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Schlagwortarchiv für: Öffentliches Recht

Redaktion

Öffentliches Recht ÖII – Februar 2015 – 1. Staatsexamen Rheinland-Pfalz

Examensreport, Rheinland-Pfalz

Anbei erhaltet ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in Rheinland-Pfalz im Februar 2015. Vielen Dank für die Zusendung des Protokolls. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
In der Stadt S ist der Fussballverein F ansässig, welcher mit dem Verein G verfeindet ist. Des Öfteren ist es bei Heimspielen gegen den Verein G zu Konflikten zwischen den Fans des harten Kerns gekommen, den sog. „ Ultra“. Bei diesen Konflikten ist es trotz erhöhtem Polizeieinsatz zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen im und um das Stadion gekommen, wobei auch unbeteiligte Passanten betroffen wurden. Die Polizei hat daraufhin versucht mit Aufenthaltsverboten und Meldeauflagen den Ausschreitungen entgegen zu wirken, jedoch wurde das Bild dadurch nur leicht verbessert und konnte nicht vollständig behoben werden.
2015 steht in der Stadt S erneut ein Derby zwischen F und G an, jedoch findet zeitgleich auch ein Volksfest statt, welches rundherum mehrere dutzend Polizisten benötigt. Aus diesem Grund erlässt der Bürgermeister der Stadt S einen Bescheid, welcher es F verbietet die geplaneten 10% der Eintrittskarten die laut DFB für den gegnerischen Verein reserviert werden müssen, zu verkaufen. Er begründet dies damit, dass die Ausschreitungen in Anbetracht der verringerten Polizeigewalt nicht zu kontrollieren seien und ein solches Verkaufsverbot nötig sei. F hingegen sieht sich selbst als Opfer der gewalttätigen Fans und nicht verantwortlich für die Ausschreitungen. Erst einmal müsse sich der Bürgermeister an die Verantwortlichen wenden. Insbesondere entstehe ihm durch das Verkaufsverbot ein Schaden von 10.000€. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhebt F form-und fristgerecht Klage zum zuständigen VG.
Frage 1 : Hat die Klage des F Aussicht auf Erfolg?
K, ein Fan des Vereins F, welcher dem harten Kern angehört, ist bei den letzten beiden Heimspielen auffällig geworden, indem er sich an Schlägereien beteiligt hat. Eines Tages erhält er von dem Polizeipräsidium der Stadt S ein Schreiben überschrieben mit „Gefährderanschreiben“ . Darin heißt es, dass K in letzter Zeit unter polizeilicher Beobachtung stand, wobei die Art und Weise nicht ausgeführt wurde und ihm geraten wird, sich in Zukunft von Spielen des Vereins F fernzuhalten, sonst könnten gegen ihn Maßnahmen auf Grundlage des POG ergehen. K möchte dieses Schreiben nicht auf sich sitzen lassen und möchte, dass es aus der Welt ist.
Frage 2: Ist eine Klage des K vor dem VG zulässig?

16.03.2015/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2015-03-16 10:00:132015-03-16 10:00:13Öffentliches Recht ÖII – Februar 2015 – 1. Staatsexamen Rheinland-Pfalz
Gastautor

Jur:Next Urteil des Monats: Gleichheitswidrige Erbschaftssteuer?

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Fallbearbeitung und Methodik, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite

Auch dieses Mal bieten wir Euch wieder gemeinsam mit jur:next eine Besprechung zu einem aktuellen examensrelevanten Urteil an. Der heutige Beitrag stammt aus dem Gebiet des Öffentlichen Rechts und befasst sich mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG, eingekleidet in einen steuerrechtlichen Sachverhalt.
Entscheidung des BVerfG · Urteil vom 17. Dezember 2014 · Az. 1 BvL 21/12
Leitsatz: „1. Art. 3 Abs. 1 GG verleiht Steuerpflichtigen keinen Anspruch auf verfassungsrechtliche Kontrolle  steuerrechtlicher Regelungen, die Dritte gleichheitswidrig begünstigen, das eigene Steuerrechtsverhältnis aber nicht betreffen. Anderes gilt jedoch, wenn Steuervergünstigungen die gleichheitsgerechte Belastung durch die Steuer insgesamt in Frage stellen.“
I. Zum Sachverhalt:
Der Kläger war Miterbe seines Bruders zu einem Anteil von 51.266 Euro geworden. Nach Berücksichtigung des für Personen der Steuerklasse II vorgesehenen Freibetrags von 20.000 Euro verblieb ein steuerpflichtiger Erwerb von 31.200 Euro, auf den das Finanzamt den für die Erbschaft geltenden Steuersatz von 30 % auf 9.360 Euro festlegte. Dieser aus § 19 Abs. 1 ErbStG resultierende Steuersatz gilt jedoch auch für einen mittelständischen Betrieb in der Steuerklasse III, der sich zudem aus den §§ 13a und 13b ErbStG Steuerfreistellungen iHv. 85 – 100 % sichern kann.1
Der Kläger führte dagegen an, dass die Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren sei. Er beschritt in der Folge den Rechtsweg bis zum Revisionsverfahren vor dem  Bundesfinanzhof (BFH). Dieser hatte mit Beschluss vom 27.09.2012 (BFHE 238, 241) das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt.
II. Problemaufriss
A. Zulässigkeit
Zunächst eine kurze Erörterung zur Zulässigkeit der konkreten Normenkontrolle.
Die Zuständigkeit des BVerfG ergibt sich aus Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG. Ein ordnungsgemäßer Antrag nach §§ 23 Abs. 1, 80 Abs. 2 BVerfGG durch den Gerichtsbeschluss des BFH war erfolgt. Dieses war auch vorlagebefugt gemäß Art. 100 GG und zugleich lag mit der Überprüfung von Bundesrecht mit dem GG auch ein zulässiger Vorlagegegenstand vor. Der BFH war zudem von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt.
Zusätzliche Voraussetzung ist, dass das Gesetz für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich ist. Dies ist nur der Fall, wenn das Gericht bei Bestand der Regelung anders entscheiden müsste, als bei dessen  Verfassungswidrigkeit. Das BVerfG stellte zunächst fest: „Im Steuerrecht wird eine Regelung, auf die es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens an sich nicht ankommt, nicht allein dadurch entscheidungserheblich, dass sie Steuerpflichtigen eine Vergünstigung einräumt, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht zusteht.“2 Jedoch stellte es weitergehend klar, dass die Norm dann entscheidungserheblich ist, „[…] wenn die Dritten gewährten Steuervergünstigungen für eine gleichheitsgerechte Belastung durch die betreffende Steuer insgesamt übergreifende Bedeutung haben.“3 Mit anderen Worten, sind die §§ 13 a, 13 b und 19 ErbStG verfassungswidrig, wirkt sich dies in spezifischer Weise auf die Beurteilung der Verhältnisse der Erbschaftssteuer insgesamt aus, sodass das Urteil des BFH anders ausfallen müsste. Damit ist Entscheidungserheblichkeit gegeben.
B. Begründetheit
In der Begründetheit der konkreten Normenkontrolle muss nun die Vereinbarkeit der Regelungen mit dem GG dargestellt werden.
Die Bestimmungen über die Befreiung von der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen in §§ 13a und 13b des ErbStG iVm § 19 Abs. 1 ErbStG verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn eine unzulässige Ungleichbehandlung von wesentlich gleichen Sachverhalten vorliegt, die nicht zu rechtfertigen ist. Die Erbschaftssteuer knüpft an die Erlangung von Vermögen von Todes wegen für K als auch für Betriebe einen Steuerprozentsatz von 30 %. Jedoch ermöglicht § 13a Abs. 1 Satz 1 iVm. § 13b Abs. 4 ErbStG eine Privilegierung von Unternehmen mit Steuerfreistellungen von 85 bis zu 100 %. Voraussetzung dafür ist die Erbschaft betrieblichen Vermögens sowie die Fortführung des Betriebs. Liegen hier demnach vergleichbare Sachverhalte vor oder nicht?
Die Antwort muss zunächst nein lauten, denn es handelt sich bei dem Vermögen des K eben nicht um das gesetzlich privilegierte betriebliche Vermögen. Das BVerfG stellt dennoch klar, dass eine Ungleichbehandlung gleichfalls vorliegen kann, wenn ein Begünstigungsausschluss vorliegt, in dem eine Freistellung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Diese Regelung müsse zudem strukturelle Bedeutung für die Erhebung der Steuer insgesamt haben, also nach Ausmaß und Umfang erheblich sein.4 In diesem Falle stelle eine Verfassungswidrigkeit der Begünstigungsnorm die lastengleiche Besteuerung auch derjenigen in Frage, die von
dieser Norm an sich nicht erfasst würden.
Steht diese Beurteilung mit der bisherigen Dogmatik des Gleichheitsgrundsatzes in Widerspruch? Primär muss bei der Prüfung des Gleichheitsgrundsatzes eine Darstellung der Vergleichsgruppen erfolgen, um erst danach eine etwaige anknüpfende Ungleichbehandlung festzustellen. Dennoch ergeht das Urteil des BVerfG in der Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG. So hatte das Gericht bereits entschieden, dass an bestimmte Vermögensarten anknüpfende Steuersätze in einheitlichen Bewertungsmethoden erfasst werden müssen.5 Nunmehr wird darauf abgestellt, dass die Ungleichbehandlung zwischen den Vermögensarten „nicht nur atypische Einzelfälle betrifft, sondern in der Gesetzessystematik als Regelfall angelegt ist,[…]“6.
Dies bedeutet, dass wenn im Ausgangspunkt der Gesetzgeber an einen Sachverhalt eine Versteuerung knüpft, auch die folgenden Befreiungsmöglichkeiten innerhalb des Steuersystems gleichmäßig ausdifferenziert sein müssen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands).7 Demnach liegt in der strukturellen Benachteiligung des nichtbetrieblichen gegenüber unternehmerischem Vermögen eine Ungleichbehandlung. Diese könnte jedoch gerechtfertigt sein.
Der Maßstab dieser Prüfung richtet sich nach den Einflussmöglichkeiten des Betroffenen auf die Unterscheidungskriterien, der Nähe zu den Freiheitsrechten und den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG. Hier stellt das BVerfG richtigerweise fest, dass die Erben nur geringen Einfluss darauf haben, „[…] ob das ihnen geschenkte oder von ihnen ererbte Vermögen den Kategorien förderungswürdigen betrieblichen […]“8 Vermögens angehört. Aufgrund dieser Anknüpfung an nicht zu beeinflussende Merkmale besteht eine hohe Eingriffsintensität. In der Konsequenz findet die weitere Prüfung nicht nach der Willkürformel9, die nur einen sachlichen Grund fordert, sondern anhand eines modifizierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes statt.
Hiernach muss die Ungleichbehandlung ein zulässiges Differenzierungsziel des Gemeinwohls verfolgen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein. Sinn und Zweck der Steuerfreistellungen für betriebliches Erbvermögen ist es, besonders mittelständischen Unternehmen die Fortführung ihrer Betriebe zu erleichtern und so langfristig Arbeitsplätze im Sinne des Gemeinwohls zu zu sichern. Geeignet ist die Freistellung gleichfalls, denn sie dient durch die Liquiditätssicherung der Unternehmen genau diesem Gemeinwohlzweck.
Sie ist auch erforderlich, wenn keine gleich geeigneten, milderen Mittel zur Verfügung stehen.
Dies könnte bspw. eine Freistellung mittlerer Unternehmen nur nach Durchführung einer individuellen  Bedürfnisprüfung sein. Eine solche Ermessensentscheidung beansprucht jedoch Zeit und garantiert keine Auszahlung, sodass eine gleiche Wirkung zumindest fraglich ist. In Ansehung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers sind folglich mildere Mittel nicht ersichtlich.10 Angemessen ist die Ungleichbehandlung dann, wenn Unterschiede solcher Art zwischen den Vergleichsgruppen bestehen, die die Differenzierung rechtfertigen.11 Problematisch ist, dass die Freistellung über den Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen hinaus auch millionenschwere Großunternehmen begünstigt, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Zum Einen geht
eine solche Wirkung ohne Vermögensobergrenze über das zulässige Differenzierungsziel der Sicherung kleiner Unternehmen hinaus. Zum Anderen führt die ausnahmslose Begünstigung der Großunternehmen gegenüber den nicht privilegierten Vermögensarten zu einem erheblichen Maß der Ungleichbehandlung, welches in der Folge nicht mehr zu rechtfertigen ist.12 Demnach stellt sich eine Freistellung der Vermögen der Großbetriebe ohne Bedürfnisprüfung als unangemessen dar. Somit ist die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt und die §§ 13a und 13b des ErbStG iVm § 19 Abs. 1 ErbStG verstoßen insgesamt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die konkrete Normenkontrolle ist schließlich zulässig und begründet, sodass das BVerfG in diesem Falle die Unvereinbarkeit der Regelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG feststellen wird (arg. ex § 81 Abs. 1 iVm. § 79 Abs. 1 BVerfGG).
III. Bedeutung für das Studium
Das Steuerrecht gehört nach § 11 JAGNRW nicht zum Pflichtfachstoff im Staatsexamen. Dennoch oder gerade deswegen kann eine Einbindung in eine solche komplexe verfassungsrechtliche Klausur durchaus Sinn machen. Dies rührt zum Einen daher, dass gar keine steuerrechtlichen Kenntnisse zur Lösung erforderlich sind. Zum Anderen kommt es wie dargestellt nur darauf an, den Überblick zu behalten und den Sachverhalt auszuschöpfen. Es gilt in der Folge das Grundschema des Gleichheitsgrundsatzes zu beherrschen und juristisch argumentieren zu können.
 
