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Schlagwortarchiv für: Öffentliches Recht

Dr. Maike Flink

Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 2: Verwaltungs- und Staatshaftungsrecht

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Staatshaftung, Startseite, Verwaltungsrecht

Bei der Vorbereitung auf die schriftliche und vor allem mündliche Examensprüfung, aber auch auf Klausuren des Studiums, ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung von entscheidender Bedeutung. Der folgende Überblick ersetzt zwar keinesfalls die vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Entscheidungen, soll hierfür aber Stütze und Ausgangspunkt sein. Dargestellt wird daher eine Auswahl der examensrelevanten Entscheidungen der vergangenen Monate anhand der betreffenden Leitsätze, Pressemitteilungen und ergänzender kurzer Ausführungen aus den Gründen, um einen knappen Überblick aktueller Rechtsprechung auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts zu bieten.
 
I. Verwaltungsrecht
BVerwG (Urt. v. 13.6.2019 – 3 C 28.16, 3 C 29.16) zur Rechtmäßigkeit des sog. „Kükenschredderns“
Das BVerwG hat sich mit einer rechtlich, aber auch gesellschaftlich brisanten Thematik beschäftigt, nämlich der Frage nach der Rechtmäßigkeit des „Schredderns“ männlicher Küken unmittelbar nach dem Schlüpfvorgang. Diese beurteilt sich anhand von § 16a Abs. 1 S. 1 TierSchG i.V.m. § 1 S. 2 TierSchG: Das Töten männlicher Küken ist nur dann zulässig, wenn es nicht gegen das Tierschutzgesetz verstößt. Ein solcher Verstoß liegt allerdings vor, wenn einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Inwiefern ein solcher „vernünftiger Grund“ für das Töten der Küken vorliegt, ergibt sich aus einer Abwägung zwischen dem menschlichen Nutzungsinteresses und dem Tierschutz. Dabei können rein wirtschaftliche Interessen allerdings nicht ausreichen, um ein überwiegendes menschliches Nutzungsinteresse zu begründen. So heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts:

„Vernünftig im Sinne dieser Regelung ist ein Grund, wenn das Verhalten gegenüber dem Tier einem schutzwürdigen Interesse dient, das unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse am Schutz des Tieres. Im Lichte des im Jahr 2002 in das Grundgesetz aufgenommenen Staatsziels Tierschutz beruht das Töten der männlichen Küken für sich betrachtet nach heutigen Wertvorstellungen nicht mehr auf einem vernünftigen Grund. Die Belange des Tierschutzes wiegen schwerer als das wirtschaftliche Interesse der Brutbetriebe, aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung nur weibliche Küken zu erhalten.“

Trotz der damit anzunehmenden grundsätzlichen Unzulässigkeit des „Kükentötens“ bleibt das Verfahren indes zumindest vorübergehend weiterhin zulässig:

„Ohne eine Übergangszeit wären die Brutbetriebe gezwungen, zunächst mit hohem Aufwand eine Aufzucht der männlichen Küken zu ermöglichen, um dann voraussichtlich wenig später ein Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei einzurichten oder ihren Betrieb auf das Ausbrüten von Eiern aus verbesserten Zweinutzungslinien umzustellen. Die Vermeidung einer solchen doppelten Umstellung ist in Anbetracht der besonderen Umstände ein vernünftiger Grund für die vorübergehende Fortsetzung der bisherigen Praxis.“

Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
OVG Koblenz (Beschl. v. 12.6.2019 – 10 B 10515/19.OVG) zur Gleichbehandlung bei der Benutzung einer kommunalen Einrichtung
Das OVG Koblenz hatte die Rechtmäßigkeit einer Regelung in der Badeordnung eines gemeindlichen Schwimmbads zu beurteilen, die das Tragen von sog. Burkinis im Schwimmbad untersagte. Betreibt eine Gemeinde ein Schwimmbad als öffentliche Einrichtung, so hat sie grundsätzlich zugleich die Befugnis, das Benutzungsverhältnis durch Sonderverordnung zu regeln. Allerdings findet diese Regelungsbefugnis ihre Grenze einerseits in den verfassungsrechtlichen Rechten der Nutzer, andererseits darin, dass die jeweilige Nutzungsvorschrift der Erfüllung des bestimmungsgemäßen Anstaltszweck dienen muss. Zwar mag dabei das Burkiniverbot als solches – das eine Kontrolle ermöglichen soll, ob bei den Nutzern des Schwimmbads gesundheitsgefährdende Krankheiten bestehen – dem Anstaltszweck dienen, da es zum Schutz der übrigen Badegäste zumindest beiträgt. Allerdings verstößt die Regelung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, denn: Sie belastet Trägerinnen von Burkinis stärker als andere Badegäste, deren Badebekleidung den Körper ebenfalls weitgehend bedeckt. Dazu führt das Gericht aus:

„Neoprenanzüge können ebenso wie Burkinis den ganzen Körper bedecken und haben unter Umständen auch eine Kopfhaube, lassen daher zur Kontrolle durch das Badepersonal nicht weniger Körperteile frei als Burkinis. Dass Neoprenanzüge nur während des Schwimmtrainings zugelassen sind, vermag daran nichts zu ändern. Dadurch dürfte zwar die Zahl der Badegäste, die in einem solchen schwimmen (und folglich auch die von ihnen ausgehenden potentiellen Gesundheitsgefahren), eher gering sein. Dies gilt aber in gleicher Weise für die Trägerinnen von Burkinis, weil nach den Angaben der Antragsgegnerin die städtischen Schwimmbäder zur Zeit von nur fünf Burkini-Trägerinnen besucht werden. […] Nach alledem ist die ungleiche Behandlung von Burkini-Trägerinnen einerseits und Trägerinnen und Träger von Neoprenanzügen andererseits nach dem Regelungsprogramm der Antragsgegnerin sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt gegen den Anspruch der Antragstellerin auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG.“

Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
II. Staatshaftungsrecht
BGH (Urt. v. 6.6.2019 – III ZR 124/18) zur Stellung als Verwaltungshelfer
Der BGH hat sich mit der Frage beschäftigt, inwiefern Mitarbeiter eines privaten Unternehmens, die zur Ausführung einer verkehrsbeschränkenden Anordnung der Straßenbaubehörde und des der Anordnung beigefügten Verkehrszeichenplans Verkehrsschilder nicht ordnungsgemäß befestigen, als Verwaltungshelfer und damit Beamte im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen sind. Dabei legte es folgende Kriterien zugrunde:

 „[Es] ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen […]. Hiernach können auch Mitarbeiter eines privaten Unternehmens Amtsträger im haftungsrechtlichen Sinne sein. Dies kommt neben den Fällen der Beleihung eines Privatunternehmens mit hoheitlichen Aufgaben auch dann in Betracht, wenn Private als Verwaltungshelfer bei der Erledigung hoheitlicher Aufgaben tätig werden […] Dafür ist erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang und eine engere Beziehung zwischen der Betätigung des Privaten und der hoheitlichen Aufgabe bestehen, wobei die öffentliche Hand in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten Einfluss nimmt, dass der Private gleichsam als bloßes „Werkzeug“ oder „Erfüllungsgehilfe“ des Hoheitsträgers handelt und dieser die Tätigkeit des Privaten deshalb wie eine eigene gegen sich gelten lassen muss […].“.

Vor diesem Hintergrund wurde der mit der Anbringung des Verkehrsschildes betraute Mitarbeiter als Verwaltungshelfer eingeordnet: Die getroffene Verkehrsregelung (§ 45 StVO) stellt eine Maßnahme der Eingriffsverwaltung dar: Das durch sie angeordnete Ge- oder Verbot ist ein für die Verkehrsteilnehmer bindender Verhaltensbefehl. Indes ist die Regelung ohne das Aufstellen des entsprechenden Verkehrsschildes nicht wirksam, sodass es sich auch bei dieser rein tatsächlichen Tätigkeit um eine hoheitliche Aufgabe handelt. Dabei hatte der Mitarbeiter die vorgegebene Verkehrsregelung an der vorgegebenen Stelle umzusetzen, einen eigenen Entscheidungs- oder Ermessensspielraum hatte er daher nicht, er war allein „verlängerter Arm“ der zuständigen Behörde.

02.10.2019/0 Kommentare/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2019-10-02 10:00:292019-10-02 10:00:29Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 2: Verwaltungs- und Staatshaftungsrecht
Dr. Maike Flink

Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 1: Verfassungsrecht

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Bei der Vorbereitung auf die schriftliche und vor allem mündliche Examensprüfung, aber auch auf Klausuren des Studiums, ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung von entscheidender Bedeutung. Der folgende Überblick ersetzt zwar keinesfalls die vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Entscheidungen, soll hierfür aber Stütze und Ausgangspunkt sein. Dargestellt wird daher eine Auswahl der examensrelevanten Entscheidungen der vergangenen Monate anhand der betreffenden Leitsätze, Pressemitteilungen und ergänzender kurzer Ausführungen aus den Gründen, um einen knappen Überblick aktueller Rechtsprechung auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts zu bieten.
 
BVerfG (Beschl. v. 23.7.2019 – 1 BvR 2433/17): Fälschliche Einordnung prozessualer Äußerung als Schmähkritik verletzt Meinungsfreiheit
Das BVerfG hat kürzlich die Anforderungen an das Vorliegen von Schmähkritik erneut konkretisiert. Dabei hat das Gericht herausgestellt, dass bei der Qualifizierung einer Aussage als Schmähkritik strenge Maßstäbe anzulegen sind. Erforderlich ist, dass die Äußerung tatsächlich auf die bloße Herabsetzung und Diffamierung einer anderen Person gerichtet ist, ohne sich inhaltlich mit der Sache auseinander zu setzen. Besonders hervorgehoben hat das BVerfG, dass auch Anlass und Kontext der Äußerung Berücksichtigung finden müssen um zu ermitteln, ob sie tatsächlich jedes sachlichen Bezugs entbehrt und auf eine persönliche Diffamierung gerichtet ist oder vielmehr ein Anlass für die jeweilige Aussage ausgemacht werden kann. So kann der Vergleich der Verhandlungsführung einer Richterin mit „einschlägigen Gerichtsverfahren vor ehemaligen nationalsozialistischen deutschen Sondergerichten“ oder einem „mittelalterlichen Hexenprozess“ nicht von vornherein als Schmähkritik eingeordnet werden. Das BVerfG formuliert dazu:

„Die Äußerungen entbehren […] nicht eines sachlichen Bezugs. Sie lassen sich wegen der auf die Verhandlungsführung und nicht auf die Richterin als Person gerichteten Formulierungen nicht sinnerhaltend aus diesem Kontext lösen und erscheinen auch nicht als bloße Herabsetzung der Betroffenen. Die Äußerungen lassen nicht ohne weiteres den Schluss zu, der Beschwerdeführer habe der Richterin eine nationalsozialistische oder „mittelalterliche“ Gesinnung unterstellen wollen. Historische Vergleiche mit nationalsozialistischer Praxis begründen für sich besehen nicht die Annahme des Vorliegens von Schmähkritik.“

Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
BVerfG (Beschl. v. 18.7.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18, 1 BvL 4/18) zur Verfassungskonformität der Mietpreisbremse
Ein großes mediales Echo hat auch die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungskonformität der Mietpreisbremse hervorgerufen. So stellte das Gericht fest:

„Die Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch § 556d Abs. 1 BGB verstößt in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren weder gegen die Garantie des Eigentums aus Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen die Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG noch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.“

Schwerpunktmäßig hat das BVerfG sich in seinem Beschluss mit der Vereinbarkeit des § 556d Abs. 1 BGB mit Art. 14 Abs. 1 GG beschäftigt: Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist jedoch abzulehnen, da die Regelung eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG darstellt. Sie verfolgt das legitime Ziel, „durch die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken“. Indem sie Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten abschwächt, kann sie den Zugang einkommensschwacher Mieter zu Wohnraum schaffen und ist damit geeignet, den verfolgten Zweck zu erreichen, ohne dass vergleichbar wirksame, mildere Mittel zur Verfügung stehen. Letztlich ist die Regelung nach Ansicht des Gerichts auch angemessen, denn der Gesetzgeber hat die Belange von Mietern und Vermietern in einen sachgerechten Ausgleich gebracht. Den Interessen der Mieter kommt dabei besonderes Gewicht zu:

„Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht auf der anderen Seite umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht […]. Das trifft auf die Miethöhenregulierung in besonderem Maße zu. Eine Wohnung hat für den Einzelnen und dessen Familie eine hohe Bedeutung […].“

Demgegenüber entsteht keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung seitens der Betroffenen Vermieter, denn auch eine nachträgliche Verschlechterung der Nutzungsmöglichkeiten bestehender Eigentumspositionen kann zulässig sein. So führt das Gericht aus:

„Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen Vermieterinnen und Vermieter […] mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen […]. Ihr Vertrauen, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, wird durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt, weil ein solches Interesse seinerseits vom grundrechtlich geschützten Eigentum nicht umfasst ist.“

Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Interessen der betroffenen Vermieter ist zudem abzulehnen, da die ortsübliche Vergleichsmiete dem Vermieter einen am örtlichen Markt orientierten Mietzins sichert und damit die Wirtschaftlichkeit der Vermietung erhalten bleibt.
 
