Vielen Dank für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der ersten gelaufenen Klausur des Öffentlichen Rechts im 1. Staatsexamen in NRW im Mai 2016. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
A betreibt ein kleines Ladenlokal in der kreisfreien Stadt S. Dort befindet sich das Grundstück in einem Gebiet, dessen Bebauungsplan keine Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung vorsieht. In dem Gebiet befin-den sich vorwiegend Mehrfamilien – Wohnhäuser aber auch eine Gaststätte, ein Café und drei kleinere Hand-werksbetriebe, die über das gesamte Gebiet verteilt sind.
A erhielt für dieses Ladenlokal eine Baugenehmigung im Jahre 2008 auf Antrag bei der zuständigen Behörde.
A betreibt entsprechend dem Nutzungszweck in der Baugenehmigung in seinem Laden eine Lotto – Annahme-stelle, in der er die Lottoscheine entgegennimmt und Gewinne auszahlt. Weiter nimmt er auch Totoscheine an und verkauft Zeitschriften sowie Tabakwaren. In seinem Geschäft steht ein Tisch zum Ausfüllen der Lotto – und Totoscheine, sowie die Ladentheke und diverse Regale für die Zeitschriften. Die Fläche des Ladeninnenraumes beträgt 60m². Die Ladenöffnungszeiten belaufen sich Werktags zwischen 7:00 und 18:30h sowie sonnabends von 7:00 – 12:30h. Die Kunden kommen fast ausschließlich aus den umliegenden Mehrfamilienhäusern.
Nachdem A sein Geschäft über die Jahre hinweg betreibt, muss er viele Verluste hinnehmen, sodass A sich im Jahr 2015 entschließt, sein Geschäft umzugestalten. A möchte zusätzlich für einen Wettanbieter dessen Sitz auf Malta liegt, Wetten auf diverse Sportereignisse verteilen und annehmen. Entsprechende Gewinne der wettenden Kunden zahlt er an diese bei erfolgreicher Wette aus.
Um seinen Plan zu verwirklichen, möchte A aber ganz sicher gehen. Er glaubt zwar, dass die 2008 erteilte Bau-genehmigung auch diese Nutzung gestattet. Er ruft aber zur Sicherheit bei der Bauaufsichtsbehörde an und fragt, ob auch dieses Angebot mit der Baugenehmigung von 2008 im Einklang steht. Daraufhin erhält er die Antwort, dass die Bauaufsichtsbehörde annimmt, dass dies nicht mehr im Einklang mit der Genehmigung steht und daher eher nicht umgesetzt werden sollte.
A bleibt von dieser Information aber unbehelligt und gestaltet sein Ladenlokal entsprechend um. Dazu baut er 4 Tische mit je 6 Sitzplätzen auf und installiert sieben Monitore. Auf fünf dieser Monitore lässt er aufzeichnungen oder Live – Übertragungen der jeweiligen Sportereignisse laufen. Auf den anderen beiden werden die Quoten für das jeweilige Ereignis präsentiert. Er ändert außerdem die Öffnungszeiten des Lokals, sodass der Zugang von nun an Von Montag bis Sonnabend zwischen 11:00 und 23:00h möglich ist. A führt sein Geschäft mit die-sem Modell weiter.
Als bei einer rechtmäßigen Kontrolluntersuchung seines Ladenlokals durch die Baubehörde am 27.04.2015 auffällt, dass A seinen Laden umgestaltet hat, erhält er daraufhin einen schriftlichen Bescheid vom gleichen Tag, der ihm am 06.05.15 zugestellt wird. Dort heißt es, dass A keine Erlaubnis habe, das Gebäude in dieser Weise zu nutzen. Dies decke sich nicht mehr mit der Baugenehmigung von 2008, da es sich bei einem Wettbü-ro um eine Vergnügungsstätte handele und die Gefahr des dauerhaften Verweilens in seinem Lokal bestehe. Im Übrigen ordnet die Behörde die sofortige Vollziehung an. Die sofortige Vollziehung begründet die Behörde da-mit, dass diese im öffentlichen Interesse liege und A sich trotz der Information der Behörde auf dieses Angebot unzulässig erweitert habe. Schließlich liegt dem Bescheid auch eine schriftliche Vollstreckungsanordnung bei, in der es heißt, dass A drei Tage Zeit habe, die Monitore zu entfernen und die entsprechenden Änderungen zu erfüllen. Anderenfalls drohe die Versiegelung seines Ladenlokals.
Die Behörde begründet diese Vollzugsanordnung damit, dass die bloße Androhung eines Zwangsgeldes nicht mehr ausreiche, da sich Wetten derart stark finanziell rentieren, dass die Kosten für ein rechtswidrig errichtetes Bauwerk weitaus eher zu verkraften seien, als die Einstellung des Betriebes. Im Übrigen kam bei anderen Fäl-len ebenfalls zur Versiegelung, sodass diese auch hier erforderlich sei.
A erhebt am 06.05.15 Klage beim zuständigen Gericht. Gleichzeitig stellt er einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen den Bescheid sowie die Vollstreckungsanordnung.
Zur Begründung führt er dabei aus, dass sich sein jetziger Betrieb von dem vorigen kaum unterscheide und damit weiterhin sein Wettangebot immer noch von der Baugenehmigung aus dem Jahre 2008 umfasst sei. Au-ßerdem verweilen die Kunden nicht, entgegen der Annahme der Behörde dauerhaft in seinen Räumlichkeiten. Sollte das Gericht zu dem Schluss kommen, dass die Genehmigung diesen Betrieb nicht mehr umfasste, so sei sein Angebot aber genehmigungsfähig.
Des Weiteren führt er aus, dass wenn auch eine Genehmigungsfähigkeit abgelehnt würde, der Bescheid sowie die Anordnung mithin unverhältnismäßig seien. Die drei Tages Frist sei viel zu kurz bemessen. Im Übrigen müsste die Behörde dann auch gegen die anderen baurechtswidrigen Vorkommnisse vorgehen, was A wie folgt zutreffend darlegt:
Facharzt F betreibe eine Praxis, diese seine Patienten aus allen Teilen der Stadt besuchen. Im Übrigen ist auch der Betreiber des Cafés dazu übergegangen, Spielautomaten und Fernseher aufzustellen. Nach Bescheid ge-gen ihn von der Behörde hat er sich zwar geäußert, den ursprünglichen Zustand wieder herstellen zu wollen, bis heute habe sich aber noch nichts getan.
Des Weiteren habe A, was zutrifft, bereits am 2.5.15 die Tische und Sitzplätze durch Stehtische ersetzt, sowie die Monitore nicht mehr auf die Live – Übertragung programmiert, sondern nur noch auf die Anzeige der Spiel-stände und der dazugehörigen Wettquoten.
Schließlich sei die Vollstreckungsanordnung auch unverhältnismäßig. A hätte sich, was zutrifft, auch bei der Androhung eines Zwangsgeldes um die sofortige Änderung in das alte System bemüht. Es könne nicht sein, dass man von anderen Wettanbietern auch sofort auf ihn schließen dürfe.
Haben die Anträge des A Aussicht auf Erfolg?
Bearbeitervermerk: Gehen Sie auf alle Fragen nötigenfalls hilfsgutachterlich ein. Es ist davon auszugehen, dass A alle gewerberechtlichen Anforderungen erfüllt, sowie die §§ 3 – 59a BauO NRW eingehalten wurden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass das Wettangebot, so wie A es anbietet legal ist.
Schlagwortarchiv für: Öffentliches Recht
Die meisten Missgeschicke, die Examenskandidaten innerhalb von (Examens-)Klausuren begehen, lassen sich ohne weiteres vermeiden. Oftmals sind es auch immer wieder die gleichen damit verbundenen Probleme, auf welche die Klausurbearbeiter dabei stoßen. Daher soll dieser Beitrag einen Einblick zu den Erfahrungen gewähren, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Korrektor bei der Examensvorbereitung der Universität Bonn sammeln konnte, um eine Hilfestellung für alle zukünftigen Examenskandidaten zu liefern. Dem ein oder andere mag sich in Bezug auf diese Hinweise so einiges als selbstverständlich vorkommen, doch kann ich euch versichern: Das ist es leider nicht!
Nachdem euch zuvor schon ganz allgemein solche typischen Examensfehler eigens in einem Artikel präsentiert wurden, ist es nun an der Zeit, sich dem ersten Rechtsgebiet zu widmen, indem euch Hinweise zu Klausuren im Bereich des Öffentlichen Rechts gegeben und die typischen Examensfehler dazu aufgezeigt werden. Zwar lässt sich die unten dargestellte Liste noch deutlich erweitern, doch hoffe ich, dass euch die folgenden Punkte schon um einen entscheidenden Schritt im Rahmen eurer Examensvorbereitung weiterbringen können.
I. Allgemeine Hinweise
- Fallbearbeitung: Ihr werdet insbesondere bei Klausuren im Öffentlichen Recht mit verschiedenen Begehren und Argumentationen der beteiligten Personen und Behörden konfrontiert, welche streng auseinanderzuhalten sind und vollständig in eurem Gutachten wiederzufinden sein sollten.
- Schemata: Alle gängigen Schemata zu sämtlichen Klagearten, aber auch zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Grundrechtseingriffes, VAs, zum Normal- und Sofortvollzug, zum Eingriff in eine Grundfreiheit, usw. müssen ganz sicher auswendig beherrscht werden, denn hierauf darf in der Klausursituation keine Zeit zum Überlegen verwendet werden.
- Normkenntnis: Oftmals gewinnt man als Korrektor den Eindruck, dass sich der Klausurbearbeiter die einschlägigen Normen zum ersten Mal in der Klausur selbst angesehen hat und daher unsicher mit dessen Umgang ist. Ein gutes Beispiel, wie sehr eine solide Normenkenntnis weiterhelfen kann, sind etwa die §§ 48, 49 VwVfG zur Rücknahme eines rechtswidrigen bzw. zum Widerruf eines rechtmäßigen VAs.
- Begrifflichkeiten: Benennt die einschlägigen Begrifflichkeiten unbedingt mit der exakten Bezeichnung, denn so heißt es etwa „Verwaltungsrechtsweg“ und nicht „Verwaltungsgerichtsweg“.
- Definitionen: Ein absolutes Muss ist die sichere Kenntnis über die einschlägigen Definitionen oder die Bedeutung gerade von im Verfassungsrecht besonders relevanten Begriffen, denn sonst kann eine fundierte Subsumtion, auf die im Öffentlichen Recht besonderen Wert gelegt wird, nicht erfolgen. Beispielhaft dazu sei die Verhältnismäßigkeitsprüfung angeführt, denn hier ist zunächst zu definieren, wann eine Maßnahme verhältnismäßig ist („Eine Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn diese zur Erreichung eines legitimen Zieles geeignet, erforderlich sowie angemessen ist.“) und was unter den aufgeführten Merkmalen zu verstehen ist. Ihr seht also, dass ihr euch mit ein wenig Mühe von euren Mitstreitern absetzen und einen guten Eindruck beim Korrektor hinterlassen könnt.
- Auslegung: Beachtet vor allem, dass insbesondere im Öffentlichen Recht oftmals eine an den Auslegungskanones orientierte, methodische Herangehensweise gefragt ist, wie z.B. bei der Frage nach einem materiellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten.
- Schwerpunktsetzung: In der Regel lassen sich die meisten Punkte im Rahmen der Begründetheit verdienen, sodass unproblematische Prüfungspunkte innerhalb der Zulässigkeit nur kurz abzuhandeln sind.
- Analogien herstellen: Insbesondere im Hinblick auf Examensklausuren im Bereich des Öffentlichen Rechts könnten euch unbekannte Fallkonstellationen und -gestaltungen begegnen, die sich (nur) mit dem Ziehen von vergleichbaren Wertungen oder mit dem Herstellen von Analogien zu euch bekannten Grundsätzen lösen lassen. Als ein Beispiel sei hier meine erste Klausur aus dem Staatsexamen in NRW (Ö I – Mai 2012) angeführt.
II. Staats- und Verfassungsrecht
- Verfassungsrechtliche Prinzipien: Diese spielen im Grunde zu jeder Problemstellung im Staats- und Verfassungsrecht eine Rolle. Wer etwa die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze nicht kennt, dem fehlen häufig wertvolle Argumentationslinien.
- Organstreitverfahren: Die Zulässigkeit des Organstreitverfahrens ergibt sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG i.V.m. den §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass § 63 BVerfGG den Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht wirksam einschränken kann, sodass sich die Parteifähigkeit der insoweit nicht erfassten Organe und Organteile direkt aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ergibt. Nach ständiger, aber problematischer Rechtsprechung des BVerfG sind politische Parteien „andere Beteiligte“ i.S.d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, was allerdings nur dann gilt, wenn und soweit sie mit Verfassungsorganen um Rechte streiten, die sich aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status ergeben. Wird im Übrigen auf ein Unterlassen als streitgegenständliche Maßnahme abgestellt, so bedarf es einer entsprechenden Handlungspflicht.
