Öffentliches Recht ÖII – September 2016 – 1. Staatsexamen BW
Im Nachfolgenden erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in Baden-Württemberg im September 2016. Vielen Dank für die Zusendung. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
E ist Eigentümer eines Grundstücks im unbeplanten Innenbereich. Das Gebiet gleicht einem reinen Wohngebiet. Auf diesem befindet sich ein Mehrfamilienhaus mit Platz für 22 Familien. Das Haus wurde auf Grund einer Baugenehmigung errichtet und steht seit einiger Zeit leer. Infolge des Wohnungsmangels der Flüchtlingskrise beschließt E Geld zu verdienen und das Haus an das LRA zur Unterbringung von Flüchtlingen zu vermieten. Er nimmt umfangreiche Umbauarbeiten vor, um das Haus auf 30 Familien zu erweitern. So werden zwei Bäder eingebaut und Wände eingerissen. Der SV beschreibt das sehr detailliert. Eine Baugenehmigung wurde bzgl. der Umbauarbeiten oder Flüchtlinge nicht angefragt oder erteilt. E schließt einen Vertrag mit der Ausländerbehörde des LRA zur Vermietung an Flüchtlinge. Nächsten Montag sollen sie eintreffen.
N ist Nachbar von E. Er erfährt hiervon und wendet sich an das LRA als Baurechtsbehörde. Sie solle einschreiten. Er hat hiermit keinen Erfolg und beantragt daher sofort schnellstmöglichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz vor dem zuständigen VG. Der Antrag ist formell ordnungsgemäß erhoben worden.
N trägt vor: E.s Vorhaben sei nicht baurechtlich zulässig. Flüchtlinge seien Menschen aus einem fremden Kulturkreis. Sie könnten sich nicht benehmen, machten Müll und Lärm. Sie gehörten nicht in ein ruhiges Wohnviertel. Der Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft könnten außerdem weitere folgen. Auch das sei baurechtlich nicht zulässig. Außerdem sei Eile geboten. Das LRA und E schüfen durch den Umbau und Mietvertrag vollendete Tatsachen. Die Flüchtlinge kämen bereits Montag. Das VG solle das LRA als Baurechtsbehörde verpflichten, gegen N einzuschreiten.
Beigeladen sind E und das LRA. Das LRA führt aus: Flüchtlinge seien auch Menschen. Sie könnten in einem Wohngebiet untergebracht werden. Es bestehe ein gesellschaftliches Bedürfnis zur Unterbringung von Flüchtlingen. Da sei man dankbar, wenn sich freie Häuser ergeben. Die Interessen des N müssten zurücktreten hinter ein gesellschaftliches Interesse, das vorrangig sei. Außerdem könne das LRA keinen Verwaltungsakt gegen sich selbst zu erlassen.
Aufgabe: Wie wird das VG entscheiden?
Anhang
Es war ein Auszug aus §246 abgedruckt. Dieser Auszug begann ab dem achten Absatz. Der Auszug endete irgendwo danach. Der Vollständigkeit halber hier der gesamte §246 BauGB ab dem achten Ansatz, zitiert nach dejure.org.
§246 BauGB lautet:
(8) Bis zum 31. Dezember 2019 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.
(9) Bis zum 31. Dezember 2019 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.
(10) Bis zum 31. Dezember 2019 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.
(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 7 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass dort bis zum 31. Dezember 2019 Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.
(12) Bis zum 31. Dezember 2019 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende
1. Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2. Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.
(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum 31. Dezember 2019 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für
1. die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2. die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 2 entfällt, wenn eine nach Satz 3 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 2 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.
(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum 31. Dezember 2019 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 3 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum 31. Dezember 2019 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.
(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum 31. Dezember 2019 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.
(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum 31. Dezember 2019 entsprechend.
(17) Die Befristung bis zum 31. Dezember 2019 in den Absätzen 8 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.
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