BVerfG (Beschl. v. 9.7.2019 – 1 BvR 1257/19) zur Strafbarkeit des faktischen Leiters einer nicht angemeldeten Versammlung
Das BVerfG hatte die Vereinbarkeit der Strafnorm des § 26 Nr. 2 VersG mit Art. 8 Abs. 1 GG zu beurteilen. § 26 Nr. 2 VersG bestimmt: „Wer als Veranstalter oder Leiter eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug ohne Anmeldung (§ 14) durchführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ An der Verfassungskonformität der Norm bestehen dabei grundsätzlich keine Zweifel. Dies gilt nach der Ansicht des Gerichts auch, sofern sie dahingehend ausgelegt wird, dass auch der bloß faktische Versammlungsleiter einer nicht angemeldeten Veranstaltung als tauglicher Täter eingeordnet wird:

 „Denn eine solche Auslegung ist geeignet, einer Umgehung des Erfordernisses einer Anmeldung unter Benennung eines Versammlungsleiters entgegenzuwirken, die ansonsten nur gegenüber dem Veranstalter – der gerade bei nicht angemeldeten Versammlungen oftmals nicht ohne weiteres festgestellt werden kann – sanktioniert werden könnte. Sie verwirklicht somit die legitimen Ziele des gesetzlichen Anmeldeerfordernisses, ohne die Versammlungsfreiheit in übermäßiger Weise einzuschränken.“

Es bestehen auch keine Bedenken, dass dies zu einer Sanktionierung der bloßen Teilnahme an einer nicht angemeldeten Veranstaltung führen könnte, denn es ist nur derjenige als Versammlungsleiter einzuordnen, der den Ablauf der Versammlung, ihre Unterbrechungen und ihre Schließung bestimmt. 
Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
BVerfG (Beschl. v. 2.7.2019 – 1 BvR 385/16) zur Verfassungskonformität eines Vereinsverbots
Das BVerfG hat sich mit der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vereinsverbots am Maßstab von Art. 9 Abs. 2 GG beschäftigt. Gem. Art. 9 Abs. 2 GG ist ein Vereinsverbot dabei gerechtfertigt, wenn sich die jeweilige Vereinigung gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, also insbesondere, wenn sie schwerwiegende völkerrechtswidrige Handlungen aktiv propagiert und fördert. Dabei gilt:

„Der Verbotstatbestand kann auch dann erfüllt sein, wenn die Vereinigung sich durch die Förderung Dritter gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet; Dazu gehört die finanzielle Unterstützung terroristischer Handlungen und Organisationen, wenn diese objektiv geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen, und die Vereinigung dies weiß und zumindest billigt.“

30.09.2019/0 Kommentare/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2019-09-30 10:08:312019-09-30 10:08:31Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 1: Verfassungsrecht
Dr. Maike Flink

BVerfG: Konkretisierungen der Anforderungen an das Vorliegen von Schmähkritik

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das BVerfG hat kürzlich in einer Entscheidung vom 14.6.2019 (1 BvR 2433/17) erneut zu den Anforderungen an das Vorliegen von Schmähkritik Stellung genommen und damit die bisherigen Maßstäbe konkretisiert. In den letzten Jahren war die Reichweite des Schutzes der Meinungsfreiheit im Hinblick auf sog. Schmähkritik immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen, die regelmäßig ein großes Medienecho nach sich zogen. Vor diesem Hintergrund bedarf auch die in diesem Zusammenhang neueste Entscheidung – gerade mit Blick auf künftige Examensklausuren und die mündliche Prüfung – einer eingehenden Auseinandersetzung.
 
I. Sachverhalt
Was war passiert? Der Beschwerdeführer war Kläger eines Zivilprozesses beim Amtsgericht. Im Laufe des Prozesses ersuchte er das Gericht um die Ablehnung der mit dem Verfahren betrauten Richterin wegen Befangenheit. Diese ergab sich seiner Ansicht nach aus einer einseitigen Vernehmung eines Zeugen zu seinen Lasten, bei der die Richterin dem Zeugen die erwünschten Antworten nahezu in den Mund gelegt habe. Sein Gesuch begründete der Beschwerdeführer auch in zwei Schriftsätzen, in denen es wörtlich unter anderem hieß:

„Die Art und Weise der Beeinflussung der Zeugen und der Verhandlungsführung durch die Richterin sowie der Versuch, den Kläger von der Verhandlung auszuschließen, erinnert stark an einschlägige Gerichtsverfahren vor ehemaligen nationalsozialistischen deutschen Sondergerichten.“

Zudem führte er aus:

„Die gesamte Verhandlungsführung der Richterin erinnerte eher an einen mittelalterlichen Hexenprozess als an ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geführtes Verfahren.“

Daraufhin wurde er durch das Amtsgericht gem. § 185 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Berufung des Beschwerdeführers wurde durch das Landgericht ebenso verworfen wie die im Anschluss eingelegte Revision durch Oberlandesgericht. Die Gerichte stützen dies im Wesentlichen darauf, dass die Äußerungen des Beschwerdeführers zwar Werturteile seien, die dem Schutz der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG unterfielen. Allerdings handele es sich um Schmähkritik, sodass die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers gegenüber dem Ehrschutz der Betroffenen zwingend zurücktreten müsse. Daraufhin erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde wegen der Verletzung seiner Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG.
 
II. Rechtliche Würdigung
Fraglich ist daher, ob der Beschwerdeführer durch die angegriffenen Entscheidungen tatsächlich in seiner Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG verletzt ist.
 
1. Schutzbereich
Zunächst müssten die Äußerungen des Beschwerdeführers in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG fallen. Geschützt werden Meinung, d.h. Werturteile, die geprägt sind durch ein Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens. Von einer Meinung zu unterscheiden sind bloße Tatsachenbehauptungen, also solche Äußerungen, die einem Wahrheitsbeweis zugänglich sind. Sie sind grundsätzlich nicht geschützt, es sei denn, sie sind ausnahmsweise untrennbar mit einer Wertung verbunden oder Voraussetzung für eine Meinung. Ist eine Äußerung als Meinung einzuordnen, so kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob diese in polemischer Weise kundgetan oder eine verletzende Formulierung gewählt wird. Auch Schmähkritik unterfällt dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Im vorliegenden Fall war die Äußerung des Beschwerdeführers als wertende Stellungnahme anzusehen: Er wollte keine historische Aussage treffen, dass es sich tatsächlich um ein „Gerichtsverfahren vor ehemaligen nationalsozialistischen deutschen Sondergerichten“ oder einen „mittelalterlichen Hexenprozess“ handele. Vielmehr zielte die gewählte Formulierung allein darauf ab, Missstände, die seiner Ansicht nach in der Verhandlungsführung bestanden, im Wege eines Vergleichs aufzuzeigen. Es handelt sich mithin um eine Meinung, der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG ist eröffnet.
 
2. Eingriff
Durch die strafrechtliche Verurteilung auf Grundlage von § 185 StGB wird die Ausübung einer grundrechtlich geschützten Freiheit des Beschwerdeführers sanktioniert. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG liegt mithin ebenfalls vor.
 
3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Möglicherweise könnte dieser Eingriff jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG wird nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern findet seine Schranken gem. Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Ein allgemeines Gesetz ist nach dem durch das BVerfG angewandten Kombinationsansatz nur ein Gesetz, das sich nicht gegen die grundrechtliche Betätigung als solche, d.h. insbesondere nicht inhaltlich gegen eine bestimmte Meinung richtet und dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf die Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG schützenswerten Rechtsguts dient. Grundlage der strafrechtlichen Verurteilung ist § 185 StGB. Dieser stellt die Beleidigung unter Strafe und richtet sich damit nicht inhaltlich gegen eine bestimmte Meinung, sondern allgemein gegen beleidigende Äußerungen. Dies dient dem Ehrschutz des Betroffenen, der seinerseits durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgesichert ist und damit ein schlichtweg schützenswertes Rechtsgut darstellt. Es handelt sich mithin bei § 185 StGB um ein allgemeines Gesetz.
Erforderlich ist jedoch darüber hinaus, dass eine Gewichtung der Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit des Äußernden und der persönlichen Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgenommen wird. Dabei kommt der Meinungsfreiheit ein besonderes Gewicht zu, sofern es um Äußerungen geht, die Maßnahmen der öffentlichen Gewalt betreffen. Es gehört nämlich zum Kernbereich der Meinungsfreiheit, die öffentliche Gewalt ohne Furcht vor Sanktionen auch scharf kritisieren zu können. Insofern führt das Gericht aus:

„Die Meinungsfreiheit erlaubt es insbesondere nicht, den Beschwerdeführer auf das zur Kritik am Rechtsstaat Erforderliche zu beschränken und ihm damit ein Recht auf polemische Zuspitzung abzusprechen.“

Allerdings bilden insofern Formalbeleidigungen und Schmähkritik einen Sonderfall: Ist eine Äußerung einer der genannten Kategorien zuzuordnen, so ist ausnahmsweise keine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht erforderlich, vielmehr tritt die Meinungsfreiheit in einem solchen Fall stets zurück. Dies stellt indes eine sehr einschneidende Folge dar, sodass strenge Anforderungen an die Annahme von Formalbeleidigungen und Schmähkritik zu stellen sind. Schmähkritik ist nur bei einer Äußerung anzunehmen, die auf die bloße Herabsetzung und Diffamierung einer anderen Person gerichtet ist, ohne sich inhaltlich mit der Sache auseinanderzusetzen. Erforderlich ist daher insbesondere, dass Anlass und Kontext der Äußerung berücksichtigt werden. Die Äußerungen des Beschwerdeführers sind vor diesem Hintergrund nicht als Schmähkritik einzuordnen. Denn der Beschwerdeführer hat mit seinen Vergleichen nicht die Richterin persönlich diffamieren und herabwürdigen wollen. Vielmehr war allein ihre Verhandlungsführung Anlass für die getätigten Aussagen. Das BVerfG formuliert dazu:

„Die Äußerungen entbehren […] nicht eines sachlichen Bezugs. Sie lassen sich wegen der auf die Verhandlungsführung und nicht auf die Richterin als Person gerichteten Formulierungen nicht sinnerhaltend aus diesem Kontext lösen und erscheinen auch nicht als bloße Herabsetzung der Betroffenen. Die Äußerungen lassen nicht ohne weiteres den Schluss zu, der Beschwerdeführer habe der Richterin eine nationalsozialistische oder „mittelalterliche“ Gesinnung unterstellen wollen. Historische Vergleiche mit nationalsozialistischer Praxis begründen für sich besehen nicht die Annahme des Vorliegens von Schmähkritik.“

Insbesondere könne es nicht darauf ankommen, dass die Formulierungen für die Verteidigung der Rechtsansichten des Beschwerdeführers nicht erforderlich gewesen sei, da der Beschwerdeführer nicht darauf beschränkt sein dürfe, seine Meinung nur im Rahmen des Erforderlichen zu äußern. Damit handelt es sich bei der Äußerung des Beschwerdeführers nicht um Schmähkritik. Die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers tritt nicht bereits aus diesem Grund hinter die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zurück. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen. Geht diese zugunsten des Beschwerdeführers aus, so ist der Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, es läge eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG vor. Umgekehrt gilt: Der Eingriff wäre gerechtfertigt, wenn die Abwägung ein Überwiegen der Interessen der Betroffenen ergibt. In diesem Fall wäre der Beschwerdeführer nicht in seiner Meinungsfreiheit verletzt.
 
III. Ausblick 
Das Gericht hatte sich allein mit der Frage zu befassen, ob es sich bei den Äußerungen des Beschwerdeführers um Schmähkritik handelte und schon aus diesem Grund seine Meinungsfreiheit hinter den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen zurücktreten muss. Die Klausurbearbeitung darf indes an dieser Stelle nicht stehen bleiben: Zwar bildet die Herausarbeitung der Voraussetzungen der Schmähkritik einen Schwerpunkt, der umfassend erörtert werden muss. Zwingend daran anschließen muss sich aber – sofern das Vorliegen von Schmähkritik zutreffend abgelehnt wurde – eine umfangreiche Abwägung der Meinungsfreiheit und der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Die Entscheidung sollte daher Anlass geben, neben den Anforderungen an die Annahme von Schmähkritik auch die klassische Fallkonstellation der Kollision von Meinungsfreiheit und Allgemeinem Persönlichkeitsrecht zu wiederholen, da diese stets beliebter Stoff sowohl für Zwischenprüfungs- als auch für Examensklausuren ist.

