Zivilrecht ZII – August 2013 – 1. Staatsexamen Sachsen
Vielen Dank an Elisabeth für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im August 2013 in Sachsen gelaufenen Klausur im Zivilrecht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt (Gedächtnisprotokoll)
T betreibt mit familiärer Unterstützung eine „Freie Tankstelle“. Als K daran vorbeifährt warnt ihn sein Auto das der Tank fast leer ist („Nur noch 5 Liter im Tank“). Also hält er dort an um aufzutanken. Dabei sieht er an einer Säule eine Plakette auf der steht, dass sich T das Eigentum am Diesel bis zur engültigen Bezahlung vorbehält. Zudem wird dort darüber informiert, dass die Umgebung der Tankstelle videoüberwacht ist um Nichtzahler aufzuspüren und gegebenenfalls rechtlich zu verfolgen.
K tankt voll (50 Liter) und begibt sich in das Kassenhäuschen um dort zu bezahlen. Da dort großes Gedränge herrscht nimmt er sich eine Zeitung und reiht sich in die Schlange ein. Als er an der Reihe ist, ist er so in Gedanken, dass er nur die Zeitung bezahlt. Ans Tanken denkt er gar nicht mehr.
Einige Stunden nachdem K von der Tankstelle weggefahren ist bemerkt er, dass sein Motor nicht rund läuft und begibt sich in seine Werkstatt. Meister M stellt fest, dass der Diesel dickflüssig ist was darauf zurückzuführen ist, dass er nicht winterfest ist. Das kann auch zu Schäden an der empfindlichen Einspritzanlage führen, die dann für 1000€ ausgewechselt werden müsste. Zur Zeit würden wegen der warmen Temperaturen aber keine Schäden bestehen. Bzgl des Diesels würde es sich anbieten ein Additiv hinzuzufügen statt den Tank leerzupumpen. Dafür könnte er (M) dem K das Winterpaket „Sibirien“ anbieten was ihn nur 100€ kosten würde. K lässt M das Additiv für 100€ hinzufügen.
Danach begibt er sich zu T um von diesem die Kosten ersetzt zu bekommen. T weigert sich mit dem Hinweis ein Anruf hätte genügt seine Frau seit grad unterwegs um am jeweiligen Standort der Kundenfahrzeuge selbst das Additiv für 25€ hinzuzufügen. Zudem weigert er sich dem K zuzusagen die Kosten für einen möglichen Schaden an der Einspritzanlage zu ersetzen. K meint daraufhin er werde seinen Anwalt R einschalten.
Nachdem R erneut den Ersatz der Kosten des K verlangt hat und mitteilt, dass er vorsorglich Feststellungsklage bzgl. des Ersatzes der Kosten für die Einspritzanlage eingereicht hat, wird T von der Detektei, welche in seinem Auftrag das Videomaterial auswertet und die einzelnen Rechnungsposten Kunden zuordnet kontaktiert. Für die Identifizierung des K stellen sie ihm wie sonst auch 50€ in Rechnung. T teilt daraufhin dem R mit er solle seinem Mandanten mal besser belehren, dass man nicht mit fremden Eigentum davonfahre. Auch wenn er (T) davon ausgehe, dass K nicht absichtlich nicht bezahlt hat, wäre der Dieselkraftstoff noch immer in seinem Eigentum.
Bearbeiten sie in einem Gutachten folgende Fragen:
1. Hat T recht, wenn er meint dass K mit fremden Eigentum davon gefahren ist?
2. Kann T von K Ersatz der 50€ für die Detektei verlangen?
3. Kann K die Tankstellenrechnung – wegen der an M gezahlten 100€ – um 25€ kürzen weil auch T die Zusetzung des Additivs 25€ gekostet hätte.
4. Hat die von R eingereichte Feststellungsklage Aussicht auf Erfolg?
Hinweis:
Bzgl Frage 4 ist nicht auf die örtliche und sachliche Zuständigkeit einzugehen.
Bzgl. Frage 4 ist zu unterstellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nichtfestgestellt werden kann, ob die Einspritzanlage beschädigt worden ist.
Ergänzung: T hatte den Dieselkraftstoff ordnungsgemäß kontrolliert, als er ihn von seinem Liferanten bekommen hat. Dabei war für ihn nicht ersichtlich dass der Diesel nicht winterfest war. Der Fehler trat vielmehr bei einer nur ausnahmsweise von seinem Liferanten hinzugezogenen Raffinerie auf.
Wie würdet ihr das lösen?
https://juratelegramm.de/faelle/privatrecht/VIII_ZR_171_10.htm