Fußnoten:
1 Es handelt sich hier um Normen in der Fassung von 2009, die der Gesetzgeber formell rechtmäßig erlassen hatte.
2 Rn. 155 des oben angeführten Urteils.
3 Rn. 156.
4 Vgl. Rn. 191.
5 Beispielhaft in BVerfGE 117, 1; Beschluss des Ersten Senats vom 07.11.2006 – 1 BvL 10/02 – .
6 Rn. 191.
7 Vertiefend dazu Jarass/Pieroth , Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rn. 46 ff.
8 Rn. 192.
9 Vgl. dazu beispielhaft BVerfGE 55, 72; Beschl. v. 07.10.1980 – 1 BvL 50, 89/79.
10 Dem Gesetzgeber steht demnach gerade im Steuerrecht grds. ein weiter Entscheidungsspielraum zu: vgl. Rn. 212.
11 So auch Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1, Rn. 51.
12 Vgl. Rn. 232

09.02.2015/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-02-09 10:00:172015-02-09 10:00:17Jur:Next Urteil des Monats: Gleichheitswidrige Erbschaftssteuer?
Redaktion

OLG Saarbrücken: Allgemeines Persönlichkeitsrecht bei Amtsträgern

Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Entscheidungsname: Amtsträger in Nöten
Fundstelle: Saarländisches Oberlandesgericht, NJW-RR 2014, 675-680
Problemaufriss
Die Entscheidung des OLG gibt Anlass in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einzutauchen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht steht nicht selten zwischen dem Öffentlichen und dem Zivilrecht und damit zwischen der ordentlichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Daher sollte man sich zunächst vor Augen führen, woher das allgemeine Persönlichkeitsrecht stammt und was es schützen will. Über das Scharnier der Drittwirkung von Grundrechen wirkt es ebenso im Zivilrecht und führt oft zu Streitigkeiten zwischen Privaten, die sich durch einen anderen Privaten in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sehen. Danach sollte man klar eingrenzen, was gefordert wird. Zentral sind Unterlassungs- und Widerrufsansprüche sowie Geldentschädigungsansprüche. Geldentschädigungsansprüche werfen außerdem dogmatische Fragen auf. Ausnahmsweise erkennt die Rechtsprechung auf der Schadenseite eine Genugtuungsfunktion an, die eine Erweiterung des allgemeinen Schadensersatzrechts der §§ 249ff. BGB darstellen. Insbesondere aufgrund der Schnittstelle zwischen dem Öffentlichen und dem Zivilrecht sowie der hohen Praxisrelevanz ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht höchst prüfungsrelevant. Die Entscheidung sollte Anlass sein, sich mit den Strukturen des Instituts auseinanderzusetzen und die aktuelle Rechtsprechung zu verfolgen. Dabei geht das Gericht vor allem auf die „Sonderrolle“ eines Amtsträgers ein und problematisiert die Tragweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nachfolgend behandelt es die „klassische“ Frage, wo die Grenze zwischen Meinungskundgabe und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verläuft.
Sachverhalt
Der Kläger ist Landrat und gehört der SPD an. Der Kläger trat auf einer Gegenveranstaltung zu einer Veranstaltung auf, die der rechten Szene zuzuordnen ist. Hintergrund war eine vom Zeugen W. angemeldete Kundgebung des Nationalen Widerstands Z.“ in H. am 2.3.2013, an der auch der Beklagte und dessen Verlobte, die Zeugin R., teilnahmen. Anwesend waren auch Gegendemonstranten und Polizeibeamte. Gegen Ende der Veranstaltung wurde die erste Strophe des „Liedes der Deutschen“ abgespielt. Der Kläger untersagte das in seiner Funktion als Kreispolizeibehörde. Versammlungsteilnehmer hielten die Untersagung für unzulässig, und es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung, an der sich auch der Beklagte, die Zeugin R. und der Zeuge W. beteiligten. Die Zeugin R. trat vor den Kläger und machte mit ihrem Smartphone Aufnahmen. Er wehrte das ab; ob er dabei die Hand der Zeugin quetschte und ihr Handy beschädigte, ist streitig. Jedenfalls wurde er von der Zeugin ins Gesicht geschlagen, worauf er nach dem Vorbringen des Beklagten mit einem Faustschlag ins Gesicht reagiert haben soll. Polizeibeamte griffen ein, die Zeugin ging zu Boden. Sie wurde bewusstlos, erlitt Verletzungen und wurde notärztlich behandelt.
Der Beklagte – der nach eigenen Angaben den angeblichen Faustschlag selbst nicht gesehen hatte – berichtete im Internet über das Geschehen. Auf der Internetseite der NPD N.-O. veröffentlichte er einen Artikel unter dem Titel „SPD Landrat schlägt NPD Aktivistin R. R. nieder“. Darin hieß es: „[…] Der örtliche SPD-Landrat hat demnach sich augenscheinlich von der Nationalhymne, die Bestandteil des Liedes der Deutschen ist, ‚provoziert‘ gefühlt und schlug R. R. (NPD, Mitglied des NPD-Parteivorstandes) nieder.
Es war kurz vor dem geplanten Ende der dritten Kundgebung im Rahmen der „Fahrt der Erinnerung“ des Nationalen Widerstands Z. […]. Zum Abschluss sollte […] die Nationalhymne gespielt werden. [Das] war für den SPD-Apparatschik C. L. eine […] unvorstellbare Provokation.[…]
Im Rahmen einer Schlichtung durch NPD-Parteivorstandsmitglied R. R., versuchte Landrat L. zunächst, der vierfachen Mutter das Funktelefon gewaltsam zu entreißen, weil er vermutete, dass sie das Gespräch damit aufgezeichnet habe. […] Er wendete dabei dermaßen heftige Gewalt an, dass R. R. Quetschungen an der Hand erlitt und das Display Ihres iPhones durch den Druck zerbrach. Als R. R. diese Gewaltattacke in legitimer Notwehrabsicht abwehrte, schlug L. der Rednerin der NPD brutal mit der Faust ins Gesicht. Das überraschte Opfer blutete. R. R. erlitt hierdurch eine Prellung des Nasenbeins, Nasenbluten und eine Schädelprellung sowie Quetschungen und blutige Kratzspuren an der Hand.[…]
Im Wesentlichen gleichlautende Berichte veröffentlichte der Beklagte auf der Facebook-Seite der NPD und auf der Internetseite „DS Aktuell“. Sie schlossen jeweils mit der Angabe „Verantwortlich: M. W. Pressesprecher der KPV“ bzw. „der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der NPD“.
Der Kläger hat den Beklagten unter dem 4.3.2013 aufgefordert, die Verbreitung der Artikel zu unterlassen, und am 8.3.2013 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der dem Beklagten aufgegeben werden sollte, die Berichte aus dem Internet zu entfernen und es zu unterlassen, sie im Internet oder auf eine andere Art der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Zeugin R. R. tätlich angegriffen und ihr Mobiltelefon beschädigt oder zerstört zu haben, hat der Kläger von sich gewiesen. Er hat sich durch die Berichterstattung – unter anderem durch die Bezeichnung als „Frauenschläger“ – in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt gesehen. Der Kläger hat zum Ablauf des Vorfalls an Eides statt versichert, die Zeugin R. habe sich unmittelbar vor ihn gestellt und ihm ihr Mobiltelefon direkt vors Gesicht gehalten; er habe die Linse mit seiner linken Hand verdeckt und das Telefon nach unten gedrückt. Die Zeugin habe ihm dann den – unstreitigen – Schlag ins Gesicht versetzt, woraufhin sie von den umstehenden Polizisten unter heftiger Gegenwehr überwältigt worden sei.
 
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht bejahte einen Anspruch auf Unterlassung solcher Äußerungen. Die Rechtsgrundlage des Anspruches stelle § 1004 BGB i. V. m. Art. 2 I, 1 I GG dar. Dazu stellt das Gericht zunächst fest: „Gegen Angriffe auf die persönliche Ehre durch Behaupten oder Verbreiten von Äußerungen, die die Wertschätzung, den Ruf, das Ansehen einer Person beeinträchtigen, genießt sie den umfassenden negatorischen und deliktischen Schutz des Persönlichkeitsrechts. Das Recht der persönlichen Ehre wird verletzt, wenn der Einzelne beschimpft, verächtlich gemacht oder herabgewürdigt wird. Das kann insbesondere dadurch geschehen, dass er, wie hier, eines strafrechtlich sanktionierten oder eines moralisch verwerflichen Verhaltens bezichtigt wird.
Damit hat das Gericht die Grundlage für den Anspruch gelegt. Die interessante Frage hinter diesem Fall ist jedoch, ob und in welchen Bahnen sich ein Amtsträger auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen darf. Steht er in einer speziellen Sphäre, die seinen Schutz mindert, oder aber kommt ihm der volle Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugute? Das Gericht beantwortet diese Frage eindeutig: „Die Rechtsauffassung des Beklagten ist insoweit richtig, als Ansprüche auf die Abwehr von Beleidigungen, üblen Nachreden und Verleumdungen gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185, 186, 187 StGB auch juristischen Personen zustehen können. Was juristische Personen des öffentlichen Rechts anbelangt, so haben diese zwar keine eigentliche „persönliche Ehre“, gleichwohl genießen sie, wie § 194 Abs. 3 StGB zeigt, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben strafrechtlichen Ehrenschutz, der – vermittelt über die §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB, 185 ff. StGB – auch zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann, sofern es um das Mindestmaß an öffentlicher Anerkennung geht, ohne das die Wahrnehmung ihrer Funktionen beeinträchtigt wäre.
Der Beklagte irrt aber mit der Annahme, hier sei es allein die hinter der Behörde Landrat stehende Körperschaft, die berechtigt sein könne, die Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen zu verlangen. Es mag sein, dass im gegebenen Fall auch die Anstellungskörperschaft vom Beklagten verlangen könnte, er möge die Behauptung, einer ihrer Organwalter habe eine Versammlungsteilnehmerin niedergeschlagen, unterlassen. Das würde jedoch an der davon unabhängigen Anspruchsinhaberschaft und Aktivlegitimation des Klägers nichts ändern Es spielt für den Ehrenschutz des Klägers keine Rolle, dass er in seiner amtlichen Eigenschaft als Versammlungsbehörde/Kreispolizeibehörde am Ort der Kundgebung gewesen ist. Die Annahme, ein Amtsträger ließe während der Zeit, in der er dienstlich tätig ist, seine Ehre und damit seinen Ehranspruch im Privaten zurück und reduzierte sich auf seine öffentliche Funktion, wäre mit der jedem Menschen unantastbar zukommenden Würde (Art. 1 GG) nicht zu vereinbaren. Eine Person bleibt bei allem, was sie tut, Person und behält auch in Lebenssituationen der Amtsausübung ihre individuelle und höchstpersönliche Würde und Ehre. Diese ist folgerichtig potenziell auch stets verletzbar, insbesondere, wie dargelegt, dadurch, dass die Person durch den Vorwurf, eine Straftat begangen zu haben, in ein schlechtes Licht gerückt wird. Es muss ihr unbenommen sein, sich aus eigenem Recht gegen die damit verbundene Herabwürdigung zu verwahren, weil ihre Rehabilitation nicht davon abhängen kann, ob die hinter ihr stehende Körperschaft rechtliche Maßnahmen ergreift, die zudem in erster Linie der Wahrung des Ansehens der Körperschaft und allenfalls mittelbar dem des Organwalters dienen würden. Hinzu kommt: Wer Straftaten begeht, wird dafür strafrechtlich persönlich zur Verantwortung gezogen und hat auch für die zivilrechtlichen Folgen einzustehen, gleichviel ob er zur Tatzeit private Freizeitaktivitäten betrieb oder ob er mit einer amtlichen Aufgabe befasst war. Umgekehrt muss, wer dem Vorwurf strafrechtlich relevanten Verhaltens ausgesetzt wird, die Verteidigung gegen diesen Vorwurf selbst in die Hand nehmen dürfen.“
 
Bewertung der Entscheidung
Die Entscheidung des Gerichts vermag zu überzeugen. Neben der Wiederholung der Grundsätze des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stellt sie die Rechte eines Trägers eines öffentlichen Amtes in den Vordergrund. Zwar ist der Schutz desjenigen, der in der Öffentlichkeit kraft seines öffentlichen Amtes auftritt, grundsätzlich eingeschränkt. Er ist jedoch nicht seiner Persönlichkeitsrechte beraubt. Dazu gehört, dass er sich gegen unwahre Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen, die in den Bereich schmähender Aussagen vordringen, erwehren darf. Fraglich ist, wo die Grenze im staatlichen Bereich verläuft. Hier hat das Gericht festgestellt, dass einem Amtsträger ein gleichwertiger Schutz wie einem Privatmann zuteil wird. Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als dass sich eine öffentliche Person nicht vollumfänglich auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen darf, wenn er mit strittigen Thesen oder provozierenden Aussagen in die Öffentlichkeit dringt. Außerdem muss trennscharf unterschieden werden, ob sich die Kritik gegen die Person oder die Sache wendet. Nur bei Kritik gegen die Person steht dem Amtsträger ein Anspruch zu. Dieser ist stets dann zu bejahen, wenn er einer Straftat bezichtigt wird, die er nicht begangen hat. Dabei ist auch die Wertung des § 186 StGB zu würdigen: Wer etwas behauptet, muss sich vergewissern, dass es wahr ist. Das Risiko der Unwahrheit trägt also derjenige, der behauptet. Diese Wertung sollte nicht durchbrochen werden. Der Amtsträger muss sich effektiv erwehren können.
Andere aktuelle Entscheidungen des BGH behandeln den genauen Grenzverlauf zwischen erlaubter Meinungskundgabe und unberechtigtem Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieser Bereich ist von einer ausgeprägten Kasuistik geprägt. Maßgeblich sind stets dieselben Fragen: In welcher Sphäre wird der „Verletzte“ getroffen? Mit welcher Intensität wird der „Verletzte“ kritisiert oder beansprucht? Aus welchem Kontext heraus? Hier müssen die Kriterien sitzen. Die konkrete Bewertung des Einzelfalls obliegt dem Ermessensspielraum des Prüflings, wobei die abstrakten Kriterien und Argumentation von besonderer Wichtigkeit sind.
Examensrelevanz
Die Entscheidung hat eine erhöhte Examensrelevanz, weil sie zwei Dinge miteinander verbindet. Auf der einen Seite lassen sich „bekannte“ Strukturen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts prüfen. Dies zeigt dem Korrektor, ob grundlegendes Wissen auf diesem Gebiet vorhanden ist. Kandidatinnen oder Kandidaten, die sich in höhere Punktebereiche vorwagen möchten, können ihr Problembewusstsein unter Beweis stellen. Sie erkennen in der Amtsträgereigenschaft ein Problem und erörtern es anhand der Kriterien des Gerichts und ihren Kenntnissen aus dem Öffentlichen Recht.
 

07.02.2015/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2015-02-07 09:01:102015-02-07 09:01:10OLG Saarbrücken: Allgemeines Persönlichkeitsrecht bei Amtsträgern
Redaktion

Öffentliches Recht ÖII – Dezember 2014 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen

Nachfolgend erhaltet Ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens im Dezember 2014 in NRW. Vielen Dank abermals an Lukas. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet Ihr auch hier.
Sachverhalt
Nach einer Terrorserie von Neonazis in Deutschland will der fraktionslose Abgeordnete A des Bundestages nicht weiter tatenlos zusehen.
Er bringt daher einen Gesetzesentwurf zum Terrordateigesetz (TDG) in den Bundestag ein. Dieser sieht vor, dass beim Bundesamt für Verfassungsschutz beim Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation (Terrorverdächtige) bestimmte Grunddaten gespeichert werden dürfen. Die Daten werden verschlüsselt. Auf diese Daten haben bestimmte, genau bezeichnete Bundes- und Landesbehörden Zugriff.
Bei Eingabe des Namens erscheinen dann weitere Daten, wie Wohnort und Aussehen der Person. Im Falle einer konkreten Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit können diese Behörden ebenfalls auf weitere verdeckt gespeicherte Daten zugreifen. Hierzu gehören Reise, Telekommunikations- und Bankdaten genauso wie Angaben über Waffenbesitz und den Beruf des Verdächtigen. Ein Zugriff auf diese Daten wird gespeichert und gesondert dokumentiert.
Nach drei Lesungen und Beratungen in den Ausschüssen wird das Gesetz im Bundestag zu später Stunde, nachdem die meisten Abgeordneten das Plenum bereits verlassen hatten, mit acht Ja-, fünf Neinstimmen und elf Enthaltungen beschlossen. Der Bundesrat wird ordnungsgemäß beteiligt.
Die Bundeskanzlerin M weigert sich, das Gesetz gegenzuzeichnen, weil sie die Eingriffe in die Rechte der Betroffenen für unzumutbar hält. Der Abgeordnete A weißt u.a. auf § 29 GOBReg hin, nach dem die Kanzlerin zur Gegenzeichnung verpflichtet sei.
Muss die Bundeskanzlerin M die Gegenzeichnung vornehmen?
Abwandlung:
Gegen den Bundestagsabgeordneten X werden nach entsprechenden Hinweisen aufgrund eines Anfangsverdachts strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Daraufhin unterzeichnet X am 06.02.2014 eine notarielle Verzichtserklärung. Diese geht dem Bundestagspräsidenten am 07.02.2014 zu. Bereits am 06.02.2014 hatte X über das soziale Medium Twitter bekannt gegeben, dass er sein Mandat niederlege. Am 10.02.2014 erlässt das Landgericht Köln einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des X.
Am 11.02.2014 nimmt der Bundestagspräsident die Verzichtserklärung an und erklärt gegenüber X, dass sein Mandat am 06.02.2014 erloschen sei.
Verletzt der Beschluss des Landgerichts den X in seinem Recht aus Art. 46 II GG?
Auf § 1 AbgG und §§ 46 ff. BWahlG wir hingewiesen.

