblick auf das Recht am eigenen Bild und am eigenen Wort.
 
BGH, Urt. v. 4.6.2013 – II ZR 207/10 (zu §§ 138, 705 BGB):
a) Die im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründete Verpflichtung einer nicht leistungsfähigen Gesellschafterin zur Rückzahlung erheblicher Beträge, die der andere Gesellschafter einlegt und die vereinbarungsgemäß dem im Interesse der Gesellschaft tätigen Ehemann der Gesellschafterin zufließen, ist nicht sittenwidrig, wenn die Ehefrau aufgrund ihrer Gesellschafterstellung ein adäquates wirtschaftliches Eigeninteresse an der mit den Zahlungen verbundenen Förderung des Gesellschaftszwecks hat.
b) Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen erfordert eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind.
 
BGH, Urt. v. 14.5.2013 – X ZR 15/11 (zu §§ 651c Abs. 1, 651a Abs. 1, 651e Abs. 1, 651f Abs. 2 BGB):
a) Inwieweit die Reise mangelhaft war und sich der Reisepreis infolgedessen mindert, kann bei
einer Kreuzfahrt nicht schematisch aufgrund eines für jeden Reisetag anzusetzenden gleichen Bruchteils des Reisepreises beurteilt werden. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der einzelnen Teilen des Reiseprogramms unterschiedliches Gewicht beizumessen sein kann.
b) Ob der Reisende wegen einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangen kann, hängt nicht nur davon ab, in welchem Umfang Reiseleistungen nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht worden sind. Vielmehr ist aufgrund einer an Zweck und konkreter Ausgestaltung der Reise sowie Art und Dauer der Beeinträchtigung orientierten Gesamtwürdigung zu beurteilen, wie gravierend sich die Mängel für den Reisenden ausgewirkt haben.
c) Eine bestimmte Minderungsquote, etwa von 50%, ist für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise weder notwendig noch ausreichend. Eine hohe Minderungsquote ist jedoch ein Indiz für eine erhebliche Beeinträchtigung.
d) Grundsätzlich dieselben Maßstäbe gelten für die Beurteilung der Frage, ob der Reisende wegen einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise den Vertrag kündigen kann
 
BGH, Urt. v. 28.5.2013 – VI ZR 125/12 (zu Art. 5 GG, Artt. 8, 10 EMRK, §§ 22, 23 KUG):
Zur Zulässigkeit der Bildberichterstattung über die Teilnahme eines 11-jährigen Kindes an einer Sportveranstaltung.
 
II. Prozessrecht
BGH, Urt. v. 4.7.2013 – VII ZR 52/12 (zu §§ 256 Abs. 1, 263 Abs. 3 Nr. 1 ZPO):
Erhebt der Kläger, der in einem Rechtsstreit eine positive Feststellungsklage erhoben hat, nachfolgend in einem weiteren Rechtsstreit eine Leistungsklage, mit der ein aus demselben streitigen Rechtsverhältnis abgeleiteter Anspruch geltend gemacht wird, steht dem die Rechtshängigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen, unabhängig davon, ob mit der Leistungsklage alle von der Feststellungsklage erfassten Ansprüche geltend gemacht werden.
 
BGH, Urt. v. 18.7.2013 – III ZR 208/12 (zu § 314 ZPO) – nur für Referendare wichtig:
Der nach § 314 Satz 1 ZPO erbrachte Beweis kann durch das Sitzungsprotokoll gemäß § 314 Satz 2 ZPO nur entkräftet werden, wenn die dort getroffenen Feststellungen ausdrücklich oder wenigstens unzweideutig denjenigen des Tatbestands widersprechen.
 
BGH, Urt. v. 4.7.2013 – IX ZR 306/12 (zu § 11 RVG) – nur für Referendare wichtig:
Beantragt der Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten, nachdem er diesem höhere Rahmengebühren in Rechnung gestellt hat, die Festsetzung der Mindestgebühren, verzichtet er damit auf die weitere Gebührenforderung.
 
BGH, Urt. v. 3.7.2013 – VIII ZR 354/12 (zu § 558 Abs. 2 ZPO) – nur für Referendare wichtig:
Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch Sachverständigengutachten.

08.08.2013/0 Kommentare/von Dr. Gerrit Forst
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Gerrit Forst https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Gerrit Forst2013-08-08 17:00:252013-08-08 17:00:25BGH: Rechtsprechungsübersicht in Zivilsachen
Redaktion

Gerichtsstände der ZPO

Rechtsgebiete, Verschiedenes, Zivilrecht, ZPO


Der Verlag De Gruyter stellt jeden Monat einen Beitrag aus der Ausbildungszeitschrift JURA – Juristische Ausbildung zwecks freier Veröffentlichung auf Juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Gerichtsstände der ZPO” von Prof. Dr. Klaus Schreiber

stellt nach den Aufsätzen aus Januar (Wiedereinsetzung) und Februar (Prozessvergleich) nun den dritten (und vorerst letzten) Grundlagenbeitrag aus dem Programm der JURA zu einem zivilprozessrechtlichen Thema dar. Wie schon dessen Vorgänger, führt der heutige Aufsatz in einen Themenkomplex ein, der für Referendare zum unverzichtbaren Standardwissen gehört, aber durchaus auch einmal Gegenstand einer Zusatzfrage oder prozessualen Einkleidung im ersten Examen sein kann. Die Gerichtsstände selbst dürften dabei – jedenfalls in Klausuren zum zweiten Examen – regelmäßig weniger Schwierigkeiten aufwerfen als Fragen zu Gerichtsstandsvereinbarungen und rügelosem Einlassen. Der heutige Beitrag gibt einen ersten komprimierten Überblick.
Ihr findet ihn wie immer hier.

14.03.2013/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-03-14 14:00:022013-03-14 14:00:02Gerichtsstände der ZPO
Dr. Jan Winzen

Neues zur ZPO: Das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung u.a.