21.08.2019/1 Kommentar/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2019-08-21 09:33:352019-08-21 09:33:35BVerfG: Konkretisierungen der Anforderungen an das Vorliegen von Schmähkritik
Dr. Matthias Denzer

Karteikarte Versammlungsfreiheit; Art. 8 GG

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06.02.2019/0 Kommentare/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-02-06 16:38:272019-02-06 16:38:27Karteikarte Versammlungsfreiheit; Art. 8 GG
Dr. Matthias Denzer

Karteikarte Anfechtungsklage; § 42 VwGO

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04.02.2019/0 Kommentare/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-02-04 17:11:142019-02-04 17:11:14Karteikarte Anfechtungsklage; § 42 VwGO
Redaktion

Öffentliches Recht II – November 2018 – NRW – 1. Staatsexamen

Examensreport, Examensvorbereitung, Lerntipps, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite

Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zur Examensklausur im Öffentlichen Recht, 1. Staatsexamen, NRW, November 2018. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info.
In Deutschland gibt es die Möglichkeit zur Punzierung. Das ist ein Stempel auf Edelmetallen, der deren Feinheit angibt. Die Hersteller nehmen die Punzierung selbst und freiwillig vor. Wenn die Angaben falsch sein sollten, haften die Hersteller auf Schadenersatz und begehen eine Ordnungswidrigkeit. Bei vorsätzlichem Handeln begehen sie sogar eine Straftat.
Die Staaten A, B und C sind Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dort nimmt eine staatliche Stelle die Punzierung vor. In diesen Mitgliedstaaten dürfen auch nur Edelmetalle verkauft werden, die eine staatliche Punzierung erhalten haben. Diese Staaten erkennen die Punzierungen aus den jeweils anderen Staaten an. Für Hersteller aus Deutschland gewährt der Mitgliedstaat A die Möglichkeit, die Produkte vor ihrem Verkauf in A punzieren zu lassen. Punzierungen aus Deutschland würden anerkannt werden, wenn diese auch in Deutschland durch eine staatliche Stelle übernommen werden würden.
Die X-GmbH mit Sitz in Deutschland stellt Edelmetallprodukte her und vertreibt diese. Sie möchte ihre Produkte insbesondere auch in A verkaufen. Dafür muss gemäß der Verwaltungspraxis des Mitgliedstaates A vor jeder Auslieferung die Punzierung bei der staatlichen Stelle in A (oder auch in B oder C) beantragt und vorgenommen werden. Es kommt hierbei immer wieder zu sprachlichen Schwierigkeiten und die Lieferzeiten der X-GmbH verzögern sich dadurch insbesondere im Vergleich zu in A ansässigen Unternehmen deutlich. Aufgrund dessen werden viele Bestellungen von Kunden aus A bei der X-GmbH wieder stroniert.
Die Bundesrepublik Deutschland vermutet einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit. Insbesondere gäbe es mit einer europäischen Richtlinie über das CE-Siegel bereits eine europaweite Regelung, welche die Qualität von Produkten gewährleisten soll.
Die Kommission verfasst eine begründete Stellungnahme nach Art. 259 AEUV und stellt diese dem Mitgliedstaat A zu.
Dieser verneint einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit. Von staatlichen Stellen vorgenommene Punzierungen seien verlässlicher. Das sei bedeutend, weil schon – was zutrifft – kleinste Abweichungen eine erhebliche Auswirkung auf die Gewinnspanne hätten.
Die Bundesrepublik Deutschland betreibt nun ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den Mitgliedstaat A wegen dessen Verwaltungspraxis.
Aufgabe 1
Hat das Vertragsverletzungsverfahren Erfolg?
Aufgabe 2
Unterstellt wird, dass das Vertragsverletzungsverfahren keinen Erfolg hat: Kann die X-GmbH aus Grundfreiheiten oder deutschen Grundrechten von der BRD verlangen, dass auch in Deutschland eine staatliche Punzierungsstelle geschaffen wird? Die Bundesregierung meint, dass die Grundfreiheiten „in dieser Konstellation“ nicht anwendbar wären, und hat Zweifel, was die „Funktion der Grundrechte“ angeht.
Aufgabe 3
Unabhängig von einer Verpflichtung dazu hält die Bundesreggierung es zum Abbau bestehender Nachteile für die deutschen Hersteller für Geboten, auch in Deutschland die Möglichkeit zur Punzierung durch eine staatliche Stelle zu schaffen. Das untenstehende Gesetz bringt sie in den Bundestag ein, wo es  in einem ordnungsgemäßen Verfahren  beschlossen wird. Nachdem der Bundesrat auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet, wird das Gesetz verkündet. Die Landesregierung L meint, dass der Bund hierfür keine Kompetenz hätte. Verwaltung sei Ländersache. Und sowieso hätte der Bundesrat zustimmen müssen. Ist das Gesetz mit den Vorschriften des Grundgesetzes vereinbar?
§ 1 Hersteller von Edelmetallen haben die Möglichkeit, eine staatliche Punzierung zu erhalten.
§ 2 Zu diesem Zweck wird eine Bundesoberbehörde mit Sitz in Bonn errichtet und dem Bundesministerium für Wirtschaft unterstellt.
Aufgabe 4
Die Kommission hält es für sinnvoller, wenn statt der einzelstaatlichen Regelungen die Punzierung einheitlich durch die Europäische Union geregelt wird. Hat sie dafür die Kompetenz? In welcher Handlungsform könnte sie das tun? Welches Verfahren ist dafür vorgesehen? Wer könnte das einleiten?
Bearbeitervermerk: Beantworten sie die aufgeworfenen Fragen – ggf. hilfsgutachterlich – in einem umfassenden Gutachten.

12.12.2018/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2018-12-12 09:00:052018-12-12 09:00:05Öffentliches Recht II – November 2018 – NRW – 1. Staatsexamen
Dr. Yannik Beden, M.A.