07.01.2015/4 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2015-01-07 10:00:272015-01-07 10:00:27Öffentliches Recht ÖII – Dezember 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Klausurlösung: ÖI – November 2014 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Lösungsskizzen, Nordrhein-Westfalen

Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im November 2014 gelaufenen ÖI Klausur in NRW (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.

Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)

Die X-GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks in der Gemeinde G. Ihr Geschäft besteht darin, Grundstücke in guter Lage zu kaufen und darauf Funktürme zu errichten, auf welchen ihre Kunden dann gegen Miete Antennen installieren können. Die Gemeinde G schließt mit der X-GmbH 1999 einen Vertrag, Jahresgebühr 3.000,00 DM, und errichtet auf diesem eine Antenne, die sie für den Feuerwehrfunk einsetzt. Nach zwei Jahren kündigt der Landrat diesen Betrag und erlässt eine Duldungsverfügung, die sich auf § 28 FSHG NRW stützt und besagt, dass die X-GmbH die weitere Nutzung kostenfrei zu dulden hat. Die Antenne der Gemeinde sei eine Alarmeinrichtung iSd §28 FSHG, sie diene der sicheren und schnellen Koordinierung der Einsatzkräfte bei Bränden, außerdem sei kein anderes geeignetes Grundstück vorhanden. Die X-GmbH ist empört. Das greife in Ihre Grundrechte auf Eigentum und Berufsfreiheit ein. Das Gesetz ist verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe nicht vorhersehen können, dass Menschen Vermietungen solcher Art beruflich machen würden. Wenn sie jetzt von Polizei und Feuerwehr kein Geld mehr für ihre geschäftlichen Dienste bekommen könnte, wäre das ein besonders intensiver Eingriff. Der Landrat sagt das Gesetz sei verfassungsgemäß. Die X-GmbH habe eine Duldungspflicht und die Grundrechte sind erst gar nicht betroffen, daher müsse das Gesetz auch nicht verfassungskonform restriktiv ausgelegt werden. Insbesondere kann die X- GmbH die kosten an ihre anderen Kunden weitergeben.

Prüfen Sie die formelle rechtmäßige Duldungsverfügung auf ihre materielle Rechtmäßigkeit.

Anhang:

Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG)

§ 28

Pflichten der Grundstückseigentümer und -besitzer (1) Eigentümer und Besitzer von Gebäuden und Grundstücken sind verpflichtet, die Brandschau und die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen sowie von Hinweisschildern zur Gefahrenbekämpfung ohne Entschädigung zu dulden.

(2) Die Eigentümer und Besitzer der von Schadenfeuer, Unglücksfällen oder öffentlichen Notständen betroffenen Grundstücke, Gebäude und Schiffe sind verpflichtet, den beim Einsatz dienstlich tätigen Personen Zutritt zu gestatten und Arbeiten zur Abwendung der Gefahr zu dulden. Sie haben Wasservorräte, die sich in ihrem Besitz befinden oder auf ihren Grundstücken gewonnen werden können, sowie sonstige Hilfsmittel, insbesondere für die Schadensbekämpfung verwendbare Geräte, auf Anforderung zur Verfügung zu stellen und zur Benutzung zu überlassen. Sie haben ferner die von dem Einsatzleiter im Interesse eines wirkungsvollen Einsatzes und zur Verhütung einer weiteren Ausdehnung des Schadensfalles angeordneten Maßnahmen wieRäumung von Grundstücken, Gebäuden und Schiffen, Beseitigung von Bäumen, Sträuchern und Pflanzen, von Einfriedungen, Gebäudeteilen und Gebäuden zu dulden. Diese Maßnahmen dürfen nicht zu Schäden führen, die erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen.

(3) Die Verpflichtung nach Absatz 2 haben auch die Eigentümer und Besitzer der umliegenden Grundstücke, Gebäude und Schiffe.

(4) Das Betretungsrecht nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 gilt auch zur Erkundung und für Übungszwecke, soweit dies wegen der Ausdehnung, des Gefährdungspotentials oder der Besonderheit des Objektes zur Vorbereitung auf einen Einsatzfall erforderlich ist.

Unverbindliche Lösungsskizze

I. Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid: § 28 I FSHG

– Voraussetzung: Verfassungsmäßigkeit (= Wirksamkeit) des § 28 I FSHG

1. Formelle Verfassungsmäßigkeit

a) Zuständigkeit

Hier: Land zuständig, Art. 70 GG

b) Verfahren und Form (+)

2. Materielle Verfassungsmäßigkeit

a) Verstoß gegen Art 14 I GG

aa) Schutzbereich

(1) Persönlicher Schutzbereich

(+); Arg.: Art. 19 III GG

(2) Sachlicher Schutzbereich: Eigentum

(+); Arg.: Duldungspflicht des § 28 I FSHG betrifft die Möglichkeit der Eigentümer, mit ihrem Grundstück nach Belieben zu verfahren.

bb) Eingriff (+)

cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

(1) Schranke

– Einfacher Gesetzesvorbehalt; Arg.: § 28 I FSHG = Inhalts- und Schrankenbestimmung, Art. 14 I 2 GG (und keine Enteignung gem. Art. 14 III GG)

(2) Verhältnismäßigkeit

(a) Zulässiger Zweck

Hier: schnelle und sichere Koordinierung der Einsatzkräfte bei Bränden

(b) Geeignetheit (+)

(c) Erforderlichkeit

(+); Arg.: Alternativflächen nicht vorhanden.

(d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

Hier: Entschädigungslose Duldungspflicht wohl unangemessen; Arg.: Brandschutz vom Steuerzahler zu schultern. Aber eventuell verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der Norm möglich und angezeigt, so dass im Einzelfall, insbesondere bei gezielter gewerblicher Nutzung des Grundstücks, eine Entschädigung gewährt wird.

b) Verstoß gegen Art 12 I GG

aa) Schutzbereich

(1) Persönlich

(+); Arg.: Art. 19 III GG

(2) Sachlich: Beruf

(+); Arg.: Vermietung von Funkturmflächen auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet.

bb) Eingriff

(1) Klassisch („Subjektiv berufsregelnde Tendenz“)

(-); Arg.: § 28 I FSHG richtet sich nicht final gegen berufliche Nutzung von Grundstücken

(2) Modern („Objektiv berufsregelnde Tendenz“)

(+); Arg.: Verdienstausfälle können gewisse Intensität haben.

cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

(1) Schranke

– Einfacher Gesetzesvorbehalt

(2) Verhältnismäßigkeit

(a) Zweck (s.o.)

(b) Geeignetheit (s.o.)

(c) Erforderlichkeit

(d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

– 3-Stufen-Theorie

Hier: 1. Stufe (Berufsausübungsregel), d.h. vernünftige Gründe des Gemeinwohls ausreichend, um den Eingriff zu rechtfertigen.

Hier: Effektiver Brandschutz grundsätzlich ausreichend, aber Duldungspflicht „ohne Entschädigung“ bei gewerblicher Nutzung wohl unangemessen (s.o.). Abwälzung der Verdienstausfälle auf andere Nutzer ungewiss. Evtl. aber verfassungskonforme Auslegung und Anwendung möglich und angezeigt.

II. Formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides (+)

III. Materielle Rechtmäßigkeit des Bescheides

1. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage

a) Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken (+)

b) Anbringung von Alarmeinrichtungen (+)

c) Einschränkende verfassungskonforme Auslegung im Einzelfall

Hier: Erforderlich im Hinblick auf Art. 14 I und 12 I GG, da die X-GmbH ihre Funkturmflächen gewerblich abgibt. Ohne Entschädigung ist die konkrete Inanspruchnahme nicht verfassungskonform.

2. Ergebnis: (-)

III. Ergebnis

Der Bescheid ist rechtswidrig.

05.01.2015/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2015-01-05 10:00:202015-01-05 10:00:20Klausurlösung: ÖI – November 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Öffentliches Recht – November 2014 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen

Nachfolgend erhaltet ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in NRW im November 2014. Vielen Dank hierfür an Lisa. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Die X-GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks in der Gemeinde G. Ihr Geschäft besteht darin, Grundstücke in guter Lage zu kaufen und darauf Funktürme zu errichten, auf welchen ihre Kunden dann gegen Miete Antennen installieren können. Die Gemeinde G schließt mit der X-GmbH 1999 einen Vertrag, Jahresgebühr 3.000,00 DM, und errichtet auf diesem eine Antenne, die sie für den Feuerwehrfunk einsetzt. Nach zwei Jahren kündigt der Landrat diesen Betrag und erlässt eine Duldungsverfügung, die sich auf 28 FSHG NRW stützt und besagt, dass die X-GmbH die weitere Nutzung kostenfrei zu dulden hat.
Die Antenne der Gemeinde sei eine Alarmeinrichtung iSd §28 FSHG, sie diene der sicheren und schnellen Koordinierung der Einsatzkräfte bei Bränden, außerdem sei kein anderes geeignetes Grundstück vorhanden.
Die X-GmbH ist empört. Das greife in Ihre Grundrechte auf Eigentum und Berufsfreiheit ein. Das Gesetz ist verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe nicht vorhersehen können, dass Menschen Vermietungen solcher Art beruflich machen würden. Wenn sie jetzt von Polizei und Feuerwehr kein Geld mehr für ihre geschäftlichen Dienste bekommen könnte, wäre das ein besonders intensiver Eingriff.
Der Landrat sagt das Gesetz sei verfassungsgemäß. Die X-GmbH habe eine Duldungspflicht und die Grundrechte sind erst gar nicht betroffen, daher müsse das Gesetz auch nicht verfassungskonform restriktiv ausgelegt werden. Insbesondere kann die X-GmbH die kosten an ihre anderen Kunden weitergeben.
Prüfen Sie die formell rechtmäßige Duldungsverfügung auf ihre materielle Rechtmäßigkeit.
Original Urteil hierzu: BVerwG 6 C 1.12

08.12.2014/5 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-12-08 16:00:222014-12-08 16:00:22Öffentliches Recht – November 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Klausurlösung: ÖII – Oktober 2014 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Lösungsskizzen, Nordrhein-Westfalen

Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im Oktober 2014 gelaufene ÖII Klausur in NRW (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote.

Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.

Sachverhalt

Der sehr wohlhabende M macht seiner Freundin F im September 2013 den lange ersehnten Heiratsantrag. Die Hochzeitsfeier soll am 08.08.2014 in der kreisfreien Stadt S in NRW stattfinden. Als große Anhänger der fernöstlichen Kultur planen M und F, als Teil einer standesgemäßen Hochzeitsfeier so genannte „Kong-Ming-Laternen“ aufsteigen zu lassen. Dabei handelt es sich um sehr leichte Papierlaternen, die eine Brennquelle enthalten und so durch eigenen Heißluftantrieb in die Luft aufsteigen. Diese Laternen legen oft mehrere hundert Kilometer zurück, bevor sie zu Boden gehen. Dabei sind sie so gestaltet, dass sie erst dann herabsinken, wenn das gesamte Brennmaterial aufgebraucht ist. M und F schaffen also solche Laternen für einen Kaufpreis von insgesamt 5000 Euro an. So sehen sie in ihren Träumen schon dutzende Laternen malerisch über den See in Richtung des örtlichen Waldgebietes auf und davon steigen.
Ein Dritter erfährt von diesen Plänen und meldet dies sofort der örtlichen Ordnungsbehörde. Diese geht sodann auf M und F zu. Die Frage, ob sie allen Ernstes Fluglaternen voll mit in Brennpaste getränkten Baumwolllappen über einem Waldgebiet aufsteigen lassen würden, bejahen beide. Die Ordnungsbehörde erlässt daraufhin am 13.03.2014 formell ordnungsgemäß einen mit ebenfalls ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid und untersagt M und F den Einsatz der „Kong-Ming-Laternen“ am 08.08.2014. Sie ordnet gleichzeitig formell ordnungsgemäß die sofortige Vollziehung an. Ebenfalls droht sie in dem Bescheid ein Zwangsgeld in Höhe von 2000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung an. Zur Begründung verweist die Behörde auf das Verbot des § 1 Fluglaternenverordnung NRW (FluglatV). Der Bescheid wird M und F am 20.03.2014 zugestellt.
M und F erheben daraufhin Klage, die am 22.04.2014, dem Dienstag nach Ostermontag, beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht eingeht. Das Gericht setzt den Termin für die mündliche Verhandlung auf den 29.08.2014 fest.
Ein von Amts wegen bestellter gerichtlicher Gutachter stellt sachlich zutreffend fest, dass es durch Laternen wie denen von M und F durchaus zu einem Waldbrand kommen könnte, wenn diese – was nicht auszuschließen ist – fehlerhafterweise noch brennend zu Boden gehen.Insbesondere in den Monaten April bis August bestehe daher eine erhöhte Waldbrandgefahr. Diese Gefahr wäre allerdings erheblich gemindert, wenn – was ebenfalls regelmäßig vorkommt – in diese Zeit eine längere Regenperiode fällt.
Zwischenzeitlich haben M und F plangemäß am 08.08.2014 geheiratet, aber unter großem Bedauern auf den Einsatz der Laternen verzichtet. Sie möchten nunmehr vom Gericht festgestellt wissen, dass die Ordnungsbehörde zum Erlass der Verfügung nicht berechtigt war. Schließlich habe es im August und in den Wochen zuvor nahezu durchgängig geregnet. Im Übrigen können sie sich auch vorstellen, in Zukunft bei anderen Anlässen die Laternen doch aufsteigen zu lassen. Sie halten die Verfügung daher für gänzlich rechtswidrig. Wenigstens müsse die Stadt ihnen doch die Ausgaben für die Laternen ersetzen. Zum Erlass einer Verordnung wie der FluglatV sei außerdem, wenn überhaupt, die Stadt zuständig. Auch beschweren sie sich über die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes; bereits aus § 2 S. 2 FluglatV ergebe sich, dass dieses höchsten 1000 Euro betragen könne. Die Behörde verweist hinsichtlich der Rechtmäßigkeit auf die im Bescheid angegeben Begründung.
Fallfrage: Hat die Klage von F und M Erfolg?
– Fluglaternenverordnung NRW – (Gesetzgeberische Angaben) …Gestützt auf § 26 I OBG NRW.

  • 1 – Es ist verboten, Papierlaternen mit eigener Brennquelle oder so genannte „Kong-Ming- Laternen“ (Fluglaternen) zu benutzen.
  • 2 – Ordnungswidrig handelt, wer gegen das Verbot des § 1 verstößt. Für den Falle der Zuwiderhandlung kann ein Bußgeld bis zu 1000 Euro verhängt werden.
  • 3 – Die Verordnung tritt am 31.12.2014 außer Kraft. Der Minister des Innern.

Zudem ist ein Kalender für das gesamte Jahr 2014 abgedruckt.
Bearbeiterhinweis:
Alle aufgeworfenen Rechtsfragen sind, ggf. hilfsgutachterlich, zu beantworten. Die FluglatV wurde vom Innenminister dem Landtag vorgelegt, ausgefertigt und verkündet. Forst-, naturschutz- oder Luftfahrtverkehrsrechtliche Vorgaben sind nicht zu beachten.
 
