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Schlagwortarchiv für: Versammlungsrecht

Dr. Maike Flink

BVerfG: Keine „rechte“ Versammlung vor links-geprägtem Kulturzentrum

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Versammlungsrecht

Das Bundesverfassungsgericht hat am 11.1.2020 (Az. 1 BvQ 2/20) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einer dem rechten politischen Spektrum zuzuordnenden Gruppierung abgelehnt. Diese hatte unter Berufung auf ihre Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 Abs. 1 GG begehrt, eine Demonstration – entgegen der Entscheidung der zuständigen Behörde – an dem von ihr gewünschten Versammlungsort durchführen zu dürfen. Die Entscheidung des Gerichts ist dabei gleich unter mehreren Gesichtspunkten von hoher Examensrelevanz: Wegen ihrer enormen Aktualität bietet sie sich hervorragend als Anknüpfungspunkt verfassungsrechtlicher Fragen in einer mündlichen Prüfung an, zudem gibt sie Gelegenheit sich noch einmal umfassend mit den Voraussetzungen der – in der Examensvorbereitung häufig zu Unrecht vernachlässigten – einstweiligen Anordnung gem. § 32 BVerfGG und der in Prüfungen beliebten Versammlungsfreiheit auseinanderzusetzen.
 
I. Sachverhalt
Der – dem rechten politischen Spektrum zuzuordnende – Antragsteller wollte im Zeitraum vom 11.1.2020 (15 Uhr) bis zum 12.1.2020 (7 Uhr) eine Versammlung in einer Entfernung von 20 Metern zur „Roten Flora“ in Hamburg durchführen. Die „Rote Flora“ gilt als Zentrum der Autonomen-Szene, der unter anderem Mitglieder linksradikaler Bewegungen angehören. Das Motto der Veranstaltung sollte „Rote Flora – ein Ort undemokratischer Denkweise und Verfassungsfeindlichkeit“ lauten. Die Versammlungsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg erteilte dem Antragsteller die – für sofort vollziehbar erklärte – Auflage, die Veranstaltungen an einem anderen, etwa einen Kilometer von der „Roten Flora“ entfernten Ort stattfinden zu lassen. Dies begründete die Behörde damit, dass andernfalls mit gewalttätigen Ausschreitungen gerechnet werden müsse. Denn der Antragsteller – und damit der Veranstalter der Versammlung – sei eher dem rechten politischen Spektrum zuzuordnen, sodass eine Versammlung vor der „Roten Flora“, die gerade Zentrum des linksextremistischen Spektrums sei, als besondere Provokation verstanden werden könnte. Gestützt auf die in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen sei mit einer Mobilisierung der linksextremen Szene und mit einer von ihr ausgehenden massiven Gewalttätigkeit zu rechnen. Insbesondere sei davon auszugehen, dass mit gefährlichen Gegenständen von den Dächern der „Roten Flora“ und umliegenden Gebäuden geworfen werden könnte. Die Behörde sehe sich – unabhängig von der Zahl der eingesetzten Polizisten – nicht in der Lage, diese Gefahr zu verhindern. Der Antragsteller erhob daraufhin Widerspruch und beantragte – erfolglos – verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz.
 
II. Die Entscheidung des Gerichts
Das Bundesverfassungsgericht trifft eine vorläufige Regelung eines Zustandes im Wege der einstweiligen Anordnung „wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist“ (§ 32 Abs. 1 BVerfGG). Maßgebliches Kriterium sind insofern die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits in der Hauptsache, d.h. einer durch den Antragsteller erhobenen Verfassungsbeschwerde (BVerfG v. 23.6.2004 – 1 BvQ 19/04, NJW 2004, 2814). Daher beschränkt sich die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen des § 32 Abs. 1 BVerfGG regelmäßig darauf, ob eine solche Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre (BVerfG v. 23.6.2004 – 1 BvQ 19/04, NJW 2004, 2814). Ist der Ausgang einer möglichen Verfassungsbeschwerde jedoch vollkommen offen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, die Verfassungsbeschwerde jedoch später keinen Erfolg hätte.
 
1. Die Anforderungen des Art. 8 GG
Dem Antragsteller entstehen indes für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, nur dann Nachteile, wenn eine spätere Verfassungsbeschwerde überhaupt denkbar wäre, er sich also auf eine möglicherweise verletzte Grundrechtsposition stützen kann. In Betracht kommt insofern eine mögliche Verletzung der aus Art. 8 Abs. 1 GG folgenden Versammlungsfreiheit. Gemäß Art. 8 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, wobei dieses Recht gem. Art. 8 Abs. 2 GG für Versammlungen unter freiem Himmel durch oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden kann.
In diesem Zusammenhang steht es dem Veranstalter auch frei, die Modalitäten der Versammlung frei zu wählen, d.h. sowohl die Versammlungszeit als auch den Versammlungsort selbst zu bestimmen.

„Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung stattfinden soll. Als Abwehrrecht, das auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugute kommt, gewährleistet das Grundrecht den Grundrechtsträgern so nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung (vgl. BVerfGE 69, 315 <343>). Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen – gegebenenfalls auch in Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen – am wirksamsten zur Geltung bringen können.“ (BVerfG v. 22.2.2011– 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201, 1204 Rn. 64)

Jedoch ist kein Zutrittsrecht zu nicht allgemein oder nur zu bestimmten Zwecken zugänglichen Orten vom Gewährleistungsinhalt des Art. 8 Abs. 1 GG erfasst. Denn Art. 8 Abs. 1 GG verbürgt die Durchführung von Versammlungen an Orten, die einem allgemeinen öffentlichen Verkehr geöffnet sind und Orte öffentlicher Kommunikation bilden. Klassischerweise fällt hierunter insbesondere der öffentliche Straßenraum. Für die Frage, ob ein anderer Ort als der öffentliche Straßenraum ein öffentlicher Kommunikationsraum ist, ist das Leitbild des öffentlichen Forums maßgeblich. Dieses ist dadurch charakterisiert, dass dort, im Gegensatz zu Orten, die nur eine bestimmte Funktion haben, eine Vielzahl von verschiedenen Tätigkeiten und Anliegen verfolgt werden kann und hierdurch ein vielseitiges und offenes Kommunikationsgeflecht entsteht. Ein solchermaßen für die Allgemeinheit geöffneter Ort kann nicht gegen politische Auseinandersetzung in Form einer Versammlung abgeschirmt werden. Denn die kollektive Meinungskundgabe und die Möglichkeit, in öffentlichen Foren Aufmerksamkeit zu erregen, sind konstitutive Elemente der Demokratie.
Im vorliegenden Fall sollte die Versammlung auf der Straße in unmittelbarer Nähe zur „Roten Flora“ durchgeführt werden. Die Wahl dieses Veranstaltungsortes – nämlich der öffentliche Straßenraum – ist ohne Zweifel von der Versammlungsfreiheit des Art. 8 Abs. 1 GG umfasst. Eine spätere, darauf gestützte Verfassungsbeschwerde ist mithin denkbar. Dem Antragsteller können somit bei Ablehnung der einstweiligen Anordnung Nachteile entstehen.
 
2. Die Folgenabwägung des Gerichts im Einzelnen
Daher kommt es entscheidend darauf an, welche Folgen eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, und welche Nachteilen demgegenüber entstünden, wenn die bergehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, die Verfassungsbeschwerde jedoch später keinen Erfolg hätte. Seitens des Antragstellers ist – wie dargestellt – eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG denkbar. So formuliert auch das BVerfG:

„Wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, sich nach Durchführung eines Hauptsacheverfahrens jedoch herausstellte, dass die versammlungsbeschränkende Auflage mit der Verfassung nicht vereinbar ist, so wäre der Antragsteller in seinem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG verletzt, das grundsätzlich auch die Bestimmung des Versammlungsorts umfasst. Der von dem Antragsteller ins Auge gefasste Versammlungsort in unmittelbarer Nähe der „Roten Flora“ ist für die geplante Versammlung und ihr gerade auf die „Rote Flora“ bezogenes kommunikatives Anliegen von erheblicher Bedeutung. Der Antragsteller hätte aber die Möglichkeit gehabt, die Versammlung – wenngleich an einem etwa einen Kilometer entfernten anderen Ort – unter dem vorgesehenen Motto und in der vorgesehenen Form überhaupt durchzuführen.“

Insofern muss in die Waagschale geworfen werden, dass der Antragsteller zwar in seinem Recht zur freien Wahl des Versammlungsortes verletzt ist, ihm aber – wenngleich unter der Auflage einer abweichenden Ortswahl – die Durchführung der Versammlung dennoch möglich gewesen wäre. Demgegenüber steht eine drohende Beeinträchtigung höchstwertiger Rechtsgüter wie Leib und Leben auch unbeteiligter Dritter, wie beispielsweise von Passanten, die das Gebiet um die „Rote Flora“ lediglich zufälligerweise betreten. So führt auch das Gericht aus:

„Erginge demgegenüber eine einstweilige Anordnung und würde sich später herausstellen, dass die Versammlung am ursprünglich vorgesehenen Ort […] wegen der von der Versammlungsbehörde befürchteten, nicht anders abwendbaren gewalttätigen Ausschreitungen nach § 15 Abs. 1 VersG hätte untersagt werden dürfen, so wäre es zu einer Gefährdung und gegebenenfalls auch Schädigung auch höchstwertiger Rechtsgüter einer ganz erheblichen Zahl von Personen gekommen, obwohl der Auslöser hierfür – die Versammlung an dem ursprünglich vorgesehenen […] Ort – wegen Vorliegens der Voraussetzungen eines polizeilichen Notstands rechtmäßigerweise hätte verhindert werden können.“

Angesichts der erheblichen Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben auch Unbeteiligter muss das Interesse des Veranstalters an der freien Wahl des Versammlungsortes zurücktreten. Die ihm entstehenden Nachteile wiegen nicht so schwer, dass dies die zu befürchtenden Folgen auch für gänzlich unbeteiligte Dritte aufwiegen könnte.
 
III. Ausblick
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt nicht nur Anlass, sich mit den Voraussetzungen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gem. § 32 BVerfGG auseinander zu setzen, sondern greift zugleich bekannte Probleme der Versammlungsfreiheit auf. Insbesondere eine saubere Herausarbeitung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit sollte jedem Examenskandidaten gelingen. Dabei gilt es nicht nur, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Leitbild des öffentlichen Forums zu verinnerlichen. Jedenfalls in der mündlichen Prüfung erscheint auch eine Anknüpfung an die Problematik gewaltbereiter Gegendemonstrationen denkbar: Was wäre, wenn der Veranstalter seine Versammlung hätte durchführen dürfen, diese auch friedlich verlaufen wäre, die Polizei sie aber dennoch wegen der gewalttätigen Gegendemonstration linksextremistischer Gruppierungen aufgelöst hätte? Zudem bietet die Entscheidung die Möglichkeit, verwaltungsrechtliche Problemstellungen mit den Prüflingen zu erörtern, denn sie weist einerseits mit Blick auf die vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen einen Bezug zum vorläufigen Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren und insbesondere den Voraussetzungen des § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf. Andererseits ist auch der Sprung in das Versammlungsrecht nicht weit.

17.02.2020/1 Kommentar/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2020-02-17 10:00:462020-02-17 10:00:46BVerfG: Keine „rechte“ Versammlung vor links-geprägtem Kulturzentrum
Dr. Yannik Beden, M.A.

Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG: Definitionen und Streitstände

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Das Recht auf Versammlung ist in seiner grundrechtlichen Dimension regelmäßig Prüfungsgegenstand, oftmals werden auch in verwaltungs- bzw. polizeirechtlichen Klausurkonstellationen Kenntnisse zum Versammlungsrecht vorausgesetzt. Einige Problemstellungen zur Versammlungsfreiheit gehören dabei zu „Klausurklassikern“, bei denen von jedem Prüfling Grundkenntnisse bis hin zu vertieften Kenntnissen erwartet werden. Neben den notwendigen Definitionen müssen auch eine Reihe von Meinungsstreitständen zu Problemstellungen, die überdurchschnittlich häufig abgefragt werden, bekannt sein. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick zu den klausur- bzw. examensrelevantesten Definitionen und zeigt zudem – nicht abschließend – die wichtigsten Streitstände mit kurzen Erläuterungen zu den jeweils vertretenen Ansichten in Rechtsprechung und Literatur auf.
I. Definitionen
1. Versammlung
(1) Enger Versammlungsbegriff (BVerfG): Nach dem engen Versammlungsbegriff, den das BVerfG vertritt, ist eine Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (BVerfG v. 12.7.2001 – 1 BvQ 28/01 und BvQ 30/01, NJW 2001, 2459 (2460)).  
(2) Erweiterter Versammlungsbegriff: Nach dem erweiterten Versammlungsbegriff bedeutet Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Meinungsbildung und Meinungsäußerung (so noch BVerwG v. 21.4.1989 – 7 C 50/88, NJW 1989, 2411 (2412)).
→ Im Gegensatz zum engen Versammlungsbegriff muss die kollektive Meinungsbildung nicht auf öffentliche Angelegenheiten gerichtet sein.
(3) Weiter Versammlungsbegriff: Nach dem weiten Versammlungsbegriff versteht man unter einer Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen, zwischen denen durch einen gemeinsamen Zwecke eine innere Verbindung besteht
→ Der weite Versammlungsbegriff verzichtet auf das Merkmal der kollektiven Meinungsäußerung und Meinungsbildung und lässt jede Art von Verbundenheit der Teilnehmer ausreichen.
2. Friedlich
Friedlich ist eine Versammlung, die keinen gewalttätigen bzw. aufrührerischen Verlauf annimmt oder von vornherein auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet ist. Entscheidend sind im Zweifel das Verhalten der Versammlungsleitung und/oder die Mehrzahl der Versammlungsteilnehmer.
3. Ohne Waffen
Die Versammlung findet ohne Waffen statt, wenn keine Waffen im Sinne von § 1 Abs. 2 WaffG mitgeführt werden und auch keine gefährlichen Werkzeuge, die zum Zwecke des Einsatzes mitgeführt werden, vorhanden sind.
4. Unter freiem Himmel
Die Begrifflichkeit aus dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt nach Art. 8 Abs. 2 GG ist nicht wortwörtlich zu verstehen. Vielmehr muss nach Sinn und Zweck zwischen Versammlungen unter freiem Himmel und solchen in geschlossenen Räumlichkeiten differenziert werden: Die Versammlung „unter freiem Himmel“ birgt vergleichsweise eher die Gefahr einer unmittelbaren Konfrontation mit Unbeteiligten, sie hat ein größeres Konfliktpotential mit Blick auf Rechte Dritter. Die Versammlung in geschlossenen Räumen ruft hingegen üblicherweise weniger regelungsbedürftige Konflikte hervor. Entscheidend ist deshalb für die Versammlung unter freiem Himmel, dass eine erhöhte Gefährlichkeit dadurch besteht, dass ein unkontrollierter Zugang grundsätzlich für jedermann möglich ist. Davon ist auszugehen, wenn keine Eingangs- bzw. Zugangskontrollen existieren.
II. Problemstellungen / Streitstände
Im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit werden einige Problemfälle wiederkehrend abgefragt. Oftmals geht es dabei nur um verfassungsrechtliche Spezifika, teilweise werden auch versammlungsrechtsspezifische Fragestellungen aufgeworfen. Die nachstehenden Klausurkonstellationen sind – ohne dass man sich in der Vorbereitung hierauf beschränken sollte – diejenigen, die jedem Prüfling für eine erfolgreiche Fallbearbeitung bekannt sein sollten.
1. Unmittelbare Grundrechtsbindung Privater
Ein echter Klausurklassiker dürfte mittlerweile die Fraport Entscheidung des BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 sein. Zwei der zentralen Rechtsfragen des Urteils sind die Grundrechtsbindung öffentlich beherrschter (privater) Unternehmen sowie das Verständnis des Forums, das für die Versammlung genutzt wird.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt (aus dem Urteil entnommen) zugrunde:

Der Flughafen Frankfurt a. M. wird von der Fraport-AG, der Bekl. des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Bekl.), betrieben, in deren Eigentum auch das Flughafengelände steht. Zum Zeitpunkt des den Anlass für den Zivilrechtsstreit bildenden „Flughafenverbots“ gegenüber der Bf. im Jahr 2003 besaßen das Land Hessen‚ die Stadt Frankfurt a. M. und die Bundesrepublik Deutschland zusammen circa 70% der Aktien, während sich der Rest in privater Hand befand. Seit dem Verkauf der Bundesanteile halten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt a. M., Letztere über eine 100%-ige Tochter, zusammen nunmehr rund 52% der Aktien. Die übrigen Anteile befinden sich in privatem Streubesitz. Bei Verhängung des Meinungskundgabe- und Demonstrationsverbots befanden sich auf dem Flughafen Frankfurt a. M. sowohl auf der „Luftseite“, dem nur mit Bordkarte zugänglichen Bereich hinter den Sicherheitskontrollen, als auch auf der „Landseite“, dem ohne Bordkarte zugänglichen Bereich vor den Sicherheitskontrollen, eine Vielzahl von Läden und Serviceeinrichtungen sowie eine Reihe von Restaurants, Bars und Cafés.
Die Benutzung des Flughafengeländes durch Flugpassagiere und andere Kunden regelte die Bekl. durch die vom Land Hessen genehmigte Flughafenbenutzungsordnung in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung vom 1. 1. 1998. Diese enthielt in Teil II (Benutzungsvorschriften) unter anderem folgende Bestimmung:
4.2. Sammlungen, Werbungen, Verteilen von Druckschriften. Sammlungen, Werbungen sowie das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften bedürfen der Einwilligung des Flughafenunternehmers.
In der derzeit geltenden Fassung vom 1. 12. 2008 erklärt die Flughafenbenutzungsordnung Versammlungen in den Gebäuden des Flughafens ausdrücklich für unzulässig.
Die Bf. betrat gemeinsam mit fünf weiteren Aktivisten der „Initiative gegen Abschiebungen“ am 11. 3. 2003 den Terminal 1 des Flughafens, sprach an einem Abfertigungsschalter Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa an und verteilte Flugblätter zu einer bevorstehenden Abschiebung. Mitarbeiter der Bekl. und Einsatzkräfte des Bundesgrenzschutzes beendeten die Aktion. Mit Schreiben vom 12. 3. 2003 erteilte die Bekl. der Bf. ein „Flughafenverbot“ und wies sie darauf hin, gegen sie werde Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt, sobald sie „erneut hier unberechtigt angetroffen“ werde. Mit einem erläuternden Schreiben vom 7. 11. 2003 wies die Bekl. die Bf. unter Verweis auf ihre Flughafenbenutzungsordnung darauf hin, sie dulde „mit uns nicht abgestimmte Demonstrationen im Terminal aus Gründen des reibungslosen Betriebsablaufs und der Sicherheit grundsätzlich nicht“. 

Fraglich war zunächst, ob die Fraport AG als privates Unternehmen überhaupt unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist. Ausgangspunkt ist dabei Art. 1 Abs. 3 GG, wonach die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden. Zwischen Bürgern wirken die Grundrechte grundsätzlich nicht unmittelbar, sondern nur im Wege der sog. mittelbaren Drittwirkung, die im Zivilrecht wiederum durch „Einfallstore“ wie Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe stattfindet.
Was gilt aber, wenn ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen sowohl im Eigentum Privater, als auch der öffentlichen Hand steht? Das BVerfG stellt in der Fraport Entscheidung fest: „Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen unterliegt dann der unmittelbaren Grundrechtsbindung, wenn es von den öffentlichen Anteilseignern beherrscht wird. Dies ist in der Regel der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Anteile im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Insoweit kann grundsätzlich an entsprechende zivilrechtliche Wertungen angeknüpft werden“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1203)). Auf die konkreten Einwirkungsbefugnisse soll es hingegen nicht ankommen. Die Gegenansicht lehnt eine unmittelbare Grundrechtsbindung des Unternehmens insgesamt ab, vielmehr soll die Grundrechtsbindung und Grundrechtsverpflichtung nur den einzelnen öffentlich-rechtlichen Anteilseigner treffen. Im Übrigen kann danach allenfalls eine mittelbare Drittwirkung von Grundrechten in Betracht kommen. Anknüpfungspunkt für diese Ansicht ist der Wortlaut aus Art. 1 Abs. 3 GG. In tatsächlicher Hinsicht obläge es dann dem öffentlich-rechtlichen Anteilseigner, auf das privatrechtlich organisierte Unternehmen einzuwirken und dadurch seinen grundrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vermieden werden soll dadurch in erster Linie eine übermäßige Belastung der privaten Anteilseigner. Dieses Argument wird seitens der Rechtsprechung entkräftet, indem auf die Freiwilligkeit einer Beteiligung am Unternehmen abgestellt wird. Den privatrechtlichen Akteuren stehe es danach frei, sich am Unternehmen zu beteiligen oder nicht, was auch dann gelte, wenn die Eigentumsverhältnisse erst nachträglich durch Eintritt der öffentlichen Hand verändert werden. In der Klausur sind beide Ansichten vertretbar, allerdings wird man mit Blick auf den Aufbau des Gutachtens im Zweifel besser fahren, wenn man der Ansicht des BVerfG folgt.
Zuletzt muss auch mit Blick auf das Forum, in dem eine Versammlung zulässig ist, nach den Vorgaben des BVerfG unterschieden werden: Art. 8 GG berechtigt nicht dazu, Versammlungen überall und uneingeschränkt abzuhalten. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass nur der öffentliche Straßenraum genutzt werden darf. Das Gericht weitet das Grundrecht in seiner örtlichen Dimension aus: „Entsprechendes gilt aber auch für Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraums, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen. Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Flächen sich in eigenen Anlagen befinden oder in Verbindung mit Infrastruktureinrichtungen stehen, überdacht oder im Freien angesiedelt sind.“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1204)).
2. Spontanversammlungen
Versammlungen sind nicht immer von langer Hand geplant, sie können auch spontan, etwa aufgrund eines aktuellen, möglicherweise unerwarteten Geschehens entstehen. Die Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 GG schützt auch solche Versammlungen. § 14 Abs. 1 VersG sieht nun vor, dass öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel spätestens 48 Stunden vor Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstands der Versammlung anzumelden sind.
Das Spannungsverhältnis zwischen Spontanversammlungen und der Anmeldepflicht aus § 14 Abs. 1 VersG muss im Wege der verfassungskonformen Auslegung gelöst werden: Die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung von Spontanversammlungen bzw. Spontandemonstrationen entfällt, sofern sich diese aus aktuellem Anlass augenblicklich ergeben. Die versammlungsrechtlichen Bestimmungen sind auf Spontanversammlungen nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht anwendbar, „soweit der mit der Spontanveranstaltung verfolgte Zweck bei Einhaltung dieser Vorschriften nicht erreicht werden könnte. Ihre Anerkennung trotz Nichtbeachtung solcher Vorschriften lässt sich damit rechtfertigen, dass Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich die Freiheit garantiert, sich “ohne Anmeldung oder Erlaubnis” zu versammeln, dass diese Freiheit zwar nach Absatz 2 für Versammlungen unter freiem Himmel auf gesetzlicher Grundlage beschränkbar ist, dass solche Beschränkungen aber die Gewährleistung des Absatz 1 nicht gänzlich für bestimmte Typen von Veranstaltungen außer Geltung setzen dürfen, dass vielmehr diese Gewährleistung unter den genannten Voraussetzungen von der Anmeldepflicht befreit.“ (BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395 (2397)). 
3. Hervorrufen gewaltbereiter Gegendemonstration
Verursacht eine Versammlung eine Gegendemonstration, kollidieren regelmäßig verfassungsrechtlich geschützte Güter. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters hinsichtlich des Ortes der Versammlung ist im Ausgangspunkt zwar von Art. 8 GG geschützt, allerdings kann es durch Rechte Dritter beschränkt sein. Die gegenläufigen Interessen müssen dabei austariert werden. Trifft eine Veranstaltung auf eine Gegendemonstration und sind damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung  – etwa aufgrund Konfrontationsgefahren – verbunden, so ist der zuerst angemeldeten Versammlung grundsätzlich Priorität einzuräumen (VGH München v. 16.9.2015 – 10 CS 15.2057). Etwas anderes gilt jedoch, wenn wichtige Gründe wie etwa die besondere Bedeutung des Ortes und des Zeitpunktes für die Verfolgung des jeweiligen Versammlungszwecks für eine andere Vorgehensweise sprechen. Maßgebend ist der Prioritätsgrundsatz jedenfalls, wenn die später angemeldete Versammlung allein oder überwiegend den Zwecke verfolgt, die zuerst angemeldete Versammlung an einem bestimmten Ort zu verhindern (BVerfG Beschl. v. 6.5.2005 – 1 BvR 961/05, NVwZ 2005, 1055 (1055)).
4. Auflösen der Versammlung bei einzelnen unfriedlichen Teilnehmern
Probleme bereiten Versammlungen oftmals, wenn sie zwar in ihrer Gesamtheit keinen aufrührerischen bis hin zu einem gewalttätigen Verlauf nehmen, allerdings einzelne Teilnehmer der Veranstaltung unfriedliches Verhalten aufweisen. Das Spannungsverhältnis ergibt sich daraus, dass diejenigen Teilnehmer der Versammlung, die sich friedlich verhalten, nicht in ihren verfassungsrechtlichen geschützten Positionen durch unfriedliches Verhalten anderer Teilnehmer beeinträchtigt bzw. beschränkt werden sollen. Das BVerfG geht davon aus, dass die Versammlungsfreiheit auch dann geschützt werden muss, wenn mit Ausschreitungen durch einzelne Teilnehmer oder eine Minderheit zu rechnen ist. Das gilt jedenfalls, soweit nicht zu befürchten ist, dass die Veranstaltung im Ganzen einen unfriedlichen Verlauf annehmen wird. Ein präventives Verbot der gesamten Versammlung ist nur unter Zugrundelegung eines strengen Maßstabs an die Gefahrenprognose möglich. Erforderlich ist deshalb eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ des Schadenseintritts (vgl. Drosdzol, JuS 1983, 414 (415)). Zudem müssen alle sonstigen in Betracht kommenden Mittel zuvor ausgeschöpft worden sein (vgl. insgesamt hierzu BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395).   
5. Versammlungen mit musikalischen/künstlerischen Elementen
Sind politisch motivierte Veranstaltungen, die auch musikalische Darbietungen und kommerzielle Elemente enthalten, unter den Schutz der Versammlungsfreiheit zu fassen? Mit dieser Fragestellung befasste sich u.a. das VG Hannover, Beschl. v. 8.11.2013 – 10 B 7448/13. Bei einer dem linken Spektrum zuzuordnenden mit dem Leitthema „Für ein menschenwürdiges Leben – Gegen Sozialabbau und Behördenwillkür“ fanden neben Reden und Diskussion zu politischen Inhalten auch öffentliche Konzerte sowie der Verkauf von CDs und Merchandise Produkten statt. Legt man den engen Versammlungsbegriff des BVerfG an, ist fraglich, ob in einer solchen Konstellation noch von einer gemeinschaftlichen Erörterung und Kundgebung mit dem – ausschließlichen – Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gesprochen werden kann. Nach der Rechtsprechung bedarf es einer Schwerpunktbetrachtung: Der Schutz von Art. 8 GG entfällt jedenfalls dann, wenn die musikalischen und kommerziellen Bestandteile der Veranstaltung den eigentlichen Zweck – Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung – „an den Rand drängen“. Andererseits ist es nicht unüblich und für die Durchsetzung der kollektiven Meinungsbildung sogar oftmals förderlich, wenn Inhalte der Versammlung durch musikalische Begleitung unterstützt bzw. verstärkt werden. Dies gilt umso mehr, wenn die musikalische Darbietung einen Kontext zur politischen Diskussion aufweist.
 
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18.03.2019/0 Kommentare/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Dr. Matthias Denzer

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06.02.2019/0 Kommentare/von Dr. Matthias Denzer
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Gastautor

Versammlungsverbot an einem Tag des Gedenkens

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Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Marius Marquardt veröffentlichen zu können. Der Autor ist Jurastudent (5. Semester) im Schwerpunktbereich Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Konstanz.
 
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich ausgehend von einem Sachverhalt mit dem Versammlungsrecht und der Problematik des Verbots einer Versammlung an besonders geschützten Tagen. Neben der Behandlung dieses Problems aus dem besonderen Verwaltungsrecht wird ebenfalls auf den einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Ab. 5 VwGO eingegangen.
Zur Aktualität der Problematik sei auf die Entscheidung des Thüringer OVG (3 EO 842/16) hingewiesen.
 
Sachverhalt

V meldet für seine Vereinigung „ Patriotische Deutsche für das christliche Abendland und gegen dessen Islamisierung“ eine Versammlung von 500 Personen am 09.11. an, bei der diese gegen die Bildungspolitik der Landesregierung Baden-Württemberg protestieren wollen.
Die Vereinigung hat bereits an anderen historisch sensiblen Daten solche Veranstaltungen angemeldet und letztlich doch gemäß ihrer rechtsextremen Gesinnung gegen Geflüchtete oder „die Stigmatisierung der Herrschaft unseres Führers“ demonstriert und die Teilnehmer* haben dies lautstark, insbesondere durch Sprechchöre, kundgetan (dies ist als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zu unterstellen).
Die zuständige Behörde ordnete die Verlegung der Versammlung auf den 10.11. an, sowie die sofortige Vollziehbarkeit (diese ist als formell rechtmäßig zu unterstellen). Zur Begründung führte sie aus, dass an diesem Tag einige bereits genehmigte Veranstaltungen zum Gedenken an die im Rahmen des Naziregimes Ermordeten statt finde. Diesen Marsch würde die Versammlung insbesondere deshalb stören, weil Megafone dieses Gedenken unmöglich machen würden. Außerdem sei wegen anderer, in diesem Jahr bereits erfolgter Versammlung, die ebenfalls geltend machten ein unproblematisches Thema behandeln zu wollen letztlich doch in menschenverachtender Weise gegen bestimmte Gruppen demonstriert worden sei. Aufgrund dessen, dass die Vereinigung die Taten des Unrechtsregimes nicht verurteile, sondern sogar preise, sei das ethische und soziale Empfinden der Gesellschaft verletzt.
Der Verlegungsbescheid erging am 05.11., V fragt, ob die Anrufung eines Gerichts erfolgreich wäre.
Es ist davon auszugehen, dass dem 9.11. wegen der „Reichsprogromnacht“ ein eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt.