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Zum neuen Jahr haben sich einige Vorschriften in der Zivilprozessordnung geändert. Grundlage für diese Änderungen ist das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258). Bemerkenswert ist, dass dieses Gesetz teilweise seit dem 01. August 2009 in der Welt ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte das Gesetz grundsätzlich aber erst nach einer angemessenen Übergangsfrist in Kraft treten, um den Ländern dessen organisatorisch-technische Umsetzung zu ermöglichen (BT-Drucks. 16/10069, S. 54).
Obwohl in der Literatur von „Institutionellen Änderungen“ (Vollkommer, NJW 2012, 3681) und einem „Sprung vom 19. ins 21. Jahrhundert“ (Würdinger, JZ 2011, 177) die Rede ist, dürfte sich die Bedeutung der Reform für die Juristenausbildung in Grenzen. Gleichwohl dürfte ein Überblick über die Änderungen gerade für Referendare interessant sein.
Nach dem allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber vor allem die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung für den Gläubiger im Vollstreckungsverfahren vorverlagern und verbessern (BT-Drucks. 16/10069, S. 1, 20), denn

Die Möglichkeiten der Informationsgewinnung für den Gläubiger setzen erst nach einem erfolglosen Fahrnispfändungsversuch und damit zu spät ein.
Für die Erteilung eines Vollstreckungsauftrags benötigt er allerdings konkrete Anhaltspunkte über verwertbares Vermögen des Schuldners. Nach geltendem Recht kann der Gläubiger erst nach einem fruchtlosen Fahrnispfändungsversuch die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, in deren Rahmen der Schuldner ein Verzeichnis seines gesamten Vermögens vorzulegen hat, verlangen.

und

Dieses Regelungskonzept folgt der Vorstellung, primäres Vollstreckungsziel sei die Pfändung und Verwertung beweglicher Sachen (Fahrnisvollstreckung). Dieser Ansatz erklärt sich historisch daraus, dass noch im 19. Jahrhundert bei weiten Bevölkerungskreisen werthaltiger Besitz ganz überwiegend aus beweglicher Habe bestand.

Im Übrigen sollen weitere nach Ansicht des Gesetzgebers überfällige Anliegen des allgemeinen Vollstreckungsrechts umgesetzt werden (BT-Drucks. 16/10069, S. 20).
Während die Darstellung (vor allem der verfahrensrechtlichen) Einzelheiten der Reform (inbesondere auch betreffend das neue Schuldnerverzeichnis nach § 882b ff. ZPO) der Fachliteratur vorbehalten bleibt, soll im Folgenden ein Überblick über diejenigen Neuerungen gegeben werden, die zumindest auch den ZPO-Prüfungsstoff betreffen.
I. §§ 754, 755 ZPO: neue Befugnisnorm für Gerichtsvollzieher
Mit Wirkung vom 01.01.2013 wurden die §§ 754, 755 ZPO neugefasst. Der alte § 754 ZPO wurde gestrichen. Der neue § 754 ZPO enthält jetzt zwei Absätze. Abs. 1 ist klarstellender Natur (bezüglich hoheitlicher Befugnisse des Gerichtsvollziehers) und Abs. 2 enthält den früheren § 755 Abs. 2 ZPO. Der neue § 755 ZPO enthält entsprechend dem allgemeinen Anliegen des Reformgesetzgebers (s.o.) eine neue Befugnisnorm, wonach der Gerichtsvollzieher bei entsprechendem Antrag des Gläubigers den Aufenthaltsort des Schuldners ermitteln darf (was bislang Sache des Gläubigers war – die Formulierung „darf“ ist missverständlich, ein Ermessen steht dem Gerichtsvollzieher nicht zu, BT-Drucks. 16/10069, S. 23).
II. § 753 Abs. 3 ZPO: Formularzwang für Vollstreckungsantrag
§ 754 ZPO diente in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung (nachlesen!) als Beleg für die Formfreiheit des Antrags auf Einleitung der Zwangsvollstreckung (so etwa bei Lackmann, in: Musielak, ZPO, 9. Auflage 2012, § 753 Rn. 6).
Im Hinblick auf die Form des Antrags auf Einleitung der Zwangsvollstreckung ist nunmehr die neue Verordnungsermächtigung des § 753 Abs. 3 ZPO zu beachten. § 753 Abs. 3 ZPO ermächtigt das Bundesministerium der Justiz, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrats bedarf, einen Formularzwang für sämtliche Vollstreckungsanträge in der ZPO-Zwangsvollstreckung einzuführen.
Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/10069, S. 23) führt dazu aus:

Derzeit können die Vollstreckungsaufträge formlos – auch mündlich – erteilt werden. Die schriftlichen Anträge sind sehr unterschiedlich gestaltet. Zwar verwenden viele Gläubiger Textbausteine; ihr unterschiedlicher Umfang und Aufbau erschweren aber die Erfassung ihres Inhalts durch den Gerichtsvollzieher. Dies gilt insbesondere für die Aufschlüsselung von Haupt- und Nebenforderungen sowie der Kosten. Die Strukturierung des Auftragsinhalts durch einen Formularzwang bietet daher erhebliche Rationalisierungspotenziale.

Für die Forderungspfändung (PfÜB) und die Wohnungsdurchsuchung sind bereits Verordnungen in Kraft getreten und Formulare entwickelt worden, die seit dem 01.03.2013 verbindlich sind (abrufbar auf der Seite des BMF ). Nach Aussagen in der Literatur arbeitet das BMF derzeit an weiteren (verbindlichen) Formularen für alle Zwangsvollstreckungsanträge (Vollkommer, NJW 2012, 3681, 3683). Diese Entwicklung gilt es also unbedingt im Auge zu behalten. In Zukunft dürfte sich dann etwa die Frage stellen, welche Konsequenzen eine Nichtbeachtung des Formularzwangs für daraufhin getroffene Vollstreckungsmaßnahmen hat (Stichworte: Rechtsschutz nach § 766 ZPO, Erinnerungsbefugnis?).
III. § 829a ZPO: Vereinfachung der Zwangsvollstreckung bei elektronischem Auftrag
Im Übrigen wurde zur Vereinfachung und Beschleunigung der Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid ein neuer § 829a ZPO eingefügt. Danach wird im Falle eines elektronischen Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid bei Pfändung und Überweisung einer Geldforderung auf die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides verzichtet.
IV. §§ 802a ff. ZPO: Grundsätze der Zwangsvollstrechung
Der 1. Titel des 2. Abschnitts des 8. Buches wird neu gefasst und normiert fortan verschiedene Grundsätze der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. Das bisher in §§ 899 ff. ZPO geregelte Verfahren zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung und der Möglichkeiten zu ihrer Erzwingung wird ebenfalls in diesen Abschnitt verschoben, weil – entsprechend der Intention des Reformgesetzgebers – der vorherige Versuch einer Fahrnisvollstreckung nicht mehr erforderlich ist.

