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Dr. Yannik Beden, M.A.

Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG: Definitionen und Streitstände

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Versammlungsrecht, Verschiedenes

Das Recht auf Versammlung ist in seiner grundrechtlichen Dimension regelmäßig Prüfungsgegenstand, oftmals werden auch in verwaltungs- bzw. polizeirechtlichen Klausurkonstellationen Kenntnisse zum Versammlungsrecht vorausgesetzt. Einige Problemstellungen zur Versammlungsfreiheit gehören dabei zu „Klausurklassikern“, bei denen von jedem Prüfling Grundkenntnisse bis hin zu vertieften Kenntnissen erwartet werden. Neben den notwendigen Definitionen müssen auch eine Reihe von Meinungsstreitständen zu Problemstellungen, die überdurchschnittlich häufig abgefragt werden, bekannt sein. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick zu den klausur- bzw. examensrelevantesten Definitionen und zeigt zudem – nicht abschließend – die wichtigsten Streitstände mit kurzen Erläuterungen zu den jeweils vertretenen Ansichten in Rechtsprechung und Literatur auf.
I. Definitionen
1. Versammlung
(1) Enger Versammlungsbegriff (BVerfG): Nach dem engen Versammlungsbegriff, den das BVerfG vertritt, ist eine Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (BVerfG v. 12.7.2001 – 1 BvQ 28/01 und BvQ 30/01, NJW 2001, 2459 (2460)).  
(2) Erweiterter Versammlungsbegriff: Nach dem erweiterten Versammlungsbegriff bedeutet Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Meinungsbildung und Meinungsäußerung (so noch BVerwG v. 21.4.1989 – 7 C 50/88, NJW 1989, 2411 (2412)).
→ Im Gegensatz zum engen Versammlungsbegriff muss die kollektive Meinungsbildung nicht auf öffentliche Angelegenheiten gerichtet sein.
(3) Weiter Versammlungsbegriff: Nach dem weiten Versammlungsbegriff versteht man unter einer Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen, zwischen denen durch einen gemeinsamen Zwecke eine innere Verbindung besteht
→ Der weite Versammlungsbegriff verzichtet auf das Merkmal der kollektiven Meinungsäußerung und Meinungsbildung und lässt jede Art von Verbundenheit der Teilnehmer ausreichen.
2. Friedlich
Friedlich ist eine Versammlung, die keinen gewalttätigen bzw. aufrührerischen Verlauf annimmt oder von vornherein auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet ist. Entscheidend sind im Zweifel das Verhalten der Versammlungsleitung und/oder die Mehrzahl der Versammlungsteilnehmer.
3. Ohne Waffen
Die Versammlung findet ohne Waffen statt, wenn keine Waffen im Sinne von § 1 Abs. 2 WaffG mitgeführt werden und auch keine gefährlichen Werkzeuge, die zum Zwecke des Einsatzes mitgeführt werden, vorhanden sind.
4. Unter freiem Himmel
Die Begrifflichkeit aus dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt nach Art. 8 Abs. 2 GG ist nicht wortwörtlich zu verstehen. Vielmehr muss nach Sinn und Zweck zwischen Versammlungen unter freiem Himmel und solchen in geschlossenen Räumlichkeiten differenziert werden: Die Versammlung „unter freiem Himmel“ birgt vergleichsweise eher die Gefahr einer unmittelbaren Konfrontation mit Unbeteiligten, sie hat ein größeres Konfliktpotential mit Blick auf Rechte Dritter. Die Versammlung in geschlossenen Räumen ruft hingegen üblicherweise weniger regelungsbedürftige Konflikte hervor. Entscheidend ist deshalb für die Versammlung unter freiem Himmel, dass eine erhöhte Gefährlichkeit dadurch besteht, dass ein unkontrollierter Zugang grundsätzlich für jedermann möglich ist. Davon ist auszugehen, wenn keine Eingangs- bzw. Zugangskontrollen existieren.
II. Problemstellungen / Streitstände
Im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit werden einige Problemfälle wiederkehrend abgefragt. Oftmals geht es dabei nur um verfassungsrechtliche Spezifika, teilweise werden auch versammlungsrechtsspezifische Fragestellungen aufgeworfen. Die nachstehenden Klausurkonstellationen sind – ohne dass man sich in der Vorbereitung hierauf beschränken sollte – diejenigen, die jedem Prüfling für eine erfolgreiche Fallbearbeitung bekannt sein sollten.