Mündliche Prüfung: Tornado-Kampfjet über Demonstrantenlager

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Versammlungsrecht

Anknüpfend an unsere Simulation einer mündlichen Examensprüfung im Strafrecht aus der letzten Woche soll diese Woche das Öffentliche Recht im Fokus stehen. Mit seinem Urteil vom 25.10.2017 – 6 C 46/16, NJW 2018, 716 hat sich das BVerwG zu besonders praxis- und examensrelevanten Fragestellungen des Polizeirechts sowie Versammlungsrechts geäußert. Neben klassischen Problemstellungen wie der Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts und der Zulässigkeit von Gefahrerforschungsmaßnahmen bietet die Entscheidung auch Anlass, grundrechtlichen Fragestellungen vertieft nachzugehen. Zudem lässt sich der Fall – wie in der mündlichen Prüfung im Öffentlichen Recht üblich – problemlos prozessual einkleiden:  
Sehr geehrte Damen und Herren, bitte stellen Sie sich folgenden Sachverhalt vor, der einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Herbst letzten Jahres zugrunde lag:
Vom 6. bis 8. Juni 2007 findet in Heiligendamm das jährliche Gipfeltreffen der acht großen Industriestaaten (G8) statt. In Abstimmung mit dem Innenministerium soll die Bundeswehr der Landespolizei unterstützende Hilfeleistungen im Rahmen der Vorbereitung des Gipfeltreffens erbringen. Zu diesem Zwecke führt die Bundeswehr im Mai 2007 mehrere Aufklärungsflüge durch. Diverse Überflüge in der Umgebung des Austragungsortes finden statt, bei denen Infrarot- und optische Kameras zu Anfertigung von Luftbildaufnahmen eingesetzt werden. Diese sollen mögliche Erddepots erkennen sowie etwaige Manipulationen an wichtigen Straßenzügen erfassen. Am 29. Mai 2007 errichten Gegner des Gipfeltreffens in der Gemeinde Reddelich ein Camp für die Unterkunft von bis zu 5000 Personen, die an Protestaktionen teilnehmen wollen. Teilnehmerin A hält sich vom 1. bis 6. Juni 2007 in diesem Camp auf und nahm von dort aus an diversen Veranstaltungen und Versammlungen im Zusammenhang zum G8 Gipfel in Heiligendamm teil.
Am 5. Juni 2007 überfliegt ein Kampfflugzeug der Bundeswehr vom Typ Tornado gegen 10:30 Uhr das Camp. A befindet sich zu dieser Zeit auch im Lager. Aufgrund der Witterungsbedingungen beträgt die Flughöhe lediglich ca. 114 Meter. Die Kampfflugzeuge verursachen zudem einen beträchtlichen Lärm, der von allen im Camp anwesenden Teilnehmer deutlich zu hören ist. Während des Überflugs werden Aufnahmen durch Kameras angefertigt, die an dem Kampfflugzeug befestigt sind. 19 Luftbilder werden anschließend durch Bundeswehrmitarbeiter für polizeiliche Zwecke ausgewählt und zur Auswertung an die Polizeidirektion zur Auswertung übermittelt. Bei einem Teil der Aufnahmen handelt es sich um Übersichtsaufnahmen und Ausschnittsvergrößerungen, auf denen das Camp Reddelich sowie Personengruppen abgebildet sind, die sich dort aufhalten.
A ist empört über die Vorkommnisse und möchte gerichtlich geklärt wissen, dass der Überflug des Kampfjets am 5. Juni 2007 sowie die Fertigung, Weitergabe und Verwertung der Bildaufnahmen sie in ihren Rechten verletzt.   
Herr Hoprecht, die Demonstrationsteilnehmerin A möchte nun gegen den Tiefflug des Kampfflugzeugs gerichtlich vorgehen. Ist der Weg zum Verwaltungsgericht eröffnet?
Mangels einer aufdrängenden Sonderzuweisung richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 VwGO. Es müsste sich zunächst um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handeln. Nach der sog. modifizierten Subjektstheorie ist eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur, wenn die streitentscheidenden Normen dem Öffentlich Recht zuzuordnen sind. Das ist der Fall, wenn die Norm stets einen Träger öffentlicher Gewalt in seiner Funktion berechtigt oder verpflichtet. Streitentscheidend sind die Generalklausel des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (hier § 13 MVSOG) und Art. 8 Abs. 1 GG. Erstere Norm berechtigt und verpflichtet stets die Polizeibehörde als Träger öffentlicher Gewalt, Art.8 Abs. 1 GG verpflichtet jedenfalls Träger öffentlicher Gewalt, vgl. Art. 1 Abs. 3 GG. Dies gilt auch für Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG (Recht auf informationelle Selbstbestimmung). Mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit ist die Streitigkeit zudem nichtverfassungsrechtlicher Art. Eine abdrängende Sonderzuweisung ist nicht ersichtlich, sodass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.  
Herr Obermüller, welche Klage ist in unserem Fall statthaft?
In Betracht kommt eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Mit dieser kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Unter einem Rechtsverhältnis sind dabei rechtliche Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Die Anwendung der Rechtsnorm auf einen bestimmten Sachverhalt muss zudem zwischen den Beteiligten streitig sein.
Zum Zeitpunkt, zu dem der Kampfjet über das Camp flog, hielt sich A in diesem auf. Zu diesem Zeitpunkt wurden auch Aufnahmen durch die am Flugzeug befestigten Kameras angefertigt, welche anschließend an die Polizei übermittelt wurden. Dieser Sachverhalt ist im Hinblick auf die möglicherweise berührten Grundrechte aus Art. 8 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geeignet, im Sinne eines nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses rechtliche Beziehungen zwischen der Polizeibehörde, der die beschriebenen Handlungen zuzurechnen sind, und der A zu begründen.
Wie sieht es mit der Klagebefugnis der A aus, Herr Wormser?
In analoger Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO müsste die A auch klagebefugt sein. Klagebefugt ist danach, wer durch das Handeln der Behörde möglicherweise in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Es lässt sich nicht von vornherein ausschließen, dass der Tiefflug des Tornado Kampfjets über dem Camp, in dem sich die A befand, diese in ihren grundrechtlichen geschützten Rechtspositionen aus Art. 8 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. A ist demnach klagebefugt.
Herr Hoprecht, kommen wir kurz zum Feststellungsinteresse der A.
Das berechtigte Interesse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Feststellung geeignet ist oder jedenfalls erscheint, die Rechtsposition der Klägerin in diesen Aspekten zu verbessern. Ausreichend ist dabei, wenn die Art des mit der Klage gerügten Eingriffs die Anerkennung eines Feststellungsinteresses erfordert, also insbesondere, wenn die unmittelbare Belastung, die durch den in Rede stehenden Hoheitsakt erfolgte, sich auf eine Zeitspanne beschränkte, in der die Entscheidung des Gerichts gar nicht oder nur kaum zu erlangen gewesen wäre. Dies ist mit Blick auf die kurze Zeitspanne, in dem der Tiefflug des Kampfflugzeugs stattfand sowie einer möglichen Vorwirkung des aus Art. 8 Abs. 1 GG resultierenden Schutzes der Fall. Auf eine Wiederholungsgefahr oder ein Rehabilitationsinteresse kommt es nicht an.  
So ist es. Das soll uns für den prozessrechtlichen Teil erst einmal genügen. Kommen wir zur Begründetheit der Klage. Sie dürfen im Folgenden davon ausgehen, dass die Aufklärungsflüge der Bundeswehr der zuständigen Landespolizeibehörde als Unterstützungsleistung zugerechnet werden. Art. 87a II GG lassen wir vor außen vor. Herr Wabschke, auf welche Norm ließe sich die Maßnahme wohl stützen?
In Betracht kommt die polizeirechtliche Generalklausel, in Mecklenburg-Vorpommern also § 13 MVSOG. Danach haben die Polizei- und Ordnungsbehörden im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen, um von der Allgemeinheit oder dem Einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird. Allerdings könnte es sich bei dem Demonstrantencamp auch um eine Versammlung handeln, sodass an eine Anwendung des VersG zu denken ist. Nach dem Grundsatz der Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts wird das allgemeine Polizeirecht bei Maßnahmen gegen Versammlungen grundsätzlich durch die spezielleren Regelungen des VersG verdrängt.  
Da sprechen Sie einen guten Punkt an. Handelt es sich denn bei dem Demonstrantencamp um eine Versammlung?
Nach der Rechtsprechung des BVerfG handelt es sich bei Versammlungen um örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Maßgeblich ist dabei, dass die Meinungsbildung und –Äußerung mit dem Ziel stattfinden, auf die Öffentlichkeit einzuwirken. Hinsichtlich des Camps mag es zwar durchaus möglich erscheinen, dass teilweise mit an den G8 Gipfel gerichtete Protestanliegen kommunikative Anliegen und Aktivitäten stattfanden. Zum Zeitpunkt der Flugaktivitäten durch den Tornado Kampfjet geschah dies jedoch nicht. Das Camp in Reddelich war demnach als solches keine Versammlung.
Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist jedoch in zeitlicher Hinsicht nicht auf die Durchführung der Versammlung begrenzt. Vielmehr entfaltet es bereits im Vorfeld schützende Wirkung. Art. 8 Abs. 1 GG schützt deshalb auch den Vorgang des Sichversammelns, mithin auch den Zugang sowie die Abreise zu einer Versammlung. Der Aufenthalt im Camp stand in unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zu Demonstrationen, die anlässlich des Gipfeltreffens stattfinden sollen bzw. stattgefunden haben. Da auch keine alternativen Unterbringungsmöglichkeiten ersichtlich sind, war der Aufenthalt im Camp Reddelich zwingend, um an den Protesten teilnehmen zu können. Unter diesen Umständen schützt Art. 8 Abs. 1 GG bereits den Vorgang des Versammelns im Camp.
Was bedeutet das nun für unsere Ermächtigungsgrundlage, Herr Hoprecht?
Die polizeirechtliche Generalklausel umfasst nicht nur Maßnahmen, die auf die Beseitigung einer aus der ex-ante Perspektive zu bestimmenden konkreten Gefahr gerichtet sind. Ebenso zulässig sind sog. Gefahrerforschungsmaßnahmen. Diese zeichnen sich durch ihren vorläufigen Charakter aus und dienen der Aufklärung bzw. Wissensbeschaffung zur Vorbereitung weiterer polizeilicher Maßnahmen. Der Tiefflug, verbunden mit der Anfertigung von Bildaufnahmen, lässt sich als Teilakt einer Gefahrerforschungsmaßnahme der Bundeswehr, die der Polizeibehörde zuzurechnen ist, qualifizieren.
Sehr richtig, das lässt sich hören! Lassen Sie uns über die grundrechtliche Dimension des Falls sprechen. Herr Obermüller, wird in Art. 8 I GG eingegriffen?
Der Grundrechtsschutz ist nicht auf herkömmliche Eingriffe im Sinne des klassischen Eingriffsverständnisses begrenzt. Nach dem modernen Eingriffsbegriff können auch mittelbar faktische Beeinträchtigungen, die eine Ausübung grundrechtlich geschützten Verhaltens erschweren oder unmöglich machen, als Eingriff zu qualifizieren sein. Ein faktischer Eingriff in die Versammlungsfreiheit kann danach auch angenommen werden, wenn eine staatliche Maßnahme einschüchternd oder abschreckend wirkt oder geeignet ist, die freie (kollektive) Willensbildung und die Entschlussfreiheit der Personen, die sich versammlungsspezifisch betätigen, zu beeinflussen.
Blickt man auf die extreme Lärmentfaltung und den durchaus bedrohlichen Anblick der Tornado Kampfflugzeuge sowie der witterungsbedingten Tiefe, auf der die Jets flogen, ist von einem mittelbar faktischen Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG auszugehen. Gleiches ergibt sich aus der Überraschungswirkung des Tiefflugs sowie des engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs zu den geplanten Demonstrationen.  
À la bonne heure, Herr Obermüller! Ein durchschnittlicher Bürger würde bei diesem angsteinflößenden Erscheinungsbild sicherlich erschrecken. Herr Wabschke, wir gehen zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Eingriffs über.
Die Art und Weise der Durchführung der polizeilichen Gefahrerforschungsmaßnahme unter Berücksichtigung der konkreten Umstände muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Die Maßnahme muss einen legitimen Zweck verfolgen, hierzu geeignet, erforderlich und angemessen sein.
Der Überflug des Camps unter Verwendung von Kameras zur Aufnahme von diversen Bildaufnahmen beabsichtigte, festzustellen, ob etwaige Erddepots sowie Manipulationen an den für das Gipfeltreffen relevanten Straßenzügen vorhanden waren. Die Flugeinsätze und die damit verbundene bildliche Erfassung der örtlichen Gegebenheiten förderten die Durchsetzung dieser Zwecke und waren mithin geeignet. Ob mildere, gleich geeignete Mittel bestanden, muss mit Blick auf alternative Möglichkeiten zur Anfertigung der Aufnahmen beantwortet werden. Jedenfalls war es aufgrund der Witterungsbedingungen nicht möglich, die Aufnahmen bei erhöhter Flughöhe anzufertigen. Andere Flugzeugtypen, die eventuell weniger einschüchternd wirken, einsetzbar gewesen wären, kann nicht abschließend beantwortet werden. Bei der Angemessenheit der Maßnahme gilt es, die einschüchternde Wirkung, die der Tiefflug des Kampfflugzeugs auf die potentiellen Demonstrationsteilnehmer haben kann und die damit verbundene Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit der tatsächlichen Gefahrenlage sowie den Handlungsmöglichkeiten der Polizeibehörde gegenüberzustellen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Unterschreitung der Mindestflughöhe von 150 Metern auf Witterungsbedingungen zurückzuführen war, die außerhalb des Machtbereichs der Behörde liegen. Sofern die Polizeibehörde bereits Erkenntnisse über Aktivitäten von Personengruppen im Bereich des Camps hatte, die sich auf die Begehung künftiger gewaltsamer Ausschreitungen beziehen, ist auch dies in die Wertung mit einzubeziehen. Hinsichtlich der Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung ist anzumerken, dass zumindest für Art. 8 Abs. 1 GG ein rein mittelbar faktischer Eingriff vorlag, der hierüber hinaus auf die Vorfeldwirkung des durch die Versammlungsfreiheit vermittelten Schutzes beschränkt war. In der Gesamtbetrachtung war die Maßnahme auch angemessen, die Versammlungsfreiheit der A wurde nicht verletzt.   
Das lässt sich so vertreten. Schön, das soll uns für die Prüfung im Öffentlichen Recht genügen. Wie Sie sehen, ist die Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts immer wieder ein praxisrelevantes Problem. Gleiches gilt für den Versammlungsbegriff und die Reichweite von Art. 8 I GG. Der Aufenthalt in einer Unterkunft für potentielle Demonstrationsteilnehmer kann mit Blick auf die Vorwirkung der Versammlungsfreiheit von Art. 8 I GG geschützt sein, wenn eine Teilnahme an der Versammlung ohne die Unterbringungsmöglichkeit schon gar nicht zu realisieren ist. Der Tiefflug von Kampfjets über ein derartiges Demonstrantencamp ist zudem als mittelbar-faktischer Eingriff zu qualifizieren.Wer sich zum Problemfeld des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG im Zusammenhang mit den im Fall angefertigten Bildaufnahmen beschäftigen möchte, sollte die Urteilsanmerkung von Roggan, NJW 2018, 723 lesen. Vielen Dank.
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10.12.2018/4 Kommentare/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-12-10 09:00:192018-12-10 09:00:19Mündliche Prüfung: Tornado-Kampfjet über Demonstrantenlager
Redaktion

Öffentliches Recht I – November 2018 – NRW – 1. Staatsexamen

Examensreport, Lerntipps, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite

Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zur Examensklausur im Öffentlichen Recht, 1. Staatsexamen, NRW, November 2018. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info.
 
Der K betreibt ein kleines Geschäft in einem allgemeinen Wohngebiet der großen kreisangehörigen Stadt S. Er hatte hierfür von der unteren Bauaufsichtsbehörde eine Baugenehmigung erhalten. Diese enthielt den Zusatz, dass er sich (wegen Lärm) nicht in der Nachtzeit (von 00:00 bis 06:00 Uhr) beliefern lassen darf. Die Baugenehmigung war rechtmäßig und ist inzwischen bestandskräftig.
Damit er auch in seiner Abwesenheit beliefert werden kann, überlässt der K seinem Lieferanten G einen Schlüssel für das Lager. Damit kann G seinen LKW bis an das Geschäft des K heranfahren und seine Waren abladen. Der K weist den G auf das Verbot hin, zur Nachtzeit zu beliefern. Anfangs hält sich der G daran.
Wegen des tagsüber hohen Verkehrsaufkommens beginnt der G nach einiger Zeit aber damit, den K auch nachts (zwischen 03:00 Uhr und 06:00 Uhr) zu beliefern. Der G nutzt dazu seinen eigenen, von K überlassenen Schlüssel. Der K erfährt davon, unternimmt aber nichts.
Der Nachbar N wohnt direkt neben dem Geschäft des K. Er wird von dem Lärm nachts gestört. Wegen der tropischen Wettertemperaturen ist an Schlaf vor 24:00 Uhr nicht zu denken. Der von den nächtlichen Belieferungen verursachte Lärm lässt ihn nicht schlafen. Aufgrund des Schlafmangels hat der N mit Beschwerden zu kämpfen, insbesondere mit Kopfschmerzen. Ein Sachverständiger kann nachweisen, dass der Lärm bestimmte Grenzwerte überschreitet und daher ein Verstoß gegen § 22 BImSchG i.V.m. der TA-Lärm darstellt.
Der N beschwert sich bei K, der aber weiterhin nichts unternimmt. Er meldet diese Vorfälle und der – zuständigen – unteren Bauaufsichtsbehörde. Diese bestätigt schriftlichen den Eingang der Meldung und verspricht, sich schnellstmöglich um diese Angelegenheit zu kümmern. Im weiteren Verlauf unternimmt die Behörde aber nichts und antwortet zwei Monate lang nicht auf Nachfragen des N.
Der N wendet sich an den Rechtsanwalt R. Dieser fragt sich, ob die Behörde überhaupt gegen den K etwas unternehmen könne und ob nicht vielmehr der G in Anspruch genommen werden müsse.
Aufgabe 1
1. Könnte die Behörde auf Grundlage von § 61 I 2 BauO NRW (ggf. i.V.m. § 14 OBG) gegen den K einschreiten?
2. Was könnte die Behörde in Hinblick auf eine zwangsweise Durchsetzung außerdem noch verfügen? Unter welchen Voraussetzungen wäre das rechtmäßig?
3. Hat der N auch einen Anspruch auf Einschreiten?
Aufgabe 2
Unterstellt wird, dass der N einen Anspruch auf Einschreiten hat: Wie könnte der N seinen Anspruch mit verwaltungsgerichtlichen Mitteln geltend machen, wenn dies möglichst schnell gehen soll? Wäre so ein Vorgehen zulässig? Unter welchen Voraussetzungen wäre so ein Vorgehen grundsätzlich begründet?
Bearbeitervermerk: Beantworten sie die aufgeworfenen Fragen  ggf. hilfsgutachterlich  in einem umfassenden Gutachten aus der Sicht des R.
Es folgten Ausführungen zum BImSchG.
Es folgten Ausführungen zur TA-Lärm und der Hinweis darauf, dass es sich um eine Verwaltungsvorschrift handelt.
Soweit es zur Lösung der Aufgabenstellung auf die Anwendung von Vorschriften aus dem Bauordnungsrecht ankommt, ist die BauO NRW (v. Hippel/Rehborn ON: 93) anzuwenden und nicht die BauO NRW 2016 (v. Hippel/Rehborn ON: 93.1).