- Verfassungsbeschwerde: Beachtet bitte, dass es sich bei der Verfassungsbeschwerde nicht um eine Klage handelt und daher auch die Nennung von Begriffen wie „Klagegegenstand“ oder „Klagebefugnis“ zu unterlassen sind. Übernehmt diesen immer wieder begangenen Fehler also nicht aus der BILD-Zeitung. Die Bildung der Obersätze bereitet vielen Bearbeitern Schwierigkeiten, was bereits bei der korrekten Zitierung der Normen beginnt. Häufig wird z. B. geschrieben: „Die Statthaftigkeit der Verfassungsbeschwerde richtet sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG.“ Letzteres ist nicht ganz korrekt, denn vielmehr muss es heißen: „[…] nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.V.m. den §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 1 BVerfGG“. Oftmals ist nicht genau bekannt, was im Rahmen des Prüfungsumfanges des BVerfG, der im Übrigen nur bei einer Urteilsverfassungsbeschwerde anzusprechen ist, unter der Verletzung spezifischen Verfassungsrechtes zu verstehen ist. Insofern gelingt auch die Subsumtion nicht zufriedenstellend. Ebenso ist dies für die Benennung des Beschwerdegegenstandes im Fall einer Urteilsverfassungsbeschwerde zu verzeichnen, denn hier ist vielen Klausurbearbeitern oftmals unklar, dass es sich bei mehreren Exekutiv- und Judikativakten um einen einheitlichen Beschwerdegegenstand handelt. Innerhalb des Prüfungspunktes der Rechtswegerschöpfung ist darauf zu achten, dass gegen Gesetze des Bundes kein Rechtsweg existiert und § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG bei Rechtssatzverfassungsbeschwerden keine Anwendung finden kann. Falsch ist es jedoch, wenn man in diesem Zusammenhang die Formulierung liest: „Mithin ist der Rechtsweg erschöpft“, denn ein Rechtsweg steht ohnehin nicht offen. Zu prüfen sind im Rahmen der Begründetheit unbedingt nur die Grundrechte sowie die grundrechtsgleichen Rechte, die den Beschwerdeführer möglicherweise selbst, gegenwärtig und unmittelbar betreffen könnten. Achtet daher auf die Konnektivität der Beschwerdebefugnis sowie der Grundrechtsprüfung innerhalb der Begründetheit. Eine solche besteht im Grunde auch mit Blick auf den Beschwerdegegenstand sowie den Eingriff. Mit Blick auf den letzten Punkt ist zu verzeichnen, dass die Subsumtion unter den klassischen Eingriffsbegriff leider nur selten gelingt, obwohl dieser immer wieder angeführt wird. Schwierigkeiten bereitet vielen Bearbeitern auch die Maßgabe, dass kollidierendes Verfassungsrecht im Rahmen schrankenlos gewährleisteter Grundrechte dennoch von einer einfach-gesetzlichen Regelung konkretisiert werden müssen.
- Grundrechtskonkurrenzen: Diese werden leider nur von wenigen Klausurbearbeitern beherrscht, sodass ihr euch hier ganz besonders von euren Mitstreitern absetzen könnt. Beispielhaft sei hier nur das Verhältnis von Art. 5 GG zu Art. 8 GG angeführt. Ein Grundrecht mit einem spezielleren Schutzbereich verdrängt das Grundrecht, welches einen allgemeinen Schutzbereich bietet. Sofern ein Eingriff in den Schutzbereich eines speziellen Grundrechtes vorliegt, wird dadurch eine Sperrwirkung gegenüber Art. 2 Abs. 1 GG entfaltet.
- Verhältnismäßigkeitsprüfung: Innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung vernachlässigen viele Bearbeiter oftmals, dass strikt zwischen der Normauslegungs- und der Normanwendungsebene zu unterscheiden ist. Auch die Begriffe „Wechselwirkungslehre“ und „praktische Konkordanz“ sind in diesem Zusammenhang nur selten bekannt. Dass die relevante Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgen muss, wird insbesondere von Anfängern nur allzu oft vergessen. In Anbetracht der Häufigkeit, mit der die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu leisten ist, ist es daher kaum verständlich, wenn diese nicht sicher beherrscht wird. Eine Hilfe könnte euch da unser Artikel vom 01. August 2012 sein.
- Politische Parteien: Eine politische Partei darf übrigens auch dann als „verfassungsfeindlich“ bezeichnet werden, wenn sie nicht für verfassungswidrig erklärt wurde.
III. Europarecht
- Grundlagen: Selbst wenn ihr „auf Lücke lernen“ wollt, solltet ihr wenigstens die Grundzüge des Europarechts, wie beispielsweise die Wirkweise einer Richtlinie, die Voraussetzungen der gängigsten Klagearten und Grundfreiheiten sowie die Lissabon-Rechtsprechung beherrschen. Es schadet auch nicht, einen Überblick über die Struktur und die Inhalte des EU-Vertrages zu kennen.
- Einwirkung in andere Rechtsgebiete: Immer wieder gerne geprüft werden auch die europarechtlichen Anforderungen bei der Rücknahme eines Bewilligungsbescheides, sodass das Europarecht mittlerweile nicht mehr isoliert zu betrachten ist, sondern auch in andere Rechtsgebiete, wie hier im Falle des Allgemeinen Verwaltungsrechtes, einzuwirken vermag.
IV. Staatshaftungsrecht
- Anspruchsgrundlagen: Wiederholt vor den anstehenden Klausuren noch einmal unbedingt die Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs, des enteignenden und enteignungsgleichen Eingriffs, des Folgen-/Vollzugsbeseitigungsanspruchs, der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag sowie der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo, denn im Examen sind Fallkonstellationen zu eben diesen Ansprüchen nicht unüblich, doch lassen sich gerade diese nur allein mit dem Gesetz keinesfalls lösen.
- Rechtsfolgen: Hier muss zu den einzelnen Anspruchsgrundlagen unbedingt zwischen Schadensersatz und Entschädigung unterschieden werden.
V. Verwaltungsprozessrecht
- Obersatz: Gewöhnt euch direkt zu Beginn eurer Examensvorbereitung die Formulierung „Die Klage hat Erfolg, soweit diese zulässig und begründet ist.“ an, denn zulässig ist diese zwar nur, wenn alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, begründet sein kann diese aber auch nur teilweise.
- Verwaltungsrechtsweg: Vergesst an dieser Stelle nicht, gegebenenfalls auch an aufdrängende Sonderzuweisungen zu denken (z.B. § 126 Abs. 1 und 2 BRRG) Wenn es darum geht, die Frage zu beantworten, ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art gegeben ist, sollten zwingend die Begriffe „modifizierte Subjekttheorie“ und „doppelte Verfassungsunmittelbarkeit“ Erwähnung finden. Beachtet auch immer die korrekte Bezeichnung aller in Betracht kommenden streitentscheidenden Normen.
- Statthafte Klageart: Bei der Ermittlung der statthaften Klageart ist auch immer kurz an die Möglichkeit eines Annexantrages nach § 113 Abs. 1 S. 2 und S. 3 VwGO zu denken. Häufig wird bei der Ermittlung der statthaften Klageart leider auch die actus-contrarius-Theorie übersehen.
- Klagebefugnis: Insbesondere an dieser Stelle zeigt sich ein allgemein festzustellendes Phänomen, denn „Theorien“ werden des Öfteren unbedacht und teilweise in falschem Zusammenhang angewendet, speziell etwa die Adressatentheorie im Rahmen einer Verpflichtungssituation. Bei der Verwendung der Adressatentheorie ist also Vorsicht geboten, was vor allem daran liegt, weil diese nur dann passt, wenn auch ein VA mit der notwendigen Außenwirkung vorliegt (also z.B. nicht bei Maßnahmen im Sonderstatusverhältnis) und sich ein Rückgriff darauf bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen ohnehin verbietet, da Art. 2 Abs. 1 GG prinzipiell nur ein Abwehr- und kein Leistungsrecht enthält. Besser verwenden Sie also stets die Formulierung: „A ist klagebefugt gemäß/analog § 42 Abs. 2 VwGO, wenn die Möglichkeit besteht, dass er durch […] in seinen subjektiven Recht verletzt wird/dass er einen Anspruch auf… hat.“ Im Rahmen der Klagebefugnis sollte im Übrigen immer auf die jeweils konkretere Normebene abgestellt werden. Geht es also beispielsweise um das Recht, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen, sollte § 1 Abs. 1 VersammlG genannt werden und nicht (nur) Art. 8 GG.
- Vorverfahren: Zwar sollten alle Examenskandidaten aus NRW immer die Regelung zum Absehen vom Vorverfahren gemäß § 110 Abs. 1 JustG NRW im Hinterkopf behalten, doch geht der bloße Verweis auf die Vorschrift im Rahmen der Allgemeinen Leistungs- sowie der Feststellungsklage fehl, da hier grundsätzlich kein Vorverfahren vorgesehen ist. Die Rückausnahmen nach § 110 Abs. 2 JustG NRW werden an dieser Stelle ebenfalls gerne übersehen. Nicht vergessen werden darf schließlich, dass ein Vorverfahren auch bei Untätigkeit der Behörde nach § 75 S. 1 VwGO entbehrlich ist.
- Beteiligten-/Prozessfähigkeit/Klagegegner: Völlig unverständlich ist es, wenn den Klausurbearbeitern an dieser Stelle Fehler unterlaufen, da es sich hierbei um eine überschaubare Thematik handelt, die sich fast ausschließlich mit einem Blick auf die einschlägigen Normen beherrschen lässt. Wenn dann bei einer Maßnahme der Polizei der Klagegegner im Sinne von § 78 Nr. 1 VwGO in einer kreisfreien Stadt erkannt wird, so lässt sich ein solcher schwerwiegender Fehler kaum mehr wieder gutmachen. Im Widerspruchsverfahren ist auf § 78 VwGO im Übrigen nicht zurückzugreifen.
- Prozessuale Besonderheiten: Oftmals fehlt in diesem Zusammenhang eine auch gedanklich klare Trennung von Haupt- und Hilfsantrag. Unsicherheiten bestehen nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung nach § 44 VwGO.
- Fortsetzungsfeststellungsklage: Die Fallgruppen, wann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen ist, sind teilweise nicht bekannt, obwohl gerade hier eine dezidierte Subsumtion erwartet wird.
VI. Verwaltungsrecht
- Ermessensprüfungen: Diese erfordern stets eine saubere Trennung von Tatbestands- sowie Rechtsfolgenseite und sind immer an eine konkrete Norm anzubinden (z.B. an § 114 S. 1 VwGO bzw. an § 40 VwVfG). Die Kategorien der Ermessensfehler müssen unbedingt sicher beherrscht werden.
- Baurecht: Die Abwägungsfehlerlehre im Bauplanungsrecht ist nicht mit der allgemeinen Ermessensfehlerlehre zu verwechseln, auch wenn sich hier gewisse Ähnlichkeiten zeigen. Überhaupt ist zwischen Bauordnungs- und Bauplanungsrecht zu differenzieren.
- Polizei- und Ordnungsrecht: Bei der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO sollte immer ein kurzer Satz dazu geschrieben werden, dass es sich um eine präventive polizeiliche Tätigkeit handelt und die abdrängenden Sonderzuweisungen speziell nach § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG und analog § 98 Abs. 2 S. 2 StPO nicht einschlägig sind. Immer wieder zeigen sich auch Schwächen im Bereich der Vollstreckungsvoraussetzungen, obwohl die im Prinzip völlig schematischen Voraussetzungen des Normal- und des Sofortvollzuges sicher auswendig beherrscht werden sollten. Probleme im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheid nach § 77 VwVG NRW sind die mangelnde vollständige Normzitation im Obersatz sowie Unsicherheiten hinsichtlich des verschachtelten Prüfungsaufbaus. Die jeweils korrekte Rechtsgrundlage für eingreifende polizeiliche Maßnahmen muss hinreichend dargelegt werden. Ebenso muss die Abgrenzung von Ersatzvornahme und Sicherstellung ausführlich bekannt sein, da Fallkonstellationen zu dieser Thematik nicht unüblich sind. Die Polizeifestigkeit der Versammlungsfreiheit wird leider häufig missachtet. Aus dem abschließenden Charakter des Versammlungsrechts als speziellem Gefahrenabwehrrecht folgt im Umkehrschluss, dass versammlungsbezogene Eingriffe allein auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes und nicht auf der Grundlage des Polizeirechts zulässig sind. Der spezielle Schutz öffentlicher Versammlungen findet dabei seine Rechtfertigung in der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit für ein freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen, weshalb entsprechende Freiheitsausübungen einem privilegierenden Sonderrecht unterstellt werden.
- Kommunalrecht: Unsicherheiten und erhebliche Wissenslücken zeigen sich auch im Kommunalrecht, da dies relativ selten in Klausuren abgeprüft wird. „Auf Lücke“-Lernen ist riskant und lässt sich in der Klausur ggf. nur mit einer aufmerksamen Studie der kommunalrechtlichen Regelungen überwinden.
Vielen Dank auch für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der zweiten gelaufenen Klausur des 1. Staatsexamens in NRW im Öffentlichen Recht. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Fall 1:
Das Land NRW möchte das Staatshaftungsrecht für Landesbeamte ändern. Daraufhin ergeht in einem ordnungsgemäßen Verfahren im Landtag das „Gesetz zur Neuregelung des Staatshaftungsrechts für Beamte“. Inhalt ist, dass Beamte bis zu einer Haftungssumme von 500 € im Außenverhältnis eigenständig haften und erst danach die Haftung des Staates eintritt.
Ziel ist, dass die Beamten angehalten werden, sorgfältiger zu arbeiten und zum anderen den Haushalt zu entlasten.
Es regt sich innerhalb des Landtages Widerstand gegen das Gesetz. Der Abgeordnete M hat verfassungsrechtliche Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit des Gesetzes und ist der Meinung, dass den Bund die entsprechende Kompetenz treffen würde. Außerdem könne es in Anbetracht der Fürsorgepflicht des Staates für seine Beamten aus Art. 33 V GG nicht sein, dass der Beamte nun ebenso wie ein normaler Arbeitnehmer hafte. Schließlich würden die Beamten zukünftig weniger Entscheidungsfreudig agieren. Auch sei das Gesetz nicht verhältnismäßig und sozial ungerecht.
Frage: Ist das Gesetz formell und materiell mit dem Grundgesetz vereinbar?
2. Fall:
A ist Lehrerin in Münster und verbeamtet. Sie soll am Freitag Nachmittag mit ihrer Klasse zu einer Klassenfahrt ins Sauerland fahren. Da sie selbst noch in Münster unterrichten muss, fährt ihr Kollege mit der Klasse vor und sie folgt am späten Nachmittag im Wagen ihres Ehemannes E. Auf dem Weg ins Sauerland dreht A verkehrsbedingt auf einer Straße. Dabei hat sie aus Unachtsamkeit den U übersehen, der auf der anderen Seite mit seinem Wagen entgegen kommt. Es kommt zum Unfall, wodurch ein Sachschaden in Höhe von 3.000 € entsteht.
