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Schlagwortarchiv für: OLG Hamm

Dr. Melanie Jänsch

OLG Hamm: Strafbarkeit bei kontaktloser Zahlung ohne PIN durch den Nichtberechtigten

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT

Mit Beschluss vom 07.04.2020 (Az.: 4 RVs 12/20) hat sich das OLG Hamm mit einer neuen Konstellation aus dem Bereich der extrem klausur- und examensrelevanten EC-Karten-Fälle, namentlich der Strafbarkeit bei der Verwendung einer EC-Karte im Wege kontaktloser Zahlung ohne PIN-Abfrage durch den Nichtberechtigten, befasst. Angesichts der Vielzahl der zu prüfenden Delikte und der sie betreffenden Streitigkeiten sowie der Erforderlichkeit exakter Subsumtion unter zumeist schwer greifbare Definitionen ist eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Thematik für jeden Examenskandidaten ohnehin ein Muss. Kommen aktuelle Entscheidungen mit neuen Problemen – wie der Behandlung kontaktloser Zahlungsvorgänge – hinzu, ist der Einzug der Problematik in Klausuren und mündliche Prüfungen umso wahrscheinlicher. Die Entscheidung soll daher im Rahmen des nachfolgenden Beitrags ausführlich besprochen werden.
 
Anmerkung: Für eine ausführliche Übersicht verschiedener EC-Karten-Konstellationen ist auf unseren Grundlagenbeitrag zu verweisen.
 
A) Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt)
Der Sachverhalt ist schnell erzählt: Der O verlor in der Stadt sein Portemonnaie, worin sich unter anderem seine EC-Karte befand. Noch am gleichen Tag gelangte der T in den Besitz des Portemonnaies und begab sich – in dem Wissen, dass ihm die Karte nicht gehörte und er zur Nutzung nicht berechtigt war – sogleich zum Supermarkt S. Dort tätigte er an der Kasse beim Mitarbeiter M nacheinander verschiedene Einkäufe, indem er die zuvor aufgefundene EC-Karte auf das Kartenlesegerät zur Bezahlung auflegte. Da alle Einkäufe jeweils einen Warenwert von unter 25,00 Euro aufwiesen, war die Eingabe der PIN nicht erforderlich, was dem T bekannt war und von diesem bewusst ausgenutzt wurde. Die bei den Einkäufen erhaltenen Waren beabsichtigte er für sich zu behalten.
Strafbarkeit des T nach dem StGB?
 
B) Rechtsausführungen
I. Betrug, §§ 263 Abs. 1, 4, 248a StGB
In Betracht kommt eine Strafbarkeit wegen Betrugs gemäß §§ 263 Abs. 1, 4, 248a StGB.  
1. Dies erfordert im objektiven Tatbestand zunächst eine Täuschung über Tatsachen, die kausal einen Irrtum auf Seiten Vermögensverfügenden erregt oder aufrechterhalten hat. Vorliegend könnte der T den Mitarbeiter M konkludent über seine Berechtigung zur Zahlung mit der EC-Karte getäuscht haben, sodass dieser den T irrig für den berechtigten Karteninhaber hielt. Eine Täuschung liegt in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Dabei genügt jedes Verhalten, durch das im Wege einer Einwirkung auf das intellektuelle Vorstellungsbild eines anderen eine Fehlvorstellung über die Realitäten erregt oder unterhalten werden kann (Schönke/Schröder/Perron, 30. Aufl. 2019, StGB § 263 Rn. 6). Dieses Verhalten müsste kausal zu einem Irrtum, also einem Widerspruch zwischen subjektiver Vorstellung und der Wirklichkeit, geführt haben (BeckOK StGB/Beukelmann, 46. Ed. (Stand: 01.05.2020), StGB § 263 Rn. 23). Nicht ausreichend ist hierfür der Fall, dass sich der Getäuschte überhaupt keine Gedanken macht; dagegen genügt sogenanntes sachgedankliches Mitbewusstsein in Form eines ständigen Begleitwissens (exemplarisch BGH, Urt. v. 09.06.2009 – 5 StR 394/08, NJW 2009, 2900, 2901, Rn. 17; BeckOK StGB/Beukelmann, 46. Ed. (Stand: 01.05.2020), StGB § 263 Rn. 25). Im vorliegenden Fall hat das OLG Hamm indes sowohl das Vorliegen einer Täuschung als auch eines Irrtums vor dem Hintergrund der besonderen Modalität des kontaktlosen Bezahlens ohne PIN-Abfrage verneint:

„Die Berechtigung […] zur Verwendung der ec-Karte war aus der objektiven Perspektive des an den Zahlungsvorgängen beteiligten Betreibers des H-Marktes bzw. den in seinem Lager stehenden Kassenmitarbeitern bei der kontaktlosen ec-Zahlung ohne PIN-Abfrage ohne rechtliche Relevanz, weil der Zahlungsausgleich des Händlers unabhängig von der Berechtigung des Angeklagten durch die [Bank] garantiert war. […] Anders als bei der herkömmlichen Bezahlung im POS-Verfahren, bei welcher die ec-Karte durch ein Lesegerät gezogen wird, muss bei der kontaktlosen Bezahlung mittels near field communication-Technologie („NFC“) die Karte nicht in das Kartenlesegerät eingesteckt, sondern nur in dessen Nähe gehalten werden, um den elektronischen Zahlungsvorgang auszulösen. Zudem kann die kartenausgebende Bank […] bei kontaktlos ausgelösten Transaktionen unter bestimmten Voraussetzungen davon absehen, eine starke Kundenauthentifizierung zu verlangen […]. Das bedeutet, dass die Bank darauf verzichten kann, die zu der ec-Karte gehörige PIN (personal identification number) abzufragen. […] Wird mit einer ec-Karte kontaktlos ein Zahlungsvorgang ausgelöst, werden die Zahlungsdaten an die Autorisierungszentrale der kartenausgebenden Bank übermittelt. Dort überprüft ein Computer der kartenausgebenden Bank, ob die verwendete ec-Karte in keine Sperrdatei eingetragen ist, der Verfügungsrahmen nicht überschritten wird und ob die Voraussetzungen für das Absehen von einer PIN-Abfrage im konkreten Fall vorliegen (vgl. Altenhain JZ 1997, 752). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erteilt der Bankencomputer eine elektronische Autorisierung des Umsatzes, die dem am Zahlvorgang beteiligten Händler […] übermittelt wird. Mit der positiven Autorisierung gibt das kartenausgebende Kreditinstitut zugleich die Erklärung gegenüber dem Händler ab, dass es die Forderung in Höhe des am ec-Terminal autorisierten Betrages begleichen werde (vgl. Nr. 5 der Händlerbedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft, Stand Oktober 2016).“ (Rn. 10 ff.)

Kurz zusammengefasst erlangt der Händler bei der kontaktlosen Bezahlung ohne PIN-Abfrage also nach erfolgreicher Autorisierung unmittelbar eine einredefreie Forderung gegen die Bank, sodass für die Entstehung des Zahlungsanspruchs die Berechtigung des kartenvorlegenden Kunden unerheblich ist. Angesichts dessen besteht kein Anlass für die Mitarbeiter, sich Gedanken über die Berechtigung zur Kartenverwendung zu machen. Ebenfalls besteht sowohl für den Betreiber des Supermarktes als auch für die Mitarbeiter keine Pflicht, die Berechtigung des Kunden auf andere Weise – etwa durch Ausweiskontrolle – zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund „fehlt es an einer Grundlage für die Annahme, dass der Angeklagte als Kunde seine Berechtigung zur Kartennutzung nach der Verkehrsanschauung fälschlich konkludent erklärt hätte und dass die Kassenmitarbeiter wenigstens im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins einer entsprechenden irrigen Vorstellung unterlegen wären.“ (Rn. 14)
2. Mangels Täuschung und korrespondierenden Irrtums der im Lager des Supermarktinhabers stehenden Angestellten scheidet eine Strafbarkeit wegen Betrugs mithin aus.
 
Merke: Eine relevante Täuschung bzw. ein Irrtum fehlen immer dann, wenn sich der Kartenaussteller gegenüber dem Händler verpflichtet, den Rechnungsbetrag zu begleichen, denn dann muss sich der Händler bzw. sein Mitarbeiter keine Gedanken über die Berechtigung des Kartenverwenders machen. Das ist stets der Fall im sog. Drei-Parteien-System bei der Verwendung von Kreditkarten, aber auch in dem angesprochenen Point-of-Sales-Verfahren (POS-Banking, auch electronic cash-System genannt), das hier in Form des kontaktlosen Zahlens ohne PIN-Abfrage vorliegt. Anderes gilt dagegen für das Lastschriftverfahren, denn hier garantiert die Bank nicht die Begleichung der Forderung; vielmehr trägt hier der Händler das Risiko der Lastschriftrückgabe, sodass bei einer Verwendung durch den Nichtberechtigten eine Strafbarkeit nach § 263 StGB in Betracht kommt (Lackner/Kühl/Kühl, StGB, 29. Aufl. 2018, § 263 Rn. 11; Schönke/Schröder/Perron, 30. Aufl. 2019, StGB § 263 Rn. 30).
 
II. Computerbetrug, §§ 263a Abs. 1, 2, 263 Abs. 4, 248a StGB
Zu prüfen ist ferner eine Strafbarkeit wegen Computerbetrugs gemäß §§ 263a Abs. 1, 2, 263 Abs. 4, 248a StGB.
1. Hierfür ist im Rahmen des objektiven Tatbestandes erforderlich, dass durch unrichtige Gestaltung des Programms, die Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, die unbefugte Verwendung von Daten oder durch sonstige unbefugte Einwirkung auf den Ablauf das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs beeinflusst wird. In Betracht kommt vorliegend allein eine unbefugte Verwendung von Daten i.S.v. Var. 3 durch das kontaktlose Zahlen ohne Berechtigung des Verwendenden. Durch das Halten der Karte in die Nähe des Kartenlesegeräts hat T elektronisch den Zahlungsvorgang ausgelöst; eine Verwendung von Daten liegt also vor. Indes müsste es sich aber auch um eine unbefugte Verwendung von Daten handeln. Wie das Merkmal unbefugt zu bestimmen ist, ist in Rechtsprechung und Lehre umstritten.
a) Nach der subjektiven Auslegung ist hierunter das Verwenden gegen den Willen des Berechtigten zu verstehen (so etwa BayOLG, NJW 1991, 438, 440). Unabhängig davon, ob man die kartenausstellende Bank oder den ursprünglichen Karteninhaber O als Berechtigten erachtet, widerspricht eine Zahlung durch einen Nichtberechtigten in jedem Fall dem Willen des Berechtigten. Eine unbefugte Verwendung wäre nach dieser Ansicht gegeben.
b) Nach der computerspezifischen Auslegung ist ein unbefugtes Verwenden dagegen nur dann zu bejahen, „wenn der durch Täterhandeln verletzte Wille in der konkreten Programmgestaltung hinreichend Niederschlag gefunden hat. Aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeschieden werden mit diesem Ansatz insbesondere die Fälle, in denen der Täter den elektronisch gesteuerten Automaten ordnungsgemäß bedient“ (MüKoStGB/Mühlbauer, 3. Aufl. 2019, StGB § 263a  45). Da T den Zahlungsvorgang aus objektiver Perspektive ordnungsgemäß ausgelöst hat – die fehlende Berechtigung also in der Programmgestaltung keinen Niederschlag gefunden hat –, handelt es sich nach der computerspezifischen Auslegung nicht um eine unbefugte Verwendung.
c) Nach der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen betrugsspezifischen oder auch täuschungsäquivalenten Auslegung ist entscheidend, ob die Handlung gegenüber einem Menschen eine Täuschung i.S.v.  263 StGB darstellen würde (MüKoStGB/Mühlbauer, 3. Aufl. 2019, StGB § 263a Rn. 44). Das ist dann der Fall, wenn der Täter jedenfalls konkludent seine Berechtigung zur Inanspruchnahme der Leistung vorspiegelt. Legt man – wie auch das OLG Hamm in der vorliegenden Entscheidung – die betrugsspezifische Auslegung zugrunde, ist die Verwendung ebenfalls nicht als unbefugt zu werten:

„Gemessen an diesen Maßstäben fehlt es bei den hier vorliegenden kontaktlosen Einsätzen einer ec-Karte im POS-Verfahren, bei denen die PIN bei der Bezahlung gerade nicht abgefragt wird, an der Betrugsähnlichkeit. Denn anders als in den Fällen, in denen der Bankcomputer die PIN vom Kartenverwender abfragt, wird hierbei die Berechtigung desjenigen, der den elektronischen Zahlungsvorgang durch Vorhalten der Karte vor das Lesegerät auslöst, gerade nicht durch Anwendung einer starken Kundenauthentifizierung im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 2 ZAG überprüft. […] Gegenüber einem an die Stelle des Bankcomputers in der Autorisierungszentrale tretenden Bankangestellten würden also auch nur die Einhaltung des Verfügungsrahmens, die Nicht-Eintragung in eine Sperrdatei und das Vorliegen der Voraussetzungen für das Absehen von der starken Kundenauthentifizierung erklärt. Nicht erklärt würde hingegen, dass die Voraussetzungen zur vollen Überprüfung der materiellen Berechtigung zur Kartennutzung vorliegen. Damit aber würde ein fiktiver menschlicher Bankangestellter an Stelle des Bankcomputers auch keinem dahingehenden Irrtum bezüglich der Berechtigung unterliegen, womit es an der für die Unbefugtheit erforderlichen Betrugsähnlichkeit fehlt.“ (Rn. 22)

Anmerkung: Das ist also gerade der Unterschied zu dem Fall, dass der Nichtberechtigte ohne Wissen und Wollen des Karteninhabers Zugang zur PIN erhalten hat und bei der Kartenzahlung ebendiese – sich unberechtigt verschaffte – PIN eingibt. Dieser Fall ist nahezu unstreitig von § 263a StGB erfasst (Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl. 2018, § 263a Rn. 14 m.w.N.; MüKoStGB/Mühlbauer, 3. Aufl. 2019, § 263a Rn. 57).
 
d) Da die Meinungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, muss der Streit entschieden werden. Vorzugswürdig erscheint die betrugsspezifische Auslegung, da nur diese den Sinn und Zweck des  263a StGB, einen Auffangtatbestand für die Fälle zu bilden, in denen gerade kein Mensch getäuscht wird, widerspiegelt. Zudem würde etwa die subjektive Auslegung einen Wertungswiderspruch zu § 266b StGB bedeuten. Denn dieser kennt zum einen keine Versuchsstrafbarkeit, zum anderen hat er einen geringeren Strafrahmen als § 263a StGB. Durch die Anwendung des § 263a StGB auf den berechtigten Karteninhaber würden diese bewussten Wertungen des Gesetzgebers unterlaufen werden. Damit handelt es sich nicht um eine unbefugte Verwendung von Daten.
2. Auch nach § 263a StGB hat sich T nicht strafbar gemacht.
 
III. Fälschung beweiserheblicher Daten, §§ 269 Abs. 1, 270 StGB
Weiter hat das OLG Hamm eine Strafbarkeit wegen Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß §§ 269 Abs. 1, 270 StGB geprüft.
1. Die Strafbarkeit setzt im objektiven Tatbestand zunächst voraus, dass eine Datenurkunde vorliegt. Bereits dies hat das Gericht verneint:

„Ein Speichern oder Verändern beweiserheblicher Daten gemäß § 269 Abs. 1 StGB erfordert nämlich, dass beweiserhebliche Daten so manipuliert werden, dass im Falle ihrer visuellen Wahrnehmbarkeit im Sinne des § 267 StGB eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde (Fischer StGB, 67. Aufl. 2020, § 269 Rn. 5; Heger in Lackner/Kühl-StGB, 29. Aufl. 2018, § 269 Rn. 2). Die betroffenen Daten müssen also bis auf das Erfordernis der visuellen Wahrnehmbarkeit alle Merkmale des Urkundenbegriffs aufweisen. Die hier insofern allein in Frage kommenden Transaktionsdaten erfüllen aber nicht alle Urkundenvoraussetzungen. Zwar werden bei dem Einsatz einer ec-Karte im POS-Verfahren am Kartenlesegerät die Transaktionsdaten (z.B. Kontonummer und Gültigkeitsdatum der ec-Karte) als Gedankenerklärung in das Autorisierungssystem eingelesen. Allerdings ist in Bezug auf die Transaktionsdaten bei den hier vorliegenden kontaktlosen Zahlungen mittels ec-Karte ohne PIN-Abfrage die Garantiefunktion des Urkundenbegriffs nicht erfüllt. Diese erfordert, dass der vermeintliche Aussteller der Gedankenerklärung erkennbar ist. An einer solchen eindeutigen Identifikationsmöglichkeit fehlt es aber mangels PIN-Abfrage.“ (Rn. 26 f.)