Unverbindliche Lösungsskizze

A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 I 1 VwGO

1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Hier: OBG, VwVG NRW

2. Nichtverfassungsrechtlicher Art (+)

3. Keine abdrängende Sonderzuweisung (+)

II. Statthafte Klageart

– FFK, § 113 I 4 VwGO (direkt)

1. VA, § 35 S. 1 VwVfG

Hier: Untersagungsverfügung und Androhung des Zwangsgeldes

2. Erledigung

Hier: Zeitablauf (Hochzeit hat am 08.08.2014 ohne „Kong-Ming-Laternen“ stattgefunden)

3. Zeitpunkt der Erledigung

Hier: Nach Erhebung der (Anfechtungs-)Klage

III. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen

1. Fortsetzungsfeststellungsinteresse, § 113 I 4 VwGO

Hier: Wiederholungsgefahr und Präjudizinteresse

2. Klagebefugnis, § 42 II VwGO (analog)

Hier: Art. 2 I GG

3. Erfolgloses Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO (analog) (-), aber entbehrlich nach § 68 I 2 VwGO i.V.m. § 110 I 1 JustG NRW

4. Klagefrist, § 74 I 2 VwGO (analog) – Ein Monat ab Bekanntgabe- Bekanntgabe: 20.03. – Klageerhebung: 22.04.

Aber: Fristende fällt auf Sonntag und endet daher mit Ablauf des nächsten Werktages, hier Dienstag, d. 22.04., nach Ostermontag, § 57 VwGO i.V.m. § 222 II ZPO.

5. Klagegegner

Hier: Stadt S, § 78 I Nr. 1 VwGO

IV. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzung (+)

B. Objektive Klagehäufung, § 44 VwGO (+)

C. Begründetheit

I. Untersagungsverfügung

1. Rechtswidrigkeit

a) Ermächtigungsgrundlage

aa) FluglatV

(-); Arg.: enthält keine Ermächtigungsgrundlage für den Einzelfall, sondern nur Verbot

bb) Ordnungsbehördliche Generalklausel, § 14 OBG

b) Formelle Rechtmäßigkeit

aa) Zuständigkeit (+) bb)

Verfahren

– Anhörung, § 28 I VwVfG (+)

cc) Form – Schriftform, § 20 OBG (+)

c) Materielle Rechtmäßigkeit

aa) Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage (§ 14 OBG)

(1) Schutzgut

– Öffentliche Sicherheit; Fallgruppe: Geschriebenes Recht (FluglatV)

– Voraussetzung: Wirksamkeit der Verordnung (a) Ermächtigungsgesetz

Hier: § 26 OBG

(b) Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen

– Insbesondere Zuständigkeit des Innenministers, § 26 II OBG; Arg.: einheitliche Regelung für das ganze Land wegen Verbreitung der „Kong-Ming- Laternen“ geboten.

(c) Materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen

(aa) Voraussetzungen des Ermächtigungsgesetzes (§ 26 OBG)

(aaa) Schutzgut

– Öffentliche Sicherheit

Hier: Individualgüter Leib, Leben, Eigentum bzw. Kollektivgüter bei eventuellem Waldbrand betroffen

(bbb) Abstrakte Gefahr

(+); Arg.: Entstehung von Waldbränden bei typisierter Betrachtung nach den Feststellung des Gutachters hinreichend wahrscheinlich.

(bb) Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht (+)

(d) Ergebnis: FluglatV wirksam

(2) Konkrete Gefahr

(+); Arg.: Verstoß gegen FluglatV hinreichend wahrscheinlich; tatsächlich eingetretene Regenperiode nicht maßgeblich.

(3) Ordnungspflichtigkeit

Hier: Verhaltensstörer, § 17 OBG, und Zustandsstörer, § 18 OBG

bb) Rechtsfolge: Ermessen

Hier: Ermessensfehler nicht ersichtlich, insbesondere Untersagung auch verhältnismäßig.

2. Ergebnis: Klage bzgl. Untersagung unbegründet.

II. Androhung des Zwangsgeldes i.H.v. 2.000 Euro

1. Rechtswidrigkeit

a) Ermächtigungsgrundlage: §§ 55 I, 57 I Nr. 2, 60, 63 VwVG NRW

b) Formelle Rechtmäßigkeit (+)

c) Materielle Rechtmäßigkeit

aa) Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen

(1) GrundVA („HDU-Verfügung“)

Hier: Untersagung des Einsatzes der „Kong-Ming-Laternen“

(2) Wirksamkeit (+)

(3) Vollstreckbarkeit, § 55 I VwVG NRW

Hier: Anordnung der sofortigen Vollziehung, § 80 II 1 Nr. 4 VwGO

(4) Rechtmäßigkeit des GrundVA

– Umstritten, ob Rechtmäßigkeit des GrundVA Vollstreckungsvoraussetzung

Hier: GrundVA rechtmäßig (s.o.), so dass Streit dahinstehen kann.

bb) Vollstreckungspflichtigkeit

(+); Arg.: M und F Adressat des GrundVA

cc) Ordnungsgemäße Durchführung

(1) Androhung eines zulässigen Zwangsmittels

Hier: Zwangsgeld, §§ 57 I Nr. 2, 60 VwVG NRW

(2) Anforderungen des § 63 VwVG NRW (+)

(3) Verhältnismäßigkeit

– Begrenzung auf 1.000 Euro wegen § 2 FluglatV (-); Arg.: Höhe des Bußgeldes (Strafe) und Höhe des Zwangsgeldes (Effektivität des Zwangsgeldes) haben nichts mit einander zu tun.

2. Ergebnis: Klage bzgl. Androhung des Zwangsgeldes unbegründet.

D. Gesamtergebnis: (-)

  

04.12.2014/17 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-12-04 10:00:462014-12-04 10:00:46Klausurlösung: ÖII – Oktober 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Öffentliches Recht ÖII – Oktober 2014 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen

Vielen Dank nochmals an Olaf für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der zweiten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens im Oktober 2014 in NRW. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Der sehr wohlhabende M macht seiner Freundin F im September 2013 den lange ersehnten Heiratsantrag. Die Hochzeitsfeier soll am 08.08.2014 in der kreisfreien Stadt S in NRW stattfinden. Als große Anhänger der fernöstlichen Kultur planen M und F, als Teil einer standesgemäßen Hochzeitsfeier so genannte „Kong-Ming-Laternen“ aufsteigen zu lassen. Dabei handelt es sich um sehr leichte Papierlaternen, die eine Brennquelle enthalten und so durch eigenen Heißluftantrieb in die Luft aufsteigen. Diese Laternen legen oft mehrere hundert Kilometer zurück, bevor sie zu Boden gehen. Dabei sind sie so gestaltet, dass sie erst dann herabsinken, wenn das gesamte Brennmaterial aufgebraucht ist. M und F schaffen also solche Laternen für einen Kaufpreis von insgesamt 5000 Euro an. So sehen sie in ihren Träumen schon dutzende Laternen malerisch über den See in Richtung des örtlichen Waldgebietes auf und davon steigen.
Ein Dritter erfährt von diesen Plänen und meldet dies sofort der örtlichen Ordnungsbehörde. Diese geht sodann auf M und F zu. Die Frage, ob sie allen Ernstes Fluglaternen voll mit in Brennpaste getränkten Baumwolllappen über einem Waldgebiet aufsteigen lassen würden, bejahen beide. Die Ordnungsbehörde erlässt daraufhin am 13.03.2014 formell ordnungsgemäß einen mit ebenfalls ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid und untersagt M und F den Einsatz der „Kong-Ming-Laternen“ am 08.08.2014. Sie ordnet gleichzeitig formell ordnungsgemäß die sofortige Vollziehung an. Ebenfalls droht sie in dem Bescheid ein Zwangsgeld in Höhe von 2000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung an. Zur Begründung verweist die Behörde auf das Verbot des § 1 Fluglaternenverordnung NRW (FluglatV). Der Bescheid wird M und F am 20.03.2014 zugestellt.
M und F erheben daraufhin Klage, die am 22.04.2014, dem Dienstag nach Ostermontag, beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht eingeht. Das Gericht setzt den Termin für die mündliche Verhandlung auf den 29.08.2014 fest.
Ein von Amts wegen bestellter gerichtlicher Gutachter stellt sachlich zutreffend fest, dass es durch Laternen wie denen von M und F durchaus zu einem Waldbrand kommen könnte, wenn diese – was nicht auszuschließen ist – fehlerhafterweise noch brennend zu Boden gehen.Insbesondere in den Monaten April bis August bestehe daher eine erhöhte Waldbrandgefahr. Diese Gefahr wäre allerdings erheblich gemindert, wenn – was ebenfalls regelmäßig vorkommt – in diese Zeit eine längere Regenperiode fällt.
Zwischenzeitlich haben M und F plangemäß am 08.08.2014 geheiratet, aber unter großem Bedauern auf den Einsatz der Laternen verzichtet. Sie möchten nunmehr vom Gericht festgestellt wissen, dass die Ordnungsbehörde zum Erlass der Verfügung nicht berechtigt war. Schließlich habe es im August und in den Wochen zuvor nahezu durchgängig geregnet. Im Übrigen können sie sich auch vorstellen, in Zukunft bei anderen Anlässen die Laternen doch aufsteigen zu lassen. Sie halten die Verfügung daher für gänzlich rechtswidrig. Wenigstens müsse die Stadt ihnen doch die Ausgaben für die Laternen ersetzen. Zum Erlass einer Verordnung wie der FluglatV sei außerdem, wenn überhaupt, die Stadt zuständig. Auch beschweren sie sich über die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes; bereits aus § 2 S. 2 FluglatV ergebe sich, dass dieses höchsten 1000 Euro betragen könne. Die Behörde verweist hinsichtlich der Rechtmäßigkeit auf die im Bescheid angegeben Begründung.
Fallfrage: Hat die Klage von F und M Erfolg?
– Fluglaternenverordnung NRW – (Gesetzgeberische Angaben) …Gestützt auf § 26 I OBG NRW.

  • 1 – Es ist verboten, Papierlaternen mit eigener Brennquelle oder so genannte „Kong-Ming- Laternen“ (Fluglaternen) zu benutzen.
  • 2 – Ordnungswidrig handelt, wer gegen das Verbot des § 1 verstößt. Für den Falle der Zuwiderhandlung kann ein Bußgeld bis zu 1000 Euro verhängt werden.
  • 3 – Die Verordnung tritt am 31.12.2014 außer Kraft. Der Minister des Innern.

Zudem ist ein Kalender für das gesamte Jahr 2014 abgedruckt.
Bearbeiterhinweis:
Alle aufgeworfenen Rechtsfragen sind, ggf. hilfsgutachterlich, zu beantworten. Die FluglatV wurde vom Innenminister dem Landtag vorgelegt, ausgefertigt und verkündet. Forst-, naturschutz- oder Luftfahrtverkehrsrechtliche Vorgaben sind nicht zu beachten.
 

29.10.2014/20 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-10-29 10:00:542014-10-29 10:00:54Öffentliches Recht ÖII – Oktober 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Öffentliches Recht ÖI – Oktober 2014 – 1. Staatsexamen NRW

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Vielen Dank an Olaf für das Zusenden eines Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in NRW im Oktober 2014. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.

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Sachverhalt

Die nordrhein-westfälische Landesregierung (L) möchte eine Änderung der Tarifordnung für Taxifahrer (TarifO) vornehmen. In den Großstädten K und D beschweren sich vermehrt ausländische Fahrgäste – gerade zur Zeit von dort stattfindenden Messen – dass eine Bezahlung der Taxifahrt per Kreditkarte nicht möglich sei, sie aber oft kein Bargeld dabei hätten.
Die für die Durchführung der TarifO zuständige Behörde hat die dort festgesetzten Beförderungsentgelte regelmäßig an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. Die TarifO ist gestützt auf § 51 I 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG), wonach L auch zum Erlass zuständig ist. Von der Ermächtigung des § 51 I 3 PBefG hat L keinen Gebrauch gemacht.
L führt sodann in einem formell ordnungsgemäßen Verfahren einen § 10 in die TarifO mit folgendem Wortlaut ein:

  • 10 – Taxenunternehmer sind verpflichtet, für Taxifahrten eine Zahlungsmöglichkeit per Kreditkarte anzubieten und dazu einen entsprechenden Vertrag mit den Unternehmen MasterCard, Visa oder American Express abzuschließen.

Zur Begründung gibt L an, dass die Karten dieser drei Unternehmen die gängigsten am Markt seien.
Die vertragliche Gestaltung sieht dabei so aus, dass Taxenunternehmen gegenüber den Kreditkartenunternehmen eine Verpflichtung eingehen, die Karten dieser Unternehmen von ihren Fahrgästen zu akzeptieren. Von jedem per Kreditkarte bezahlten Fahrtentgelt behalten Kartenunternehmen 5% ein. Einwendungen aus dem Beförderungsvertrag zwischen Taxenunternehmen und Fahrgästen schlagen nicht auf den Vertrag mit dem Kreditkartenunternehmen durch. Ein Widerrufsrecht gegen die Belastung der Karte durch das jeweilige Kreditkartenunternehmen steht dem Fahrgast nur zu, wenn er den entsprechenden Beleg nicht unterschrieben hat. Im Falle des Widerrufs haben die Taxenunternehmen den Kreditkartenunternehmen das Fahrtgeld zu erstatten.T ist ein Taxenunternehmen. Rechtlicher Sitz des Unternehmens sind die Niederlande. Es ist in einer der deutschen GmbH vergleichbaren Rechtsform organisiert. Der Schwerpunkt seiner Geschäftstätigkeit liegt in Deutschland und dort in NRW. Auch der Sitz der Geschäftsleitung ist in Deutschland.
T möchte gegen die Pflicht zur Einführung der Kreditkartenbezahlung vorgehen, da es fürchtet, anderenfalls seine Dienstleistung in NRW nicht mehr anbieten zu können. Es sieht sich durch die Regelung daher in seinen Grundrechten verletzt. Es zieht vor die Verwaltungsgerichte und erhebt Antrag auf Feststellung, dass § 10 TarifO nichtig sei, unterliegt aber in allen Instanzen. Die Gerichte führen aus: § 10 TarifO beruhe auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Ein etwaiger Eingriff in die Berufsfreiheit sei jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 8 II PBefG zähle auch der Verkehr mit Taxen zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), da er eine der in § 8 I PBefG genannten Verkehrsarten ergänze. Als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge stelle der ÖPNV ein überragend wichtiges Gemeingut dar.
L führte zudem im Prozess an, dass den Taxenunternehmen durch die Einführung des § 10 TarifO keine nennenswerten wirtschaftlichen Nachteile entstünden, da dies bereits in die Festsetzung der Entgelte durch die zuständige Behörde „eingepreist“ sei.
T meinte hingegen, dass die durch die TarifO eingeführte Pflicht zum Abschluss von Verträgen mit den Kreditkartenunternehmern ohne detaillierte Kenntnis von deren Inhalt schon gegen das Bestimmtheitsgebot verstoße.
T erhebt zwei Wochen nach der letztinstanzlichen Gerichtsentscheidung schriftlich und begründet Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Es möchte die Pflicht zur Einführung der Kreditkartenbezahlung beseitigen.
Fallfrage: Beurteilen sie die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde der T anhand von Zulässigkeit und Begründetheit.
Fortsetzungsfall
Auch das kleine Kreditkartenunternehmen B sieht sich durch § 10 TarifO in seinen Grundrechten beeinträchtigt. Es könne nicht angehen, dass nur die drei genannten großen Kreditkartenunternehmen in der Verordnung zugelassen werden. Es müsse doch den Taxenunternehmern freistehen, mit welchem Unternehmen sie einen entsprechenden Vertrag schließen.
Fallfrage: Ist § 10 TarifO mit Art. 3 GG vereinbar? Unabhängig vom Ergebnis zum Ausgangsfall ist dabei davon auszugehen, dass § 10 TarifO im Übrigen verfassungskonform ist.
Bearbeiterhinweis:
Alle aufgeworfenen Rechtsfragen sind, ggf. hilfsgutachterlich, zu beantworten. Es ist zu unterstellen, dass § 51 I 1 PBefG kompetenzgemäß und in einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen ist. Soweit das letztinstanzliche Gericht zur Beachtung europarechtlicher Vorgaben verpflichtet gewesen sein sollte, ist ferner zu unterstellen,    dass     hierin   jedenfalls         kein     Verfassungsverstoß     zu        sehen   ist. Datenschutzrechtliche Bestimmungen sind nicht zu prüfen.

