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Gastautor

Zum Begriff von Religion und Weltanschauung: Kein Ausschluss von der Pedelec-Förderung wegen Verweigerung einer Distanzierung von Scientology

Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns sehr, einen weiteren Gastbeitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) veröffentlichen zu dürfen. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn und Wissenschaftlicher Beirat des Projekts Juraexamen.info. 

Das BVerwG (8 C 9.21 – Urteil vom 06. April 2022) urteilte grundrechtfreundlich: Eine Gemeinde darf die Bewilligung einer finanziellen Zuwendung, mit der umweltpolitische Zielsetzungen verfolgt werden, nicht davon abhängig machen, dass die Antragsteller eine Erklärung zur Distanzierung von der Scientology-Organisation abgeben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Erklärungen zur Weltanschauung einzufordern, sei keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, so dass es bereits an einer Zuständigkeit der Beklagten fehle. Werde eine solche Erklärung verlangt und an deren Verweigerung der Ausschluss von der Förderung geknüpft, greife dies gezielt in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein. Der Eingriff sei schon mangels einer gesetzlichen Grundlage verfassungswidrig. Schließlich verstoße die Vorgehensweise der Beklagten gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Sie stelle eine unzulässige Differenzierung dar, weil sie den Kreis der Förderberechtigten nicht sachgerecht abgrenze, sondern nach Kriterien, die mit dem Förderzweck in keinem Zusammenhang stehen.

Mit dem Ergebnis mag man leben können und das ist vielleicht auch richtig. Die Ausführungen zur Religion- und Weltanschauungsfreiheit lassen aufhorchen. Es wirft die ganz grundlegende Frage auf: Was ist eine Religion? Was ist eine Weltanschauung? Das BAG hat bereits vor vielen Jahren verneint, dass Scientology eine Religion ist (BAG, Beschl. v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, NJW 1996, 143; Thüsing, ZevKR 2000, 592 – auch rechtsvergleichend). Das BVerwG hat schon in der Vergangenheit tendenziell großzügiger argumentiert: (BVerwG, Urt. v. 14.11.1980 – 8 C 12/79, NJW 1981, 1460; BVerwG, Beschl. v. 16.2.1995 – 1 B 205/93,  NVwZ 1995, 473; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.8.1994 – Bs III 326/93, NVwZ 1995, 498). Für die Religion gibt das Grundgesetz keine Legaldefinition. Das ist verständlich, eignet sich doch der Typus der Religion kaum für eine subsumtionsfähige Definition und wird man doch in den meisten Fällen intuitiv wissen, ob eine bestimmte Überzeugung und Weltsicht eine Religion ist oder nicht. In Bezug auf die Scientology Church versagt diese Intuition: Ob es sich hier um eine Religion handelt, ist fraglich. Deutsche und englische Gerichte verneinen, französische und US-amerikanische Gerichte bejahen dies (Regina v. Registrar General, Ex parte Segerdal (1970) 2 QB 697; BVerwG, Urt. v. 15.12.2005 – 7 C 20/04, NJW 2006, 1303; Hernandez v. Commissioner, 490 U.S. 680, 109 S.C. 2136 (1989); Lyon, 28.7.1997, D. 1997, IR, 197 f.).

Das BVerfG hat eine solche Definition ebenfalls nicht formuliert. Einiges ist heute vielleicht überholt. Das BVerfG stellte schon vor einiger Zeit fest, das Grundgesetz habe „nicht irgendeine, wie auch immer geartete freie Betätigung des Glaubens schützen wollen, sondern nur diejenige, die sich bei den heutigen Kulturvölkern auf der Basis gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet hat“ (BVerfG, Beschl. v. 8.11.1960 – 1 BvR 59/56, NJW 1961, 211). Diese stark auf die christlich-abendländische Geschichte bezogene Beschreibung der Religionsausübungsfreiheit findet Entsprechungen in vereinzelten Äußerungen des älteren Schrifttums, die Religionsfreiheit wird allgemein als Schutz allein des christlichen Bekenntnisses verstanden. Das BVerfG hat sich jedoch schon 1975 von dem oben zitierten Diktum erkennbar distanziert (BVerfGE, Beschl. v. 17.12.1975 – 1 BvR 63/68, NJW 1976, 947) und auch im Schrifttum wird der ausschließliche Schutz des Christentums und christlicher Religionsgesellschaften nicht mehr vertreten. Allgemein anerkannt ist, dass das Grundgesetz keine unterschiedliche Wertigkeit der Religionen kennt; für den neutralen Staat und den Schutz der Religion ist es nicht entscheidend, was für eine Religion eine Gemeinschaft verkündet, sondern nur, dass sie eine verkündet. Dies schließt indes nicht aus, den Religionsbegriff vor dem Hintergrund der christlichen Gesellschaft zu sehen, in der die Idee der Religionsfreiheit entstand. Die ganz hL – in der heutigen Rspr. findet sich nichts Gegenteiliges – betont demgegenüber, dass der Religionsbegriff des Grundgesetzes nicht aus einem christlichen Blickwinkel bestimmt werden dürfe und verlangt eine Interpretation dieser verfassungsrechtlichen Begriffe nach allgemeingültigen, nicht konfessionell oder weltanschaulich gebundenen Gesichtspunkten. Dementsprechend dürfe sich das Verfassungsrecht bei der Begriffsbestimmung auch nicht an den Aussagen einzelner Theologen über Wesen und Entstehung von Religion orientieren.

Vielleicht lassen sich aber doch Indizien einer Religion festmachen, die heute in ihrer Gesamtschau dann doch durch typologische Betrachtung eine Gemeinschaft Religion oder Nicht-Religion sein lassen (s. MüKoBGB/Thüsing, 9. Aufl. 2021, AGG § 1 Rn. 28-32):

Daneben steht die Weltanschauung: Religion und Weltanschauung liegen dicht beieinander und beides wird durch das Grundgesetz geschützt. Daher mag es müßig sein, beide Phänomene voneinander zu sondern. Dennoch: Klassisches Abgrenzungskriterium von Religion und Weltanschauung ist die Annahme, dass Religion sich auf Transzendenz bezieht, Weltanschauung dagegen ein rein diesseitig ausgerichtetes Phänomen ist. Liegen die Gründe für unser Geworfensein in diese Existenz in einer Wirklichkeit, die unserer wahrnehmbaren Welt vorgelagert ist, oder nicht? Diese Auffassung steht und fällt mit der Bestimmung eines nicht einfacheren Begriffes als des Religionsbegriffes, mit der Antwort auf die Frage, was Transzendenz ist. Hier hat gerade die Religionswissenschaft der letzten Jahrzehnte eine Aufweichung starrer Begriffe und Unterscheidungen bewirkt. Die Gedanken Emmanuel Lévinas und seine Idee von der Transzendenz in der Immanenz mögen hier nur beispielhaft angeführt werden. Daher wird heute verstärkt das rein subjektive Kriterium des Selbstverständnisses der jeweiligen Gemeinschaft als entscheidendes Abgrenzungsmerkmal angesehen. (MüKoBGB/Thüsing, 9. Aufl. 2021, AGG § 1 Rn. 34). Fest steht damit jedoch: Auch die Weltanschauung braucht eine umfassende Seinsdeutung. Weltanschauung ist nicht jede Weltsicht säkularer Art, sondern sie muss sich am gleichen umfassenden Anspruch wie die religiöse Überzeugung messen lassen, und sie muss auf die grundlegenden Fragen des Woher und Wohin menschlicher Existenz antworten. Sie muss Konsequenzen haben für das Verhalten des Menschen in dieser Welt. Wo eine Lehre lediglich Teilaspekte des Lebens beleuchtet, mag diese eine Lebensmaxime sein, nicht aber Weltanschauung. Weltanschauung ist das Analogon zur Religion, wenn auch mit säkularen Wurzeln. Deshalb wäre Scientology aus den gleichen Gründen, warum sie keine Religion ist, auch keine Weltanschauung. Die in eine entgegengesetzte Richtung weisende verwaltungsgerichtliche Rspr. vermag nicht zu überzeugen und behandelt die Frage der Eingruppierung von Scientology nur am Rande (VGH München, Beschl. v. 14.2.2003 – 5 CE 02.3212, NVwZ 2003, 998; VGH Mannheim, Urt. v. 12.12.2003 – 1 S 1972/00, NVwZ-RR 2004, 904; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.3.2004 – 12 LA 410/03, NVwZ-RR 2004, 884).

Die Entscheidung ist also spannend. Wenn nicht nur die Pressemitteilung, sondern die Entscheidungsgründe veröffentlicht sind: Lesen!

11.04.2022/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-04-11 08:45:002022-08-03 08:34:37Zum Begriff von Religion und Weltanschauung: Kein Ausschluss von der Pedelec-Förderung wegen Verweigerung einer Distanzierung von Scientology
Gastautor

Zivilrechtliches Diskriminierungsverbot wegen des Alters: BGH bleibt seiner Linie treu

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, folgenden Beitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) veröffentlichen zu können. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn und Wissenschaftlicher Beirat des Juraexamen.info e.V.
 
Der BGH entschied vor einiger Zeit in der Rechtfertigung großzügig zu Adults-only-Hotels: Hotels können Kinder den Zutritt versagen und Familien außen vor lassen, wenn sie sich in ihrem Geschäftskonzept eben dezidiert an kinderlose Gäste wende, die Ruhe suchen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 – VIII ZR 401/18, BGHZ 226, 145-161). Nun ging es ebenfalls um eine mögliche Rechtfertigung der Unterscheidung nach dem Alter, wenn auch nicht für eine Zurückweisung wegen zu geringen, sondern wegen zu hohen Alters – und es ging nicht um ein Hotel, sondern um eine Musikveranstaltung (Urteil vom 5. Mai 2021 – VII ZR 78/20).
 
Der seinerzeit 44-jährige Kläger wollte 2017 ein von der Beklagten veranstaltetes Open-Air-Event in München besuchen, bei dem über 30 DJs elektronische Musik auflegten. Die Veranstaltung hatte eine Kapazität von maximal 1.500 Personen, ein Vorverkauf fand nicht statt. Ein Ticket konnte erst nach Passieren der Einlasskontrolle erworben werden. Dem Kläger sowie seinen beiden damals 36 und 46 Jahre alten Begleitern wurde der Einlass verwehrt. Zu alt! Vorprozessual teilte die Beklagte dem Kläger mit, Zielgruppe der Veranstaltung seien Personen zwischen 18 und 28 Jahren gewesen. Aufgrund der beschränkten Kapazität und um den wirtschaftlichen Erfolg einer homogen in sich feiernden Gruppe nicht negativ zu beeinflussen, habe es die Anweisung gegeben, dem optischen Eindruck nach altersmäßig nicht zur Zielgruppe passende Personen abzuweisen. Der Kläger hielt das für eine unzulässige Altersdiskriminierung und klagte auf Entschädigung gemäß § 19 Abs. 1, § 21 Abs. 2 AGG In Höhe von 1.000 € sowie den Ersatz der Kosten eines vorangegangenen Schlichtungsverfahrens in Höhe von 142,80 €, jeweils nebst Zinsen.
In den Instanzen blieb der Kläger erfolglos – und auch der BGH gab dem für seine AGG Klagen bundesweit bekannten Kläger nicht recht. Entscheidend waren die §§ 19, 20 AGG:
 
 § 19 AGG
(1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die 1. typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen … …ist unzulässig.
 
§ 20 AGG
(1) Eine Verletzung des Benachteiligungsverbots ist nicht gegeben, wenn für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts ein sachlicher Grund vorliegt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die unterschiedliche Behandlung 1. der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient, 2. dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt, 3. besondere Vorteile gewährt und ein Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt, 4. an die Religion eines Menschen anknüpft und im Hinblick auf die Ausübung der Religionsfreiheit oder auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform sowie der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion zur Aufgabe machen, unter Beachtung des jeweiligen Selbstverständnisses gerechtfertigt ist.
 
Das Landgericht ist der Meinung, dem Kläger stehe kein Entschädigungsanspruch wegen Verstoßes gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot des § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG zu, da dessen Anwendungsbereich nicht eröffnet sei. Das Benachteiligungsverbot sei auf Massengeschäfte (Fall 1) beschränkt, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (wie etwa Einzelhandel, Personennahverkehr, Kino, Schwimmbäder), oder diesen gleichgestellte Geschäfte, bei denen für den Anbieter einer Leistung nach der Art des Schuldverhältnisses die persönliche Auswahl seines Vertragspartners nachrangige Bedeutung hat (Fall 2).
Keiner der beiden Fälle liege hier vor, auch nach Ansicht des BGH. Der Vertrag über den Zutritt zu der hier betroffenen Veranstaltung sein kein „Massengeschäft“ iSd § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 AGG. Es liege ein Ansehen der Person vor, wenn der Anbieter seine Entscheidung über den Vertragsschluss erst nach Würdigung des Vertragspartners treffe. Ob persönliche Merkmale typischerweise eine Rolle spielen, bestimme sich nach einer allgemeinen, typisierenden Betrachtungsweise, bei der auf die für vergleichbare Schuldverhältnisse herausgebildete Verkehrssitte abzustellen ist.
Und darauf folgerten die Karlsruher Richter:

„Eine Verkehrssitte, dass zu öffentlichen Veranstaltungen, die mit dem hier betroffenen Schuldverhältnis vergleichbar sind, jedermann Eintritt erhält, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht festgestellt. Soweit öffentlich zugängliche Konzerte, Kinovorstellungen, Theater- oder Sportveranstaltungen im Regelfall dem sachlichen Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG unterfallen, weil es der Verkehrssitte entspricht, dass dort der Eintritt ohne Ansehen der Person gewährt wird, ist für diese Freizeitangebote charakteristisch, dass es den Veranstaltern – meist dokumentiert durch einen Vorverkauf – nicht wichtig ist, wer ihre Leistung entgegennimmt. Das unterscheidet sie maßgeblich von Party-Event-Veranstaltungen wie der vorliegenden, deren Charakter in der Regel auch durch die Interaktion der Besucher geprägt wird, weshalb der Zusammensetzung des Besucherkreises Bedeutung zukommen kann. Dass auch bei solchen Veranstaltungen gleichwohl nach der Verkehrssitte jedermann Eintritt gewährt wird, macht der Kläger nicht geltend.“

Dann legt das Gericht nach:

„Der Vertrag über den Zutritt zu der von der Beklagten durchgeführten Veranstaltung war auch kein „massengeschäftsähnliches“ Schuldverhältnis im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 AGG. …Bei Schuldverhältnissen wie öffentlichen Party-Event-Veranstaltungen kann die Zusammensetzung des Besucherkreises deren Charakter prägen und daher ein anerkennenswertes Interesse des Unternehmers bestehen, hierauf Einfluss zu nehmen. Soweit der Veranstalter deshalb sein Angebot nur an eine bestimmte, nach persönlichen Merkmalen definierte Zielgruppe richtet und nur Personen als Vertragspartner akzeptiert, die die persönlichen Merkmale der Zielgruppe erfüllen, kommt diesen Eigenschaften nicht nur nachrangige Bedeutung zu. Diese Willensentscheidung ist hinzunehmen; wenn dabei auch das Merkmal „Alter“ betroffen ist, steht dies nicht entgegen.“

Anders als in seiner Entscheidung vom 27. Mai vergangenen Jahres argumentierte das Gericht also bereits mit der fehlenden Anwendbarkeit des AGG – nicht mit der möglichen Rechtfertigung. Dadurch mogelt es sich aus dem AGG heraus. Die Zulassung zur Veranstaltung nicht als Massengeschäft einzuordnen, scheint mir sportlich, denn wer da kommt, ist egal – Hauptsache, das Alter stimmt. Es wird nicht nach Bildungsabschluss, Einkommensverhältnissen, politischer Überzeugung, Familienstand und anderem gefragt. Und selbst das wirkliche Alter interessiert wohl weniger als das optische Alter. Das verträgt sich nicht so recht mit der Ablehnung eines Massengeschäfts oder eines gleichgestellten Geschäfts. 
Derr BGH hätte – wie ehemals bei seiner Entscheidung über ein Hotel ohne Kinder – wohl besser auf der Rechtfertigungsebene argumentiert. Das scheint mir richtiger. Bei der Rechtfertigung ist es dann wir beim Frauentag im Schwimmbad: Selbstverständlich vom Anwendungsbereich des AGG erfasst – aber eben gerechtfertigt in der Unterscheidung. Karlsruhe bleibt also bei seiner großzügigen Linie. Der unternehmerischen Handlungs- und Gestaltungsfreiheit wird ein hoher Stellenwert beigemessen.
 