 
Gutachten
 
V könnte sich erfolgreich gegen den Verlegungsbescheid wehren, wenn ein Rechtsmittel zulässig und begründet wäre.
 
I. Zulässigkeit
1. Verwaltungsrechtsweg
Mangels aufdrängender oder abdrängender Sonderzuweisung, bleibt nur die Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Nach der modifizierten Subjektstheorie liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, wenn die voraussichtlich streitentscheidende Norm öffentlich-rechtlich ist und dies ist dann der Fall, wenn zumindest auf einer Seite ein Träger hoheitlicher Gewalt als solcher berechtigt oder verpflichtet wird. Diese Norm ist hier § 15 VersG. Dadurch dass diese die Behörde berechtigt, zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einzugreifen, ist diese öffentlich-rechtlicher Art. Da sich vorliegend keine Verfassungsorgane um Verfassungsrecht streiten, ist der Streit doppelt verfassungsunmittelbar.
Der Verwaltungsrechtsweg ist daher eröffnet.
 
2. Statthaftes Rechtsschutzmittel
Angesichts dessen, dass die Versammlung innerhalb von 4 Tagen stattfinden soll, bleibt dem V nur der einstweilige Rechtsschutz. Fraglich ist, ob § 123 VwGO oder § 80 Abs. 5 VwGO anzuwenden ist. Dies hängt davon ab, welche Klage im Hauptsacheverfahren statthaft wäre.
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren. Dadurch dass Versammlungen keiner Erlaubnis bedürfen, will sich V nur gegen die Verlegung der Versammlung richten. Dieser Bescheid könnte ein VA sein. Dadurch dass eine Behörde bezogen auf die konkrete Veranstaltung (Einzelfall) eine Regelung (Verlegungsanordnung) als hoheitliche Maßnahme traf, liegt ein solcher vor.
In der Hauptsache wäre die Anfechtungsklage statthaft, hier ist § 80 Abs. 5 VwGO einschlägig. 
 
3. Antragsbefugnis
Fraglich ist, ob V den Antrag für die Vereinigung stellen kann. Hierfür müsste er durch Art. 8 GG geschützt sein. Die Vereinigung ist eine inländische juristische Person. Gemäß Art. 19 Abs. 3 finden die Grundrechte hier entsprechend Anwendung, soweit sie ihrem Wesen nach anwendbar sind. Dadurch dass Art. 8 GG gerade die gemeinsame Versammlung schützt, ist dieses Grundrecht auf diese Vereinigung anwendbar, da sonst die dahinterstehenden natürlichen Personen ihr Grundrecht nicht effektiv ausüben könnten.
Als Adressat eines belastenden VA ist die Vereinigung antragsbefugt, da zumindest eine Verletzung der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG möglich erscheint.
 
4. Rechtsschutzbedürfnis
Streitig ist, ob ein Vorverfahren nach § 80 Abs. 4 erforderlich ist. Dadurch dass § 80 Abs. 6 dies nur für einen bestimmten Fall anordnet (Anforderung von Kosten und Abgaben), ist davon auszugehen, dass dies nicht der Fall ist.
Problematisch ist außerdem, dass V keinen Widerspruch eingelegt hat. Ob dies erforderlich ist, ist umstritten. Angesichts dessen, dass die Erforderlichkeit zu einer Verkürzung der Widerspruchsfrist führen würde (statt einem Monat hätte V hier nur wenige Tage Zeit), ist dies abzulehnen. V muss keinen Widerspruch einlegen. Das gleiche gilt für die Erhebung der Anfechtungsklage, auch diese ist daher entbehrlich. Nach der anderen Ansicht wäre die Klage nicht unzulässig, Widerspruch und/oder Anfechtungsklage müssten nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben werden.
 
5. Antragsgegner, Beteiligten- und Prozessfähigkeit
Richtiger Antragsgegner ist der Rechtsträger der Behörde (§ 78 VwGO analog). Die Beteiligten- und Prozessfähigkeit ergibt sich für die Vereinigung aus §§ 61 Nr. 1, 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
 
II. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn die Vollzugsanordnung formell rechtswidrig ist, oder das Aussetzungsinteresse des Einzelnen das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiegt. Letzteres ist der Fall, wenn sich in einer summarischen Prüfung [Anm.: Dies bedeutet keinesfalls eine nur oberflächliche juristische Prüfung sondern nur ein Absehen vom Grundsatz des Vollbeweises. Im ersten jur. Examen ist dies daher von geringer Bedeutung.] ergibt, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist (am Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen) oder dass kein besonderes Vollzugsinteresse besteht.
 
1. Formelle Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung
Die Anordnung ist formell rechtmäßig, wenn die Behörde in der Begründung die wesentlichen Gründe für die Ermessensentscheidung im Einzelfall von der Regelwirkung der aufschiebenden Wirkung der Rechtsmittel abzuweichen angegeben hat, wobei nicht nur die Ausführungen des Hauptverwaltungsakts wiederholt werden dürfen. Da die Argumentation dennoch eine ähnliche sein kann, sind grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen.
Hiervon ist laut Sachverhalt auszugehen.
 
2. Rechtmäßigkeit des Bescheids
a) Ermächtigungsgrundlage
Beim Eingriff in ein Grundrecht ist eine Ermächtigungsgrundlage erforderlich (Vorbehalt des Gesetzes, Wesentlichkeitstheorie).
Alle Deutschen haben gemäß Art. 8 Abs. 1 GG das Recht, sich ohne Anmeldung zu versammeln. Einschränkungen sind nach Art. 8 Abs. 2 GG nur durch oder auf Grund eines Gesetzes und nur für Versammlungen unter freiem Himmel zulässig. Eine Versammlung läge bei der Zusammenkunft von mindestens zwei Personen (str.) vor, die damit den Zweck verfolgen, an der öffentlichen Meinungsbildung teilzunehmen (str.). Entgegen dem Wortlaut ist „unter freiem Himmel“ keine Begrenzung nach oben, sondern eine zu Seite. Es kommt darauf an, ob die Veranstaltung von allen Menschen erreicht werden kann (öffentlich ist) oder ob sie nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist. Hier möchte V in der Stadt demonstrieren und somit liegt eine Versammlung unter freiem Himmel i.S.d. Art 8 Abs. 2 GG vor, da sowohl bei Zugrundelegung der Absichten die die Stadt unterstellt wie auch derer, die V vorträgt die Meinungsbildung beeinflusst werden soll.
Mangels Versammlungsgesetz des Landes bleibt nur das Bundesrecht. Hier kommt als Ermächtigungsgrundlage für Verbote oder Auflagen nur § 15 VersG in Betracht. Einschlägig könnte § 15 Abs. 2 Nr. 1, 2 VersG sein. Dieser spricht von Gedenkstätten, also Orten. Angesichts des Vorbehalts des Gesetzes scheidet eine Ausdehnung auf Gedenktage aus. Somit durfte die Behörde nur gemäß § 15 Abs. 1 VersG ein Verbot oder eine Auflage erteilen, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist.
 
b) Formelle Rechtmäßigkeit
Mangels Sachverhaltsangaben ist davon auszugehen, dass die zuständige Behörde gemäß den Verfahrensvorschriften (insbesondere: Anhörung des V) den VA gemäß den Formvorschriften erlassen hat, er formell rechtmäßig ist.
 
c) Materielle Rechtmäßigkeit
Eine Versammlung i.S.d. § 15 Abs. 1 VersG liegt vor. Des Weiteren müsste eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehen. Unter der öffentlichen Sicherheit versteht man die gesamte objektive Rechtsordnung, alle subjektiven Rechte sowie die Einrichtungen des Staates. Anhaltspunkt für eine Verletzung dieser Rechtsgüter liegen nicht vor.
Jedoch kommt eine Verletzung der öffentlichen Ordnung in Betracht. Dies ist die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, die nach den herrschenden sozialen und ethischen Anschauung unerlässliche Voraussetzung für ein geregeltes Zusammenleben in einer Gesellschaft sind und mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sind. Soweit einem bestimmten Tag ein eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt, so darf bei einer Versammlung dieser Sinngehalt nicht in einer Weise angegriffen werden, die gleichzeitig die soziale und ethische Anschauung in erheblicher Weise verletzt (vgl.: BVerfG 6 C 1/13). Dieses Gedenken würde empfindlich gestört werden, wenn diese Veranstaltung von Reden via Megafon begleitet würde. Durch die Veranstaltung droht ein „Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes“ (BVerfG 1 BvQ 22/01) sodass Bürger eingeschüchtert werden können. Auch ein provozierendes Verhalten der Teilnehmer erscheint zumindest möglich. Die öffentliche Sicherheit ist daher betroffen.
Fraglich ist, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vorliegt. Darunter versteht man einen Sachverhalt, der bei ungehinderter Fortentwicklung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an der öffentlichen Ordnung führt. Je höher der Wert des geschützten Rechtsguts, desto eher liegt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit vor. Bei der Beschränkung der Versammlungsfreiheit muss beachtet werden, dass die Gefahr nicht von der geäußerten Meinung selbst abhängen darf, sondern von der Art und Weise der Durchführung (BVerfGE 1 BvQ 9/01). Zur Art der Durchführung gehört auch die Wahl des Datums. Hiervon kann eine provozierende Wirkung ausgehen, denn es wird gezeigt, dass die Vereinigung „Patriotische[r] Deutsche[r] für das christliche Abendland und gegen dessen Islamisierung“ als rechtsextreme Vereinigung auch an solchen Daten demonstrieren kann. Des Weiteren ist das Verhalten der Vereinigung, die für ihre Veranstaltungen regelmäßig historisch sensible Daten wählt, rechtsmissbräuchlich. Der Vortrag, es sei eine bloß zufällige Häufung stellt sich als Schutzbehauptung dar, die auf Grund der tatsächlichen Durchführung bereits erfolgter Veranstaltungen nicht zu überzeugen vermag. Zwar wird ein allgemeinpolitischer Grund vorgeschoben, dieser ist jedoch wenig glaubhaft, sodass hier davon ausgegangen werden kann, dass die Versammlung eine eindeutig gegen das Gedenken gerichtete Stoßrichtung hat. Etwas anderes könnte sich nur ergeben, wenn die Gründe nicht vorgeschoben wären/ es hierfür nicht ausreichend Anhaltspunkte gäbe, denn dann wäre zu befürchten, dass eine von der, von den Teilnehmern vertretenen Meinung abhängige Entscheidung vorläge, was mit den grundsätzlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes (z.B. Meinungsfreiheit, Gleichbehandlungsgrundsatz) unvereinbar wäre. Dadurch dass die Vereinigung dies früher bereits getan hat und dabei die Art und Weise der Durchführung gegen die öffentliche Ordnung verstieß, ist die Gefahr auch keine bloße Unterstellung, sondern stützt sich auf Tatsachen. Das Argument, dass so jede Veranstaltung rechtsextremer Vereinigungen an historisch sensiblen Daten verhindert werden könne und insbesondere in der Rechtsprechung Anklang findet (vgl.: VG Trier 1 K 180/12.TR), ist nicht tragfähig: Wenn bei jeder Veranstaltung dieser Vereinigung an einem solchen Termin eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vorliegt, kann sich aus dem ständigen rechtswidrigen Verhalten keine Besserstellung dieser Vereinigung ergeben. [Anm.: a.A. hier gut vertretbar; sofern man eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ablehnt, sollte hilfsgutachtlich weiter geprüft werden.]
Fraglich ist des Weiteren, ob eine Auflage oder ein Verbot vorliegt, denn es ist umstritten, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ein Verbot oder nur Auflagen rechtfertigen kann. Im Brockdorf-Entschluss hatte das BVerfG entschieden, dass Verbote von Versammlungen nur zum Schutz wesentlicher Rechtsgüter in Betracht kommen. Eine bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung genüge regelmäßig nicht. Später ergänzte es diese Ansicht um den Aspekt, dass ein Verbot bei der Gefahr für die öffentliche Ordnung nur in Betracht kommt, wenn nicht auf die Meinung selbst (dann wären die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG zu beachten) sondern auf Art und Weise der Durchführung abgestellt wird. Insbesondere bei Veranstaltungen an Tagen, die dem Gedenken an den Holocaust oder allgemein dem Unrecht im Nationalsozialismus dienen sollen, sei auch bei einer Gefahr für die öffentliche Ordnung ein Verbot denkbar, die Einzelfallmaßnahme muss aber dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Daher kann eine Gefahr für die öffentliche Ordnung auch eine Verbot rechtfertigen und eine Abgrenzung der Verlegungsverfügung ist hier entbehrlich. 
Fraglich ist, ob die Maßnahme im Rahmen des Ermessens der Behörde lag. In Betracht kommt hier ein Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeit. Ein legitimer Zweck liegt in der Verhinderung der Gefahr für die öffentliche Ordnung. Die Verlegung ist geeignet dies zu erreichen, da an anderen Tagen, die nicht dem Gedenken dienen Meinungsäußerungen durch Megafone nicht geeignet sind die ethischen und sozialen Anschauungen zu stören. Die Maßnahme müsste aber auch erforderlich sein. In Betracht kommt etwa die Auflage, keine Megafone zu benutzen. Dies schränkt jedoch die Meinungsäußerung stark ein, da die Sprechenden dann von den Teilnehmern nicht mehr gehört werden können. Ob diese Maßnahme daher milder ist, kann stark bezweifelt werden. Außerdem sind Sprechchöre der Teilnehmer ebenso wahrscheinlich und kaum zu verhindern, stören das Gedenken aber ebenso. Eine mildere Maßnahme als die Verlegung gab es daher nicht. Im Rahmen der Angemessenheit ist insbesondere zu beachten, dass sich die Verfügung eher als Auflage darstellt. Die Wahl eines in naher Zukunft liegenden Datums betrifft weniger das Ob der Veranstaltung, sondern vielmehr das Wie [Anm.: wenngleich diese Abgrenzung oben nicht relevant war, so ist eine Auflage natürlich eher gerechtfertigt, als ein Verbot]. Die Veranstaltung wird nicht vollständig verboten, es wird lediglich eine Regelung in Hinblick auf die Zeit der Versammlung vorgenommen. Dadurch dass die erlaubte Versammlung der nicht gestatteten stark ähnelt und ohne weiteres wiedererkannt werden kann, wird nicht der Kern der Versammlung verändert. Auch indem die Veranstaltung direkt auf den nächstmöglichen Termin verlegt wird, an dem keine Störung der öffentlichen Ordnung vorliegt, ist die Maßnahme  angemessen.
 
c) Besonderes Vollzugsinteresse
Dadurch dass wegen der rechtshemmenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage  eine tatsächliche Verlegung nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erreicht werden kann, liegt das besondere Vollzugsinteresse vor.
Der VA ist formell und materiell rechtmäßig.
 
III. Ergebnis
Der zulässige Antrag ist unbegründet, er hat keine Aussicht auf Erfolg.
 
Literatur:
Detterbeck, Steffen: Allgemeines Verwaltungsrecht
Kopp, Ferdinand; Schenke, Wolf-Rüdiger: VwGO Kommentar (insbes. § 80)
Pieroth, Bodo; Schlink, Bernhard; Kniesel, Michael: Polizei und Ordnungsrecht (insbes. §§ 20ff.)
*Zur besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet, es ist stets auch die weibliche gemeint.