U verlangt vom Land Nordrhein-Westfalen Schadenersatz. Hat er einen solchen Anspruch?
Bearbeiterhinweis: Es wird auf §§ 1, 9 V StVO hingewiesen. Zudem ist das Gesetz aus Fall 1 außer Acht zu lassen.
Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in NRW, Hamburg und Berlin im April 2016. Vielen Dank für die Zusendung. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die X-GmbH betreibt eine Messe- und Veranstaltungshalle (im Folgenden: Halle) in Dortmund. Auf über 5000 qm finden darin Konzerte und Messen statt. Eigentümer der Halle ist die Stadt Dortmund, die mit der X-GmbH einen wirksamen, nicht einseitig kündbaren Pacht- und Betreibervertrag geschlossen hat. Danach ist die X-GmbH zur eigenverantwortlichen Nutzung der Halle berechtigt.
Seit mehreren Monaten kommen Hunderttausende von Flüchtlingen in Deutschland an und werden nach einem rechtmäßigen Verfahren auf die Bundesländer verteilt, welche die Flüchtlinge wiederum – nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel – den Gemeinden des Landes zuweisen. So kommen mittlerweile täglich auch etwa 100 Flüchtlinge in Dortmund an. Insgesamt wurden in den vergangenen Monaten schon 10.000 Flüchtlinge in Dortmund aufgenommen, wobei diese Zahl angesichts der anhaltenden Flüchtlingsströme weiter steigt. Die Flüchtlinge werden in den ersten Monaten in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht und sind verpflichtet, dort zu wohnen. Da die in Dortmund vorhandenen Erstaufnahmeeinrichtungen restlos überfüllt sind, wurden mehrere Notaufnahmeeinrichtungen eingerichtet. So wurden bereits die Hälfte aller leer stehenden Verwaltungsgebäude sowie die Hälfte aller Turnhallen zu Notaufnahmeeinrichtungen umfunktioniert.
Auf der Suche nach weiteren potenziellen Notaufnahmeeinrichtungen stößt die zuständige Ordnungsbehörde der Stadt Dortmund auf die Halle und bittet die X-GmbH, diese freiwillig zur Nutzung als Notaufnahmeeinrichtung zur Verfügung zu stellen. Dies weist die X-GmbH jedoch entschieden zurück: Sie sei – was zutrifft – bis zum Ende des Jahres 2016 restlos ausgebucht. Hierzu habe sie Verträge mit den verschiedenen Veranstaltern von Konzerten und Messen geschlossen. Diese können sie nun nicht mehr brechen, ohne sich ihren Vertragspartnern gegenüber schadensersatzpflichtig zu machen.
Mit Bescheid vom 05.04.2016 beschlagnahmt der Oberbürgermeister von Dortmund die Halle. Die X-GmbH wird in der Verfügung verpflichtet, die Halle kurzfristig und unbefristet der Behörde zum 10.04.2016 zur Verfügung zu stelle und den Behördenmitarbeitern ungehinderten Zugang zur Halle zu gewähren. Zur Begründung weist die Behörde – insgesamt zutreffend – auf die folgenden tatsächlichen Umstände hin: Es herrsche eine aktuelle Notlage bei der Unterbringung. Neu hinzuströmenden Flüchtlingen, zu denen auch Familien mit Kindern, Kranke und Schwangere zählten, drohten Obdachlosigkeit und damit Kälte und Krankheit, wenn nicht möglichst schnell neue Notaufnahmeeinrichtungen hergerichtet würden. Mit einem spürbaren Rückgang der Flüchtlingszahlen sei in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Zwar stünden genügend weitere Verwaltungsgebäude leer. Die Hale, welche die X-GmbH betreibe, sei angesichts ihrer Ausstattung und Größe jedoch für die Unterbringung besonders geeignet, da dort an einer Stelle 1.000 Flüchtlinge gesammelt untergebracht werden könnten. Dies erleichtere die Verwaltung. Außerdem seien bereits Sanitäranlagen vorhanden, sodass nur einige wenige zusätzliche Toiletten- und Duschcontainer aufgebaut werden müssten. Dies sei kostengünstiger als die Nutzung leer stehender Verwaltungsgebäude, welche zunächst umfangreich umgerüstet werden müssten und einen zusätzlichen Aufbau zahlreicher Container erforderten. Ein solcher Aufbau sei zwar zu realisieren, aber mit höheren Kosten verbunden als die Herrichtung der Halle und widerspreche deshalb den Grundsätzen sparsamer Haushaltsführung.
Im Übrigen ist die Hörde der Ansicht, die Nutzung weiterer Turnhallen komme nicht in Betracht, da die Verantwortung des Staates für die Daseinsfürsorge und den Schulbetrieb eine weitere Umnutzung verböten. Der Sportunterricht aller Schulen, der Vereinssport und der Hochschulsport seien bereits in erheblichen Maße beeinträchtigt und könnten bei einer weiteren Umnutzung von Turnhallen nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Erfordernisse der Daseinsfürsorge und die Verantwortlichkeit des Staates für das Schulwesen verböten deshalb weitere Eingriffe in die Turnhalleninfrastruktur. Provisorische Flüchtlingsunterkünfte wie Wohncontainer und beheizbare Zeltunterkünfte seien derzeit – was zutrifft – europaweit ausverkauft und kurzfristig nicht zu beschaffen.
Gleichzeitig ordnet der Oberbürgermeister die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung wird auf die Notlage bei der Unterbringung von Flüchtlingen verwiesen; insbesondere sei die sofortige Vollziehung geboten, um zu vermeiden, dass Flüchtlinge obdachlos würden und dadurch die Gefahr gesundheitlicher Schäden bestünde.
Der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der X-GmbH ist empört über die Verfügung. Daher legt er noch am selben Tag im Namen der X-GmbH, an dem er den Bescheid erhalten hat, Klage bei dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht ein. Gleichzeitig beantragt er vorläufigen Rechtsschutz, um zu verhindern, dass die X-GmbH die Halle am 10.04.2016 zur Verfügung stellen muss.
Zur Begründung führt er aus, es bestehe schon gar keine Rechtsgrundlage für diesen Bescheid. Während andere Bundesländer spezielle Gesetze zur Beschlagnahme von Immobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen geschaffen hätten, gebe es ein solches Gesetz in NRW – insoweit zutreffend – gerade nicht. Ferner habe die Stadt Dortmund bisher nur die Hälfte der leerstehenden Verwaltungsgebäude und Turnhallen zu Notaufnahmeeinrichtungen umgewandelt. Hier bestehe noch weiteres Potenzial. Es könne doch nicht sein, dass Privaten die Nutzung ihrer Räumlichkeiten bereits untersagt werde, bevor alle stadteigenen Räumlichkeiten ausgelastet seien. Dass provisorische Flüchtlingsunterkünfte wie Wohncontainer oder beheizbare Zeltunterkünfte derzeit nicht zur Verfügung stünden, könne der X-GmbH nicht angelastet werden.
Frage 1: Hat der Antrag der X-GmbH auf vorläufigen Rechtsschutz Aussicht auf Erfolg?
Bearbeitervermerk zu Frage 1: Gehen Sie in einem umfassenden Gutachten auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtfragen – ggfs. hilfsgutachterlich – ein. Asyl- und aufenthaltsrechtliche Vorschriften sowie das Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW sind nicht zu prüfen.
Abwandlung:
Die X-GmbH erhält den obigen Bescheid vom 05.04. 2016 zur Beschlagnahme der Halle. Unterstellen Sie, dass die Beschlagnahme dem Bescheid entsprechend erfolgt und in der Halle vom 10.04.2016 bis zum 31.07.2016 insgesamt 1000 Flüchtlinge untergebracht werden. Die X-GmbH erleidet für diesen Zeitraum wegen nicht erzielter Mieteinnahmen Gewinnausfälle in Höhe von 1 Mio Euro. Dies hält sich im Rahmen dessen, was sie in einem solchen Zeitraum üblicherweise an Gewinn macht. Außerdem sieht sie sich berechtigten Schadensersatzforderungen in Höhe von weiteren 1 Mio Euro ausgesetzt, weil sie die abgeschlossenen Verträge nicht erfüllen kann. Auf diesen finanziellen Einbußen möchte die X-GmbH nicht sitzen bleiben.
Frage 2: Hat die X-GmbH – nach den Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes NRW- einen Anspruch gegen die Stadt Dortmund auf Ersatz dieser finanziellen Einbußen?
Bearbeitervermerk zur Frage 2: Unterstellen Sie, dass der Bescheid vom 05.04.2016 materiell rechtswidrig ist und die X-GmbH alle in Betracht kommenden Rechtsbehelfe einschließlich Eilrechtsschutzes rechtzeitig eingelegt hat.
Nachfolgend erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in NRW im Februar 2016. Vielen Dank dafür an Ann-Kathrin. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
In ähnlicher Form ist der Sachverhalt auch in Hamburg im Februar 2016 gelaufen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Die Blockupy Bewegung in Düsseldorf will vom 16.-23. Mai 2015 eine Versammlung in Düsseldorf abhalten, um gegen die Finanzpolitik zu demonstrieren und finanzpolitische Themen (nicht näher bekannt) aufmerksam zu machen. Am 21. Mai 2015 wird die Versammlung wegen gewaltsamen Verlaufes rechtmäßig verboten/aufgelöst.
Nachdem sich in mehreren sozialen Netzwerken polizeibekannte und gewaltbereite Leute dazu bekannt haben mit Baseballschlägern und Pyrotechnik in Düsseldorf gewaltsam Widerstand leisten zu wollen, führt die Polizei ab dem 21. Mai 2015 vermehrt Kontrollen durch.
X aus Frankfurt möchte an der Versammlung in Düsseldorf teilnehmen und macht sich mit einem Rucksack voller Reiseproviant auf den Weg. Er fährt am 21. Mai mit einem von 2 Bussen von Frankfurt nach Düsseldorf. In Neuss (NRW) werden die beiden Busse um 14:00 Uhr von der zuständigen Kreispolizei in ein Gewerbegebiet von Neuss umgeleitet. Dort werden – rechtmäßigerweise – alle einer Identitätsfeststellung und einer stichprobenartigen Gepäckdurchsuchung unterzogen. Gewaltbereite Personen können nicht ausgemacht werden. Anschließend wird allen ein rechtmäßiges Aufenthaltsverbot für die Innenstadt von Düsseldorf erteilt.
Da die Busfahrer mittlerweile ihre Fahrzeit überschritten haben und nicht mehr weiterfahren dürfen, entscheiden sich die Insassen zu Fuß nach Neuss zu laufen und auf dem Rathausplatz spontan eine friedliche Kundgebung unter dem Motto ‚Für die Versammlungsfreiheit – Gegen polizeiliche Willkür’ abzuhalten. Nach 30-minütigem Fußweg in losen Gruppen kommen alle um 16:00 Uhr am Hauptbahnhof in Neuss an. Auf dem Hauptbahnhofvorplatz werden sie unter den Blicken der Passanten von den ihnen bereits bekannten Polizisten angehalten. Sie teilen der Polizei mit nunmehr eine friedliche Kundgebung gegen 17.00 Uhr auf dem Neusser Rathausplatz abhalten zu wollen. Nach Anhörung werden die Identitäten aller festgestellt, alle Mitglieder der Gruppe werden durchsucht, und das Gepäck – darunter der Rucksack des X – wird nach Waffen und weiteren gefährlichen Gegenständen durchsucht. Jegliches Argumentieren und Diskutieren nützt nichts.
Nach kurzer Zeit verkündet die Polizei über Lautsprecher, dass die geplante Demonstration in Neuss verboten werde. Daraufhin protestieren und diskutieren alle. Kurze Zeit später nimmt die Polizei alle fest.
Im Polizeibericht heißt es, die Maßnahmen seien nötig gewesen, um zu verhindern, dass die Demonstranten doch noch nach Düsseldorf fahren. Die Festnahmen seien insbesondere nötig gewesen um drohende anstehende Ordnungswidrigkeiten gem. § 29 VersG (Sartorius Nr. 435) zu verhindert.
X erhebt Anfang Juli 2015 Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht in Düsseldorf gegen das Land NRW. Da er auch künftig an Veranstaltungen wie dieser teilnehmen möchte, möchte er festgestellt wissen, dass die Identitätsfeststellung nebst Anhalten, die Durchsuchungen, das Verbot der Kundgabe in Neuss sowie die Festnahme mit Recht und Gesetz nicht vereinbar waren. Er denkt die Maßnahmen verletzen ihn in seinem Recht auf Versammlungsfreiheit.
Aufgabe: Prüfen Sie in einem Rechtsgutachten, ob die Klage des X Aussicht auf Erfolg hat.
Bearbeitungshinweis: Gehen Sie dabei auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein. Auf § 14, 15 VersG wird hingewiesen. Gehen Sie davon aus, dass eine richterliche Entscheidung bzgl. der Festnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte.
Vorliegend findet ihr ein Gedächtnisprotokoll der zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in NRW im November 2015. Herzlichen Dank dafür an Tobias. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Das Bundesministerium für Verkehr plant die Einführung einer PKW-Maut. Hierzu sollen in einem Einführungsgesetz die wesentlichen Fragen zum Abgabenrecht, Verfassungsrecht, Verwaltungs- und Verfahrensrecht in einem Einführungsgesetz geklärt werden (Mauteinführungsgesetz – MEG).
Das Geld soll für die Sanierung und den Neubau von Straßen verwendet werden.