  • § 802a ZPO: Grundsätze der Vollstreckung/Befugnisse der Gerichtsvollziehers

Von besonderer Bedeutung ist insoweit der neue § 802a ZPO, der einige Grundsätze zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen vorab festgelegt, die bislang entweder vereinzelt oder gar nicht ausdrücklich in der ZPO geregelt waren.

  • § 802a Abs. 1 ZPO: Grundsatz effizienter Vollstreckung

Besonderer Erwähnung bedarf insoweit § 802a Abs. 1 ZPO, der den insbesondere für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen bedeutsamen Grundsatz effizienter Vollstreckung, der bislang in der ZPO nicht ausdrücklich niedergelegt war, gesetzlich regelt. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/10069, S. 24) versteht sich die Regelung als programmatische Leitlinie und zugleich als Maßstab für die Rechtsanwendung des Gerichtsvollziehers im Einzelfall. Konkrete Rechtsfolgen sind aus ihr allein jedoch nicht abzuleiten.

  • § 802a Abs. 2 ZPO: Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers

§ 802a Abs. 2 ZPO enthält Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers, die aber – mit Ausnahme der Befugnis zur gütlichen Einigung – vom Gläubiger im Vollstreckungsauftrag ausdrücklich bezeichnet werden müssen.
Der Gläubiger muss dabei insbesondere nicht – wie bisher (§ 807 ZPO aF) – zunächst einen Pfändungsversuch durchführen lassen, bevor er sich Informationen über die aktuelle Vermögenssituation des Schuldners verschaffen darf. Dies ist aus Effizienzgründen nunmehr auch schon im Vorfeld möglich, um anschließend über die Einleitung gezielter Vollstreckungsmaßnahmen entscheiden zu können (Die entsprechenden Vorschriften des § 802a Abs. 2 ZPO sind insofern im Zusammenhang mit dem neuen § 755 ZPO zu sehen).

  • § 802a Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 2. Hs. ZPO: der neue § 845 Abs. 1 Satz 3 ZPO

Wichtig für die Ausbildung ist zudem § 802a Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 2. Hs. ZPO. Diese Norm ersetzt für die Vorpfändung nämlich § 845 Abs. 1 Satz 3 ZPO. Die Vorpfändung ist als privatrechtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahme vor allem bei der Zwangsvollstreckung in Geldforderung von erheblicher Bedeutung. Sie dient dazu, den bei Zuspätkommen eines gerichtlichen Pfändungsbeschlusses drohenden Schaden durch Rangsicherung (§ 845 Abs. 2 ZPO) zu verhindern. Aus Gründen der Beschleunigung bedarf es abweichend von § 750 ZPO weder der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung, noch der Zustellung an den Schuldner. Da dieses Lehrbuchbeispiel einer Ausnahme von § 750 ZPO nun nicht mehr in § 845 Abs. 1 Satz 3 ZPO zu finden ist, sollte man, um zu verhindern, dass man in einer Klausur in erhebliche Schwierigkeiten gerät, § 802a Abs. 2 Nr. 5 2. Hs. ZPO unbedingt kennen.

  • § 802c Abs. 1 ZPO: Vermögensauskunft des Schuldners

Die Norm regelt nun die Vermögensauskunft des Schuldners im Vorfeld der Zwangsvollstreckung. Voraussetzungen der Auskunftspflicht sind ein entsprechender Antrag des Gläubigers (vgl. insoweit § 802a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO) und das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung (vgl. auch BT-Drucks. 16/10069, S. 25).
V. Weitere zahlreiche Folgeänderungen
Im Übrigen bringt die Reform zahlreiche redaktionelle und systematische Folgeänderungen. In vielen Fällen wurden einzelne Sätze in Vorschriften gestrichen und in die §§ 802a ff. ZPO verschoben. Wenn man also plötzlich mal eine bekannte Vorschrift vermisst, könnte ein Blick in diesen neuen Abschnitt helfen.
VI. Ab 01.01.2014: Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess
Hingewiesen sei zum Abschluss noch auf das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess vom 05.12.2012 (BGBl. I S. 2418), dass im Wesentlichen zum 01.01.2014 in Kraft treten und u.a. in einem neuen § 232 ZPO eine umfassende Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung bei anfechtbaren Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten in den Zivilprozess einführen wird (siehe zum Hintergrund die Pressemitteilung des BMJ)
 

09.03.2013/2 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2013-03-09 14:00:032013-03-09 14:00:03Neues zur ZPO: Das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung u.a.
Redaktion

Referendariat: Beweiswürdigung zum Tötungsvorsatz

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Der Verlag von JURA INTENSIV stellt uns monatlich zwei Beiträge aus der Ausbildungszeitschrift RA (Rechtsprechungs-Auswertung) zwecks freier Veröffentlichung auf juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Beweiswürdigung zum Tötungsvorsatz“

betrifft Fragen der Beweiswürdigung im revisionsrechtlichen Kontext. das Revisionsgericht darf die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts nicht durch eine eigene ersetzen sondern nur daraufhin überprüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. In diesem Zusammenhang behandelt das hier aufbereitete BGH Urteil unter anderem die Frage, ob die Beweiswürdigung des Landgericht denKriterien der Hemmschwellentheorie des BGH genügt hat.
Den Beitrag findet Ihr hier.