27.10.2014/12 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-10-27 20:58:442014-10-27 20:58:44Öffentliches Recht ÖI – Oktober 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Öffentliches Recht ÖI und ÖII – Juli 2014 – 1. Staatsexamen Hessen

Examensreport, Hessen
Vielen Dank an Valerie für das Zusenden der Gedächtnisprotokolle der ersten und zweiten gelaufenen Klausur des 1. Staatsexamens in Hessen im Juli 2014 im Öffentlichen Recht. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Öffentliches Recht I:
B will in einem Gewerbe oder Industriegebiet ein Gartencenter erbauen.
Es gibt keinen Bebauungsplan. C unmittelbarer Nachbar, möchte dies verhindern. C betreibt einen Schrott- und Metallhandel und sagt, in dieser Umgebung würde eh nichts wachsen und die Gefahr für die Besucher/Kunden des Gartencenters wäre zu groß.
B wird in kürze die Baugenehmigung erhalten und auch dann zügig mit den Arbeiten beginnen.
C will dagegen vorgehen.
1. Kann C verhindern, dass die Baugenehmigung erteilt wird.
2. Hat C einen Anspruch auf Erlass eines B Plans?
Öffentliches Recht II:
Das Land Hessen beschließt ein neues Gesetz.
Aus dem geht hervor, dass sich Journalisten nicht negativ gegen die EU (und  …) äußern dürfen, bzw dies mit Sanktionen verhängt wird.
Der italienische Journalist A, welcher in Deutschland für ein Italienisches Blatt schreibt, fühlt sich dadurch in seien Grundrechten aus Art. 5, 2 und 12 GG verletzt.
Aufgabe 1: Ist das Land Hessen hier Gesetzgebungsbefugt?
Aufgabe 2: Ist A durch das Gesetz in den GR aus Art. 5, 2, und 12 GG verletzt?
Bearbeitervermerk: Verfassungsbeschwerde ist nicht einzugehen bzw. zu prüfen.
22.09.2014/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-09-22 11:30:052014-09-22 11:30:05Öffentliches Recht ÖI und ÖII – Juli 2014 – 1. Staatsexamen Hessen
Redaktion

Öffentliches Recht ÖII – Juni 2014 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen

Vorliegend erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten gelaufenen Klausur des 1. Staatsexamens im Öffentliches Recht im Juni 2014 in NRW. Vielen Dank dafür an Matthias. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
X ist wegen Raub in Tateinheit mit Körperverletzung rechtskräftig zu 7
Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bei der Tat hatte er einen Juwelier,
den er mit seiner Bande Zuhause überfallen hat, mit einem
Teleskopschlagstock bedroht und ein anderes Opfer mit einem
Elektroschocker verletzt. Davor war er schon mehrfach wegen
vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden. Alle Waffen musste X
daraufhin abgeben.
Ohne ihn vorher anzuhören gibt die zuständige Polizeibehörde dem X mit
Schreiben von 15.3.14 bekannt, dass sie ihm gemäß § 41 I Nr. 2 WaffG
untersagen, erlaubnisfreie Waffen zu erwerben oder zu besitzen. Außerdem
wird ihm gemäß § 41 II WaffG untersagt, erlaubnisbedürftige Waffen zu
erwerben. Die Polizeibehörde ordnet außerdem, formell ordnungsgemäß
begründet, den sofortigen Vollzug an. Das Schreiben enthält eine
ausführliche Begründung. Die Maßnahme sei erforderlich, das ergebe sich
schon aus den schweren Verletzungen, die X bei seiner letzten Straftat
seinen Opfern zugefügt habe. Das Schreiben geht X am 18.3.14
ordnungsgemäß zu.
X ist über das Schreiben erbost. Über die Osterfeiertage wird er
darüber so wütend, dass er am 22.04.14 ein Schreiben verfasst, dass er
mit „Klage“ überschreibt und in dem er folgendes geltend macht:
Das Maßnahme sei schikanös und rechtswidrig. Eine solche Anordnung
wegen Gefahrenverdachts dürfe nicht einfach ins blaue geschehen. Er habe
alle Waffen abgegeben und auch nicht vor sich neue zu beschaffen. Da er
sich derzeit in Haft befinde sei ihm das auch gar nicht möglich.
Insbesondere die Anordnung nach § 41 II WaffG sei nicht haltbar,
schleißlich müsse man die Waffen ja ohnehin erst erlaubt bekommen. Die
Erlaubnis könne dann ja auch gem. § 45 WaffG widerrufen werden.
Das Schreiben wird von X am 22.04.14, mit Unterschrift versehen, an das
zuständige Verwaltungsgericht gesandt. Darin beantragt er auch
vorläufigen Rechtsschutz.
Die Polizeibehörde hält dem entgegen, es sei dem X immerhin auch in der
JVA möglich an, notfalls selbst hergestellte, Waffen zu kommen.
Zudem habe sein Verhalten in der Vergangenheit gezeigt, dass ihm der
Umgang mit Waffen untersagt werden müsse.
Hat der Antrag Aussicht auf Erfolg?
Im Anhang befindet sich ein Kalender, aus dem hervorgeht, dass der 
18.04.14 Karfreitag und der 21.04.14 Ostermontag ist.

17.07.2014/4 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-07-17 10:00:282014-07-17 10:00:28Öffentliches Recht ÖII – Juni 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Öffentliches Recht ÖI – Juni 2014 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen

Vielen Dank an Matthias für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens im Juni 2014 in NRW. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Im Bundesland B gibt es das Feiertagsgesetz (FTG). Darin heißt es in §
3, dass an ruhigen Feiertagen nur solche Vergnügungsveranstaltungen
erlaubt seien, die mit dem Charakter des Feiertages zu vereinbaren
seien. In § 1 sind als solche ruhige Feiertage zB der Karfreitag und
Totensonntag vermerkt. Außerdem Allerheiligen, der am 1.11. gefeiert
wird und an dem katholische Christen traditionell der Verstorbenen
gedenken. Sportveranstaltungen sind an diesem Tag ausdrücklich erlaubt.
Der Verein „Mehr Toleranz für internationale Feste in B“ (V) aus dem
Bundesland B hat es sich zur Aufgabe gemacht, Meinungskundgaben und
Informationsveranstaltungen zu internationalen Festen zu veranstalten.
Der Verein selbst hat 7 Mitglieder.
Anfang Oktober verlautbart V, dass am 31.10. eine solche
Meinungsaustausch- und Infoveranstaltung in der Diskothek in der
Großstadt S stattfinden werde. In der Ankündigung wird darauf
hingewiesen, dass es den Besuchern offen stehe, in Halloweenverkleidung
zu erscheinen und es auch nicht verboten sei, sich rhytmisch zu Musik zu
bewegen. V hat zu diesem Zweck bereits eine Diskothek angemietet, die
Platz für 800 Menschen bietet. Gemietet wurde diese von 31.10. 22 Uhr
bis 01.11. 07:00 Uhr.
Die zuständige Ordnungsbehörde der Stadt S verbietet nach erfolgter
Anhörung dem V die Veranstaltung schriftlich per Bescheid. Als
Begründung führt sie an, alleine die Diskrepanz von der Mitgliederzahl
des Vereins zu dem Veranstaltungsraum spreche dafür, dass es sich um
eine Scheinveranstaltung handle, die den Zweck habe, das Feiertagsverbot
zu umgehen. Dafür spreche auch die Tatsache, dass jeder gegen eine
Gebühr von 8 € Mitglied des Vereins werden könne. Die Ordnungsbehörde
erklärt außerdem den sofortigen Vollzug. Dazu führt sie insbesondere
aus, wegen dem unverschämten Umgehungsversuch müsse an V ein Exempel
statuiert werden.
Der V reicht noch am selben Tag, wirksam vertreten durch seinen
Vorsitzenden, einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und zugleich
Klage ein. V führt aus, das FTG sei schon gar nicht anwendbar, da die
Veranstaltung von V nicht öffentlich sei. Viel erheblicher sei aber die
Tatsache, dass die Begriffe „ernst“ und „öffentlich“ aus § 3 FTG mit dem
Bestimmtheitsgebot nicht zu vereinbaren seien. Außerdem zwinge das FTG
allen Menschen den christlichen Glauben auf und sei mit dem
Neutralitätsgebot daher unvereinbar. Außerdem verstoße es gegen das
Recht auf Versammlungsfreiheit. Aufgrund der Tatsache, dass
Sportveranstaltungen erlaubt seien, ergebe sich weiterhin ein Verstoß
gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Die V hält dem entgegen, so neutral sei der Staat gar nicht, was sich
aus Art. 140 GG iVm Art. 139 WRV ergebe. Die Versammlungsfreiheit
erfasse zudem gar nicht die Veranstaltung des V, da davon nicht jede
Vereinsarbeit erfasst sei. Sport diene außerdem der Volksgesundheit und
sei nicht so eine schrille Albernheit wie Halloweenfeiern.
Hat der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz des V Aussicht auf
Erfolg?
Im Anhang wurde darauf hingewiesen, dass Halloween ein Fest ist, das am 
31.10. gefeiert wird und zu dem Menschen Kostüme tragen. Außerdem wurde 
vorgegeben, dass das FTG formell verfassungsgemäß ist und § 110 JustG 
zeitlich gilt. Sofern Landesrecht anzuwenden sei, gelte NRW-Recht.

16.07.2014/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-07-16 12:00:402014-07-16 12:00:40Öffentliches Recht ÖI – Juni 2014 – 1. Staatsexamen NRW
Redaktion

Öffentliches Recht ÖII – April 2014 – 1. Staatsexamen Berlin / Brandenburg

Berlin, Brandenburg, Examensreport

Nochmals vielen Dank an Jessica für das Zusenden des Gedächtnisprotokolls der zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in Berlin / Brandenburg im April 2014. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die regierungsbeteiligten Fraktionen bestehen aus Abgeordneten der S- und der C-Partei. Sie sind der Meinung das Mietrecht müsste grundlegend reformiert werden. Hintergrund ist, dass immer mehr Vermieter – insbesondere in Ballungszentren – Wohnungen vermieten die in einem nicht zumutbaren, gar desolaten Zustand sind. Nach der Meinung der Abgeordneten sei das den Mieter nicht zumutbar, zumal diese sich nur schwer zur Wehr setzen könnten und Zivilverfahren lange und teuer seien. Daher wollen sie die Vermietung solcher Wohnungen unter Strafe stellen. Damit soll dieses strafwürdige Verhalten pönalisiert werden. Außerdem sei das behördliche Verfahren schneller und einfacher, zumal bei Entscheidungen von Beamten eine bessere Rechtsprechung möglich wäre. Im übrigen seien die Rechte des Beschuldigten gewahrt und zudem eine Nähe zum OWI gegeben.
Die Gegner dieses Gesetzes führen an, dass § 1 unklar, stark auslegungsbedürftig und zudem übertrieben sei. Über eine Strafbarkeit entscheide immer noch ein Richter und die rein schriftliche Stellungnahme wäre unzulässig.
Die Koalition macht einen Vorschlag zum Mietstraf- und strafverfahrensgesetz (MStVG), dieses enthält u.a.:
§ 1 – Strafbare Wohnungsüberlassung: Wer eine Wohnung vermietet die sich in einem vertragswidrigen Zustand befindet wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bzw. einer Geldstrafe belegt.
§ 16 – Strafbescheid
Die zuständige Behörde setzt das Strafmaß per Strafbefehl nach den §§ 38 ff. und §§ 46 ff. StGB fest.
§ 18 – Vernehmung
Der Beschuldigte kann sich schriftlich äußern binnen zwei Wochen. Eine mündliche Vernehmung ist nicht vorgesehen.
§ 28 – Einspruch
Einspruch gegen den Strafbefehl ist binnen zwei Wochen möglich und beim zuständigen Amtsgericht einzulegen. Im übrigen gelten die §§ 410 ff. StPO.
Das Gesetz soll dazu dienen die Vermieter zur Vermietung von bewohnbaren Wohnungen zu verpflichten.
Weiterhin wird eine Änderung der geltenden Paragraphen der §§ 535 ff. BGB (MRÄG) erfolgen.
§ 573 BGB wird dahingehend abgeändert, dass nunmehr der Vermieter bei Eigenbedarfskündigung ein zwingendes Interesse haben muss, gem. Nr. 2 muss er darlegen dass die Nichtnutzung der Wohnung eine unzumutbare Härte darstellen würde.
§ 573a BGB wird gestrichen.
Begründet wird dies mit der Absicht die Eigenbedarfskündigungen zu erschweren. Die Gegner sprechen von einer Enteignung.
Beide Anträge werden im Bundestag abgestimmt. Bei der Abstimmung sind 48 Abgeordnete anwesend. 20 stimmen dafür, 19 dagegen, 4 enthalten sich und 5 Stimmen sind ungültig.
Nach der Abstimmung wird es ordnungsgemäß an den Bundesrat weitergeleitet. Da der Bundespräsident auf einer mehrwöchigen Urlaubsreise ist, unterschreibt der Bundestagspräsident als Vertretung das Gesetz.
Die Landesregierung des Bundeslandes L hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit sowohl des MStVG als auch des MRÄG. Es stellt daher beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit.
Fallfrage: Prüfen sie die Erfolgsaussichten des Antrages der L vor dem Bundesverfassungsgericht. 

12.05.2014/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-05-12 15:00:142014-05-12 15:00:14Öffentliches Recht ÖII – April 2014 – 1. Staatsexamen Berlin / Brandenburg
Redaktion

Öffrecht ÖI – Februar 2014 – 1. Staatsexamen Sachsen

Examensreport, Sachsen

Vielen Dank an Ronny für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der im Februar 2014 gelaufenen ersten Klausur im Öffentlichen Recht in Sachsen, welche sich an der Entscheidung des BverwG vom 07.05.2012 – 8 C 22/11 orientierte. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die Stadt Chemnitz stellt ihren Ratsfraktionen die benötigten Sachmittel (Räume, PC, Telefon, Internet) im Wesentlichen unmittelbar zur Verfügung und gewährt zu den personellen Aufwendungen der Fraktionsgeschäftsführung einen finanziellen Zuschuss.
Der ehemaligen Fraktion PRO CHEMNITZ.DSU wurden während der Wahlperiode 2004 bis 2009 zunächst auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses aus dem Jahre 1999 Mittel zur Finanzierung ihrer Geschäftsführung zur Verfügung gestellt, deren Verteilung anhand eines festen Betrages je Fraktion (zwei Drittel) und eines variablen Betrages nach der Anzahl der Fraktionsmitglieder (ein Drittel) erfolgte. Im Januar 2005 änderte der Stadtrat diesen Verteilungsmaßstab dahin, dass nur mehr die jeweilige Anzahl der Mitglieder der Fraktionen die Höhe der Zahlung bestimmte. Dadurch verminderte sich die Zuwendung an kleinere Fraktionen wie die PRO CHEMNITZ DSU erheblich, während große Fraktionen entsprechend mehr bekamen.
Hiergegen wandte sich die ehemalige Fraktion PRO CHEMNITZ DSU und verlangte Zahlung nach dem alten Finanzausstattungssystem. Prozessual war zu Beachten, dass die Wahlperiode der Gemeinde bereits abgelaufen war.