1. Unmittelbare Grundrechtsbindung Privater
Ein echter Klausurklassiker dürfte mittlerweile die Fraport Entscheidung des BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 sein. Zwei der zentralen Rechtsfragen des Urteils sind die Grundrechtsbindung öffentlich beherrschter (privater) Unternehmen sowie das Verständnis des Forums, das für die Versammlung genutzt wird.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt (aus dem Urteil entnommen) zugrunde:

Der Flughafen Frankfurt a. M. wird von der Fraport-AG, der Bekl. des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Bekl.), betrieben, in deren Eigentum auch das Flughafengelände steht. Zum Zeitpunkt des den Anlass für den Zivilrechtsstreit bildenden „Flughafenverbots“ gegenüber der Bf. im Jahr 2003 besaßen das Land Hessen‚ die Stadt Frankfurt a. M. und die Bundesrepublik Deutschland zusammen circa 70% der Aktien, während sich der Rest in privater Hand befand. Seit dem Verkauf der Bundesanteile halten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt a. M., Letztere über eine 100%-ige Tochter, zusammen nunmehr rund 52% der Aktien. Die übrigen Anteile befinden sich in privatem Streubesitz. Bei Verhängung des Meinungskundgabe- und Demonstrationsverbots befanden sich auf dem Flughafen Frankfurt a. M. sowohl auf der „Luftseite“, dem nur mit Bordkarte zugänglichen Bereich hinter den Sicherheitskontrollen, als auch auf der „Landseite“, dem ohne Bordkarte zugänglichen Bereich vor den Sicherheitskontrollen, eine Vielzahl von Läden und Serviceeinrichtungen sowie eine Reihe von Restaurants, Bars und Cafés.
Die Benutzung des Flughafengeländes durch Flugpassagiere und andere Kunden regelte die Bekl. durch die vom Land Hessen genehmigte Flughafenbenutzungsordnung in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung vom 1. 1. 1998. Diese enthielt in Teil II (Benutzungsvorschriften) unter anderem folgende Bestimmung:
4.2. Sammlungen, Werbungen, Verteilen von Druckschriften. Sammlungen, Werbungen sowie das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften bedürfen der Einwilligung des Flughafenunternehmers.
In der derzeit geltenden Fassung vom 1. 12. 2008 erklärt die Flughafenbenutzungsordnung Versammlungen in den Gebäuden des Flughafens ausdrücklich für unzulässig.
Die Bf. betrat gemeinsam mit fünf weiteren Aktivisten der „Initiative gegen Abschiebungen“ am 11. 3. 2003 den Terminal 1 des Flughafens, sprach an einem Abfertigungsschalter Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa an und verteilte Flugblätter zu einer bevorstehenden Abschiebung. Mitarbeiter der Bekl. und Einsatzkräfte des Bundesgrenzschutzes beendeten die Aktion. Mit Schreiben vom 12. 3. 2003 erteilte die Bekl. der Bf. ein „Flughafenverbot“ und wies sie darauf hin, gegen sie werde Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt, sobald sie „erneut hier unberechtigt angetroffen“ werde. Mit einem erläuternden Schreiben vom 7. 11. 2003 wies die Bekl. die Bf. unter Verweis auf ihre Flughafenbenutzungsordnung darauf hin, sie dulde „mit uns nicht abgestimmte Demonstrationen im Terminal aus Gründen des reibungslosen Betriebsablaufs und der Sicherheit grundsätzlich nicht“. 

Fraglich war zunächst, ob die Fraport AG als privates Unternehmen überhaupt unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist. Ausgangspunkt ist dabei Art. 1 Abs. 3 GG, wonach die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden. Zwischen Bürgern wirken die Grundrechte grundsätzlich nicht unmittelbar, sondern nur im Wege der sog. mittelbaren Drittwirkung, die im Zivilrecht wiederum durch „Einfallstore“ wie Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe stattfindet.