27.02.2013/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-02-27 14:00:472013-02-27 14:00:47Referendariat: Beweiswürdigung zum Tötungsvorsatz
Redaktion

Referendariat: Anwaltshaftung

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Der Verlag von JURA INTENSIV stellt uns monatlich zwei Beiträge aus der Ausbildungszeitschrift RA (Rechtsprechungs-Auswertung) zwecks freier Veröffentlichung auf juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Anwaltshaftung“

nimmt ein aktuelles Urteil des OLG Saarbrücken zum Anlass, die Voraussetzungen der Anwaltshaftung näher zu beleuchten. Wie auch in anderen Fällen der Beraterhaftung ist beim sog. Anwaltsregress ein Prüfungsschwerpunkt regelmäßig die Frage, ob der Vorprozess bei richtigem Verhalten des Anwalts einen positiven Ausgang genommen hätte. Die Beweislast trägt insoweit der klagende Mandant. Gerade für das zweite Examen dürfte es ratsam sein, sich mit den Grundlagen dieser Haftungssituation vertraut zu machen. Der vorliegende Beitrag kann hierfür als Einstieg dienen.
Ihr findet ihn hier.

29.01.2013/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-01-29 15:00:212013-01-29 15:00:21Referendariat: Anwaltshaftung
Redaktion

Referendariat: Widerspruch gegen Selbstleseverfahren

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Der Verlag von JURA INTENSIV stellt uns fortan monatlich zwei Beiträge aus der Ausbildungszeitschrift RA (Rechtsprechungs-Auswertung) zwecks freier Veröffentlichung auf juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Widerspruch gegen Selbstleseverfahren“

betrifft ein Urteil des BGH zum Selbstleseverfahren im Strafprozess. Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 StPO kann in der Hauptverhandlung von der Verlesung von Urkunden und anderen als Beweismittel dienenden Schriftstücken u.a. dann abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde oder des Schriftstücks Kenntnis genommen haben und auch die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich einer entsprechenden Anordnung des Vorsitzenden, so muss das Gericht über den Widerspruch entscheiden. Welche revisionsrechtlichen Folgen es hat, wenn eine Entscheidung des Gerichts unterbleibt, ist Gegenstand des vorliegenden Urteils.
Den Beitrag findet Ihr hier.

14.12.2012/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2012-12-14 10:00:152012-12-14 10:00:15Referendariat: Widerspruch gegen Selbstleseverfahren
Redaktion

Neuer Kooperationspartner: Die RA (Rechtsprechungs-Auswertung)

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Wir freuen uns heute einen neuen Kooperationspartner vorstellen zu können: Die RA (Rechtsprechungs-Auswertung). Die RA wird uns pro Monat zwei aktuelle Beiträge zur Veröffentlichung auf juraexamen.info zur Verfügung stellen. Einer der Beiträge soll dabei regelmäßig Themen aus dem Referendariat adressieren. Die Veröffentlichung der ersten Beiträge wird in Kürze erfolgen.
Ausbildungszeitschrift von JURA INTENSIV

Die RA ist die monatlich erscheinende Ausbildungszeitschrift von JURA INTENSIV.
Schwerpunkt der Zeitschrift ist die Auswertung und Aufbereitung der examensrelevanten Rechtsprechung. Alle prüfungsrelevanten juristischen Fachzeitschriften werden laufend ausgewertet und die für die Ausbildung
von Studierenden und Referendaren wichtigsten Gerichtsentscheidungen komprimiert und in einer den Bedürfnissen von Studenten und Referendaren entsprechenden Weise zusammengefasst.
Hinzuweisen ist vor allem auch auf die Inhalte für Referendare. In den drei Rechtsgebieten Zivilrecht, öffentliches Recht und Strafrecht werden speziell für Referendare wichtige Entscheidungen besonders hervorgehoben und (natürlich) im Urteilsstil dargestellt.
Abonnement

Für alle Kursteilnehmer von JURA INTENSIV ist ein Abonnement der Zeitschrift für die Dauer des Kurses im Kurspreis enthalten. Die RA kann aber auch außerhalb eines laufenden Kurses abonniert werden.
Weitere Informationen findet Ihr hier.


 

11.12.2012/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2012-12-11 16:40:292012-12-11 16:40:29Neuer Kooperationspartner: Die RA (Rechtsprechungs-Auswertung)
Redaktion

Meine 18 Punkte: Das juraexamen.info Interview mit Manni Breuckmann

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In der regelmäßigen Interviewserie “Meine 18 Punkte” stellen wir bekannten Juristen und ehemaligen Jurastudenten 18 Fragen zu ihrem Studium und wie es danach weiterging. 
Unser Gesprächspartner ist diesmal Manni Breuckmann. Er ist einer der bekanntesten Radio – und Fernsehmoderatoren, vor allem als Fußballkommentator hat er sich einen Namen gemacht. Seine Karriere begann er – was wohl weniger bekannt sein dürfte – als Jurist. Nach dem 2. Staatsexamen war er zunächst als Beamter im Presse – und Informationsamt der Bundesregierung in Bonn tätig, bevor er eine Festanstellung beim WDR erhielt. Seit der Saison 2011/2012 ist er als Moderator beim Fußballradio 90elf tätig.