Zur Auftragung eines Entwurfs beauftragt das Ministerium die große Kanzlei A-Lawyers, die Unternehmen im Infrastruktur betreut und solche, die Maut-Systeme herstellen. Dazu lässt sie ihr ein Positionspapier von drei Seiten zukommen, in dem die wesentlichen Ziele, Eckpunkte und die als problematisch angesehenen Punkte stichpunktartig aufgeführt. Die Kanzlei arbeitet einen 400 Normen umfassenden Entwurf – ohne weitere Mitarbeit des Ministeriums – aus, in dem sie die Vorgaben des Ministeriums einhält und die Probleme einer Lösung zuführt. Den Entwurf nimmt das Ministerium dankend an und lässt ihn ohne weitere Rücksprache mit der Bundesregierung als Entwurf der Bundesregierung unter dem Briefkopf der Kanzlei in den Bundestag einreichen. Die Vorlage wurde dem Bundesrat ordnungsgemäß zugeleitet. In der ersten Lesung zu dem Gesetz beschließt der Bundestag ohne Beratung, den Entwurf unmittelbar in den zuständigen Ausschuss zu verweisen. Dort entbrennt eine hitzige Debatte, in der die Vereinbarkeit einiger Regelungen mit dem Grundgesetz bezweifelt wird. In der zweiten Lesung werden sodann unter dem entsprechenden Tagesordnungspunkt einige Änderungen beschlossen. Nach einem Beschluss soll unmittelbar daran auch die dritte Lesung stattfinden. In dieser entschließt sich ein Abgeordneter der „Verkehrspartei“, die sich zu einer Gruppe [sic] zusammengefunden haben, zusammen mit anderen Abgeordneten der Gruppe, einen Änderungsantrag einzureichen. Der Bundestagspräsident weist diesen im Hinblick auf die Geschäftsordnung zurück.
Nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit ruft der Bundestagspräsident zu einer erneuten Sitzung mit derselben Tagesordnung auf. Zu dieser erscheinen rund 300 Parlamentarier. Im Laufe des abends leert sich der Saal jedoch allmählich. Bis auf die wirtschafts- und verkehrspolischen Fachpolitiker der einzelnen Fraktionen ist niemand mehr da. Diese 50 Personen stimmen sodann mit einem Ergebnis von 26 Ja Stimmen, 10 Enthaltungen und 14 Nein Stimmen für den Entwurf. Nachdem das Gesetz den Bundesrat passiert hat verweigert der Bundespräsident die Ausfertigung und Verkündung des Gesetzentwurfs mit Hinweis auf offensichtliche Verfahrensverstöße gegen die Geschäftsordnungen und das Grundgesetz. Auch moniert er die Ausarbeitung durch die Kanzlei. Zudem seien die Vorschriften über die Zurückweisung von Antragen in der Geschäftsordnung des Bundestages offensichtlich verfassungswidrig. Mit Demokratie habe das alles nichts mehr zu tun.
B wendet sich daraufhin form- und fristgerecht an das BVerfG mit der Bitte festzustellen, dass der Bundespräsident die Rechte des Bundestages verletzt. Der Bundespräsident ist der Meinung, dass B schon nicht die Rechte des Bundestages geltend machen kann.
Frage 1: Hat das Organstreitverfahren des B Erfolg? Auf §§ 10, 13f, 45, 84, 85 GO BT sowie § 24 GO BReg wird hingewiesen. Die Vereinbarkeit mit Europarecht ist nicht zu prüfen.
Frage 2: Kann der Bundespräsident ein verfassungsmäßiges Gesetz auf seine materielle Vereinbarkeit mit Europarecht prüfen und entsprechend die Ausfertigung des Gesetzes verweigern?
Auf Art 4 UAbs 3 EUV wird hingewiesen.
Nachfolgend erhatet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens im November 2015 in NRW. Herzlichen Dank hierfür an Tobias. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Der islamische Kulturverein K will am Karfreitag für 3 Familien seine Halle vermieten, damit die da das Sünnet-Fest feiern können. Das Geld fließt dem Verein zu. Dabei wird die Beschneidung von muslimischen Jungen, die zwischen 5-12 Jahren erfolgt, mit Koranlesungen, Tanz, Gesang und einem Festmahl gefeiert. Das Fest findet einige Tage bis Wochen danach statt, wobei es keine genauen Vorgaben gibt. Erwartet werden ca 1000 Gäste. Die Behörde kündigt im Rahmen der Anhörung des Vorstands des K an, im Hinblick auf § 6 Abs 3 Nr 2 iVm § 11 FeiertagsG die Feier zu verbieten. Der Vorstand des K kündigt an, sich dem Verbot zu beugen, aber Klage zu erheben, um für den wahrscheinlichen Fall einer Erledigung klären zu lassen, dass das Verbot rechtswidrig ist. K wendet zudem ein, dass ein anderer Tag nicht gleich geeignet sei, da viele Gäste aus dem Ausland kommen und das lange Osterwochenende sich dafür besonders eignet. Außerdem würden – was zutrifft – Nachbarn und Dritte nicht übermäßig Kenntnis von der Feier erlangen. Das Verbot verstoße gegen Art 4 GG.Die Behörde erlässt das Verbot verknüpft mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, die wie folgt begründet wird: die Anordnung sei zur Bekräftigung des Verbots erforderlich. Zudem hat K Klage angekündigt, weshalb das öffentliche Interesse überwiegt. Zur Begründung des Verbots führt sie an, dass schon unklar ist, ob das Fest überhaupt religiös motiviert sei, dies aber nichts ändere, da das Interesse hinter dem der Öffentlichkeit zurückstehen müsse. Zudem sei unklar, ob K als juristische Person sich auf Art 4 berufen kann. Zudem stünde der Religionsausübung entgegen, dass K schließlich Einnahmen erzielt.
Außerdem droht sie für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld i.H.v 1000 € an. K erhebt form- und fristgerecht Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht und stellt gleichzeitig Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz jeweils gegen das Verbot und die Androhung des Zwangsgeldes. Zu der Androhung des Zwangsgeldes sei K auch nicht angehört worden. K habe zudem – was zutrifft – eine Einigung mit den Mietern erzielt und das Fest um einen Monat vorverlegt.
Haben die Anträge Aussicht auf Erfolg?
Bearbeitervermerk: das FeiertagsG ist verfassungsgemäß. Auch nach Befragung geistlicher Autoritäten bleibt unklar, ob das Sünnet-Fest ein unverzichtbarer Bestandteil des Islam ist. Art 8, 10 und 12 sind nicht zu prüfen. Das Zwangsgeld ist der Höhe nach angemessen. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist hinsichtlich der Androhung des Zwangsgeldes ordnungsgemäß.
Vielen Dank für das Zusenden eines Gedächtnisprotkolls der im Juni 2015 gelaufenen ersten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in Hamburg. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
R ist Rechtsanwalt und hat seinen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich häuslicher Gewalt. Darüber hinaus engagiert er sich auch rechtspolitisch für die Opfer häuslicher Gewalt.
Um neue Mandanten zu akquirieren, aber auch um eine öffentliche Diskussion loszutreten, möchte er zwei Tassen von einer Werbeagentur entwerfen lassen. Die eine Tasse soll ein Kind mit entblößtem Gesäß abbilden, das von einer Frau mit einem Knüppel geschlagen wird. Die zweite Tasse soll eine Frau zeigen, die von einem Mann geschlagen wird und sich gleichzeitig eine Waffe an die Schläfe hält und erkennbar auf einen Selbstmord hindeuten soll.
Auf beiden Tassen soll die Kanzleianschrift des R stehen. Sicherheitshalber wendet sich R im Vorfeld an die Anwaltskammer, um mögliche Einwände am Einsatz der Tassen zu erfragen. Die Anwaltskammer untersagt nach Prüfung der Tassen dem R die Verwendung der Tassen unter Hinweis auf das in § 43b BRAO und § 6 BORA enthaltene Sachlichkeitsgebot.
Damit will sich R sich aber nicht abfinden und klagt daher – erfolglos – durch alle Instanzen. R fühlt sich in seinen Grundrechten aus Art. 12 I, 5 I 1 und 5 III GG verletzt.
Frage:
Hat die von R am 22.06.2015 (Montag) erhobene Verfassungsbeschwerde gegen das am 20.05.2015 zugestellte letztinstanzliche Urteil des BGH Erfolg?
Nachfolgend erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten gelaufenen Klausur des 1. Staatsexamens im Öffentlichen Recht Juli 2015 in Niedersachsen. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
A betreibt in der niedersächsischen Stadt S eine Anlage zur Entsorgung gefährlicher Abfälle. Eines Nachts entsteht ein Brand infolge eines technischen Mangels der Anlage. Die Feuerwehr ist zwei Tage lang mit den Löscharbeiten beschäftigt. Der dabei verwendete Löschschaum vermischt sich mit aus der Anlage austretenden Stoffen. Die Feuerwehr fängt das Löschwasser so gut wie möglich auf und lagert es in Containern auf dem Grundstück des B.
Die zuständige Landesbehörde erlässt am Montag, 13. Juli 2015, eine Ordnungsverfügung auf Grundlage von § 62 KrWG i.V.m. § 17 I 2 KrWG gegen A, in der er verpflichtet wird, das Löschwasser fachgerecht zu entsorgen. Eine Anhörung könne unterbleiben, weil der Sachverhalt klar und die zügige Umsetzung im öffentlichen Interesse geboten sei. A sei Abfallerzeuger i.S.d. § 3 Abs. 8 KrWG. Zwar könne B als Abfallbesitzer i.S.d. § 3 Abs. 9 KrWG angesehen werden, doch wäre dessen Inanspruchnahme ungerecht. Außerdem sei er finanziell nicht in der Anlage, die erheblichen Entsorgungskosten zu tragen.
A ist empört und erhebt am Dienstag, 28. Juli 2015, Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Darin rügt er die unterbliebene Anhörung ebenso wie die Auswahl des Verantwortlichen. Schließlich könne ebenso B herangezogen werden. Alternativ könne sich ja auch die Feuerwehr um die Entsorgung kümmern, schließlich habe diese das Löschwasser auch verursacht.
Gehen Sie in einem Gutachten auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen – nötigenfalls hilfsgutachterlich – ein. Andere Normen des KrWG als die genannten müssen nicht geprüft werden. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ersetzt das frühere Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.
[NAGVwGO vollständig abgedruckt]
Vielen Dank für das Zusenden eines Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht im 1. Staatsexamen in Niedersachsen im Juli 2015. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die Ärztekammer des Landes L beschließt im November 2014 eine Änderung der Berufsordnung für Ärzte (BO). § 16 BO hat fortan folgende Fassung:
Tötung auf Verlangen ist dem Arzt untersagt. Er darf keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.
Die Änderung wird am 1. Dezember 2014 ordnungsgemäß bekannt gemacht.
Arzt A hat einen unheilbar tödlich kranken Patienten P. Dieser wird einen qualvollen Tod durch Ersticken erleiden. Auch eine palliative Behandlung verspricht keinen Erfolg. P lässt sich ausführlich von A aufklären und beraten. A soll P daraufhin ein schmerzlinderndes und in bestimmter Dosierung letal wirkendes Medikament verschreiben, das P selbst und frei bestimmt einnehmen will. Nach der Änderung der Berufsordnung nimmt A von diesem Vorhaben jedoch Abstand. Bei Verstößen drohen ihm Sanktionen bis hin zur Entziehung der Approbation.
A ist empört. Die Änderung verletze ihn schließlich genauso wie P in seinen Grundrechten. Schließlich müsse eine derart grundlegende Frage durch den Gesetzgeber entschieden werden. Jedenfalls aber könne es nicht sein, dass eine Beihilfe zur Selbsttötung in jedem Fall untersagt sei. A kommt im Juli 2015 zu Ihnen und möchte wissen, wie er gegen die Berufsordnung vorgehen kann.
Aufgabe 1: Lösen Sie alle aufgeworfenen Rechtsfragen gutachterlich. Die Änderung der Berufsordnung erfolgte formell ordnungsgemäß. (Es folgt noch ein Hinweis auf im Anhang abgedruckte Normen des Gesetzes über die Kammern für Heilberufe des Landes L. Darin heißt es unter anderem, dass die Ärztekammer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.) Die Wirksamkeit der Normen des HKG und der übrigen Normen der BO ist zu unterstellen. Eine Vorschrift i.S.d. § 47 I Nr. 2 VwGO existiert im Land L.
Aufgabe 2: Was ändert sich, wenn die Änderung der Berufsordnung auf einer zwingenden Regelung in einer EU-Richtlinie beruht?
Um die Gedächtnisprotokolle der Klausurrunde im Juni 2015 des 1. Staatsexamens in NRW zu komplettieren erhaltet ihr vorliegend auch die zweite gelaufene Klausur im Öffentlichen Recht. Vielen Dank für die Zusendungen an Marco. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die große kreisangehörige Stadt S verfügt über ein brachliegendes unbebautes Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet. Die Anwohner setzen sich dafür ein, dass die Stadt auf diesem Grundstück einen – bauplanungsrechtlich ohne weiteres zulässigen – Kinderspielplatz errichtet. Der Rat und der Bürgermeister von S halten jedoch nichts von diesem Vorhaben. Deshalb gründet sich eine Bürgerinitiative, deren Ziel es ist, ein Bürgerbegehren für den Bau des Spielplatzes zu initiieren. Zu dessen Vertretern werden A, B und C bestimmt.
A, B und C wenden sich an die Verwaltung, mit der Bitte um eine Kostenschätzung. Die Übermittlung besagter Kostenschätzung durch die Verwaltung erfolgt jedoch nicht.
Aufgabe 1: Können A, B und C gerichtlich die Übermittlung einer Kostenschätzung erwirken?
Fortsetzungsteil 1:
Nachdem Die Verwaltung inzwischen eine Kostenschätzung übermittelt hat, beginnen A, B und C mit dem Sammeln der erforderlichen 10.000 Unterschriften. Dem schriftlich begründeten Bürgerbegehren mit der Frage „Soll das gemeindeeigene Grundstück (Flurnummer X, Katastereintrag Y) mit einem Kinderspielplatz bebaut werden?“ sind 10.035 Unterschriften beigefügt. Bei der Prüfung durch die Verwaltung fällt auf, dass bei 25 Unterschriften die Angabe des Geburtsdatums fehlt. Allerdings wohnt unter den angegebenen Adressen jeweils nur eine einzige Person dieses Namens. Weitere 25 Unterschriften weisen neben dem fehlenden Geburtsdatum auch keine Angaben zur Hausnummer auf. Auch hier kann aber festgestellt werden, dass in den betroffenen Straßen jeweils nur eine einzige Person dieses Namens wohnt.