02.01.2017/17 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2017-01-02 11:00:012017-01-02 11:00:01Versammlungsverbot an einem Tag des Gedenkens
Gastautor

Jur:Next Urteil: DÜGIDA vs. Oberbürgermeister

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Wir freuen uns, auch heute wieder einen Beitrag aus der gemeinsamen Kooperation mit jur:next veröffentlichen zu können. Nachfolgend wird ein Beschluss des OVG NRW besprochen, der wegen der hohen Relevanz des Eilrechtsschutzes in der Ersten Staatsprüfung Anlass bietet, sich anhand einer politisch aktuellen Situation in das Thema einzudenken.
Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12. Januar 2015 ·
Az. 15 B 45/15

Leitsatz: „Zulässigkeit und Grenzen von staatlichen Aufrufen an die Bevölkerung zu Kundgebungen oder ähnlichen politischen Aktionen sind jedoch bislang in der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt. Zwar wird die Antragstellerin durch den Aufruf des Antragsgegners jedenfalls in ihren Grundrechten aus Art. 5 und 8 GG berührt. Sie kann aber ihre Versammlung gleichwohl wie geplant durchführen.“

I. Zum Sachverhalt
Der PEGIDA-Ableger DÜGIDA hatte für den 12.01.15 eine Demonstration mit dem allseits bekannten Thema der Islamisierung des Abendlandes geplant. Der Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf wollte dies nicht ohne weiteres hinnehmen. Angelehnt an die Maßnahme des Erzbistums Köln den Dom zu verdunkeln, sollten auch hier sämtliche städtische Einrichtungen als Zeichen der Ablehnung das Licht ausschalten. Auf der Internetseite der Stadt Düsseldorf wurden die Bürger gar zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Darüber hinaus wurden auf der öffentlichen Plattform auch die regional ansässigen Betriebe dazu aufgefordert gegen DÜGIDA das Licht  auszuknipsen. Ein Antrag einer Demonstrantin D auf einstweilige Untersagung des Handelns des OB von Düsseldorf hatte vor dem ansässigen VG Erfolg.[1] Das Stadtoberhaupt legte jedoch Beschwerde gegen die Untersagung beim OVG in Münster ein, welcher am 12.01.15 stattgegeben wurde.
II. Problemaufriss
Zunächst ein kurzer Überblick zur Zulässigkeit des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes:
Gem. § 123 V VwGO ist die einstweilige Anordnung nach § 123 I VwGO subsidiär zu § 80 V VwGO. Dieser Fall tritt ein, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft wäre, also sich das Begehren des Klägers auf die Abwehr eines nicht erledigten Verwaltungsakts richtet. Mangels Regelungsgehalts der Aufforderungen des OB im Internet an die Unternehmen ist eine Verwaltungsaktqualität zu verneinen. Bei der Anweisung das Licht in den Verwaltungsgebäuden auszuschalten handelt es sich ferner um eine innerbehördliche Maßnahme, der folglich eine Aussenwirkung fehlt. Vorliegend wäre somit nur eine Leistungsklage in Form des öffentlichrechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruchs statthaft in der Hauptsache. Die einstweilige Anordnung ist nach § 123 Abs. 1 VwGO zur Sicherung einer vorhandenen Rechtsposition (S. 1) als auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes (S. 2) möglich. Die Anordnung nach Satz 1 ergeht bspw. bei sicherungsfähigen Unterlassungsansprüchen (Sicherungsanordnung). Eine solche nach Satz 2 hingegen zur Erweiterung des Rechtskreises bspw. durch Verpflichtungsverhältnisse (Regelungsanordnung). Das OVG bejaht vorliegend ohne weitere Prüfung eine Regelungsanordnung. Dafür spricht, dass man das Verlangen der D auf ein Lichtanlassen als ein „Mehr“ im Vergleich zur bereits genehmigten und gesicherten Versammlung sehen könnte. Dagegen spricht jedoch klar die dargestellte Unterlassungskonstellation. Die D möchte ihre bereits gesicherte Rechtsposition aus Art. 8 I GG vor einer Gefährdung durch das Handeln des OB schützen. Damit liegt der Fall einer Sicherungsanordnung vor, wobei letztlich jedoch mit guten Argumenten beiden Alternativen gefolgt werden kann. D ist auch gemäß § 42 II VwGO analog antragsbefugt, da sie auch im etwaigen Hauptsacheverfahren möglicherweise in ihrem Rechten aus Art. 8 I, 5 I 1 GG gefährdet wäre. Richtiger Antragsgegner nach § 78 I Nr. 1 VwGO analog ist die Stadt D als Rechtsträger des als in seiner Funktion als Behörde handelnden OB. Das Rechtsschutzbedürfnis im einstweiligen Rechtsschutz kann fehlen, wenn es einfachere Wege zur Erreichung des Begehrens des Antragstellers, bspw. durch einen Antrag bei der Behörde gibt oder auch das Hauptsacheverfahren insgesamt offensichtlich unzulässig wäre. Diesbezügliche Annahmen gibt es nicht, sodass der Antrag der D auf Erlass einer Sicherungsanordnung auch insgesamt zulässig ist.
In der Begründetheit müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund gegeben sein. Ein  Anordnungsanspruch besteht wenn die Klage in der Hauptsache nicht offensichtlich unbegründet ist. Demnach ist hier die Unterlassungsklage der D summarisch zu prüfen. Sowohl Art. 8 I GG als auch dessen einfach gesetzliche Konkretisierung in § 1 VersG garantieren das subjektive öffentliche Recht der Freiheit einer Versammlung. Bei der PEGIDA- Demo handelt es sich um ein Zusammentreffen zur politischen Meinungskundgabe und somit bereits nach der engsten Definition um eine Versammlung. Es stellt sich die Frage, ob in diese Rechtsposition hoheitlich eingegriffen worden sein könnte. Der Düsseldorfer OB veröffentlichte die Aufforderungen auf der städtischen Internetplattform und gab innerbehördliche Anweisungen aus, sodass er in seiner hoheitlichen Funktion als gemeindliche Behörde (§ 62 II 2, 63 I GONW) handelte. Gesichert wird durch Art. 8 I GG das umfassende Recht Ort, Zeit und Umfang einer Versammlung frei zu gestalten. Auch in Dunkelheit öffentlicher und gewerblicher Gebäude kann die D ihre Versammlung wie geplant durchführen, da Straßen- und Wegebeleuchtung ihren Marsch sichern. Sinn und Zweck der Versammlungsfreiheit ist jedoch neben der organisatorischen Durchführung eine bestimmte meinungsbildende Wirkung nach außen tragen zu können. Einer vorher öffentlich „ausgeknipsten“ Veranstaltung ist dies nicht in gleicher Weise möglich, wie unter den Alltagsvoraussetzungen, die gerade die Besonderheit einer solchen Kundgebung hervorheben. Ihr wird in diesem Sinne die ausübende Wirkung erschwert. Auch wird sie von staatlicher Seite nicht in gleicher Weise wie eine gewöhnliche Demonstration behandelt. Diese vorliegende Beeinträchtigung der Rechtsposition aus Art. 8 I GG war auch gerade in funktionaler Weise das Ziel des Handelns des OB. Ein darüber hinaus gehender Eingriff in die Meinungsfreiheit aus Art. 5 I GG, kann, wenn man wiederum auf die Wirkungsweise und die Darstellung der Demonstration als beeinträchtige Äußerung abstellt, gleichfalls bejaht werden.
Fraglich ist demnach, ob der Eingriff rechtswidrig war, also insbesondere von der D zu dulden sein könnte. Anmeldepflichtige und nicht verbotene Versammlungen können grds. nur unter den tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 14 ff. VersG beschränkt werden. Eine mögliche Duldungspflicht gegnüber dem Handeln des OB findet sich hier und somit insgesamt nicht. Die öffentlichen Aufrufe könnten jedoch als im politischen Meinungskampf gerechtfertigt sein. Dies wäre nicht der Fall, wenn das Amt des Bürgermeisters, das der OB wie dargestellt ausgenutzt hat, dem staatlichen Neutralitätsgebot unterworfen ist. Das BVerfG hatte erst kürzlich entschieden, dass auch im öffentlichen Meinungskampf zwischen politischen Vertretern und parteilich organisierten Bürgern das staatliche Neutralitätsgebot aus Art. 20 I, II und Art. 21 I GG zu beachten ist. [2] Ob diese Grundsätze auf einen kommunalen Vertreter gegenüber einer politischen Organisation anwendbar sind, wurde, wie auch das OVG feststellt, bisher nicht entschieden.[3] Klar ist, dass Grundsätze der verfassungsmäßigen Ordnung über Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für die Länder und Kommunen gelten. Zwar zielt der Grundsatz auf die besondere Stellung der Parteien und deren Freiheit in Wahlkampfzeiten ab, dies darf jedoch nicht ausschließen, dass die demokratische Willensbildung, die auch gerade durch politische Organisationen erst entstehen kann, gleichfalls geschützt sein muss. Ferner sind Gründe warum dieses verfassungsrechtlich normierte Gebot, das so an Funktion und Ausübung eines Mandats eine Neutralitätspflicht knüpft, nicht auch für einen Gemeindevorsteher gegenüber einer politischen Organisation gelten soll nicht ersichtlich. In beiden Fällen geht es um die Ausnutzung der hoheitlichen Amtsstellung zur Beeinflussung politischer Willensbildung. In beiden Fällen führt dies so zu einem öffentlichkeitswirksamen Vorteil gegenüber den politischen Gegnern. Ausnahmen gelten nur dann, wenn es um offensichtlich verfassungsfeindliche Bestrebungen geht, die innerhalb der Demokratie zu bekämpfen ausdrücklich erlaubt ist (Art. 20 IV GG).[4] All diese Ausführen finden sich wenn überhaupt nur unvollständig in der Entscheidung des OVG wieder. Demnach liegt ein rechtswidriger Eingriff in Art.8 I, 5 I GG vor, ein Erfolg in der Hauptsache wäre zu erwarten und ein Anordnungsanspruch besteht.
Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn eine Eilentscheidung nötig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern (Interessenabwägung). Zunächst ist richtig, dass es sich aufgrund der Kürze der Zeit vorliegend um eine endgültige Entscheidung handelt, das die Hauptsache letztlich vorwegnimmt.[5] Dies liegt jedoch offensichtlich in der Natur der Sache einer Eilentscheidung, die mit einem zeitlich stark befristeten Unterlassungsbegehren verbunden ist. Nach ständiger Rechtsprechung muss das Abwarten für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge haben. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens war offensichtlich mit nicht mehr zu beseitigenden Nachteilen verbunden, da die Versammlung unmittelbar bevorstand. Zudem wurde der nicht unerhebliche Einfluss auf Art und Umfang der Kundgebung bereits dargestellt. Die schon erwähnten gegenteiligen Argumente können aber auch hier zu einer Ablehnung eines Anordnungsgrunds kommen. Sicher ist jedoch, dass die Feststellung durch das OVG: „Sie [die D] (Anm. d. Verf.) kann aber ihre Versammlung gleichwohl wie geplant durchführen“[6], welche zugleich mit dem Ausbleiben einer Würdigung der Hauptsache einherging, offensichtlich unzureichend ist. Das Gericht verwies dafür zwar auf die Kürze der Zeit, wollte aber Mehr oder Minder sagen: „ Ist doch nicht so schlimm, stellen Sie sich nicht so an!“
Nach dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist dessen Glaubhaftmachung gemäß den §§ 920, 294 ZPO erforderlich. Die Rechtsfolgen einer einstweiligen Anordnungen stehen grds. im Ermessen des Gerichts (§ 123 III iVm § 938 I ZPO). Bezüglich des Ob der Anordnung ist nach ganz herrschender Auffassung bei Bejahung der vorhergehenden Merkmale kein Raum. Jedenfalls muss aber der Inhalt der Entscheidung vom Gericht bestimmt werden. Hier dürfen grds. keine Vorwegnahme und auch kein Überschreiten des Begehrens der Hauptsache erfolgen. Vorliegend handelte es sich wie dargestellt jedoch gerade um einen solchen Ausnahmefall, sodass ein Abwarten in der Hauptsache unzumutbar war. Schließlich konnte damit hier die Anordnung getroffen werden, dass der OB sowohl seine öffentliche Aufforderung als auch seine innerbehördliche Anweisung zur „Lichtblockade“ gegen DÜGIDA zu unterlassen bzw. zurückzunehmen hat.
III. Bedeutung für die Ausbildung
Der verwaltungsgerichtliche Eilrechtsschutz ist ein Dauerbrenner im Examen, da hier die einzelnen Ö- Rechtsgebiete übergreifend beherrscht werden müssen. Sind jedoch die dargestellten Grundzüge der §§80 V, 123 I klar, kann mit guter Argumentation und Überblick gepunktet werden. Das Urteil des OVG selbst ist aus den genannten Gründen zwar nicht lesenswert, jedoch besitzt die Fallkonstellation höchste Aktualität und somit auch Relevanz für die Erste Staatsprüfung.
 
[1] VG Düsselsdorf: Beschl. v. 9.01.2015, Az. 1 L 54/15.
[2] BverfG, Urteil vom 16.12.2014, Az. 2 BvE 2/14.
[3] Rn. 8.
[4] So bspw. bei einem Aufruf eines Bürgermeisters zu einer Gegendemonstration gegen einen verfassungsfeindlichen Verein: Beschluss des OVG vom 12.06.2005 · Az. 15 B 1099/05.
[5 ] Rn. 6.
[6] So das OVG in diesem Urteil lapidar in Rn. 9.

22.03.2015/5 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-03-22 09:11:252015-03-22 09:11:25Jur:Next Urteil: DÜGIDA vs. Oberbürgermeister
Redaktion

Examenskandidaten aufgepasst: BVerfG zum Versammlungsrecht

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Examensrelevante Entscheidung im Öffentlichen Recht:

Eine Besprechung von BVerfG, Beschl. vom 26.06.2014, 1 BvR 2135/2009 = NVwZ 2014, 1453f.
 