Soeben ist auch sein neues Buch erschienen:  Fußballgipfel – Manni Breuckmann, Uli Hoeneß, Harald Schmidt und Claudia Roth reden über eine Nebensache.
1. Name:
Manni Breuckmann
2. Alter:
61 Jahre
3. Studiert von bis:
1969 bis 1975
4. Studienort:
Bochum und Marburg/L.
5. Beruf:
Journalist
6. Herr Breuckmann, bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Jura ist für mich…
…die Basis für vielfältige berufliche Möglichkeiten: der Jurist als Vielzweckwaffe!
7. Was hat Sie dazu bewogen, Jura zu studieren?
Das negative Auswahlverfahren: Lehrer wollte ich nicht werden, Arzt auch nicht (ich kann kein Blut sehen), technisch bin ich eine Null. Außerdem: Ich wollte keine ‚brotlose Kunst’.
8. Würden Sie ihren Studienort wieder wählen?
Beide Orte: ja. Bochum, weil es im heimatlichen Ruhrgebiet liegt, Marburg, weil es einfach eine tolle Studentenstadt ist.
9. Was hat Ihnen am Studium am meisten gefallen und was vielleicht nicht?
Gefallen hat mir, dass ich logisch aufgebaute Denkgebäude kennenlernen konnte. Ansonsten fand ich’s phasenweise sehr trocken und langweilig.
10. Welche Vorurteile hatten Sie vor dem Studium über Jura und Juristen?
Stocksteife konservative Krawattenträger. Hat sich in Teilen bestätigt, aber Gott sei Dank bei den meisten nicht.
11. Was war Ihr größter Fehler während Ihres Studiums bzw. Ihrer Karriere und was können Sie einem Jurastudenten, der gerade mit dem 1. Semester begonnen hat, raten anders zu machen?
Ich war immer sehr „freizeitorientiert“, habe auch als DJ und fürs Radio gearbeitet. Besser ist wahrscheinlich, wenn man es in der Juristerei zu was bringen will: am Ball bleiben, auch wenn es Schwarzbrot zu beißen gibt, kontinuierlich arbeiten.
12. Es gibt ja auch ein „Leben neben dem Jurastudium“: Was war Ihre wichtigste Erfahrung außerhalb des eigentlichen Studiums?
Meine wichtigste Erfahrung, speziell in Marburg: Ich habe gelernt auf eigenen Beinen zu stehen.
13. Und nun natürlich die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Rep?
Das Studium hatte zwei Phasen: erstens Scheine machen, dann per Rep die Grundlagen fürs Examen legen. Ein merkwürdiges System!
14. Was haben Sie als Erstes nach den Staatsexamina getan?
Ich habe als Gerichtsreporter für die NRZ (Neue Ruhr/Rhein Zeitung) gearbeitet, vier Monate später bin ich als Beamter im höheren Dienst beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in Bonn eingestiegen.
15. Sie sind jetzt Radio-Reporter. War das schon immer ihr Traumberuf?
Radio-Reporter und Moderator waren  immer die Traumberufe. Ich habe das Glück und die Begabung gehabt, das nach einem kurzen Umweg als Vollzeitjob umsetzen zu können.
16. Wo würden Sie sich heute sehen, wenn Sie nicht Jura studiert hätten?
Ich tippe mal sehr darauf, dass ich auch was Journalistisches machen würde.
17. Sie sind für einen Tag Justizminister. Was würden Sie an der Juristenausbildung ändern?
Ganz klar: eine sehr starke Verbindung von Theorie und Praxis.
18. Bitte ergänzen Sie zum Schluss diesen Satz: Jura macht sexy, weil…
…du bei allen juristischen Fragen sofort als Fachmann/-frau gefragt bist, aber in Wirklichkeit keine Ahnung hast.
Herr Breuckmann, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Tom Stiebert. 
Anregungen für weitere Gesprächspartner nehmen wir gerne entgegen.

08.10.2012/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2012-10-08 13:00:162012-10-08 13:00:16Meine 18 Punkte: Das juraexamen.info Interview mit Manni Breuckmann
werbung

Event: Perspektive Wirtschaftskanzlei 2012

Verschiedenes

Eine Reihe von Jurastudenten kann sich vorstellen nach dem Studium als Jurist in einer Wirtschaftskanzlei tätig zu werden. Was den Bewerbern regelmäßig fehlt sind Informationen, um zwischen den jeweiligen Angeboten der Arbeitgeber zu differenzieren. Für diejenigen, die konkretere Informationen über diese Berufsperspektive ergründen möchten, bietet sich diese Gelegenheit im Rahmen einer Veranstaltung unserer Partner e-fellows.net.
Das Event trägt den Namen „Perspektive Wirtschaftskanzlei“. Ziel ist es den Teilnehmern in einem zweitägigen Programm, bestehend aus Gruppenworkshops und Einzelgesprächen, die jeweiligen Berufsträger von immerhin neun überregional tätigen Wirtschaftskanzleien näher zu bringen. Es sollen dabei insbesondere die individuellen Einstiegsmöglichkeiten und Karriereoptionen bei den vorgenannten Sozietäten ausgelotet werden. Auch Informationen im Hinblick auf mögliche Referendarstationen können in diesem Rahmen erlangt werden.
Die Veranstaltung richtet sich an Juristen mit der Note „vollbefriedigend“ im staatlichen Teil des Examens und findet am 21./22. September 2012 in Schloss Montabaur statt. Ein Fahrtkostenzuschuss für die Anreise ist vorgesehen.
Bewerbungsschluss ist der 29. Juli 2012. Weitere Informationen und die entsprechenden Online-Anmelde-Formulare findet Ihr hier.

24.07.2012/0 Kommentare/von werbung
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 werbung https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg werbung2012-07-24 09:00:492012-07-24 09:00:49Event: Perspektive Wirtschaftskanzlei 2012
Dr. Christoph Werkmeister

BGH zur Haftung von Bankkunden nach Weitergabe von TAN-Nummern

Rechtsprechung, Schuldrecht, Zivilrecht

Der BGH entschied vor Kurzem einen äußerst praxisrelevanten Sachverhalt (Urteil vom 24. April 2012, Az. XI ZR 96/11). Das Gericht stellte fest, unter welchen Voraussetzungen ein Bankkunde beim Online-Banking Schadensersatzansprüche der Bank auslöst, wenn er seine TANs fahrlässig an Phishing-Seiten weitergibt. Der Sachverhalt ist für Klausuren etwas zu exotisch. In mündlichen Prüfungen dürfte der Fall jedoch sicherlich laufen:

Im zugrundeliegenden Fall nimmt der Kläger die beklagte Bank wegen einer von ihr im Online-Banking ausgeführten Überweisung von 5.000 € auf Rückzahlung dieses Betrages in Anspruch.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten ein Girokonto und nimmt seit 2001 am Online-Banking teil. Für Überweisungsaufträge verwendet die Beklagte das sog. iTAN-Verfahren, bei dem der Nutzer nach Erhalt des Zugangs durch Eingabe einer korrekten persönlichen Identifikationsnummer (PIN) dazu aufgefordert wird, eine bestimmte, durch eine Positionsnummer gekennzeichnete (indizierte) Transaktionsnummer (TAN) aus einer ihm vorher zur Verfügung gestellten, durchnummerierten TAN-Liste einzugeben.