Aufgabe 2: Wie wird der Rat entscheiden? Prüfen Sie die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.
Fortsetzungsteil 2:
Der Rat hat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, entspricht ihm jedoch nicht. Im daraufhin durchgeführten Bürgerentscheid, spricht sich eine Mehrheit der Bürger für die Annahme des Begehrens aus. Wie sich
herausstellt, war jedoch die Kostenschätzung der Verwaltung unzutreffend. Die Kosten für Unterhalt und Wartung der Spielgeräte waren nicht bedacht worden. Wären die höheren Kosten bekannt gewesen, hätte eine Mehrheit gegen die Annahme gestimmt.
Aufgabe 3: Ist der Bürgerentscheid rechtmäßig?
Aufgabe 4: Kann die Kommunalaufsichtsbehörde – unabhängig von den bisherigen Fallgestaltungen – nach § 122 GO NRW gegen einen rechtswidrigen Bürgerentscheid vorgehen?
Bearbeitervermerk: Auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen ist – ggf hilfsgutachterlich – einzugehen.
Anbei erhaltet ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der ersten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens im Juni 2015 in NRW. Vielen Dank dafür. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Rechtsanwalt R (deutscher Staatsbürger) hat sich durch sein Rechtspolitisches Engagement als Gegner häuslicher Gewalt in seiner Heimatstadt S einen Ruf gemacht. Erfolgreich war er in vielen Fällen dieser Sache auch als Anwalt vor Gericht tätig.
Da er es skanadlös findet, dass dieses Thema im öffentlichen Diskurs kaum eine Rolle spielt, aber auch um die betroffenen Frauen auf rechtliche Möglichkeiten hinzuweisen und auch um neue Mandanten für seine Kanzlei zu gewinnen, beschließt R etwas zu unternehmen.
Er fertigt an seinem heimischen PC Abbildungen von geschlagenen Frauen (auf einem der Abbildungen hält sich eine Frau eine Pistole an den Kopf, auf einer anderen sieht man wie ein Mann seine Frau schlägt) mit der Unterschrift „Häusliche Gewalt wird nicht toleriert ? 1361b II BGB“, sowie der Adresse und dem Logo seiner Kanzlei an. Diese Abbildungen schickt er sodann an eine Medienagentur, die diese Abbildungen auf Kaffeetassen abdrucken soll.
Um sicher zu gehen, dass seinem Vorhaben nichts entgegensteht, befragt er die Anwaltskammer vorab, ob die Werbung zulässig ist. Die zuständige Anwaltskammer untersagt dem R Werbung in dieser Art. Unter Verweis auf § 43 b BRAO und § 6 BORA erklärt sie dem R in einem Schreiben, dass es sich bei solch einer Werbung nicht um in Form und Inhalt sachliche Unterrichtung der beruflichen Tätigkeit handelt. Es handele sich um reißerische Werbung, die mit dem Berufsethos des Rechtsanwaltsberufs nicht vereinbar sei. Es bestehe die Sorge, dass der Eindruck erweckt würde, Rechtsanwälte hätten es nötig um jeden Preis an neue Mandanten zu kommen. Das nötige Vertrauen in die Seriösität der Rechtsanwaltschaft könne zu Schaden kommen.
Über die Entscheidung der Berufsanwaltskammer verärgert zieht R vor die zuständigen Gerichte. Am Ende des Instanzenzugs Entscheidet schließlich der BGH, dass es mit der Entscheidung der Berufsanwaltskammer seine Richtigkeit hat.
Form und Fristgerecht reicht R Verfassungsbeschwerde ein. Er macht geltend, der BGH habe in seinem Urteil die oben genannten §§ verfassungswidrig ausgelegt. Das Urteil verstoße gegen seine Grundrechte aus Art 5 I (Meinungsfreiheit), Art 5 III (Kunstfreiheit) und gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 I). Überdies sei die von der Rechtsanwaltskammer übersandte Entscheidung eine Zensur (Art 5 I).
Fertigen sie ein Gutachten über Zulässigkeit und Begründetheit der Verfassungsbeschwerde des R an.
Dabei ist davon auszugehen, dass:
– Der Instanzenzug beendet ist.
– Es ist zu Unterstellen, dass eine Genehmigung seitens der Anwaltskammer nichterforderlich ist.
– Außer auf die genannten §§ der BRAO und BORA (abgedruckt im Ergänzungsband) ist im Gutachten nicht einzugehen.
Nachfolgend erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in Berlin / Brandenburg im April 2015. Nochmals vielen Dank hierfür an Adrian. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die Bundesregierung möchte mit der Einführung einer Luftverkehrssteuer Anreize zu umweltgerechterem Verhalten bieten und den Haushalt konsolidieren. Daher beschließt sie im Jahr 2010 das LuftVStG, welches im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:
Flüge aus dem Inland unterliegen der Steuerpflicht. Sie wird nach drei Distanzklassen unterteilt (Kurz-, Mittel- und Langstrecke), wobei deren Berechnung der Einfachheit halber pauschal vom Flughafen Frankfurt am Main zum wichtigsten Flughafen des Ziellandes erfolgt. In der Kurzstrecken- Distanzklasse fallen 8 € pro Passagier an, in der Mittelklasse 25 € (Anm.: ungefähr) und in der Langstreckenklasse 45 €. Das Bundesministerium für Finanzen wird ermächtigt, die Distanzklassen zu Beginn jedes Jahres mittels Rechtsverordnung entsprechend anzupassen. Herausgenommen aus dem Anwendungsbereich des LuftVStG sind militärische und medizinische Flüge, Fracht- und Privatflüge sowie Transit- und Transferflüge (letzteres: „Umsteigerprivileg“).
Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens stimmen 4 Mitglieder des Bundeslandes A im Bundesrat uneinheitlich ab (2 dafür, 2 dagegen). Von 69 Mitgliedern des Bundesrats stimmten 35 (mit den Mitgliedern des Bundeslands A) dafür und 34 dagegen.
Das Bundesland B möchte im Januar 2015 die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes überprüfen, da sie Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz hat. Es ist der Ansicht, dass der Bund schon keine Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG inne hätte. Zudem sei die Verordnungsermächtigung im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot verfassungswidrig, da das Parlament selbst sich mit der Höhe der Steuerbelastung durch die Distanzklassen auseinandersetzen müsse. Zudem verstoße das LuftVStG gleich mehrfach gegen den Gleichheitssatz, indem Fracht- und Privatflüge sowie Transit- und Transferflüge aus dem Anwendungsbereich herausgenommen werden. Zudem komme die Orientierung am wichtigsten Flughafen des Ziellandes zu absurden Ergebnissen: Während ein Flug nach New York mit über 6.000 Flugkilometern der höchsten Distanzklasse mit dem höchsten Steuersatz unterliegt, falle ein Flug nach Wladiwostok mit einer Distanz von 8.500 km in die niedrigste Steuerklasse, da der wichtigste Flughafen Russlands – Moskau – nur knapp 2.000 km von Frankfurt am Main entfernt ist. Auch dies sei ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Zudem greife das LuftVStG in nicht zu rechtfertigender Weise in die Berufsfreiheit der Airlines sowie der Passagiere ein. Zudem führe die Herausnahme der Transfer- und Transitflüge dazu, dass Ausweichreaktionen durch einen Beginn der Reise an einem ausländischen Flughafen geradezu provoziert werden.
Die Bundesregierung tritt dem entgegen. Die Privilegierung der Transfer- und Transitflüge sei nötig, um die wichtigsten „Drehkreuze“ in ihrer europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu schützen. Die teilweise absurden Ergebnisse des Berechnungsmodus der Distanzklasse seien absolute Ausreißer, die hinzunehmen wären. Zudem habe der Gesetzgeber eine weites Ermessen in Steuerangelegenheiten. Auch die Herausnahme von Fracht- und Privatflügen sei zulässig, da Passagierflüge hauptverantwortlich für die Umweltbelastung seien.
Wird der Antrag der Landesregierung B vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg haben?
Vielen Dank an Adrian für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der ersten gelaufenen Klausur des 1. Staatsexamens im Öffentlichen Recht in Berlin / Brandenburg. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Die U-Ltd mit Sitz in Manchester bietet die U-App (Anm.: gemeint ist „Uber“) an, bei der die Nutzer eine Fahrt ordern können, bei der sie von einem Fahrer mit einem privaten PKW abgeholt werden. Über die U-App läuft die Abrechnung, die Bestellung und die Bewertung der Fahrer. Jede Fahrt kostet 1 € Grundgebühr sowie 1,20 € pro Kilometer. U behält 20% der Fahrtkosten für sich ein. Die Fahrer schließen einen „Join and Support“-Vertrag mit U ab, in dem sie sich zu einer Bereitstellung ihrer Dienste zu gewissen Zeiten verpflichten. Zudem bestehen mit einigen Fahrern, die mindestens 40 Stunden pro Woche arbeiten, zusätzliche Verträge mit einem zusätzlichen Grundentgelt. U führt keine Sozialversicherungsbeträge für die Fahrer ab.
Die zuständige Behörde der Freien Hansestadt Hamburg (FHH) untersagt U die Vermittlung der Fahrten mit dem Hinweis darauf, dass es sich um genehmigungspflichtige Fahrten nach dem PBefG handele. Zudem ordnet die FHH den sofortigen Vollzug an.
Die FHH begründet den Sofortvollzug folgendermaßen: Zunächst wolle sie keine massenhaft illegalen Fahrten dulden. Zudem könnten – was zutrifft – die Haftpflichtversicherer im Falle eines Unfalls eine Zahlung an die geschädigten Kunden verweigern. Schließlich sei es ihre Aufgabe, den lokalen Taximarkt vor illegaler Konkurrenz zu schützen.
Die Untersagungsverfügung begründet sie damit, dass es sich um entgeltliche Beförderung im Sinne des § 1 I PBefG handele und auch keine Ausnahme nach § 1 II PBefG vorliege.
U tritt der Verfügung damit entgegen, dass es sich bei ihrem Angebot nur um sogenannte „ride sharing“-Dienste handele und die Fahrten reine Privatfahrten seien, die sie nur vermittele. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei unangemessen, da sie einem Berufsverbot gleichkomme und derart komplizierte Fragen einem Hauptsacheverfahren vorbehalten werden müssten.
Ohne weitere gerichtliche Schritte unternommen zu haben, stellt U einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem zuständigen VG Hamburg.
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im Februar 2015 gelaufenen ÖII Klausur des 1. Staatsexamens in Rheinland-Pfalz (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
In der Stadt S ist der Fußballverein F ansässig, welcher mit dem Verein G verfeindet ist. Des Öfteren ist es bei Heimspielen gegen den Verein G zu Konflikten zwischen den Fans des harten Kerns gekommen, den sog. „Ultras“. Bei diesen Konflikten ist es trotz erhöhtem Polizeieinsatz zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen im und um das Stadion gekommen, wobei auch unbeteiligte Passanten betroffen wurden. Die Polizei hat daraufhin versucht mit Aufenthaltsverboten und Meldeauflagen den Ausschreitungen entgegen zu wirken, jedoch wurde das Bild dadurch nur leicht verbessert und konnte nicht vollständig behoben werden. 2015 steht in der Stadt S erneut ein Derby zwischen F und G an, jedoch findet zeitgleich auch ein Volksfest statt, welches rundherum mehrere Dutzend Polizisten benötigt. Aus diesem Grund erlässt der Bürgermeister der Stadt S einen Bescheid, welcher es F verbietet die geplanten 10% der Eintrittskarten die laut DFB für den gegnerischen Verein reserviert werden müssen, zu verkaufen. Er begründet dies damit, dass die Ausschreitungen in Anbetracht der verringerten Polizeigewalt nicht zu kontrollieren seien und ein solches Verkaufsverbot nötig sei. F hingegen sieht sich selbst als Opfer der gewalttätigen Fans und nicht verantwortlich für die Ausschreitungen. Erst einmal müsse sich der Bürgermeister an die Verantwortlichen wenden. Insbesondere entstehe ihm durch das Verkaufsverbot ein Schaden von 10.000€. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhebt F form-und fristgerecht Klage zum zuständigen VG.
Frage 1 : Hat die Klage des F Aussicht auf Erfolg?
K, ein Fan des Vereins F, welcher dem harten Kern angehört, ist bei den letzten beiden Heimspielen auffällig geworden, indem er sich an Schlägereien beteiligt hat. Eines Tages erhält er von dem Polizeipräsidium der Stadt S ein Schreiben überschrieben mit „Gefährderanschreiben“ . Darin heißt es, dass K in letzter Zeit unter polizeilicher Beobachtung stand, wobei die Art und Weise nicht ausgeführt wurde und ihm geraten wird, sich in Zukunft von Spielen des Vereins F fernzuhalten, sonst könnten gegen ihn Maßnahmen auf Grundlage des POG ergehen. K möchte dieses Schreiben nicht auf sich sitzen lassen und möchte, dass es aus der Welt ist.
Frage 2: Ist eine Klage des K vor dem VG zulässig?