I. Einleitung
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt Anlass, sich mit dem immer wiederkehrenden Thema des Versammlungsrechts zu befassen. Neben den grundrechtlichen Bezügen, sollte man dabei die einfachgesetzliche Ausprägung des Versammlungsrechts nicht aus den Augen verlieren. Zumeist setzt jedoch auch eine Klausur, die schwerpunktmäßig ordnungsrechtlich (= einfachgesetzlich) zu lösen ist, eine Prüfung von Art. 8 GG voraus. Tendenziell reicht der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit sehr weit. Die Anforderungen an die Einschränkungen des Versammlungsrechts liegen ebenfalls hoch. Beides hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss erneut betont.
II. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin nahm am 1. Mai 2008 an einer Versammlung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in München mit dem Thema „01. Mai. Tag der Arbeit“ teil. Angemeldet waren eine stationäre Auftaktkundgebung, ein Versammlungszug und eine stationäre Abschlusskundgebung. Für die Versammlung hatte das Kreisverwaltungsreferat München als zuständige Versammlungsbehörde mit Bescheid vom 28. April 2008 unter dem Unterpunkt „Kundgebungsmittel / Versammlungshilfsmittel“ unter anderem die Auflage erlassen, dass Lautsprecher und Megaphone nur für Ansprachen und Darbietungen, die im Zusammenhang mit dem Versammlungsthema stehen, sowie für Ordnungsdurchsagen verwendet werden dürfen. Während des Versammlungszuges benutzte die Beschwerdeführerin an zwei Orten einen Lautsprecher, welcher auf einem Handwagen mitgeführt wurde, für folgende Durchsagen: „Bullen raus aus der Versammlung!“ und „Zivile Bullen raus aus der Versammlung – und zwar sofort!“. Zu einer „Störung“ oder „Unruhe“ kam es innerhalb der Versammlung nicht. Der Ausspruch konnte von den Versammlungsteilnehmern allerdings gut wahrgenommen werden.
Gegen die Beschwerdeführerin wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Das Amtsgericht verurteilte die Beschwerdeführerin mit angegriffenem Urteil wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (Nichtbeachtung beschränkender Auflagen) gemäß § 29 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 15 Abs. 1 VersG zu einer Geldbuße von 250 Euro.
III. Leitsätze/Inhalt der Entscheidung

  1. Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit (Art 8 Abs 1 GG) umfasst grundsätzlich auch die Verwendung von Lautsprechern als Hilfsmittel. Wer an einer von Art 8 GG geschützten Versammlung teilnimmt, ist grundsätzlich auch dazu berechtigt, während der Versammlung dafür einzutreten, dass nur die das Anliegen der Versammlung unterstützenden Personen an ihr teilnehmen und Polizisten sich außerhalb des Aufzugs bewegen.
  2. Die Bußgeldvorschriften des § 29 Abs 2, Abs 1 Nr 3 VersammlG sind stets im Licht der grundlegenden Bedeutung von Art 8 Abs 1 GG auszulegen; Maßnahmen nach dieser Vorschrift müssen sich auf das beschränken, was zum Schutze gleichwertiger anderer Rechtsgüter notwendig ist.

Dazu bezieht das Gericht zunächst zu der Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG unmissverständlich Stellung:
Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit ist eröffnet. Die Beschwerdeführerin war unstreitig Teilnehmerin einer auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Kundgebung und damit einer Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG. Vom Schutzbereich der Versammlungsfreiheit grundsätzlich umfasst war damit auch die Verwendung von Lautsprechern oder Megaphonen als Hilfsmittel. Die als bußgeldbewehrt erachteten Lautsprecherdurchsagen standen auch inhaltlich in hinreichendem Zusammenhang mit der durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützten Durchführung der Versammlung. Mögen sie auch keinen spezifischen Bezug zum Versammlungsthema aufgewiesen haben und nicht auf die Einhaltung der Ordnung gerichtet gewesen sein, so gaben sie jedenfalls das versammlungsbezogene Anliegen kund, dass sich in dem auf den Willensbildungsprozess gerichteten Aufzug selbst nur solche Personen befinden sollen, die am Willensbildungsprozess auch teilnehmen, nicht aber auch am Meinungsbildungsprozess unbeteiligte Polizisten, die als solche nicht erkennbar sind. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die körperliche Sichtbarmachung von gemeinsamen Überzeugungen. Wer an einer solchen Versammlung teilnimmt, ist grundsätzlich auch dazu berechtigt, während der Versammlung dafür einzutreten, dass nur die das Anliegen der Versammlung unterstützenden Personen an ihr teilnehmen und Polizisten sich außerhalb des Aufzugs bewegen. Insoweit ist die entsprechende Lautsprecheraussage nicht – wie das Amtsgericht annimmt – dem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit entzogen.
Danach setzt sich das Gericht mit den konkreten Äußerungen auseinander. Es wägt die konkrete Maßnahme mit den konkreten Konsequenzen ab.
Indem die amtsgerichtliche Entscheidung die Verurteilung der Beschwerdeführerin zu einer Geldbuße in der Sache allein darauf stützte, dass sie die Lautsprecheranlage zu einem anderen Zweck als zu einer im engen Sinne themenbezogenen Durchsage oder Ordnungsmaßnahme nutzte, verkennt sie den Schutzgehalt des Art. 8 Abs. 1 GG, der – wie dargelegt – jedenfalls grundsätzlich auch Äußerungen zu anderen versammlungsbezogenen Fragen erlaubt. Insoweit konnte sich das Gericht auch nicht uneingeschränkt auf die entsprechende Auflage berufen. Vielmehr durfte es die Auflage nur dann als verfassungsgemäß ansehen, wenn es sie einer Auslegung für zugänglich hielt, nach der andere als strikt themenbezogene Äußerungen mit Versammlungsbezug von ihr nicht ausgeschlossen sind. An einer solchen Berücksichtigung des Schutzgehaltes der Versammlungsfreiheit fehlt es indes. Vielmehr belegt die angegriffene Entscheidung die in Frage stehenden versammlungsbezogenen Äußerungen unabhängig von jeder Störung mit einer Geldbuße. Für eine Störung durch den Gebrauch der Lautsprecheranlage im konkreten Fall ist weder etwas dargetan noch ist sie sonst ersichtlich. Die Lautsprecherdurchsagen der Beschwerdeführerin waren erkennbar nicht geeignet, mehr als allenfalls unerhebliche Unruhe innerhalb der Versammlung zu stiften. Der bloße Aufruf „Zivile Bullen raus aus der Versammlung – und zwar sofort!“ mag bei lebensnaher Betrachtung kurzfristige Irritationen von Versammlungsteilnehmern hervorrufen, war aber ersichtlich nicht zur Störung des ordnungsgemäßen Verlaufs der Versammlung geeignet. Insbesondere wurden Zivilpolizisten nicht konkret und in denunzierender Weise benannt und so etwa in die Gefahr gewalttätiger Übergriffe aus der Versammlung gebracht. Auch eine mögliche Beeinträchtigung der Gesundheit von Dritten durch übermäßigen Lärm erscheint durch die bloß kurzzeitige zweimalige Benutzung des Lautsprechers ausgeschlossen. Insgesamt ist damit nicht erkennbar, dass Gefährdungen vorlagen, die die Verurteilung der Beschwerdeführerin zu einem Bußgeld rechtfertigten
IV. Anmerkung
Die Entscheidung des BVerfG bezieht zu wichtigen Elementen des Versammlungsrechts Stellung. Neben den Lautsprechern als spezifisches Hilfsmittel stärkt die Entscheidung die Verwendung anderer, „versammlungstechnischer“ Hilfsmittel. Die Effektivität einer Versammlung darf insbesondere bei wachsender Teilnehmerzahl und Größe nicht durch die Einschränkung von technischen Hilfsmitteln unterlaufen werden. Insofern ist die Entscheidung klar und begrüßenswert:
Technische Hilfsmittel sind als Versammlungshilfsmittel unerlässlich. Interessant wird es vor allem dann werden, wenn sich zukünftige Versammlungsleiter moderner Kommunikationsmittel (wie z. B. einer Versammlungs-APP) bedienen, die den Schutzbereich weiterer Grundrechte berühren könnte, wenn sie beschränkt werden. Nach den dargelegten Grundsätzen sollten auch weitere Hilfsmittel großzügig zu gewähren sein.
In dem zweiten Teil der Entscheidung steigt das Bundesverfassungsgericht weit in die einfach gesetzliche Auslegung des Versammlungsrechts ein. Zwar stellt es anfangs klar (hier nicht abgedruckt), dass es nur verfassungsspezifische Verletzungen prüft, dennoch werden konkrete Umstände der Versammlung detailliert abgewogen. Dabei sticht hervor, dass unruhestiftende Äußerungen auch konkrete Unruhe oder Störungen hervorrufen müssen.
Für die Ausbildung und Klausurvorbereitung sind diese Grundsätze zu berücksichtigen. Eingerahmt von verfassungsprozessrechtlichen und anderen grundrechtlichen Problemen, kann die Entscheidung ohne weiteres Gegenstand einer Prüfung werden. Dabei könnten auch neue Elemente oder Hilfsmittel hinzugefügt oder mit anderen Entscheidungen zum Versammlungsrecht kombiniert werden.
In dem Kontext der Versammlungsfreiheit ist eine weitere, konsequent fortschreitende Rechtsprechungslinie des Bundesverfassungsgerichts zu beachten. Das Gericht bezieht besondere „private“ und „öffentliche“ Plätze in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 GG ein. Virulent ist das Thema vor allem durch die sog. „Fraport-Entscheidung“ (BVerfG NJW 2011, 1201) geworden, in der das Gericht Teile des Frankfurter Flughafens – vor dem Hintergrund der Grundrechtsbindung „gemischtwirtschaftlicher Unternehmen“ – für Versammlungen öffnete. Dies wird nun durch die jüngste Rechtsprechung des Gerichts für Friedhöfe und ähnliche Plätze erweitert. Die Voraussetzungen nach BVerfG NJW 2014, 2706 sind zwar engmaschig, jedoch wird der Schutzbereich grundsätzlich berührt, wenn auf Friedhöfen oder ähnlich geschützten Bereichen demonstriert wird.

20.02.2015/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2015-02-20 09:00:062015-02-20 09:00:06Examenskandidaten aufgepasst: BVerfG zum Versammlungsrecht
Dr. Stephan Pötters

Notiz: Versammlungsverbot für HoGeSa-Veranstaltung „Europa gegen den Terror des Islamismus“ rechtswidrig

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Beschluss des VG Hannover im einstweiligen Rechtschutzverfahren
Das VG Hannover hat mit Beschluss vom 13.11.2014 (10 B 12882/14) dem Antrag des Anmelders der für den 15.11.2014 in Hannover angekündigten Versammlung „Europa gegen den Terror des Islamismus“ im einstweiligen Rechtschutzverfahren teilweise stattgegeben. Die Anmelder der Versammlung sind Mitglieder der Gruppe „Hooligans gegen Salafismus“ (HoGeSa), die auch maßgeblich an den Ausschreitungen in Köln beteiligt war.
Sachverhalt
Die Polizeidirektion Hannover untersagte den Aufzug sowie jede Form der Ersatzveranstaltung mit Verfügung vom 10.11.2014 und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit dieses Verbots an: Die angezeigte Veranstaltung genieße schon nicht den Schutz der Versammlungsfreiheit, weil keine friedliche Versammlung beabsichtigt sei. Die Versammlung diene als Vorwand dafür, dass ein dominierender Teilnehmerkreis die gewalttätige Auseinandersetzung suchen werde. Wegen des zu erwartenden unfriedlichen Verlaufs bestehe eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Anmelder der Versammlung und der Versammlungsleiter seien der Gruppierung „Hooligans gegen Salafismus“ zuzurechnen. Es deuteten Tatsachen darauf hin, dass es zu schweren Ausschreitungen und dabei zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen kommen werde.
Mit seinem am 11.11.2014 bei Gericht eingegangenen Eilantrag wendet sich der Antragsteller gegen das Verbot: Die Polizeidirektion unterstelle zu Unrecht einen unfriedlichen Verlauf. Die Versammlung in Köln sei „ungeplant unfriedlich“ verlaufen. Die Exzesse seien nicht von der Versammlung sondern von Einzelpersonen ausgegangen und zudem durch Versagen der Polizei befördert worden. Der Veranstalter habe solche Gewalttätigkeiten weder befürwortet noch gefördert. Er wolle Eskalationen in Hannover vermeiden und sei zur Kooperation mit der Polizei, die polizeitaktische Maßnahmen ergreifen könne, bereit.
Entscheidung des VG Hannover
Statthafter Antrag ist hier ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO. Eine Versammlung ist nicht genehmigungspflichtig, sodass in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage ausscheidet. Das Versammlungsverbot (§ 8 Abs. 2 NVersG; falls keine landesrechltiche Regelung: § 15 Abs. 1 VersG) stellt einen Verwaltungsakt dar. Gegen diesen wäre in der Hauptsache die Anfechtungsklage statthaft. Für das Verbot wurde gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet, sodass im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO einschlägig ist.
Das VG gab dem Antrag nach § 80 V VwGO teilweise statt. Die Versammlung könne zwar nicht verboten werden, es seien aber in der Tat Gefahren für die öffentliche Sicherheit gegeben, denen mit Auflagen (§ 8 Abs. 1 NVersG; falls keine landesrechltiche Regelung: § 15 Abs. 1, 2 VersG) begegnet werden müsse.
Exkurs: Bei einer Versammlungsauflage handelt es sich nicht um Auflagen i.S.v. § 36 VwVfG, da mangels Genehmigungspflichtigkeit der Versammlung schon kein Hauptverwaltungsakt vorliegt.
In der Pressemitteilung des VG Hannover wird die Entscheidung wie folgt begründet:

„Mit seinem Beschluss vom 13.11.2014 gibt die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts dem Eilantrag teilweise statt. Es erlaubt eine stationäre Versammlung auf der Fläche des alten Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) in Hannover (zwischen der Hamburger Allee, Lister Meile, Karl-Heinrich-Ulrich-Straße und Rundestraße), ordnet Beschränkungen an und gibt der Polizeidirektion die Möglichkeit, weitere Beschränkungen anzuordnen.
Bei der angemeldeten Versammlung handle es sich – entgegen der Einschätzung der Polizeidirektion – um eine solche, die grundsätzlich den Schutz der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 des Grundgesetzes (GG) in Anspruch nehmen könne. Mit ihrem Motto „Europa gegen den Terror des Islamismus“ sei sie ersichtlich auf Meinungskundgabe gerichtet und nicht auf die Ausübung von Gewalt. Sie sei auch nicht per se unfriedlich, zumal der Antragsteller selbst zur Gewaltlosigkeit aufrufe.
Gründe für ein vollständiges Verbot der Versammlung lägen nicht vor. Ein solches Verbot sei als „ultima ratio“ nur zulässig, wenn unmittelbare Gefahren für die öffentliche Sicherheit auch durch Beschränkungen der Versammlungen nicht abgewendet werden könnten. Die Kammer hält unter Berücksichtigung und Abwägung aller ihr vorliegenden Erkenntnisse eine Abwendung solcher Gefahren durch die Anordnung von Beschränkungen für möglich, aber auch für nötig.
Sie teilt die Einschätzung der Polizeidirektion, dass eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestünde, wenn der Demonstrationszug wie geplant durch die Stadt geführt würde. weil ein unfriedlicher Verlauf zu erwarten wäre. Die Versammlung ist nach Auffassung des Gerichts der Organisation „HoGeSa“ (Hooligans gegen Salafismus) zuzuordnen. Die Aktionsformen des Hooliganismus seien mit dem Versammlungsrecht unvereinbar. Gleichwohl dürften aber auch Hooligans als Einzelpersonen oder als Gruppe am gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess teilnehmen und von der Versammlungsfreiheit Gebrauch machen. Ein unfriedlicher Verlauf sei erst dann zu erwarten, wenn die Aktionsformen und Merkmale der Hooliganszene das Bild der Versammlung maßgeblich prägten. Für eine solche Annahme spreche der Verlauf der Veranstaltung in Köln. Es gebe zudem Anhaltspunkte, dass bei dem vom Antragsteller vorgesehenen Verlauf der Veranstaltung in Hannover ein unfriedlicher Ablauf zu erwarten sei. Solche Anhaltspunkte seien unter anderem die breite Mobilisierung in der Szene, die Veranstaltung von Köln zu wiederholen, aggressive Äußerungen im Internet und ein hohes Risiko von Provokationen durch Teilnehmer von Gegendemonstrationen.
Andererseits gebe es gewichtige Anhaltspunkte, die zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen seien: Er habe sich zumindest öffentlich von Gewalt distanziert und auf die Beachtung einer von ihm veröffentlichten „Hausordnung Hannover“ hingewirkt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nicht alle der ca. 4.500 bis 5.000 erwarteten Teilnehmer dem Kreis der Hooligans zuzurechnen sei, sondern selbst nach Einschätzung der Polizeidirektion nur ca. 700 bis 800.
Ein vollständiges Verbot der Versammlung sei mit Rücksicht auf die hohe Bedeutung des Grundrechts aus Art. 8 GG unverhältnismäßig, weil die abzusehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch Beschränkungen in hinreichendem Maß verringert werden könnten, insbesondere dadurch, dass die Kundgebung nur stationär durchgeführt werde und zwar an einem Ort, an dem Provokationen der Versammlungsteilnehmer durch „meinungsgegnerische Kräfte“ weitgehend ausgeschlossen sei. Die von dem Antragsteller für eine stationäre Versammlung genannten möglichen Orte seien deswegen ungeeignet, anders hingegen die Fläche des alten Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB). Wegen des Einbruchs der Dunkelheit sei die Versammlung schon um 16.00 Uhr und nicht – wie vom Antragsteller beabsichtigt – erst um 17.00 Uhr zu beenden.
Als weitere Beschränkungen ordnet die Kammer an, dass mindestens ein Ordner je 30 Teilnehmer einzusetzen sei und verunglimpfende Äußerungen zu unterbleiben hätten. Das Gericht lässt der Polizeidirektion nach, darüber hinausgehende Beschränkungen anzuordnen, die der Antragsteller zu befolgen habe.“