Das AGG ist durchaus examensrelevant – es lohnt sich in die Entscheidungsgründe zu schauen, sobald sie veröffentlicht werden. Wer vorher schon tiefer einsteigen will: MüKo/Thüsing, § 20 AGG Rnr. 1 ff (bald auch in 9. Aufl.) und auch Thüsing/Pöschke, jm 2020, S. 359.

12.05.2021/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2021-05-12 08:24:522021-05-12 08:24:52Zivilrechtliches Diskriminierungsverbot wegen des Alters: BGH bleibt seiner Linie treu
Redaktion

OLG München zu Flugstornierung für Israeli: Diskriminierungsschutz, Unmöglichkeit und IPR

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Reiserecht, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Beitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) veröffentlichen zu können. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn
Das Problem war lange bekannt, aber eine gerichtliche Entscheidung fehlte bislang: Das OLG München (Az. 20 U 6415/19) hat nun entschieden, dass ein Reiseportal den Flug eines israelischen Staatsbürgers gegen den Willen des Kunden stornieren darf, weil dieser wegen seiner Nationalität bei einem Zwischenstopp in Kuwait nicht einreisen darf.
Der Streit drehte sich um die Beförderung eines israelischen Fluggastes. Ein in Deutschland lebender Israeli hatte einen Flug gebucht mit einem Transitaufenthalt in Kuwait-Stadt. Das Online-Reiseportal bestätigte zunächst die Buchung, stornierte die aber am nächsten Tag. Das OLG entschied nun in Übereinstimmung mit der Vorinstanz: Der Beförderungsanspruch des Klägers sei zwar nicht wegen rechtlicher Unmöglichkeit ausgeschlossen, auch wenn das kuwaitische „Gesetz Nr. 21 des Jahres 1964 – Einheitsgesetz zum Israel-Boykott“ u.a. juristischen Personen bei Strafe untersagt, selber oder über Dritte Vereinbarungen mit Personen abzuschließen, die die israelische Staatsangehörigkeit besitzen. Dieses Gesetz sei aber für deutsche Gerichte nicht beachtlich, weil es fundamentalen Grundwerten der deutschen Rechtsordnung widerspreche.
Die Beförderungsleistung sei aber wegen tatsächlicher Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen:

„(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.“

Das Gericht wertete als entscheidend, dass der Kläger als Inhaber eines israelischen Reisepasses schlicht tatsächlich nicht nach Kuwait reisen dürfe, auch dann nicht, wenn er sich lediglich zwecks Durchreise und Umstieg im Transitbereich aufhalten will (OLG München v. 25.6.2020 – 20 U 6415/19).
Der Kläger will die Revision. Aber hat sie Erfolg? Das Ergebnis mag intuitiv erzürnen, denn das Gesetz Kuweits verstößt sicherlich gegen den deutschen ordre public, und darf daher nicht angewandt werden durch deutsche Gerichte, Art. 6 EGBGB:

„Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Sie ist insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist.“

Aber die Norm ist hier ja nicht angewendet worden, sondern es wurden nur ihre Auswirkungen dem Sachverhalt zugrunde gelegt, der dann nach § 275 BGB beurteilt wurde. Dass aber von tatsächlicher Unmöglichkeit auszugehen ist, stand nach der Beweisaufnahme fest. Und impossibilium nulla est obligatio. Diese tatsächliche Unmöglichkeit hat – das war das Besondere – ihre Grundlage allein in dem anstößigen Gesetz. Kann man dann schlicht das rechtsbedingte Faktum als hinreichend zur Befreiung von der Leistungspflicht werten? Ist die Unmöglichkeit nicht offen für rechtliche Wertungen, woher sie resultiert? Nun gibt es bei der Unmöglichkeit immer schon anerkannt auch die rechtliche Unmöglichkeit – aber die wurde nicht anerkannt, sondern man ging von tatsächlicher Unmöglichkeit aus (sonst hätte es keine Beweisaufnahme gebraucht). Wertungen und Abwägung sind in der Vergangenheit aber immer nur bei der Unzumutbarkeit nach § 275 Abs. 3 BGB, nicht der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB fruchtbar gemacht worden:

„(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.“

Eine eng verwandte Frage taucht auch im Diskriminierungsrecht selbst auf (s. § 8 AGG). Darf ich einen Arbeitnehmer wegen seiner Religion zurückweisen, weil er seinen Beruf aufgrund diskriminierender ausländischer Gesetzgebung dort nicht ausüben kann? § 8 Abs. 1 AGG setzt hier die Maßstäbe:

„(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.“

Hier gibt es durchaus Rechtsprechung – freilich in den USA. Eine Fluggesellschaft kann verlangen, dass ihre Piloten für einen Flug nach Mekka Muslime sind, weil das saudi-arabische Recht nur Muslimen den Zutritt zu der Heiligen Stadt erlaubt. Hier sind es die Vorbehalte eines ganzen Landes, nicht der Kunden, die das Religionskriterium bedingen. Und das ist zulässigerweise zu berücksichtigen, zumindest nach Meinung der US-Gerichte, s. z.B. Kern v. Dynalectron Corp., 577 F.Supp. 1196 (N.D.Tex. 1983) Die Begründung ist hier mitunter drastisch:

„Non-Moslems flying into Mecca are, if caught, beheaded … The essence of Dynalectron’s business it to provide helicopter pilots … thus, the essence of Dynalectron’s business would be undermined by the beheading of all the non-Moslem pilots based at Jeddah”.

Auch das deutsche Arbeitsrecht und Zivilrecht hätte hier also in der Tat wohl nicht anders gewertet. Ansonsten zur Berücksichtigung von customer preferences s. MüKo-Thüsing, § 8 AGG Rn. 11 – 18.

01.07.2020/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2020-07-01 08:40:162020-07-01 08:40:16OLG München zu Flugstornierung für Israeli: Diskriminierungsschutz, Unmöglichkeit und IPR
Dr. Maike Flink

Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 4/2019 und 1/2020) – Teil 1: Verfassungsrecht

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Bei der Vorbereitung auf die schriftliche und vor allem mündliche Examensprüfung, aber auch auf Klausuren des Studiums, ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung von entscheidender Bedeutung. Der folgende Überblick ersetzt zwar keinesfalls die vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Entscheidungen, soll hierfür aber Stütze und Ausgangspunkt sein. Dargestellt wird daher eine Auswahl der examensrelevanten Entscheidungen der vergangenen Monate anhand der betreffenden Leitsätze, Pressemitteilungen und ergänzender kurzer Ausführungen aus den Gründen, um einen knappen Überblick aktueller Rechtsprechung auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts zu bieten.
 
BVerfG (Urt. v. 5.11.2019 – 1 BvL 7/16): Minderung von Hartz IV bei unterbliebener Mitwirkung teilweise verfassungswidrig
 Die Regelungen zur Minderung bzw. zum Entzug der Sozialhilfe nach § 31a I SGB II und § 31b SGB II, welche die Mitwirkungspflichten nach § 31 I SGB II durchsetzen sollen, sind in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 I GG i.V.m. Art. 20 IGG) vereinbar: Zwar sind Mitwirkungspflichten – ebenso wie Sanktionen bei unterlassener Mitwirkung – im Rahmen der Gewährung existenzsichernder Leistungen grundsätzlich zulässig, jedoch müssen sie in ihrer konkreten Ausgestaltung auch verhältnismäßig sein. Denn die Minderung existenzsichernder Leistungen steht in einem erheblichen Spannungsverhältnis zur aus Art. 1 I GG i.V.m. Art. 20 I GG abgeleiteten Existenzsicherungspflicht des Staates. Daher gilt ein strenger Verhältnismäßigkeitsmaßstab:

„Wird eine Mitwirkungspflicht zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit ohne wichtigen Grund nicht erfüllt und sanktioniert der Gesetzgeber das durch den vorübergehenden Entzug existenzsichernder Leistungen, schafft er eine außerordentliche Belastung. Dies unterliegt strengen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit; der sonst weite Einschätzungsspielraum zur Eignung, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit von Regelungen zur Ausgestaltung des Sozialstaates ist hier beschränkt. Prognosen zu den Wirkungen solcher Regelungen müssen hinreichend verlässlich sein; je länger die Regelungen in Kraft sind und der Gesetzgeber damit in der Lage ist, fundierte Einschätzungen zu erlangen, umso weniger genügt es, sich auf plausible Annahmen zu stützen. Zudem muss es den Betroffenen tatsächlich möglich sein, die Minderung existenzsichernder Leistungen durch eigenes Verhalten abzuwenden; es muss also in ihrer eigenen Verantwortung liegen, in zumutbarer Weise die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Leistung auch nach einer Minderung wieder zu erhalten.“

Zwar dienen die Sanktionsregelungen in § 31a I SGB II sowie § 31b SGB II mit der Durchsetzung dieser Mitwirkungspflichten einem legitimen Ziel, da nur durch ein „Fördern und Fordern“ die dauerhafte Finanzierbarkeit der Sozialhilfe gewährleistet werden kann. Allerdings sind die konkreten Regelungen unverhältnismäßig, da sie Leistungskürzungen in unzumutbarer Höhe – einschließlich des vollständigen Wegfalls existenzsichernder Leistungen – ermöglichen. Zudem können auch nur geringe Kürzungen gegenwärtig ohne weitere Prüfung, beispielsweise von besonderen Härten, erfolgen. Letztlich endet die Leistungskürzung unabhängig von den Umständen des Einzelfalls stets nach einer starren Frist, sodass auch eine Nachholung der Mitwirkung unbeachtlich ist. Aufgrund vorstehender Erwägungen verstoßen die Sanktionen bei Unterlassen einer Mitwirkungshandlung in ihrer konkreten Ausgestaltung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
 
 BVerfG (Beschl. v. 6.11.2019 – 1 BvR 16/13): Recht auf Vergessen I
Das BVerfG räumt der Prüfung am Maßstab der Grundrechte des GG nunmehr einen Vorrang ein, sofern sich die Anwendungsbereiche von GG und GRCh überschneiden. Grundsätzlich prüft das Gericht nur die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts, weshalb es die GRCh – bislang – nicht als Prüfungsmaßstab heranziehen konnte. Um dadurch nicht die einheitliche Anwendung des Unionsrechts zu gefährden, treten die Grundrechte des GG grundsätzlich zurück, sofern der Anwendungsbereich der GRCh eröffnet ist, d.h. wenn die Mitgliedstaaten Unionsrecht durchführen (Art. 51 I 1 GRCh). Dies gilt jedenfalls, solange der europäische Grundrechtsstandard im Wesentlichen mit dem Schutzniveau des Grundgesetzes vergleichbar ist.  Soweit den Mitgliedstaaten eigene Umsetzungsspielräume verbleiben, bleiben die Grundrechte des GG jedoch anwendbar. Denn in einem solchen Fall ist wegen der verbleibenden mitgliedstaatlichen Spielräume eine vollständig einheitliche Anwendung des Unionsrechts gar nicht intendiert. Die Grundrechte des GG treten damit – wie das BVerfG nunmehr ausdrücklich feststellt – neben die Grundrechte der GRCh. Bei paralleler Anwendbarkeit mehrerer Grundrechtskataloge gilt grundsätzlich das jeweils höhere Schutzniveau (Art. 53 GRCh). In diesem Zusammenhang stellt das BVerfG fest, dass zu vermuten ist, dass das Schutzniveau der Grundrechte des GG demjenigen der GRCh zumindest entspricht oder dieses sogar übersteigt.

„Wenn danach regelmäßig anzunehmen ist, dass das Fachrecht, soweit es den Mitgliedstaaten Spielräume eröffnet, auch für die Gestaltung des Grundrechtsschutzes auf Vielfalt ausgerichtet ist, kann sich das BVerfG auf die Vermutung stützen, dass durch eine Prüfung am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes das Schutzniveau der Charta, wie sie vom EuGH ausgelegt wird, in der Regel mitgewährleistet ist. […] Die primäre Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes bedeutet nicht, dass insoweit die Grundrechte-Charta ohne Berücksichtigung bleibt. Der Einbettung des Grundgesetzes wie auch der Charta in gemeinsame europäische Grundrechtsüberlieferungen entspricht es vielmehr, dass auch die Grundrechte des Grundgesetzes im Lichte der Charta auszulegen sind.“

 S. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
BVerfG (Beschl. v. 6.11.2019 – 1 BvR 276/17): Recht auf Vergessen II
Enthält das durch die Mitgliedstaaten umzusetzende und zu vollziehende Unionsrecht keine Gestaltungsspielräume, finden die Grundrechte des GG keine Anwendung; sie treten hinter der GRCh zurück. Allerdings hat das BVerfG nunmehr klargestellt, dass es sich berechtigt sieht, die Grundrechte der GRCh selbst anzuwenden und als Prüfungsmaßstab im Rahmen der Verfassungsbeschwerde heranzuziehen. So heißt es ausdrücklich:

„Soweit das BVerfG die Charta der Grundrechte der Europäischen Union als Prüfungsmaßstab anlegt, übt es seine Kontrolle in enger Kooperation mit dem EuGH aus.“

Nur so könne das BVerfG einen effektiven Grundrechtsschutz gewährleisten. Da die Grundrechte der GRCh letztlich ein Funktionsäquivalent der Grundrechte des GG seien und auf unionsrechtlicher Ebene kein effektiver Individualrechtsbehelf bestehe, komme dem BVerfG die Aufgabe zu, den effektiven Schutz auch der Grundrechte der GRCh im Rahmen der Verfassungsbeschwerde sicherzustellen:

„Die Gewährleistung eines wirksamen Grundrechtsschutzes gehört zu den zentralen Aufgaben des BVerfG. […]Auch die Unionsgrundrechte gehören heute zu dem gegenüber der deutschen Staatsgewalt durchzusetzenden Grundrechtsschutz. Sie sind nach Maßgabe des Art. 51 I GRCh innerstaatlich anwendbar und bilden zu den Grundrechten des Grundgesetzes ein Funktionsäquivalent. […] Ohne Einbeziehung der Unionsgrundrechte in den Prüfungsmaßstab des BVerfG bliebe danach der Grundrechtsschutz gegenüber der fachgerichtlichen Rechtsanwendung nach dem heutigen Stand des Unionsrechts unvollständig. Dies gilt insbesondere für Regelungsmaterien, die durch das Unionsrecht vollständig vereinheitlicht sind. Da hier die Anwendung der deutschen Grundrechte grundsätzlich ausgeschlossen ist, ist ein verfassungsgerichtlicher Grundrechtsschutz nur gewährleistet, wenn das BVerfG für die Überprüfung fachgerichtlicher Rechtsanwendung die Unionsgrundrechtezum Prüfungsmaßstab nimmt.“