In der Mitte der Log-In-Seite des Online-Bankings der Beklagten befand sich folgender Hinweis:

„Derzeit sind vermehrt Schadprogramme und sogenannte Phishing-Mails in Umlauf, die Sie auffordern, mehrere Transaktionsnummern oder gar Kreditkartendaten in ein Formular einzugeben. Wir fordern Sie niemals auf, mehrere TAN gleichzeitig preiszugeben! Auch werden wir Sie niemals per E-Mail zu einer Anmeldung im … Net-Banking auffordern!“

Am 26. Januar 2009 wurde vom Girokonto des Klägers nach Eingabe seiner PIN und einer korrekten TAN ein Betrag von 5.000  € auf ein Konto bei einer griechischen Bank überwiesen. Der Kläger, der bestreitet, diese Überweisung veranlasst zu haben, erstattete am 29. Januar 2009 Strafanzeige und gab Folgendes zu Protokoll:

„Im Oktober 2008 – das genaue Datum weiß ich nicht mehr – wollte ich ins Online-banking. Ich habe das Online-banking der … Bank angeklickt. Die Maske hat sich wie gewohnt aufgemacht. Danach kam der Hinweis, dass ich im Moment keinen Zugriff auf Online-banking der … Bank hätte. Danach kam eine Anweisung zehn Tan-Nummern einzugeben. Die Felder waren nicht von 1 bis 10 durchnummeriert, sondern kreuz und quer. Ich habe dann auch die geforderten Tan-Nummern, die ich schon von der Bank hatte, in die Felder chronologisch eingetragen. Danach erhielt ich dann Zugriff auf mein Online-banking. Ich habe dann unter Verwendung einer anderen Tan-Nummer eine Überweisung getätigt.“

Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, da ein Täter nicht ermittelt werden konnte.

Die Klage auf Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision zurückgewiesen.

Die Klage ist unbegründet. Auch wenn der Kläger die Überweisung der 5.000 € nicht veranlasst hat, ist sein Anspruch auf Auszahlung dieses Betrages erloschen, weil die Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe gemäß § 280 Abs. 1 BGB aufgerechnet hat.

Der Kläger ist nach dem in seiner Strafanzeige vorgetragenen Sachverhalt Opfer eines Pharming-Angriffs geworden, bei dem der korrekte Aufruf der Website der Bank technisch in den Aufruf einer betrügerischen Seite umgeleitet worden ist. Der betrügerische Dritte hat die so erlangte TAN genutzt, um der Bank unbefugt den Überweisungsauftrag zu erteilen. Der Kläger hat sich gegenüber der Bank durch seine Reaktion auf diesen Pharming-Angriff schadensersatzpflichtig gemacht. Er hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, indem er beim Log-In-Vorgang, also nicht in Bezug auf einen konkreten Überweisungsvorgang, trotz des ausdrücklichen Warnhinweises der Bank gleichzeitig zehn TAN eingegeben hat. Für die Haftung des Kunden reicht im vorliegenden Fall einfache Fahrlässigkeit aus, weil § 675v Abs. 2 BGB, der eine unbegrenzte Haftung des Kunden bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit vorsieht, erst am 31. Oktober 2009 in Kraft getreten ist.

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Bank hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Nach seinen Feststellungen ist die Bank mit dem Einsatz des im Jahr 2008 dem Stand der Technik entsprechenden iTAN-Verfahrens ihrer Pflicht zur Bereitstellung eines möglichst wenig missbrauchsanfälligen Systems des Online-Banking nachgekommen. Sie hat auch keine Aufklärungs- oder Warnpflichten verletzt. Ob mit der Ausführung der Überweisung der Kreditrahmen des Kunden überschritten wurde, ist unerheblich, weil Kreditinstitute grundsätzlich keine Schutzpflicht haben, Kontoüberziehungen ihrer Kunden zu vermeiden. Einen die einzelne Transaktion unabhängig vom Kontostand beschränkenden Verfügungsrahmen hatten die Parteien nicht vereinbart (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

26.04.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-04-26 23:46:232012-04-26 23:46:23BGH zur Haftung von Bankkunden nach Weitergabe von TAN-Nummern
Dr. Johannes Traut