Weiterführende Hinweise / Beiträge zum Versammlungsrecht

  • Mit dem örtlichen Schutzbereich des Versammlungsrechts befasst sich dieser Beitrag zu aktuellen BVerfG-Entscheidungen
  • ebenso Fraport/räumlicher Schutzbereich
  • NPD-Versammlung am Holocaust-Gedenktag
  • virtuelle Versammlungen
  • Open-Air-Konzert
14.11.2014/1 Kommentar/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2014-11-14 08:55:542014-11-14 08:55:54Notiz: Versammlungsverbot für HoGeSa-Veranstaltung „Europa gegen den Terror des Islamismus“ rechtswidrig
Dr. Stephan Pötters

Notiz: Kein Versammlungsrecht auf Dach eines Berliner Hostels

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Das VG Berlin hat in einem Eilverfahren (Beschluss vom 29.08.2014 – VG 1 L 245.14) entschieden, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) keinen Zutritt zu Orten garantiert, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind.
Sachverhalt
In dem Fall ging es um eine Protestaktion, bei der mehrere Aktivisten das Dach eines Berliner Hostels besetzt hatten, um gegen ausländerrechtliche Maßnahmen Stellung zu beziehen. Die Polizei hatte weiteren Demonstranten den Zutritt verwehrt. Dagegen richtete sich der Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Diesen lehnte das VG Berlin ab.
Wesentliche Begründung des VG Berlin
Die Durchführung von Versammlungen in für die Allgemeinheit nicht geöffneten Anlagen sei durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht geschützt. Damit knüpft das VG an die bekannte Fraport-Entscheidung des BVerfG (v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06) an, die auch schon mehrfach Gegenstand von Examensklausuren und mündlichen Prüfungen war (wir berichteten). Zudem sei das Gebäudedach kein geeigneter Versammlungsort, weil sich die möglichen Versammlungsteilnehmer dort in Lebensgefahr begäben. Eine Absicherung des Hausgrundstücks durch Polizei und Feuerwehr sei zur Gefahrenabwehr dringend erforderlich.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, gegen den Beschluss kann Beschwerde beim OVG Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Weiterführende Hinweise / Beiträge zum Versammlungsrecht
 

  • Mit dem örtlichen Schutzbereich des Versammlungsrechts befasst sich auch dieser Beitrag zu aktuellen BVerfG-Entscheidungen
  • NPD-Versammlung am Holocaust-Gedenktag
  • virtuelle Versammlungen
  • Open-Air-Konzert

 

03.09.2014/0 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2014-09-03 09:22:232014-09-03 09:22:23Notiz: Kein Versammlungsrecht auf Dach eines Berliner Hostels
Dr. Stephan Pötters

BVerwG: NPD-Versammlung am Holocaust-Gedenktag zu Unrecht untersagt

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Bedeutung der Versammlungsfreiheit im demokratisch-liberalen Rechtsstaat
Wie wichtig die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) im Rahmen eines demokratisch-liberalen Rechtsstaates ist, wird seitens des BVerfG zu Recht in fast jedem entsprechenden Verdikt gebetsmühlenartig wiederholt. So betonte das BVerfG im berühmten Brokdorf-Beschluss (BVerfG v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, BVerfGE 69, 315, 343), dass das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess teilzunehmen, zu den „unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens“ gehöre. Die Versammlungsfreiheit gelte als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit und als eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt, welches für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung konstituierend sei. In einer Demokratie müsse die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen und nicht umgekehrt verlaufen (grundlegend bereits BVerfG v. 19.7.1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56). Versammlungen sind daher eine wesentliche Möglichkeit, um außerhalb der Wahlen Einfluss auf die Politik nehmen zu können (BVerfG, Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 = BVerfGE 69, 315, 345). Im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat ist eine Versammlung „sowohl Aggregatzustand des Politischen als auch kritischer Kontrapunkt zur repräsentativen Demokratie“ (Depenheuer, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 8 Rn. 4).
Versammlungsrecht im Staatsexamen
Wie bei anderen Kommunikationsgrundrechten (vgl. zu Parallelen: BVerfG, Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, BVerfGE 69, 315) ist auch die Ausübung der Versammlungsfreiheit auf Wirkung nach außen angelegt und damit in besonderem Maße konfliktträchtig. Häufig kommt es daher zu komplexen Abwägungsproblemen, die sich natürlich ideal als Klausurprobleme eignen. All dies ist Grund genug, sich bei der Vorbereitung auf die juristischen Staatsexamina intensiv mit versammlungsrechtlichen Problemen zu beschäftigen.
In einem aktuellen Urteil entschied das BVerwG (Urteil v. 26.01.2014 – 6 C 1.13),  dass die Stadt Trier zu Unrecht angeordnet hat, dass eine für den 27. Januar 2012 (Holocaust-Gedenktag) angemeldete Versammlung der NPD nicht an diesem Tag stattfinden dürfe. Diese Entscheidung soll zum Anlass genommen werden, um grundlegende Kenntnisse zum Versammlungsrecht aufzufrischen.
Sachverhalt: NPD-Versammlung am Holocaust-Gedenktag in Trier 
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde (nach Pressemitteilung Nr. 14/2014): Die angemeldete Versammlung sollte unter dem Motto stehen „Von der Finanz- zur Eurokrise – zurück zur D-Mark heißt unsere Devise!“. Als Anlass der Versammlung war angegeben, ein Börsenexperte halte am selben Tag im Bischöflichen Priesterseminar einen Vortrag zu dem Thema „Von der Finanz- zur Eurokrise“. Die beklagte Stadt Trier ordnete die Verlegung der Versammlung vom 27. auf den 28. Januar an: Die Versammlung der NPD am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, sei als Provokation zu bewerten, durch die grundlegende soziale und ethische Anschauungen und Empfindungen verletzt würden. Die NPD sei nach ihrem eigenen Selbstverständnis dem rechtsextremen politischen Spektrum zuzuordnen. Sie lasse in der öffentlichen Wahrnehmung die notwendige Distanz zu dem Unrechtsregime vermissen, das die Opfer zu verantworten habe, derer am 27. Januar gedacht werden solle. Nicht entscheidend sei, dass das Motto der Versammlung sich nicht mit den Opfern des Nationalsozialismus auseinandersetze.
Das Verwaltungsgericht Trier hat die Klage der NPD auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser versammlungsrechtlichen Verfügung abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat die Berufung der NPD zurückgewiesen: Die öffentliche Ordnung sei unmittelbar gefährdet gewesen. Von der Versammlung wäre eine das sittliche Empfinden der Bürger erheblich beeinträchtigende Provokationswirkung ausgegangen. Die Klägerin habe das von ihr angegebene Thema der Versammlung lediglich als Aufhänger gewählt, während die dahinter stehende Motivation von der Bevölkerung darin gesehen worden wäre, an einem zentralen Ort in der Innenstadt Präsenz zu zeigen und nach außen zu dokumentieren, dass man als rechtsextreme Partei trotz des Holocaust-Gedenktags „Flagge zeigen“ könne.
Gedanklicher Ausgangspunkt: Brokdorf-Formel
Wie das BVerfG in der bereits genannten Brokdorf-Entscheidung feststellte, garantiert Art. 8 GG den Grundrechtsträgern ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung (BVerfG v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, BVerfGE 69, 315, 343). Ein zeitliches Verschieben einer Versammlung stellt also einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff dar. Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 15 VersG, es sei denn, es gibt landesrechtliche Regelungen zum Versammlungsrecht (zB in Bayern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt).
§ 15 VersG deckt nicht nur das Versammlungsverbot i.e.S. ab, sondern auch alle sog. Minus-Maßnahmen wie insbesondere „Auflagen„. Die von der Stadt Trier angeordnete Verlegung stellte hier eine solche Auflage dar (a.A. gut vertretbar). Ist Ziel der Versammlung, auf die besondere Bedeutung des angemeldeten Tages hinzuwei­sen, kommt die Verlegung der Versammlung auch nur um einen Tag einem Verbot gleich, weil die Versammlung letztlich ihres wesentlichen Inhalts und ihrer zent­ralen Zielsetzung beraubt wird. Ein solcher besonderer Bezug des Versammlungsziels zum 27. Januar 2012 war hier aber angesichts des Themas der Versammlung ( „Von der Finanz- zur Eurokrise – zurück zur D-Mark heißt unsere Devise!“) nicht erkennbar.
Diese Auflage stellt keine Nebenbestimmung i.s.v. § 36 VwVfG dar, da es aufgrund der Genehmigungsfreiheit von Versammlungen an einem Hauptverwaltungsakt fehlt. Auflagen nach § 15 VersG sind also selbständige Verwaltungsakte, gegen die eine Anfechtungsklage (oder bei Erledigung: FFK) bzw. ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist.
Lösung des BVerwG: Versammlungsverbot nicht von § 15 Abs. 1 VersG gedeckt
Als zentrale tatbestandliche Voraussetzung verlangt § 15 VersG eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung.
Eine Gefahr ergibt sich bei einem Lebenssachverhalt, der bei ungehindertem Ablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an den polizeilichen bzw. ordnungsrechtlichen Schutzgütern führen wird. Maßgeblich ist dabei die Prognose eines fähigen, sachkundigen und besonnenen Beamten aus der ex-ante Perspektive. Zu den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit zählt man den Schutz der Individualrechtsgüter (insbesondere individuelle Grundrechtspositionen), den Schutz der Unversehrtheit der Rechtsordnung sowie den Schutz des Bestands und der Veranstaltungen des Staates und anderer Hoheitsträger. Die öffentliche Ordnung umfasst die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung für ein geordnetes und gedeihliches Zusammenleben innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird (außerrechtliche Sozialnormen).
Im vorliegenden Fall kam nur eine Gefahr für die öffentliche Ordnung in Betracht. Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung kann nach Ansicht des BVerwG in dem hier gegebenen Kontext nur bejaht werden, wenn einem bestimmten Tag – wie dem Holocaust-Gedenktag – ein in der Gesellschaft eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt, der bei der Durchführung einer Versammlung an diesem Tag in einer Weise angegriffen zu werden droht, dass dadurch zugleich grundlegende soziale oder ethische Anschauungen in erheblicher Weise verletzt würden. Nicht ausreichend sei jedoch, dass die Durchführung der Versammlung an dem Gedenktag in irgendeinem beliebigen Sinne als dem Gedenken zuwiderlaufend beurteilt werden könnte. Vielmehr sei die Feststellung erforderlich, dass von der konkreten Art und Weise der Durchführung der Versammlung Provokationen ausgehen würden, die das sittliche Empfinden der Bürger erheblich beeinträchtigten. Eine solche Feststellung setze voraus, dass die Versammlung eine den Umständen nach eindeutige Stoßrichtung gegen das Gedenken erkennen lasse, etwa weil sie die Sinnhaftigkeit oder die Wertigkeit des Gedenkens negiere oder in anderer Weise dem Anspruch der Mitbürger entgegenwirke, sich ungestört dem Gedenken an diesem Tag widmen zu können.
Diese Schwelle war durch die geplante Versammlung noch nicht überschritten. Die Versammlung sollte ein aktuelles allgemein-politisches Thema aufgreifen und die hierzu entwickelten programmatischen Vorstellungen der Klägerin kundtun.
Berufungsentscheidung des OVG Koblenz
Anders hatte dies noch die Vorinstanz (OVG Koblenz v. 06.12.2012 – 7 A 10821/12.OVG) bewertet. Zwar sei der Klägerin keine Tarnabsicht in dem Sinne zu unterstellen, dass sie der Versammlung ein anderes Motto oder Thema hätte geben wollen, als dies in der Anmeldung zum Ausdruck kam. Das OVG teilte aber die Einschätzung der beklagten Stadt, wonach sich die besondere Provokationswirkung daraus ergebe, dass die Klägerin das Thema der Versammlung lediglich als Aufhänger gewählt habe, während die dahinterstehende Motivation von der breiten Bevölkerung darin gesehen werde, an einem zentralen Ort in der Innenstadt Präsenz zu zeigen und nach außen zu dokumentieren, dass man als rechtsextreme Partei trotz des Gedenktages Flagge zeigen könne. Dafür spreche u.a., dass der von der Klägerin angegebene inhaltliche Bezug ihrer Versammlung zu dem Vortrag des Börsenexperten Prof. O. am 27. Januar 2012 im Bischöflichen Priesterseminar in Trier zum Thema „Von der Finanz- zur Eurokrise“ gesucht wirke. Hierfür spreche auch, dass die Klägerin ihren eigenen Angaben zufolge bereits am 22. Januar 2012 und damit lediglich fünf Tage vor dem 27. Januar 2012 eine Versammlung zu dem gleichen Thema durchgeführt habe. Es sei unwahrscheinlich, dass es sich bei der Häufung von Versammlungen der Klägerin an Tagen mit Bezug zur Herrschaft des Nationalsozialismus um einen Zufall gehandelt habe. Vielmehr bestärke dieser Umstand die Einschätzung, dass die Klägerin sich einen beliebigen Anlass gesucht habe, um an diesen Tagen eine Versammlung durchführen und in der Öffentlichkeit sichtbar Präsenz zeigen zu können.
Auch diese Position wäre in einer Klausur sicherlich gut vertretbar.
Restriktive Tendenz bestätigt
Die aktuelle Entscheidung des BVerwG fügt sich aber ein – und dies sollte als Richtschnur für die Klausur durchaus bekannt sein – in eine Kette von eher restriktiven Leiturteilen zur Auslegung des Begriffs der öffentlichen Ordnung im Versammlungsrecht.
Vor allem das OVG Münster hatte immer wieder Verbote von (rechtsradikalen) Versammlungen bestätigt, bei denen sich die Behörden auf eine Gefahr für die öffentliche Ordnung gestützt hatten (s. etwa OVG Münster v.  25.01.2001 – 5 B 115/01; OVG Münster v. 30.04.2001 – 5 B 585/01, NJW 2001, 2114; kritisch zur Judikatur des OVG Münster: Arndt, BayVBl. 2002, 2002). Diese Entscheidungen waren mehrfach vom BVerfG korrigiert worden (BVerfG v. 24.03.2001 – 1 BvQ 13/01, NJW 2001, 2069; BVerfG v. 12.04.2001 – 1 BvQ 19/01, NJW 2001, 2075; BVerfG v. 01.05.2001 – 1 BvQ 22/01, NJW 2001, 2076). Kernaussagen der BVerfG-Rechtsprechung sind:

  • § 15 VersG ist hinsichtlich des Schutzes der öffentlichen Ordnung insoweit einengend auszulegen, als zur Abwehr von kommunikativen Angriffen auf Schutzgüter der Verfassung besondere Strafrechtsnormen geschaffen worden sind. Die darin vorgesehenen Beschränkungen von Meinungsäußerungen sind jedenfalls im Hinblick auf seit langem bekannte Gefahrensituationen abschließend und verwehren deshalb einen Rückgriff auf die in § 15 VersG enthaltene Ermächtigung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, soweit kein Straftatbestand erfüllt ist (BVerfG v. 24.03.2001 – 1 BvQ 13/01, NJW 2001, 2069).
  • Allgemein gilt: Unter Berücksichtigung der Ver­sammlungsfreiheit und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtfertigt eine bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung idR kein Versammlungsverbot (BVerfGE, 69, 315, 352 f.). Anm.: Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bei einer Qualifizierung der „Verlegung“ der Versammlung als Verbot schon aus diesem Grund ein rechtswidriges Vorgehen zu bejahen wäre.
  • Das Verbot einer Versammlung an den Osterfeiertagen ist jedenfalls nicht allein deshalb rechtmäßig, weil die Versammlung durch ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus geprägt ist und deshalb die öffentliche Ordnung stört. Ein Verbot könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn Anhaltspunkte für eine nachhaltige Störung des Friedens des Osterfests vorliegen, die einer Überprüfung am Maßstab der Art. 5 und 8 GG standhalten (BVerfG v. 12.04.2001 – 1 BvQ 19/01, NJW 2001, 2075).
  • Das Verbot einer von der NPD beantragten Versammlung kann auch unter Berücksichtigung des gegen diese Partei beim BVerfG anhängigen Verbotsverfahrens nicht allein auf die Annahme gestützt werden, dass die von der NPD typischerweise vertretenen Inhalte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widersprechen. Die Absage an den Nationalsozialismus hat das Grundgesetz in vielen Normen, wie beispielsweise Art. 139 GG, besonders ausgedrückt, aber auch in dem Aufbau allgemeiner rechtsstaatlicher Sicherungen dokumentiert. In der Beachtung rechtsstaatlicher Sicherungen sieht das Grundgesetz eine wichtige Garantie gegen ein Wiedererstehen eines Unrechtsstaats. Rechtsstaatliche Garantien dürfen deshalb nicht dadurch unterlaufen werden, dass bestimmten Parteien oder Personen grundsätzlich der Schutz eines Grundrechts wie Art. 8 GG verwehrt wird (BVerfG v. 01.05.2001 – 1 BvQ 22/01, NJW 2001, 2076).

04.03.2014/2 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2014-03-04 09:30:042014-03-04 09:30:04BVerwG: NPD-Versammlung am Holocaust-Gedenktag zu Unrecht untersagt
Gastautor

OVG Münster: Blockadetraining stellt keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verwaltungsrecht

In der vergangenen Woche hat das OVG Münster einen interessanten Fall zum Versammlungsrecht entschieden (OVG Münster, Urteil vom 18.09.2012 – 5 A 1701/11), der Stoff für Examens- und Semesterabschlussklausuren im Polizeirecht bietet, da er eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des § 15 Abs. 1 VersammlG erfordert.
I. Sachverhalt
Der Kläger gehörte einem Bündnis an, das es sich zum Ziel gesetzt hatte, einen am 8. und 9. April 2011 in Stolberg abgehaltenen Aufmarsch von Neonazis zu verhindern. Zu diesem Zweck führte das Bündnis im Vorfeld zahlreiche Maßnahmen zur Mobilisierung der Bevölkerung durch, so auch sog. „Blockadetrainings“, bei denen gemeinsam für die Blockade des Naziaufmarsches im April 2011 geübt werden sollte. Für den 5. Februar 2011 hatte der Kläger als Versammlungsleiter ein solches „Blockadetraining“ angemeldet. Der Kläger beschrieb die geplante Veranstaltung im Gespräch mit der zuständigen Behörde wie folgt:
Es habe sich in Stolberg das „Blockadebündnis“ gebildet, weil zum Teil die Meinung vertreten werde, allein das Blockieren der Stolberger Innenstadt sei nicht mehr ausreichend. Zum Ablauf der Versammlung gab er an, nach einer Begrüßung seien keine Reden geplant. Vielmehr würden so genannte Trainer Einzelheiten über solche Demonstrationen erklären und ggf. durchspielen. Während der für drei Stunden angesetzten Kundgebung sei eine „Trainingsdauer“ von etwa 1,5 bis 2 Stunden geplant. Ziel sei vor allem das Knüpfen von Kontakten und das Kennenlernen untereinander. Die mittlerweile etwa 100 erwarteten Teilnehmer aus der Region sollten auch erfahren, dass man sich an Spielregeln halten müsse und es nicht darum gehe, auf „Aktion“ aus zu sein. Geplant sei, durch Menschenmassen friedlich zu blockieren und nicht gegen die Polizei tätig zu werden. Es solle nicht provoziert werden. Die Friedlichkeit stehe im Vordergrund.
Dem Kläger wurden daraufhin Auflagen verschiedenen Inhalts erteilt, u.a. wurde untersagt, den Versammlungsteilnehmern Taktiken und Techniken zu vermitteln, die sie befähigen sollen, nicht verbotene zukünftige Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern, zu sprengen oder zu vereiteln.
Dagegen wandte sich der Kläger am 24. Februar 2011 zunächst erfolglos mit einer Klage zum zuständigen VG Aachen, das die Auflagen für rechtmäßig erklärte und die Klage abwies. Anders entschied jedoch das OVG Münster.
II. Die Prüfung des Falls
1. Zulässigkeit
Statthafte Klageart ist nach h.M. die Fortsetzungsfeststellungsklage gem.§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog. Die Vorschrift ist hier nach h.M. analog anzuwenden, da sich die Verwaltungsakte abweichend von dem Regelfall des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO bereits vor Klageerhebung erledigt haben (a.A.: Feststellungsklage). Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage wird im Wesentlichen geprüft wie die der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage mit dem Zusatz, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse erforderlich ist. Ein solches besteht dann, wenn trotz der Erledigung ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts besteht. Der Kläger gab hier an, auch zukünftig derartige Veranstaltungen in Stolberg durchführen zu wollen, wodurch Wiederholungsgefahr gegeben war.
2. Begründetheit
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet, wenn die Verwaltungsakte rechtswidrig waren und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wurde (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog).
Als Ermächtigungsgrundlage kommt § 15 Abs. 1 VersammlG in Betracht, nach dem die Behörde eine Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen kann, wenn eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Die formell rechtmäßig ergangenen Auflagen sind dann auch in materieller Hinsicht rechtmäßig, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind und die Behörde ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat.
Öffentliche Versammlung:
Erste Voraussetzung ist, dass es sich bei dem Blockadetraining überhaupt um eine öffentliche Versammlung handelt. Diese Frage hat das OVG in seiner Entscheidung völlig übergangen und die Versammlungsqualität stillschweigend vorausgesetzt. In einer Klausur läge hier jedoch ein Schwerpunkt: Fraglich ist nämlich, ob eine derartige Trainingsmaßnahme bereits Versammlungscharakter hat. Eine Versammlung ist die Zusammenkunft mehrerer Personen zu einem gemeinsamen Zweck. Die qualitativen Anforderungen an den gemeinsamen Zweck sind umstritten. Nach dem herrschenden engen Versammlungsbegriff ist ein Beitrag zur kollektiven Meinungsbildung erforderlich. Eine Versammlung lag hier also nur dann vor, wenn Zweck des Blockadetrainings neben dem Einüben von Blockadetechniken auch die Kundgabe der ablehnenden Haltung gegen nationalsozialistisches Gedankengut war. Hier ist Argumentation gefragt. Dagegen spricht, dass keine Reden geplant waren, sondern vorwiegend Schulungen zur Vermittlung von Blockadetechniken. Die ganz überwiegenden Argumente sprechen jedoch für die Annahme einer Versammlung: Die Veranstaltung diente der Mobilisierung der Bevölkerung gegen die Naziaufmärsche. Die Teilnehmer der Veranstaltung sollten sich kennenlernen und über ihre Positionen austauschen. Außerdem sollte mit dem Training ein Zeichen gesetzt werden, dass Stolberg sich intensiv mit dem geplanten Aufmarsch auseinandersetzt und bereits im Vorfeld alles tut, um wirksam gegen rechtsextreme Gesinnung eintreten zu können.
Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung:
Zu prüfen ist ferner eine unmittelbare Gefahr für das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und zwar in Form der Unversehrtheit der Rechtsordnung: Das Blockadetraining könnte ein verbotener Aufruf zu einer rechtswidrigen Tat (nämlich die Verhinderung einer nicht verbotenen Versammlung) gem. § 111 StGB iVm § 21 VersammlG oder § 111 StGB iVm § 2 Abs. 2 VersammlG oder § 116 OWiG iVm § 2 Abs. 2 VersammlG sein. Außerdem könnte die Versammlung selbst gegen § 2 Abs. 2 VersammlG verstoßen. Das OVG sah aber keinen der Tatbestände als erfüllt an.
§ 111 StGB i.V.m. § 21 VersammlG:
Der Straftatbestand ist nach Auffassung des OVG Münster aus mehreren Gründen nicht erfüllt. Erstens habe die Maßnahme nicht die Qualität einer „Aufforderung“ zu einer Straftat i.S.d. § 111 StGB und zweitens erfülle die geplanten Blockaden, für die trainiert werden sollte, nicht den Tatbestand des § 21 VersammlG:

„Nach gefestigter höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung setzt der Tatbestand der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten eine bestimmte Erklärung an die Motivation anderer voraus, bestimmte Straftaten zu begehen. Sie muss den Eindruck der Ernstlichkeit vermitteln. § 111 StGB erfasst als strafwürdig nur solche Äußerungen und Verhaltensweisen, die den öffentlichen Frieden konkret gefährden, weil sie ihrem Inhalt nach erkennbar auf rechtsgutgefährdende Handlungen hin angelegt sind. Hierzu gehören Meinungsäußerungen, die bei dem Angesprochenen Handlungsbereitschaft auslösen, Hemmschwellen herabsetzen oder Dritte unmittelbar einschüchtern. Die lediglich abstrakte Befürwortung einer Straftat ist hingegen noch nicht strafbar.“
„[…] Überdies ist § 111 StGB – wie alle Strafrechtsnormen – unter Beachtung der Wertentscheidungen der Grundrechte auszulegen und anzuwenden. Soweit die Erfüllung dieses Straftatbestands durch eine Aussage in Rede steht, die mit einem Blockadetraining auf einer Kundgebung konkludent geäußert wird, sind die Grundrechte der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG und der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG maßgebend.[…] Handelt es sich bei der umstrittenen Äußerung um einen Beitrag im Zusammenhang mit einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, so spricht eine Vermutung zu Gunsten der Freiheit der Rede.“
„[…] Zum anderen konnte ein strafbares Auffordern zu einer Straftat in der motivierenden Wirkung des geplanten Blockadetrainings auch deshalb nicht liegen, weil sich die Teilnahme an der für Anfang April 2011 geplanten Blockade, die das Veranstalterbündnis anstrebte, zunächst noch als nicht strafbar darstellte. Das Veranstalterbündnis plante nämlich eine im Grundsatz von der Versammlungsfreiheit geschützte Form der friedlichen Blockade. Die Grenze zum strafbaren Rechtsbruch wäre erst in dem Moment überschritten worden, in dem darüber hinaus im Sinne von § 21 VersammlG eine nicht verbotene rechtsextreme Versammlung in Verhinderungsabsicht grob gestört worden wäre. Eine tatbestandliche grobe Störung liegt jedoch erst in der Bildung einer unüberwindlichen Blockade von nicht unerheblicher Dauer, die nicht ohne Weiteres umgangen werden kann.“

§ 111 StGB i.V.m. § 2 Abs. 2 VersammlG:
Kommt nicht in Betracht, da § 2 Abs. 2 VersammlG kein Strafgesetz und damit keine rechtswidrige Tat i.S.d. § 111 StGB ist.
§ 116 OWiG i.V.m. § 2 Abs. 2 VersammlG:
Verstöße gegen § 2 Abs. 2 VersammlG erfüllen auch keinen Busgeldtatbestand i.S.d. § 116 OWiG.
§ 2 Abs. 2 VersammlG:
Das Blockadetraining stellt selbst auch keine Verhinderungsmaßnahme i.S.d. § 2 Abs. 2 VersammlG dar.

„Der eindeutige Wortlaut verbietet nur Störungen „bei“ öffentlichen Versammlungen und Aufzügen. Damit sind Vorbereitungsmaßnahmen mehrere Wochen vor Beginn einer konkreten Versammlung ausdrücklich nicht von dem Verbot umfasst.“

Auch die Tatsache, dass u.U. polizeiwidrige Techniken eingeübt werden sollten, rechtfertigt nach dem OVG Münster kein anderes Ergebnis, da es hier jedenfalls an einer unmittelbaren Gefahr i.S.d. § 15 Abs. 1 VersammlG fehlt.
III. Ergebnis:
Mangels einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit konnten die Auflagen nicht auf § 15 Abs. 1 VersammlG gestützt werden. Die Klage ist daher zulässig und begründet.
 
Autorin des Beitrags ist Lioba Sternberg. Sie hat Jura in Bonn und Rom studiert und ist derzeit Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit bei Prof. Dr. Thüsing LL.M. Ihr Promotionsvorhaben hat ein Thema aus dem Bereich des Sozialversicherungsrechts zum Gegenstand.