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BVerfG (Beschl. v. 30.1.2020 – 2 BvR 1005/18): Das Verbot, Hunde in eine Arztpraxis mitzuführen, benachteiligt Blinde unangemessen
Ein gegenüber blinden Menschen ausgesprochenes Verbot, mit einem Blindenführhund eine Arztpraxis zu durchqueren, stellt eine mit Art. 3 III 2 GG – der jede Benachteiligung wegen der Behinderung verbietet – nicht zu vereinbarende Benachteiligung dar. Eine Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung ist nur ausnahmsweise zulässig, sofern sie durch zwingende Gründe gerechtfertigt werden kann. Dies gilt auch im Rechtsverhältnis zwischen Privaten, denn das Benachteiligungsverbot ist zugleich eine objektive Wertentscheidung des Gesetzgebers und hat daher auch Einfluss auf Anwendung und Auslegung des Zivilrechts. Das Verbot, Hunde in eine Arztpraxis mitzuführen, benachteiligt blinde Menschen in besonderem Maße, soweit es ihnen dadurch insgesamt verwehrt wird, die Praxisräume selbstständig zu durchqueren. Unerheblich ist dabei, dass die betroffenen blinden Personen selbst nicht daran gehindert werden, die Praxisräume zu betreten, sondern sich daran lediglich deshalb gehindert fühlen, weil sie ihren Blindenführhund nicht mitnehmen können. Denn Art. 3 III 2 GG möchte jede Bevormundung behinderter Menschen verhindern und ihnen Autonomie ermöglichen. Wird einem Blinden jedoch verwehrt, seinen Blindenführhund mit in die Praxis zu nehmen, so folgt daraus zugleich, dass er sich von anderen Menschen helfen lassen und sich damit von anderen abhängig machen muss, um die Praxisräume zu durchqueren. Die betroffene Person muss sich – ohne dies zu wollen – anfassen und führen oder im Rollstuhl schieben lassen, was einer Bevormundung gleichkommt und daher mit Art. 3 III 2 GG unvereinbar ist. Diese erhebliche Beeinträchtigung überwiegt die entgegenstehende Berufsausübungsfreiheit sowie die allgemeine Handlungsfreiheit das Praxisinhabers. Denn es bestehen keine sachlichen Gründe für ein Verbot, Blindenhunde mitzuführen: Dies gelte insbesondere soweit auf die Gewährleistung der nötigen Hygiene verwiesen werde. Denn sofern die blinde Person mit ihrem Blindenführhund lediglich den Wartebereich durchqueren möchte – den auch andere Menschen mit Straßenschuhe und Straßenkleidung betreten – sei keine nennenswerte Beeinträchtigung der Hygiene durch den Hund zu erkennen.
 
BVerfG (Urt. v. 26.2.2020 – 2 BvR 2347/15 u.a.): Grundrecht auf Suizid
Das BVerfG hat § 217 StGB, der die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe stellte, für verfassungswidrig erklärt und damit zugleich ein Grundrecht auf Suizid geschaffen. § 217 StGB hatte bislang jede Form der geschäftsmäßigen Sterbehilfe unter Strafe gestellt, wobei Geschäftsmäßigkeit in diesem Zusammenhang keine Gewinnerzielungsabsicht erforderte, sondern es allein auf eine Wiederholungsabsicht, die auch bei Ärzten angenommen werden konnte, ankam. Die Norm verletzt das Grundrecht der betroffenen Sterbewilligen auf selbstbestimmtes Sterben, das sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) herleiten lässt und in jeder Phase menschlicher Existenz besteht. Zwar verfolgt die Norm das legitime Ziel des Autonomie- und Lebensschutzes. Indes führte das BVerfG aus:

„Die Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung hat zur Folge, dass das Recht auf Selbsttötung als Ausprägung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben in bestimmten Konstellationen faktisch weitgehend entleert ist. Dadurch wird die Selbstbestimmung am Lebensende in einem wesentlichen Teilbereich außer Kraft gesetzt, was mit der existentiellen Bedeutung dieses Grundrechts nicht in Einklang steht.“

Weitergehend setzte sich das Gericht auch mit einer möglichen Verletzung der Grundrechte der betroffenen Ärzte, Rechtsanwälte und Sterbehilfevereine auseinander, die sich ihrerseits auf Art. 12 I GG und subsidiär auf Art. 2 I GG berufen können. Denn die Möglichkeit, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen, ist in tatsächlicher Hinsicht davon abhängig, dass Dritte auch bereit sind, diese zu leisten. Nur wenn Dritte Sterbehilfe straffrei durchführen können, kann auch das Grundrecht auf Suizid tatsächlich verwirklicht werden.
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BVerfG (Beschl. v. 27.2.2020 – 2 BvR 1333/17): Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen
Das BVerfG hat das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen, das es ihnen untersagt, Tätigkeiten, bei denen sie von Bürgern als Repräsentanten der Justiz oder des Staates wahrgenommen werden können, mit Kopftuch auszuüben, als verfassungsgemäß eingestuft. Das Verbot stelle keine Verletzung der Religionsfreiheit (Art. 4 I, II GG), der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG) dar. Im Schwerpunkt setzte das BVerfG sich mit der Religionsfreiheit der Beschwerdeführerin auseinander: Die Pflicht, bei Tätigkeiten, bei denen die Beschwerdeführerin als Repräsentantin des Staates wahrgenommen werden könnte, gegen ihre religiös begründeten Bekleidungsregeln zu verstoßen, stellt zwar einen Eingriff in den Schutzbereich der Religionsfreiheit dar, da sie dadurch vor die Wahl gestellt werde, „entweder die angestrebte Tätigkeit auszuüben oder dem von ihr als verpflichtend angesehenen religiösen Bekleidungsgebot Folge zu leisten.“ Allerdings ist dieser Eingriff nach Auffassung des BVerfG gerechtfertigt, da der Staat seinerseits zur Neutralität verpflichtet sei.

„Hierbei entspricht die Verpflichtung des Staates zur Neutralität einer Verpflichtung seiner Amtsträger: Der Staat kann nur durch seine Amtsträger handeln, sodass diese das Neutralitätsgebot zu wahren haben, soweit ihr Handeln dem Staat zugerechnet wird.
Hier ist eine besondere Betrachtung des Einzelfalls erforderlich. Nicht jede Handlung eines staatlich Bediensteten ist dem Staat in gleicher Weise zuzurechnen. […] Die Situation vor Gericht ist indes besonders dadurch geprägt, dass der Staat dem Bürger klassisch-hoheitlich gegenübertritt. Auch ist eine besondere Formalität und Konformität dadurch gegeben, dass die Richter eine Amtstracht tragen.
[…] Aus Sicht des objektiven Betrachters kann insofern das Tragen eines islamischen Kopftuchs durch eine Richterin oder eine Staatsanwältin während der Verhandlung als Beeinträchtigung der weltanschaulich-religiösen Neutralität dem Staat zugerechnet werden.“

Weitere Erwägungen für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Kopftuchverbotes sind zudem das Vertrauen des Bürgers in die Rechtspflege und die Justiz sowie sie negative Religionsfreiheit Dritter, die durch den unausweichlichen Anblick des Kopftuchs im Gerichtssaal verletzt sein kann. Unter Berufung auf diese Argumente lehnte das BVerfG daher auch eine Verletzung der Berufsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin ab.
S. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.

08.04.2020/1 Kommentar/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2020-04-08 10:00:122020-04-08 10:00:12Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 4/2019 und 1/2020) – Teil 1: Verfassungsrecht
Dr. Lena Bleckmann

Die Chefarztentscheidung – Kündigung wegen zweiter Ehe?

Arbeitsrecht, Europarecht, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Startseite, Tagesgeschehen

Das Urteil des EuGH vom 11.9.2018 erfuhr eine Aufmerksamkeit in den deutschen Medien, wie sie für den Bereich des kirchlichen Arbeitsrechts ausgesprochen selten ist. Die Entscheidung soll hier kurz aufgearbeitet werden, da ihre Kenntnis als Teil des juristischen Tagesgeschehens durchaus vorteilhaft ist und sie gerade im Bereich der Schwerpunktbereichsprüfung im Arbeitsrecht Bedeutung erlangen kann. Dem Examenskandidaten sollte die Entscheidung Anlass liefern, das Selbstbestimmungsrecht der Kirche sowie das Zusammenspiel nationaler und europarechtlicher Normen zu wiederholen.
I. Sachverhalt (gekürzt)
Der Kläger war von 2000 bis 2009 Chefarzt der Inneren Medizin in einem Krankenhaus der Beklagten. Er selbst ist katholischer Konfession, die Beklagte ist eine GmbH unter der Aufsicht der katholischen Kirche.
Nachdem seine erste Ehefrau aus katholisch anerkannter Ehe ihn bereits 2005 verlassen hatte und sich scheiden ließ, ging der Kläger im Jahre 2008 eine zweite standesamtliche Ehe ein. Die katholische Kirche hatte die erste Ehe zuvor nicht für nichtig erklärt.
Als die Beklagte hiervon Kenntnis erlangte, kündigte sie das Dienstverhältnis. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und macht geltend, ein evangelischer Mitarbeiter in derselben Position wäre unter denselben Bedingungen nicht gekündigt worden.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf entschied zugunsten des Klägers, ebenso wie das LAG Düsseldorf und das BAG. Das Urteil des BAG wurde allerdings vom BVerfG wegen mangelnder Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts aufgehoben und zurückverwiesen (siehe zu der wichtigen Entscheidung BVerfG, NZA 2014, 1387). Nun fand der Fall nach einem Vorabentscheidungsersuchen des BAG seinen Weg zum EuGH.
II. Gesetzliche Grundlagen
Das Arbeitsrecht im Rahmen der katholischen Kirche birgt einige Besonderheiten und ist von hoher praktischer Relevanz, da die Kirchen nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands sind.
Die Besonderheiten sowohl im nationalen als auch im europäischen Recht folgen daraus, dass der Status der Kirchen und ihr Selbstbestimmungsrecht ausdrücklich anerkannt werden (siehe Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV; Erwägungsgrund 24 RL 2000/78 EG).
Dem wird auch im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung getragen: Während unmittelbare Diskriminierungen wegen der Religion nach § 7 I AGG i.V.m. § 8 I AGG nur gerechtfertigt werden können, wenn die Religion eine wesentliche berufliche Anforderung darstellt und die Ungleichbehandlung einen legitimen Zweck angemessen verfolgt, so gilt allein für kirchliche Einrichtungen zusätzlich der Rechtfertigungsgrund nach § 9 AGG. Hiernach ist sie auch zulässig, wenn die Religion im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirche oder nach Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Weiterhin dürfen die kirchlichen Einrichtungen nach § 9 II AGG im Hinblick auf ihr Selbstverständnis besondere Loyalitätsobliegenheiten der Mitarbeiter vorsehen.
Dies hat die katholische Kirche in Art.  4 I, 5 II, III GrO 1993 getan, wo festgelegt ist, dass eine nach kirchlichem Verständnis ungültige Ehe einen Kündigungsgrund insbesondere für leitende Mitarbeiter katholischer Konfession darstellt. Demgegenüber wird von nicht katholischen Mitarbeitern lediglich die Achtung der Werte des Evangeliums verlangt (Art. 4 II GrO 1993).
III. Fragen des BAG – Antworten des EuGH
Fraglich war nun zunächst, ob die Loyalitätsobliegenheiten, die die Kirchen nach Art der Tätigkeit und Umständen ihrer Ausübung als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderungen vorsehen können, einer vollständigen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen. Dies hat der EuGH bejaht – insbesondere die Vereinbarkeit der Anforderungen mit der RL 2000/78 EG darf der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen werden. Schon im Fall Egenberger (Urt. v. 17.4.2018 – C-414/16) stellte der EuGH fest, dass die Gerichte in der Lage sein müssen zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 4 II RL 2000/78/EG (der von § 9 AGG umgesetzt wird) überhaupt erfüllt sind. Die Ungleichbehandlung wegen der Religion muss tatsächlich wesentliche Anforderung im Hinblick auf das Ethos der Kirche sein und darf kein sachfremdes Ziel verfolgen.
Sollte die Anordnung durch die Kirche insoweit zulässig sein, stellt sich weiterhin die Frage, ob sich die Anforderungen, die an loyales Verhalten gestellt werden, danach unterscheiden dürfen, ob der betreffende Mitarbeiter katholischer Konfession ist oder nicht. Dies bejaht der EuGH mit einem großen „Aber“: Grundsätzlich ist eine solche Ungleichbehandlung nicht unzulässig, solange die Religion oder Weltanschauung (hier genauer gesagt die katholische Konfession und damit verbundene Akzeptanz des unauflöslichen Charakters der Ehe) im Hinblick auf die Tätigkeit wesentliche, gerechtfertigte berufliche Anforderung i.S.d. Art. 4 II RL 2000/78/EG ist. Das wäre der Fall, wenn es dem Ethos der Kirche widerspräche, wenn der Mitarbeiter auf der betreffenden Position die Anforderung nicht erfüllt. In einem Hinweis an die nationalen Gerichte stellt der Gerichtshof sodann fest, dass doch allein die Tatsache, dass auf gleicher Ebene Mitarbeiter beschäftigt seien, die eben nicht katholischer Konfession sind und für die die Loyalitätsobliegenheit somit nicht gilt, gegen eine wesentliche Anforderung spreche. Letztlich obliegt diese Entscheidung aber dem BAG.
IV. Auswirkungen der Entscheidung
Nach dem deutlichen Hinweis des EuGH ist zu erwarten, dass das BAG zugunsten des Arztes entscheiden wird. Zu beachten ist, dass das AGG nach § 2 IV AGG auf Kündigungen grundsätzlich nicht anwendbar ist. Um auch bei Kündigungen einen angemessenen Diskriminierungsschutz zu gewährleisten geht man allerdings davon aus, dass eine diskriminierende Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sein kann und damit nach § 1 I KSchG unwirksam ist.
Das BAG hat nun auch zu entscheiden, ob § 9 AGG europarechtskonform ausgelegt werden kann. Die volle gerichtliche Überprüfbarkeit und die Anforderung, dass jede Ungleichbehandlung nur wegen „wesentlicher, rechtmäßiger und gerechtfertigter“ beruflicher Anforderungen erfolgen kann, darf dem Wortlaut des § 9 AGG nicht widersprechen. Sollte eine europarechtskonforme Auslegung nicht möglich sein, muss die Norm von den deutschen Gerichten unangewendet bleiben – zwar entfaltet die Diskriminierungsrichtlinie selbst keine unmittelbare Wirkung innerhalb der Mitgliedsstaaten, allerdings konkretisiert sie das nun in Art. 21 Grundrechtecharta niedergelegte Diskriminierungsverbot, dessen volle Wirksamkeit durch die Gerichte zu gewährleisten ist (siehe zur Problematik auch ausführlich Thüsing/Mathy, RIW 2018, 559).
Die Reaktion des BAG bleibt gerade wegen dieser folgeträchtigen Frage mit Spannung abzuwarten.

15.10.2018/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2018-10-15 09:55:502018-10-15 09:55:50Die Chefarztentscheidung – Kündigung wegen zweiter Ehe?
Dr. Yannik Beden, M.A.