Überblick Referendariat: Pfändungsschutzkonto nach § 850k ZPO

Referendariat, Schon gelesen?, Verschiedenes, Zivilrecht, ZPO

Relevant in erster Linie für Referendare, aber möglicherweise auch für die mündliche Prüfung im ersten Examen, für die juristische Allgemeinbildung oder für die Rechtsberatung in eigener Sache..: Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 1.7.2010 § 850k ZPO neu gefasst und das sogenannte „Pfändungsschutzkonto“ eingeführt. Das Guthaben auf diesem Konto ist mit einem bestimmten monatlichen Sockelbetrag vor Pfändungen durch Gläubiger des Kontoinhabers geschützt (§ 850k Abs. 1 S. 1 ZPO).
Dabei wird grundsätzlich nur der einfache Pfändungsbetrag nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO berücksichtigt; weitere Unterhaltspflichten, die den Betrag erhöhen können werden nach § 850k Abs. 2 ZPO berücksichtigt.
Einbettung in das System der Zwangsvollstreckung
Das Pfändungsschutzkonto begrenzt insofern die Wirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach §§ 829, 835 ZPO, mit dem der (Vollstreckungs-)Gläubiger wegen einer Geldforderung in Forderungen des (Vollstreckungs-)Schuldners vollstrecken kann. Dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bewirkt ein Arrestatorium (§ 829 Abs. 1 S. 1 ZPO – der Drittschuldner darf nicht mehr an den Gläubiger zahlen) und ein Inhibitorium (§ 829 Abs. 1 S. 2 ZPO – der Schuldner darf nicht mehr über die Forderung verfügen). Die Forderung wird gleichzeitig dem Gläubiger zur Einziehung (der Regelfall) oder an Zahlungs statt überwiesen, § 835 Abs. 1 ZPO.
Von beiden Wirkungen des Beschlusses normiert § 850k ZPO eine begrenzte Ausnahme. Nach § 850k Abs. 1 darf der Schuldner bis zum Ende des Kalendermonats über Guthaben in Höhe des monatlichen Freibetrages verfügen. Nach § 850k Abs. 5 S. 1 ZPO ist die Bank dem Schuldner in diesem Umfang auch zur Leistung verpflichtet, d.h. sie muss dem Schuldner das Geld auf seinem Konto auszahlen. So kann der Schuldner im Ergebnis über den pfändungsfreien Sockelbetrag verfügen, als wäre nicht gepfändet worden.
Verhältnis zuden §§ 850ff. ZPO und § 850l ZPO (§ 850k ZPO a.F.)
§ 850k ZPO bringt eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Pfändungsschutz. Die Pfändungsverbote der §§ 850ff. ZPO erfassen nur Arbeitseinkommen oder Unterhaltsleistungen direkt. Sind sie einmal überwiesen, geht der von den §§ 850ff. ZPO geschützte Anspruch unter und wir durch einen Zahlungsanspruch gegen die Bank ersetzt (vgl. § 676a Abs. 1, 676f BGB). Direkt wirken die §§ 850ff. ZPO daher nur, wenn die Pfändung beim der Quelle, also etwa dem Arbeitgeber angreift.
Bisher wurde die durch die Einstellung in das Kontoguthaben entstandenen Schutzlücke durch § 850l ZPO geschlossen. Danach ist die Zwangsvollstreckung in ein Bankkonto insoweit aufzuheben, als das darauf eingezahlte  Einkommen des Schuldners nach §§ 850ff. ZPO geschützt wäre. Erforderlich ist dafür ein Beschluss des Vollstreckungsgerichts.
§ 850k ZPO macht dies nun „automatisch“: Ist das Konto einmal zum Pfändungsschutzkonto umgewandelt, kann der Schuldner über den auch im Rahmen des § 850l ZPO anzusetzenden Freibetrages nach § 850c ZPO (aktuell 1 028,89 €, s. dazu die Verordnung nach § 850c Abs. 2a ZPO) pro Monat verfügen. Die Norm spricht also eine eo ipso wirkende Begrenzung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses aus. Die Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto kann auch erfolgen, nachdem der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bereits erlassen ist, § 850k Abs. 1 S. 4 ZPO – und sie wirkt innerhalb der vier Wochen Frist des § 835 Abs. 4 S. 1 ZPO (erst danach darf die Vollstreckung aus dem Überweisungsbeschluss beginnen) sogar zurück.
Einrichtung: Einseitige Erklärung oder Vertrag?
Umstritten ist, ob die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos durch einseitige Erklärung des Kunden erfolgen kann, also ein Gestaltungsrecht darstellt (so Prütting/Gehrlein/Ahrens, ZPO, § 850k Rn. 22 f.), oder ein Vertragsschluss erforderlich ist (so etwa Musielak/Becker, 8. Aufl. 2011, § 850k Rn. 8 ZPO). Der Wortlaut des § 850 Abs. 7 S. 1 ZPO „können vereinbaren“ ist m.E. eindeutig. Auch S. 2 und 3 regeln lediglich einen insofern bestehenden Anspruch des Kunden auf Vertragsänderung.
Rechtsfolgen eines Verstoßes
Bisher wenig geklärt ist, was passiert, wenn das Kreditinstitut etwa Unterhaltspflichten des Kunden nicht bei der Ermittlung des Betrages nach § 850k Abs. 2 ZPO berücksichtigt. Hat der Kunde die Unterhaltspflichten korrekt angegeben und nachgewiesen, wie es § 850k Abs. 5 S.2 ZPO vorsieht, liegt eine Pflichtverletzung des Kreditinstitutes vor. Hat er dies nicht getan, so legt die Systematik es zunächst nahe, zu differenzieren: Das Gesetz spricht in Abs. 2 davon, dass der Pfändungsbeschluss auch den erhöhten Freibetrag nicht erfasst. Daher könnte man der Ansicht sein, diese Rechtsfolge träte ipso iure, also insbesondere ohne entsprechenden Nachweis, ein. Das Inhibitorium fällt dann weg.  Anders dagegen das Arrestatorium. Dieses wird insofern modifiziert, als die Bank zahlen darf, aber nicht muss: Nach Abs. 5 S. 2 besteht eine Leistungspflicht der Bank nur, soweit der erhöhte Freibetrag durch Bescheinigungen nachgewiesen wird. Hier soll die Bank nicht gezwungen sein, möglicherweise zu viel zu leisten.
Gegen dies Auslegung spricht aber das Argument, dass die Bank die Zahlungen an den Gläubiger, der die Forderung überwiesen bekommen hat, nicht ohne rechtlichen Grund zurückhalten darf. Daher ist es überzeugend, die Nachweispflicht des § 850k Abs. 5 S. 2 ZPO für den erhöhten Freibetrag auch in Abs. 2 hineinzulesen (so auch Musielak/Becker, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 850k Rn. 3). Ansonsten läuft nämlich andererseits die Bank Gefahr, sich gegenüber dem Gläubiger schadensersatzpflichtig zu machen, weil sie den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beachten muss (vgl. auch § 850k Abs. 5 S. 3 ZPO). Außerdem entspricht es wohl der Vorstellung des Gesetzgebers, dass der Schuldner nur in den Genuss der Erleichterungen des § 850k Abs. 2 ZPO kommt, wenn er die Nachweise erbracht hat (vgl. BT-Drs. 16/7615 S. 15 und 19).
Von der Bank wird man wohl auch nicht verlangen können, den Freibetrag selbst – etwa an Hand der Zahlungseingänge – zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn zumindest ein gewisser Freibetrag etwa durch den Eingang von Kindergeld augenscheinlich ist. Es wird nämlich  der Regelfall sein, dass die kontoführende Bank den Pfändungsfreibetrag  durch Rückschlüsse aus den eingehenden Zahlungen, ermitteln kann. Dennoch verlangt der Gesetzgeber „Nachweise durch Bescheinigungen“ der zuständigen Stellen, § 850k Abs. 5 S. 2 ZPO.
Für den Gläubiger gilt, dass gegenüber ihm die Einhaltung der Voraussetzungen des § 850k Abs. 1, 2 ZPO zumindest insofern ohne Relevanz  sein muss, als es um die Wirksamkeit von Zahlungen geht, die er von der Bank als Drittschuldnerin erhält. Es ist dem Gläubiger regelmäßig überhaupt nicht bekannt, ob das Konto der Schulderin als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Denn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mag ergangen sein, bevor das Konto der Schuldnerin überhaupt in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wurde, vgl. § 850k Abs. 1 S. 4 ZPO. Bei einer Zahlung der Bank  an ihn vermag der Gläubiger also nicht zu sagen, ob die Voraussetzungen des § 850k Abs. 1, Abs. 2 ZPO überhaupt eingehalten werden müssen und erst Recht nicht, ob sie eingehalten wurden. Sein Vertrauen in den Erhalt der Leistung ist schutzwürdig.