06.12.2018/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2018-12-06 09:00:562018-12-06 09:00:56Öffentliches Recht I – November 2018 – NRW – 1. Staatsexamen
Redaktion

BVerfG: Verdachtsberichterstattung vs. Pressefreiheit

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Verfassungsrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Fabian Toros veröffentlichen zu können. Der Autor hat als Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung Rechtswissenschaften an der Universität Bonn studiert. Er promoviert an der Universität Regensburg zu einer regulierungsrechtlichen Fragestellung.
 
Verdachtsberichterstattungen sind in der schnelllebigen Informationsgesellschaft von heute alltäglich. Auch die Printmedien berichten aufgrund des hochfrequenten und auf Aktualität drängenden Umfeldes immer häufiger auf Basis von Verdachtsmomenten. Dies macht eine differenzierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich.
A. Sachverhalt
(vgl. BVerfG, PM Nr. 45/2018 vom 07.06.2018, abrufbar unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/bvg18-045.html, zuletzt 20.07.2018, 10:56 Uhr)
Die Verfassungsbeschwerde wurde von einer Wochenzeitung angestrengt, die über interne Vorgänge und Verdachtsmomente in einer Landesbank berichtet hatte. Im Mittelpunkt stand der Verdacht der Weitergabe von internen Informationen an Journalisten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Informationen auf eine geheime „Spitzelaktion“ unter Beteiligung der Wochenzeitung zurückzuführen sind, die im Endeffekt zu einer Entlassung des Vorstandsmitgliedes auf Basis der Falschbezichtigung geführt haben. Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin zu einer Richtigstellung verurteilt. Konkret wurde auferlegt eine Nachtragserklärung zu verfassen. Dabei sollte nicht nur ein Teil des alten Berichtes wiedergegeben, sondern auch in der Überschrift auf die Korrektur hingewiesen und schlussendlich von der bisherigen Berichterstattung Abstand genommen werden. Ist die zulässige Verfassungsbeschwerde der Wochenzeitung begründet?
B. Entscheidung
Im Fokus der Entscheidung steht die Reichweite der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG im Hinblick auf die vorliegende Konstellation der Verdachtsberichterstattung.
I. Abgrenzung zwischen Meinungs- und Pressefreiheit
Zunächst sind die Schutzbereiche von Meinungs- und Pressefreiheit voneinander abzugrenzen. Durch die Pressefreiheit wird das Recht geschützt, das Pressemedium nach eigenen Vorstellungen zu gestalten (vgl. BVerfGE 95, 28, 35 f.). Das Grundrecht existiert in einer positiven und negativen Ausprägung. Es steht also frei, eine Berichterstattung vorzunehmen oder über etwas nicht zu berichten. Erfasst sind nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts auch Investigativjournalismus und Verdachtsberichterstattung in den Grenzen der rechtlichen Zulässigkeit (hierzu grundlegend BVerfGE 7, 198, 208; BVerfGE 12, 113, 115).
Die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG schützt den konkreten Inhalt der jeweiligen Berichterstattung. Auch dieses Grundrecht existiert in einer positiven und negativen Ausgestaltung. Von der negativen Ausgestaltung ist insbesondere auch die Möglichkeit erfasst, eine fremde Meinung nicht als eigene Ansicht darzustellen und sich hiervon zu distanzieren (vgl. BVerfGE 95, 173, 182).
II. Schranken
Die Grundrechte sind nicht vorbehaltlos gewährt, sondern werden durch Art. 5 Abs. 2 GG eingeschränkt. Sie stehen unter dem Vorbehalt allgemeiner Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre (vgl. zum Streit über die Abgrenzung des Begriffes der „allgemeinen Gesetze“ ausführlich Kühling in BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 20. Edition, Rn. 104 ff.).
Für den konkreten Fall wurden durch das OLG insbesondere § 1004 BGB iVm § 823 I, II BGB und § 186 StGB angeführt. Das Bundesverfassungsgericht stellt eindeutig klar, dass es sich selbst nicht als eine Superrevisionsinstanz versteht, sondern dass lediglich die Anwendung spezifischen Verfassungsrechts untersucht:

„Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften ist Sache der Zivilgerichte. Sie kann vom Bundesverfassungsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob dabei die Ausstrahlungswirkung des von der Entscheidung berührten Grundrechts hinreichend beachtet worden ist“ (BVerfG, Beschluss vom 02.05.2018 – 1 BvR 666/17, Rn. 18, abrufbar unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/05/rk20180502_1bvr066617.html, zuletzt am 20.07.2018, 10:58 Uhr).

Grundsätzlich gestattet das Bundesverfassungsgericht die Konstruktion eines „äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruches“ aus §§ 823, 1004 BGB,

„der selbstständig neben dem an andere Voraussetzungen gebundenen Gegendarstellungsrecht steht und eingreift, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Meldung über eine Straftat sich aufgrund späterer gerichtlicher Erkenntnisse in einem anderen Licht dargestellt und die durch die Meldung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts andauert (vgl. BGHZ 57, 325)“ (BVerfG, Beschluss vom 02.05.2018 – 1 BvR 666/17, Rn. 19).

Differenzierung zwischen rechtmäßiger und rechtswidriger Verdachtsberichterstattung
Nach Ansicht des Gerichts ist klar zwischen rechtmäßiger Verdachtsberichterstattung und einer Berichterstattung zu differenzieren die von Beginn an rechtswidrig gewesen ist.
Bei der rechtmäßigen Berichterstattung

„ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die ursprüngliche Berichterstattung verfassungsrechtlich von der Pressefreiheit gedeckt war und die Presseorgane diese grundsätzlich als abgeschlossen betrachten durften.“ (BVerfG, Beschluss vom 02.05.2018 – 1 BvR 666/17, Rn. 20).

Es gäbe darüber hinaus keine generelle kontinuierliche Überprüfungspflicht einer bereits erfolgten Verdachtsberichterstattung. Darüber hinaus dürfe aufgrund der Wichtigkeit der Pressefreiheit für die freiheitlich demokratische Grundordnung eine Beschränkung nur in Ausnahmefällen gestattet sein. Eine Klarstellung müsse diesen gestuften Anforderungen gerecht werden (BVerfG, Beschluss vom 02.05.2018 – 1 BvR 666/17, Rn. 21). Es müssten insbesondere die negative Presse- und Meinungsfreiheit beachtet werden. Das Gericht hat diese Kriterien nicht als beachtet angesehen und deswegen der Verfassungsbeschwerde im Ergebnis stattgegeben.
C. Stellungnahme und Ausblick
Das Urteil ist für die Entwicklung der Pressefreiheit von herausragender Bedeutung. Wird nach ordnungsgemäßer Recherche über einen Verdacht berichtet, so muss diese Berichterstattung nur in Ausnahmefällen im Anschluss korrigiert werden.
„Eilmeldungen“ und Verdachtsberichterstattungen bestimmen immer mehr den Nachrichtenalltag. Auch wenn dies in der hochfrequenten und immer aktuelleren Welt der Informationsgesellschaft gefordert wird, so ist dennoch anzuraten, Qualitätsjournalismus mit ausführlicher Recherche zu betreiben. Es muss sichergestellt werden, dass die Rechtmäßigkeitsanforderungen beachtet werden, um von der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts profitieren zu können.
In Zukunft wird es wohl weitere Urteile in dieser Gemengelange geben. Demnach sollte man sich in der Examensvorbereitung intensiv mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur medialen Berichterstattung auseinandersetzen.

25.07.2018/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2018-07-25 10:00:122018-07-25 10:00:12BVerfG: Verdachtsberichterstattung vs. Pressefreiheit
Redaktion

Schema: Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch

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Schema: Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch

A. Anspruchsgrundlage

- Keine ausdrückliche Anspruchsgrundlage, es handelt sich um einen gewohnheitsrechtlich anerkannten ungeschriebenen Anspruch.
– Herleitung streitig: zT.: §§ 823, 906, 1004 BGB analog; z.T.: Herleitung aus der Abwehrfunktion der Grundrechte; z.T.: Herleitung aus Art. 20 III GG.
– Streitentscheid i.E. entbehrlich, da Anspruchsvoraussetzungen unstreitig.
B. Anspruchsvoraussetzungen

I. Eingriff in ein subjektives Recht

- Möglich sind unmittelbare Eingriffe.
– Möglich auch mittelbare Eingriffe, sofern sie dem Hoheitsträger zurechenbar sind. Zurechenbar sind mittelbare Eingriffe, wenn sich in ihnen die durch den Hoheitsträger geschaffene typische Gefahrenlage realisiert.
– Subjektive Rechte können sich aus dem Gesetz, insbesondere aus Grundrechten, aber auch aus einem VA oder einem öffentlich-rechtlichen Vertrag ergeben.

II. Durch hoheitliches Handeln
– Unerheblich ist, ob der Hoheitsträger durch VA handelt oder ob schlichtes Verwaltungshandeln vorliegt.
– Erforderlich ist lediglich, dass die Störungshandlung öffentlich-rechtlich ist.

III. Eingriff rechtswidrig
Der Eingriff ist rechtswidrig, wenn keine Duldungspflicht auf Seiten des Anspruchstellers besteht.

IV. Eingriff dauert noch an oder steht bevor

V. Keine Ausschlussgründe

C. Rechtsfolge
Schlichtes Unterlassen. Unabhängig davon, ob die Stöungshandlung durch VA erfolgte, handelt es sich bei dem gewünschten Unterlassen um schlichtes Verwaltungshandeln.
D. Prozessuale Durchsetzung

I. Hauptsache: Unterlassungsklage als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage
II. Vorläufiger Rechtsschutz: Antrag nach § 123 I 1 VwGO.

 
Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

27.07.2017/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-07-27 10:00:112017-07-27 10:00:11Schema: Öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch
Redaktion

Schema: Konkrete Normenkontrolle, Art. 100 GG

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Konkrete Normenkontrolle

A. Zulässigkeit
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen richten sich nach Art. 100 I GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG.

I. Vorlageberechtigung, Art. 100 I 1 GG: Gericht
– Gericht = Spruchstellen, die sachlich unabhängig, in einem formell gültigem Gesetz mit den Aufgaben eines Gerichts betraut und als Gerichte bezeichnet sind.
– Nicht vorlageberechtigt ist der Einzelrichter eines Kollegialorgans.
Ist dem Einzelrichter nach § 6 I VwGO der Rechtsstreit übertragen worden, kann er die Rechtssache unter den Voraussetzungen des § 6 III VwGO an die Kammer zurück verweisen. Wenn sich die Notwendigkeit einer Vorlage an das BVerfG ergibt, ist sein insoweit eingeräumtes Ermessen jedoch auf Null reduziert, er hat den Rechtsstreit zunächst an die Kammer zurück zu verweisen. Argument: Entlastung des BVerfG.

II. Vorlagegegenstand, Art. 100 I 1 GG
– Nur Parlamentsgesetze des Bundes und der Länder oder verfassungsändernde Gesetze.
– Für untergesetzliche Normen besteht das Verfahren nach § 47 VwGO.
– Grds. sind nur nachkonstitutionelle Gesetze tauglicher Vorlagegegenstand, es sei denn der Gesetzgeber hat ein vorkonstitutionelles Gesetz in seinen Willen aufgenommen.

III. Vorlagegrund, Art. 100 I GG

1. Richterliche Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit

2. Entscheidungserheblichkeit, 
d.h. das vorlegende Gericht muss den ihm vorliegenden Rechtsstreit im Falle der Gültigkeit des Gesetzes anders entscheiden als im Falle der Ungültigkeit.

IV. Form, §§ 23 I, 80 II BVerfGG

V. Keine Frist

B. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn das Gesetz verfassungswidrig ist.

I. Prüfungsmaßstab
– Prüfungsmaßstab für Bundesgesetze ist das Grundgesetz, Art. 100 I 1 GG.
– Prüfungsmaßstab für Landesgesetze sind neben dem Grundgesetz alle formellen und materiellen Bundesgesetze, Art. 100 I 2 GG.

II. Formelle Verfassungsmäßigkeit

1. Zuständigkeit
2. Verfahren
3. Form

III. Materielle Rechtmäßigkeit

Beachte: Ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht stellt zugleich eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 I 2 GG dar.

 

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

23.03.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-03-23 10:00:582017-03-23 10:00:58Schema: Konkrete Normenkontrolle, Art. 100 GG
Redaktion

Öffentliches Recht ÖII – September 2016 – 1. Staatsexamen Hessen

Examensreport, Hessen

Abschließend erhaltet ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten Klausur im Öffentliches Recht des 1. Staatsexamens im September 2016 in Hessen. Vielen Dank auch für diese Zusendung. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.

Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.

Sachverhalt
Nach der Wahl der fünf Richterstellen steht nun die Wahl der sechs nichtrichterlichen Stellen aus der Mitte des Landtages für den Staatsgerichtshof bevor. Dafür gibt es von der Fraktionen des Landtages Bewerberlisten. Aufgrund der Stimmverteilung fallen 3 von den Stimmen auf die A-Fraktion.
Auf dem 3. Platz steht der S. Dieser hat eine Stelle als Professor an der Universität in Marburg und hat dafür eine kleine Wohnung in Marburg angemietet. Aufgrund des Verdachts der „Nichtwählbarkeit“ es S strebt der Staatsgerichtshof ein Verfahren nach §11 III StGHG an, um dies zu überprüfen. S führt in seiner Stellungnahme an, dass er die Wohnung in Marburg für seine Dienststelle habe, seine Frau
und 2 Kinder wohnen in Erlangen (Bayern). Dabei gibt er den Aufenthalt zwischen diesen Standorten
als gleichwertig (50/50) an. Eine Ummeldung sei aus Melderechtlichen Bestimmungen nicht möglich.
Auch habe das Meldeamt in Marburg bereits eine Ablehnung für die Anmeldung eines
Hauptwohnsitzes in Marburg ausgesprochen. Es sei ihm somit gar nicht möglich gewesen, eine
Anmeldung in Marburg durchzuführen. Auch würde die Möglichkeit, dass er in zwei
Landesparlamenten Wahlrechte hat, nicht gegen eine Mitgliedschaft sprechen. Diese Regelung
verstoße jedenfalls gegen das allgemeine Wahlrecht und dem Grundrecht zum Schutze der Ehe und
Familie.
Frage 1: Wie wird der Staatsgerichtshof entscheiden? (Zulässigkeitsfragen sind nicht zu prüfen)
Frage 2: Gehen sie davon aus, dass der Staatsgerichtshof die Mitgliedschaft untersagt. S fühlt sich dadurch in Art. 38 GG und Art. 3 GG verletzt und wendet sich an das Bundesverfassungsgericht. Ist eine Verfassungsbeschwerde zulässig?
Frage 3: Versetzen sie sich in den Zeitpunkt der Begründung der Hessischen Verfassung. Dabei wird
geregelt, dass der Staatsgerichthof aus 5 Richtern und 6 Mitgliedern aus der Mitte des Landtages
bestehen soll. Welche Gründe könnten wohl für und welche dagegen gesprochen haben.
— Vorschriften des Bundesmeldegesetzes sind nicht zu überprüfen! —

18.11.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-11-18 09:00:302016-11-18 09:00:30Öffentliches Recht ÖII – September 2016 – 1. Staatsexamen Hessen
Redaktion

Öffentliches Recht ÖI – September 2016 – 1. Staatsexamen Hessen

Examensreport, Hessen

Vielen Dank auch für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der ersten gelaufenen Klausur des 1. Staatsexamens im Öffentlichen Recht in Hessen im September 2016. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.

Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.

Teil 1:
K ist Kunstlehrer an einer Schule in Frankfurt, 40 Jahre alt und Südafrikanischer Abstammung. Seine
Frau R ist Rechtsanwältin in Frankfurt. K möchte seine Frau im Februar 2016 an einem stürmischen
Tag von dem Bahnhof abholen. Er trägt einen buntgestalteten Pullover. Als er am Bahnhofsgelände
ankam zog er sich aufgrund eines stürmischen Wetter die Kapuze über den Kopf und bis zur Nase
hoch. Er hastete die Treppen des Bahnhofsgeländes hoch und kam dabei an dem Bundespolizisten Y
und der Bundespolizistin X vorbei. Er schnellte so dann in Richtung des Fahrgleises und Bahnsteiges.
Den Bundespolizisten kam das Verhalten des K merkwürdig vor und sie folgten dem K in einiger
Entfernung zum Bahnsteig. Dieser hat zwischenzeitlich hinter einem Pfosten hingestellt, um sich vor dem Wind zu schützen. Als die Polizisten den K wiederfanden forderten sie ihn auf, zwecks
Identitätsfeststellungen seinen Ausweis vorzulegen. Dieser jedoch wollte zunächst wissen, in
akzentfreiem Deutsch, was ihm vorgeworfenen wird.
Ohne dass die Polizisten antworten konnten, sprang die F zwischen die Polizisten und K. Sie
beschimpfte sie als Rassisten und baute sich vor ihnen auf. X forderte F auf, beiseite zu gehen, damit sie die Kontrolle des K vollenden können. Dieser Aufforderung kam F nicht nach, so dass X einen Platzverweis für die Dauer der Kontrolle mit einem Radius von 10m aussprach. Ziemlich
unbeeindruckt von diesem bewegte sich F noch immer nicht, so dass X nun den unmittelbaren Zwang
androhte. Als F sich auch daraufhin nicht bewegte, nahm die X die F in einem festen, aber nicht
schmerzhaften, Griff und führte die F vom Bahnhof raus.
Y führte inzwischen die Diskussion mit dem K weiter. In diesem Moment stieg auch die R, die Frau des K, welche hellhäutig ist, aus dem Zug. Zusammen mit dieser verlangte K zunächst den Dienstausweis
des Y. Dieser bemerkte, dass er seinen Ausweis in der Bahnhofswache vergessen hatte. So dann
bewegten sich alle in Richtung Bahnhofswache. Dort angekommen händigte Y den Dienstausweis
dem K aus, welche sich für eine Dienstaufsichtsbeschwerde dessen Nummer notierte. Y forderte nun
K auf, ihm endlich den geforderten Ausweis zu übergeben. Dieser übergab den Ausweis, -wenn auch
widerwillig-, dem Y. Nach der Überprüfung konnten K und R die Dienstwache verlassen.
Am Tag darauf reichte der K eine Dienstaufsichtsbeschwerde über das Verhalten und die Maßnahme
des Y bei der zulässigen Stelle ein. Der Y nahm dazu in einem Bericht Stellung und begründete das
Vorgehen insbesondere wegen zuverlässiger Erkenntnisse aus der letzten Zeit. Demnach sollen sich
verdächtige Person, meiste Afrikanischer Abstammung, im Bereich des Bahnhofs aufhalten und
Drogen- und Diebstahldelikte verübt haben. Ferner gäbe es valide Erkenntnisse hinsichtlich
drohender Terrorismus Gefahren. Die verdächtigen Personen seien meist männlich und zwischen 18
und 35 Jahre alt.
Y führt weiter an, dass der K zwar älter aussah, dieser sich jedoch durch sein Verhalten und des
äußeren Erscheinungsbildes verdächtig verhalten habe. Auch wenn die Überprüfung der Identität
sich im Nachhinein als unbegründet herausgestellt hat, war die Überprüfung dennoch gerechtfertigt.
K möchte einige Tage später gegen die im Februar 2016 durchgeführte Maßnahme gerichtlich
vorgehen und legt Klage beim zuständigen Gericht ein. Er ist der Meinung, dass die
Personenfeststellung am Bahnhofsgleis schon nicht gerechtfertigt war, jedenfalls war aber die
Feststellung auf der Bahnhofswache unbegründet. Die Maßnahme sei ohne rechtliche Grundlage,
unverhältnismäßig und grundrechtsverletzend durchgeführt worden. Außerdem sei sie hinsichtlich
seiner Hautfarbe und Abstammung diskriminierend.
Frage: Hat die Klage des K Aussicht auf Erfolg?
Bearbeitervermerkt:
– Es ist ein Rechtsgutachten was auf alle aufgeworfenen Fragen eingeht – notfalls
hilfsgutachterlich – zu erstellen.
– Die Stadt F liegt nicht in Grenznähe i.S.d. §23 BPolG
– Auf §§3, 17, 18, 23, 38 BPolG wird hingewiesen

Teil 2:
Die F findet das Verhalten der X ebenfalls nicht rechtmäßig. Sie möchte dagegen auch gerichtlich
vorgehen, fragt jedoch vorher nach der Rechtmäßigkeit der Maßnahme.
Frage: Erfolgte der Platzverweis und die Abführung rechtmäßig?

17.11.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-11-17 15:00:562016-11-17 15:00:56Öffentliches Recht ÖI – September 2016 – 1. Staatsexamen Hessen
Redaktion

Öffentliches Recht ÖII – September 2016 – 1. Staatsexamen BW

Baden-Württemberg, Examensreport

Im Nachfolgenden erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in Baden-Württemberg im September 2016. Vielen Dank für die Zusendung. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
E ist Eigentümer eines Grundstücks im unbeplanten Innenbereich. Das Gebiet gleicht einem reinen Wohngebiet. Auf diesem befindet sich ein Mehrfamilienhaus mit Platz für 22 Familien. Das Haus wurde auf Grund einer Baugenehmigung errichtet und steht seit einiger Zeit leer. Infolge des Wohnungsmangels der Flüchtlingskrise beschließt E Geld zu verdienen und das Haus an das LRA zur Unterbringung von Flüchtlingen zu vermieten. Er nimmt umfangreiche Umbauarbeiten vor, um das Haus auf 30 Familien zu erweitern. So werden zwei Bäder eingebaut und Wände eingerissen. Der SV beschreibt das sehr detailliert. Eine Baugenehmigung wurde bzgl. der Umbauarbeiten oder Flüchtlinge nicht angefragt oder erteilt. E schließt einen Vertrag mit der Ausländerbehörde des LRA zur Vermietung an Flüchtlinge. Nächsten Montag sollen sie eintreffen.
N ist Nachbar von E. Er erfährt hiervon und wendet sich an das LRA als Baurechtsbehörde. Sie solle einschreiten. Er hat hiermit keinen Erfolg und beantragt daher sofort schnellstmöglichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz vor dem zuständigen VG. Der Antrag ist formell ordnungsgemäß erhoben worden.
N trägt vor: E.s Vorhaben sei nicht baurechtlich zulässig. Flüchtlinge seien Menschen aus einem fremden Kulturkreis. Sie könnten sich nicht benehmen, machten Müll und Lärm. Sie gehörten nicht in ein ruhiges Wohnviertel. Der Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft könnten außerdem weitere folgen. Auch das sei baurechtlich nicht zulässig. Außerdem sei Eile geboten. Das LRA und E schüfen durch den Umbau und Mietvertrag vollendete Tatsachen. Die Flüchtlinge kämen bereits Montag. Das VG solle das LRA als Baurechtsbehörde verpflichten, gegen N einzuschreiten.
Beigeladen sind E und das LRA. Das LRA führt aus: Flüchtlinge seien auch Menschen. Sie könnten in einem Wohngebiet untergebracht werden. Es bestehe ein gesellschaftliches Bedürfnis zur Unterbringung von Flüchtlingen. Da sei man dankbar, wenn sich freie Häuser ergeben. Die Interessen des N müssten zurücktreten hinter ein gesellschaftliches Interesse, das vorrangig sei. Außerdem könne das LRA keinen Verwaltungsakt gegen sich selbst zu erlassen.
Aufgabe: Wie wird das VG entscheiden?
Anhang
Es war ein Auszug aus §246 abgedruckt. Dieser Auszug begann ab dem achten Absatz. Der Auszug endete irgendwo danach. Der Vollständigkeit halber hier der gesamte §246 BauGB ab dem achten Ansatz, zitiert nach dejure.org.
§246 BauGB lautet:
(8) Bis zum 31. Dezember 2019 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.
(9) Bis zum 31. Dezember 2019 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.
(10) Bis zum 31. Dezember 2019 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.
(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 7 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass dort bis zum 31. Dezember 2019 Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.
(12) Bis zum 31. Dezember 2019 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende
1. Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2. Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.
(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum 31. Dezember 2019 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für
1. die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2. die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 2 entfällt, wenn eine nach Satz 3 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 2 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.
(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum 31. Dezember 2019 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 3 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum 31. Dezember 2019 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.
(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum 31. Dezember 2019 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.
(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum 31. Dezember 2019 entsprechend.
(17) Die Befristung bis zum 31. Dezember 2019 in den Absätzen 8 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

20.10.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-10-20 09:56:102016-10-20 09:56:10Öffentliches Recht ÖII – September 2016 – 1. Staatsexamen BW
Redaktion