Anders die Eingabe der PIN, die nur dem berechtigten Karteninhaber mitgeteilt wird, erlaube der kontaktlose Bezahlvorgang ohne PIN-Eingabe also keinen Rückschluss darauf, dass der Verwender der berechtigte Karteninhaber sei. Der bloße unmittelbare Besitz könne hierfür nicht genügen. Insofern fehle es an einer Zuordnung der Gedankenerklärung zu dem berechtigten Karteninhaber als Aussteller.
2. Mangels Datenurkunde scheitert also auch eine Strafbarkeit nach §§ 269 Abs. 1, 270 StGB.
 
IV. Scheck- und Kreditkartenmissbrauch, § 266b Abs. 1 StGB
Eine Strafbarkeit wegen Scheck- und Kreditkartenmissbrauchs nach § 266b Abs. 1 StGB kommt nicht in Betracht, da T kein berechtigter Karteninhaber ist und daher kein tauglicher Täter sein kann.
 
V. Ausspähen von Daten, § 202a Abs. 1 StGB
Ebenso wenig ergibt sich eine Strafbarkeit wegen Ausspähens von Daten gemäß § 202a Abs. 1 StGB. Denn hierfür ist erforderlich, dass sich der Täter die auf der Karte gespeicherten Daten unter Überwindung einer Zugangssicherung verschafft (hierzu Lackner/Kühl/Heger, 29. Aufl. 2018, StGB, § 202a Rn. 5). Zum einen sind die Daten indes schon nicht besonders gesichert, soweit sie auf der ec-Karte mittels herkömmlichen Lesegeräts auslesbar sind. Jedenfalls hat sich der T aber keinen Zugang zu etwaig gesicherten Daten unter Überwindung einer Sperre verschafft.
 
VI. Urkundenunterdrückung, § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB
Bleibt als letzter Straftatbestand die Unterdrückung beweiserheblicher Daten als Unterfall der Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu prüfen.
1. Vorliegen müssen dafür beweiserhebliche Daten, über die der Täter nicht ausschließlich verfügen darf. Entsprechend der Legaldefinition in § 202a Abs. 2 StGB werden ausschließlich elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeicherte oder übermittelte Daten erfasst (Schönke/Schröder/Heine/Schuster, 30. Aufl. 2019, StGB, § 274 Rn. 22c m.w.N.). Hier bestehen die beweiserheblichen Daten nach den Ausführungen des OLG Hamm in der Höhe des Verfügungsrahmens sowie den Umständen der bisherigen Karteneinsätze seit der letzten PIN-Abfrage (Anzahl der bisherigen Einsätze im kontaktlosen Bezahlverfahren ohne PIN-Abfrage und Höhe der jeweiligen Zahlbeträge nach den Vorgaben von Art. 11 lit. b), c) der Technischen Regulierungsstandards), die im Computer der Autorisierungszentrale bzw. auf dem Chip der ec-Karte gespeichert werden.
 
Anmerkung: Ob die Daten wie i.R.d. § 269 StGB urkundengleich sein müssen, hat das OLG Hamm offen gelassen; nach seinen Ausführungen ist hier Urkundengleichheit jedenfalls anzunehmen, denn der Verfügungsrahmen sowie die Umstände der bisherigen Kartennutzung seit der letzten PIN-Abfrage würden Gedankenerklärungen darstellen, die durch die Speicherung hinreichend perpetuiert seien. Weiterhin seien diese Daten beweiserheblich, weil sie für die Autorisierung weiterer Bezahlvorgänge mit der Karte Relevanz erlangen würden. Im Gegensatz zu den Transaktionsdaten (s.o.) ergebe sich eindeutig die kartenausstellende Bank als Aussteller der Daten, sodass auch die Garantiefunktion gegeben sei (ausführlich Rn. 37).
 
2. Mit der Verwendung der Karte hat der T diese Daten überschrieben, also gelöscht bzw. verändert i.S.d. Norm, sodass der objektive Tatbestand vorliegt.
3. T handelte auch wissentlich und willentlich, mithin vorsätzlich. Darüber hinaus handelte er nach den Feststellungen des Gerichts auch in dem Bewusstsein, dass die notwendige Folge seines Handels der Nachteil des Berechtigten ist, mit der Urkunde keinen Beweis mehr erbringen zu können (s. hierzu auch BGH, Urt. v. 08.10.1953 – 4 StR 395/53, NJW 1953, 1924).
4. Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
5. T hat sich nach § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht.
 
Anmerkung: Ebenfalls schuldig gemacht hat sich der T wegen Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB. Die Datenveränderung tritt aber im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter dem ebenfalls verwirklichten § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB zurück (Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl. 2019, § 303a Rn. 14).
 
C) Fazit
Kurz zusammengefasst gilt nach der Entscheidung des OLG Hamm also:

  • Wer als Nichtberechtigter mit einer EC-Karte kontaktlos ohne PIN-Abfrage bezahlt, der macht sich mangels Täuschung und Irrtums nicht nach § 263 StGB und mangels unbefugten Verwendens auch nicht nach § 263a StGB strafbar. Denn anders als in Fällen, in denen die PIN abgefragt wird, wird bei der kontaktlosen Zahlung die Berechtigung des Kunden nicht durch Anwendung einer starken Kundenauthentifizierung überprüft – und damit fehlt es in dieser Konstellation an der Betrugsähnlichkeit.
  • Ebenso scheitert eine Strafbarkeit nach § 269 Abs. 1, 270 StGB sowie nach § 266b Abs. 1 StGB.
  • Ein solches Verhalten kann aber als Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB sowie nachrangig als Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB strafbar sein.

 

14.09.2020/3 Kommentare/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-09-14 08:30:052020-09-14 08:30:05OLG Hamm: Strafbarkeit bei kontaktloser Zahlung ohne PIN durch den Nichtberechtigten
Dr. Melanie Jänsch

OLG Hamm: Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum

BGB AT, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

In seinem Urteil vom 4. April 2019 (Az.: 5 U 40/18) hat sich das OLG Hamm jüngst mit einer Fülle klausurrelevanter Probleme des BGB AT auseinandergesetzt. Konkret ging es um die schwierige Abgrenzung des Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB und des Eigenschaftsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB beim Identitätsirrtum („error in objecto“) im Rahmen der Anfechtung einer dinglichen Einigung. Insbesondere war hierbei darauf zu achten, in strikter Befolgung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Ebene zu differenzieren. Die Entscheidung gleicht einem BGB AT-Lehrbuchfall und soll daher zum Anlass genommen werden, diese Grundprobleme – deren sichere Beherrschung nicht nur für Erstsemester unentbehrlich ist – durch Erläuterung im Gutachtenstil verständlicher zu machen.
 
A. Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt):
K und V hatten einen Kaufvertrag über ein Pferd namens „H“ geschlossen, welches von V an K veräußert und übereignet wurde. Die Parteien kamen überein, dass der K die Möglichkeit erhalten sollte, das Pferd „H“ gegen ein anderes Pferd des V zu tauschen. Am 13.12.2016 teilte der V dem K per E-Mail mit, dass dieser „H“ gegen das Pferd „F“ tauschen könne. Das Pferd „F“ stamme aus einer sog. besonderen „Linienzucht“. Der K bat daraufhin um die Übersendung eines Fotos. Ein Mitarbeiter des V hatte jedoch nicht die Stute „F“ aus dem Stall geholt, um diese zu fotografieren, sondern das Pferd „G“. Folglich wurde dem K ein Foto des Pferdes „G“ gesendet. Die Parteien vereinbarten, dass der K sich zum Gut des V begeben und sich dort zunächst das Pferd anschauen sollte. Dabei ging der K davon aus, es handele sich bei dem Pferd, welches er im Austausch für „H“ erhalten solle, um das Pferd, dessen Fotografie ihm vorab zugesandt worden war. Am 15.12.2016 begab sich der K vereinbarungsgemäß zum Hof des V. Durch einen Mitarbeiter des V wurde dem K sodann die Stute „G“ vorgeführt. Der K sah sich das Pferd an und glich es mit der vorab vom V erhaltenen Fotografie ab. Die Parteien waren sich dann einig, dass der Beklagte das vorgeführte Pferd im Austausch für „H“ erhalten sollte. Der V ging jedoch davon aus, dass es sich bei dem vorgeführten Pferd um das von ihm in seiner E-Mail erwähnte und bezüglich der Abstammung näher beschriebene Pferd „F“ handele. Die Parteien unterzeichneten nach Besichtigung des Pferdes einen schriftlichen Kaufvertrag. In diesem Vertrag ist als Verkaufsobjekt das Pferd „F“ genannt. Der K ging bei der Vertragsunterzeichnung davon aus, dass es sich bei dem in dem Kaufvertrag bezeichneten Pferd „F“ um das Pferd handele, welches ihm zuvor vorgeführt worden war. Tatsächlich wurde dem K das Pferd „G“ ausgehändigt. Zudem wurde ihm der Equidenpass für das Pferd „F“ überreicht. Der K verbrachte das Tier und den Equidenpass nach Hause. Dort las er den in dem übergebenen Pferd zu Identifikationszwecken implantierten Mikrochip aus und stellte fest, dass der ihm überreichte Equidenpass nicht zu dem ihm übergebenen Pferd gehörte. Dies teilte er dem V mit.
Der V äußerte sofort, das Pferd „G“ wolle er auf jeden Fall zurück. Er sei ja dann wohl noch Eigentümer des Pferdes „G“, denn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und insbesondere der Angaben aus dem Kaufvertrag sei stets deutlich gemacht worden, dass sich sein Übereignungswille lediglich auf das Pferd „F“ bezogen habe. Zudem erkläre er vorsorglich die Anfechtung seiner Willenserklärung, die auf die Übereignung des Pferdes „G“ gerichtet war, denn es sei offensichtlich zu einer Verwechslung gekommen. Der K dagegen möchte das Pferd „G“ gerne behalten; er sei sehr wohl Eigentümer geworden und der V müsse ihm vielmehr den entsprechenden Equidenpass aushändigen.
Hat V gegen K einen Anspruch auf Herausgabe des Pferdes „G“ aus § 985 BGB?
 
B. Rechtsausführungen
V könnte einen Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe des Pferdes „G“ haben. Dies setzt voraus, dass V Eigentümer und K Besitzer des Pferdes ist und dieser kein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB hat.
 
I. Besitzerstellung des K
K müsste hierfür Besitzer des Pferdes sein. Besitz ist die tatsächliche Gewalt über eine Sache, vgl. § 854 Abs. 1 BGB. Bei einem Pferd handelt es sich zwar um ein Tier und nicht um eine Sache i.S.v. § 90 BGB. Gemäß § 90a S. 3 BGB finden indes die für Sachen geltenden Regelungen entsprechende Anwendung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. K hat das Pferd „G“ zu seinem Hof verbracht, er hat folglich die unmittelbare Herrschaft erlangt und ist damit unmittelbarer Besitzer i.S.v. § 854 Abs. 1 BGB.
 
II. Eigentümerstellung des V
Der V müsste Eigentümer sein, § 903 BGB.
1. Ursprünglich war dies unstreitig der Fall, sodass es keines Rückgriffs auf die Vermutungsregelung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB bedarf.
2. V könnte jedoch sein Eigentum im Wege der rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung gemäß § 929 S. 1 BGB an K verloren haben.
a) Hierfür bedarf es einer dinglichen Einigung zwischen K und V dahingehend, dass K Eigentümer des Pferdes „G“ werden soll. Problematisch ist hierbei, dass im Kaufvertrag das Pferd „F“ als Verkaufsobjekt genannt wurde. Angesichts des Abstraktionsprinzips, wonach Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft in ihren rechtlichen Wirkungen voneinander unabhängig sind, bedeutet dies aber nicht, dass auch die dingliche Einigung auf die Übereignung des Pferdes „G“ gerichtet war. Im Gegenteil ist der Inhalt der dinglichen Einigung unabhängig vom Kaufvertrag durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hier ergeben die Umstände des Falls, dass die Willenserklärungen auf den Eigentumserwerb des K am Pferd „G“ gerichtet waren. Denn die Parteien waren sich vor Ort gerade dahingehend einig, dass die Übereignung desjenigen Pferdes, das fotografiert und später vorgeführt worden war, erfolgen sollte. Sofern sie dieses Pferd währenddessen fälschlicherweise als Pferd „F“ bezeichneten, handelt es sich hierbei um eine sog. falsa demonstratio non nocet.
 
Zur Erinnerung: Sofern die Parteien das übereinstimmend Gewollte unbewusst falsch bezeichnen, erlangt ihr übereinstimmender Geschäftswille und nicht die im Verkehr übliche Bedeutung der Erklärung Geltung, falsa demonstratio non nocet (= Falschbezeichnung schadet nicht). Haben die Vertragspartner sich trotz objektiv falscher Bezeichnung richtig verstanden, besteht kein Bedürfnis, ihrem gemeinsamen Willen die Rechtswirkung zu versagen. Denn nicht die Bezeichnung ist hier für die Bestimmung der Willenserklärung ausreichend, sondern auch der dahinter stehende Wille. Der prominenteste Fall aus der deutschen Rechtsgeschichte hierzu ist der Haakjöringsköd-Fall.
 
Auch wenn also bei der Übergabe das Pferd „G“ als Pferd „F“ bezeichnet wurde, so ging es den Parteien doch offensichtlich um dasjenige Pferd, das vor ihnen stand. Dieses wollten sie übereignen. Das stellt auch das OLG Hamm in Übereinstimmung mit der Vorinstanz fest:

„Zu Recht hat das Landgericht klargestellt, dass es wegen des Abstraktionsprinzips in dem Moment von Einigung und Übergabe nicht auf die Bezeichnung des Pferdes im Kaufvertrag vom 15.12.2016 angekommen ist. In diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, ob dieser Kaufvertrag vor oder nach der Übergabe des Pferdes von den Parteien unterzeichnet worden ist. Hier ist der Kaufvertrag sogar unstreitig erst nach Übergabe des Pferdes von den Parteien unterzeichnet worden.“ (Rn. 67)

Mithin liegt eine dingliche Einigung zwischen K und V bezogen auf das Pferd „G“ vor.
b) Die Willenserklärung des V könnte aber infolge einer Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB ex tunc nichtig sein. Dazu müsste – neben der Anfechtungserklärung und der Wahrung der Anfechtungsfrist– zunächst ein tauglicher Anfechtungsgrund vorliegen, der sich gerade auf die dingliche Willenserklärung
 aa) Der V behauptet, er sei einem Irrtum über die Identität des Übereignungsgegenstandes („error in objecto“) insofern erlegen, als er bei der Übereignung davon ausgegangen sei, dass er ein bestimmtes Pferd aus der sog. Linienzucht mit einem bestimmten Alter übereignen würde. Dies treffe auf das Pferd „G“ aber nicht zu, sondern nur auf das Pferd „F“. Zu prüfen ist, ob und inwiefern es sich hierbei um einen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum handeln kann. Möglich erscheint das Vorliegen eines Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB, der dann besteht, wenn er Erklärende über den objektiven Sinngehalt des Erklärten irrt. Kurz gesagt: Er erklärt objektiv etwas anderes, als er subjektiv erklären will. Ein Inhaltsirrtum kann aber auch dann gegeben sein, „wenn der Erklärende zwar das richtige Erklärungsmittel verwendet, um seinen rechtsgeschäftlichen Willen kundzugeben, die Willenserklärung aber durch Bezugnahme auf bestimmte Umstände, über die der Erklärende sich im Irrtum befindet, erst ihre volle, vom Erklärenden nicht gewollte Bedeutung erhält“ (MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2019, § 119 BGB Rn. 77). Dies ist insbesondere beim Identitätsirrtum der Fall. Denn: „Hier dient das verwendete Erklärungszeichen der Bezeichnung einer konkreten Person oder eines konkreten Gegenstandes; allein wegen der konkreten Umstände trifft es nicht auf die gemeinte Person oder den gemeinten Gegenstand zu“ (MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2019, § 119 BGB Rn. 78). In Betracht kommt neben dem Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 BGB aber auch ein Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 Abs. 2 BGB als Sonderfall des Motivirrtums. Das OLG Hamm hat daher die beiden Anfechtungsgründe voneinander abgegrenzt:

„Bei einem Inhaltsirrtum entspricht der äußere Tatbestand der Erklärung dem Willen des Erklärenden. Dieser irrt aber über die Bedeutung oder Tragweite der Erklärung. Er weiß also was er sagt, weiß aber nicht, was er damit sagt. (Vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdn. 11). Dem gegenüber stimmen bei einem Eigenschaftsirrtum Wille und Erklärung überein. Der Erklärende irrt nicht über die Erklärungshandlung oder den Erklärungsinhalt, sondern über Eigenschaften des Geschäftsgegenstandes und damit über die außerhalb der Erklärung liegende Wirklichkeit. Es handelt sich also um einen ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtum (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdn. 23).“ (Rn. 72 f.)