Hochzeitstorte für homosexuelles Paar verweigert: US Supreme Court zum Antidiskriminierungsrecht – Ein Abgleich zum Kontrahierungszwang im deutschen Zivilrecht

Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen

Mit seiner Entscheidung vom 4. Juni 2018 sorgte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten für mediale Kontroversen – nicht nur in den USA. Der Fall betrifft einen amerikanischen Bäcker aus dem Bundesstaat Colorado, der einem schwulen Paar unter Berufung auf sein religiöses Wertebekenntnis die Anfertigung einer Hochzeitstorte verweigerte. Die juristischen Fragestellungen des Rechtsstreits behandeln vordergründig das Staatenrecht von Colorado, sodass eine nähere Betrachtung nur als „Blick über den Tellerrand“ zu verstehen ist. Wie aber wäre die Streitigkeit nach deutschem Recht zu bewerten? Der nachstehende Beitrag soll aus dieser Überlegung heraus den Fall in den Kontext zur hierzulande bestehenden Vertragsschlussfreiheit und deren Beschränkungen setzen.
I. Worüber stritten die Parteien im Originalfall?
Der amerikanische Bäcker und Konditor Jack Phillips betreibt unter dem Firmennamen Masterpiece Cakeshop eine Konditorei in Lakewood nahe von Denver. Um ihre geplante Hochzeit in Massachusetts zu feiern, kontaktierte das gleichgeschlechtliche Paar David Mullins und Charlie Craig im Juli 2012 den Konditor und bat um die Anfertigung einer Hochzeitstorte. Diese verweigerte Phillips allerdings mit der Begründung, dass seine Unternehmensstandards eine Herstellung von Torten für gleichgeschlechtliche Hochzeiten verbiete, da dies „unmittelbar der Bibel entgegensteht“. Stattdessen wurden dem Paar alternative Produkte wie Geburtstagstorten und Kekse angeboten. Auch argumentierte Phillips, er habe als „kreativer Künstler“ das Recht zu entscheiden, was er verkaufe.
Mullins und Craig legten daraufhin Beschwerde bei der Bürgerrechtskommission des Staates Colorado ein und beriefen sich auf eine Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Colorado ist einer von insgesamt 22 Bundesstaaten der USA, der die sexuelle Orientierung als verpöntes Merkmal in seinen Antidiskriminierungsbestimmungen aufgenommen hat. Folgende Bestimmung sieht der „Colorado Anti-Discrimination Act (CADA)“ vor:
„It is a discriminatory practice and unlawful for person, directly or indirectly, to refuse, withhold from, or deny an individual or a group, because of disability, race, creed, color, sex, sexual orientation, marital status, national origin, or ancestry, the full and equal enjoyment of the goods, services, facilities, privileges, advantages, or accommodations of a place of public accommodation.” Colo. Rev. Stat. § 24-34-601(2)(a)(2017).
Die Bürgerrechtskommission entschied die Streitigkeit zugunsten von Mullins und Craig. Auch das in der Folge angerufene State Court des Bundesstaats Colorado bejahte einen Verstoß Phillips gegen die Antidiskriminierungsvorschriften des Bundesstaates. Phillips brachte den Rechtsstreit letztlich vor das höchste Gericht der USA.
II. Die Entscheidung des US Supreme Court
Das US Supreme Court urteilte nun zugunsten des Konditors, dessen religiöse Freiheit – so das Gericht in seiner 7 zu 2 Entscheidung – durch das Verdikt der Bürgerrechtskommission sowie der aufrechterhaltenden Entscheidung des State Courts von Colorado nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Justice Kennedy kam in seiner Rechtsausführung zu dem Schluss, dass die Entscheidung der Bürgerrechtskommission die Reichweite der in der Verfassung der Vereinigten Staaten garantierten Religionsfreiheit verkannt habe:
“The Commission’s hostility was inconsistent with the First Amendment’s guarantee that our laws be applied in a manner that is neutral toward religion. Phillips was entitled to a neutral decisionmaker who would give full and fair consideration to his religious objection as he sought to assert it in all of the circumstances in which this case was presented, considered, and decided. In this case the adjudication concerned a context that may well be different going forward in the respects noted above. However later cases raising these or similar concerns are resolved in the future, for these reasons the rulings of the Commission and of the state court that enforced the Commission’s order must be invalidated.”
Justice Kennedy betonte allerdings auch, dass die Entscheidung des Supreme Courts nicht als Präzedenzfall verstanden werden solle. Ähnlich gelagerte Konstellationen könnten also künftig durchaus anders entschieden werden. Maßgeblich sei der Grundsatz, dass derartige Streitigkeiten jeweils unter umfassender Berücksichtigung religiöser Glaubensbekenntnisse zu bewerten seien. Trotzdem müsse auch in jedem Fall berücksichtigt werden, dass homosexuelle Personen keinerlei Erniedrigungen erfahren sollen, wenn sie Güter und Dienstleistungen in einem freien Markt beschaffen möchten:
“The outcome of cases like this in other circumstances must await further elaboration in the courts, all in the context of recognizing that these disputes must be resolved with tolerance, without undue disrespect to sincere religious beliefs, and without subjecting gay persons to indignities when they seek goods and services in an open market.”
Das Gericht kam vor diesem Hintergrund zu der Entscheidung, das anderslautende Urteil der Berufungsinstanz aufzuheben. Besonders interessant dürfte sein, dass der Bundesstaat Colorado im streitgegenständlichen Jahr 2012 zwar bereits ein Antidiskriminierungsgesetz implementiert hatte, die gleichgeschlechtliche Ehe jedoch erst 2014 in Colorado staatenrechtlich anerkannt wurde. Für die Entscheidungsfindung des Supreme Courts war dieser Umstand jedoch von untergeordneter Bedeutung.
III. Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang im deutschen Zivilrecht
Wie würde nun der identische Sachverhalt nach deutschem Recht zu bewerten sein? Auch wenn in der Bundesrepublik die Vertragsabschlussfreiheit zu den grundlegenden Ordnungsprinzipien des Zivilrechts zählt, gibt es zahlreiche Beispiele für eine gesetzliche Anordnung von Kontrahierungszwang (vgl. Horcher, RdA 2014, 93 ff.). Man denke etwa an die Pflicht von Energieversorgungsunternehmen, in ihren Netzgebieten jeden Haushaltskunden zu versorgen, § 36 Abs. 1 EnWG, oder auch die Beförderungspflicht von Unternehmen nach dem Personenbeförderungsgesetz, § 22 PBefG. Ein Gesetz, das für Bäckerei- und Konditoreibetriebe eine Pflicht zur Versorgung der Bevölkerung mit Teigwaren, Torten etc. anordnet, gibt es offenkundig nicht. Für den hier besprochenen Fall wäre allenfalls an die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu denken. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob eine Pflicht zum Vertragsschluss durch eine mittelbare Drittwirkung von Grundrechten über die Generalklauseln des Zivilrechts bestehen kann:
1. Verpflichtung nach dem AGG?
In Betracht kommt zunächst eine Anknüpfung an die Bestimmungen des AGG. Ungeachtet der Rechtsfolgen, die ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot mit sich bringen kann (s. § 15 Abs. 6 AGG), müsste überhaupt der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet sein. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 AGG gibt vor, auf welche Bezugspunkte hin eine Benachteiligung nach den in § 1 AGG bestimmten Merkmalen – wozu die sexuelle Identität ausdrücklich gehört – unzulässig ist. Für die Leistungen des Konditors kommt § 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG in Betracht, wonach eine Benachteiligung unzulässig ist, wenn es sich um „den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum“ handelt. Die Norm ist bewusst weit gefasst worden. Entscheidend ist, dass der Anbieter des Guts bzw. der Dienstleistung über seine Privatsphäre hinausgehend Angebote an einen unbestimmten Personenkreis richtet (vgl. ErfK/Schlachter, AGG, 18. Auflage 2018, § 2 Rn. 14; Nickel, NJW 2001, 2668 (2669)). Dies dürfte bei einer Konditorei wie Masterpiece Cakeshop unzweifelhaft gegeben sein.
Bejaht man demnach die sachliche Anwendbarkeit des AGG, stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 1 AGG zu einer Vertragsabschlusspflicht führen kann. Für das Arbeitsrecht sieht § 15 Abs. 6 AGG ausdrücklich vor, dass eine Diskriminierung keinen Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben kann. Für den Inhalt des Beseitigungsanspruchs aus § 21 Abs. 1 GG gibt es eine solche Anordnung nicht. Daraus ziehen Stimmen der Literatur den Umkehrschluss, dass der Beseitigungsanspruch auch auf eine Pflicht zum Abschluss eines Vertrags gerichtet sein kann (Horcher, RdA 2014, 93 (93) m.w.N.; bejahend Thüsing/von Hoff, NJW 2007, 21 (21 ff.); Wagner/Potsch, JZ 2006, 1085 (1098); ablehnend Armbrüster, NJW 2007, 1494 (1498). Die Rechtsprechung hat sich hierzu freilich noch nicht geäußert. Geht man rechtsdogmatisch davon aus, dass der Beseitigungsanspruch bei einer Vertragsverweigerung – als actus contrarius – auf einen Vertragsabschluss gerichtet ist (vgl. MüKo/Thüsing, AGG, 7. Auflage 2015, § 21 Rn. 17), wäre wohl auch nach deutschem Recht eine Pflicht zur Anfertigung der Hochzeitstorte anzunehmen. Ob § 21 Abs. 1 S. 1 AGG einen Kontrahierungszwang anordnet, bedarf jedoch bislang noch einer Klärung durch das BAG.
2. Kontrahierungszwang über § 242 BGB – Drittwirkung der Grundrechte?
Abseits des AGG käme man zu einer Kontrahierungspflicht des Konditors nur über die Generalklausel des § 242 BGB. Ob die Norm jedoch grundsätzlich eine Vertragsabschlusspflicht statuieren kann bzw. soll, wird bereits äußerst zweifelhaft sein. Auch der BGH hat sich in einer Entscheidung zur Frage der Vertragsabschlussverpflichtung von Banken bislang gegen einen auf § 242 BGB gestützten Kontrahierungszwang ausgesprochen (BGH Urteil v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519). Allerdings hat das Gericht bislang noch eine mittelbare Geltung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG anerkannt, sofern ein soziales Mächteverhältnis zwischen den Privatrechtssubjekten besteht (BGH Urteil v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519). Doch auch diese Judikatur dürfte in Anbetracht der jüngsten Entscheidung des BVerfG zur mittelbaren Drittwirkung von Gleichheitsrechten überholt sein. Am 11. April 2018 urteilte das BVerfG, dass sich auch aus „Art. 3 Abs. 1 GG nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung kein objektives Verfassungsprinzip entnehmen [lässt], wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie unter welchen Bedingungen Verträge abschließen will“ (BVerfG Urteil v. 11.4.2018 – 1 BvR 3080/09). Damit dürfte auch der Weg über eine mittelbare Drittwirkung regelmäßig verschlossen sein.
IV. Zusammenfassung
Die Entscheidung des US Supreme Courts verdeutlicht, dass das Antidiskriminierungsrecht auch in den USA noch in den Kinderschuhen steckt. Die 7 zu 2 Entscheidung des Gerichts lässt erkennen, dass die rechtliche Bewertung in gleichgelagerten Streitigkeiten künftig durchaus anders ausfallen kann. Überträgt man den Fall auf das deutsche Rechtssystem, ergeben sich eine Vielzahl juristischer Problemstellungen. Auch das AGG würde nach seiner jetzigen Fassung zu keinem eindeutigen Ergebnis kommen. Letztlich muss gefragt werden, ob und in welchem Umfang eine Privatrechtsordnung Kontrahierungszwänge vorsehen soll. Summa: Eine spannende Problemstellung, welche die Kernelemente des Zivilrechts – Privatautonomie und Vertragsfreiheit – betrifft.

18.06.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-06-18 10:00:402018-06-18 10:00:40Hochzeitstorte für homosexuelles Paar verweigert: US Supreme Court zum Antidiskriminierungsrecht – Ein Abgleich zum Kontrahierungszwang im deutschen Zivilrecht
Maria Dimartino

Entschädigungszahlung des Arbeitgebers wegen unterlassener Einladung eines Bewerbers zum Vorstellungsgespräch

Arbeitsrecht, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Referendariat, Schwerpunktbereich, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Aktuelle Pressemeldung des Bundesarbeitsgerichtes zum Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 375/15
Die Thematik der Gleichbehandlung und Diskriminierung beschäftigt die Arbeitsgerichte immer wieder. In der Arbeitswelt kann Diskriminierung in vielen Bereichen und Phasen auftreten z.B. der Anbahnung und Begründung des Arbeitsverhältnisses, während des Arbeitsverhältnisses oder bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.
Diese Entscheidung des BAG hatte sich damit zu beschäftigen, ob die Nichteinladung eines Bewerbers mit Schwerbehinderung eine Diskriminierung darstellt, welche für den Arbeitgeber eine Entschädigungszahlung zu Folge hat. Hier hatte ein öffentlicher Arbeitgeber (Stadt), eine Stelle ordnungsgemäß und diskriminierungsfrei ausgeschrieben:

„Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; …“

Auf diese Stelle hat sich unter anderem auch ein Bewerber mit einer Schwerbehinderung (Grad von 50) beworben.Ein ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich „Alternative Energien“.
I. Besondere Pflichten öffentlichen Arbeitgeber gem. § 82 SGB IX
Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber. Darauf hin hat der Bewerber geklagt und eine Entschädigung verlangt.
Berufen hat sich der Kläger auf § 82 SGB IX darin heißt es:

Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze (§ 73). Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Einer Integrationsvereinbarung nach § 83 bedarf es nicht, wenn für die Dienststellen dem § 83 entsprechende Regelungen bereits bestehen und durchgeführt werden.

Zwar hatte sich die Stadt auf § 82 S. 3 SGB IX berufen und darauf abgestellt diesen Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch hätte einladen müssen, da dieser für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei – dies sahen jedoch das Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht anders.
II. Indiz der Diskriminierung nach § 22 AGG
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben und entschieden, dass durch die unterlasse Einladung zum Vorstellungsgespräch ein Indiz der Diskriminierung nach § 22 AGG gesetzt worden ist, welches die Beklagte nicht wiederlegen konnte. Auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seiner Bewerbung durfte die Beklagte nicht nachvollziehbar davon ausgehen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlte.
III. Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG
Die Beklagte wurde dazu verurteilt an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen. Uneinigkeit gab es in den Instanzen jedoch bezüglich der Höhe der Entschädigung.  Das Arbeitsgericht ging von drei Bruttomonatsgehältern aus, dass Landesarbeitsgericht hingegen nur von einem Bruttomonatsgehalt.

11.08.2016/0 Kommentare/von Maria Dimartino
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Dimartino https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Dimartino2016-08-11 22:30:292016-08-11 22:30:29Entschädigungszahlung des Arbeitgebers wegen unterlassener Einladung eines Bewerbers zum Vorstellungsgespräch
Dr. Christoph Werkmeister

Du kommst hier ned rein – Diskothek und Diskriminierung

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Zivilrecht

Das AG München hat am 24.07.2015 ein Urteil erlassen, dass sich hervorragend für die Diskussion im Rahmen einer mündlichen Prüfung eignet (171 C 27853/13).
Ein Sachverhalt aus dem echten Leben
Der Sachverhalt ist schnell erklärt: Ein dunkelhäutiger Mann und seine fünf (männlichen und ebenfalls dunkelhäutigen) Freunde wollten in München eine Diskothek aufsuchen und wurden von dem Türsteher nicht hereingelassen. Kurze Zeit später wurde einem „weißhäutigen“ Mann in Begleitung von zwei Damen der Einlass gewährt.