Öffentliches Recht ÖI – September 2016 – 1. Staatsexamen BW

Baden-Württemberg, Examensreport

Besten Dank auch für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der ersten Klausur des Öffentlichen Rechts des 1. Staatsexamens im September 2016 in Baden-Württemberg. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Im Bundesland L stehen baldig die Wahlen an und es herrscht Wahlkampf. Ministerpräsident des Bundeslandes X ist V. Auf den Plan getreten ist die Partei B, deren Ruf ist, populistisch und demagogisch zu sein. Ihr Spitzenkandidat ist W. In der Koalition des V kriselt es, es gibt daher Gerüchte, V.s Partei könnte künftig mit der B koalieren.
Da veröffentlicht die X-GmbH, die ein Magazin herausgibt, ein Magazin mit folgendem Titelblatt: Eine Fotomontage zeigt W, der sich eine Maske mit V.s Gesicht abzieht. Darunter steht als Titel: “Wer V wählt, bekommt W!“ und als Untertitel “Geheime Absprachen zwischen V und W über Koalitionen bereits im Gange!“
Nichts davon ist wahr. V, der sich vielmehr in der Vergangenheit von W und B mehrmals distanziert hat, ist empört. Mit einem Anruf bei X hat er bereits außergerichtlich Erfolg: X erklärt sich telefonisch dazu bereit, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen und die weitere Veröffentlichung zu unterlassen. V möchte das aber auch gerichtlich geklärt wissen. Man wisse ja nie.
Er erhebt Klage beim zuständigen LG, mit dem Antrag eine Unterlassungserklärung abzugeben. Einen ordnungsgemäß eingereichten Schriftsatz des V berücksichtigt das LG nicht und weist die Klage mit folgender Begründung ab: Erstens bestehe keine Wiederholungsgefahr. Zweitens sei eine Verletzung von Rechten des V nicht ersichtlich. Aus §23 KUG folge, dass V, der als Ministerpräsident eine Person der Zeitgeschichte sei, ohne Einwilligung abgebildet werden könne. Er müsse sich das gefallen lassen. Grundrechte seien nicht berührt, auch nicht die EMRK.
Die Revision des V beim zuständigen OLG hat keinen Erfolg. Dieses berücksichtigt zwar den Schriftsatz des V, schließt sich im Übrigen aber der Argumentation des LG an.
V erhebt jetzt Verfassungsbeschwerde mit folgender Begründung:
Erstens sei er bereits dadurch in seinen Rechten verletzt, dass sein Schriftsatz durch das LG nicht berücksichtigt worden ist.
Zweitens sei das KUG doch überhaupt nicht einschlägig. Dieses regelt Fotos, nicht aber Fotomontagen.
Drittens seien seine Grundrechte verkannt worden.
Viertens haben deutsches Gerichte doch nur deutsches Recht anzuwenden, wieso beziehen die sich auf die EMRK ? Schon deswegen sei er in seinen Rechten verletzt.
Aufgabe 1: Beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde des V?
Das geltende KUG war im Anhang abgedruckt.
Nun gibt es im selben Bundesland L ein Gesetz, welches die Gegendarstellung bei Falschmeldungen durch die Presse regelt. Dieses Gesetz hat der Landtag jetzt verschärft, indem er einen neuen Absatz geschaffen hat, der detailliert vorschreibt, wie die Gegendarstellung genau zu gestalten ist. Auf der gleichen Seite, in der gleichen Gestalt und Aufmachung. Das Gesetz tritt in Kraft. Die X-GmbH und die bei ihr angestellten Redakteure sehen sich in der Pressefreiheit verletzt und erheben Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht.
Aufgabe 2: Beurteilen Sie die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden.
Anhang
Im Anhang waren §§22 und 23 des KUG abgedruckt. Die Vorschriften entsprachen den geltenden Vorschriften des KUG. Auszug aus dejure.org:
§22 KUG
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.
§23 KUG
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

19.10.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-10-19 12:00:182016-10-19 12:00:18Öffentliches Recht ÖI – September 2016 – 1. Staatsexamen BW
Redaktion

Schema: Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes

Vorüberlegung: „VA-Befugnis“ vorhanden: Darf die Behörde überhaupt in Form eines VAs handeln?
I. Ermächtigungsgrundlage

1. Erforderlich
Es gilt der Grundsatz vom Vorbehalt das Gesetzes.

2. Auswahl der Ermächtigungsgrundlage

– Grds. ist die Prüfung auf die von der Behörde angegebene Ermächtigungsgrundlage zu stützen.

– (P) Kann das Gericht die von der Behörde angegebene Ermächtigungsgrundlage „austauschen“, wenn sich diese als nicht tragfähig erweist?

3. Die Ermächtigungsgrundlage muss ausreichend und wirksam sein.
Grds. kann von der Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage ausgegangen werden. Eine vertiefte Prüfung ist jedoch insbesondere erforderlich, wenn es sich bei der Ermächtigungsgrundlage um eine Rechtsverordnung oder Satzung handelt.

II. Formelle Rechtmäßigkeit

1. Zuständigkeit

2. Verfahren, §§ 9ff. VwVfG

a) Anhörung, § 28 VwVfG
= Die Gelegenheit, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern.

aa) Anhörung erforderlich (§ 28 I VwVfG)

– Grds. erforderlich bei Erlass eines VA, der in die Rechte eines Beteiligten (§ 13 VwVfG) eingreift.

– Str. ob Anhörung auch bei bloßer Ablehnung eines Antrags erforderlich ist (Rspr.: (-), Versagung einer Begünstigung ist kein Eingriff, h.L. (+), bloße Ablehnung kann ebenso schwer wiegen wie ein Eingriff).

– Unterbliebene Anhörung kann gem. § 45 I Nr. 3 VwVfG nachgeholt werden.

bb) Anhörung ausnahmsweise entbehrlich (§ 28 II VwVfG)

cc) Anhörungsverbot (§ 28 III VwVfG)

b) Mitwirkungsverbote, §§ 20f. VwVfG

c) Mitwirkung anderer Behörden

3. Form

a) Gem. § 37 II VwVfG grds. formfrei, etwas anderes kann sich aus Spezialgesetzen ergeben.

b) Begründung, § 39 VwVfG

– Es liegt nur dann ein Verstoß vor, wenn die Begründung völlig fehlt, unvollständig ist oder wahre Gründe verschwiegen werden.

– Ob die von der Behörde angegebenen Gründe geeignet sind, den Erlass des VAs zu rechtfertigen, ist eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit.

III. Materielle Rechtmäßigkeit

1. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage 

2. Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

a) Bestimmtheit, § 37 I VwVfG

b) Keine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit

3. Richtiger Adressat

4. Rechtsfolge: Ermessensentscheidung oder gebundene Entscheidung?

a) Gebundene Entscheidung: Anordnung der vorgesehenen Rechtsfolge
(P) Ausnahmsweise Prüfung der Verhältnismäßigkeit auch bei gebundenen Entscheidungen?

b) Ermessensentscheidung:

aa) Ermessensfehler?

(1) Ermessensnichtgebrauch

(2) Ermessensunterschreitung

(3) Ermessensfehlgebrauch

(4) Ermessensüberschreitung

bb) Ggf. Ermessensreduzierung auf Null

cc) Ggf. intendiertes Ermessen

IV. Fehlerfolgen
– § 44 VwVfG Nichtigkeit
– § 45 VwVfG Heilung
– § 46 VwVfG Unbeachtlichkeit
– § 47 VwVfG Umdeutung
 
Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de

22.09.2016/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-09-22 10:00:402016-09-22 10:00:40Schema: Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes
Redaktion

Schema: Amtshaftungsanspruch, § 839 BGB und Art. 34 GG

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Staatshaftung, Startseite, Verschiedenes

Amtshaftungsanspruch gem. § 839 BGB und Art. 34 GG

I. Rechtsgrundlage

  • Art. 34 GG und § 839 BGB bilden eine einheitliche Rechtsgrundlage.
  • Art. 839 BGB ist die anspruchsbegründende Norm.
  • Art. 34 GG erweitert den Kreis der Personen, deren Handlungen eine Haftung begründen können und leitet die Haftung auf den Staat über.

II. Anspruchsvoraussetzungen

1. In Ausübung eines öffentlichen Amtes handelnd
 – Es gilt der haftungsrechtliche Beamtenbegriff.
– Trotz Einschaltung Privater liegt öffentliches Handeln vor, bei:

– Beliehenen und unselbstständigen Verwaltungshelfern oder
– selbstständigen Verwaltungshelfern, sofern sie nur als Werkzeug der Behörde anzusehen sind (Werkzeugtheorie).

– Im Rahmen der Eingriffsverwaltung liegt regelmäßig öffentliches Handeln vor.
– Im Rahmen der Leistungsverwaltung ist das Vorliegen öffentlichen Handelns abhängig von der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses.
– Bei neutralen Handlungen sind Funktionszusammenhang und Zielsetzung maßgebend.
– „in Ausübung“ bedeutet nicht nur bei Gelegenheit, es ist also ein Funktionszusammenhang mit der Amtsausübung erforderlich.

2. Verletzung einer Amtspflicht

a) Amtspflichten:
– Pflicht zu rechtmäßigem Verwaltungshandeln
– Pflicht zur Vermeidung unerlaubter Handlungen
– Pflicht zur Erteilung richtiger und vollständiger Auskünfte
– Pflicht zu zügigem und konsequentem Verwaltungshandeln
– Ein Unterlassen kann nur eine Amtspflichtverletzung darstellen, wenn es eine konkrete Pflicht zum Tätigwerden der Behörde gibt.

b) Verletzung
Bei Tätigwerden aufgrund interner Dienstanweisung haftet der anweisende Amtsträger.

3. Drittbezogenheit der Amtspflicht

a) Drittwirkung (i.S.d. Schutznormtheorie)
– Die Amtspflicht darf nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen.
– Keine Haftung für legislatives Unrecht, da der Normgeber beim Erlass einer Norm ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig wird (hM).

b) Persönlicher Schutzbereich
= Der Betroffene muss zum geschützten Personenkreis gehören.

c) Sachlicher Schutzbereich
= Der Schutz des betroffenen Interesses muss von der Drittwirkung erfasst sein.

4. Kausalität

5. Verschulden, § 276 BGB
– Maßstab ist ein durchschnittlich sorgfältiger Amtsträger, der den Anforderungen seines Amtes entspricht.
– Der Amtsträger muss ggf. Erkundigungen einholen.

III. Haftungsausschluss

1. § 839 I 2 BGB (Subsidiarität)
2. § 839 II BGB (Spruchrichterprivileg)
3. § 839 III BGB (Unterlassener Rechtsmittelgebrauch)

IV. Haftende Körperschaft – Anspruchsgegner
Anvertrauenstheorie: Es haftet diejenige Körperschaft, die dem Amtsträger die Aufgabe übertragen hat, bei deren Ausübung er seine Amtspflicht verletzt hat.
V. Rechtsfolge
– Ersatz des durch die Amtspflichtverletzung zurechenbar verursachten Schadens (§§ 249 ff. BGB) in Geld
– ggf. Anspruchsminderung bei Mitverschulden, § 254 BGB
VI. Keine Verjährung, §§ 195, 199 BGB
VII. Rechtsweg: Zivilrechtsweg, Art. 34 S. 3 GG
 
Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

31.08.2016/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-08-31 10:00:442016-08-31 10:00:44Schema: Amtshaftungsanspruch, § 839 BGB und Art. 34 GG
Redaktion