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1: Erfolgsaussichten der Klage gegen das Verkaufsverbot
A. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtweges, § 40 I 1 VwGO
Hier: POG
II. Statthafte Klageart
Hier: Anfechtungsklage, § 42 I 1. Fall VwGO; Arg.: Verkaufsverbot = VA i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG
III. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
Hier: Art. 12 I GG, zumindest aber Art. 2 I GG
2. Erfolgloses Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO (+)
3. Klagefrist, § 74 I VwGO (+)
4. Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
IV. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen (+)
B. Begründetheit, § 113 I 1 VwGO
I. Rechtswidrigkeit des VA
1. Ermächtigungsgrundlage
a) Spezialgesetz (-)
b) Generalklausel, § 9 I POG
2. Formelle Rechtmäßigkeit (+)
3. Materielle Rechtmäßigkeit
a) Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
aa) Schutzgut
-> Öffentliche Sicherheit
Hier: Geschriebenes Recht (§§ 223, 303 StGB) und Individualgüter (Leib, Eigentum)
bb) Gefahr
-> Hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts (+); Arg.: häufige gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den „Ultras“ bei Heimspielen
cc) Ordnungspflichtigkeit
(1) Verhaltensstörer, § 4 I POG
(a) Unmittelbarer Verursacher
(-); Arg.: Keine Überschreitung der Gefahrenschwelle durch F selbst
(b) Mittelbarer Verursacher
Problem: „Zweckveranlasser“
– aA: subjektive Theorie -> (-); Arg: Überschreitung der Gefahrenschwelle durch Ultras nicht „gewollt“
– hM: objektive Theorie -> eigentlich (+); Arg.: Überschreitung der Gefahrenschwelle „vorhersehbar“; aber: Grundrechtsausübung des F, Art. 12 I GG
(2) Notstandspflichtiger, § 7 I POG („Nichtstörer“)
(a) Gegenwärtige erhebliche Gefahr (+)
(b) Vorgehen gegen Verhaltensstörer nicht erfolgversprechend
Hier: Aufenthaltsverbote und Meldeauflagen in der Vergangenheit wirkungslos
(c) Keine Abwehr durch eigene Kräfte oder durch Beauftragte
Hier: Polizeikräfte durch Volksfest gebunden; Eskalation nicht kontrollierbar; allerdings: kein Hinweis auf Bemühungen um Amtshilfe aus benachbarten Regionen, was regelmäßig in Betracht zu ziehen wäre (aA gut vertretbar).
b) Ergebnis: (-)
II. Rechtsverletzung (+)
C. Ergebnis: (+)
Frage 2: Zulässigkeit der Klage gegen das Gefährderanschreiben
I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 I 1 VwGO
Hier: POG
II. Statthafte Klageart
1. Anfechtungsklage, § 42 I 1. Fall VwGO
(-); Arg.: Gefährderanschreiben kein VA, mangels Regelungswirkung („Rat“).
2. Feststellungsklage, § 43 I VwGO
Dann müsste K die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehren. Ein Rechtsverhältnis liegt vor, wenn in einem konkreten Sachverhalt aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften eine Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Sachen besteht. Dies wäre zumindest dann der Fall, wenn ein Eingriff in die Grundrechte des K vorläge.
a) Versammlungsfreiheit, Art. 8 GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlich (+)
(2) Sachlich
Problem: Versammlungszweck
– aA: jeder Zweck ausreichend -> (+); Arg.: Handlungsfreiheit in der Gruppe
– aA: politischer Zweck erforderlich -> (-); Arg.: Entstehungsgeschichte
– hM: kommunikativer Zweck erforderlich und ausreichend -> (+); Arg.: Meinungsfreiheit in der Gruppe
bb) Eingriff
(1) Eingriff im klassischen Sinne
(-); Arg.: Keine Regelungswirkung (s.o.)
(2) Eingriff im modernen Sinne
Hier: Intensität; Arg.: Einwirkung auf Entschließungsfreiheit durch Inaussichtstellen von polizeilichen Maßnahmen.
b) Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlich (+)
(2) Sachlich
(a) Meinung
= Jedes Werturteil
Hier: Sympathiebekundung für den Verein
(b) Haben, Bilden, Äußern, Verbreiten (+)
bb) Eingriff (+), s.o.
III. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
1. Feststellungsinteresse, § 43 I VwGO
Hier: rechtliches bzw. ideelles Interesse
2. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog
Hier: Art. 8, 5 I 1 GG
3. Keine Subsidiarität, § 43 II VwGO
(+); Arg.: andere Klagearten kommen nicht in Betracht.
4. Klagegegner
Hier: Rechtsträger
IV. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen (+)
V. Ergebnis: (+)
Vertiefende Theorie:
Anbei erhaltet ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten gelaufenen Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens in Rheinland-Pfalz im Februar 2015. Vielen Dank für die Zusendung des Protokolls. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
In der Stadt S ist der Fussballverein F ansässig, welcher mit dem Verein G verfeindet ist. Des Öfteren ist es bei Heimspielen gegen den Verein G zu Konflikten zwischen den Fans des harten Kerns gekommen, den sog. „ Ultra“. Bei diesen Konflikten ist es trotz erhöhtem Polizeieinsatz zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen im und um das Stadion gekommen, wobei auch unbeteiligte Passanten betroffen wurden. Die Polizei hat daraufhin versucht mit Aufenthaltsverboten und Meldeauflagen den Ausschreitungen entgegen zu wirken, jedoch wurde das Bild dadurch nur leicht verbessert und konnte nicht vollständig behoben werden.
2015 steht in der Stadt S erneut ein Derby zwischen F und G an, jedoch findet zeitgleich auch ein Volksfest statt, welches rundherum mehrere dutzend Polizisten benötigt. Aus diesem Grund erlässt der Bürgermeister der Stadt S einen Bescheid, welcher es F verbietet die geplaneten 10% der Eintrittskarten die laut DFB für den gegnerischen Verein reserviert werden müssen, zu verkaufen. Er begründet dies damit, dass die Ausschreitungen in Anbetracht der verringerten Polizeigewalt nicht zu kontrollieren seien und ein solches Verkaufsverbot nötig sei. F hingegen sieht sich selbst als Opfer der gewalttätigen Fans und nicht verantwortlich für die Ausschreitungen. Erst einmal müsse sich der Bürgermeister an die Verantwortlichen wenden. Insbesondere entstehe ihm durch das Verkaufsverbot ein Schaden von 10.000€. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhebt F form-und fristgerecht Klage zum zuständigen VG.
Frage 1 : Hat die Klage des F Aussicht auf Erfolg?
K, ein Fan des Vereins F, welcher dem harten Kern angehört, ist bei den letzten beiden Heimspielen auffällig geworden, indem er sich an Schlägereien beteiligt hat. Eines Tages erhält er von dem Polizeipräsidium der Stadt S ein Schreiben überschrieben mit „Gefährderanschreiben“ . Darin heißt es, dass K in letzter Zeit unter polizeilicher Beobachtung stand, wobei die Art und Weise nicht ausgeführt wurde und ihm geraten wird, sich in Zukunft von Spielen des Vereins F fernzuhalten, sonst könnten gegen ihn Maßnahmen auf Grundlage des POG ergehen. K möchte dieses Schreiben nicht auf sich sitzen lassen und möchte, dass es aus der Welt ist.
Frage 2: Ist eine Klage des K vor dem VG zulässig?
Auch dieses Mal bieten wir Euch wieder gemeinsam mit jur:next eine Besprechung zu einem aktuellen examensrelevanten Urteil an. Der heutige Beitrag stammt aus dem Gebiet des Öffentlichen Rechts und befasst sich mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG, eingekleidet in einen steuerrechtlichen Sachverhalt.
Entscheidung des BVerfG · Urteil vom 17. Dezember 2014 · Az. 1 BvL 21/12
Leitsatz: „1. Art. 3 Abs. 1 GG verleiht Steuerpflichtigen keinen Anspruch auf verfassungsrechtliche Kontrolle steuerrechtlicher Regelungen, die Dritte gleichheitswidrig begünstigen, das eigene Steuerrechtsverhältnis aber nicht betreffen. Anderes gilt jedoch, wenn Steuervergünstigungen die gleichheitsgerechte Belastung durch die Steuer insgesamt in Frage stellen.“
I. Zum Sachverhalt:
Der Kläger war Miterbe seines Bruders zu einem Anteil von 51.266 Euro geworden. Nach Berücksichtigung des für Personen der Steuerklasse II vorgesehenen Freibetrags von 20.000 Euro verblieb ein steuerpflichtiger Erwerb von 31.200 Euro, auf den das Finanzamt den für die Erbschaft geltenden Steuersatz von 30 % auf 9.360 Euro festlegte. Dieser aus § 19 Abs. 1 ErbStG resultierende Steuersatz gilt jedoch auch für einen mittelständischen Betrieb in der Steuerklasse III, der sich zudem aus den §§ 13a und 13b ErbStG Steuerfreistellungen iHv. 85 – 100 % sichern kann.1
Der Kläger führte dagegen an, dass die Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren sei. Er beschritt in der Folge den Rechtsweg bis zum Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH). Dieser hatte mit Beschluss vom 27.09.2012 (BFHE 238, 241) das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt.
II. Problemaufriss
A. Zulässigkeit
Zunächst eine kurze Erörterung zur Zulässigkeit der konkreten Normenkontrolle.
Die Zuständigkeit des BVerfG ergibt sich aus Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG. Ein ordnungsgemäßer Antrag nach §§ 23 Abs. 1, 80 Abs. 2 BVerfGG durch den Gerichtsbeschluss des BFH war erfolgt. Dieses war auch vorlagebefugt gemäß Art. 100 GG und zugleich lag mit der Überprüfung von Bundesrecht mit dem GG auch ein zulässiger Vorlagegegenstand vor. Der BFH war zudem von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt.
Zusätzliche Voraussetzung ist, dass das Gesetz für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich ist. Dies ist nur der Fall, wenn das Gericht bei Bestand der Regelung anders entscheiden müsste, als bei dessen Verfassungswidrigkeit. Das BVerfG stellte zunächst fest: „Im Steuerrecht wird eine Regelung, auf die es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens an sich nicht ankommt, nicht allein dadurch entscheidungserheblich, dass sie Steuerpflichtigen eine Vergünstigung einräumt, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht zusteht.“2 Jedoch stellte es weitergehend klar, dass die Norm dann entscheidungserheblich ist, „[…] wenn die Dritten gewährten Steuervergünstigungen für eine gleichheitsgerechte Belastung durch die betreffende Steuer insgesamt übergreifende Bedeutung haben.“3 Mit anderen Worten, sind die §§ 13 a, 13 b und 19 ErbStG verfassungswidrig, wirkt sich dies in spezifischer Weise auf die Beurteilung der Verhältnisse der Erbschaftssteuer insgesamt aus, sodass das Urteil des BFH anders ausfallen müsste. Damit ist Entscheidungserheblichkeit gegeben.
B. Begründetheit
In der Begründetheit der konkreten Normenkontrolle muss nun die Vereinbarkeit der Regelungen mit dem GG dargestellt werden.
Die Bestimmungen über die Befreiung von der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen in §§ 13a und 13b des ErbStG iVm § 19 Abs. 1 ErbStG verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn eine unzulässige Ungleichbehandlung von wesentlich gleichen Sachverhalten vorliegt, die nicht zu rechtfertigen ist. Die Erbschaftssteuer knüpft an die Erlangung von Vermögen von Todes wegen für K als auch für Betriebe einen Steuerprozentsatz von 30 %. Jedoch ermöglicht § 13a Abs. 1 Satz 1 iVm. § 13b Abs. 4 ErbStG eine Privilegierung von Unternehmen mit Steuerfreistellungen von 85 bis zu 100 %. Voraussetzung dafür ist die Erbschaft betrieblichen Vermögens sowie die Fortführung des Betriebs. Liegen hier demnach vergleichbare Sachverhalte vor oder nicht?
Die Antwort muss zunächst nein lauten, denn es handelt sich bei dem Vermögen des K eben nicht um das gesetzlich privilegierte betriebliche Vermögen. Das BVerfG stellt dennoch klar, dass eine Ungleichbehandlung gleichfalls vorliegen kann, wenn ein Begünstigungsausschluss vorliegt, in dem eine Freistellung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Diese Regelung müsse zudem strukturelle Bedeutung für die Erhebung der Steuer insgesamt haben, also nach Ausmaß und Umfang erheblich sein.4 In diesem Falle stelle eine Verfassungswidrigkeit der Begünstigungsnorm die lastengleiche Besteuerung auch derjenigen in Frage, die von
dieser Norm an sich nicht erfasst würden.
Steht diese Beurteilung mit der bisherigen Dogmatik des Gleichheitsgrundsatzes in Widerspruch? Primär muss bei der Prüfung des Gleichheitsgrundsatzes eine Darstellung der Vergleichsgruppen erfolgen, um erst danach eine etwaige anknüpfende Ungleichbehandlung festzustellen. Dennoch ergeht das Urteil des BVerfG in der Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG. So hatte das Gericht bereits entschieden, dass an bestimmte Vermögensarten anknüpfende Steuersätze in einheitlichen Bewertungsmethoden erfasst werden müssen.5 Nunmehr wird darauf abgestellt, dass die Ungleichbehandlung zwischen den Vermögensarten „nicht nur atypische Einzelfälle betrifft, sondern in der Gesetzessystematik als Regelfall angelegt ist,[…]“6.
Dies bedeutet, dass wenn im Ausgangspunkt der Gesetzgeber an einen Sachverhalt eine Versteuerung knüpft, auch die folgenden Befreiungsmöglichkeiten innerhalb des Steuersystems gleichmäßig ausdifferenziert sein müssen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands).7 Demnach liegt in der strukturellen Benachteiligung des nichtbetrieblichen gegenüber unternehmerischem Vermögen eine Ungleichbehandlung. Diese könnte jedoch gerechtfertigt sein.
Der Maßstab dieser Prüfung richtet sich nach den Einflussmöglichkeiten des Betroffenen auf die Unterscheidungskriterien, der Nähe zu den Freiheitsrechten und den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG. Hier stellt das BVerfG richtigerweise fest, dass die Erben nur geringen Einfluss darauf haben, „[…] ob das ihnen geschenkte oder von ihnen ererbte Vermögen den Kategorien förderungswürdigen betrieblichen […]“8 Vermögens angehört. Aufgrund dieser Anknüpfung an nicht zu beeinflussende Merkmale besteht eine hohe Eingriffsintensität. In der Konsequenz findet die weitere Prüfung nicht nach der Willkürformel9, die nur einen sachlichen Grund fordert, sondern anhand eines modifizierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes statt.