Dies zugrunde legend stelle sich die Einordnung im vorliegenden Fall als schwierig dar, wie das Gericht einräumt:

„Ein derartiger Irrtum dürfte einen Inhaltsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 S. 1 Alternative 1 BGB darstellen, wobei die Abgrenzung zwischen einem Inhaltsirrtum und einem Eigenschaftsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB in einem solchen Fall schwierig sein kann (vgl. zum Ganzen: Staudinger/Singer, BGB, Neubearbeitung 2017, § 119 Rdn. 45 ff. und Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 119 Rdn. 14).“ (Rn. 71)

Damit vermag das OLG Hamm zunächst zur Annahme eines Inhaltsirrtums zu tendieren, lässt die Abgrenzung letztlich aber offen, da im konkreten Fall jedenfalls ein Eigenschaftsirrtum gegeben sei:

„Der skizzierte Abgrenzungsstreit kann hier dahingestellt bleiben. Nach seiner Darstellung will der Kläger nämlich bei der Abgabe der Einigungserklärung im Sinne von § 929 S. 1 BGB davon ausgegangen sein, nicht die Stute „G“, sondern die Stute „F“ mit einem ganz bestimmten Alter (3,5 Jahre) und einem ganz bestimmen Stammbaum (Mutter: „Q2“; Vater und Großvater: „Q“) zu übereignen. Dem gegenüber war die Stute „G“ im Dezember 2016 erst 2,5 Jahre alt, ihre Mutter war „X“ und ihr Vater ebenfalls „Q“. Alter und Stammbaum sind bei einem Pferd wertbildende Merkmale und daher verkehrswesentliche Eigenschaften im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB (vgl. Staudinger/Singer, a.a.O., Rdn. 80 ff. und Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdn. 27). Mithin ist der Kläger jedenfalls einem Eigenschaftsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB erlegen gewesen.“ (Rn. 74 ff.)

 
Die Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum ist auch in der Literatur umstritten (s. hierzu ausführlich MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2019, § 119 BGB Rn. 79). Die Einordnung des Irrtums könnte indes sogar offen gelassen werden; angesichts der gleichen Anfechtungsfrist ist eine Entscheidung für oder wider den einen oder anderen Anfechtungsgrund praktisch folgenlos (so auch BeckOK BGB/Wendtland, 51. Ed., Stand: 01.08.2019, § 119 BGB Rn. 35).
 
bb) Der V hat die Anfechtung auch gemäß § 143 Abs. 1, 2 BGB gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner erklärt.
cc) Dies geschah auch ohne schuldhaftes Zögern, mithin unverzüglich i.S.v. § 121 BGB, sodass auch die Anfechtungsfrist gewahrt wurde.
dd) Die Willenserklärung des V wurde also wirksam angefochten und ist damit gemäß § 142 Abs. 1 BGB ex tunc nichtig.
c) Es besteht nach erfolgter Anfechtung keine dingliche Einigung zwischen K und V.
3. V hat das Eigentum an dem Pferd „G“ nicht an den K im Wege rechtsgeschäftlicher Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB verloren. Er ist also noch Eigentümer.
 
III. Recht zum Besitz, § 986 BGB
Ferner dürfte der K auch kein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB haben. Ein solches könnte aus dem zwischen K und V abgeschlossenen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB ergeben. Indes ist als Kaufobjekt ausdrücklich das Pferd „F“ bezeichnet. Aus dem Kaufvertrag kann K damit kein Besitzrecht bezogen auf das Pferd „G“ herleiten.
 
Anmerkung: wiederum Achtung – Abstraktionsprinzip! Auch wenn sich die Übereignung ursprünglich auf das Pferd „G“ bezogen hat, ist Kaufgegenstand offensichtlich Pferd „F“.
 
IV. Ergebnis
V hat gegen K einen Anspruch auf Herausgabe des Pferdes „G“ aus § 985 BGB.
 
C. Fazit
Es gilt damit: Bei einem Identitätsirrtum kann ein Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder ein Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 Abs. 2 BGB vorliegen, wobei die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann. Im vorliegenden Fall bestand die Besonderheit, dass ein Eigenschaftsirrtum i.S.v. § 119 Abs. 2 BGB nach den Darlegungen des Klägers sicher gegeben war, sodass der Abgrenzungsstreit offenbleiben konnte. Muss dieser jedoch – in einem weniger eindeutigen Klausurfall – geführt werden, wird es, da die Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum lebhaft umstritten ist, hierbei weniger auf ein bestimmtes Ergebnis ankommen. Wichtig ist vielmehr eine gute Argumentation, auf deren Basis sich dann für den Inhalts- oder Eigenschaftsirrtum entschieden wird.
 
 

10.10.2019/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2019-10-10 09:00:162019-10-10 09:00:16OLG Hamm: Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum
Tobias Vogt

OLG Hamm: § 826 BGB gegen den Hersteller auch bei Kauf erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Schon allein aufgrund der Vielzahl an Gerichtsentscheidungen zu dieser Frage liegt die Examensrelevanz von Ansprüchen gegen den Hersteller im Rahmen des Abgasskandals auf der Hand. Nachdem am 12.06.2019 (Az.: 5 U 1318/18) das OLG Koblenz als erstes OLG einen Anspruch gegen den Hersteller wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung bejahte, zog nun das OLG Hamm nach (Urt. v. 10.09.2019, Az.: 13 U 149/18). Neu an dieser Entscheidung ist, dass der Kauf erst erfolgte, nachdem der Abgasskandal bereits aufgedeckt und darüber in den Medien berichtet wurde. Dies hinderte das OLG Hamm jedoch nicht daran, eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung anzunehmen.
I. § 826 BGB gegen der Hersteller
Das OLG Hamm schloss sich der Rechtsansicht des OLG Koblenz an und wertete das vorsätzliche und systematische Verschweigen der Abschalteinrichtung im sogenannten Abgasskandal als vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung. Hierzu wird auf unseren Beitrag zum Urteil des OLG Koblenz verwiesen (hier).
II. Täuschung trotz vorheriger Berichterstattung über Abgasskandal
Naturgemäß scheidet die für einen Anspruch aus § 826 BGB erforderliche Täuschung aus, wenn der Anspruchsteller Kenntnis von den Umständen hatte. Dann wäre bei ihm kein Irrtum erzeugt worden. Daher wies die Vorinstanz (LG Bochum, Urt. V. 27.06.2018, Az.: I-2 O 85/18) die Klage noch ab, da der Kaufvertrag erst geschlossen wurde, nachdem der Abgasskandal bekannt geworden war. Aufgrund der umfassenden Berichterstattung seien die Umstände des Vorgehens der Volkswagen AG im Rahmen des Abgasskandals allgemein bekannt gewesen. Dies hätte niemanden, der sich im Jahr 2016 für den Erwerb eines VW-Diesels interessiert habe, verborgen bleiben können.
Dem schloss sich das OLG Hamm nicht an. Die Klägerin habe glaubhaft dargelegt, dass sie keine Kenntnis davon hatte, dass der von ihr erworbene Wagen ebenfalls von dem Abgasskandal betroffen ist. Richtigerweise differenziert hier das OLG Hamm: Die Kenntnis vom Abgasskandal im Allgemeinen bedeutet nicht zwingend auch Kenntnis darüber, dass der konkret gekaufte Wagen vom Abgasskandal betroffen ist. Die Käuferin durfte also davon ausgehen, dass ihr VW-Diesel entsprechend dem Verwendungszweck uneingeschränkt zulässig sei. Darüber aber wurde sie getäuscht. Denn aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung drohte die Entziehung der Typengenehmigung und damit die Betriebsstillegung.
III. Schadensersatz: Auch Befreiung von Verbindlichkeiten aus Darlehensvertrag
Als Schaden erachtete das OLG Hamm die Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag. Der Klägerin wurde Schadensersatz in Form der Kaufpreisrückzahlung Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Wagens zugesprochen. Da die Käuferin zur Finanzierung des Erwerbs eine Darlehensverbindlichkeit eingegangen war, sind auch die bisher aufgewendeten sowie noch ausstehenden Darlehenszinsen als Schadensposten auszugleichen. Davon abzuziehen ist eine Nutzungsentschädigung für die bisherige Nutzung des Wagens.
IV. Ausblick
Schadensersatzansprüche wegen des Abgasskandals gegen den Hersteller nach § 826 BGB bleiben aufgrund der in jüngster Vergangenheit ergangenen Urteile äußerst Prüfungsrelevant. Da das OLG Hamm zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BGH zugelassen hat, bleibt diese Problematik weiterhin spannend.

18.09.2019/1 Kommentar/von Tobias Vogt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tobias Vogt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tobias Vogt2019-09-18 10:13:352019-09-18 10:13:35OLG Hamm: § 826 BGB gegen den Hersteller auch bei Kauf erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals
Dr. Maximilian Schmidt

OLG Hamm: Mainz ist nicht Jerusalem – Das „U-Bahn-Lied“ als Volksverhetzung i.S.d. § 130 StGB

Aktuelles, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT, Verfassungsrecht, Versammlungsrecht

Das OLG Hamm hat am 1.10.2015 entschieden, dass das in der Öffentlichkeit hörbare Singen des sog. U-Bahn-Liedes mit
dem Text ʺEine U-Bahn, eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen wir!ʺ den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen kann. Ein Lied, das rund um Fußballstadien Deutschland leider immer wieder von einigen wenigen angestimmt wird. Nun wurde die entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht, die Anlass zur kritischen Diskussion des Falles sein soll und zeigt, dass das (moralisch?) richtige Ergebnis manchmal doch schwierig zu begründen ist.
Zum Sachverhalt aus der Pressemitteilung:

Die 1970 und 1973 geborenen Angeklagten aus Gottmadingen besuchten im April 2014 das Bundesligaspiel Borussia Dortmund gegen den FSV Mainz, aufgrund getragener Trikots als Fans des Vereins Borussia Dortmund erkennbar. Nach dem Ende des Spiels sangen sie Arm in Arm im Bereich des Vorplatzes am Nordausgang des Stadions in der Nähe einer Gruppe Mainzer Fans für die umstehenden Personen deutlich hörbar das sog. U-Bahn-Lied mit dem oben zitierten Text.

Die Angeklagten wurden wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 2 StGB verurteilt. Dieser lautet:

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

§ 130 Abs. 3 StGB war nicht nur bereits Gegenstand einer Vielzahl von Einzelfallentscheidungen, sondern auch das BVerfG hat sich im Hinblick auf die Verfassungskonformität mit ihm beschäftigt (s. etwa BVerfG v. 06.4.2006 – 1 BvQ 10/06; v. 13.4.1994 – 1 BvR 23/94). Für die Klausur sollte beachtet werden, dass das BVerfG relativ streng wertet, da häufig der Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG eröffnet ist. Der Tatbestand des § 130 Abs. 3 StGB wird auch in der Literatur eher kritisch gesehen (s. Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014).
Das OLG begründet die Strafbarkeit nun damit, dass durch das Singen des Liedes zum einen eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten
Art in einer Weise verharmlost wird und zum anderen hierdurch der öffentliche Frieden gestört wird. Beides kann man mit guten Gründen anders sehen. Insoweit sollen für eine Prüfung Anknüpfungspunkte der Argumentation aufgeworfen werden, ohne das Ergebnis zu determinieren.
1. Das OLG begründet die Verharmlosung damit, dass durch die von den Sängern zum Ausdruck gebrachte Möglichkeit das Konzentrationslager wieder aufzubauen, der Unrechtsgehalt der unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Taten begrenzt werden:

Dadurch erscheine der Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden in seinem Unrechtsgehalt
begrenzt, mithin nicht schwerwiegend und der Gedanke einer Wiederholung als billigenswert. Aus Sicht eines verständigen Zuhörers erscheine das als eine Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten.Es gebe keine Begleitumstände, die das Lied in einen anderen Kontext, z.B. den einer Fanrivalität, stellen könnten. Das Lied sei
zwar in der Nähe einer Gruppe Mainzer Fans gesungen worden, sein Inhalt aber nicht an diese gerichtet gewesen, Mainz sei nicht Jerusalem und Jerusalem sei am Spiel nicht beteiligt gewesen.

Diese Argumentation ist durchaus angreifbar. Dass die „Fans“ hier nach dem Abpfiff vor den Stadiontoren gegnerische Fans provozieren wollten und ihre „Überlegenheit“ zum Ausdruck bringen wollten, liegt auf der Hand. Die vom OLG vorgenommene Auslegung widerspricht daher der vom BVerfG geforderten grundrechtsfreundlichen Auslegung, nach der diejenige noch möglich Auslegung gewählt werden muss, die vom Schutzbereich der Grundrechte erfasst ist (s. etwa BVerfG NJW 2001, 61, 62). Daneben führt der letzte zitierte, durchaus eingänge Satz des OLG Hamm aus der Pressemitteilung zu der Frage: Wenn „Fans“ das „U-Bahn-Lied“ gegen Beitar Jerusalem singen, liegt dann etwa keine Verharmlosung des Holocaust vor? Schließlich ist die ja die „richtige“ Stadt genannt und man könnt eine Auslegung i.S. einer Fanrivalität annehmen. Ein völlig sinnwidriges Ergebnis. Besser wäre es daher davon auszugehen, dass unabhängig vom Äußerungskontext das „U-Bahn-Lied“ eine Verharmlosung des Holocaust darstellt und dies gerade zwischen rivalisierenden „Fans“. Vielleicht wollte das OLG Hamm dies sogar so sagen – der Wortlaut der Entscheidung ist insoweit jedoch mehr als missverständlich.
Andere Gerichte gehen übrigens davon aus, dass gerade durch die Heranziehung des Holocausts die besonders grausame Vernichtung des Gegner gewünscht wird, so dass deswegen keine Verharmlosung vorliegt – so etwa das OLG Rostock ( v 23.7.2007 – 1 Ss 080/06 I 42/06, 1 Ss 80/06 I 42/06 –, Rn. 10, juris):

Infolgedessen lässt sich der Text des Liedes dahin interpretieren, dass den „Gegnern“ eine – als solche erkannte und als historische Wahrheit akzeptierte – besonders grausame und menschenverachtende Vernichtung gewünscht wird, wobei offen bleiben kann, ob dies (lediglich) im übertragenen – sportlichen – Sinn zu deuten ist. „Auschwitz“ ist schlagwortartiges Synonym für diese Vernichtung. Einer solchen – angesichts des Gesamtgeschehens sogar nahe liegenden – Deutung stünde ein qualitatives oder quantitatives Bagatellisieren jedoch entschieden entgegen. Dass das Geschehen in „Auschwitz“ gutgeheißen werden sollte, ist ebensowenig – jedenfalls nicht „ohne Deuteln“ – zu erkennen: Vielmehr bedingt – wie hier – gerade dessen Einzigartigkeit eine sprachlich verknappte (synonyme) Ausdrucksform, ohne dass damit gleichzeitig eine – dem Schutzgut zuwiderlaufende – positive Zustimmung hinsichtlich des dem Synonym zugrunde liegenden Geschehens verbunden wäre.

Nimmt man diese Auslegung ernst, kann es hinsichtlich der Verharmlosung wohl nicht – wie das OLG Hamm annimmt – darauf ankommen, ob ausdrücklich die gegnerische Mannschaft in den Liedtext aufgenommen wird. Vielmehr ist der Sinnzusammenhang maßgeblich, der sich bei engem zeitlich-örtlichem Geschehensablauf auch aus dem Kontext des Textes ergeben kann.
2. Das OLG Hamm nimmt zudem an, dass durch den Gesang der öffentliche Friede gestört worden sei.

Das Singen des Liedes durch die Angeklagten sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. Insoweit genüge schon die konkrete Eignung. Bei der in der Liedform in die Öffentlichkeit getragenen ʺJudenhetzeʺ bestehe ohne weiteres die Gefahr, dass die Botschaft der Angeklagten von Zuhörern, die diese billigten, weitergetragen werde, so dass das psychische Klima aufgeheizt und Unfrieden in der Bevölkerung erregt werde.

