Zivilrecht Z I – Juni 2013 – 1. Staatsexamen NRW, Hamburg
Vielen Dank an Martin für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im Juni 2013 in NRW gelaufenen Klausur im Zivilrecht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
V ist Eigentümer eines Hauses mit Pool am Bodensee (dt. Seite). Er plant am 19.04.2012 eine Pool-Party zu der er Freunde einladen und angeben will. Dazu will er den Pool-Bereich renovieren, insbesondere die Pool-Beleuchtung. Er lässt am 19.02.2012 den Elektriker E kommen und will ihn mit der Reparatur beauftragen.
E: Oh, mal sehen, ich kenne die Anlage nicht, die ist veraltet.
V: Ich bin auf das Funktionieren angewiesen.
E: Ich werde mich nach besten Kräften bemühen.
Die beiden einigen sich. Es wird ein Festpreis von 500€ vereinbart. E lässt V eine „Vereinbarung“ unterschreiben, die er zuvor aus dem Internet heruntergeladen hat, weil er sich hat sagen lassen, dass V ein Nörgler sei. Er will dieses Formular nur ein einziges Mal benutzen.
§ 3: Die Mängelrechte des Bestellers beschränken sich auf Nacherfüllung und Nachbesserung. Davon ausgenommen sind Körperschäden sowie Schäden, die auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beruhen.
§ 4: Salvatorische Klausel: Sollte eine Klausel unwirksam sein, tritt an ihre Stelle eine Regelung, die dem, was die Parteien nach wirtschaftlichen Kriterien ursprünglich vereinbaren wollten, am ehesten entspricht.
E versucht die Reparatur ein paar Mal, gibt aber am Ende auf. Die Seitenbeleuchtung des Pools funktioniert jetzt, die Bodenbeleuchtung nicht.
E: So, das war‘s, alles andere macht keinen Sinn
V: So werde ich das niemals hinnehmen.
E: Alles Weitere wäre Zeitverschwendung.
E geht und verlangt zudem die 500€, V zahlt nicht.
V bestellt K, einen anderen Elektriker, der die Arbeiten in kürzester Zeit erfolgreich erledigt (auch auf Grund der Vorarbeiten des E), er erhält von V eine angemessene Vergütung in Höhe von 300€.
Der Wert der von E geleisteten Vorarbeit beträgt 250€.
Frage 1:
V sucht den Anwalt A auf und schildert ihm den Sachverhalt. Er möchte wissen, ob er von E die 300€, die er an K gezahlt hat, bekommen kann. Zudem meint er, E habe bereits die 500€ Vergütung angemahnt. Er möchte vor allem wissen, ob er sich von dem Vertrag lösen kann.
Prüfen Sie die aufgeworfenen Fragen umfassend in der von V vorgetragenen Reihenfolge.
Frage 2:
A reichte die Klage des V gegen E auf Zahlung von 300€ ein, welche dem E am 20.11.2012 zugestellt wurde. Noch vor der mündlichen Verhandlung zahlt E die 300€.
A geht dabei irrtümlich davon aus, dass V gezahlt habe, bevor die Klage an ihn zugestellt wurde. Er nimmt daher die Klage nach § 269 ZPO zurück und beantragt gemäß § 269 III ZPO die Kosten dem E aufzuerlegen.
A bemerkt seinen Irrtum und widerruft seine Klagerücknahme, und falls das Gericht dies nicht anerkennt, beantragt er, seinen Antrag auf Rücknahme in eine Erklärung für Erledigung umzudeuten.
Der Anwalt des E hält dies nicht für zulässig.
Wie wird das Gericht entscheiden?
„Zudem meint er, E habe bereits die 500€ Vergütung angemahnt. Er möchte vor Allem wissen ob er sich von dem Vertrag lösen kann.“ was sagt ihr? wie würdet ihr das werten?
Dann handelt es sich doch um 286 oder nicht ? Jedoch liegt ja gerade kein Verzögerungsschaden vor oder sehe ich das falsch ? :/
Davon mal abgesehen, stellt sich für mich die Frage, ob man sich generell von einem Vertrag (bspw. durch Rücktritt) lösen kann, wenn Verzug iSd § 286 eingetreten ist. Ich merke gerade, dass ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht haben, leider!
Hat der Besteller das Werk abgenommen? Sein Ausspruch klingt ja nicht danach. Aber das hieße: keine Gewährleistungsrechte, also insb. kein 637. Kann das gewollt sein? Sollte man einfach darüber hinwegsehen und eine Abnahme unter Vorbehalt der Gewährleistungsrechte bejahen?
Ist doch unnötig beim Werkvertrag, mich interessiert viel eher, wie viel er denn bekommt vom ersten Unternehmer
Bezieht sich der Fall auf irgend ein Urteil?
Ich fand noch erwähnenswert in der Klausur, dass E sich zwar zunächst nur nach Kräften bemühen wollte aber letztlich sagte „Das kriegen wir schon hin“, nachdem V ihn auf die Wichtigkeit der Beleuchtung für die Poolparty aufmerksam gemacht hat.
„Ich werde mich nach Kräften bemühen“ ist ja eigentlich ein Paradebeispiel für 611, oder nicht?
Zum prozellualen Teil: https://www.ra-kotz.de/klageruecknahme.htm