Der dunkelhäutige Mann war der Meinung, dass er wegen seiner Hautfarbe abgewiesen wurde. Er habe sich korrekt verhalten, sei angemessen gekleidet gewesen und war nicht alkoholisiert oder betrunken. Die Diskothek sei auch nicht voll gewesen. Der Betreiber der Diskothek berief sich hingegen darauf, dass der Türsteher ein „Bauchgefühl“ hatte, dass beim Kläger keine Feierstimmung vorlag und er deshalb nicht hinein gelassen worden sei.

Anspruch aus AGG

Der betroffene Mann erhob Klage gegen die Diskothek, um dieser für die Zukunft zu untersagen, ihn wegen seiner Hautfarbe den Einlass zu verweigern. Gleichzeitig forderte er Schmerzensgeld in Höhe von 500 EUR. Die entsprechenden Ansprüche können sich aus § 21 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AGG ergeben. Hiernach stehen die vorgenannten Rechte einem Betroffenen zu, der aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse diskriminiert wird (§ 19 AGG). Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass das Schuldverhältnis typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommt (Massengeschäft).

Das das Geschäft der Diskothek im Zweifel als Massengeschäft einzustufen ist, so dass der Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Diskriminierungsverbots nach § 19 AGG anwendbar ist, war im gegenständlichen Fall fraglich, ob die dunkelhäutige Person tatsächlich aufgrund der Hautfarbe nicht in die Diskothek gelassen wurde oder ob nicht weitere Gründe (z.B. zu viele Männer im Club, Stimmung der Gäste etc.) maßgebend waren, was wiederum zulässig wäre.

Darlegungs- und Beweislast

Grundsätzlich hat der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen, so dass auch das Vorliegen einer Diskriminierung vom Betroffenen darzulegen wäre. Im Diskriminierungsrecht gilt jedoch eine Beweiserleichterung nach § 22 AGG. Hiernach gibt es eine Beweislastumkehr zugunsten des Betroffenen, wenn dieser im Einzelfall Indizien beweist, die eine Diskriminierung vermuten lassen.

Das Gericht stellte hierzu fest, dass die Indizien noch nicht ausreichten, um eine Diskriminierung vermuten zu lassen (aA sicherlich vertretbar) . Nach Auffassung des Gerichts könne die negative Entscheidung der Türsteher nämlich auf einer Fülle von Erwägungen beruht haben, z.B. dem Aussehen des Betroffenen, seinem Auftreten, seiner Stimmung oder einer schlichten Antipathie des Türstehers, die nicht in der Hautfarbe begründet war. Auch wenn diese Kriterien nicht sachgerecht oder gar willkürlich seien, so liege zumindest noch keine Diskriminierung wegen der Hauptfarbe nahe. Das Gericht konnte so schlichtweg nicht klären, ob tatsächlich eine Diskriminierung vorlag. Es wurden zwar Indizien bewiesen, diese legen aber – nach Ansicht des Gerichts – noch nicht die Vermutung nahe, dass eine Benachteiligung wegen der Ethnie vorlag. Letztlich wird also der Kausalzusammenhang zwischen der Hautfarbe und dem Nichteinlass für unklar erachtet, sodass eine Tatsache iSd. § 22 AGG nicht dargelegt wurde. Dieses non liquet, also die Nichterweislichkeit einer Tatsache, ging zu lasten des Betroffenen, und zwar trotz der Beweiserleichterung im Diskriminierungsrecht.

Examensrelevanz

Der Fall wird mangels Komplexität und dem Fokus auf Beweisthemen (und weniger auf materielles Recht) sicherlich nicht in einer Examensklausur in der ersten oder zweiten juristischen Prüfung laufen. Der Fall eignet sich hingegen gut für ein mündliches Prüfungsgespräch oder einen Kurz- bzw. Aktenvortrag. Die Transferleistung des Studenten bzw. Referendars besteht bei diesem Fall darin, die einschlägigen Anspruchsgrundlagen aus dem AGG zu identifizieren, um im Kern eine Debatte über das Beweisthema (bzw. die Würdigung der vorliegenden Beweismittel in Form von Zeugenaussagen) zu führen.

Den Prüfer wird es freuen, wenn die Diskussion losgelöst von jeglichem politischen Impetus (und eigenen Erfahrungen aus dem Nachtleben) geführt wird, sondern fokussiert auf die vorliegenden Details des Sachverhalts und den vom Gesetzgeber vorgegebenen Beweismaßstab. Das Ergebnis der Prüfung ist dann – wie sooft bei derartigen Diskussionen – nebensächlich.

30.07.2015/6 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2015-07-30 15:30:572015-07-30 15:30:57Du kommst hier ned rein – Diskothek und Diskriminierung
Maria Dimartino

BAG: Symptomlose HIV-Infektion – Behinderung im Sinne des § 1 AGG

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Wir freuen uns nachfolgend einen Gastbeitrag von Maria Dimartino veröffentlichen zu können. Die Autorin ist Rechtsanwältin mit den Interessenschwerpunkten Individual- und Kollektivarbeitsrecht. Sie hat Rechtswissenschaften in Heidelberg und Frankfurt a.M. studiert. Ihr Referendariat hat Sie am Landgericht Wiesbaden absolviert. Sie ist als selbstständige Rechtsanwältin und Lehrbeauftrage/Tutorin tätig. Mehr Informationen über die Autorin finden Sie hier.
Dem Beitrag liegt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG)  zu Grunde. Das BAG hat sich in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013, 6 AZR 190/12 mit der Frage beschäftigt, ob eine symptomlose HIV-Infektion den Anwendungsbereich des § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eröffnet und folglich wegen einer Diskriminierung aufgrund diesen Merkmals eine Schadensersatz bzw. eine Entschädigungszahlung gem. § 15 Abs. 1, 2 AGG begründet.
I. Sachverhalt
Der Kläger ist aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 1. Dezember 2010 als chemisch- technischer Assistent bei der Beklagten angestellt. Die Beklagte produziert Arzneimittel zur Behandlung von Krebserkrankungen, die intravenös verabreicht werden. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 5. Dezember 2011 befristet, wobei die ersten sechs Monate als Probezeit vereinbart waren, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden konnte. Bei einer Einstellungsuntersuchung am 8. Dezember 2010 teilte der Kläger dem Betriebsarzt mit, dass er HIV-infiziert ist. Der Kläger ist symptomfrei und hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 10. Der Kläger sollte seine Tätigkeit im Reinraum der Beklagten ausführen. Dagegen äußerte der Betriebsarzt Bedenken in dem von ihm auszufüllenden Formular „Standard Operating Procedure“ (SOP). Dieses Formular der Beklagten dient der Umsetzung des sogenannten „Leitfaden der guten Herstellungspraxis“ (Dabei handelt es sich um Leitlinien der EU-Kommission). In Ziffer 2.15 des Leitfaden heißt es:

„Es sollen Vorkehrungen getroffen werden, die, soweit es praktisch möglich ist, sicherstellen, dass in der Arzneimittelherstellung niemand beschäftigt wird, der an einer ansteckenden Krankheit leidet oder offene Verletzungen an unbedeckten Körperstellen aufweist.“

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 04. Januar 2011 zum 24. Januar 2011. Möglichkeiten zur Beschäftigung des Klägers außerhalb des Reinraums bestanden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichtes nicht. Der Kläger greift diese Kündigung an und macht geltend, dass diese Kündigung diskriminierend sei, weil diese allein wegen seiner symptomlosen HIV-Infektion erfolgt sei. Dies stelle eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung im Sinne des § 1 AGG dar. Aus diesem Grunde stünde ihm auch eine Entschädigung im Sinne des § 15 AGG zu.
II. Ansprüche gem. § 15 Abs. 1, 2 AGG
1. Persönlicher Abwendungsbereich, § 6 Abs. 1 AGG
Der Kläger ist aufgrund eines Arbeitsvertrages beschäftigt und damit Arbeitnehmer im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 AGG.
2. Sachlicher Anwendungsbereich
a) Bereichsausnahme, § 2 Abs. 4 AGG
Gem. § 2 Abs. 4 AGG soll das AGG nicht für Sachverhalte anwendbar sein, die das KSchG betreffen. Bei solchen Kündigungen wird die Wirkung des AGG jedoch im Rahmen der zivilrechtlichen Generalklauseln geprüft. Ob diese Bereichsausnahme Richtlinienkonform ist kann an dieser Stelle dahinstehen, da in diesem Fall das Kündigungsschutzgesetz gar nicht anzuwenden war, da die Wartezeit von sechs Monaten des § 1 KSchG nicht erfüllt war. In solchen Fällen, bei dem das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet kann es auch nicht zu einer Konkurrenz zwischen AGG und KSchG kommen. Daher sind Kündigungen, für die nicht der Maßstab der sozialen Rechtfertigung des § 1 Abs. 1, 2 KSchG eröffnet ist unmittelbar am Maßstab des AGG zu messen.

„§ 2 Abs. 4 AGG regelt für Kündigung nur das Verhältnis zwischen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Kündigungsschutzgesetz sowie den speziell auf Kündigungen zugeschnittenen Bestimmungen. Die zivilrechtlichen Generalklauseln werden dagegen von § 2 Abs. 4 AGG nicht erfasst. Der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes geht insoweit diesen Klauseln vor und verdrängt diese. Ordentliche Kündigungen während der Wartezeit und in Kleinbetrieben sind deshalb unmittelbar am Maßstab des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz messen. Dies ergibt sich aus der Gesetzgebungsgeschichte und dem Zweck des § 2 Abs. 4 AGG […].“

b) Benachteiligungsmerkmal i.S.v. § 1 AGG ?
Das AGG untersagt Diskriminierungen aufgrund der in § 1 AGG genannten Merkmale. Benachteiligungsmerkmale gem. § 1 AGG sind Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, Geschlechts, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alters oder sexuellen Identität. Das BAG hat sich sehr ausführlich mit dem Begriff der Behinderung i.S.d. AGG beschäftigt und sich für eine weite Definition unter Berücksichtigung der Teilhabe am Berufsleben und an der Gesellschaft ausgesprochen. Darunter können auch chronische Erkrankungen fallen, soweit eine Beeinträchtigung der Teilhabe vorliegt. Auf einen bestimmten Grad der Behinderung (GdB) kommt es nicht an. Das BAG hat festgestellt, dass eine symptomlose HIV-Infektion eine Behinderung im Sinne des § 1 AGG darstellt.

„Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder will die Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch – in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) – seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann […].“

Weiter führt das BAG aus:

„Der Kläger ist aufgrund seiner symptomlosen HIV-Infektion chronisch erkrankt. Diese Beeinträchtigungen wirkt sich auf seine Teilhabe sowohl im Leben in der Gemeinschaft als auch in deinem Berufsfeld aus. Er ist deshalb behindert i.S.d. § 1 AGG. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhende Stigmatisierungen andauern […].“

3. Benachteiligungsverbot i.S.d. § 7 Abs. 1 AGG
Die Begriffe der unmittelbare bzw. mittelbare Benachteiligung sind in. § 3 AGG legal definiert. Eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 S. 1 AGG liegt demnach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstigen Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die Kündigung benachteilige hier den Kläger unmittelbar i.S.d. § 3 Abs. 1 AGG, weil sie im untrennbaren Zusammenhang mit seiner symptomlosen HIV-Infektion (Behinderung, i.S.d. § 1 AGG) steht.
4. Vorliegen von Rechtfertigungsgründen
Eine Benachteiligung aufgrund eines in § 1 AGG genannten Merkmale kann ggf. gerechtfertigt sein:

  • § 5 AGG (Positive Maßnahmen)
  • § 8 AGG (berufliche Anforderungen)
  • § 9 AGG (Religion oder Weltanschauung)
  • § 10 AGG (Alter)

In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da dieses noch aufklären muss, ob der Arbeitgeber ausreichend angemessene Vorkehrungen getroffen hat um sich überhaupt auf § 8 Abs. 1 AGG berufen zu dürfen. Denn bei einer Behinderung sind angemessene Vorkehrungen zur Nachteilsausgleichung zu Treffen (vgl. § 81 Abs. 1, 2 SGB IX). Wenn der Arbeitgeber dies unterlässt und der Arbeitnehmer deshalb nicht eingesetzt werden kann, ist dieser Umstand nicht der Behinderung sondern der Untätigkeit des Arbeitgebers geschuldet. Eine Kündigung ist dann nicht gerechtfertigt.
III. Rechtfolgen bei rechtswidriger Benachteiligung

  • Unwirksamkeit der Vereinbarung, § 7 Abs. 2 AGG
  • Leistungsverweigerungsrecht, § 14 AGG
  • Schadensersatzanspruch, § 15 Abs. 1 AGG
  • Entschädigungsanspruch, § 15 Abs. 2 AGG
  • Unterlassungs-s/Beseitigungsanspruch
  • Kein Anspruch auf Beschäftigung, 15 Abs. 6 AGG

1. Schadensersatz, § 15 Abs. 1 AGG
a) Ein Verschulden wird vermutet.
b) Materieller Schaden Ein Bewerber müsste darlegen und beweisen, dass er als der am besten geeignete Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte. Hieran ändert auch § 22 AGG nichts. Diese Hürde wird in der Regel nicht zu nehmen sein, da der Bewerber auch keinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber hat. In diesem Fall ist der K jedoch bereits eingestellt worden und explizit wegen seiner HIV-Infektion gekündigt worden. Wenn nach den Feststellungen des Landgerichtes eine Beschäftigung des K möglich gewesen wäre ohne, dass ein höheres Risiko von ihm ausgegangen wäre, ihm ein Schadensersatzanspruch zustünde (unabhängig von der Frage, ob die Kündigung unwirksam ist). Der Schaden ist zu bemessen nach den allgemeinen Grundsätzen des § 249 BGB. Eine Obergrenze ist hier anders als bei § 15 Abs. 2 S. 2 AGG nicht festgelegt. Hier würde sich der Schaden wohl in der Höhe des Arbeitsentgeltes bis zum nächsten (hypothetischen) Kündigungstermins belaufen. Schwieriger wäre eine materielle Schadensermittlung im Falle der Feststellung, dass die Kündigung nun gar nicht mehr wirksam ist.
2. Immaterieller Schadensersatz, § 15 Abs. 2 AGG
a) Verschuldensunabhängig b) Entschädigung für den Schaden der „nicht Vermögensschaden“ ist
Die Höhe der Entschädigung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. § 253 BGB). Sie richtet sich nach der Schwere der Benachteiligung, dem Grad eines eventuellen Verschuldens des Arbeitgebers und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers. Sie sollte zumindest so hoch sein, dass sie geeignet ist, den Arbeitgeber von weiteren Diskriminierungen abzuhalten. Für den Fall einer Einstellungsdiskriminierung bzgl. einer Person, welche auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, setzt § 15 Abs. 2 S. 2 AGG eine Obergrenze von drei Monatsgehältern fest.
3. Beweislastverteilung, § 22 AGG
Hiernach muss der Anspruchssteller die Anwendbarkeit des AGG, sowie das Vorliegen einer objektiven Benachteiligung beweisen. Es reichen hierbei Indizien aus (z.B. Stellenausschreibung nicht geschlechtsneutral). Sodann muss der Arbeitgeber beweisen, dass kein Verstoß gegen das AGG vorliegt. D.h. der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die ungleiche Behandlung auf einem zulässigen Auswahlgrund beruht.
4. Form- und Fristgemäße Geltendmachung, § 15 Abs. 4 AGG
Ansprüche aus § 15 Abs. 1, 2 AGG müssen innerhalb von zwei Monaten schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Bei Ablehnung der Ansprüche durch den Arbeitgeber muss gem. § 61 b Abs. 1 ArbGG eine klageweise Durchsetzung dieser Ansprüche innerhalb von drei Monaten vor dem zuständigen Arbeitsgericht erfolgen.
5. Weitere Ansprüche
Weitere Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeldansprüche können daneben geltend gemacht werden (§§ 280, 253, 823 BGB).
6. Ein Anspruch auf Einstellung besteht nicht, § 15 Abs. 6 AGG
IV.Fazit Ansprüche aus §§ 15 Abs. 1, 2 AGG eignen sich gut, um eine arbeitsrechtliche Klausur mit Grundlagen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anzureichern und können daher als Zusatzfrage neben der Frage der Wirksamkeit einer Kündigung auftauchen. Der Begriff der Behinderung im Sinne des AGG ist weiter zu verstehen, als der in § 2 SGB IX. Denn zu berücksichtigen ist auch, ob aufgrund eines Merkmals i.S.d. § 1 AGG eine derartige Stigmatisierung erfolgt, dass sich diese benachteiligend auf das Beschäftigungsverhältnis auswirkt. Dem Arbeitgeber obliegt grundsätzlich die Pflicht zu prüfen, ob ein Arbeitnehmer trotz Behinderung bei angemessen Vorkehrungen zu beschäftigen ist.