Hier können ebenfalls Bedenken angemeldet werden. Mit der Eignungsformel wird die Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 und Abs. 3 StGB zu einem abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt. Diesem Tatbestandsmerkmal kommt in erster Linie die Funktion eines eingrenzenden Korrektivs zu, mit dem der begrifflichen Weite vor allem des Verharmlosens und Leugnens Rechnung getragen werden kann (Schäfer, in: MüKoStGB, 2. Aufl. 2012, § 130 Rn. 86). Notwendig ist daher eine konkrete Eignung zur Friedensstörung; sie darf nicht nur abstrakt bestehen und muß – wenn auch aufgrund generalisierender Betrachtung – konkret festgestellt sein (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 – 1 StR 184/00 –, BGHSt 46, 212-225). Letztlich muss das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert werden können (BGHSt 29, 26). Ob diese durchaus engen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind, ist anhand einer Betrachtung der konkreten Tatumstände zu ermitteln. Zunächst spricht für eine Störung des öffentlichen Frieden sicherlich, dass ein Kernunrecht unter der Herrschaft des Nationalsozialismus verharmlost wird. Demgegenüber handelt es sich ersichtlich um einen – wenn auch zu missbilligenden, armseligen und denkbar dummen – Fangesang, der gerade der Rivalität typischen Herabsetzung des Gegners dient. Ein Bezug zu einer tatsächlichen, künftig drohenden oder angestrebten Deportation von Juden liegt nicht vor. Eine Aufstachelung zur Wiederholung ist ebenfalls nur schwer ersichtlich. Auch insoweit ist der Schutzbereich der Meinungsfreiheit zu berücksichtigen und der konkret gesungene Text in den Gesamtkontext zu stellen: Meinten die „Fans“ tatsächlich eine aus Jerusalem vorzunehmende Deportation? Wohl kaum.
3. Das OLG Hamm hat im Sinne der Fußballfans, Stadionbesucher und Freunden echten Fußballliedgutes entschieden. Dennoch bleiben Zweifel, ob das Urteil den ohnehin sehr schwammigen Tatbestand des § 130 StGB nicht überdehnt hat. Jedenfalls zeigt der Fall, dass § 130 StGB für das juristische Staatsexamen nahezu unverzichtbar ist, da das Verhältnis von Strafrecht und Grundrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit, immer weider neu ausgelotet werden muss. Hingewiesen sei noch einmal auf Entscheidungen des OLG Rostock (v. 23. 7.2007 – 1 Ss 80/06 I 42/06) sowie des OLG Braunschweig (v. 6.3.2007 – Ss 2/07), die die Strafbarkeit ablehnen, sofern die gegnerische Mannschaft ausdrücklich in Bezug genommen wird.

05.02.2016/3 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2016-02-05 10:00:572016-02-05 10:00:57OLG Hamm: Mainz ist nicht Jerusalem – Das „U-Bahn-Lied“ als Volksverhetzung i.S.d. § 130 StGB
Dr. David Saive

OLG Hamm: Architekt haftet für fehlerhafte Abweichung von Wünschen des Bauherrn

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Laut OLG Hamm (Az: 12 U 184/12 ) wird der Architekt nicht allein dadurch entlastet, dass der Bauherr aufgrund fehlerhafter Einschätzung des Architekten von seinen zuvor geäußerten Wunschvorstellungen abweicht.
 
Zum Sachverhalt:
Der Architekt wurde vom Bauherr auf Schadensersatz verklagt, weil dieser fälschlicherweise davon ausgegangen ist, dass sich die geäußerten Wünsche des Bauherrn nicht realisierbar seien.
Gewünscht waren im Rahmen der Planung und Durchführung des Baus eines exklusiven Wohnhauses eine, sich auf der Westseite des Hauses befindende Garage, die so breit sein sollte, dass selbst größere Autos alle vier Türen gleichzeitig öffnen könnten, sowie eine rechtwinklig zur Straße verlaufende Garageneinfahrt und eine bogenförmige Hauszufahrt, die ihrerseits wieder auf die Straße zurückführt, sodass kein Wendevorgang mehr nötig wäre um das Grundstück zu verlassen.
Aufgrund der fehlerhaften Planung sah sich der Bauherr gezwungen, ein Vordach vor dem Haus zu errichten, dass ein problemloses Ein- und Aussteigen vor dem Haus ermöglicht.
Außerdem traten im Rahmen der Ausführung der nun angepassten Pläne weitere Mängel auf, welche dem Architekten zur Last gelegt worden sind.
 
Zur Entscheidung:
Bezüglich der Garagen- sowie Hauszufahrt hat das Gericht eine Verantwortlichkeit des Architekten bejaht. Seine Einschätzung, die Wünsche des Bauherrn seinen nicht zu realisieren, wurde von einem Sachverständigen insoweit widerlegt, als dass eine spiegelbildliche Errichtung des Hauses, also mit der Garage an der Ostseite des Hauses zur Machbarkeit der Garage nebst Zufahrt geführt hätte.
Die bogenförmige Einfahrt konnte jedoch tatsächlich nicht errichtet werden, da sonst baurechtliche Vorschriften verletzt worden wären. Zudem wurde eine Verantwortlichkeit für die zu enge Garage bzw. für die Kosten der Errichtung des Vordachs abgelehnt, da dieses bei richtiger Planung bzw. Durchführung nicht notwendig gewesen wäre.
Die durch die handwerklichen Mängel aufgetretenen Kosten muss der Architekt zumindest teilweise ersetzen.
 
Interessant und durchaus auch relevant für die juristische Ausbildung ist die Entscheidung daher, weil sie sich näher mit der Rechtsnatur des Architektenvertrags und den Folgen daraus befasst:
Der Architektenvertrag ist ein Werkvertrag i.S.d. §§ 631 BGB, mithin schuldet der Architekt einen Erfolg, also die fehlerfreie Planung. Dies entspricht auch der klassichen Auffassung des BGH seit seinem Urteil aus dem Jahre 1962.[1] Allerdings wird dieser Auffassung nicht kritiklos begegnet, da im Subtext dieser und weiterer Entscheidungen des BGH zwar nicht das Bauwerk an sich, aber die fehlerfreie Errichtung desselben geschuldet wird,[2] was seinerseits wiederum Schwierigkeiten bei Schadensersatz und Nachbesserung auslöst: Dies steht nämlich im Widerspruch zu der Annahme, der Architekt könne keine Nachbesserung vornehmen, weil die Planungskorrektur die Schäden an dem Bauwerk nicht entfallen ließen. Da der Architekt allerdings die fehlerfreie Errichtung schulde, könnte er sehr wohl nachbessern.
Deshalb wird vereinzelt davon ausgegangen, der Architekt schulde eine Reihe von Einzelerfolgen, die wiederum dienst- und werkvertraglicher Natur seien, wobei die werkvertraglichen Aspekte überwiegen und der Architektenvertrag über die Schwerpunkttheorie dem Regime der §§ 631ff. BGB zugeordnet wird.[3]
Diese Unterscheidung erhält deswegen Relevanz, weil Fehler im bereits errichteten Bauwerk entweder als Mangelschaden oder als Mangelfolgeschaden der fehlerhaften Planung begriffen werden. Das OLG Hamm geht davon aus, dass diese als Mangelfolgeschaden zu behandeln sind, die ihrerseits gem. §§ 636, 280 I BGB ohne Fristsetzung oder Nacherfüllungsverlangen zu ersetzen sind.[4]
Durch die Entscheidung wurde allerdings der Maßstab, ob ein Mangel vorliegt oder nicht, erheblich erweitert. Bislang lösten nur Mängel, die sich aus der Planung ergaben, Ersatzansprüche aus. Ab jetzt ist die Errichtung des Bauwerks schon dann als Mangel(-folgeschaden) anzusehen, wenn sie auf Plänen basiert, die unbegründet von den Wunschvorstellungen des Bauherren abweichen. Dem Architekten obliegt es also, die Machbarkeit der Wunschvorstellungen zu überprüfen.
 
Stellungnahme:
Fälle, in denen der Bearbeiter mit mangelhafter Architektenleitung konfrontiert sind, haben nicht nur hohe Praxisrelevanz, wie diese Entscheidung bestätigt, sondern kommen auch immer wieder im Rahmen der Ausbildung vor. Beliebt ist hierbei insbesondere die gesamtschuldnerische Haftung von Bauunternehmer und Architekten bei gemeinsam verursachten Schäden. Empfehlenswert daher unsere beiden Gastbeiträge zur Gesamtschuld (hier und hier).
 
 
 
 
__________________________________________________
[1] BGH NJW1962, 1499.
[2] bspw. BGH NJW 1960, 431 (431).
[3] lohnenswert: Carl Florian Geck, Naturalrestitution durch den Archtitekten, in: Hans Ganten, Architektenrecht Aktuell – Verantwortung und Vergütung bei Architektenleistungen, Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Rudolf Jochem, S. 177-199).
[4] So auch: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, Kurzkommentar zu den §§ 631 ff., 2. Auflage, 2012, Moufang/Koos, § 636, Rn.146.

19.09.2014/0 Kommentare/von Dr. David Saive
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. David Saive https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. David Saive2014-09-19 14:51:022014-09-19 14:51:02OLG Hamm: Architekt haftet für fehlerhafte Abweichung von Wünschen des Bauherrn
Maria Lohse

OLG Hamm: Zur Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Wasserrutsche

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Mit Urteil vom 06.05.2014 (Az.: 9 U 13/14) hat das OLG Hamm über den Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer wellenförmigen Wasserrutsche entschieden.
Sachverhalt:
Die 22-jährige Klägerin besuchte im Juli 2009 das von der Beklagten betriebene Freibad. In diesem befand sich eine wellenförmige Wasserrutsche. Daran befanden sich Hinweise, die den potentiellen Nutzer darüber informierten, welche Rutschhaltung – nämlich eine sitzende, bei der der Oberkörper nach vorne gebeugt werden sollte – er einzunehmen hatte. Weitere Hinweisschilder, insbesondere ein Hinweis auf ein gesteigertes Gefahrenpotential für Verletzungen aufgrund der Wellenkonstruktion der Rutsche, waren nicht angebracht. Die Klägerin zog sich bei der Benutzung der Rutsche eine Berstenfraktur an der Lendenwirbelsäule zu. Sie verlangt von der Beklagten Schadensersatz sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 30000,- €. Zur Begründung verweist sie darauf, dass wegen des erhöhten Gefahrenpotentials der Rutsche aufgrund ihrer Konstruktion der Beklagten die Pflicht oblegen hätte, dies den Nutzern durch Anbringung entsprechender Hinweise mitzuteilen. Wäre dies geschehen, so hätte sie, die Klägerin, von einer Benutzung der Rutsche abgesehen. In der Vergangenheit war es bereits zu ähnlichen Rutschunfällen in der Anlage der Beklagten gekommen.
Das LG Paderborn hat eine Haftung der Beklagten erstinstanzlich verneint. Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung wurde die Sache in zweiter Instanz vor dem OLG Hamm verhandelt.
Entscheidung:
Das OLG Hamm hat das erstinstanzliche Urteil des LG Paderborn bestätigt und einen Anspruch der Klägerin verneint.
A. Schadensersatz
I. §§ 280 I, 241 II BGB
Ein Anspruch aus vertraglicher Schutzpflichtverletzung stand der Klägerin nach Ansicht des Gerichts zunächst nicht gemäß §§ 280 I, 241 II BGB zu.
1. Schuldverhältnis
Ein Schuldverhältnis zwischen den Parteien lag vor. Bei der Benutzung eines privatrechtlich betriebenen Freibades handelt es sich um ein gemischtes Vertragsverhältnis, das wesentlich von dem Element der temporären Miete der Einrichtung durch den Nutzer gemäß § 535 BGB geprägt ist.
2. Pflichtverletzung
Als Pflichtverletzung kam eine vertragliche Schutzpflichtverletzung gemäß § 241 II BGB in Betracht. Inhalt derselben ist, dass die vertraglich verbundenen Parteien zur Rücksichtnahmen und zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen zugunsten berührter Rechtsgüter der jeweils anderen Partei verpflichtet sind. Sie bezwecken somit den Schutz des Integritätsinteresses des Vertragspartners. Die vertragliche Sicherungspflicht verläuft dabei parallel zur deliktsrechtlich geschuldeten Verkehrssicherungspflicht des Betreibers, was sich bereits aus der häufig vorliegenden Anspruchskonkurrenz ergibt, die zwischen vertraglicher und deliktischer Haftung in derartigen Fallkonstellationen besteht. Die zu den Verkehrssicherungspflichten entwickelten Grundsätze gelten daher auch hinsichtlich der vertraglichen Sicherungspflicht im Rahmen der §§ 280 I, 241 II BGB. Nach ständiger Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann und muss. Denn eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar und würde auch den Rahmen dessen überschreiten, was dem Anlagenbetreiber zugemutet werden kann (zu den Grundsätzen der Verkehrssicherungspflicht siehe auch hier, hier hier und hier).
Vorliegend hatte die Beklagte lediglich einen Hinweis an der Rutsche angebracht, der auf die einzuhaltende Rutschposition hinwies. Ein darüber hinausgehender Hinweis auf die gesteigerte Gefährlichkeit der wellenförmig konstruierten Rutsche wurde nicht angebracht. Dies war nach Ansicht des Gerichts auch nicht erforderlich, um der Sicherungspflicht des Anlagenbetreibers zu genügen. Die Rutschenkonstruktion selbst entsprach den Vorgaben der betreffenden DIN-Normen. Im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme hatte sich ergeben, dass die Rutschenkonstruktion an sich, sofern der Nutzer die richtige Sitzhaltung einnehme, keine erhöhte Verletzungsgefahr im Vergleich zu anders konstruierten Rutschen in sich berge. Bei vorgebeugter Sitzhaltung sei es physikalisch nicht möglich, dass der Benutzer an den wellenförmigen Ausbuchtungen des Streckenverlaufs von der Rutschfläche abhebe. Dies könne nur dann geschehen, wenn eine aufrechte Sitzposition durch den Nutzer eingenommen werde. Dann könne es aufgrund des beschriebenen „Abhebeeffektes“ im Einzelfall auch durch eine unglückliche Weiterentwicklung des Rutschverlaufs und insbesondere durch Einnahme einer unbeabsichtigten Rückenlage zu Verletzungen kommen.
Dies bedeute, dass die Konstruktion der Rutsche in Wellenform nicht an sich eine höhere Verletzungsgefahr für den Nutzer begründe. Diese erhöhte Verletzungsgefahr entstehe erst durch die falsche Benutzung der Rutsche. Der Pflicht zur Vorbeugung einer falschen Benutzung habe die Beklagte hier aber durch Anbringung des Hinweises auf die einzunehmende Sitzposition genügt.
Die Beklagte habe daher keine ihr obliegende Sicherungspflicht verletzt.
3. Ergebnis
Der Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Schutzpflichtverletzung stand der Klägerin daher nicht zu.
II. § 823 I BGB
Auch der deliktische Schadensersatzanspruch aus § 823 I BGB scheitert nach den obigen Erwägungen am Vorliegen einer verletzten Verkehrssicherungspflicht, die sich nach denselben Grundsätzen bemisst wie die vertragliche Schutzpflicht nach § 241 II BGB.
III. Ergebnis
Die Klägerin hat weder aus §§ 280 I, 241 II BGB, noch aus § 823 I BGB einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte.
B. Schmerzensgeld
Auch ein Schmerzensgeld kann von der Klägerin nicht mit Erfolg verlangt werden. Nach § 253 II BGB kann ein solches nur geltend gemacht werden wegen der Verletzung des Körpers und der Gesundheit, wenn auch ein Anspruch auf Schadensersatz mit Erfolg geltend gemacht werden kann.
C. Ergebnis
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte.
Stellungnahme:
Das Urteil des OLG Hamm ist nach meiner Ansicht zutreffend. Das Gericht nimmt hier eine auf alle beteiligten Interessen hinreichend Rücksicht nehmende Abwägung zwischen dem Schutzinteresse des Rutschenbenutzers und der in angemessenem Umfang gehaltener Sicherungspflicht des Anlagenbetreibers vor.
Die Entscheidung befindet sich damit auch auf der allgemeinen Linie der Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht des Betreibers von Wasserrutschanlagen. Die Thematik war in der Vergangenheit schon häufig Gegenstand von Entscheidungen. Um nur einige Beispiele zu benennen: Das OLG Hamm hatte sich bereits im Jahre 1999 (Az.: 9 U 16/95) mit dem Umfang der Sicherungspflicht des Betreibers von Wasserrutschen zu befassen und befand damals, dass die Einhaltung der entsprechenden DIN-Normen nicht automatisch eine Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht implizieren könne. Vielmehr müssten auch die konkret gegebenen Benutzungsanweisungen auf ihre Tauglichkeit zur Vermeidung angelegter Gefahren hin überprüft werden. Der BGH hat mit Urteil vom 03.02.2004 (Az.: VI ZR 95/03) entschieden, dass es nicht von der Verkehrssicherungspflicht des Wasserrutschenbetreibers umfasst sei, regelmäßig die Beachtung einer an der Rutsche angebrachten Ampelanlage durch die Nutzer zu überwachen. Gegenstand einer Entscheidung des OLG Koblenz aus 2010 (Az.: 8 U 810/09) war wie hier die Frage, ob eine vorhandene Hinweisbeschilderung den Anforderungen der Sicherungspflichten genüge. Hier wurde ausdrücklich auf eine Notwendigkeit der Einzelfallbetrachtung abgestellt und auch im dortigen Fall die Beschilderung der Anlage für ausreichend gehalten.
Das Urteil besitzt durchaus Examensrelevanz. Es bietet Gelegenheit, die Grundsätze der Verkehrssicherungspflicht allgemein abzuprüfen unter besonderer Berücksichtigung der inzwischen umfangreichen Rechtsprechung zur Sicherungspflicht des Wasserrutschenbetreibers. Außerdem bietet die Aufgabenstellung Raum für eigene Argumentation auch in Bezug auf die Anwendbarkeit der zu § 823 BGB entwickelten Grundsätze der Verkehrssicherungspflichten im Rahmen des vertraglichen Anspruchs aus § 280 I, 241 II BGB.