Hiernach muss die Ungleichbehandlung ein zulässiges Differenzierungsziel des Gemeinwohls verfolgen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein. Sinn und Zweck der Steuerfreistellungen für betriebliches Erbvermögen ist es, besonders mittelständischen Unternehmen die Fortführung ihrer Betriebe zu erleichtern und so langfristig Arbeitsplätze im Sinne des Gemeinwohls zu zu sichern. Geeignet ist die Freistellung gleichfalls, denn sie dient durch die Liquiditätssicherung der Unternehmen genau diesem Gemeinwohlzweck.
Sie ist auch erforderlich, wenn keine gleich geeigneten, milderen Mittel zur Verfügung stehen.
Dies könnte bspw. eine Freistellung mittlerer Unternehmen nur nach Durchführung einer individuellen Bedürfnisprüfung sein. Eine solche Ermessensentscheidung beansprucht jedoch Zeit und garantiert keine Auszahlung, sodass eine gleiche Wirkung zumindest fraglich ist. In Ansehung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers sind folglich mildere Mittel nicht ersichtlich.10 Angemessen ist die Ungleichbehandlung dann, wenn Unterschiede solcher Art zwischen den Vergleichsgruppen bestehen, die die Differenzierung rechtfertigen.11 Problematisch ist, dass die Freistellung über den Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen hinaus auch millionenschwere Großunternehmen begünstigt, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Zum Einen geht
eine solche Wirkung ohne Vermögensobergrenze über das zulässige Differenzierungsziel der Sicherung kleiner Unternehmen hinaus. Zum Anderen führt die ausnahmslose Begünstigung der Großunternehmen gegenüber den nicht privilegierten Vermögensarten zu einem erheblichen Maß der Ungleichbehandlung, welches in der Folge nicht mehr zu rechtfertigen ist.12 Demnach stellt sich eine Freistellung der Vermögen der Großbetriebe ohne Bedürfnisprüfung als unangemessen dar. Somit ist die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt und die §§ 13a und 13b des ErbStG iVm § 19 Abs. 1 ErbStG verstoßen insgesamt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die konkrete Normenkontrolle ist schließlich zulässig und begründet, sodass das BVerfG in diesem Falle die Unvereinbarkeit der Regelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG feststellen wird (arg. ex § 81 Abs. 1 iVm. § 79 Abs. 1 BVerfGG).
III. Bedeutung für das Studium
Das Steuerrecht gehört nach § 11 JAGNRW nicht zum Pflichtfachstoff im Staatsexamen. Dennoch oder gerade deswegen kann eine Einbindung in eine solche komplexe verfassungsrechtliche Klausur durchaus Sinn machen. Dies rührt zum Einen daher, dass gar keine steuerrechtlichen Kenntnisse zur Lösung erforderlich sind. Zum Anderen kommt es wie dargestellt nur darauf an, den Überblick zu behalten und den Sachverhalt auszuschöpfen. Es gilt in der Folge das Grundschema des Gleichheitsgrundsatzes zu beherrschen und juristisch argumentieren zu können.
Fußnoten:
1 Es handelt sich hier um Normen in der Fassung von 2009, die der Gesetzgeber formell rechtmäßig erlassen hatte.
2 Rn. 155 des oben angeführten Urteils.
3 Rn. 156.
4 Vgl. Rn. 191.
5 Beispielhaft in BVerfGE 117, 1; Beschluss des Ersten Senats vom 07.11.2006 – 1 BvL 10/02 – .
6 Rn. 191.
7 Vertiefend dazu Jarass/Pieroth , Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rn. 46 ff.
8 Rn. 192.
9 Vgl. dazu beispielhaft BVerfGE 55, 72; Beschl. v. 07.10.1980 – 1 BvL 50, 89/79.
10 Dem Gesetzgeber steht demnach gerade im Steuerrecht grds. ein weiter Entscheidungsspielraum zu: vgl. Rn. 212.
11 So auch Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1, Rn. 51.
12 Vgl. Rn. 232
Entscheidungsname: Amtsträger in Nöten
Fundstelle: Saarländisches Oberlandesgericht, NJW-RR 2014, 675-680
Problemaufriss
Die Entscheidung des OLG gibt Anlass in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einzutauchen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht steht nicht selten zwischen dem Öffentlichen und dem Zivilrecht und damit zwischen der ordentlichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Daher sollte man sich zunächst vor Augen führen, woher das allgemeine Persönlichkeitsrecht stammt und was es schützen will. Über das Scharnier der Drittwirkung von Grundrechen wirkt es ebenso im Zivilrecht und führt oft zu Streitigkeiten zwischen Privaten, die sich durch einen anderen Privaten in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sehen. Danach sollte man klar eingrenzen, was gefordert wird. Zentral sind Unterlassungs- und Widerrufsansprüche sowie Geldentschädigungsansprüche. Geldentschädigungsansprüche werfen außerdem dogmatische Fragen auf. Ausnahmsweise erkennt die Rechtsprechung auf der Schadenseite eine Genugtuungsfunktion an, die eine Erweiterung des allgemeinen Schadensersatzrechts der §§ 249ff. BGB darstellen. Insbesondere aufgrund der Schnittstelle zwischen dem Öffentlichen und dem Zivilrecht sowie der hohen Praxisrelevanz ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht höchst prüfungsrelevant. Die Entscheidung sollte Anlass sein, sich mit den Strukturen des Instituts auseinanderzusetzen und die aktuelle Rechtsprechung zu verfolgen. Dabei geht das Gericht vor allem auf die „Sonderrolle“ eines Amtsträgers ein und problematisiert die Tragweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nachfolgend behandelt es die „klassische“ Frage, wo die Grenze zwischen Meinungskundgabe und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verläuft.
Sachverhalt
Der Kläger ist Landrat und gehört der SPD an. Der Kläger trat auf einer Gegenveranstaltung zu einer Veranstaltung auf, die der rechten Szene zuzuordnen ist. Hintergrund war eine vom Zeugen W. angemeldete Kundgebung des Nationalen Widerstands Z.“ in H. am 2.3.2013, an der auch der Beklagte und dessen Verlobte, die Zeugin R., teilnahmen. Anwesend waren auch Gegendemonstranten und Polizeibeamte. Gegen Ende der Veranstaltung wurde die erste Strophe des „Liedes der Deutschen“ abgespielt. Der Kläger untersagte das in seiner Funktion als Kreispolizeibehörde. Versammlungsteilnehmer hielten die Untersagung für unzulässig, und es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung, an der sich auch der Beklagte, die Zeugin R. und der Zeuge W. beteiligten. Die Zeugin R. trat vor den Kläger und machte mit ihrem Smartphone Aufnahmen. Er wehrte das ab; ob er dabei die Hand der Zeugin quetschte und ihr Handy beschädigte, ist streitig. Jedenfalls wurde er von der Zeugin ins Gesicht geschlagen, worauf er nach dem Vorbringen des Beklagten mit einem Faustschlag ins Gesicht reagiert haben soll. Polizeibeamte griffen ein, die Zeugin ging zu Boden. Sie wurde bewusstlos, erlitt Verletzungen und wurde notärztlich behandelt.
Der Beklagte – der nach eigenen Angaben den angeblichen Faustschlag selbst nicht gesehen hatte – berichtete im Internet über das Geschehen. Auf der Internetseite der NPD N.-O. veröffentlichte er einen Artikel unter dem Titel „SPD Landrat schlägt NPD Aktivistin R. R. nieder“. Darin hieß es: „[…] Der örtliche SPD-Landrat hat demnach sich augenscheinlich von der Nationalhymne, die Bestandteil des Liedes der Deutschen ist, ‚provoziert‘ gefühlt und schlug R. R. (NPD, Mitglied des NPD-Parteivorstandes) nieder.
Es war kurz vor dem geplanten Ende der dritten Kundgebung im Rahmen der „Fahrt der Erinnerung“ des Nationalen Widerstands Z. […]. Zum Abschluss sollte […] die Nationalhymne gespielt werden. [Das] war für den SPD-Apparatschik C. L. eine […] unvorstellbare Provokation.[…]
Im Rahmen einer Schlichtung durch NPD-Parteivorstandsmitglied R. R., versuchte Landrat L. zunächst, der vierfachen Mutter das Funktelefon gewaltsam zu entreißen, weil er vermutete, dass sie das Gespräch damit aufgezeichnet habe. […] Er wendete dabei dermaßen heftige Gewalt an, dass R. R. Quetschungen an der Hand erlitt und das Display Ihres iPhones durch den Druck zerbrach. Als R. R. diese Gewaltattacke in legitimer Notwehrabsicht abwehrte, schlug L. der Rednerin der NPD brutal mit der Faust ins Gesicht. Das überraschte Opfer blutete. R. R. erlitt hierdurch eine Prellung des Nasenbeins, Nasenbluten und eine Schädelprellung sowie Quetschungen und blutige Kratzspuren an der Hand.[…]
Im Wesentlichen gleichlautende Berichte veröffentlichte der Beklagte auf der Facebook-Seite der NPD und auf der Internetseite „DS Aktuell“. Sie schlossen jeweils mit der Angabe „Verantwortlich: M. W. Pressesprecher der KPV“ bzw. „der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der NPD“.
Der Kläger hat den Beklagten unter dem 4.3.2013 aufgefordert, die Verbreitung der Artikel zu unterlassen, und am 8.3.2013 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der dem Beklagten aufgegeben werden sollte, die Berichte aus dem Internet zu entfernen und es zu unterlassen, sie im Internet oder auf eine andere Art der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Zeugin R. R. tätlich angegriffen und ihr Mobiltelefon beschädigt oder zerstört zu haben, hat der Kläger von sich gewiesen. Er hat sich durch die Berichterstattung – unter anderem durch die Bezeichnung als „Frauenschläger“ – in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt gesehen. Der Kläger hat zum Ablauf des Vorfalls an Eides statt versichert, die Zeugin R. habe sich unmittelbar vor ihn gestellt und ihm ihr Mobiltelefon direkt vors Gesicht gehalten; er habe die Linse mit seiner linken Hand verdeckt und das Telefon nach unten gedrückt. Die Zeugin habe ihm dann den – unstreitigen – Schlag ins Gesicht versetzt, woraufhin sie von den umstehenden Polizisten unter heftiger Gegenwehr überwältigt worden sei.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht bejahte einen Anspruch auf Unterlassung solcher Äußerungen. Die Rechtsgrundlage des Anspruches stelle § 1004 BGB i. V. m. Art. 2 I, 1 I GG dar. Dazu stellt das Gericht zunächst fest: „Gegen Angriffe auf die persönliche Ehre durch Behaupten oder Verbreiten von Äußerungen, die die Wertschätzung, den Ruf, das Ansehen einer Person beeinträchtigen, genießt sie den umfassenden negatorischen und deliktischen Schutz des Persönlichkeitsrechts. Das Recht der persönlichen Ehre wird verletzt, wenn der Einzelne beschimpft, verächtlich gemacht oder herabgewürdigt wird. Das kann insbesondere dadurch geschehen, dass er, wie hier, eines strafrechtlich sanktionierten oder eines moralisch verwerflichen Verhaltens bezichtigt wird.
Damit hat das Gericht die Grundlage für den Anspruch gelegt. Die interessante Frage hinter diesem Fall ist jedoch, ob und in welchen Bahnen sich ein Amtsträger auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen darf. Steht er in einer speziellen Sphäre, die seinen Schutz mindert, oder aber kommt ihm der volle Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugute? Das Gericht beantwortet diese Frage eindeutig: „Die Rechtsauffassung des Beklagten ist insoweit richtig, als Ansprüche auf die Abwehr von Beleidigungen, üblen Nachreden und Verleumdungen gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185, 186, 187 StGB auch juristischen Personen zustehen können. Was juristische Personen des öffentlichen Rechts anbelangt, so haben diese zwar keine eigentliche „persönliche Ehre“, gleichwohl genießen sie, wie § 194 Abs. 3 StGB zeigt, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben strafrechtlichen Ehrenschutz, der – vermittelt über die §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB, 185 ff. StGB – auch zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann, sofern es um das Mindestmaß an öffentlicher Anerkennung geht, ohne das die Wahrnehmung ihrer Funktionen beeinträchtigt wäre.