Was gilt aber, wenn ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen sowohl im Eigentum Privater, als auch der öffentlichen Hand steht? Das BVerfG stellt in der Fraport Entscheidung fest: „Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen unterliegt dann der unmittelbaren Grundrechtsbindung, wenn es von den öffentlichen Anteilseignern beherrscht wird. Dies ist in der Regel der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Anteile im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Insoweit kann grundsätzlich an entsprechende zivilrechtliche Wertungen angeknüpft werden“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1203)). Auf die konkreten Einwirkungsbefugnisse soll es hingegen nicht ankommen. Die Gegenansicht lehnt eine unmittelbare Grundrechtsbindung des Unternehmens insgesamt ab, vielmehr soll die Grundrechtsbindung und Grundrechtsverpflichtung nur den einzelnen öffentlich-rechtlichen Anteilseigner treffen. Im Übrigen kann danach allenfalls eine mittelbare Drittwirkung von Grundrechten in Betracht kommen. Anknüpfungspunkt für diese Ansicht ist der Wortlaut aus Art. 1 Abs. 3 GG. In tatsächlicher Hinsicht obläge es dann dem öffentlich-rechtlichen Anteilseigner, auf das privatrechtlich organisierte Unternehmen einzuwirken und dadurch seinen grundrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vermieden werden soll dadurch in erster Linie eine übermäßige Belastung der privaten Anteilseigner. Dieses Argument wird seitens der Rechtsprechung entkräftet, indem auf die Freiwilligkeit einer Beteiligung am Unternehmen abgestellt wird. Den privatrechtlichen Akteuren stehe es danach frei, sich am Unternehmen zu beteiligen oder nicht, was auch dann gelte, wenn die Eigentumsverhältnisse erst nachträglich durch Eintritt der öffentlichen Hand verändert werden. In der Klausur sind beide Ansichten vertretbar, allerdings wird man mit Blick auf den Aufbau des Gutachtens im Zweifel besser fahren, wenn man der Ansicht des BVerfG folgt.
Zuletzt muss auch mit Blick auf das Forum, in dem eine Versammlung zulässig ist, nach den Vorgaben des BVerfG unterschieden werden: Art. 8 GG berechtigt nicht dazu, Versammlungen überall und uneingeschränkt abzuhalten. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass nur der öffentliche Straßenraum genutzt werden darf. Das Gericht weitet das Grundrecht in seiner örtlichen Dimension aus: „Entsprechendes gilt aber auch für Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraums, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen. Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Flächen sich in eigenen Anlagen befinden oder in Verbindung mit Infrastruktureinrichtungen stehen, überdacht oder im Freien angesiedelt sind.“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1204)).
2. Spontanversammlungen
Versammlungen sind nicht immer von langer Hand geplant, sie können auch spontan, etwa aufgrund eines aktuellen, möglicherweise unerwarteten Geschehens entstehen. Die Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 GG schützt auch solche Versammlungen. § 14 Abs. 1 VersG sieht nun vor, dass öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel spätestens 48 Stunden vor Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstands der Versammlung anzumelden sind.
Das Spannungsverhältnis zwischen Spontanversammlungen und der Anmeldepflicht aus § 14 Abs. 1 VersG muss im Wege der verfassungskonformen Auslegung gelöst werden: Die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung von Spontanversammlungen bzw. Spontandemonstrationen entfällt, sofern sich diese aus aktuellem Anlass augenblicklich ergeben. Die versammlungsrechtlichen Bestimmungen sind auf Spontanversammlungen nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht anwendbar, „soweit der mit der Spontanveranstaltung verfolgte Zweck bei Einhaltung dieser Vorschriften nicht erreicht werden könnte. Ihre Anerkennung trotz Nichtbeachtung solcher Vorschriften lässt sich damit rechtfertigen, dass Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich die Freiheit garantiert, sich “ohne Anmeldung oder Erlaubnis” zu versammeln, dass diese Freiheit zwar nach Absatz 2 für Versammlungen unter freiem Himmel auf gesetzlicher Grundlage beschränkbar ist, dass solche Beschränkungen aber die Gewährleistung des Absatz 1 nicht gänzlich für bestimmte Typen von Veranstaltungen außer Geltung setzen dürfen, dass vielmehr diese Gewährleistung unter den genannten Voraussetzungen von der Anmeldepflicht befreit.“ (BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395 (2397)). 