05.03.2014/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-03-05 12:00:072014-03-05 12:00:07Öffrecht ÖI – Februar 2014 – 1. Staatsexamen Sachsen
Redaktion

Öffrecht ÖI – Dezember 2013 – 1. Staatsexamen NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen

Im Folgenden erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll der im Dezember 2013 in NRW gelaufenen ersten Klausur im öffentlichen Recht. Vielen Dank hierfür an Kieran. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt

A hat im Jahre 1994 ein Grundstück gekauft. Dieses Grundstück lag im Norden der Stadt Düsseldorf und war in Hanglage gelegen. Bereits Jahre vorher hatte dort jemand 18 Buchen angepflanzt. Diese wiesen einen Abstand von 7 Metern zur Grundstücksgrenze auf. An der Grundstücksgrenze verlief ein recht häufig von Fußgängern genutzter Weg. An den ca. 2 Meter breiten Weg grenzte unmittelbar ein Mehrfamilienhaus. Da A aufgrund der Hanglage auf dem Grundstück nicht bauen konnte und sein Grundstück deshalb auch nur ca. 10.000 Euro wert war, entschloss er sich 1995, das Eigentum aufzugeben. Dies wurde auch korrekt vom Grundbuchamt im Grundbuch eingetragen. Weitere Eintragungen in der Folgezeit gab es keine.
Bei einer Kontrolle stellte die Revierförsterin im Juni 2013 zutreffend fest, dass alle 18 Buchen seit 2000 unter Pilzbefall litten, weshalb sie derart umsturzgefährdet seien, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis eine Sturmböe sie entwurzelt. Die Bäume waren inzwischen 11 Meter hoch gewachsen, sodass befürchtet wurde, dass bei einem Umsturz Menschen verletzt werden könnten. Der Oberbürgermeister, Abteilung Ordnungsamt schrieb A daraufhin am 03.07.2013 an und wies ihn mit der Bitte um Stellungnahme darauf hin, dass darüber nachgedacht werde, ihm die Aufgabe der Fällung der Bäume zu übertragen und dies zugleich für sofortig vollziehbar zu erklären. A regt sich sehr über das Schreiben auf. Es sei gemein, dass er für ein Grundstück sorgen soll, welches er seit fast zwanzig Jahren nicht mehr nutzen konnte. Er habe das Eigentum schließlich aufgegeben. Allerdings meldet er sich nicht bei der Behörde.
Deshalb erlässt der Oberbürgermeister, Abteilung Ordnungsamt am 31.07.2013 eine Anordnung, in der unter 1.) dem A aufgetragen wird, die Bäume zu fällen. Als Begründung wird lediglich darauf verwiesen, dass ein Umstürzen der Bäume zu befürchten sei und A der einzige sei, der als Pflichtiger in Betracht kommt. Unter 2.) wird – mit einem gesonderten Hinweis auf die zu befürchteten Gesundheitsschäden – die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet. Unter 3.) wird schließlich die kostenpflichtige Ersatzvornahme angedroht, die zwischen 8.000 und 12.000 Euro kosten wird. Ein genauerer Preis könne aufgrund des schwierigen Standorts der Bäume nicht ermittelt werden.
A hat aber auch noch andere Probleme. Er betreibt eine Gaststätte und hat auch die entsprechende Erlaubnis dazu. Im Januar 2012 erhält das zuständige Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf vom Finanzamt die Information, dass A 45.000 Euro Steuerschulden angesammelt hat, was selbst für einen Gaststättenbetrieb von der Größe, wie A ihn betreibt, eine erhebliche Summe sei. Zudem reiche er seine Unterlagen allenfalls verspätet, oft jedoch gar nicht ein und komme daher seiner Pflicht als steuerpflichtiger Betreiber und Inhaber einer Gaststätte nicht nach. Die Ordnungsbeamten überlegen, die Erlaubnis des A gem. §§ 4 I 1 Nr.1, 15 II GastG (Sartorius, Ordnungszahl 820) zu widerrufen. Allerdings vergessen sie kurz darauf, den Widerruf voranzutreiben.
Erst als sich im Juli 2013 das Finanzamt erneut bei dem Ordnungsamt meldet und berichtet, dass die Steuerschulden des A sogar noch weiter gestiegen seien, wird die Behörde wieder tätig. Sie ruft am 08.08.2013 bei A an und weiht ihn in ihre Pläne ein, ihm die Betriebserlaubnis mit sofortiger Wirkung zu entziehen. Dies geschehe wegen seiner Steuerschulden. A entgegnet am Telefon, dass er doch nichts für seine Steuerschulden könne. Die letzten Geschäftsjahre seien eben schlecht gelaufen. Außerdem handele die Behörde jawohl „zu spät“, um ihm nun das Geschäft zu schließen. Er habe zudem nie seine Schulden verschwiegen. Er wolle sich dazu auch gerne nochmal im Laufe dieser Woche schriftlich äußern. Dies vergisst A in der Folgezeit aber.
Am 19.08.2013 erlässt der Oberbürgermeister, Abteilung Ordnungsamt daher eine Verfügung, wonach nach 1.) dem A seine Gaststättenlizenz entzogen werde. Seine Steuerschulden und seine fehlende Mitwirkung in behördlichen Verfahren lassen auf seine Unzuverlässigkeit schließen. Es sei nicht zu erwarten, dass sein Verhalten sich ändert. Unter 2.) wird mit entsprechender Begründung ausgeführt, dies sei sofortig vollziehbar. Gemäß 3.) drohe ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro, falls er entgegen der Verfügung seinen Betrieb fortführt.
A stellt am 20.08.2013 beim zuständigen Verwaltungsgericht den Antrag, „dem Oberbürgermeister mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, die Verfügungen gegen mich sofort zu vollstrecken“. Er begründet dies insbesondere damit, dass die Androhung des Zwangsgeldes gegen ihn unzumutbar sei.
Hat der Antrag des A, „dem Oberbürgermeister mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, die Verfügungen sofort zu vollstrecken“, Erfolg?

 
 

07.01.2014/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-01-07 16:00:542014-01-07 16:00:54Öffrecht ÖI – Dezember 2013 – 1. Staatsexamen NRW
Dr. Marius Schäfer

LG Bonn: Keine Entschädigung für Kunduz-Opfer im Rahmen eines Amtshaftungsanspruches

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Sachverhalt
In erster Instanz hat das LG Bonn am 11.12.2013 (1 O 460/11) in einem brisanten Fall entschieden, dass den Hinterbliebenen des Luftangriffs von Kunduz kein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 I 1 BGB i.V.m. Art. 34 1 GG zusteht.
Hintergrund des Verfahrens ist der von der Bundeswehr angeforderte US-Luftangriff zweier von den Taliban entführter Tanklaster am 04. September 2006, bei dem neben den aufständischen Talibankämpfern allerdings auch umstehende Personen – nach Einschätzungen der NATO insgesamt 142 Menschen – der Zivilbevölkerung ums Leben kamen. Zur Aufklärung dieses tragischen Vorfalles wurde in der Folge eigens ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingerichtet. Im Raum standen vorliegend Schadensersatzforderungen von insgesamt etwa 90.000 Euro, wobei die Bundeswehr an freiwilligen Wiedergutmachungsleistungen ohnehin bislang etwa eine halbe Million Euro an die Hinterbliebenen geleistet hat.
Das Urteil bietet an dieser Stelle Anlass genug, sich mit den Grundsätzen sowie den Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruches zu beschäftigen, um schließlich auf das Urteil des LG Bonn einzugehen.
 
Grundsätze des Amtshaftungsanspruches
Bei dem hier in Frage stehenden Amtshaftungsanspruch handelt es sich um die ausschließliche bzw. mittelbare Staatshaftung für rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten. Dabei ergänzt dieser Anspruch den verwaltungsprozessualen Rechtsschutz, indem für Amtspflichtverletzungen ein Schadensersatzverlangen hinzutritt, sofern ein Recht im Wege des Primärrechtsschutzes nicht durchsetzbar ist.
Der Inhalt dieses Anspruches richtet sich daher grundsätzlich nach den §§ 249 ff. BGB, jedoch eingeschränkt um die grundsätzliche Modifikation des ausschließlichen Anspruches auf Geldersatz nach § 251 I BGB, da sich die Haftung des Staates nur nach der Haftung des Amtswalters richten kann, der im Rahmen einer Naturalrestitution nicht öffentlich-rechtlich tätig zu werden im Stande ist.
Im Hinblick auf den Anspruchsgegner haftet nach der herrschenden Anvertrauens- bzw. Amtsübertragungstheorie grundsätzlich die Behörde, welche dem Amtsträger die jeweilige Aufgabe, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, „anvertraut“ bzw. „übertragen“ hat, was im Regelfall die Körperschaft sein wird, die diesen Amtsträger angestellt (Anstellungskörperschaft) und ihm damit die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet hat.
Für die gerichtliche Geltendmachung des Amtshaftungsanspruches hat der Gesetzgeber in Art. 34 3 GG den ordentlichen Rechtsweg verfassungsrechtlich normiert (siehe auch § 40 II 1 Alt.3 VwGO). Unabhängig vom Streitwert sind damit in erster Instanz die Landgerichte (§ 71 II Nr.2 GVG) sachlich zuständig.
 
Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruches
 
1. Anspruchsgrundlage
Als Grundlage dieses Anspruches ergeben sich die Voraussetzung nunmehr aus der Weiterführung des Art. 131 WRV in § 839 BGB (Haftungsbegründung) i.V.m. Art. 34 1 GG (Haftungsüberleitung). Beide Normen beeinflussen sich gegenseitig und sind daher im Zusammenspiel zu sehen. Im Ergebnis erfolgt hier eine Übernahme der Haftung durch den Staat, mit schuldbefreiender Wirkung für den Beamten, d.h. dass dieser von einer persönlichen Verantwortlichkeit jedenfalls im Außenverhältnis entlastet wird und der Geschädigte einen solventen Schuldner erhält.
 
2. Handeln eines Amtswalters
Der Begriff des „Beamten“ in § 839 I 1 BGB wirkt zwar eindeutig, doch wird dieser durch die Tatbestandsmodifikation des Art. 34 1 GG („jemand“) zu einem schwer zu bestimmenden Tatbestandsmerkmal des „Amtswalters“. Insofern ist nicht auf den statusrechtlichen Beamtenbegriff, sondern ausschließlich auf die hoheitliche Funktion abzustellen, die der Handelnde dem Bürger gegenüber im Außenverhältnis wahrnimmt (hoheitliches Handeln).
Der Begriff des Beamten im haftungsrechtlichen Sinne ist demnach funktional zu betrachten, womit insofern derjenige hierunter fällt, der in seiner konkreten Funktion mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt betraut ist. Erfasst ist somit jedes öffentlich-rechtliche Handeln von Exekutive, Judikative und Legislative, im Bereich der hoheitlich-obrigkeitlichen Verwaltung aber auch im Bereich der schlicht-hoheitlichen Leistungsverwaltung. Problematisch ist diese Einordnung jedoch dann, wenn ein öffentliches Amt durch Privatpersonen ausgeübt wird, was in der Regel durch Beliehene und Verwaltungshelfer geschieht, aber auch durch Personen, die als selbstständige Privatunternehmer vom Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben herangezogen werden.
 
3. Handeln in Ausübung eines öffentlichen Amtes
Ein öffentliches Amt wird regelmäßig dann ausgeübt, wenn im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben in den Formen des Öffentlichen Rechts wahrgenommen werden bzw. ein Tätigwerden in einem öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis vorliegt. Der Begriff „öffentliche Aufgabe“ ist dabei sehr weit zu fassen, da geradezu jede Tätigkeit eines Hoheitsträgers zumindest mittelbar einen Gemeinwohlbezug aufweisen kann. Unstreitig handelt es sich jedenfalls dann um eine öffentliche Aufgabe, wenn diese dem Staat – durch Gesetz oder Rechtsakt – zwingend zugeordnet wurde. Schwierigkeiten bestehen dann, wenn ein Hoheitsträger im Rahmen der Aufgabenerfüllung eine schädigende aber rechtlich neutrale Handlung begeht, sodass in diesem Falle auf den äußeren und inneren Funktionszusammenhang zwischen dem Realakt und der hoheitlichen Aufgabe abzustellen ist. Mit der herrschenden Meinung scheidet für verwaltungsprivatrechtliches Handeln ein Amtshaftungsanspruch jedenfalls von vorneherein aus.
Das Tatbestandsmerkmal des Handelns in Ausübung dient schließlich dazu, den Zurechnungszusammenhang zwischen hoheitlicher Aufgabe und Schädigungshandlung herzustellen, sodass ein solcher immer dann fehlt, wenn die Verletzungshandlung lediglich „bei Gelegenheit“ erfolgt ist.
 
4. Verletzung einer Amtspflicht
Zunächst ist hier das Vorliegen einer Amtspflicht festzustellen, hinsichtlich der wiederum eine Verletzungshandlung stattgefunden haben muss. Die Amtspflicht wird dabei als persönliche Verhaltenspflicht des Beamten im haftungsrechtlichen Sinn definiert, die ihm im Innenverhältnis gegenüber seinem Dienstherrn obliegt. Damit begründet insbesondere jede Verletzung von allgemeinen Obhuts- und Sorgfaltspflichten eine Amtspflichtverletzung. Als Grundlage für das Bestehen von speziellen Amtspflichten kommt jede Rechtsquelle in Betracht, während allgemeine Amtspflichten vor allem durch die Rechtsprechung ausgeformt wurden, wie die aus Art. 20 III GG abgeleitete Amtspflicht zu rechtmäßigem Handeln. Zudem begründet aber auch bereits jede Rechtspflichtverletzung im Außenverhältnis eine Amtspflichtverletzung, da sich das Rechtmäßigkeitserfordernis jeden staatlichen Handelns (Art. 20 III GG) auch auf den für den Hoheitsträger handelnden Amtswalter erstrecken muss.
 
5. Drittbezogenheit der verletzten Amtspflicht
Bei der notwendigen Verbindung zwischen der Außenwirkung der Amtspflichtverletzung und dem entstandenen Schaden findet eine Beschränkung auf die Verletzung solcher Amtspflichten statt, deren Sinn und Zweck darin besteht, ein besonderes Näheverhältnis zwischen Bürger und Staat herzustellen. Die verletzte Amtspflicht muss also zumindest auch gegenüber dem Geschädigten bestehen und gerade den Schutz desjenigen bezwecken – der Amtshaftungsanspruch ist damit als Korrelat zum subjektiven Primärrechtsschutz zu betrachten, welcher wiederum von einer entsprechenden Schutznorm abhängig ist (siehe § 42 II VwGO). Um die Drittbezogenheit einer Amtspflicht bejahen zu können, muss die Amtspflicht im Ergebnis kumulativ einen generellen, personalen sowie sachlichen Drittbezug aufweisen können.
Fraglich ist in diesem Kontext, ob der Staat auch für rechtswidrige Gesetzgebungsakte sowie für eine rechtswidrige Unterlassung eines Gesetzgebungsaktes haftet. Während teilweise eine Haftung für legislatives bzw. normatives Unrecht bejaht wird, verneint die h.M. dies mit dem Hinweis auf den generellen Charakter von Normen, welche der Gesetzgeber ausschließlich im Allgemeininteresse erlässt (Ausnahme: Zulässige Maßnahmen- und Einzelfallgesetze). Weitere Probleme können sich in diesem Zusammenhang im Rahmen des sachlichen Schutzbereichs der Amtspflicht, des Drittbezuges zwischen Hoheitsträgern sowie beim Drittbezug von innerbehördlichen Vorgängen ergeben.
 
6. Verschulden
Die Amtspflichtverletzung muss durch den handelnden Amtswalter verschuldet worden sein. Zu fordern ist im Rahmen des abstrakt zu bildenden Verschuldensmaßstabs eine subjektive Vorwerfbarkeit  des jeweiligen Fehlverhaltens. In Ermangelung einer entgegenstehenden Vorschrift ist der objektivierte Verschuldensmaßstab des § 276 I 1 BGB (Vorsatz und Fahrlässigkeit) anhand einer objektiven Sorgfaltsanforderung heranzuziehen, wobei eine Amtspflichtverletzung ein Verschulden grundsätzlich zu indizieren vermag. Probleme können dann entstehen, wenn ein Kollegialorgan eine Amtspflichtverletzung begangen hat oder wenn eine unrichtige Rechtsanwendung – bei zweifelhafter Rechtslage – durch die Exekutive vorgenommen wurde.
 