02.04.2014/3 Kommentare/von Maria Dimartino
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Dimartino https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Dimartino2014-04-02 08:00:102014-04-02 08:00:10BAG: Symptomlose HIV-Infektion – Behinderung im Sinne des § 1 AGG
Tom Stiebert

Homosexualität und Homophobie im Profifußball – Was nützt das AGG?

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Die Bundesligasaison beginnt, die olympischen Spiele sind Geschichte und endlich rollt wieder der Ball. Wie gerufen kommt daher ein Fall, der dem EuGH durch ein rumänisches Gericht vorgelegt wurde, behandelt er doch eine Frage, die von hoher sportpolitischer und gesellschaftlicher Relevanz ist: Homosexualität im Profifußball.
Hinweis: Der Beitrag beruht auf einer Veröffentlichung in der ZESAR 2012, 282, die hier auf das Studiumsrelevante reduziert wurde.
I. Worum geht es genau?
Der bekannte Fußballverein Steaua Bukarest (vor 26 Jahren noch Sieger im Europapokal der Landesmeister) wird maßgeblich durch einen großen Gönner und Besitzer geleitet, der auch nach außen hin offen als Chef des Clubs auftritt und sich als „Patron“ bezeichnet.[1] Der Bezug zum Diskriminierungsrecht kommt dadurch zustande, dass der „Patron“ in mehreren Interviews sehr abfällige Äußerungen über Homosexuelle abgab, die insbesondere auf den bulgarischen Spieler X bezogen waren. Aufgrund einer möglichen Homosexualität dieses Spielers (die in den Medien ausführlich diskutiert wurde) würde er den Spieler niemals bei dem Verein beschäftigen. Die einzelnen Äußerungen, die einen Großteil der Vorlage ausmachen, mögen zwar teilweise unglaublich und kurios wirken, sie zeigen aber deutlich eine latente Homophobie.
So wird er wie folgt zitiert:

„Nicht einmal, wenn sich [der Fußballclub] Steaua auflöste, würde ich einen Homosexuellen in die Mannschaft nehmen. Gerüchte sind Gerüchte, aber so etwas zu schreiben, wenn es nicht wahr ist, und es auf die erste Seite zu setzen … Vielleicht stimmt es nicht, dass er [gemeint ist der bulgarische Fußballspieler X] homosexuell ist. Aber wenn es stimmt? Ich habe einmal mit einem Onkel von mir gesprochen, der weder an den Satan noch an Christus glaubte. Ich habe gesagt: ‚Nehmen wir an, Gott gibt es nicht. Aber wenn es ihn gibt? Was verlierst Du, wenn du zur Kommunion gehst? Wäre es nicht gut, wenn Du ins Paradies kämst?‘ Und er hat mir Recht gegeben. Einen Monat vor seinem Tod hat er die Kommunion empfangen. Möge Gott ihm vergeben. In meiner Familie hat ein Schwuler nichts verloren, und die Steaua ist meine Familie. Besser als mit einem Schwulen spielen wir mit einem Nachwuchsspieler; das ist keine Diskriminierung. Niemand kann mich zwingen, mit jemandem zusammenzuarbeiten. Auch ich habe das Recht zu arbeiten mit wem ich möchte, wie die anderen auch.“
 
“ Selbst wenn mir Gott nachts sagen würde, dass X zu 100 % nicht homosexuell ist, würde ich ihn nicht nehmen! Es wurde zu viel in der Zeitung darüber geschrieben, dass er homosexuell ist. Nicht einmal, wenn ihn mir der [russische Fußballclub] ZSKA umsonst geben würde, würde ich ihn nehmen! Er könnte der größte Tyrann und der größte Säufer sein … aber wenn er homosexuell ist, möchte ich nichts mehr von ihm hören.“

 
II. Ansatzpunkte für eine Prüfung
1. Vorliegen einer Diskriminierung
Fraglich ist, ob ein solches Verhalten gegen die Diskriminierungsverbote – im Deutschland im AGG – verstoßen würde.
Problematisch ist dabei, ob tatbestandlich überhaupt eine Diskriminierung vorliegen kann, also ob die Ungleichbehandlung wegen eines verpönten Merkmales erfolgt.
Zumindest wenn dargelegt wird, die Nichteinstellung des Spielers erfolge aufgrund seiner tatsächlich bestehenden Homosexualität, so wäre dies eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Klar wird bereits an der Formulierung des Gesetzes, dass die Diskriminierung begriffsnotwendig nur dann vorliegen kann, wenn dem Diskriminierenden das Vorliegen des Merkmals bewusst ist und er sich in seiner Auswahlentscheidung hierauf bezieht. Nicht nötig ist hingegen die Kenntnis von der Diskriminierung als solcher.[2] Die Benachteiligung ist nur dann unzulässig, wenn sie „wegen“ des Merkmals erfolgt ist, nicht aber wenn das Merkmal zwar vorliegt, die Entscheidung aber von abweichenden (zulässigen) Motiven getragen wird. Stets ist demnach auch eine subjektive Komponente der Entscheidung zu berücksichtigen,[3] welche aber nicht mit einer Benachteiligungsabsicht vermischt werden darf. Gleiches muss sogar dann gelten, wenn der Spieler nicht homosexuell ist (bzw. wenn dies nicht nachgewiesen ist) und die Nichteinstellung aufgrund der vermeintlichen Homosexualität erfolgt.[4] Das deutsche Recht ist durch die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 1 S. 2 AGG insofern eindeutig.[5] Von dem vermeintlich Diskriminierten den Nachweis seiner Homosexualität zu fordern, allein um eine Diskriminierung zu bejahen, kann offensichtlich nicht richtig sein. Insofern muss es genügen, dass der Beklagte davon ausgeht, der Spieler sei homosexuell.
Schwieriger wird es allerdings dann, wenn sich die Diskriminierung nicht unmittelbar auf das Merkmal Homosexualität bezieht, sondern wenn die Ungleichbehandlung darauf aufbaut, dass der Spieler vermeintlich homosexuell ist. In der Vorlage wird die Aussage aufgenommen:

„Selbst wenn mir Gott nachts sagen würde, dass X zu 100% nicht homosexuell ist, würde ich ihn nicht nehmen!“.

Die Ungleichbehandlung knüpft dann gerade nicht mehr an das Merkmal Homosexualität selbst an, sondern an den – nicht zu 100% zu beseitigenden – (so empfundenen) Makel einer vermeintlichen Homosexualität. Auch hier stellt sich dann die Frage, ob überhaupt noch eine Ungleichbehandlung wegen eines verpönten Merkmals vorgelegen hat, oder ob diese nicht auf einem Merkmal beruhte, das nicht von der Diskriminierungsrichtlinie und damit vom AGG erfasst ist. Die Ungleichbehandlung knüpft gerade nicht mehr direkt an ein verpöntes Merkmal an, sondern bezieht sich auf die (dann unrechtmäßige) Bezeichnung des Spielers als homosexuell („Es wurde zu viel in der Zeitung darüber geschrieben, dass er homosexuell ist“). Nimmt man das Gesetz streng beim Wort, liegt hier keine Diskriminierung wegen Homosexualität vor.
Diese Sichtweise kann aber nicht richtig sein. Das AGG verbietet gerade die Ungleichbehandlung aus bestimmten besonders geächteten Gründen. Offensichtlich weist die Ungleichbehandlung auch im konkreten Fall einen engen Zusammenhang zu solchen Gründen auf: Unzulässig ist es, einen Homosexuellen schlechter zu behandeln; ebenso unzulässig ist es aber auch, einen (nach eigener Meinung) vermeintlich Homosexuellen schlechter zu behandeln. Folgerichtig muss es dann aber auch unzulässig sein, einen (aus Sicht Dritter) vermeintlich Homosexuellen schlechter zu behandeln. Hier gebietet sich eine Parallelwertung zur Behandlung der sog. costumer preferences. Auch hierauf darf sich der Arbeitgeber nur in strengen Ausnahmefällen berufen, wenn für ihn eine Existenzgefährdung drohen würde. Zudem muss die Kundenerwartung selbst nicht diskriminierend sein.[6] Spiegelt man die oben gezeigte Wertung des § 7 Abs. 1 S. 2 AGG so zeigt sich, dass die Schlechterbehandlung vermeintlich Homosexueller bereits diskriminierend ist. Es kann nach dem hier Gezeigten dann aber keinen Unterschied machen, ob der Arbeitgeber selbst hiervon ausgeht oder ob er die Unterscheidung auf einen vermeintlichen öffentlichen Druck gründet. Jede Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit den verpönten Merkmalen muss unzulässig sein, unabhängig davon ob das Merkmal tatsächlich vorliegt oder nicht.
 
2. Mögliche Rechtfertigung
Wohl zu Recht nicht eingegangen wird in der Vorlage auf die Frage, ob die Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein könnte. Kundenwünsche können hierfür – wie gezeigt – nur sehr eingeschränkt angeführt werden.
Allenfalls könnte erwogen werden, ob eine (mögliche) Homosexualität eines Profifußballers nicht dazu führen kann, dass der öffentliche Druck der Medien sowie der gegnerischen Fans so stark wird, dass ein erfolgreiches Spiel nicht mehr möglich ist. Bis heute hat sich mit dem britischen Stürmer Justin Fashanu nur ein einziger Profispieler zu seiner Homosexualität bekannt, der sich – nicht allein aus diesem Grund – mit 27 Jahren das Leben genommen hat. Auch zahlreiche Fußballexperten und aktive Spieler raten Profifußballern davon ab, sich auf Grund des öffentlichen Druckes als homosexuell zu bekennen.[7] Noch schwerwiegender ist die Situation in Osteuropa.[8] Aus diesem Grund könnte zumindest erwogen werden, ob aufgrund des öffentlichen Drucks die Heterosexualität von Profifußballern als wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung anzusehen ist. Die zu überspringenden Hürden hierfür sind freilich extrem hoch[9], sodass im Ergebnis eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung wohl zu verneinen sein muss.
 
3. Zulässigkeit der Beweislastumkehr im konkreten Fall
Sieht man eine Diskriminierung im Gegensatz zu dem eben Gesagten aber noch nicht als erwiesen an, so ist fraglich, ob die Aussagen des „Patron“ als Tatsache i.S.d. § 22 AGG ansehen werden können, da er als (Haupt)Aktionär des Vereines – zumindest in der Theorie – keinen unmittelbaren Einfluss auf die Transfers hat und damit die Nichteinstellung auch auf anderen Gründen beruhen kann. Teilt man diese Sichtweise und bejaht das Vorbringen entsprechender Tatsachen, müsste der Verein dann nach den Grundsätzen der Beweislastumkehr nachweisen, dass keine Verletzung der Diskriminierungsverbote vorlag, die Nichteinstellung also diskriminierungsfrei war. Denn die Aussage ist zumindest ein starkes Indiz dafür, dass der Spieler aus diesem Grund nicht eingestellt wurde.
Dieser Gegenbeweis wäre aber nur dann erfolgreich, wenn entweder die objektive Eignung des Bewerbers nicht vorliegt[10] oder aber – weitaus praxisnäher – wenn Merkmalsträger (also Homosexuelle) tatsächlich beschäftigt werden oder in die engere Auswahl kommen.[11] Gerade dieser Nachweis ist aber in der Praxis des Profifußballers nicht möglich – es gibt schlichtweg keine – bekennenden – homosexuellen Fußballer. Der Gegenbeweis kann damit nicht gelingen – es liegt eine, vom EuGH so bezeichnete probatio diabolica vor. Für den Beklagten mag diese Situation misslich sein, hat er doch keine Möglichkeit den Gegenbeweis zu erbringen und führt dies dazu, dass eine Diskriminierung angenommen werden muss – die Rechtslage ist aber insofern eindeutig und sieht die Beweislastumkehr vor. Es wäre von der Interessenverteilung her falsch in diesem Fall auf die Beweislastumkehr zu verzichten und dem Bewerber den Schutz zu nehmen. Haben der Arbeitgeber oder zumindest im zuzurechnende Personen Tatsachen geschaffen, die eine Diskriminierung vermuten lassen, so muss er sich auch hieran festhalten lassen und die entsprechenden Konsequenzen (Beweislastumkehr) tragen.
 
III. Fazit
Der Fall mag im ersten Moment bizzar und rechtlich wenig bedeutsam anmuten. Er zeigt jedoch, dass auch ein rumänischer Fußballpatron mit seinem eigenwilligen und kritikwürdigen Verhalten für interessante AGG-rechtliche Probleme sorgen kann. Weitere hält er schon parat: Er hat schon neue Ideen, wie er „seine Familie“ Steaua Bukarest weiter umbauen kann. So gab er im März 2012 bekannt, die Mannschaft werde zukünftig allein mit Rumänen besetzt. Das nächste europarechtliche Problem lauert also bereits.
Der Fall zeigt zudem, dass das anfangs stark kritisierte AGG durchaus in sehr vielen Bereichen Berechtigung hat und Ungleichheiten beseitigen und verhindern hilft. Anhand des Falles kann damit sehr gut nachvollzogen werden, wie sich das AGG auswirkt und welche Prüfungspunkte zu beachten sind.
 