30.06.2014/0 Kommentare/von Maria Lohse
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Lohse https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Lohse2014-06-30 14:00:402014-06-30 14:00:40OLG Hamm: Zur Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Wasserrutsche
Tom Stiebert

OLG Hamm: Neues zur Abgrenzung Diebstahl/Betrug/Computerbetrug

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht, Strafrecht BT

Einen Fall mit sehr hoher Examensrelevanz hat das OLG Hamm mit einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 8.8.2013 (5 RVs 56/13) entschieden (Näheres dazu hier). Es geht hierbei um die äußerst relevante, und den meisten in der allgemeinen Konstellation wahrscheinlich bekannte Abgrenzung von Diebstahl und (Computer)Betrug.
I. Sachverhalt
Es ging dabei um folgende Konstellation:
Der Angeklagte bezahlte in einem Supermarkt eine Zeitschrift im Wert von 5 Euro lediglich mit 2 Euro. Dies erreichte er durch folgenden Trick: Er scannte an der Selbstbedienungskasse des Ladens nicht den korrekten Strichcode, sondern einen aus einer anderen Zeitschrift (im Wert von 2 Euro) herausgerissenen Strichcode ein und bezahlte folglich auch nur die angeforderten 2 Euro.
Fraglich war dabei, ob es sich hierbei um einen Diebstahl oder einen (Computer)Betrug handelt.
 
II. Entscheidung des OLG Hamm
1. Allgemeines
Fraglich war dabei, ob es sich bei der Handlung an der Kasse um einen Diebstahl § 242 BGB oder um einen Computerbetrug nach § 263a StGB gehandelt hat.
Entscheidend ist daher, ob im konkreten Fall eine Wegnahme (dann Diebstahl) oder eine Vermögensverfügung (dann Computerbetrug) vorgelegen. Nicht in Betracht kommt im konkreten Fall ein „einfacher“ Betrug iSd. § 263 StGB. Dieser unterscheidet sich vom Computerbetrug darin, dass nicht eine natürliche Person getäuscht wird und verfügt, sondern lediglich der Kassenautomat und folglich also der Datenverarbeitungsvorgang (einscannen des Barcodes und anschließende Ausgabe des Preises) von der Einwirkung bzw. Täuschung betroffen ist.
Entscheidende Frage ist also, ob die Zeitschrift dem Kunden (aufgrund der Täuschung bzw. der Einwirkung in den Datenverarbeitungsvorgang) wirksam übereignet wird (dann kann nur ein Computerbetrug vorliegen) oder ob der Kunde durch die Handlung nicht fremden Gewahrsam bricht und neuen Gewahrsam begründet, ohne dass dies dem Willen eines hinter dem Kassenautomaten stehenden Menschen entspricht.
2. Vorliegen Übereignung
Entscheidend ist also zunächst, ob eine wirksame Übereignung durch den Ladeninhaber in Form der Benutzung des Kassenautomatens mit einem falschen Barcode vorgelegen hat. Hier muss zwangsläufig auf den Willen des berechtigten Eigentümers der Zeitschriften und nicht auf den Automaten abgestellt werden. Die Übereignung fordert nach § 929 BGB die Einigung und Übergabe. Eine für die Einigung notwendige Willenserklärung kann nur eine natürliche Person abgeben. Eine wirksame Übereignung scheidet hier mangels Abgabe eines Übereignungsangebots durch den Berechtigten aus:

Die Zeitschriften seien ihm nicht übereignet worden, weil er diese zuvor nicht mit den ihnen zugewiesenen Strichcodes eingescannt habe. Zu den tatsächlich eingescannten Preisen habe der Geschäftsinhaber nicht verkaufen wollen. Beide Zeitschriften habe der Angeklagte auch ohne Einverständnis des Geschäftsinhabers mitgenommen. Nachdem er zuvor einen nicht zu den Zeitschriften passenden Strichcode eingescannt hatte, seien die Bedingungen für einen vom Geschäftsinhaber gebilligten Gewahrsamswechsel beim Passieren der Kasse nicht erfüllt gewesen.

Entscheidend ist hier der Wille des Ladeninhabers, der nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Möchte er ein konkretes Produkt stets an denjenigen Kunden übereignen, der irgendeinen Barcode einscannt (und entsprechend bezahlt) oder nur an denjenigen, der den richtigen Barcode einscannt (und den entsprechenden Preis bezahlt). Dabei darf aber auch nicht vernachlässigt werden, dass er sich bei dem Einsatz des Automaten nicht widersprüchlich verhalten darf. Sein Wille ist zumindest dahin auszulegen, dass er bei (formell) ordnungsgemäßer Nutzung des Automaten auch die Ware übereignen will. Wird der Automat als „getäuscht“ (hierfür gibt es gerade den § 263a StGB) darf er sich nicht darauf berufen, er wolle in einem solchen Fall nicht übereignen.
Gleichwohl geht sein Wille aber allein dahin, diejenige Ware zu übereignen, die dem entsprechenden Barcode zugeordnet ist. Im konkreten Fall will er also – durch den Einsatz des Automaten – allein eine Zeitschrift für 2 Euro übereignen; nicht aber die Zeitschrift für 5 Euro. Anders wäre die Situation nur dann, wenn er beispielsweise das Computerprogramm manipuliert und der Automat folglich „denkt“, dass es sich um einen Barcode für die 5-Euro-Zeitschrift handelt. Dies liegt hier aber gerade nicht. Der Automat „denkt“ es handle sich um eine 2-Euro-Zeitschrift; nur diesbezüglich liegt folglich ein Übereignungsangebot vor. Die 5 Euro teure Zeitschrift wird folglich nicht wirksam übereignet.
3. Folge fehlender Übereignung
Bei § 263 StGB würde es folglich an einer Vermögensverfügung fehlen. Der Computerbetrug ist sehr eng mit dieser Regelung verwandt, so dass eine Strukturgleichheit zu fordern ist. Dabei tritt Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs  an die Stelle des Irrtums und der dadurch hervorgerufenen Vermögensverfügung (BeckOK/Beckemper, § 263a, Rn. 37). Das Ergebnis dieser Beeinflussung muss zudem vermögensrelevant sein und sich unmittelbar vermögensmindernd auswirken. Eine solche Beeinflussung, die sich vermögensmindernd auswirkt, liegt nach Ansicht des OLG gerade nicht vor:

Der Tatbestand des § 263 a StGB erfordert daher, dass die Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs unmittelbar eine vermögensrelevante Disposition des Computers verursacht.  Die Vermögensminderung muss unmittelbar, d.h. ohne weitere Zwischenhandlung des Täters, des Opfers oder eines Dritten durch den Datenverarbeitungsvorgang selbst eintreten. Daran fehlt es, wenn durch die Manipulation der Datenverarbeitung nur die Voraussetzungen für eine vermögensmindernde Straftat geschaffen werden, z.B. beim Ausschalten oder Überwinden elektronischer Schlösser. Hier führt das Einscannen des Strichcodes der „WAZ“ allein zu der Anzeige eines im Verhältnis zu den tatsächlich ausgewählten Zeitschriften geringeren Kaufpreises. Diese Anzeige bewirkt noch keinen verfügungsähnlichen Vorgang, der sich als unmittelbare Vermögensbeeinträchtigung darstellte. Die nachfolgende Mitnahme der Zeitschriften wird durch den Datenverarbeitungsvorgang als solchen weder ermöglicht noch erleichtert.

4. Überdies: Fehlende Tathandlung des § 263a StGB
Die Diskussion, welche Tathandlung des § 263a StGB verwirklicht ist, muss deshalb hier nicht geführt werden. Dennoch empfiehlt es sich in der Klausur hierauf zumindest kurz einzugehen, um ein vollständiges Ergebnis zu haben. Das OLG subsumiert hier sehr anschaulich die einzelnen Varianten des § 263a Abs. 1 StGB:

Das unrichtige Gestalten eines Programms (1. Var.) setzt das Neuschreiben, Verändern oder Löschen ganzer Programme oder jedenfalls von Programmteilen voraus . Nichts davon geht mit dem Einscannen des „WAZ“-Strichcodes einher.
Das Verwenden unrichtiger oder unvollständiger Daten (2. Var.) erfasst Fälle, in denen eingegebene Daten in einen anderen Zusammenhang gebracht oder unterdrückt werden, wobei eine Programmgestaltung unrichtig bzw. unvollständig ist, wenn sie bewirkt, dass die Daten zu einem Ergebnis verarbeitet werden, das inhaltlich entweder falsch ist oder den bezeichneten Sachverhalt nicht ausreichend erkennen lässt, den Computer also gleichsam „täuscht“ . Vorliegend wird über das Einlesen des Strichcodes der Kaufpreis einer Ausgabe der „WAZ“ richtig und vollständig angezeigt, diesen Kaufpreis hat der Angeklagte auch bezahlt.
Das Merkmal der unbefugten Verwendung von Daten (3. Var.) ist nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, „betrugsspezifisch“ auszulegen ; unbefugt ist die Verwendung danach dann, wenn sie gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter hätte. Insoweit muss auf das Vorstellungsbild einer natürlichen Person abgestellt werden, die sich ausschließlich mit den Fragen befasst, die auch der Computer „prüft“ . Da das Lesegerät einer Selbstbedienungskasse lediglich den in dem Strichcode festgelegten Kaufpreis anzeigt, ohne zu prüfen, ob auch tatsächlich die dem Strichcode zugewiesene Ware bezahlt und mitgenommen wird, würde auch ein „fiktiver Kassierer“ nur eine derart eingeschränkte Prüfung vornehmen und deshalb über den eingelesenen Preis der „WAZ“ nicht getäuscht.
Das sonstige unbefugte Einwirken auf den Ablauf (4. Var.) erfasst – im Sinne eines Auffangtatbestandes – solche strafwürdige Maßnahmen, die nicht unter Var. 1 bis 3 fallen, jedoch beinhaltet das Einscannen des Strichcodes der „WAZ“ keine Einwirkung auf den Ablauf, d.h. auf das Programm oder den Datenfluss.

5. Prüfung des Diebstahls
Es bleibt aber die Vollendung eines Diebstahls. Der Kunde hat hier eine fremde bewegliche Sache weggenommen, also den Gewahrsam gegen den Willen des Berechtigten gebrochen. Eine Übereignung lag nach dem oben Gezeigten gerade nicht vor. Die weiteren Voraussetzungen des Diebstahls sind auch erfüllt, sodass sich der Kunde nach § 242 StGB strafbar gemacht hat. In der Klausur wäre hier natürlich eine etwas ausführlichere prüfung geboten.
6. Überdies Urkundsdelikte
Zudem liegt eine Urkundenunterdrückung durch das Abtrennen des Barcodes von der günstigeren Zeitschrift vor (§ 274 StGB). Eine Urkundenfälschung in Form des Herstellens einer unechten Urkunde scheidet aus, da die Zeitschrift nicht mit dem Barcode fest verbunden wurde und damit keine neue, unechte Urkunde hergestellt wurde.
 
III. Examensrelevanz
Der Fall ist aufgrund seiner Aktualität von äußerst großer Examensrelevanz und ergänzt damit die bisherigen Supermarkt- und Selbstbedienungsfälle (bspw. SB-Tankstelle). Die Wertungen des Falles sollten auf jeden Fall beherrscht werden. Bedeutend ist auch, dass die zivilrechtlichen Wertungen auch im Strafrecht eine bedeutende Rolle spielen. Hier ist eine saubere Darstellung gefordert.
 

09.10.2013/8 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-10-09 13:58:502013-10-09 13:58:50OLG Hamm: Neues zur Abgrenzung Diebstahl/Betrug/Computerbetrug
Dr. Jan Winzen

OLG Hamm: Abgrenzung Ersatzerbe vs. Nacherbe nach dem Erblasserwillen

Erbrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Erbrechtliche Fragestellungen sind (für viele glücklicherweise) eher selten Gegenstand von Examensklausuren. Wenn dies doch einmal der Fall ist, geht es meist um Fragen der dinglichen Rechtslage. Der Sachverhalt, der einer aktuellen Entscheidung des OLG Hamm (I-15 W 88/13, 15 W 88/13) zu Grunde liegt könnte auf diesem Weg ebenfalls zukünftig Eingang in Examensklausuren finden.
A. Sachverhalt (aus der Pressemitteilung):
Die im Jahre 1991 im Alter von 74 Jahren verstorbene Erblasserin hinterließ vier Kinder. Sie hatte im Jahre 1985 eigenhändig testamentarisch verfügt, dass der 1952 geborene Sohn ihr alleiniger Erbe werden solle, und für den Fall seines kinderlosen Versterbens ihren 1958 geborenen Sohn zum „Ersatzerben“ bestimmt. Nachdem der ältere Sohn 2012 kinderlos verstarb, hat der überlebende jüngere Sohn einen Erbschein beantragt, der ihn als Alleinerben seiner Mutter ausweist. Hiergegen hat der gesetzliche Erbe des verstorbenen älteren Sohnes Beschwerde (nach dem FamFG) eingelegt.
B. Nacherbe oder doch nur Ersatzerbe?
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg, wenn dem jüngeren Sohn der Erblasserin kein Erbrecht zusteht.
Für die Erbenstellung des jüngeren Sohnes ist von entscheidender Bedeutung, ob dieser als Ersatzerbe oder als Nacherbe eingesetzt worden ist. Ist er nämlich lediglich Ersatzerbe geworden, so hat er durch den Tod des älteren Sohnes kein Erbrecht erlangt. Dies hätte vielmehr vorausgesetzt, dass dieser noch vor dem Erbfall kinderlos verstorben wäre (mit der Folge, dass der Ersatzerbe zum Vollerben geworden wäre).
I. Grundsätzliches zur Unterscheidung
Nacherbschaft (§ 2100 ff. BGB) ist das zeitliche Aufeinanderfolgen von mindestens zwei Personen als Erben des Erblassers, verknüpft durch den Nacherbfall, wobei der Vorerbe (zum Zwecke der Sicherung des Nacherben) bestimmten Verfügungs- und Verwaltungsbeschränkungen unterliegt (insb. §§ 2113 ff. BGB).
Der Ersatzerbe wird (nur) für den Fall eingesetzt, dass der zunächst Berufene nie Erbe geworden ist, weil er entweder vor oder (mit ex tunc Wirkung) nach dem Erbfall wegfällt (etwa wegen Nichtigkeit der Erbeinsetzung oder Widerrufs durch den Erblasser). Der Ersatzerbe wird deshalb mit dem Erbfall aufschiebend bedingt Erbe des Erblassers. Tritt die Bedinung nicht ein, erlangt er keine Erbenstellung.
II. Im Zweifel Ersatzerbe
Da Verfügungen von Todes wegen (insbesondere Testamente) häufig ohne fachkundigen Rat errichtet werden, die Rechtsfolgen der Erbeinsetzung oft nicht hinreichend bekannt sind und die mit einer Nacherbeneinsetzung verbundenen Beschränkungen des Vorerben in seiner Verwaltungs- und Verfügungsfreiheit nur in Ausnahmefällen gewollt sein dürften, enthält § 2102 Abs. 2 BGB eine gesetzliche Vermutung, die beim Sreit über die Erbenstellung im Zweifel Klarheit schafft:

Ist zweifelhaft, ob jemand als Ersatzerbe oder als Nacherbe eingesetzt ist, so gilt er als Ersatzerbe.

C. Auslegung nach dem wahren Erblasserwillen
Gesetzliche Vermutungen greifen jedoch nur dort ein, wo sich der Parteiwille nicht schon im Wege der Auslegung ermitteln lässt.
Im Vertragsrecht erfolgt diese Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont unter Berücksichtigung von Verkehrssitte und Treu und Glauben (§§ 133 und 157 BGB). Anders bei der Auslegung letzwilliger Verfügungen. Hier soll allein dem (im Testament angedeuteten) wahren Willen des Erblassers zur Geltung verholfen werden. § 157 BGB findet insoweit keine Anwendung.
Das OLG Hamm fasst die dargelegten Grundsätze wie folgt zusammen:

Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Dabei ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Dieser ist jedoch nicht bindend. Vielmehr sind der Wortsinn und die vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten hat sagen wollen und ob er mit ihnen genau das wiedergegeben hat, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH NJW 1993, 256 m.w.N.). Maßgeblich ist insoweit allein sein subjektives Verständnis der von ihm verwendeten Begriffe (BGH FamRZ 1987, 475, 476; Palandt/Weidlich, BGB, 72. Aufl., § 2084 Rn. 1). Zur Ermittlung des Inhalts der testamentarischen Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen (BGH NJW 1993, 256 m.w.N.). Solche Umstände können vor oder auch nach der Errichtung des Testamentes liegen. Dazu gehört das gesamte Verhalten des Erblassers, seine Äußerungen und Handlungen (Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2084 BGB Rdnr. 2 m.w.N.). Kann sich der Richter auch unter Auswertung aller Umstände von dem tatsächlich vorhandenen wirklichen Willen des Erblassers nicht überzeugen, muss er sich grundsätzlich mit dem Sinn begnügen, der dem Erblasserwillen mutmaßlich am ehesten entspricht (BGH NJW 1993, 256). Eine Ausnahme gilt dabei dort, wo das Gesetz selbst Auslegungsregeln oder Vermutungen enthält. In diesen Fällen ist, wenn sich das Gericht nicht von dem tatsächlichen Willen des Erblassers überzeugen kann, allerdings auch erst dann, auf die gesetzlichen Regeln zurückzugreifen.