08.12.2011/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2011-12-08 22:54:442011-12-08 22:54:44Überblick Referendariat: Pfändungsschutzkonto nach § 850k ZPO
Dr. Christoph Werkmeister

Rezension: Russack, Die Revision in der strafrechtlichen Assessorklausur, 6. Auflage

Rezensionen, Verschiedenes


In strafrechtlichen Assessorklausuren hat man in der Regel mit zumindest einer Klausur zu rechnen, bei der eine Entschließung der Staatsanwaltschaft zu entwerfen ist. Die zweite Strafrechtsklausur im Assessorexamen kann hingegen entweder in einem revisionsrechtlichen Gutachten oder aber einem Strafurteil bestehen. Ersteres wird regelmäßig deutlich häufiger als das Strafurteil abgeprüft, so dass die Examensvorbereitung hierauf einen entsprechenden Fokus legen sollte. Das Werk von Russack kann man wohl als eines DER Standardwerke zu diesem Thema bezeichnen. Die Pressestimmen sprechen in dieser Hinsicht jedenfalls eine deutliche Sprache.
Pressestimmen

  • Auch wenn dieses Buch erstmals im Jahre 2005 erschien, kann es schon jetzt vollkommen zu Recht als „Klassiker“ für die Referendarausbildung bezeichnet werden. Es gibt wohl kaum ein Lehrbuch, welches so auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Referendare zugeschnitten ist wie dieses Werk von Marc Russack. … Ein Muss für jeden Referendar. Für 19,90 € erhält man ein absolut gelungenes Buch und Hilfsmittel auf dem Weg zum erfolgreichen Assessorexamen. (RA Sebastian Gutt in:StudJur-Online.de 2/2011)
  • Ein sehr nützliches und hilfreiches Buch, das man sich als Referendar unbedingt zulegen sollte. (Studium SS 2009)
  • Ein notwendiger und hilfreicher Begleiter auf dem Weg zum Examen…. Kauf und Durcharbeit des Buches sind unbedingt empfehlenswert! (RA Roman G. Weber in: ZJS 5/2008)
  • Russack hat verstanden, wie Lehrbücher für Referendare beschaffen sein müssen. … Wenn es nicht so pathetisch klänge, müsste man von einem Meisterwerk sprechen! (JuS Magazin 2/2007)
  • Das Buch verblüfft durch seine kompakte, schwerpunktbezogene Darstellung von tatsächlich klausurrelevanten Problemen der Zulässigkeit und Begründetheit sowie der Antragstellung in der strafrechtlichen Revision … Kurz: eine wirkliche Bereicherung für die Vorbereitung auf die strafrechtliche Revisionsklausur im Assessorexamen! (Sina Renner in: studjur-online.de 06.11.2006)
  • Ein wichtiges Buch, das für die Vorbereitung zum zweiten Examen ganz entscheidende Hilfe leisten kann. (Justuf / Zeitschrift für Referendare Dezember 2005)
  • Eine bessere Vorbereitung für das erfolgreiche Bestehen einer Assessorklausur in Strafsachen gibt es wohl nicht. (www.jurasmus.de 08.07.2005)

Zum Inhalt
Das Werk von Russack folgt einem einfachen Aufbau. Es wird zunächst die Zulässigkeit der Revision abgehandelt und sodann wird in logischer Abfolge eine Vielzahl an möglichen Anknüpfungspunkten für die Begründetheit der Revision besprochen. Ein kurzer Abschnitt zu Zweckmäßigkeitsüberlegungen rundet das Werk ab. So weit klingt das Prinzip noch nicht zu außergewöhnlich. Russack, der selbst als Prüfer im Assessorexamen tätig ist, hat allerdings mehr als ein Jahrzehnt an Examensklausuren analysiert und dementsprechend die Schwerpunkte in seinem Werk gesetzt. Das Ergebnis ist eine extrem klausurnahe Darstellung an examensrelevanten Problemen. In beinahe jedem Subabschnitt geht Russack auf Konstellationen ein, die so bereits in Examina abgeprüft wurden. Alles in allem ein wirklich großartiges Konzept, dass m.E. sprachlich auch konzis umgesetzt wurde.
Die Optik
Einziger Kritikpunk an diesem Werk ist für mich die Optik. Der umfassende Stoff ist auf gut 160 Seiten präsentiert. Die Darstellung ist allerdings an vielen Stellen sehr unübersichtlich und wirkt gedrungen. Die Abschnitte zu den Originalklausuren sind stets eingerückt in äußerst kleiner Schrift abgedruckt. Hier ist für eine nächste Auflage, die es sicherlich geben wird, noch einiges an Verbesserungspotential gegeben.
Klare Kaufempfehlung
Auch wenn die Optik des Buches etwas altbacken und unübersichtlich wirken mag. Dem Inhalt tut dies keinen Abbruch. Selten (oder vielleicht noch nie) habe ich ein juristisches Lehrbuch gelesen, das den Fokus so sehr auf die Prüfungssituation und mögliche abfragbare Konstellationen legt. Aus diesem Grund kann ich mich den zuvor genannten Pressestimmen vorbehaltlos anschließen. Das Werk von Russack ist für die Vorbereitung auf die strafrechtliche Revisionsklausur beinahe unumgänglich.

25.09.2011/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2011-09-25 14:34:352011-09-25 14:34:35Rezension: Russack, Die Revision in der strafrechtlichen Assessorklausur, 6. Auflage
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