IV. Zusammenfassung: Allgemeines zum AGG
Im Examen sollten zumindest die zentralen Grundsätze des AGG und die entsprechende Prüfungsreihenfolge bekannt sein. Aus diesem Grund eine Übersicht über die wichtigsten Prüfungspunkte:
 

  • Eröffnung sachlicher Anwendungsbereich AGG: § 2 AGG  (P) Ausschluss Kündigung
  • Persönlicher Anwendungsbereich: § 6 AGG für Arbeitsrecht oder § 19 Abs. 1 AGG für Zivilrecht
  • Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals nach § 1 AGG: siehe § 7 AGG: Unterscheide zwischen unmittelbarer Benachteiligung (§ 3 Abs. 1 AGG) und mittelbarer Benachteiligung (§ 3 Abs. 2 AGG);

— Unmittelbare Benachteiligung: Vorliegen Vergleichsgruppe (alle AN); Vorliegen verpöntes Merkmal i.S.d. § 1 AGG (vermeintliches Vorliegen genügt § 7 Abs. 1 HS 2 AGG); Handeln bezogen auf das Merkmal
— Mittelbare Benachteiligung: Vergleichsgruppen (hier insbes. prozentuale Betroffenheit; Statistik kann reichen; Handeln bezogen auf verpöntes Merkmal)
— (P) bei einzelnen Merkmalen: bspw. Ossi als Ethnie (-); politische Einstellung als Weltanschauung (-), Krankheit als Behinderung (Einzelfallbetrachtung)…

  • Rechtfertigung:

— Unmittelbare Benachteiligung: § 8 AGG (wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung (P) costumer preferences; § 9 AGG bei Religion/Weltanschauung; § 10 AGG bei Alter; außerdem § 5 AGG (positive Maßnahmen)
— Mittelbare Benachteiligung: § 3 Abs. 2 letzter HS AGG: sachlicher Grund: rechtmäßiges Ziel, Angemessenheit, Erforderlichkeit

  • Rechtsfolge: Ersatz materieller Schaden (§ 15 Abs. 1 AGG) (bspw. entgangener Lohn, aber nur wenn tatsächliche Einstellung –> bestgeeigneter Bewerber (P) wie lange?); Ersatz Nichtvermögensschaden (Entschädigung) (§ 15 Abs. 2 AGG ) – wegen Verletzung der Ehre durch Diskriminierung; Höchstgrenze nach § 15 Abs. 2 S. 2 AGG; ABER: kein Kontrahierungszwang
  • Prozessuale Geltendmachung: § 22 AGG: Nachweis Diskriminierung nicht notwendig, da oft Beweisnot besteht; bei Nachweis von Indizien kehrt sich Beweislast um; ABER: Kein (ungeschriebener) Auskunftsanspruch, welcher Arbeitnehmer eingestellt wurde
  • Besonderheiten Zivilrecht: Rechtfertigung nach § 20 AGG (sachlicher Grund), Rechtsfolge nach h.M.: Kontrahierungszwang (ergibt sich aus § 21 AGG)

 

 


[1] Für das deutsche Recht bspw.: LAG Köln v. 10.02.2010 – 5 Ta 408/09, NZA-RR 2010, 234.
[2] MüKo/Thüsing, § 22 AGG, Rn. 20.
[3] So bspw.  Philipp Lahm: „Ich glaube nicht, dass die Gesellschaft schon so weit ist, schwule Profi-Fußballer als etwas Selbstverständliches zu akzeptieren, so wie es in anderen Bereichen bereits möglich ist. Der Spieler, der sich jetzt outen würde, der geht jedes Wochenende vor zigtausend Zuschauern seinem Job nach. Ein Guido Westerwelle spielt nicht jedes Wochenende vor 60.000 Zuschauern Fußball“ oder Tim Wiese: „Der würde von den Fans niedergemacht. Fußball ist trotz der vielen Frauen im Stadion ein Machosport.“
[4] Vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/homophobie-in-polen-und-der-ukraine-wo-schwule-fussballfans-gejagt-werden-1.1351346.
[5] MüKo/Thüsing, § 8 AGG, Rn. 10.
[6] Thüsing, Arbeitsrechtl. Diskriminierungsschutz Rn. 231.
[7] Schleusner/Suckow/Voigt/Schleusner, § 3 AGG, Rn. 12 f. (unter dem Begriff der Kausalität)
[8] Vgl. ausführlich: MüKo/Thüsing, § 7 Rnr. 8 ff.
[9] BAG v. 17.12. 2009 – 8 AZR 670/08, NZA 2010, 383.
[10] MüKo/Thüsing, § 8 AGG, Rn. 17 ff.
[11] In der Vorlage wird darauf verzichtet, den Namen der entscheidenden Person zu nennen. Offensichtlich handelt es sich aber um George „Gigi“ Becali, dessen Vita für sich spricht. Kurioserweise weist er noch eine zweite Verbindung zum Europarecht auf, ist er doch seit 2009 für die Kleinpartei PRM Abgeordneter des Europaparlaments und gilt mit nur 25 % der besuchten Plenarsitzungen als der „faulste Abgeordnete des Europaparlaments“.

23.08.2012/5 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-08-23 16:00:322012-08-23 16:00:32Homosexualität und Homophobie im Profifußball – Was nützt das AGG?
Dr. Johannes Traut

VG Koblenz: Kontrolle auch wegen der Hautfarbe rechtmäßig

Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?

Heute wurde eine Pressemitteilung des VG Koblenz veröffentlicht, in der von einer brisanten Entscheidung berichtet wird (Urteil v. 28.2.2012 – 5 K 1026/11.KO). Danach dürfen Beamte der Bundespolizei Reisende jedenfalls auf Bahnstrecken, die Ausländern zur unerlaubten Einreise oder zu Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz dienen, verdachtsunabhängig kontrollieren. Es ist ihnen bei Stichprobenkontrollen nicht verwehrt, die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußeren Erscheinungsbild vorzunehmen.
Dem Urteil lag die „Kontrolle“ einer Person durch Beamte der Bundespolizei im grenznahen Bereich zu Grunde. Es ging den Beamten um die Verhinderung der illegalen Einreise von Ausländern.  Einschlägig ist damit § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG.

§ 23 Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

  1. zur Abwehr einer Gefahr,
  2. zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,
  3. im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,
  4. wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder
  5. zum Schutz privater Rechte.

[..]

Im Grenzgebiet verdachtsunabhängig Kontrollen möglich
Zunächst hat das VG Koblenz eine allgemeine Aussage zur Auslegung des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG getroffen: Reisende dürfen jedenfalls auf Bahnstrecken, die Ausländern zur unerlaubten Einreise oder zu Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz dienen, verdachtsunabhängig kontrolliert werden. Gemeint ist damit, dass keine konkreten Anhaltspunkte erforderlich sind, dass die jeweilige Person tatsächlich illegal eingereist ist.
Dass dies möglich sein muss, folgt aus dem systematischen Vergleich mit den anderen Nummern, wo weitergehende Tatbestandsvoraussetzungen aufgestellt werden. Bei der Nr. 1 etwa bedarf es des Vorliegens zumindest eines Gefahrverdachts, ein „wahloses“ kontrollieren kommt nicht in Betracht. Gleiches gilt etwas für Nr. 4 – dort müssen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort Straftaten begangen werden sollen. Bei der Nr. 3 werden außer dem beschränkten örtlichen Anwendungsbereich (Grenzgebiet) keine weiteren objektiven Voraussetzungen aufgestellt. „Zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet“ stellt lediglich die Zweckrichtung klar.
Auch teleologisch ist das überzeugend, weil der Zweck, die illegale Einreise zu verhindern, nicht erreicht werden könnte, wenn nur bei konkreten Anhaltspunkten kontrolliert werden könnte.
Auswahlkriterien für Kontrolle: Auch die Hautfarbe?
Ausweislich des Wortlautes („kann“) kommt den Beamten bei der Ausübung der Befugenisse aus § 23 BPolG ein Ermessen zu.  Insbesondere bei Abs 1 Nr. 3 beschränkt sich dies im wesentlichen darauf, ob und wer kontrolliert wird. Dazu das VG Koblenz

„Die einschlägigen Vorschriften verpflichteten die Beamten der Bundespolizei, bei einer Kontrolle entsprechende Lageerkenntnisse und einschlägige grenzpolizeiliche Erfahrung zugrunde zu legen. Hierdurch werde willkürliches Vorgehen ausgeschlossen.“

Bei dem Auswahlermessen („wer wird kontrolliert“) liegt die eigentlich interessante Rechtsfrage des Falls.
Vor Gericht bekundete der handelnde Polizeibeamte, er stelle dann die Identität nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG fest, wenn er die

„Vermutung habe, ein Reisender halte sich möglicherweise illegal auf [. Dann] frage er, wohin der Reisende fahre und bitte um Vorlage von Ausweispapieren. Er spreche dabei Leute an, die ihm als Ausländer erschienen. Ein Kriterium sei hierbei auch die Hautfarbe.“

Ist das eine zulässige Ermessenausübung? Im Klartext: Dürfen Personen dunkler Hautfarbe eher kontrolliert werden als solche mit heller Hautfarbe, wenn es darum geht, Personen zu finden, die illegal eingereist sind? Das VG Koblenz bejaht dies im Ergebnis mit dem Argument, Personen mit dunkler Hautfarbe seien eher Ausländer als solche mit heller Hautfarbe. Deshalb sei es effizienter, Personen mit dunkler Hautfarbe eher zu kontrollieren.

„Aus Gründen der Kapazität und Effizienz sei die Bundespolizei auf Stichprobenkontrollen beschränkt. Deswegen dürften deren Beamte die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußeren Erscheinungsbild vornehmen.“

Kommentar: Im Einklang mit Art. 3 GG?
Dagegen, dass auch das äußere Erscheinungsbild eine Rolle bei der Auswahl spielt, ist nichts einzuwenden. Das ist der berühmte „kriminalistische Blick“. Zahlreiche Untersuchungen haben belegt, dass geschulte Ermittlungspersonen recht gut darin sind, an Hand des äußeren Gesamtbildes einer Person solche zu identifizieren, die mit dem Gesetz nicht in Einklang stehen. Die darin liegende Differenzierung lässt sich als sachlich gem. Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen.
Sobald aber nach der Hautfarbe differenziert wird, ist man im Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG, denn die Hautfarbe unterfällt dem Begriff der Rasse oder der Abstammung (BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 Rn. 202; zumindest in konformer Auslegung mit Art. 14 EMRK dort zur Rasse Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Rn. 21).
Zunächst kann man sich fragen, ob eine Benachteiligung überhaupt vorliegt. Das wird man jedoch bejahen müssen, da Personen mit heller Hautfarbe eher weniger belastenden Verwaltungsakten unterworfen sind. Allgemein gilt: In jeder Ungleichbehandlung liegt auch eine Benachteiligung i.S.d. Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG (sonst könnte wie in den USA früher Segregation mit „separate but equal“ Argumentationen begründen, vgl. BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 Rn. 190).
Es wird sich auch um eine Differenzierung „wegen“ der Rasse handeln, weil unmittelbar (auch) an sie die Entscheidung geknüpft wird, die Person zum Adressat einer belastenden Maßnahme zu machen.
Damit muss die Unterscheidung nach der Hautfarbe nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG gerechtfertigt werden. Das stellt eine hohe Hürde dar: Neben kollidierendem Verfassungsrecht kommen hier grundsätzlich auch sonstige, Gewicht und Eigenart des betroffenen Merkmals entsprechende, besonders schwerwiegende Gründe in Betracht; für die Rasse seien jedoch kaum Gründe denkbar (BeckOK-GG/Kischel, Art. 3 Rn. 193f.).
Gerade im vorliegenden Fall ist die Entscheidung jedoch nicht so eindeutig: Letztlich dient die Hautfarbe nur als „proxy Merkmal„, also als Nährungswert für ein dahinterstehendes anderes Merkmal, nämlich die Frage der Aufenthaltsgenehmigung (vgl. MüKoBGB/Thüsing, § 20 Rn. 15). Solche Anknüpfungen lässt man etwa beim Alter zu, wenn die Anknüpfung an das dahinterstehende Merkmal (etwa Erholungsbedürfnis, vgl. dazu jüngst das BAG) nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.
Hinsichtlich des Merkmals Sprache etwa wird man das auch bei Passkontrollen im Grenzbereich gelten lassen müssen; wer Deutsch wie ein Muttersprachler spricht, ist sehr wahrscheinlich auch Deutscher und kann daher aus dem Personenkreis der zu Kontrollierenden ausgeschlossen werden.
Bei der Rasse dagegen ist üblicherweise die Schwelle höher, weil sie ein besonders sensibles Merkmal darstellt. Hier kann man gut auch für die Unzulässigkeit der Differenzierung argumentieren: Insbesondere lässt sich das Argument anführen, dass die allermeisten Menschen dunkler Hautfarbe in Deutschland entweder Deutsche sind oder sich zumindest legal hier aufhalten. Ihnen ist eine „Stigmatisierung“ nur schwer zuzumuten.
Zum Schluß: Es war bemerkenswert ehrlich von dem Polizisten, zuzugeben, dass er nach der Hautfarbe differenziert. Aus Sicht des Verfassers spricht das eher gegen eine fremdenfeindliche Einstellung des Polizisten. In jedem Fall hat er so dafür gesorgt, dass sich die Gerichte mit der Frage auseinandersetzen können – und das ist sicherlich gut, denn üblicherweise werden solche Erwägungen wohl eher nicht nach außen gelangen. Justiziabel sind sie dann nicht. Wer also diskriminieren will, wird eher seinen Mund halten.

27.03.2012/13 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-03-27 16:43:152012-03-27 16:43:15VG Koblenz: Kontrolle auch wegen der Hautfarbe rechtmäßig
Tom Stiebert

Altersgrenze für Piloten

Arbeitsrecht, Europarecht, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsprechung

Der EuGH hatte sich am 13.09.2011 in seinem Urteil C-447/09 mit der Frage der Zulässigkeit einer Zwangsverrentung von Piloten mit Ablauf des 60. Lebensjahres auseinanderzusetzen. Der Beitrag soll einige Hinweise geben, welche Bedeutung dieses Urteil auch für Deutschland selbst hat und wie es in einer Klausur eingebaut und geprüft werden könnte. Insbesondere soll neben der RL 2000/78/EG insbesondere auf die deutsche Umsetzung des Diskriminierungsschutzes im AGG eingegangen werden.
Sachverhalt

Die Lufthansa sah in ihren Tarifverträgen vor, dass mit Ablauf des 60. Lebensjahres die Arbeitsverträge automatisch beendet wurden. Bis zum Erreichen des Rentenalters wird allerdings eine Übergangsversorgung gewährt. Hingegen sehen nationale und internationale Rechtsvorschriften eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst mit Ablauf des 65. Lebensjahres vor. Die Kläger wandten sich nun gegen diese tarifvertragliche Regelung und forderten eine Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters.
Lösung des EuGH

Einem solchen Anspruch stimmte der EuGH grundsätzlich zu. Zu prüfen war eine Vereinbarkeit mit der Gleichbehandlungs-RL 2000/78/EG. Unstrittig liegt hier eine unmittelbare Diskriminierung wg. des Alters gemäß Art. 1 iVm Art. 2 Abs. 2a der RL vor, wird der Pilot doch nur wegen seines Alters schlechter behandelt als andere Piloten. Unerheblich ist dabei auch, dass alle Piloten der Lufthansa nicht länger als bis zum 60. Lebensjahr arbeiten dürfen, denn maßgeblich ist der Vergleich in der konkreten Situation.
Zu klären war aber, ob eine solche Diskriminierung gerechtfertigt werden kann. Dies ist nach Art. 4 Abs. 1 der RL dann gegeben, wenn das Alter eine „entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt“. Der EuGH verneint dies in bemerkenswerter Kürze indem er angibt:

„Indem die Sozialpartner die Altersgrenze […] auf 60 Jahre festgelegt haben, wohingegen die nationale und die internationale Regelung die Ausübung dieser Tätigkeit unter bestimmten Bedingungen bis zum Alter von 65 Jahren gestatten, haben sie diesen Piloten eine im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 unverhältnismäßige Anforderung auferlegt.“

Kurz gefasst ist die Argumentation also folgende: Da es nationale und internationale Gesetze gibt, die die Altersgrenze auf 65 Jahre festlegen, ist eine niedrigere Altersgrenze nicht angemessen. Besser wäre es m.E. gewesen hier zusätzlich Studien anzuführen, die belegen, dass trotz des höheren Alters die Unfallgefahr gleich bleibend ist. Allein der Verweis auf die gesetzlichen Regelungen erscheint etwas dünn.
Sodann schließt sich noch die Prüfung des Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG an – ein spezieller Rechtfertigungsgrund für die Altersdiskriminierung. Auch hier wird ein Ergebnis sehr schnell gefunden, denn die Anforderungen müssen durch ein legitimes Ziel, insbesondere „Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung“ gerechtfertigt sein. Die Aufzählung zeigt schon – auch wenn sie nicht abschließend ist, dass

„ein Ziel wie die Flugsicherheit nicht zu den in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 genannten Zielen gehört.“

Damit ist die Altersgrenze nicht mit der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar.
Aus deutscher Sicht?