7. Schaden
Der Geschädigte muss einen Schaden an einem seiner Rechtsgüter erlitten haben. Erfasst werden von § 839 BGB alle in Frage kommenden Rechtsgüter. Das Vorliegen eines Vermögensschadens ist mittels der Differenzhypothese festzustellen: Ein Schaden ist zu bejahen, wenn der jetzige, tatsächliche Wert des Vermögens geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis aufweisen würde (§ 249 I BGB). Eine Einschränkung findet jedoch dahingehend statt, da das Rechtsgut überhaupt vom sachlichen Schutzbereich der verletzten Amtspflicht erfasst sein muss.
 
8. Haftungsausfüllende Kausalität
Das Erfordernis des Ursachenzusammenhangs zwischen Rechtsgut- bzw. Amtspflichtverletzung und Schaden folgt bereits aus dem Wortlaut des § 839 BGB. Wie dies im gesamten Schadensrecht der Fall ist, gilt auch hier das Erfordernis der sozial-adäquaten Verursachung, mit einer zugrunde zu legenden dreistufigen Prüfung: Dabei ist zunächst festzustellen, ob die Rechtsgutverletzung äquivalent kausal für den Schaden war (conditio-sine-qua-non-Formel). Auf der zweiten Stufe ist die adäquate Kausalität zu prüfen, d.h. dass die Möglichkeit des Schadenseintritts nicht so weit entfernt sein darf, dass diese nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Auf der dritten Stufe ist schließlich der Schutzzweck der Norm zu prüfen, bei der eine Schadensersatzpflicht nur zu bejahen ist, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der jeweils verletzten Norm fällt. Bei einer fehlerhaften Ermessensentscheidung ist im übrigen eine besonders strenge Anforderung an die Prüfung der Kausalität zu stellen.
 
9. Haftungsbeschränkungen
Im Rahmen der Haftungsbeschränkungen sind i.E. insbesondere sondergesetzliche Haftungsbeschränkungen, die Subsidiaritätsklausel (§ 839 I 2 BGB), das Richterspruchprivileg (§ 839 II 1 BGB), ein mögliches Rechtsschutzversäumnis (§ 839 III BGB), ein etwaiges Mitverschulden (§ 254 BGB) sowie eine gegebenenfalls vorliegende Verjährung (siehe §§ 195, 199 BGB) zu beachten.
 
Rechtliche Würdigung
Wenngleich sich das LG Bonn für zuständig erkannte und bereits zuvor auf eine gütliche Einigung zwischen den Parteien mehrfach hinzuwirken versuchte, wies es die Klage der Hinterbliebenen dennoch aus materiell-rechtlichen Erwägungen ab.
Das LG Bonn führte in seiner Begründung im Wesentlichen aus, dass obwohl selbst im Ausnahmefall einer kriegerischen Auseinandersetzung ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 I 1 BGB i.V.m. Art. 34 1 GG dem Grunde nach begründet sein könne, die Regeln des humanitären Völkerrechts das deutsche Deliktsrecht suspendierten, sodass dieses nicht der Maßstab für die Beurteilung einer Amtspflichtverletzung des handelnden Offiziers sein könne. Vielmehr sei in diesem Kontext und dieser Umgebung schlicht mehr „erlaubt“. Zwar obliege dem befehlshabenden Offizier grundsätzlich die Pflicht, vor einem solchen Luftangriff die genau Sachlage aufzuklären, um eine Gefahr für Zivilisten vor Ort auszuschließen und das Ziel hinreichend als militärisch zu identifizieren, doch sei dieser Verpflichtung bereits dadurch ausreichend nachgekommen, da eine wiederholte Überprüfung der Plausibilität von Hinweisen eines Informanten durchgeführt wurde, um sich so zu vergewissern, dass sich bei den Tanklastern keine Zivilisten aufhielten. Dazu wurden Luftbild-Aufnahmen miteinander abgeglichen, auf denen die vorhandenen Personen nur als unterschiedslose Punkte erkennbar gewesen seien, sodass man von diesen Punkten nicht etwa auf die Größe oder das Alter der Personen hätte schließen oder gar feststellen können, ob diese Waffen bei sich geführt haben. Schließlich seien die aufständischen Taliban sowie die entführten Tanklaster unstreitig als ein militärisches Ziel zu klassifizieren gewesen, sodass es auch keiner vorherigen Warnung bedurft habe.
Bedeutsam in Frage stand damit insofern das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „Verletzung einer Amtspflicht“, was das LG Bonn im Ergebnis ablehnte und so einen Amtshaftungsanspruch ausschließen konnte. Unter Verweis auf eine Entscheidung des BVerfG (Beschlüsse v. 13.08.2013 – 2 BvR 2660/06, 2 BvR 487/07) könne Privatpersonen darüber hinaus auch kein gleichartiger Anspruch unmittelbar aus dem Völkerrecht zugebilligt werden. Insofern war der Schadensersatzklage kein Erfolg beschieden.
 
Abschließende Bewertung
Da die erste Instanz eine Berufung zugelassen hat, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Rechtslage erneut gerichtlich überprüft wird und dabei auch Fragen geklärt werden, die das LG Bonn unbeantwortet lassen konnte, wie z.B. die Bestimmung des richtigen Beklagten. Das LG Bonn hat sich in seiner Urteilsfindung jedenfalls nicht von Emotionen leiten lassen, sondern die Rechtslage ausschließlich materiell-rechtlich bestimmt und letztlich ein rechtlich nachvollziehbares Urteil präsentiert. Ob dies auch der nachfolgenden Instanz im Rahmen einer möglichen Berufung gelingen würde, bleibt abzuwarten. Rechtlich wird dann entscheidend zu klären sein, ob und inwieweit hier hoheitliche Tätigkeiten von welcher Institution ausgeführt wurden und ob kriegerische Auseinandersetzungen tatsächlich ein haftungsrechtlich rechtsfreier oder zumindest stark eingeschränkter Raum sind.
 
““

13.12.2013/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-12-13 13:00:352013-12-13 13:00:35LG Bonn: Keine Entschädigung für Kunduz-Opfer im Rahmen eines Amtshaftungsanspruches
Dr. Marius Schäfer

BVerfG: Rechtsprechungsüberblick im Verfassungsrecht (2. und 3. Quartal/2013)

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BVerfG: Rechtsprechungsüberblick im Verfassungsrecht
Gerne präsentieren wir euch hiermit wieder eine Reihe von Entscheidungen, die das Bundesverfassungsgericht in der jüngsten Zeit getroffen hat und die Anlass zum aufmerksamen Studieren geben sollten. Gerade im Hinblick auf die Vorbereitung zur Mündlichen Prüfung ist ein aktueller Kenntnisstand der Rechtsprechung unerlässlich. Daneben fließen Entscheidungen dieses hohen Gerichtes regelmäßig in Anfangssemester- oder Examensklausuren ein. Dargestellt wird in diesem Beitrag insofern – gerade anhand der betreffenden Leitsätze , Pressemitteilungen oder kurzen Ausführungen aus den Gründen – eine überblicksartige Auswahl aktueller Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, welche ihr nachschlagen solltet.
BVerfG vom 24.04.2013 – 1 BvR 1215/07:

1. Die Errichtung der Antiterrordatei als Verbunddatei verschiedener Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, die im Kern auf die Informationsanbahnung beschränkt ist und eine Nutzung der Daten zur operativen Aufgabenwahrnehmung nur in dringenden Ausnahmefällen vorsieht, ist in ihren Grundstrukturen mit der Verfassung vereinbar.
2. Regelungen, die den Austausch von Daten der Polizeibehörden und Nachrichtendienste ermöglichen, unterliegen hinsichtlich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gesteigerten verfassungsrechtlichen Anforderungen. Aus den Grundrechten folgt ein informationelles Trennungsprinzip, das diesen Austausch nur ausnahmsweise zulässt.
3. Eine Verbunddatei zwischen Sicherheitsbehörden wie die Antiterrordatei bedarf hinsichtlich der zu erfassenden Daten und ihrer Nutzungsmöglichkeiten einer hinreichend bestimmten und dem Übermaßverbot entsprechenden gesetzlichen Ausgestaltung. Das Antiterrordateigesetz genügt dem nicht vollständig, nämlich hinsichtlich der Bestimmung der beteiligten Behörden, der Reichweite der als terrorismusnah erfassten Personen, der Einbeziehung von Kontaktpersonen, der Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten, der Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten und der Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht.
4. Die uneingeschränkte Einbeziehung von Daten in die Antiterrordatei, die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden, verletzt Art. 10 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 GG.

BVerfG vom 07.05.2013 – 2 BVR 909/06:

Die Ungleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern in den Vorschriften der §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zum Ehegattensplitting ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

Siehe auch unser Artikel vom 06.06.2013.
BVerfG vom 08.05.2013 – 1 BvL 1/08:

Allgemeine Studiengebühren sind mit dem Teilhaberecht auf Zulassung zum Hochschulstudium aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, solange sie nicht prohibitiv wirken und sozial verträglich ausgestaltet sind.
Die Bremische Landesregelung, die bei der Auferlegung von Studiengebühren nach der Wohnung zugunsten von Landeskindern unterscheidet, verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie den danach notwendigen freien und gleichen Hochschulzugang in einem bundesweit zusammenhängenden System ohne hinreichenden Sachgrund beeinträchtigt.

BVerfG vom 14.05.2013 – 2 BvR 547/13

Der Präsident des Deutschen Bundestages wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin (Anm.: Nationaldemokratische Partei Deutschlands, NPD)die vom Bund zu leistenden Abschlagszahlungen zum 15. Mai 2013 und zum 15. August 2013 entsprechend seinem Schreiben an die Antragstellerin vom 31. Januar 2013 in Höhe von jeweils 303.414,05 Euro ohne Verrechnung mit dem im Bescheid vom 26. März 2009 festgesetzten Zahlungsanspruch zu zahlen.

BVerfG vom 19.06.2013 – 2 BvR 1960/12:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Bürger das Risiko des Nichtzugangs einer an ihn adressierten Mitteilung des Gerichts trägt.

BVerfG vom 19.06.2013 – 1 BvR 667/13:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit aus dem Dienst- und Werkvertragsrecht.

BVerfG vom 02.07.2013 – 1 BvR 1751/12 (siehe Pressemitteilung):

Eine Rechtsanwaltskanzlei im Rahmen eines Zivilprozesses als  „Winkeladvokatur“ zu bezeichnen, kann von der Meinungsfreiheit gedeckt  sein. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem heute veröffentlichten Beschluss vom 2. Juli 2013 und hob daher die angegriffenen Unterlassungsurteile auf. Es obliegt nun den Zivilgerichten, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des  kritisierten Anwalts abzuwägen.

BVerfG vom 02.07.2013 – 2 BvR 2392/1:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die im Anschluss an eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung erfolgte Anordnung der Entnahme von Körperzellen und der molekulargenetischen Untersuchung derselben zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren.

BVerfG vom 05.07.2013 – 1 BvR 1018/13:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Zivilrechtsstreit aus dem Nachbarschaftsrecht.

BVerfG vom 09.07.2013 – 2 BvC 7/10:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Gültigkeit der Europawahl 2009. Er beanstandet den Verzicht auf das Begründungserfordernis für die Teilnahme an der Briefwahl und rügt die aus seiner Sicht mangelnde Fälschungssicherheit und das erhöhte Risiko der ungewollten Abgabe ungültiger Stimmen bei der Briefwahl.

BVerfG vom 11.07.2013 – BvR 2302/11:

Der Beschwerdeführer wendet sich unmittelbar gegen seine gerichtlich angeordnete Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz. Mittelbar sind die Verfassungsbeschwerden gegen die Vorschriften des Therapieunterbringungsgesetzes selbst gerichtet.

BVerfG vom 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11:

1. Wird die Rüge einer Gehörsverletzung weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen, hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab.
2. Aus Gründen der Subsidiarität müssen Beschwerdeführer allerdings zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

Siehe auch unser Artikel vom 15.08.2013.
BVerfG vom 24.07.2013 – 1 BvR 444/13:

Die Verfassungsbeschwerden betreffen eine strafgerichtliche Verurteilung der Beschwerdeführer wegen übler Nachrede.

BVerfG vom 13.08.2013 – 2 BvR 2660/06:

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Bundesrepublik Deutschland für die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen als Folge der Zerstörung einer Brücke in der serbischen Stadt Varvarin am 30. Mai 1999 während der gegen die Föderative Republik Jugoslawien geführten Luftoperation „Allied Force“ der Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO).

BVerfG vom 26.08.2013 – 2 BvR 371/12 (siehe Pressemitteilung):

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat der Verfassungsbeschwerde des Gustl Ferdinand Mollath gegen Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg stattgegeben. Die in den Beschlüssen des Jahres 2011 aufgeführten Gründe genügen nicht, um die Fortdauer der Unterbringung zu rechtfertigen. Die Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG). Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Bamberg zurückverwiesen.

13.09.2013/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-09-13 08:00:542013-09-13 08:00:54BVerfG: Rechtsprechungsüberblick im Verfassungsrecht (2. und 3. Quartal/2013)
Redaktion