Öffentliches Recht ÖI – Juli 2016 – 1. Staatsexamen Niedersachsen

Examensreport, Niedersachsen

Nachfolgend erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentliches Recht des 1. Staatsexamens im Juli 2016 in Niedersachsen. Vielen Dank dafür. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
1. Aufgabe
Eine Vorschrift des spanischen Körperschaftsteuergesetzes gewährt besondere finanzielle Vorteile bei der Abschreibung von Firmenwerten von im EU-Ausland erworbenen Unternehmensbeteiligungen.
Mehrere Mitglieder des EU-Parlaments richteten schriftliche Anfragen an die Kommission, ob die besagte Regelung als staatliche Beihilfe zu qualifizieren sei. Die Kommission eröffnete hinsichtlich der streitigen Regelung ein förmliches Prüfverfahren, in dessen Rahmen sie von vielen Unternehmen eine Stellungnahme erhielt, u.a. auch von dem Unternehmen I, einem führenden spanischen Bauunternehmen.
Die Kommission schloss das Verfahren mit einem an Spanien gerichteten Beschluss nach Art. 108 II AEUV ab, der feststellt, dass die streitige Regelung mit dem „Gemeinsamen Markt“ unvereinbar ist, da mit ihr ein unzulässiger steuerlicher Vorteil für die spanischen Gesellschaften gewährt wird. Der Beschluss sieht auch vor, dass Spanien Maßnahmen zur Umsetzung des Beschlusses einleitet. Spanien muss ferner die Rückzahlung erlangter Beihilfen verlangen, die nach der Veröffentlichung des Beschlusses der Kommission noch gewährt wurden. Ausgenommen sind aus Gründen des Vertrauensschutzes Beteiligungskäufe, die vor der Veröffentlichung des Beschlusses der Kommission geschlossen wurden.
I hatte vor diesem Zeitpunkt Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten erworben und die streitige Regelung beansprucht. Nach diesem Zeitpunkt hat I Beteiligungen eines griechischen Unternehmens erworben, aber keine Steuerbegünstigung in Anspruch genommen.
I erhebt fristgerecht Klage gegen den Beschluss der Kommission. Es beruft sich darauf, durch die streitige spanische Steuerregelung nicht nur potentiell, sondern auch tatsächlich Begünstigte zu sein. Es verweist außerdem darauf, dass es sich durch seine Stellungnahme aktiv am Prüfungsverfahren der Kommission beteiligt hat. Ist die Klage zulässig? Bitte erstellen Sie ein umfassendes Gutachten!
2. Aufgabe
Das oben genannte Unternehmen möchte für die Betonwände in seinen in Spanien erstellten Bauten deutschen Armierungsstahl verwenden. Europäische harmonisierte Sicherheitsnormen liegen hierfür nicht vor.
Nach der von der spanischen Regierung erlassenen Vorschrift für Konstruktionsbeton ist die Verwendung von Armierungsstahl ohne konkrete baubehördliche Prüfung des verwendeten Stahls allein aufgrund eines Zertifikats nur erlaubt, wenn durch das Zertifikat nachgewiesen wird, dass das Produkt ein zusätzliches Garantieniveau gegenüber dem Minimum mit sich bringt, das bei der konkreten baubehördlichen Prüfung verlangt wird.
I ruft das zuständige spanische Gericht an und macht geltend, die spanische Vorschrift sei nicht mit der Warenverkehrsfreiheit vereinbar. Sie erschwere den Import, da ausländische Zertifikate die über das Minimum hinausgehenden Anforderungen nicht immer erfüllten. Das Gericht setzt das Verfahren aus und legt die Frage dem EuGH vor, ob die spanische Vorschrift gegen Art. 34 AEUV verstößt. Die spanische Regierung hält die Vorlage für unzulässig, da der EuGH nicht über spanisches Recht entscheiden dürfe. Sie verweist außerdem zur Rechtfertigung der Regelung darauf, dass dadurch ein möglichst hoher Sicherheitsstandard der Gebäude gewährleistet werden solle, um Gesundheit und Leben zu schützen. Wie wird der EuGH entscheiden? Bitte erstellen Sie ein umfangreiches Gutachten!
3. Aufgabe
Welche Unterschiede bestehen zwischen Grundfreiheiten und EU-Grundrechten? Gibt es Überschneidungen?

24.08.2016/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-08-24 09:30:162016-08-24 09:30:16Öffentliches Recht ÖI – Juli 2016 – 1. Staatsexamen Niedersachsen
Redaktion

Schema: Die Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 Fall 1 VwGO

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Schema: Die Anfechtungsklage, § 42 I Fall 1 VwGO

A. Zulässigkeit der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg, § 40 I 1 VwGO

1. Bindende Verweisung durch ein anderes Gericht, § 17a II 3 GVG

2. Aufdrängende Sonderzuweisung zum Verwaltungsgericht

Ergibt sich ggf. aus spezialgesetzlichen Regelungen.

3. Generalklausel, § 40 I 1 VwGO

a) Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

– Jedenfalls (+), wenn die streitentscheidende Norm dem öffentlichen Recht angehört.

– Nach der modifizierten Subjektstheorie (hM) ist eine Norm öffentlich-rechtlich, wenn sie ausschließlich einen Hoheitsträger gerade in seiner Funktion als Träger öffentlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet. Eine Norm ist dagegen privatrechtlich, wenn sie „jedermann“ berechtigt oder verpflichtet.

– Streitentscheidende Norm ist die Anspruchsgrundlage bzw. Ermächtigungsgrundlage

b) Nichtverfassungsrechtlicher Art
Stichwort: Keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit

4. Keine abdrängende Sonderzuweisung

II. Statthaftigkeit der Anfechtungsklage, § 42 I 1. Fall VwGO

Anfechtungsklage statthaft, wenn Aufhebung eines (belastenden) VA begehrt wird.

1. Vorliegen eines VA

2. Keine Erledigung des VA

3. Wichtige Sonderfälle:

– Isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen
– Isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheids

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
Geltendmachung der Verletzung eines subjektiven (Abwehr-)Rechts

– Es muss jedenfalls die Möglichkeit bestehen, dass der Kläger in einem subjektiven Recht verletzt ist. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn von vornherein offensichtlich das behauptete Recht nicht besteht bzw. nicht dem Kläger zusteht.

– Wenn der Kläger Adressat eines ihn belastenden VAs ist, besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass er in seinem Grundrecht aus Art. 2 I GG verletzt ist. Speziellere Freiheitsrecht sind jedoch immer vorrangig.

2. Ggf. Durchführung des Vorverfahrens, §§ 68 ff. VwGO

– Grds. erforderlich vor Erhebung der Anfechtungsklage, § 68 I 1 VwGO
– Ausnahmsweise entbehrlich, § 68 I 2 Nr. 1, 2 VwGO, § 75 VwGO

3. Klagefrist, §§ 74 I, 58 II VwGO

– Grds. gilt die Klagefrist des § 74 I VwGO
– Fristberechnung nach § 57 II VwGO, § 222 ZPO, §§ 187ff. BGB
– Bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung gilt Ausschlussfrist des § 58 II VwGO

4. Richtiger Beklagter, § 78 VwGO

IV. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO

V. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

B. Begründetheit
(+), soweit der angegriffene VA rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt ist, § 113 I 1 VwGO.

I. VA rechtswidrig

1. EGL

2. Formelle Rechtmäßigkeit

a)  Zuständigkeit (sachlich, instanziell, örtlich)
b)  Verfahren (insbesondere Anhörung, § 28 VwVfG)
c)  Form (§§ 37, 39 VwVfG)

3. Materielle Rechtmäßigkeit


a)  Voraussetzungen der EGL

b)  Allgemeine Rechtmäßigkeitsanforderungen

c)  Rechtsfolge:

– Bei gebundenen Entscheidungen: Ist die vorgesehene Rechtsfolge angeordnet worden?
– Bei Ermessensentscheidungen: Liegen Ermessenfehler vor?

II. Rechtsverletzung beim Kläger

–  Beim Adressaten: Spezielle Grundrechte oder zumindest Art. 2 I GG
–  Beim Dritten: Verstoß gegen drittschützende Norm oder Grundrecht

III. Aufhebungsanspruch nicht ausgeschlossen

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de

11.08.2016/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-08-11 09:00:542016-08-11 09:00:54Schema: Die Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 Fall 1 VwGO
Gastautor

Jur:next Urteil: „Sicher ist sicher – wieder ein Abschleppfall!“

Examensvorbereitung, Lerntipps, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung, Verwaltungsrecht

In Kooperation mit juraexamen.info stellt jur:next (Dein Partner für juristischen Einzelunterricht, Nachhilfe & Coaching; www.jurnext.de) jeweils ein Urteil des Monats aus den drei Rechtsgebieten vor. Diskutiere im Kommentarfeld direkt mit anderen die Entscheidung.

Einführung in die Thematik

Probleme um das „Abschleppen“ finden sich nicht nur im Öffentlichen, sondern auch im Zivilrecht. Im Zivilrecht drehen sich die Fälle um das Auffinden der richtigen Anspruchsgrundlagen (der BGH wählt § 823 II iVm § 868 BGB) und die einzelnen Schadensposten (was bekommt der Kläger ersetzt?). Auch im Öffentlichen Recht gehören die Fälle längst zum Standardrepertoire eines angehenden Juristen. Entscheidend für eine gute Klausur ist der richtige Einstieg in den Fall. In welcher Station steckt das Verfahren? Danach geht es in das Landesrecht, dort insbesondere in die Vorschriften zur Vollstreckung. Die Entscheidung des Gerichts greift das Abschleppen aus einer anderen Richtung auf. Hier wurde zum Schutz des Eigentums abgeschleppt.

Entscheidung des Gerichts

Was war passiert, im Fall des SächsOVG (NJW 2016, 181 f.)?
Die Polizeidirektion hatte den PKW des Klägers von einem Abschleppunternehmen zum Zwecke der Eigentumssicherung abschleppen lassen, da auf der hinteren rechten Seite des Fahrzeugs das Fenster nicht verschlossen war. Zuvor hatten die Polizeibeamten erfolglos versucht, die Telefonnummer des Klägers zu ermitteln, um ihn zu benachrichtigen. Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Kostenbescheid gerichtete Klage abgewiesen. Ebenso das OVG.
Im Grunde geht das Gericht davon aus, dass es sich um eine Sicherstellung handelt:

„Rechtsgrundlage für eine Sicherstellung nach dem Polizeigesetz ist § 26 Abs. 1 SächsPolG. Danach kann die Polizei eine Sache sicherstellen, wenn dies erforderlich ist, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen. Entstehen der Polizei durch die Sicherstellung, Verwahrung oder Notveräußerung Kosten, so ist der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt nach § 29 Abs. 1 Satz 3 SächsPolG zum Ersatz verpflichtet.“

Soweit handelt es sich um keine neue Erkenntnis. Geübte Bearbeiter von „Abschleppkonstellationen“ erkennen schnell, dass es sich um einen Fall der Sicherstellung handelt. Dann wird unter die entsprechende Landesnorm subsumiert. Interessant sind aber die Parallelen, welche das Gericht zur Geschäftsführung ohne Auftrag zieht:

„Bei der Sicherstellung zum Schutz des Eigentums wird die Polizei für den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt tätig. Ihrem Wesen nach ist sie vergleichbar mit der Geschäftsführung ohne Auftrag i. S. v. § 677 ff. BGB. Die Sicherstellung zur Eigentumssicherung ist folglich zulässig, wenn sie dem objektivierten mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht. Ob sie vom Betroffenen tatsächlich gebilligt wird, ist hingegen unerheblich. Ob diese Voraussetzungen für eine Sicherstellung vorliegen, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.“

Die Rechtsprechung behandelt die abschleppenden Staatsdiener großzügig:

„Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Sicherstellung im Eigentümerinteresse schon dann erforderlich, wenn der Polizei andere Maßnahmen, die den Zweck der Sicherstellung ebenso erreichen würden, nicht ohne weiteres möglich sind. Demzufolge ist die Polizei regelmäßig nicht verpflichtet, zunächst den Halter oder für die Beseitigung des Fahrzeugs sonst Verantwortlichen zu ermitteln. Solche Ermittlungen führen meist zu nicht absehbaren zeitlichen Verzögerungen, die mit dem Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr durch die Polizei und zudem nur begrenzt zur Verfügung stehenden Polizeikräften nicht vereinbar sind.“

Doch liegt eine solche Gefahr bei einem nicht abgeschlossenen Fenster tatsächlich vor? Stellt Euch die Frage mal selbst: Ihr vergesst das Fenster Eures Autos zu schließen. Die Polizei kommt und lässt abschleppen. Im Anschluss erhaltet ihr einen Leistungsbescheid in Höhe von 200 Euro. Was meint Ihr? Ist das gerecht?
Das Gericht rekurriert auf die Umstände des Einzelfalls:

„Ob die im Interesse des Eigentümers vorgenommene Sicherungsmaßnahme verhältnismäßig ist, hängt davon ab, wie hoch im Einzelfall die Wahrscheinlichkeit eines Diebstahls des Fahrzeugs, eines Diebstahls von Gegenständen aus dem Fahrzeug oder einer Beschädigung des Fahrzeugs ist, wenn die Sicherstellung unterbleibt. Hierbei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Sie ist auf der Grundlage der der Polizei zum Zeitpunkt ihres Handelns zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu beurteilen, wobei unter anderem die voraussichtliche Dauer der die Möglichkeit eines Schadenseintritts erhöhenden Umstände, der Abstellort sowie der Wert eines Fahrzeuges zu berücksichtigen sind.“

Dazu fehlten hier die Angaben im Sachverhalt. Unter dem Strich zeigt sich aber auch hier eine Tendenz pro staatliche Fürsorge.
 
Auswirkungen auf das Examen
In einer Examensklausur wird gerne abgeschleppt. Die Verzahnungen zwischen Polizei- und Ordnungsrecht sowie Verwaltungsvollstreckungsrecht schaffen ansehnlichen Prüfungsstoff. Weil das allgemein bekannt ist, braucht jemand, der weiter hinaus will, Spezialkenntnisse. Diese werden durch das Studium der Rechtsprechung vermittelt. Die Entscheidung des OVGs fordert zweierlei: Aufzeigen des Spielraums für den Abschlepper samt Schlüsselwörter (Parallele GoA etc.) sowie eine saubere Subsumtion!
 
Du suchst Erfolg und Spaß im Jurastudium und hervorragenden juristischen Einzelunterricht (Nachhilfe & Coaching) auf Augenhöhe? Weitere Informationen dazu findest Du auf www.jurnext.de.

28.06.2016/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-06-28 11:00:432016-06-28 11:00:43Jur:next Urteil: „Sicher ist sicher – wieder ein Abschleppfall!“
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