Gemessen an diesem Prüfungsmaßstab kann im vorliegenden Fall nicht von einer Nacherbenstellung des jüngeren Sohnes der Erblassering ausgegangen werden. Maßgeblich stellt das Gericht dabei darauf ab, dass die Rechtswirkungen einer Vorerbenstellung des älteren Sohne nicht dem Erblasserwillen enstprochen hätten.

Wenn der Erblasserin das juristische Instrument der Vor- und Nacherbschaft und die entsprechenden Begrifflichkeiten nicht bekannt waren, wovon der Antragsteller und das Amtsgericht ausgehen, dann wäre zu erwarten, dass sie in ihrer Verfügung in irgendeiner Form angedeutet hätte, worum es ihr in der Sache ging, nämlich um eine Beschränkung der Verfügungsfreiheit des zunächst eingesetzten Erben im Bezug auf den Nachlass. Denn aus dem Begriff des Ersatzerben allein lässt sich im allgemeinen Sprachverständnis zwar noch ein Austausch der zur Erbfolge berufenen Person, aber keine lebzeitige Verfügungsbeschränkung des ersten Erben ableiten (vgl. oben). Gerade eine solche weitergehende Andeutung fehlt jedoch. Der Wortlaut ließe sich mit der Annahme einer Vor- und Nacherbschaft also nur dann vereinbaren, wenn man unterstellen würde, die Erblasserin habe das Instrument der Vor- und Nacherbschaft in seinen gesetzlichen Rechtsfolgen gekannt, nicht aber die entsprechenden Begriffe. Diese Annahme erscheint dem Senat eher fernliegend.

Im Übrigen müssen (wie bereits erwähnt) Zweifel zu Lasten desjenigen gehen, der seine Nacherbenstellung behauptet.

Lässt sich nach alledem nicht sicher feststellen, welchen Sinn die Erblasserin dem Begriff des Ersatzerben beigemessen hat, so muss es nach den o.g. Grundsätzen bei der Auslegungsregel des § 2102 Abs. 2 BGB verbleiben. Danach ist hier davon auszugehen, dass der Antragsteller lediglich zum Ersatzerben im Rechtssinne eingesetzt worden ist.
Da der Ersatzerbfall nicht eingetreten ist, ist sein Erbscheinsantrag unbegründet und daher zurückzuweisen.

D. Fazit
Die prozessuale Situation im vorliegenden Fall betraf die Beschwerde des gesetzlichen Erben des älteren Bruders gegen einen die Nacherbschaft des jüngeren Bruders feststellenden Beschluss des Amtsgerichts. Die Beschwerdebefugnis des gesetzlichen Erben des älteren Bruders folgte aus dem Umstand, dass der jüngere Bruder nach Erteilung eines dem amtsgerichtlichen Beschluss folgenden Erbscheins gemäß § 35 GBO die Grundbuchberichtigung des landwirtschaftlichen Besitzes auf sich hätte herbeiführen können. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Problematik so in einer Klausur kommen würde.
Denkbar wäre aber etwa, dass der ältere Sohn ein zum Nachlass gehörendes Grundstück vor seinem Tod an einen Dritten veräußert und dieser als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wird. Der jüngere Sohn würde den Dritten dann auf Zustimmung (genauer Bewilligung nach § 19 GBO) zur Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB in Anspruch nehmen. Nach Auflassung, Eintragung und Einigsein gemäß §§ 873, 925 BGB kommt man zur Frage der Berechtigung des älteren Sohnes. Diese fehlte nach § 2113 Abs. 1 BGB, wenn er zum Zeitpunkt der Übertragung Vorerbe war. Ob das der Fall war, ist dann mit Hilfe der oben dargestellten Erwägungen zu bewerten. Denkbar wären dann etwa Folgefragen zum gutgläubigen Erwerb nach § 2113 Abs. 3 BGB.
Mitnehmen sollte man aus dem Themenkreis für die Klausur vor allem, dass es bei der Abgrenzung zwischen Ersatzerbe und Nacherbe auf den wahren Willen des Erblassers ankommt (§ 133 BGB) und sich eine Nacherbenstellung diesem Willen wohl nur dann entnehmen lassen wird, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Erblasser dem vermeintlichen Vorerben die Vefügungsbeschränkungen der §§ 2113 ff. BGB auferlegen wollte.
 

17.09.2013/4 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2013-09-17 13:00:532013-09-17 13:00:53OLG Hamm: Abgrenzung Ersatzerbe vs. Nacherbe nach dem Erblasserwillen
Dr. Jan Winzen

OLG Hamm: Neues zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch

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Das OLG Hamm hat in einem noch nicht veröffentlichten Urteil vom 18.04.2013 (24 U 113/12) entschieden, dass Hauseigentümer auf der Grundlage des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs für unverschuldete Brandschäden am Nachbarhaus haften.
I. Sachverhalt
Die in dem Rechtsstreit beklagten Eheleute sind Eigentümer eines Reihenmittelhauses. Sie veranstalteten auf ihrem Grundstück ein privates Grillfest. Infolge des Grillfests entstand ein nächtlicher Brand, der auf die jeweils benachbarten Reihenhäuser übergriff und diese beschädigte. Die Feuerwehr hatte den Übergriff nicht rechtzeitig verhindern können. Nach den Ermittlungen eines Sachverständigen war Ursache für den Brand entweder der Defekt einer elektrischen Leitung im Bereich ihres Abstellraums oder durch noch heiße Grillkohle verursachter Funkenflug. Gegenstand der Entscheidung war nun der Regress des Versicherers, der den Schaden in Höhe von 60.000 Euro erstattet hatte.
II. Rechtliche Würdigung
Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht im Volltext vor. Gleichwohl kann man sich der rechtlichen Lösung in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nähern.
Vorab sollte man kurz klarstellen, dass vertragliche und quasi-vertragliche Ansprüche nicht in Betracht kommen. Da auch deliktsrechtliche Ansprüche mangels Verschulden der Beklagten ausscheiden werden, läuft die Prüfung zwangsläufig auf den dinglichen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB (analog) hinaus (dies nur als Merkposten, deliktsrechtliche Ansprüche werden im Anspruchsaufbau natürlich erst nach den dinglichen Ansprüchen behandelt).
1. Aktivlegitimation
Zunächst ist zu beachten, dass der Versicherer vorliegend gegen die potentiellen Schädiger vorgeht. Insofern muss § 86 Abs. 1 VVG genannt werden, der den Anspruch des Geschädigten im Wege der Legalzession auf den Versicherer übergehen lässt, wenn dieser den entstandenen Schaden ersetzt.
2. Voraussetzungen des allgemeinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs
Der von der Rechtsprechung entwickelte allgemeine verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch wird einer entsprechenden Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entnommen und hat im Wesentlichen folgende Voraussetzungen:

  • rechtswidrige Beeinträchtigung
  • faktischer Duldungszwang
  • Schutzzweckzusammenhang

a) rechtswidrige Beeinträchtigung
Die  im Rahmen des Ausgleichanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog erforderliche Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung ergibt sich regelmäßig aus dem Umstand, dass dem Nachbar ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB zugestanden hätte mit dem er die Beeinträchtigung hätte abwehren können. Dies dürfte bei dem drohenden Übergriff eines Brandes unzweifelhaft der Fall sein.
[NACHTRAG – angepasster Störerbegriff: Aus den auf der Website des OLG Hamm veröffentlichten Entscheidungsgründen wird ersichtlich, dass sich das Gericht schwerpunktmäßig mit Beweislastfragen und dem Störerbegriff des § 1004 Abs. 1 BGB befasst hat. Die von § 1004 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Störereigenschaft wird, wenn es um den Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog geht, vom BGH als haftungsbegrenzendes Merkmal angesehen, da ohne dies eine nicht gerechtfertigte Ausweitung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs zu einer reinen Gefährdungshaftung zu befürchten wäre. Vor diesem Hintergrund ist der Anspruchssteller nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet, denn mit der haftungsbegrenzenden Funktion dieses Tatbestandsmerkmals

wäre es unvereinbar, dem in Anspruch genommenen Grundstückseigentümer die Beweislast für das Fehlen seiner Störereigenschaft aufzuerlegen.
Der gebotene Ausgleich zwischen der Haftungsbegrenzung und zu hohen Anforderungen an den Beweis der Störereigenschaft durch den Anspruchsteller wird im Anwendungsbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs durch einen an die Besonderheiten des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses angepassten Störerbegriff erzielt.

Der angepasste Störerbegriff setzt für den Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog einen Zurechnungszusammenhang voraus,

 der reine Naturvorgänge und unbeherrschbare Ereignisse ausschließt.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, folgt die Störereigenschaft im Sinne der §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB nicht allein aus dem Eigentum oder Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, setzt aber auch keinen unmittelbaren Eingriff voraus.
die Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgeht.

Dies kann

nicht begrifflich, sondern nur nach wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen. Dies ist dann zu bejahen, wenn sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Einwirkung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“ also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen, ergibt.

Nach der Beweisaufnahme erkennt das Gericht

allein die Folgen des Grillfestes oder ein Defekt der elektrischen Anlage als ernsthaft in Betracht zu ziehende Brandursachen.
In beiden Fällen sind die Beklagten als Störer Schuldner des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruches gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog.

Etwas anderes (nämlich der Wegfall der Störereigenschaft) könnte zwar gelten, wenn der Brand durch Dritte verursacht worden wäre. Insoweit führt das Gericht aber aus

Demgegenüber ist praktisch ausgeschlossen, dass sich gerade in der relativ kurzen  Zeit nach dem Zubettgehen der Beklagten gegen 2.00 Uhr Unbekannte ohne erkennbaren Grund auf das Grundstück der Beklagten geschlichen haben sollen und so rechtzeitig einen Brand legen bzw. fahrlässig verursachen konnten, dass es bereits um 2.45 Uhr zu einem lodernden Feuer und Bersten der Thermopaneverglasung an den Terrassentüren gekommen ist. Es sind auch keine Anhaltspunkte für ein Einbruchsgeschehen oder ein sonstiges nachvollziehbares Motiv erkennbar.]

b)  keine Möglichkeit der Unterbindung/faktischer Duldungszwang
Bei direkter Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ergibt sich die Duldungspflicht des Nachbarn (die ja letztlich der Grund für dessen Entschädigung ist) aus § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB (ortsübliche Benutzung des Grundstücks).
Beim allgemeinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch geht es aber um den Ersatz von Nachteilen, die der Nachbar dadurch erleidet, dass er seinen Unterlassungsanspruch nicht geltend machen konnte, sei es aus tatsächlichen (Baumwurzeln im Mauerwerk) oder aus rechtlichen Gründen (etwa, wenn der Störer eine zur Beseitigung der Störung erforderliche Genehmigung nach Bauordnungsrecht nicht erlangen kann).
Eine (die wichtigste) Fallgruppe in diesem Zusammenhang ist der sog. faktische Duldungszwang, der immer dann gegeben ist, wenn die rechtzeitige Erlangung von Rechtsschutz ausgeschlossen ist. Da § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in diesen Fällen trotz vergleichbarer Interessenlage (es kommt aufgrund einer Duldungspflicht zu einem Schaden) nicht direkt anwendbar ist, bedarf es einer Lückenfüllung im Wege der Analogie (sofern es um andere als die in § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB genannte Beeinträchtigungen geht, wird teilweise sogar von einer doppelten Analogie gesprochen).
Hier ergibt sich ein solcher faktischerDuldungszwang aus dem Umstand, dass die Feuerwehr den Übergriff des Brandes nicht mehr rechtzeitig verhindern konnte.
c) Schutzzweckzusammenhang
Der Schutzzweckzusammenhang dürfte im vorliegenden Fall nicht problematisch gewesen sein. Gleichwohl sei an dieser Stelle kurz darauf hingewiesen, dass der Anspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in der Rechtsprechung (siehe insbesondere BGH, Urteil vom 19.09.2009 – V ZR 75/08 Rz. 16 -juris) eine wichtige Einschränkung erfährt:

Nicht jeder von einer rechtswidrigen Einwirkung betroffene Grundstückseigentümer, der aus besonderen Gründen an der Durchsetzung eines ansonsten bestehenden Unterlassungsanspruchs gegenüber seinem Nachbarn gehindert ist, kann allerdings von diesem nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog einen Geldausgleich für die erlittenen unzumutbaren Nachteile verlangen. Zwar dient die Vorschrift als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 155, 99, 101 f. m.w.N.; Urt. v. 1. Februar 2008, V ZR 47/07, NJW 2008, 992, 993). Der Anwendungsbereich des Ausgleichsanspruchs ist aber nur im Rahmen des Regelungszusammenhangs der Norm und des mit ihr verfolgten Zwecks eröffnet.

In dem bislang aus Examenssicht wohl wichtigsten Fall zu dieser Problematik, in dem es um den durch eine Feuerwerksrakete verursachten Brandschaden einer Scheune ging, verneinte der BGH genau diesen Schutzzweckzusammenhang wegen des fehlenden Grundstücksbezugs der schädigenden Beeinträchtigung (wir hatten dazu berichtet). In der maßgebenden Passage (Rz. 18 aaO) heisst es:

Für die Beurteilung, ob der betroffene Nachbar eine Entschädigung verlangen kann, ist, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, zugleich das Grundstück in den Blick zu nehmen, von dem die Einwirkung ausgeht. Auch insoweit bedarf es eines Zusammenhangs, der die Einwirkung als von diesem herrührend erscheinen lässt (in diesem Sinn auch OLG Hamm NJW-RR 1987, 1315, 1316 für den Fall einer durch Dritte verursachten Brandstiftung). Ein solcher kann zum einen durch einen gefahrenträchtigen Zustand des Grundstücks vermittelt werden (Senat, Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232 f.). Zum anderen kommt es auf die Nutzung durch den Eigentümer oder durch die die Nutzung bestimmende Person an (vgl. Senat, BGHZ 175, 253, 257).

Im vorliegenden Fall dürfte an dem so formulierten Schutzzweckzusammenhang bzw. dem Grundstücksbezug der Beeinträchtigung keine Bedenken bestehen, da sich das Grundstück selbst in einem gefahrenträchtigen Zustand (resultierend entweder aus dem Defekt einer elektrischen Leitung oder der noch heißen Grillkohle) befand. In der offiziellen Pressemitteilung heisst es dazu recht knapp:
3. Ergebnis
Dem Grunde nach steht der Versicherung ein Anspruch auf Ersatz der geleisteten Zahlungen aus §§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog, 86 Abs. 1 VVG  zu. Zur Klärung der genauen Anspruchshöhe hat das OLG Hamm an das LG zurück verwiesen.
III. Fazit
Der vorliegende Fall gibt Anlass, sich mit dem allgemeinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch zu befassen. Der Anspruch tritt an die Stelle der dinglichen Abwehransprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB (Eigentum) und § 862 Abs. 1 BGB (Besitz), wenn diese den Berechtigten im Einzelfall nicht schützen können. Er wird folgerichtig von der Rechtsprechung nach Sinn und Zweck auch auf Besitzstörungen angewendet. Besonders wichtig ist der Anspruch, wenn und weil deliktsrechtliche Ansprüche (insbesondere wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten) wie hier mangels Verschulden des vermeintlichen Schädigers nicht in Betracht kommen.
Dass Fälle zu § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog besondere Examensrelevanz haben, hat der bereits angesprochene Feuerwerksraketen-Fall des BGH eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dieser lief sowohl im ersten als auch im zweiten Examen, im Mündlichen und im Schriftlichen. Angesichts der neuen Entscheidung des OLG Hamm (die inhaltlich zu einem anderen Ergebnis kommt als der BGH im Feuerwerksraketen-Fall), sollte man sich mit dem Themenkomplex aktuell noch einmal befassen.
[Nachtrag: Neben den Schutzzweckerwägungen zur Frage des Grundstücksbezugs der Beeinträchtigung erfährt im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog auch der Störerbegriff des § 1004 Abs. 1 BGB eine normative Einschränkung. Eigentum oder Besitz allein reichen nicht aus. Die Beeinträchtigung muss zumindest mittelbar auf den Willen des Grundstückseigentümers zurückgehen. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Anspruchssteller.]
Hingewiesen sei zu diesem Zweck noch einmal auf unseren Beitrag zum Feuerwerksraketen-Fall und den sehr instruktiven und öffentlich verfügbaren Beitrag in der JA 2001, 741.