3. Hervorrufen gewaltbereiter Gegendemonstration
Verursacht eine Versammlung eine Gegendemonstration, kollidieren regelmäßig verfassungsrechtlich geschützte Güter. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters hinsichtlich des Ortes der Versammlung ist im Ausgangspunkt zwar von Art. 8 GG geschützt, allerdings kann es durch Rechte Dritter beschränkt sein. Die gegenläufigen Interessen müssen dabei austariert werden. Trifft eine Veranstaltung auf eine Gegendemonstration und sind damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung  – etwa aufgrund Konfrontationsgefahren – verbunden, so ist der zuerst angemeldeten Versammlung grundsätzlich Priorität einzuräumen (VGH München v. 16.9.2015 – 10 CS 15.2057). Etwas anderes gilt jedoch, wenn wichtige Gründe wie etwa die besondere Bedeutung des Ortes und des Zeitpunktes für die Verfolgung des jeweiligen Versammlungszwecks für eine andere Vorgehensweise sprechen. Maßgebend ist der Prioritätsgrundsatz jedenfalls, wenn die später angemeldete Versammlung allein oder überwiegend den Zwecke verfolgt, die zuerst angemeldete Versammlung an einem bestimmten Ort zu verhindern (BVerfG Beschl. v. 6.5.2005 – 1 BvR 961/05, NVwZ 2005, 1055 (1055)).
4. Auflösen der Versammlung bei einzelnen unfriedlichen Teilnehmern
Probleme bereiten Versammlungen oftmals, wenn sie zwar in ihrer Gesamtheit keinen aufrührerischen bis hin zu einem gewalttätigen Verlauf nehmen, allerdings einzelne Teilnehmer der Veranstaltung unfriedliches Verhalten aufweisen. Das Spannungsverhältnis ergibt sich daraus, dass diejenigen Teilnehmer der Versammlung, die sich friedlich verhalten, nicht in ihren verfassungsrechtlichen geschützten Positionen durch unfriedliches Verhalten anderer Teilnehmer beeinträchtigt bzw. beschränkt werden sollen. Das BVerfG geht davon aus, dass die Versammlungsfreiheit auch dann geschützt werden muss, wenn mit Ausschreitungen durch einzelne Teilnehmer oder eine Minderheit zu rechnen ist. Das gilt jedenfalls, soweit nicht zu befürchten ist, dass die Veranstaltung im Ganzen einen unfriedlichen Verlauf annehmen wird. Ein präventives Verbot der gesamten Versammlung ist nur unter Zugrundelegung eines strengen Maßstabs an die Gefahrenprognose möglich. Erforderlich ist deshalb eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ des Schadenseintritts (vgl. Drosdzol, JuS 1983, 414 (415)). Zudem müssen alle sonstigen in Betracht kommenden Mittel zuvor ausgeschöpft worden sein (vgl. insgesamt hierzu BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395).   
5. Versammlungen mit musikalischen/künstlerischen Elementen
Sind politisch motivierte Veranstaltungen, die auch musikalische Darbietungen und kommerzielle Elemente enthalten, unter den Schutz der Versammlungsfreiheit zu fassen? Mit dieser Fragestellung befasste sich u.a. das VG Hannover, Beschl. v. 8.11.2013 – 10 B 7448/13. Bei einer dem linken Spektrum zuzuordnenden mit dem Leitthema „Für ein menschenwürdiges Leben – Gegen Sozialabbau und Behördenwillkür“ fanden neben Reden und Diskussion zu politischen Inhalten auch öffentliche Konzerte sowie der Verkauf von CDs und Merchandise Produkten statt. Legt man den engen Versammlungsbegriff des BVerfG an, ist fraglich, ob in einer solchen Konstellation noch von einer gemeinschaftlichen Erörterung und Kundgebung mit dem – ausschließlichen – Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gesprochen werden kann. Nach der Rechtsprechung bedarf es einer Schwerpunktbetrachtung: Der Schutz von Art. 8 GG entfällt jedenfalls dann, wenn die musikalischen und kommerziellen Bestandteile der Veranstaltung den eigentlichen Zweck – Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung – „an den Rand drängen“. Andererseits ist es nicht unüblich und für die Durchsetzung der kollektiven Meinungsbildung sogar oftmals förderlich, wenn Inhalte der Versammlung durch musikalische Begleitung unterstützt bzw. verstärkt werden. Dies gilt umso mehr, wenn die musikalische Darbietung einen Kontext zur politischen Diskussion aufweist.
 
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