ÖffRecht Ö II – April 2013 – 1. Staatsexamen Berlin, Brandenburg

Berlin, Brandenburg, Examensreport

Vielen Dank an André  für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im April 2013 in Berlin und Brandenburg gelaufenen Klausur im öffentlichen Recht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen. In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf unseren Artikel vom 24.11.2010.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie
veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
Der Flughafen Frankfurt am Main wird von der F Aktiengesellschaft betrieben, in deren Eigentum auch das Flughafengelände steht. Die Anteile der F AG werden zu 32 % vom Land Hessen, zu 20 % von der Stadt Frankfurt am Main und zu 19 % von der BRD gehalten; der Rest befindet sich im Streubesitz privater Anleger. Der Flughafen weist – außer der für die Abwicklung des Flugverkehrs bestimmten Infrastruktur – zahlreiche Einrichtungen zu Zwecken des Konsums und der Freizeitgestaltung auf, die auch von anderen Personen als von Fluggästen genutzt werden können. Der Vorstand der F AG verfolgt beim Betrieb des Flughafens das Konzept eines „Einkaufszentrums mit Landebahn“ bzw. einer Kombination von „Verkehrs- und Erlebniswelten“; im Gebäude befinden sich ca. 50 Restaurants und etwas 100 Ladengeschäfte, Banken, Friseure und sonstige Dienstleister. Ferner finden im Flughafengebäude mehrmals im Jahr größere Veranstaltungen statt, darunter die so genannte „Airport-Night“ mit künstlerischen Darbietungen aller Art und Tausenden von Gästen.
Die Nutzung des Flughafengebäudes durch Fluggäste und anderen Kunden hat die F AG in der Flughafenbenutzerordnung geregelt. Danach bedarf u.a. das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften der Einwilligung der F AG. Zuwiderhandlungen gegen die Flughafenbenutzerordnung können durch einen Verweis vom Flughafengelände geahndet und zur Anzeige gebracht werden.
Der in Hessen ansässige A Verein, der im Vereinsregister des zuständigen AG Frankfurt a. M. eingetragen ist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Öffentlichkeit gegen die Aufschiebung von Ausländern unter Mitwirkung privater Fluggesellschaften zu mobilisieren. Fünf Mitglieder des Vereins errichten am 11.03.2010 in der Abflughalle des Frankfurter Flughafens am Abfertigungsschalter einer der betreffenden Fluggesellschaften einen Aktionsstand, der aus zwei Klapptischen bestand und hinter dem ein ca. 2 Meter breites Banner mit dem Motto des Vereins „Solidarisch gegen Abschiebung“ angebracht war. Neben diversen Plakaten und Broschüren, die an dem Aktionsstand angehängt bzw. auf den Tisch ausgelegt waren, wurden von den Vereinsmitgliedern Passanten und Reisende angesprochen und Flugblätter an sie verteilt, die den Namen der mit den jeweiligen Flügen abzuschiebenden Personen nannten und Angaben zu deren Schicksal enthielten. Die Flugblätter wurden auch gezielt an solche Reisenden verteilt, die mit demselben Flugzeug fliegen würden, mit dem Ziel, sie für die Zwecke des Vereins zu „mobilisieren“. Ferner lag eine Unterschriftenliste aus, auf der man seine Solidarität mit den abzuschiebenden Personen und die Verurteilung der deutschen Abschiebepraxis kundtun konnte. Innerhalb weniger Stunden hatte sich am Aktionsstand eine ca. 50-köpfige Menschmenge gebildet, deren Teilnehmer sich fast ausnahmslos in die Unterschriftenliste eingetragen hatten und von denen nun ihrerseits einige Personen versuchten, noch mehr Aufmerksamkeit für die Initiative zu erreichen.
Mit Schreiben vom 12.03.2010 erteilte die F AG allen Mitgliedern des Vereins daraufhin ein unbefristetes „Flughafenverbot“ mit dem Hinweis, dass gegen sie Strafantrag wegen Hausfriedensbruch erstattet werde, sobald sie erneut „unberechtigt“ auf dem Flughafen angetroffen werden. Das Verbot bezog sich insbesondere auf mit der F AG nicht abgestimmte Demonstrationen und vergleichbare Aktionen, wie etwa die Verteilung von Prospekten, Flugblättern oder das Aufstellen von Transparenten, hinderte die Mitglieder des Vereins jedoch nicht, den Terminal zu Reisezwecke bzw. die auf dem Flughafen befindlichen Geschäfte als Kunden zu nutzen. Die F AG begründete das Verbot mit den nicht abzusehenden Gefahren, die sich aus der Störung des Flughafenbetriebes ergeben könnten. Gerade ein so sicherheitssensibler Bereich wie der Flugbetrieb sei anfällig für Störungen und müsse umfassend geschützt werden. Da der A Verein weitere, in gleicher Weise organisierte Aktionen gegen Abschiebungen auf den Flughafen plante, entschied er, gegen das Flughafenverbot vorzugehen.
Die vom A Verein vor dem Zivilgericht gegen die F AG erhobene Klage mit dem Ziel, die F AG zu verurteilen, das erteilte Demonstrations- und Meinungskundgabeverbot für den Bereich des Flughafens aufzuheben, blieb allerdings in allen Instanzen ohne Erfolg. Die Zivilgerichte hielten das Verbot für rechtmäßig und von §§ 903, 1004 BGB gedeckt. Die F AG habe als Eigentümer des Flughafengeländes die Befugnis, den Zutritt nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben und die Einhaltung dieser Zwecke mittels eines Flughafenverbots durchzusetzen. Das Hausrecht ermögliche dem Flughafenbetreiber den Betrieb zu organisieren. Hiermit verbundene Grundrechtseinschränkungen seien grds. hinzunehmen.
Der A Verein erhebt daher zum einen unmittelbar gegen das Flughafenverbot der F AG und zum anderen gegen die zivilgerichtlichen Entscheidungen form- und fristgerecht Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Da die Anteile an der F AG mehrheitlich von der öffentlichen Hand gehalten werden, sei die F AG unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Dieser Grundrechtsbindung werde durch das Verbot und die klageabweisenden Urteile der Zivilgerichte nicht hinreichend Rechnung getragen. Durch das Verbot sei der Verein in seinen Grundrechten aus Art. 8 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG verletzt. Weder sei eine Störung des Flughafenbetriebs beabsichtigt gewesen, noch habe eine ernsthafte Gefahr für den Flughafenbetrieb bestanden. Auch der Geschäftsbetrieb auf dem Flughafengelände sei, was durch die dort ansässigen Ladenbesitzer bestätigt worden ist, nicht beeinträchtigt gewesen. Ferner überschreite das Verteilen von Flugblättern nicht den Rahmen des von der F AG eröffneten Allgemeinverkehrs. Stellen Eigentümer, ob staatliche oder private, eine Fläche regelmäßig der Öffentlichkeit als Flanier- und Konsummeile zur Verfügung, seien sie zur Überlassung dieser Fläche auch zu Zwecken der Grundrechtsausübung verpflichtet.
Aufgabe: Prüfen sie gutachterlich, ob die Verfassungsbeschwerde des A Vereins vor dem BVerfG sowohl gegen das Flughafenverbot der F AG als auch gegen die zivilgerichtliche Entscheidungen zulässig und – ggf. –  begründet wäre.
Dabei ist auf alle im Sachverhalt insoweit angesprochenen Rechtsfragen, ggfs. in einem Hilfsgutachten, einzugehen.
Soweit es für das Gutachten darauf ankommen sollte, ist das Versammlungsgesetz des Bundes anzuwenden.

03.05.2013/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-05-03 17:00:302013-05-03 17:00:30ÖffRecht Ö II – April 2013 – 1. Staatsexamen Berlin, Brandenburg
Redaktion

ÖffRecht Ö I – April 2013 – 1. Staatsexamen Berlin, Brandenburg

Berlin, Brandenburg, Examensreport

Vielen Dank an Micha für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im April 2013 in Berlin und Brandenburg gelaufenen Klausur im öffentlichen Recht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie
veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
In Bezug auf den Sachverhalt der hier zu bearbeitenden Klausur sei auf die Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz Berlin vom 14.09.2012 verwiesen.

03.05.2013/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-05-03 15:00:582013-05-03 15:00:58ÖffRecht Ö I – April 2013 – 1. Staatsexamen Berlin, Brandenburg
Dr. Marius Schäfer

VG Aachen: Aufenthaltsverbote bei Heimspielen für gewaltbereite Fans der Alemannia Aachen rechtens

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Sachverhalt
Innerhalb der in Deutschland fast bespiellos gespaltenen Fanszene des Vereines und Fußballclubs Aachener Turn- und Sportverein Alemannia 1900 e. V. (kurz: Alemannia Aachen) gibt es auch durchaus solche Fangruppierungen, die nicht nur eine unterschiedliche Fanzugehörigkeit, sondern auch eine divergierende politische Einstellung zum Anlass nehmen, Gewalt gegenüber Fußballfans anderer Vereine oder sogar der des „eigenen“ Vereines anzuwenden. Insbesondere die Gruppe „Alemannia Supporters“ gerät dabei fortwährend in das Rampenlicht der Medienberichterstattung sowie der Polizei, nachdem es bereits im Dezember 2011, im Verlaufe des Heimspieles der Alemannia gegen Erzgebirge Aue, zu gewaltsamen Übergriffen auf die Fangruppen der „Aachen Ultras“ (ACU) gekommen ist.
So kam es auch im Rahmen des Auswärtsspieles der Alemannia Aachen bei Preußen Münster am 16.03.2013 in der dritten deutschen Fußball-Liga (Anmerkung: Das Spiel endete 4:1 für Preußen Münster) abermals zu tätlichen Ausschreitungen zwischen verschiedenen Fanlagern, wobei dies größtenteils von eigens mit zwei Bussen angereisten Mitgliedern der „Alemannia Supporters“ ausging. Unmittelbare Folge dieser Ausschreitungen war, dass die Polizei dies zum Anlass nahm gegenüber sämtlichen betroffenen Fans, die mehrheitlich Mitglieder oder zumindest unmittelbare Unterstützer dieser Fangruppierung sind, ein Aufenthaltsverbot für die restlichen Heimspiele der Alemannia Aachen innerhalb der Saison 2012/2013 anzuordnen. Die ausgesprochenen Aufenthaltsverbote hat das Verwaltungsgericht Aachen mit noch nicht veröffentlichen Beschlüssen vom 26.04.2013 (Az.: 4 L 162/13 und andere) bestätigt.
 
Rechtliche Würdigung
In der aus rechtlichen Gesichtspunkten durchaus interessanten Hauptsache ist zunächst festzustellen, dass es sich hierbei um eine Anfechtungssituation handelt, da sich die betroffenen Fans gegen das von der Polizei ausgesprochene Aufenthaltsverbot wenden, welches unproblematisch einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 I VwVfG darstellt. Angesichts des am 23.11.2012 gestellten Insolvenzantrages der abstiegsbedrohten Alemannia hat sich das Aufenthaltsverbot, das für die restlichen Heimspiele der noch laufenden Saison gilt, im Übrigen noch nicht erledigt, denn der Spielbetrieb wurde bislang noch nicht eingestellt und es ist im Übrigen auch zu erwarten, dass die restlichen Heimspiele dennoch stattfinden werden. Die Durchsetzung der Regelung ist damit nicht sinnlos geworden, sodass die rechtliche Beschwer des Aufenthaltsverbotes erhalten bleibt.
Die Prüfung der Begründetheit hält im Grunde lediglich zu Beginn eine Tücke parat, denn so erfordert jeder Eingriff in die (Grund-)Rechte des Bürgers, im Sinne des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes (abgeleitet aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 III GG), eine hinreichende Rechtsgrundlage. Offensichtlich scheiden spezialgesetzliche Rechtsgrundlagen aus, sodass lediglich das Polizeigesetz NRW eine solche Rechtsgrundlage vorsehen könnte.
Zu denken wäre zunächst an eine sogenannte Standardmaßnahme gemäß § 34 I PolG NRW (Platzverweisung), wonach die Polizei eine Person, zur Abwehr einer Gefahr (siehe § 8 PolG NRW), von einem Ort verweisen oder ihr das Betreten eines Ortes verbieten kann. Nach dem Wortlaut des § 34 I PolG NRW ist ein solches Verbot des Aufenthalts an einem Ort jedoch nur vorübergehend zu erteilen, was in etwa der typischen Dauer eines Hilfs- oder Rettungsdienst-Einsatzes entsprechen dürfte und auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sein kann, führt man sich hier vor Augen, dass das Aufenthaltsverbot für die Dauer mehrerer Heimspiele ausgesprochen wurde.
Bevor man sich zur Heranziehung einer Rechtsgrundlage auf die Generalklausel des § 8 I PolG NRW stürzt und das Aufenthaltsverbot damit als atypische Maßnahme der Gefahrenabwehr behandeln will, womit eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich wäre, sollte jedoch § 34 II PolG NRW nicht übersehen werden. Demnach kann es einer Person für eine bestimmte Zeit verboten werden, einen örtlichen Bereich im Sinne des § 34 II 2 PolG NRW zu betreten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in eben diesem Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Vor diesem Hintergrund könnte es hier problematisch sein, ob die Polizeibehörde mit der angeordneten Maßnahme auf Tatbestandsebene überhaupt rechtmäßig gehandelt hat, denn so erging im Hinblick auf die vorangegangenen Vorfälle im März 2013 pauschal gegenüber jedem dabei anwesenden Fan ein solches Aufenthaltsverbot, unabhängig von der Feststellung, ob tatsächlich eine Beteiligung an der Auseinandersetzungen oder eine Mitgliedschaft bei der Gruppe „Alemannia Supporters“ nachgewiesen werden kann. Obwohl es an diesem Tag zu tätlichen Auseinandersetzungen und damit auch zu Straftaten gekommen ist, sollte es gerade gegenüber mitreisenden Fans, die zumindest nicht direkt der gewaltbereiten Fangruppierung angehören, fraglich sein, ob eine derart angestellte Vermutung den Voraussetzungen des § 34 II PolG NRW entspricht und diesen so unterstellt werden kann, auch in Zukunft bei Spielen der Alemannia für tätliche Auseinandersetzungen zu sorgen oder zumindest hierzu beizutragen.
Von daher liegt hier der Schwerpunkt dieses Falles verborgen, denn an dieser Stelle ist eine besonders fundierte Begründung anzustellen, auf die aber leider nicht hinreichend eingegangen werden kann, da die Veröffentlichung des Beschlusses noch nicht vorliegt. Das VG Aachen stellte diesbezüglich jedenfalls klar, dass es in Bezug auf die angeordnete Maßnahme schon ausreiche, der Gruppe vom 16.03.2013 bloß angehört zu haben, ohne dabei unmittelbar als Mitglied der „Alemannia Supporters“ zu gelten. Demnach sei es also allein ausschlaggebend, wenn auch nur mittelbar bereits dem Umfeld dieser gewaltbereiten Fangruppierung zugerechnet werden zu können, da ein solcher Fan sich dennoch mit dieser Gruppe auf den Weg gemacht habe, um eine gewalttätige Auseinandersetzung mit der Polizei und den gegnerischen Fans zu suchen. Im Übrigen müsse für Mitglieder und unmittelbare Unterstützer der „Alemannia Supporters“ ein solcher Maßstab erst recht angelegt werden.
Des Weiteren ist zu beachten, dass es sich bei § 34 II PolG NRW um eine Maßnahme handelt, deren Erlass im Ermessen der zuständigen Behörde steht, womit die bekannte Problematik der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens zu diskutieren wäre. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass der Erlass einer solchen Maßnahme im Rahmen der Erforderlichkeit an gewisse Grenzen bzw. besonders hervorgehobene Verhältnismäßigkeitsvorbehalte gebunden ist: Nach § 34 II 3 PolG NRW ist die Maßnahme zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken, wobei gemäß § 34 II 4 PolG NRW die Dauer von drei Monaten nicht überschritten werden darf. Da das letzte Heimspiel der Alemannia Aachen voraussichtlich am 11.05.2013 gegen den VfB Stuttgart II stattfinden wird, sind zumindest die zeitlichen Grenzen des Aufenthaltsverbotes unproblematisch eingehalten. Auch der örtliche Umfang des Aufenthaltsverbotes dürfte hier letztlich keine Schwierigkeiten bereiten, sofern es sich auf das unmittelbare Umfeld des Stadions sowie die An- und Abfahrtswege der Fans bezieht.
 
Bewertung
Die in der Vergangenheit vermehrt aufgekommene und zum größten Teil auch undifferenziert geführte Diskussion zum Thema „Gewalt bei Fußballfans“ sollte – unabhängig vom eigenen Empfinden – für einen Studenten der Rechtswissenschaften nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hierin auch ein Potenzial für mögliche Anfänger- oder Examensklausuren verbirgt. Dem aufmerksamen Student sollte daher ans Herz gelegt werden, sich auch für die Vorgänge innerhalb der sogenannten „Dritten Halbzeit“ und nicht nur für das Geschehen auf dem Fußballplatz zu interessieren. Insbesondere im Polizeirecht lassen sich aktuelle Ereignisse unproblematisch zu Klausuren verarbeiten.
In dieser Sache bleibt zur weiteren Erläuterung die Veröffentlichung dieses Beschlusses abzuwarten, wobei insbesondere die Begründung für ein pauschales Aufenthaltsverbot genau begründet werden müsste, um nicht alle Fußballfans unter den Generalverdacht der Gewaltbereitschaft derart abzustrafen, ohne auf die tatsächlichen Geschehnisse einzugehen und die bloße mittelbare Zugehörigkeit zu einer gewissen Fangruppierung ausreichen zu lassen. Zwar mag ein solches Vorgehen der Polizei zweckmäßig erscheinen, doch ist es hier mehr als fraglich, ob solche einschneidenden Sanktionen, die im Übrigen einen Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit (Art. 2 II 2; Art. 104 I GG) darstellen, einzig durch eine bloße Gruppenzugehörigkeit zu rechtfertigen sind. Die Welt des Fußballs darf kein rechtsfreier Raum sein – und dies muss für beide Seiten gelten, auch für den Staat.
 

02.05.2013/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-05-02 10:50:122013-05-02 10:50:12VG Aachen: Aufenthaltsverbote bei Heimspielen für gewaltbereite Fans der Alemannia Aachen rechtens
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