21.06.2013/6 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2013-06-21 08:00:252013-06-21 08:00:25OLG Hamm: Neues zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch
Gastautor

OLG Hamm: Zur Tierhalterhaftung beim Sturz über schlafenden Hund

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, heute einen weiteren Gastbeitrag von Matthias Murr veröffentlichen zu können. Matthias hat in Marburg studiert und promoviert aktuell zu einem kapitalmarktrechtlichen Thema an der Universität Köln. Nebenbei ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei in Frankfurt am Main tätig.
In seinem jüngst veröffentlichten Urteil vom 15.02.2013 (19 U 96/12) hatte das OLG Hamm über Fragen der Tierhalterhaftung (§ 833 Satz 1 BGB) zu entscheiden.
I. Sachverhalt
Die Klägerin kaufte in einem Geschäft der Beklagten zu 2. ein, in dem auch die Beklagte zu 1. als Verkäuferin beschäftigt war. Als die Klägerin nach Beendigung ihres Einkaufs das Geschäft wieder verlassen wollte, stürzte sie über den im Eingangsbereich liegenden Hund der Verkäuferin. Durch den Sturz zog sich die Klägerin eine schwere Knieverletzung zu, wegen der sie die Beklagten nunmehr auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch nimmt. Der Hund der Verkäuferin verweilte regelmäßig mit Zustimmung der Beklagten zu 2. im Ladengeschäft. Am Tag des Unfalls hatte er sich eigenmächtig in den ca. 1,5 m von der Kasse entfernten Eingangsbereich begeben und sich dort so niedergelegt, dass er den Zugang zum Ladengeschäft weitgehend versperrte. Da er im Rücken der Klägerin lag, hatte diese ihn beim Verlassen des Geschäfts übersehen, wodurch es zu dem Sturz kam.
II. Vorbemerkung zur systematischen Einordnung der Tierhalterhaftung
Das Deliktsrecht ist zweispurig ausgestaltet. Den (auch für die Ausbildung) zentralen Anspruchsgrundlagen der §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 und 826 BGB liegt das Verschuldensprinzip zu Grunde. Daneben stehen zahlreiche (teilweise auch außerhalb des BGB geregelte) Tatbestände der sog. verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung. Außerhalb des BGB sind hier vor allem § 7 StVG, § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG, §§ 33 ff. LuftVG und §§ 25 ff. AtomG zu nennen. Die Gefährdungshaftung kommt immer dann zur Anwendung, wenn das Verschuldenserfordernis den Interessen des Geschädigten nicht ausreichend Rechnung trägt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn eine unberechenbare Gefahrenquelle geschaffen wird. Auch bei der Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB handelt es sich um einen solchen Fall der (bürgerlich-rechtlichen) Gefährdungshaftung. Ein Verschulden des Tierhalters ist folglich nicht Voraussetzung für dessen Haftung aus § 833 Satz 1 BGB. Dem liegt die gesetzgeberische Annahme des grundsätzlich unberechenbaren und selbstständigen Verhaltens von Tieren zu Grunde, welches eine nicht vollends beherrschbare Gefahrenquelle eröffnet und den strengeren Haftungsmaßstab rechtfertigt.
III. Haftung der Beklagten zu 1. aus §§ 833 Satz 1, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB
1. Tatbestandsvoraussetzungen
Das OLG Hamm bejaht in seiner Entscheidung einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. aus Gefährdungshaftung (§§ 833 Satz 1, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB). Es sieht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB (Hund = Tier, Beklagte = Tierhalter, Rechtsgutsverletzung, Kausalität und Realisierung der tierspezifischen Gefahr, keine Exkulpation nach § 833 Satz 2 BGB) als gegeben an. Längere Ausführungen macht das Gericht in diesem Zusammenhang lediglich zum Prüfungspunkt der tierspezifischen Gefahr.
2. Zurechnungszusammenhang: Verwirklichung der tierspezifischen Gefahr
Voraussetzung für einen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB ist stets, dass sich in der Verletzung des Opfers gerade die tierspezifische Gefahr verwirklicht hat. Nur wenn dies der Fall ist, kommt eine verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters aus § 833 Satz 1 BGB in Betracht:

Es ist auf die tierimmanente Gefahr des Hundes zurückzuführen, dass die Klägerin unstreitig beim Verlassen des Ladenlokals über ihn stürzte und sich am rechten Knie verletzte. Bei der Rechtsgutsverletzung der Geschädigten hat sich gerade die dem Tier typischerweise anhaftende Gefahr verwirklicht, indem der Schaden auf der Unberechenbarkeit und Selbstständigkeit tierischen Verhaltens sowie der dadurch hervorgerufenen Gefährdung beruht. Dies ist nach der Rechtsprechung auch der Fall, wenn ein Tier ein gefährliches Verkehrshindernis bildet, weil es sich eigenmächtig ohne Rücksicht auf den Verkehr in den Verkehrsraum begeben hat und dort ruht. Ein solches unbekümmertes Verhalten entspricht der tierischen Natur; in ihm wirkt sich die Gefahr aus, die die Haltung des Tieres mit sich bringt und derentwegen die besondere Tierhalterhaftung geschaffen worden ist. Demgemäß ist nicht darauf abzustellen, dass der Hund regungslos auf dem Boden lag und schlief, sondern darauf, wie das Tier in seine Lage gelangt ist. Der Hund hat sich nicht etwa aufgrund irgendeiner Einwirkung durch einen Menschen, die ihm keine andere Freiheit ließ, sondern unstreitig frei und von selbst in den einzigen Zugang des Ladens begeben und schlafen gelegt, wobei er diese für den eröffneten Publikumsverkehr neuralgische Stelle aufgrund der Größenverhältnisse so gut wie versperrte.

3. Keine Exkulpation nach § 833 Satz 2 BGB
Im Anschluss an seine Ausführungen zur Realisierung der tierspezifischen Gefahr stellt das OLG Hamm fest, dass eine Exkulpation nach § 833 Satz 2 BGB nicht in Betracht kommt. Danach tritt die Haftung nach Satz 1 nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines dieser Tatbestandsmerkmale sieht das Gericht nicht. Der Hund diente weder dem Beruf, noch der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt der Beklagten zu 1. Es handelt sich vielmehr um ein nicht unter § 833 Satz 2 zu subsumierendes „Luxustier“.
III. Haftung der Beklagten zu 1. auch wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten
Des Weiteren bejaht das OLG Hamm unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung aber auch einen verschuldensabhängigen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB.
1. Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht
Für die Prüfung ist zunächst zu erkennen, dass es an einer aktiv-schädigenden Handlung (Verletzungshandlung) der Beklagten fehlt. Der Umstand, dass sie ihren Hund nicht aus dem Eingangsbereich entfernte, ist rechtlich als Unterlassen zu bewerten. In Fällen des Unterlassens (genau wie bei mittelbaren Rechtsgutsverletzungen) liegt eine unerlaubte und damit rechtswidrige Handlung aber nur dann vor, wenn eine Pflicht zur Vermeidung oder Abwendung der konkreten Gefahr bestand. Nach allgemeiner deliktsrechtlicher Dogmatik entspringen Handlungspflichten aus einer Garantenstellung (Ingerenz, Vertrag, Gefahrengemeinschaft u.a.) oder aus Verkehrssicherungspflichten. Da eine Garantenstellung hier offensichtlich nicht vorlag, ist Stichwort für den Examenskandidaten nun also die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht (siehe dazu etwa auch hier).
Das Gericht stellt zunächst allgemeine Erwägungen zu den Verkehrssicherungspflichten an und führt dabei aus, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt, die erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen zur Abwendung von Gefahren zu treffen hat, die bei der im Einzelfall gebotenen Sorgfalt nach dem typischen, am Ort zu vermutenden Verkehr zu erwarten sind.
Voraussetzung für derartige Vorkehrungen sei es, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Somit hätte die Beklagte zu 1., so das Gericht, jedenfalls eingreifen müssen, wenn sie konkreten Anlass dafür hatte, dass es durch die Anwesenheit ihres Hundes im Geschäft zu einer Gefährdung anderer kommen könnte. Danach ist von einer Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Entfernung des Hundes vom Kassenbereich auszugehen.
2. Schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Das OLG Hamm nimmt nun Bezug auf den konkreten Sachverhalt und stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Beklagte zu 1. den oben genannten konkreten Anlass zur Annahme einer möglichen Gefährdung anderer hatte. Das Unterlassen von Vorkehrungsmaßnahmen begründet, so das Gericht, demnach den Fahrlässigkeits-Vorwurf (§ 276 Abs. 2 BGB) gegenüber der Beklagten:

Danach habe die Beklagte zu 1., als sie mehrere Minuten die Klägerin an der Kasse bediente, bemerkt, dass der Hund neben der Kassentheke, wo er sich bis dahin befand, aufstand und wegging. Sie habe deshalb –zutreffend- damit gerechnet, dass er  sich, wie schon gewohnt und ihr bekannt, auf seinem Lieblingsplatz auf der Matte im einzigen Ladenzugang ablegte. Damit lag er in Gehrichtung zum Ausgang unstreitig nur etw 1,5 m- für einen Erwachsenen kaum zwei Schritte- unmittelbar im Rücken der Klägerin, die bezahlte und das Lokal verlassen würde. Es war deshalb nicht nur objektiv vorhersehbar, sondern für die Beklagte zu 1. zu erkennen, dass die Klägerin, die erkennbar den Hund dort nicht bemerkt hatte, ihn beim Hinausgehen übersehen und über ihn stürzen konnte. Die Beklagte zu 1. hätte sie deshalb davor warnen bzw. den Hund wegschaffen müssen. Dass die Beklagte dies unstreitig nicht tat, begründet bei der gegebenen Sachlage den Vorwurf der Fahrlässigkeit, weil sie außer Acht gelassen hat, was von einem Verständigen in ihrer Lage und mit ihrer Kenntnis zu erwarten war.
 


IV. Haftung der Beklagten zu 2. aus §§ 433, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1, 253 Abs.2 BGB

Im Anschluss an die Haftung der Beklagten zu 1. widmet sich das OLG Hamm noch der Beklagten zu 2. Es führt hierzu aus, die Beklagte zu 1. sei als ihre Erfüllungsgehilfin i.S. v. § 278 Satz 1 Alt. 2 BGB anzusehen. Mithin sei ihr die oben bezeichnete schuldhafte Pflichtverletzung zuzurechnen.

Eine Zurechnung der Pflichtverletzung des Erfüllungsgehilfen an den Geschäftsherrn erfolgt nur dann nicht, wenn der Erfüllungsgehilfe die Pflichtverletzung lediglich bei Gelegenheit der Vertragserfüllung begeht, ohne dass ein sachlicher Zusammenhang mit den ihm obliegenden Aufgaben besteht. Einen solchen Fall sieht das OLG Hamm vorliegend jedoch nicht gegeben. Bereits die Tatsache, dass die Beklagte zu 2. die Mitnahme des Hundes schon seit längerer Zeit gestatte, führe zur Zurechnung der Pflichtverletzung.


Die Verkehrssicherung stellt eine Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag gemäß § 241 Abs. 2 BGB dar. Das OLG Hamm weist darauf hin, dass sich die vertraglichen Verkehrssicherungspflichten mit den zu § 823 BGB entwickelten Fallgruppen decken (siehe dazu auch bereits hier). Aufgrund der Zurechnung der Pflichtverletzung hat die Beklagte zu 2., so das OLG Hamm, folglich ihre vertraglichen Nebenpflichten verletzt, sodass ein Anspruch der Klägerin aus §§ 433, 241 Abs. 2, 280 Abs.1, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB besteht.

V. Kein Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB.

Das Gericht schließt seine Entscheidung mit der Frage ab, ob der Klägerin ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB anzulasten ist. Dieses würde sich als rechtsvernichtende Einwendung auf alle oben bejahten Ansprüche anspruchsmindernd auswirken. Hierzu stellt das Gericht jedoch fest, dass die Klägerin vorliegend kein Mitverschulden trifft, da sie die Sorgfalt gewahrt habe, die ein ordentlicher und verständiger Mensch in der Situation zu beobachten hatte, um eigenen Schaden zu vermeiden. Aufgrund der räumlichen Enge und des zeitlichen Ablaufs habe die Klägerin den Hund nicht wahrnehmen können. Eine Pflicht ohne Anhaltspunkt sofort den vor sich liegenden Boden auf etwaige Hindernisse zu kontrollieren bestehe nicht.

VI. Fazit

Die Entscheidung des OLG Hamm reiht sich in eine Vielzahl von Entscheidungen zur Tierhalterhaftung ein (siehe etwa hier, hier und hier). Sie eignet sich gut als Teil einer Examensklausur oder aber auch für das mündliche Prüfungsgespräch. Das zentrale Problem des Falles stellt die Frage der Realisierung der tierspezifischen Gefahr im Rahmen der Haftung nach § 833 BGB dar. Dieses sollte unbedingt gesehen und ausführlich dargestellt werden. Darüber hinaus sollte im Rahmen der Prüfung des § 823 Abs. 1 BGB die Verkehrssicherungspflicht wegen Schaffung einer Gefahrenquelle ordentlich herausgearbeitet und der vorliegende Sachverhalt darunter subsumiert werden. Bei der Prüfung der Haftung der Beklagten zu 2. kann dann beim Prüfungspunkt der vertraglichen Nebenpflichten auf die obigen Ausführungen zu den Verkehrssicherungspflichten verwiesen und das Gutachten so sauber abgerundet werden. Das Mitverschulden sollte im Rahmen der Prüfung des ersten Anspruchs angesprochen werden. Bei den nachfolgend zu prüfenden Ansprüchen kann dann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Nicht geprüft hat das OLG Hamm in seiner Entscheidung eine mögliche Haftung der Beklagten zu 2. aus § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB. Anders als § 278 BGB stellt § 831 BGB keine Zurechnungsnorm, sondern eine eigene Anspruchsgrundlage dar. Der Sachverhalt enthält keine Angaben darüber, ob der Beklagten zu 2. bereits bei der Einstellung der Beklagten zu 1. ein Auswahlverschulden angelastet werden kann, welches eine Exkulpation nach § 833 Abs. 1 S. 2 BGB verhindern würde. Über den gesetzlichen Wortlaut hinaus wird jedoch von der Rechtsprechung eine Verpflichtung zur fortwährenden Überwachung des Verrichtungsgehilfen anerkannt. Diese Überwachungspflicht führt zu einer Reaktionspflicht, wenn sich Anhaltspunkte für die Ungeeignetheit oder Unzuverlässigkeit des Gehilfen ergeben. In einer Klausur fürs erste Examen wäre diese Frage anhand weiterer Sachverhaltsangaben zu erörtern.

 


14.06.2013/2 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-06-14 08:00:102013-06-14 08:00:10OLG Hamm: Zur Tierhalterhaftung beim Sturz über schlafenden Hund
Dr. Jan Winzen

OLG Hamm: Zur Verkehrssicherungspflicht des Baumarktbetreibers

Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Klassischer (im prüfungstechnischen Sinne) hätte die Fragestellung, die einer jüngst veröffentlichten Entscheidung des OLG Hamm (9 U 187/12) zugrunde lag, kaum sein können: Haftet der Betreiber eines Baumarkts dem Grunde nach für Schäden, die einer Kundin in Folge des Ausrutschens auf einer verunreinigten Stelle im Kassenbereich des Baumarkts entstanden sind und möglicherweise zukünftig noch entstehen werden?
A. Rechtliche Würdigung
I. Richtige Anspruchsgrundlage: §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB
Der richtigen Anspruchsgrundlage sollte man sich hier unbedingt systematisch nähern (zur Erinnerung: vertraglich – quasi vertraglich – GoA – dinglich – deliktisch/bereicherungsrechtlich, zur Wiederholung dieser wichtigen Zusammenhänge sei an dieser Stelle auf die gut verständliche Darstellung bei Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23. Auflage, Rn. 7 ff. verwiesen). Anders als in zahlreichen Fällen zur Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (siehe etwa hier, hier und hier) liegt nämlich eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien vor, denn

Indem die Klägerin die Geschäftsräume der Beklagten betreten hat, um Waren zu erwerben, ist gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB entstanden.

Da eine Verletzung dieser Pflichten in Rede steht, ist die Anspruchsgrundlage folglich nicht, wie sonst häufig, § 823 Abs. 1 BGB, sondern §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB zu entnehmen.
II. Tatbestandsvoraussetzungen
1. Schuldverhältnis
Die Entstehung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses zwischen der Kundin und dem Betreiber des Baumarkts (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB) wurde bereits dargelegt.
2. Pflichtverletzung
Der Betreiber des Baumarkts müsste eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis verletzt haben. Einem Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 BGB erwachsen insoweit nur die Schutzpflichten des § 241 Abs. 2 BGB. Gegenstand der Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB ist u.a. die Pflicht zur Erhaltung des Integritätsinteresses und folglich – soweit möglich – die Vermeidung von Verletzungen potentieller Vertragspartner.
Zur Konkretisierung der Reichweite dieser Pflicht werden die zu den insoweit inhaltsgleichen Verkehrssicherungspflichten im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen (siehe etwa BGH, Urteil vom 09.09.2008 – VI ZR 279/06 Rz. 9 (juris)). § 241 Abs. 2 BGB ist folglich verletzt, wenn der Baumarktbetreiber eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.
Es empfiehlt sich bei der weiteren Bearbeitung eine zweistufige Prüfung: Zuerst sollte man abstrakt den genauen Inhalt der Verkehrssicherungspflicht bestimmen, um dann im zweiten Schritt die Anwendung auf den konkreten Fall vornehmen zu können.
a) Inhalt der Verkehrssicherungspflicht
Der Prüfungsmaßstab richtet sich nach den zu § 823 Abs. 1 BGB entwickelten Kriterien:

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern.