Wie könnte die Frage der Altersgrenze nunmehr aber durch deutsches Recht zu lösen sein? Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AGG im Jahr 2006 waren tarifliche Altersgrenzen von 60 Jahren für Piloten durch einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG gerechtfertigt (BAG v. 21.07.2004 – 7 AZR 589/03). Abzuwägen waren insofern Art. 9 Abs. 3 GG und Art. 12 GG, wobei den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative zugebilligt wurde. Hier wurde eine Gefährdung wichtiger Rechtsgüter bejaht und dies mit medizinischen Erfahrungswerten begründet.
An dieser Rechtsprechung kann aber nach Inkrafttreten des AGG nicht mehr festgehalten werden. Die Vorschriften des AGG sind der RL 2000/78/EG nachgebildet. Auch hier ist gemäß §§ 1; 7 Abs. 1 AGG eine Diskriminierung wegen des Alters unzulässig. Das AGG gilt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG auch für kollektivrechtliche Vereinbarungen und damit auch für Tarifverträge. Es könnte aber auch hier eine Rechtfertigung gemäß § 8 AGG oder § 10 AGG möglich sein, die Art. 4 und 6 der Richtlinie nachgebildet sind. Die Umsetzung erfolgte hier nahezu wörtlich. Der EuGH hat klar entschieden, dass eine solche Rechtfertigung allerdings nicht möglich ist. Über diese eindeutigen Auslegungsvorgaben kann sich auch das nationale Recht nicht hinwegsetzen, sondern ist bei Anwendung derjenigen Normen, die die Richtlinie umsetzen sollen, hieran gebunden. Die Rechtfertigung der Altersgrenze scheidet damit auch nach dem AGG aus.
Diese Auslegung ist dann auch bei § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG zu berücksichtigen – „Eine Befristung kann nicht sachlich gerechtfertigt sein, wenn sie den Arbeitnehmer unzulässigerweise diskriminiert BAG – 7 AZR 112/08 (A), Rn. 43.
Damit ist die Altersgrenze auch bei Anwendung des deutschen Rechts unzulässig.
Möglichkeiten zur zulässigen Gestaltung
Ist damit die Lufthansa gezwungen, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Piloten unabhängig von ihrem gesundheitlichen Zustand zu beschäftigen? Das kann natürlich nicht so sein. Vielmehr verbleiben dem Arbeitgeber weitere Gestaltungsmöglichkeiten – nicht die Altersgrenze generell ist unzulässig, sondern nur die konkrete Gestaltung, die pauschal ab dem 61. Lebensjahr Flugunfähigkeit annimmt. Es verbleibt damit ein weiter Spielraum, die Regelung im Tarifvertrag europarechtskonform zu formulieren. Aus der Regelung muss nur hervorgehen, dass sie tatsächlich an die Gesundheit und Flugfähigkeit anknüpft, um damit den Flugverkehr zu schützen. Die Unternehmen und ihre Tarifpartner haben damit weiterhin noch Spielräume, denn der EuGH hat die Sicherheitsbedürfnisse als legitimes Erfordernis weiterhin anerkannt. Der EuGH hat ausdrücklich festgestellt, dass Verkehrspiloten über „besondere körperliche Fähigkeiten verfügen [müssen], da körperliche Schwächen in diesem Beruf erheblichen Konsequenzen haben können“ – er erkennt damit die besonderen (gesundheitlichen) Herausforderungen an den Pilotenberuf. Der EuGH bezieht sich in seiner Entscheidung konkret auf nationale und internationale Bestimmungen, nach denen vorgesehen werden kann, dass ein Pilot jenseits der 60 nur gemeinsam mit einem jüngeren Co-Piloten tätig werden kann. Dies alles zeigt, dass der EuGH die Bedeutung der Flugsicherheit und der körperlichen Verfassung deutlich gesehen hat und berücksichtigen will. Er hat also nur entschieden, dass eine pauschale Altersgrenze ohne Bezug zur körperlichen Verfassung unzulässig ist.
Allgemeines zu Altersgrenzen

Abschließend noch einige Worte zu weiteren Altersgrenzen, die vom EuGH zu entscheiden waren. Wissen sollte man, dass Altersgrenzen anknüpfend an das gesetzliche Rentenalter vom EuGH gebilligt wurden (EuGH Entscheidung Rosenbladt C-45/09), unabhängig von der Frage, wie hoch der Anspruch auf Altersrente tatsächlich ist. Rechtfertigungsgrund war hier Art. 6 Abs. 1 der RL.
Zulässig ist zudem nach Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/78/EG, dass das Höchstalter für die Einstellung von Feuerwehrleuten auf 30 Jahre festgelegt wird (EuGH Entscheidung Wolf C-229/08). Weil die Angehörigen dieser Laufbahn erfahrungsgemäß besonderen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind, hielt der EuGH hier eine solche Altersgrenze für gerechtfertigt.
Ebenso gerechtfertigt war eine Altersgrenze von 68 Jahren für Universitätsprofessoren (EuGH Entscheidung Georgiev C-250/09).
Unzulässig ist hingegen die Altersgrenze für Vertragszahnärzte von 68 Jahren (EuGH Entscheidung Petersen C-341/08). Hier wurde auch nicht die Altersgrenze per se für unzulässig erklärt, sondern nur die Vereinbarkeit mit dem verfolgten Zweck bestritten.
Ebenso unzulässig ist eine Altersgrenze von 60 Jahren für Flugbegleiter. Dies war bereits vor dem aktuellen Urteil zu Piloten klar, besteht hier doch erst Recht keine entsprechende Gefährdungssituation.
Als sachliche Gründe hat der EuGH eine verbesserte Leistungsfähigkeit sowie eine ausgewogene, generationenübergreifende Altersstruktur der Belegschaft anerkannt. Auch hier ist entscheidend letztlich die Verhältnismäßigkeit der Regelung. Zu prüfen ist zudem stets, ob der sachliche Grund im konkreten Fall überhaupt durch die gewählte Maßnahme verfolgt werden kann. Im Ergebnis ist stets eine Einzelfallbetrachtung geboten.
Dem EuGH nicht vorgelegt wurde bisher die Zulässigkeit der Altersgrenze von 70 Jahren für Notare. Hier hat der BGH (BGH NotZ 16/09) durchentschieden und eine Vorlage an den EuGH angelehnt.

14.09.2011/2 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2011-09-14 10:30:302011-09-14 10:30:30Altersgrenze für Piloten
Dr. Stephan Pötters

BVerfG stärkt erneut Rechte von Homosexuellen

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Verfassungsrecht

Dauerbrenner vor dem BVerfG
Das BVerfG hat sich in den letzten Jahren zu einem Garant für die Wahrung der Rechte von Homosexuellen entwickelt. Zahlreiche Entscheidungen haben die eingetragene Lebenspartnerschaft in vielen Punkten der Ehe rechtlich gleichgestellt. In der Vergangenheit haben wir bereits darüber berichtet, das eingetragene Lebenspartnerschaften nicht bei der Zusatzversorgung für Hinterbliebene im öffentlichen Dienst benachteiligt werden dürfen (zu diesem Artikel). Die verwitweten Lebenspartner haben hier ebenso Ansprüche wie ein Ehepartner des Verstorbenen.
Neueste Entscheidung: Gleichstellung bei der Erbschaftssteuer
In einer aktuellen Entscheidung vom 21.07.2010 (1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07) hat das BVerfG nun entschieden, dass die Schlechterstellung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ebenfalls verfassungswidrig ist. Die Benachteiligung eingetragener Lebenspartner im persönlichen Freibetrag und im Steuersatz sowie durch ihre Nichtberücksichtigung im Versorgungsfreibetrag sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe seien keine hinreichenden Unterschiede ersichtlich, die von solchem Gewicht wären, als dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.
Im Rahmen der Rechtfertigung von Benachteiligungen homosexueller Lebenspartner gegenüber der Ehe ist stets an die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG zu denken, der der Ehe und der Familie einen besonderen Schutz garantiert. Insofern hat das BVerfG allerdings bereits in früheren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass es nicht genügt, einfach nur auf den besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie hinzuweisen. Art. 6 Abs. 1 GG verlangt nicht zwingend eine Besserstellung der Ehe gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens, ein sachlicher Grund für eine Diskriminierung lässt sich hier also nur selten entnehmen.
Im Rahmen der Rechtfertigung konnte man weiterhin überlegen, ob ein tauglicher Differenzierungsgrund in einer im Schnitt wohl höheren finanziellen Leistungsfähigkeit hinterbliebener Lebenspartner liegen könnte. Auch dies lehnte das BVerfG ab. Wie bei der Ehe bestünde bei der Lebenspartnerschaft eine sehr enge Bindung, bei der beide von dem Einkommen des jeweils anderen schon zu Lebzeiten profitieren und erwarteten, den gemeinsamen Lebensstandard im Falle des Todes eines Lebenspartners halten zu können. Sofern dem Erhalt der Erbschaft durch den Freibetrag für Ehegatten unterhaltsersetzende Funktion sowie eine Versorgungswirkung zukomme, gelte dies auch für Lebenspartner- diese sind schließlich ebenfalls einander zu Unterhaltszahlungen verpflichtet.
Insgesamt sah das BVerfG also keine Rechtfertigungsmöglichkeiten. Die Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft durch den Gesetzgeber im Erbschaftssteuerrecht ist damit verfassungswidrig.
Folgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
Was aber sind die Konsequenzen eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG? Normalerweise führt die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes ja zur Nichtigkeit. Bei einem gleichheitswidrigen Ausschluss von einer Begünstigung wäre der benachteiligten Gruppe damit allerdings wenig geholfen. Auch kann nicht einfach der bevorzugten Gruppe ihr Vorteil genommen werden. Deshalb trifft das BVerfG häufig selbst Übergangsregelungen oder lässt dem Gesetzgeber einen bestimmten Zeitraum, um eine verfassungskonforme Regelung zu finden. Im vorliegenden Fall entschieden die Karlsruher Richter, dass der Gesetzgeber bis zum Ende des Jahres Zeit habe, um eine rechtmäßige Regelung zu konzipieren. Diese müsse sich dabei auch auf Altfälle erstrecken.

18.08.2010/0 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2010-08-18 08:58:542010-08-18 08:58:54BVerfG stärkt erneut Rechte von Homosexuellen
Dr. Stephan Pötters

Sind Ossis eine eigenständige Ethnie?

Arbeitsrecht, Zivilrecht

Sachverhalt
Sind Ossis eine eigenständige Ethnie? Diese Thema wurde gestern tatsächlich in der ARD in der Sendung FAKT diskutiert. Anlass war folgender kleiner Fall, den nun bald ein Arbeitsgericht entscheiden muss: Eine ostdeutsche Frau war ins schöne Schwabenländle gezogen. Zunächst wurde berichtet, dass sie mittlerweile ganz toll schwäbischen Dialekt sprechen könne und außerdem auch in Sachen Haushaltsführung und Sauberkeit einer ordentlichen schwäbischen Hausfrau in nichts nachstünde. Dies ist aber wohl alles noch nicht rechtsrelevant. Diese tüchtige Frau hatte sich nun vor einiger Zeit bei einem baden-württembergischen Unternehmen beworben. Als man ihr eine Absage erteilte und ihre Bewerbungsunterlagen zurückschickte, konnte die gute Frau anhand eines Vermerks auf ihren Unterlagen unschwer erkennen, warum man sie nicht für tauglich hielt. Auf ihrem Anschreiben stand deutlich geschrieben:
(-) OSSI
Rechtsfragen: Schadensersatz nach dem AGG
Über dieses „Minus, Ossi“ war die Bewerberin nun so erbost, dass sie Schadensersatz verlangt. Dabei stützt sich ihre Forderung auf § 15 AGG als Anspruchsgrundlage. § 15 AGG lautet:
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) …
Das in Abs. 1 erwähnte Benachteiligungsverbot umfasst Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität, s. §§ 1, 7 AGG.
Abs. 2 macht deutlich, dass auch immaterielle Schäden zu ersetzen sind. Das Erfordernis des Vertretenmüssens nach § 15 Abs. 1 S. 2 AGG ist wohl europarechtswidrig. Auch sonst ist so einiges an § 15 AGG europarechtlich bedenklich. Dies ist hier aber letztlich alles nicht entscheidend. Kernfrage des Falles wird vielmehr sein: Sind Ossis eine eigene Ethnie?Andere Diskriminierungstatbestände kommen hier nicht in Betracht.
Ossis als Ethnie?
Diese Frage wurde in der Sendung dann durchaus seriös und fundiert diskutiert. Sogar Prof. Däubler, ein anerkannter Arbeitsrechtler, konnte zu Wort kommen. Er wies darauf hin, dass Ostdeutsche durch gemeinsame, prägende geschichtliche Ereignisse, kulturelle Bräuche und Gepflogenheiten etc. zahlreiche Verbindungen aufweisen, die es durchaus rechtfertigen könnten, von einer Ethnie zu sprechen. Ethnien sind Menschengruppen, die kulturell, sozial, historisch und genetisch eine Einheit bilden und auch sonst als Stämme oder Völker bezeichnet werden (so die Brockhaus-Definition, vgl. Thüsing, Europäisches Arbeitsrecht, 2008, Rn. 53). Wichtig ist, dass diese Menschen sich selbst als Einheit, als Gruppe verstehen – hier also als „Ossis“. Davon wird man meines Erachtens aber wohl gerade nicht ausgehen können. Manche Leute fühlen sich vielleicht als „Sachse“ oder eben im Westen als „Bayer“. Aber selbst dann würde man wohl noch keine Ethnie annehmen. Dafür sind die Bundesländer viel zu sehr durchmischt und die Bräuche innerhalb Deutschlands zu ähnlich. Nicht alle Angehörigen der jeweiligen Gruppe empfinden diese Gruppenzugehörigkeit. Erst auf Ebene „der Deutschen“ wird man daher wohl eine Ethnie bejahen können. Insofern ist aber bei entsprechender Definition natürlich alles vertretbar.
Und sonst?
Als weitere Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch kann man noch an § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 GG) denken. Dieser Anspruch ist neben dem AGG anwendbar, § 15 Abs. 5 AGG. Es dürfte aber wohl an der erforderlichen Erheblichkeit der Pflichtverletzung fehlen, die für einen Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden erforderlich ist.

13.04.2010/5 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2010-04-13 09:34:462010-04-13 09:34:46Sind Ossis eine eigenständige Ethnie?

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