Der Beklagte irrt aber mit der Annahme, hier sei es allein die hinter der Behörde Landrat stehende Körperschaft, die berechtigt sein könne, die Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen zu verlangen. Es mag sein, dass im gegebenen Fall auch die Anstellungskörperschaft vom Beklagten verlangen könnte, er möge die Behauptung, einer ihrer Organwalter habe eine Versammlungsteilnehmerin niedergeschlagen, unterlassen. Das würde jedoch an der davon unabhängigen Anspruchsinhaberschaft und Aktivlegitimation des Klägers nichts ändern Es spielt für den Ehrenschutz des Klägers keine Rolle, dass er in seiner amtlichen Eigenschaft als Versammlungsbehörde/Kreispolizeibehörde am Ort der Kundgebung gewesen ist. Die Annahme, ein Amtsträger ließe während der Zeit, in der er dienstlich tätig ist, seine Ehre und damit seinen Ehranspruch im Privaten zurück und reduzierte sich auf seine öffentliche Funktion, wäre mit der jedem Menschen unantastbar zukommenden Würde (Art. 1 GG) nicht zu vereinbaren. Eine Person bleibt bei allem, was sie tut, Person und behält auch in Lebenssituationen der Amtsausübung ihre individuelle und höchstpersönliche Würde und Ehre. Diese ist folgerichtig potenziell auch stets verletzbar, insbesondere, wie dargelegt, dadurch, dass die Person durch den Vorwurf, eine Straftat begangen zu haben, in ein schlechtes Licht gerückt wird. Es muss ihr unbenommen sein, sich aus eigenem Recht gegen die damit verbundene Herabwürdigung zu verwahren, weil ihre Rehabilitation nicht davon abhängen kann, ob die hinter ihr stehende Körperschaft rechtliche Maßnahmen ergreift, die zudem in erster Linie der Wahrung des Ansehens der Körperschaft und allenfalls mittelbar dem des Organwalters dienen würden. Hinzu kommt: Wer Straftaten begeht, wird dafür strafrechtlich persönlich zur Verantwortung gezogen und hat auch für die zivilrechtlichen Folgen einzustehen, gleichviel ob er zur Tatzeit private Freizeitaktivitäten betrieb oder ob er mit einer amtlichen Aufgabe befasst war. Umgekehrt muss, wer dem Vorwurf strafrechtlich relevanten Verhaltens ausgesetzt wird, die Verteidigung gegen diesen Vorwurf selbst in die Hand nehmen dürfen.“
Bewertung der Entscheidung
Die Entscheidung des Gerichts vermag zu überzeugen. Neben der Wiederholung der Grundsätze des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stellt sie die Rechte eines Trägers eines öffentlichen Amtes in den Vordergrund. Zwar ist der Schutz desjenigen, der in der Öffentlichkeit kraft seines öffentlichen Amtes auftritt, grundsätzlich eingeschränkt. Er ist jedoch nicht seiner Persönlichkeitsrechte beraubt. Dazu gehört, dass er sich gegen unwahre Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen, die in den Bereich schmähender Aussagen vordringen, erwehren darf. Fraglich ist, wo die Grenze im staatlichen Bereich verläuft. Hier hat das Gericht festgestellt, dass einem Amtsträger ein gleichwertiger Schutz wie einem Privatmann zuteil wird. Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als dass sich eine öffentliche Person nicht vollumfänglich auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen darf, wenn er mit strittigen Thesen oder provozierenden Aussagen in die Öffentlichkeit dringt. Außerdem muss trennscharf unterschieden werden, ob sich die Kritik gegen die Person oder die Sache wendet. Nur bei Kritik gegen die Person steht dem Amtsträger ein Anspruch zu. Dieser ist stets dann zu bejahen, wenn er einer Straftat bezichtigt wird, die er nicht begangen hat. Dabei ist auch die Wertung des § 186 StGB zu würdigen: Wer etwas behauptet, muss sich vergewissern, dass es wahr ist. Das Risiko der Unwahrheit trägt also derjenige, der behauptet. Diese Wertung sollte nicht durchbrochen werden. Der Amtsträger muss sich effektiv erwehren können.
Andere aktuelle Entscheidungen des BGH behandeln den genauen Grenzverlauf zwischen erlaubter Meinungskundgabe und unberechtigtem Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieser Bereich ist von einer ausgeprägten Kasuistik geprägt. Maßgeblich sind stets dieselben Fragen: In welcher Sphäre wird der „Verletzte“ getroffen? Mit welcher Intensität wird der „Verletzte“ kritisiert oder beansprucht? Aus welchem Kontext heraus? Hier müssen die Kriterien sitzen. Die konkrete Bewertung des Einzelfalls obliegt dem Ermessensspielraum des Prüflings, wobei die abstrakten Kriterien und Argumentation von besonderer Wichtigkeit sind.
Examensrelevanz
Die Entscheidung hat eine erhöhte Examensrelevanz, weil sie zwei Dinge miteinander verbindet. Auf der einen Seite lassen sich „bekannte“ Strukturen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts prüfen. Dies zeigt dem Korrektor, ob grundlegendes Wissen auf diesem Gebiet vorhanden ist. Kandidatinnen oder Kandidaten, die sich in höhere Punktebereiche vorwagen möchten, können ihr Problembewusstsein unter Beweis stellen. Sie erkennen in der Amtsträgereigenschaft ein Problem und erörtern es anhand der Kriterien des Gerichts und ihren Kenntnissen aus dem Öffentlichen Recht.
Nachfolgend erhaltet Ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des 1. Staatsexamens im Dezember 2014 in NRW. Vielen Dank abermals an Lukas. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet Ihr auch hier.
Sachverhalt
Nach einer Terrorserie von Neonazis in Deutschland will der fraktionslose Abgeordnete A des Bundestages nicht weiter tatenlos zusehen.
Er bringt daher einen Gesetzesentwurf zum Terrordateigesetz (TDG) in den Bundestag ein. Dieser sieht vor, dass beim Bundesamt für Verfassungsschutz beim Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation (Terrorverdächtige) bestimmte Grunddaten gespeichert werden dürfen. Die Daten werden verschlüsselt. Auf diese Daten haben bestimmte, genau bezeichnete Bundes- und Landesbehörden Zugriff.
Bei Eingabe des Namens erscheinen dann weitere Daten, wie Wohnort und Aussehen der Person. Im Falle einer konkreten Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit können diese Behörden ebenfalls auf weitere verdeckt gespeicherte Daten zugreifen. Hierzu gehören Reise, Telekommunikations- und Bankdaten genauso wie Angaben über Waffenbesitz und den Beruf des Verdächtigen. Ein Zugriff auf diese Daten wird gespeichert und gesondert dokumentiert.
Nach drei Lesungen und Beratungen in den Ausschüssen wird das Gesetz im Bundestag zu später Stunde, nachdem die meisten Abgeordneten das Plenum bereits verlassen hatten, mit acht Ja-, fünf Neinstimmen und elf Enthaltungen beschlossen. Der Bundesrat wird ordnungsgemäß beteiligt.
Die Bundeskanzlerin M weigert sich, das Gesetz gegenzuzeichnen, weil sie die Eingriffe in die Rechte der Betroffenen für unzumutbar hält. Der Abgeordnete A weißt u.a. auf § 29 GOBReg hin, nach dem die Kanzlerin zur Gegenzeichnung verpflichtet sei.
Muss die Bundeskanzlerin M die Gegenzeichnung vornehmen?
Abwandlung:
Gegen den Bundestagsabgeordneten X werden nach entsprechenden Hinweisen aufgrund eines Anfangsverdachts strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Daraufhin unterzeichnet X am 06.02.2014 eine notarielle Verzichtserklärung. Diese geht dem Bundestagspräsidenten am 07.02.2014 zu. Bereits am 06.02.2014 hatte X über das soziale Medium Twitter bekannt gegeben, dass er sein Mandat niederlege. Am 10.02.2014 erlässt das Landgericht Köln einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des X.
Am 11.02.2014 nimmt der Bundestagspräsident die Verzichtserklärung an und erklärt gegenüber X, dass sein Mandat am 06.02.2014 erloschen sei.
Verletzt der Beschluss des Landgerichts den X in seinem Recht aus Art. 46 II GG?
Auf § 1 AbgG und §§ 46 ff. BWahlG wir hingewiesen.
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im November 2014 gelaufenen ÖI Klausur in NRW (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Die X-GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks in der Gemeinde G. Ihr Geschäft besteht darin, Grundstücke in guter Lage zu kaufen und darauf Funktürme zu errichten, auf welchen ihre Kunden dann gegen Miete Antennen installieren können. Die Gemeinde G schließt mit der X-GmbH 1999 einen Vertrag, Jahresgebühr 3.000,00 DM, und errichtet auf diesem eine Antenne, die sie für den Feuerwehrfunk einsetzt. Nach zwei Jahren kündigt der Landrat diesen Betrag und erlässt eine Duldungsverfügung, die sich auf § 28 FSHG NRW stützt und besagt, dass die X-GmbH die weitere Nutzung kostenfrei zu dulden hat. Die Antenne der Gemeinde sei eine Alarmeinrichtung iSd §28 FSHG, sie diene der sicheren und schnellen Koordinierung der Einsatzkräfte bei Bränden, außerdem sei kein anderes geeignetes Grundstück vorhanden. Die X-GmbH ist empört. Das greife in Ihre Grundrechte auf Eigentum und Berufsfreiheit ein. Das Gesetz ist verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe nicht vorhersehen können, dass Menschen Vermietungen solcher Art beruflich machen würden. Wenn sie jetzt von Polizei und Feuerwehr kein Geld mehr für ihre geschäftlichen Dienste bekommen könnte, wäre das ein besonders intensiver Eingriff. Der Landrat sagt das Gesetz sei verfassungsgemäß. Die X-GmbH habe eine Duldungspflicht und die Grundrechte sind erst gar nicht betroffen, daher müsse das Gesetz auch nicht verfassungskonform restriktiv ausgelegt werden. Insbesondere kann die X- GmbH die kosten an ihre anderen Kunden weitergeben.
Prüfen Sie die formelle rechtmäßige Duldungsverfügung auf ihre materielle Rechtmäßigkeit.
Anhang:
Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG)
§ 28
Pflichten der Grundstückseigentümer und -besitzer (1) Eigentümer und Besitzer von Gebäuden und Grundstücken sind verpflichtet, die Brandschau und die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen sowie von Hinweisschildern zur Gefahrenbekämpfung ohne Entschädigung zu dulden.
(2) Die Eigentümer und Besitzer der von Schadenfeuer, Unglücksfällen oder öffentlichen Notständen betroffenen Grundstücke, Gebäude und Schiffe sind verpflichtet, den beim Einsatz dienstlich tätigen Personen Zutritt zu gestatten und Arbeiten zur Abwendung der Gefahr zu dulden. Sie haben Wasservorräte, die sich in ihrem Besitz befinden oder auf ihren Grundstücken gewonnen werden können, sowie sonstige Hilfsmittel, insbesondere für die Schadensbekämpfung verwendbare Geräte, auf Anforderung zur Verfügung zu stellen und zur Benutzung zu überlassen. Sie haben ferner die von dem Einsatzleiter im Interesse eines wirkungsvollen Einsatzes und zur Verhütung einer weiteren Ausdehnung des Schadensfalles angeordneten Maßnahmen wieRäumung von Grundstücken, Gebäuden und Schiffen, Beseitigung von Bäumen, Sträuchern und Pflanzen, von Einfriedungen, Gebäudeteilen und Gebäuden zu dulden. Diese Maßnahmen dürfen nicht zu Schäden führen, die erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen.
(3) Die Verpflichtung nach Absatz 2 haben auch die Eigentümer und Besitzer der umliegenden Grundstücke, Gebäude und Schiffe.
(4) Das Betretungsrecht nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 gilt auch zur Erkundung und für Übungszwecke, soweit dies wegen der Ausdehnung, des Gefährdungspotentials oder der Besonderheit des Objektes zur Vorbereitung auf einen Einsatzfall erforderlich ist.
Unverbindliche Lösungsskizze
I. Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid: § 28 I FSHG
– Voraussetzung: Verfassungsmäßigkeit (= Wirksamkeit) des § 28 I FSHG
1. Formelle Verfassungsmäßigkeit
a) Zuständigkeit
Hier: Land zuständig, Art. 70 GG
b) Verfahren und Form (+)
2. Materielle Verfassungsmäßigkeit
a) Verstoß gegen Art 14 I GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlicher Schutzbereich
(+); Arg.: Art. 19 III GG
(2) Sachlicher Schutzbereich: Eigentum
(+); Arg.: Duldungspflicht des § 28 I FSHG betrifft die Möglichkeit der Eigentümer, mit ihrem Grundstück nach Belieben zu verfahren.
bb) Eingriff (+)
cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
(1) Schranke
– Einfacher Gesetzesvorbehalt; Arg.: § 28 I FSHG = Inhalts- und Schrankenbestimmung, Art. 14 I 2 GG (und keine Enteignung gem. Art. 14 III GG)
(2) Verhältnismäßigkeit
(a) Zulässiger Zweck
Hier: schnelle und sichere Koordinierung der Einsatzkräfte bei Bränden
(b) Geeignetheit (+)
(c) Erforderlichkeit
(+); Arg.: Alternativflächen nicht vorhanden.
(d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne
Hier: Entschädigungslose Duldungspflicht wohl unangemessen; Arg.: Brandschutz vom Steuerzahler zu schultern. Aber eventuell verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der Norm möglich und angezeigt, so dass im Einzelfall, insbesondere bei gezielter gewerblicher Nutzung des Grundstücks, eine Entschädigung gewährt wird.
b) Verstoß gegen Art 12 I GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlich
(+); Arg.: Art. 19 III GG
(2) Sachlich: Beruf
(+); Arg.: Vermietung von Funkturmflächen auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet.
bb) Eingriff
(1) Klassisch („Subjektiv berufsregelnde Tendenz“)
(-); Arg.: § 28 I FSHG richtet sich nicht final gegen berufliche Nutzung von Grundstücken
(2) Modern („Objektiv berufsregelnde Tendenz“)
(+); Arg.: Verdienstausfälle können gewisse Intensität haben.
cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
(1) Schranke
– Einfacher Gesetzesvorbehalt
(2) Verhältnismäßigkeit
(a) Zweck (s.o.)
(b) Geeignetheit (s.o.)
(c) Erforderlichkeit
(d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne
– 3-Stufen-Theorie
Hier: 1. Stufe (Berufsausübungsregel), d.h. vernünftige Gründe des Gemeinwohls ausreichend, um den Eingriff zu rechtfertigen.
Hier: Effektiver Brandschutz grundsätzlich ausreichend, aber Duldungspflicht „ohne Entschädigung“ bei gewerblicher Nutzung wohl unangemessen (s.o.). Abwälzung der Verdienstausfälle auf andere Nutzer ungewiss. Evtl. aber verfassungskonforme Auslegung und Anwendung möglich und angezeigt.
II. Formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides (+)
III. Materielle Rechtmäßigkeit des Bescheides
1. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
a) Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken (+)
b) Anbringung von Alarmeinrichtungen (+)
c) Einschränkende verfassungskonforme Auslegung im Einzelfall
Hier: Erforderlich im Hinblick auf Art. 14 I und 12 I GG, da die X-GmbH ihre Funkturmflächen gewerblich abgibt. Ohne Entschädigung ist die konkrete Inanspruchnahme nicht verfassungskonform.
2. Ergebnis: (-)
III. Ergebnis
Der Bescheid ist rechtswidrig.