03.10.2012/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2012-10-03 11:00:322012-10-03 11:00:32OVG Münster: Blockadetraining stellt keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar
Dr. Marius Schäfer

OVG Berlin-Brandenburg: „Mohammed-Karikaturen“ dürfen gezeigt werden

Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung

Sachverhalt (verkürzt)
Mit Beschluss vom 17.08.2012 (OVG 1 S 117.12) hat das OVG Berlin-Brandenburg den tags zuvor erfolgten Beschluss des VG Berlin bestätigt, wonach es der „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ nicht untersagt werden könne, bei der am 18.08.2012 angemeldeten Demonstration zu dem Thema „Der Islam gehört nicht zu Deutschland – Islamisierung stoppen“ vor den Einrichtungen dreier islamischer Moschee-Vereine sog. „Mohammed-Karikaturen“ darzubieten. Der Eilantrag der betroffenen islamischen Moschee-Vereine blieb insofern ohne Erfolg.
Rechtliche Würdigung
Gerade im Hinblick auf die hier vorliegende Problematik des Zusammentreffens unterschiedlicher Grundrechte bzw. Interessen der Beteiligten bietet sich dieser Sachverhalt ganz besonders dazu an, Gegenstand einer Examensklausur oder zumindest auch einer Anfängerklausur zu sein.
Fraglich sollte zunächst also sein, nach welchen Kriterien und nach welcher Rechtsgrundlage es der Bürgerbewegung verboten werden könnte, die angefertigten „Mohammed-Karikaturen“ im Rahmen ihrer nach § 14 I VersG angemeldeten Versammlung zu verbieten. Dies ist vor dem Hintergrund zu berücksichtigen, dass der Versammlung der grundrechtliche Schutz des Art. 8 I GG zugute kommt und dieser Schutzbereich hier unproblematisch eröffnet ist. Da es sich bei der Versammlung vor den Einrichtungen der islamischen Moschee-Vereine um eine solche „unter freiem Himmel“ handelt, findet sich die Rechtsgrundlage für einen etwaigen Eingriff im Sinne des Art. 8 II GG auch regelmäßig in § 15 I VersG. Stets zu beachten ist dabei jedoch, dass die Grundrechtsbeschränkung nach Art. 8 II GG nur im Lichte der grundlegenden Bedeutung des Art. 8 I GG auszulegen ist.[1] Demnach kann die zuständige Behörde die Durchführung der Versammlung nur dann von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn erkennbare Umstände vorliegen, die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden. Zu beachten ist dabei jedoch gleich vorweg, dass es sich bei dem Begriff der „Auflage“ in § 15 I VersG nicht um eine Nebenbestimmung im Sinne des § 36 II Nr.4 VwVfG handelt, sondern vielmehr eine eigenständige Regelung beinhaltet und damit als Verwaltungsakt (VA) zu bewerten ist.[2]
Unabhängig von der Frage, ob die betroffenen islamischen Moschee-Vereine überhaupt einen Anspruch geltend machen können, das Verbot des Zeigens der „Mohammed-Karikaturen“ durchzusetzen, ist nun zu hinterfragen, ob das Verhalten der Bürgerbewegung bei der Durchführung der Versammlung gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung verstoßen könnte. Um eine übersichtliche Darstellung zu bewahren, beschränken sich diese Ausführung auf das Tatbestandsmerkmal der „Öffentlichen Sicherheit“, welches neben der Unversehrtheit der Individualrechtsgüter sowie der grundlegenden Einrichtungen des Staates auch den Schutz der objektiven Rechtsordnung umfasst. Das OVG sowie die Vorinstanz zogen dabei die Prüfung des § 166 I StGB in Betracht, wonach das Zeigen der „Mohammed-Karikaturen“ möglicherweise als Beschimpfung von Religionsgesellschaften bzw. Weltanschauungsvereinigungen anzusehen sein könnte – eine Verletzung des § 166 I StGB machten insbes. die antragstellenden islamischen Moschee-Vereine geltend. Sollte durch das Zeigen der Karikaturen eine strafbewährte Handlung nach § 166 I StGB vorliegen, so wäre damit auch die Rechtsordnung bzw. die öffentliche Sicherheit verletzt, was nach § 15 I VersG einen Eingriff in Form eines Verbotes rechtfertigen könnte.
Das Rechtsgut des § 166 I StGB ist nach der h.M. der öffentliche Friede[3], während der Gegenstand dieser Vorschrift v.a. der Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer ist.[4] Deutlich wird somit, dass § 166 I StGB auch dem Schutz der Religionsgemeinschaften dient und in einer Abwägung mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 I GG auch Art. 4 I GG Beachtung finden muss. Geht es jedoch um die Beurteilung, ob der Tatbestand des § 166 I StGB erfüllt ist und eine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens durch das Zeigen der Karikaturen vorliegt, so darf dabei auch nicht vernachlässigt werden, dass bei der Auslegung – gerade bei strafrechtlichen Normen – werkgerechte Maßstäbe sowie eine grundrechtsfreundliche Interpretation des Sachverhaltes anzulegen sind.[5] Das OVG Berlin-Brandenburg beurteilt die „Mohammed-Karikaturen“ insoweit als Kunstwerk, sodass auch der Schutzbereich des Art. 5 III GG miteinzubeziehen und zu berücksichtigen sei. Dies führt zu der Schlussfolgerung des Gerichtes, dass, in Folge der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 166 I StGB, eine vom Schutzbereich der Kunstfreiheit erfasste Karikatur, die im Rahmen einer öffentlichen und auf Meinungsdarstellung zielenden Versammlung gezeigt wird, im Zweifel nicht dazu geeignet ist, eine Beschimpfung und somit eine strafbare Handlung darzustellen.
Im Ergebnis lässt sich ein Verbot des Zeigens der „Mohamed-Karikaturen“ demnach nicht auf einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nach § 15 I VersG i.V.m. § 166 I StGB stützen, sodass die antragsstellenden islamischen Moschee-Vereine schließlich auch keinen dementsprechenden Anspruch gelten machen können und deren Eilantrag keine Aussicht auf Erfolg hat.
Bewertung
Im Kern ging es hier insofern um die Frage, ob das Zeigen der „Mohammed-Karikaturen“ im Sinne des § 166 I StGB als Beschimpfung anzusehen ist. Legt das Gericht die einschlägigen Tatbestandsmerkmale aus, so sind insbesondere bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen und Grundrechten mehrerer Beteiligter stets grundrechtsfreundliche Interpretationen und z.B. bei Kunstwerken auch werkgerechte Maßstäbe anzulegen. Der Kunstfreiheit, als Meinungsdarstellung innerhalb der Versammlung, gab das OVG hier zu Recht den Vorrang vor dem Schutze der religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisse, da selbst eine satirische Auseinandersetzung als Inhalt einer Versammlung erlaubt sein müsse, um schließlich eine solche Kundgabe innerhalb der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und die Interessen der Versammlungsteilnehmer im Lichte des Art. 8 I GG zu würdigen.

 


[1] BVerfGE 87, 399, 407
[2] Ott/Wächtler, Gesetz über Versammlungen und Aufzüge, § 15 Rdnr. 10
[3] Fischer, § 166 Rn.2
[4] Fischer, § 166 Rn.4
[5] BVerfG, 15.07.1987 – 1 BvR 520/84

24.08.2012/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2012-08-24 19:33:502012-08-24 19:33:50OVG Berlin-Brandenburg: „Mohammed-Karikaturen“ dürfen gezeigt werden
Nicolas Hohn-Hein

VG Neustadt: Verbot eines NPD-Trauermarsches am Volkstrauertag rechtmäßig

Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung

Das VG Neustadt hat in einer aktuellen Entscheidung (5 K 1163/11.NW) klargestellt, dass ein „NPD-Trauermarsch“ am Volkstrauertag gegen das Landesfeiertagsgesetz verstößt.
Sachverhalt
Der NPD-Kreisverband K beabsichtigt, am Volkstrauertag (2 Sonntage vor dem ersten Adventssonntag) eine sechstündige Veranstaltung zum Gedenken an die Gefallenen der Weltkriege abzuhalten. Es sind mehrere Kundgebungen sowie ein Marsch zum Denkmal des „Deutschen Befreiungskrieges“ 1870/71 geplant. Neben Fahnen und Bannern sollen auch eine transportable Lautsprecheranlage, ein Handmegafon sowie ein Lautsprecherfahrzeug zum Einsatz kommen.
Die zuständige Behörde untersagte die Veranstaltung mit der Begründung, dass diese gegen das Landesfeiertagsgesetz verstoße. K fühlt sich in seinem Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt. Das Landesfeiertagsgesetz müsse hinter dem Versammlungsgesetz zurücktreten. Immerhin betreffe die Veranstaltung gerade das Gedenken an gefallene Soldaten und sei „ganz im Sinne“ des Volkstrauertags. Es handele sich nicht um eine Tanzveranstaltung.
Versammlungsrecht durch Landesfeiertagsgesetz beschränkbar
Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass das Versammlungsrecht in jedem Fall dem Landesfeiertagsgesetz vorgehe. Stattdessen stellt es Versammlungsfreiheit und den Schutz der Sonntags- und Feiertagsruhe in einen Zusammenhang.

Das Landesfeiertagsgesetz konkretisiere den Schutz der Sonntags- und Feiertagsruhe und beschränke das Recht auf Versammlungen unter freiem Himmel an bestimmten Feiertagen. Am Volkstrauertag seien ab 4.00 Uhr generell öffentliche Versammlungen und Aufzüge verboten, soweit sie nicht der Religionsausübung dienten oder dem Charakter des Feiertags entsprächen. Der beklagte Landkreis habe zu Recht angenommen, dass die von der NPD geplante Versammlung, bei der ein nicht erforderlicher Akustikverstärker hätte verwendet und Flugblätter über die so genannte Rheinwiesenlagerkampagne hätten verteilt werden sollen, dem Charakter des Volkstrauertages als Tag des stillen Gedenkens an die Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus widersprochen habe (Pressemitteilung 32/12).

 
Konkrete Ausgestaltung der Versammlung maßgeblich
Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, die bei solchen Entscheidungen immer zum Tragen kommen müssen, verweist das Gericht auf die konkrete Ausgestaltung der Versammlung. Maßgeblich ist, ob die Versammlung im konkreten Fall dem – gesetzlich geschützten – Charakter des Volkstrauertags entgegensteht. Dabei müssen nach Ansichts des Gerichts nicht nur versammlungsspezifische Umstände (z.B. die Lautsprecheranlage) berücksichtigt werden, sondern auch die äußeren Umstände, die eine solche Versammlung von Rechtsextremen typischerweise mit sich bringt.

Die konkret geplante Ausgestaltung der Versammlung als Trauermarsch sei in hohem Maße geeignet gewesen, den durch das Landesfeiertagsgesetz geschützten Charakter des Volkstrauertags zu stören; das Verbot sei daher wegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit gerechtfertigt gewesen. Hinzu komme, dass bei Durchführung des Trauermarsches mit einem größeren Aufgebot an Polizeikräften im näheren Umfeld des Aufzugs hätte gerechnet werden müssen, so dass auch deshalb eine empfindliche Störung der Feiertagsruhe zu befürchten gewesen sei (Pressemitteilung 32/12).
 

Fazit
Das Versammlungsrecht ist ein Klassiker im Examen, v. a. im Zusammenhang mit dem Aufmarsch extremer Gruppen (vgl. auch diesen Beitrag mit weiteren Nachweisen).
Bei dem zuletzt verlinkten Beitrag vom 30.01.2012 ging es übrigens um einen NPD-Aufmarsch am „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ (nicht, wie hier, am „Volkstrauertag“),  der am 27.01 eines jeden Jahres begangen wird. Diese beiden Feiertage sind also nicht gleichbedeutend! Bei der Entscheidung des OVG Koblenz wurde insbesondere mit der erheblichen Provokationswirkung der Veranstaltung hinsichtlich des Sinn und Zwecks des Feiertags argumentiert (nachzulesen unter Beschl. v. 27.01.2012, Az. 7 B 10102/12.OVG im Volltext).

07.08.2012/0 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2012-08-07 13:33:522012-08-07 13:33:52VG Neustadt: Verbot eines NPD-Trauermarsches am Volkstrauertag rechtmäßig
Dr. Christoph Werkmeister

VG Karlsruhe zur Zulässigkeit von Fackeln bei einer Mahnwache

Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung

Das VG Karlsruhe entschied kürzlich über die Zulässigkeit versammlungsrechtlicher Auflagen der Stadt Pforzheim im Hinblick auf das Mitführen von Fackeln bei einer Mahnwache einer rechten Gruppierung (Az. 2 K 378/12). Ermächtigungsgrundlage für derlei Auflagen ist – abgesehen von den Bundesländern mit eigenen Versammlungsgesetzen – grundsätzlich § 15 Abs. 1 VersG. Hiernach können Auflagen erlassen werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. 
Die Stadt hatte das Verbot ausschließlich mit einer Verletzung der öffentlichen Ordnung begründet. Der Begriff der öffentlichen Ordnung wird nach dem BVerfG definiert als die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird (vgl. BVerfGE 69, 315, 352). 
Die Versammlung sollte am 23.02.2012 stattfinden, wobei dieses Datum in Pforzheim den offiziellen Gedenktag an das Bombardement der Stadt darstellt.

Das VG führt aus, dass die angegriffene Auflage sich nicht auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung stützen lasse. Sei eine Versammlung – wie vorliegend – inhaltlich unterhalb der Strafbarkeitsschwelle nach dem StGB ausgerichtet, komme eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit nur dann in Betracht, wenn über ihren bloßen Inhalt hinaus Besonderheiten der gemeinschaftlichen Kundgabe und Erörterung bzw. besondere Begleitumstände der Demonstration gegeben seien. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn die befürchtete Gefahr auf besonderen, beispielsweise provokativen oder aggressiven Begleitumständen beruhe, die einen Einschüchterungseffekt sowie ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugten.
Das bloße Mitführen von Fackeln verstoße nicht schon als solches gegen die öffentliche Ordnung, sondern erst dann, wenn diese als typische Symbole der Darstellung nationalsozialistischer Machtausübung in aggressiv-kämpferischer Weise eingesetzt würden.   Aufgrund der konkreten Gegebenheiten sei vorliegend nicht ersichtlich, dass der Antragsteller die Fackeln als typische Symbole der Darstellung nationalsozialistischer Machtausübung in aggressiv-kämpferischer Weise einsetzen werde und hierdurch ein Einschüchterungseffekt sowie ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft entstünden.
Die geplante Mahnwache finde nicht in der Innenstadt und damit im unmittelbaren Bereich der zeitgleich stattfindenden Lichterkette zum Gedenken der Bürger an den Jahrestag des Bombardement von Pforzheim, sondern in einiger Entfernung vom Stadtzentrum statt. Eine unmittelbare Konfrontation mit den im Zentrum dem Bombenangriff gedenkenden Bürgern sei nicht zu befürchten. Auch eine Berücksichtigung der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren, in denen der Antragsteller stets Fackeln bei der stillen Mahnwache mitgeführt habe, lasse derzeit keinen Raum für die Annahme, dass durch die Verwendung von Fackeln nationalsozialistische Veranstaltungsrituale aufgegriffen würden, die bei der Bevölkerung Assoziationen an paramilitärische Aufmärsche hervorrufen könnten. 
Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung sei auch nicht unter dem  Aspekt des Symbolschutzes des 23. Februar erkennbar. Der 23. Februar besitze keinen unmittelbaren Bezug zu den NS-Verbrechen dergestalt, dass sich der angemeldeten Mahnwache des Antragstellers eine Provokation für die Menschen, die der Opfer des Nazi-Regimes gedenken, entnehmen ließe. Dabei werde nicht verkannt, dass der 23. Februar für die Bürger der Antragsgegnerin ein offizieller Gedenktag der Stadt sei, der dem friedlichen Gedenken an die Opfer des Bombenangriffs auf die Stadt Pforzheim diene, Quelle: Pressemitteilung des VG Karlsruhe).

20.02.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-02-20 15:50:582012-02-20 15:50:58VG Karlsruhe zur Zulässigkeit von Fackeln bei einer Mahnwache

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