Einzelhandelsunternehmen sind – das ist in der Rechtsprechung schon lange anerkannt – grundsätzlich Adressaten von Verkehrssicherungspflichten. Dem folgt auch das OLG Hamm:

Diese Verpflichtung trifft auch ein Einzelhandelsunternehmen in Bezug auf seine Geschäftsräume.

 
Im Hinblick auf die Bestimmung der Reichweite der Verkehrssicherungspflicht hat das Einzelhandelsunternehmen

in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür zu sorgen, dass die Kunden durch die angebotene Ware und den Zustand der Geschäftsräume – insbesondere auch des Fußbodens – keine Schäden erleiden.

Der Umfang der damit korrespondierenden Kontrollpflichten

hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab – u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung sowie dem von den zum Verkauf angebotenen Waren ausgehenden Gefahrenpotential.

Verschiedenartige Einzelhandelsunternehmen sind, wie das OLG Hamm ausführt, bereits Gegenstand der Rechtsprechung zu Verkehrssicherungspflichten gewesen:

  • Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes: große Rutschgefahr – Reinigung des Bodens durch eine bestimmte Person in kurzen Abständen (15 bis 20 Minuten) + Überwachung durch die Laden- und Abteilungsaufsicht  (OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 158).
  • Selbstbedienungs-Drogeriemarkt: nur ausnahmsweise Rutschgefahr – regelmäßige Kontrolle (alle 30 Minuten) (OLG Hamm, NJW-RR 2002, 171).
  • Warenhaus: ständige Anwesenheit eines mit der Ladensicherheit betrauten Mitarbeiters + Anweisung aller Mitarbeiter, auf Verunreinigungen zu achten und diese zu beseitigen oder zu melden (OLG Köln, VersR 2009, 233).
  • Lebensmittelmarkt mit einer Größe von 650 m²: Anweisung aller Mitarbeiter, den Zustand des Bodens regelmäßig zu kontrollieren und Verunreinigungen sogleich zu beseitigen + regelmäßige Kontrolle der Einhaltung dieser Weisungen durch den Filialleiter (wobei diese Kontrolle im Kassenbereich alle 10 bis 15 Minuten erfolgt) (OLG Köln, VersR 1997, 1113)

Bei der Bestimmung der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers eines Selbstbedienungsbaumarkts ist vor diesem Hintergrund zu berücksichtigen:

dass ihr Warensortiment zwar nicht das Gefahrenpotential des Warensortiments eines Lebensmittelmarktes, insbesondere einer Obst- und Gemüseabteilung, hat. Die meisten Artikel sind verpackt, so dass eine Rutschgefahr durch den Inhalt der Verpackungen nur bei geöffneten oder beschädigten Verpackungen besteht. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass in dem von der Beklagten betriebenen Baumarkt auch Pflanzen verkauft werden, die üblicherweise nicht verpackt sind. Von diesen Pflanzen geht die Gefahr aus, dass sie Teile – wie z.B. Blätter – verlieren und dass aus der bewässerten Erde Wasser austritt. Insbesondere auch im Hinblick auf diese Gefahr muss der Betreiber eines Baumarktes für regelmäßige Kontrollen sorgen. Diese Verpflichtung betrifft im besonderen Maße den Kassenbereich, den die Kunden mit Waren aller Art passieren und in dem die Aufmerksamkeit durch die ggf. mit sich geführten Waren, das Warensortiment sowie die Verkaufsvorgänge abgelenkt ist. Die Abstände der Kontrollen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere auch dem Kundenaufkommen.

Daraus ergibt sich nach Ansicht der Gerichts das folgende Pflichtenprogramm:

Bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen ist eine Kontrolle im Abstand von 30 Minuten erforderlich und ausreichend. Die generelle Anweisung an alle Mitarbeiter, auf Verunreinigungen insbesondere im Kassenbereich zu achten, ist nur dann ausreichend, wenn eine Person für die regelmäßige Kontrolle dieser Anweisung verantwortlich ist und diese auch in kurzen Abständen durchführt.

b) Einhaltung der so besitmmten Verkehrssicherungspflicht durch den Baumarktbetreiber
Der Baumarktbetreiber hat nach Ansicht des OLG Hamm seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, denn:

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist der im Rahmen der sekundären Darlegungslast erfolgte Vortrag der Beklagten, Sichtkontrollen im Kassenbereich hätten in Intervallen von 15 bis 30 Minuten stattgefunden und seien von der Filialleitung regelmäßig überprüft worden, so dass 10 Minuten vor dem Sturz der Zeuge M den Bereich vor der Kasse Nr. 1 überprüft und dabei keine Bodenverunreinigungen festgestellt habe, nicht bewiesen.

In einer Klausur des ersten Staatsexamens würde man hier freilich eher mit einem unstreitigen Sachverhalt konfrontiert werden, dessen Subsumtion dann vermutlich auch keine größeren Schwierigkeiten bereiten dürfte.
c) Zwischenergebnis
Eine Pflichtverletzung im Sinne des §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB liegt in Form der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht vor.
3. Kausalität – Anscheinsbeweis
Die entstandenen Schäden müssten kausal auf die Pflichtverletzung zurück zu führen sein. Ein typischer Beklagteneinwand ist insoweit die Behauptung, es sei nicht aufgrund der Verkehrssicherungspflichtverletzung, sondern aufgrund einer anderen Ursache zu dem Sturz gekommen.
Auch im ersten Examen können Sachverhalte mitunter so gestaltet sein, dass die Kausalität nicht mit Sicherheit feststeht. Das ist aber nicht weiter problematisch, wenn und weil dann zumindest feststehen wird, dass zur Zeit des Unfalls eine Flüssigkeit auf dem Boden befand und dass die Klägerin an genau dieser Stelle gestürzt ist. So kann die Entscheidung nämlich auf Grundlage eines Anscheinsbeweises getroffen werden:

Aufgrund des Anscheinsbeweises ist weiter davon auszugehen, dass die Klägerin wegen des verkehrssicherungswidrigen Zustands des Fußbodens gestürzt und sich am Knie verletzt hat. Kann festgestellt werden, dass sich zur Zeit des Unfalls eine Flüssigkeit auf dem Boden befand und dass die Klägerin an dieser Stelle gestürzt ist, so streitet der Anscheinsbeweis dafür, dass die auf der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht beruhende Glätte eine Bedingung für den Sturz der Klägerin war, es bei Beachtung der Verkehrssicherungspflicht also nicht zu dem Unfall gekommen wäre.
Weiter ist das Landgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte als Betreiberin des Baumarktes in diesem Fall die tatsächliche Vermutung erschüttern muss, indem sie darlegt und beweist, dass es nicht aufgrund der Verkehrssicherungspflichtverletzung, sondern aufgrund einer anderen Ursache zu dem Sturz gekommen ist. Daran fehlt es vorliegend.

Die Kausalität ist damit im Ergebnis zu bejahen.
4. Verschuldensvermutung (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Die Beklagte hat sich nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entlastet. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass ihr die Einhaltung der objektiv erforderlichen Verkehrssicherungspflichten subjektiv in der konkreten Situation nicht möglich oder zumutbar war.

5. Mitverschulden (§ 254 BGB)
Das OLG Hamm nimmt schließlich aber noch ein Mitverschulden seitens der Klägerin an, denn:

Die Klägerin hat durch ihre Unaufmerksamkeit dazu beigetragen, dass es zu dem Sturz gekommen ist. Insoweit ist der vom Landgericht angeführte Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass in einem Selbstbedienungs-Baumarkt eine völlige Gefahrlosigkeit von den Kunden nicht erwartet werden kann. Deshalb sind die Kunden eines Selbstbedienungsgeschäftes veranlasst, sich auf die für das Selbstbedienungssystem typischen und vom Betreiber nie völlig auszuräumenden Risiken einzustellen und durch entsprechende Aufmerksamkeit für die eigene Sicherheit zu sorgen. Die danach erforderliche Aufmerksamkeit hat die Klägerin nicht aufgebracht. Dies folgt bereits aus ihren eigenen Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Dort hat die Klägerin erklärt, sie habe die Lache nicht gesehen, weil sie beim Gehen ja nicht permanent auf den Boden schaue. Des Weiteren hat die Klägerin den Durchmesser der Lache mit 15 bis 20 cm angegeben – einer Größe, die bei gehöriger Sorgfalt ohne weiteres erkennbar ist. Deshalb ist davon auszugehen, dass – wenn die Klägerin aufmerksam auf den Boden geschaut hätte – sie die Lache erkannt hätte und es nicht zu dem Sturz gekommen wäre.

6. Ergebnis
Der Kundin steht unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB dem Grund nach zu.
B. Fazit
Die Entscheidung des OLG Hamm ist in ihrer gutachterlichen Beurteilung nicht besonders komplex. Die Haftung für aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten entstandene Schäden dürfte wohl den meisten Kandidaten bekannt sein (siehe, neben den eingangs schon genannten, zu weiteren jüngeren Entscheidungen hier, hier und hier). Umso wichtiger ist es sicherlich, präzise zu arbeiten und die wenigen Besonderheiten zutreffend und mit der richtigen Gewichtung zu würdigen. Dass vorliegend eine vertragliche Anspruchsgrundlage und nicht § 823 Abs. 1 BGB zu prüfen ist, sollte deshalb besser nicht übersehen werden (auch wenn die Ergebnisse letztlich nicht von einander abweichen dürften). Der Anscheinsbeweis im Rahmen der Kausalität kommt (insbesondere in der Praxis und im zweiten Examen) regelmäßig bei Verkehrssicherungspflichten und sollte deshalb in seinen Grundzügen auch im ersten Examen bekannt sein (häufiger anzutreffen ist die Figur freilich beim Verkehrsunfall).
Sowohl für die Zusatzfrage im ersten Examen als auch für das zweite Examen (dann prozessual eingekleidet) ist daran zu denken, dass wegen des Schmerzensgeldes ein in der Höhe unbestimmter Klageantrag (Ermessen des Gerichts) gestellt werden sollte. So ist einerseits das Gericht nicht gehindert, ein höheres Schmerzensgeld auszuurteilen (Bindung an den Antrag gem. § 308 Abs. 1 ZPO). Andererseits lässt sich auch das Prozesskostenrisiko vermindern. Die Klage ist freilich nur zulässig, wenn im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ein Mindestbetrag angegeben wird. Der Feststellungsantrag (§ 256 ZPO) wegen der Ersatzpflicht für zukünftig noch entstehende Schäden ist nach st. Rspr. nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit weiterer Schäden besteht, da es andernfalls an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.
Zuletzt sei noch angemerkt, dass das OLG Hamm hier als Berufungsgericht über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach durch Teilurteil entscheiden konnte (und musste), § 304 Abs. 1 ZPO. Zur Entscheidung über die Höhe der geltend gemachten Zahlungsansprüche war der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif und daher an das Landgericht zurückzuverweisen.
 

10.06.2013/0 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2013-06-10 08:00:142013-06-10 08:00:14OLG Hamm: Zur Verkehrssicherungspflicht des Baumarktbetreibers
Gastautor

OLG Hamm: Neue Rechtsprechung zum Maklerlohnanspruch

AGB-Recht, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Matthias Murr veröffentlichen zu können. Matthias hat in Marburg studiert und promoviert aktuell zu einem kapitalmarktrechtlichen Thema an der Universität Köln. Nebenbei ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei in Frankfurt am Main tätig.
Mit seinem Urteil vom 21.03.2013 (18 U 133/12) hat das OLG Hamm entschieden, dass ein Makler auch dann einen Anspruch auf seine Provision (Courtage) hat, wenn sein Kunde das vermittelte Objekt zu einem deutlich niedrigeren Kaufpreis erwirbt, als es ihm vom Makler nachgewiesen wurde. Darüber hinaus stellt das Gericht fest, dass die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Maklers gem. § 307 Abs. 1 S.1 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
Um dem Examenskandidaten die Verortung der examensrelevanten Probleme im Prüfungsbau zu erleichtern, soll die Entscheidung des OLG Hamm im Folgenden gutachterlich aufbereitet werden. Zu den einzelnen Voraussetzungen des Maklerlohnanspruchs (Maklervertrag, Maklerleistung, Hauptvertrag, Kausalität) sei im Übrigen auf den hier bereits erschienen Beitrag verwiesen.
I. Sachverhalt (vereinfacht)
Die Beklagte, eine Unternehmensgruppe aus dem Bereich des gewerblichen Hochbaus, verhandelte im Jahre 2005 mit der Eigentümerin über den Kauf eines Firmengrundstückes. Ein Kaufvertrag kam jedoch nicht zustande. Im Jahre 2010 trat die Klägerin, eine Immobilienmaklerin, an die Beklagte heran und fragte, ob Interesse an der Benennung einer Gewerbeimmobilie besteht. Nachdem diese ihr Interesse daran geäußert hatte, benannte die Klägerin das Grundstück, welches bereits 2005 Gegenstand der Verhandlungen zwischen der Beklagten und der Grundstückseigentümerin gewesen war, zu einem Kaufpreis von 1,1 Mio. Euro. Zugleich übersandte die Klägerin der Beklagten ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, deren Ziffer 10 wie folgt lautete:
„Der Provisionsanspruch entsteht auch, wenn der Vertrag zu Bedingungen abgeschlossen wird, die vom Angebot abweichen, oder wenn und soweit im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem ersten Vertrag vertragliche Erweiterungen und Ergänzungen zustande kommen bzw. ein gleiches oder ähnliches Geschäft abgeschlossen wird. (…)“
Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, dass sie bereits Vorkenntnis von dem benannten Objekt hat und verwies auf die Verhandlungen mit der Verkäuferin.
Im Juli 2011 erwarb die Beklagte schließlich das Grundstück mit der darauf stehenden Immobilie zu einem Kaufpreis von 525.000 Euro (zzgl. MwSt). Daraufhin stellte die Klägerin der Beklagten eine Käuferprovision in Höhe von 18.750 Euro in Rechnung. Die Beklagte wies die Ansprüche der Klägerin zurück, woraufhin diese Klage erhob.
II. Anspruchsgrundlage: § 652 Abs. 1 S. 1 BGB
Nach Auffassung des OLG Hamm steht der Klägerin ein Anspruch auf  die Maklercourtage in Höhe von 18.750 Euro gem. § 652 Abs. 1 BGB zu. Nach dieser Norm ist derjenige, der für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages oder für die Vermittlung eines Vertrages einen Mäklerlohn verspricht, dann zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, wenn der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Mäklers zustande kommt.
III. Gutachterliche Würdigung
Die Klägerin könnte gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Maklercourtage in Höhe von 18.750 Euro gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB haben. Hierfür müssten die Voraussetzungen des Maklerlohnanspruches erfüllt sein (zur Vertiefung siehe auch hier).
1. Zustandekommen eines gültigen Maklervertrages
Zunächst müssten die Klägerin und die Beklagte einen gültigen Maklervertrag miteinander geschlossen haben. Dies ist vorliegend der Fall.
Anmerkung: Es gelten hier die allgemeinen Grundsätze des Vertragsschlusses. Es müssen mithin Angebot und Annahme vorliegen. Durch den Maklervertrag entsteht keine Plicht zum Kauf bzw. Verkauf eines Grundstückes, sodass § 311b BGB nicht einschlägig ist. In diesem ersten Prüfungspunkt sollte sich der Klausurbearbeiter mangels auftretender Probleme im Sachverhalt möglichst kurz halten.
2. Erbringung der Maklerleistung
Desweiteren müsste die Beklagte auch ihre Maklerleistung erbracht haben. Der Maklervertrag ist gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages bzw. auf die Vermittlung eines Vertrages gerichtet. Die Klägerin könnte ihre Maklerleistung vorliegend erbracht haben, indem sie der Beklagten den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages erbracht hat. Hierunter versteht man eine Mitteilung des Maklers an seinen Kunden, durch welche dieser in die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Eine besondere Form des Nachweises der Gelegenheit muss dabei nicht eingehalten werden. Aufgrund der Benennung des Grundstückes durch die Klägerin im Jahre 2010 wurde die Beklagte in die Lage versetzt, mit der Verkäuferin des Grundstückes in Vertragsverhandlungen zu treten. Folglich hat die Klägerin den Nachweis und demzufolge auch ihre Maklerleistung erbracht.
Anmerkung: Auch bei diesem Prüfungspunkt stellen sich vorliegend keine Probleme. Es sollte hier ebenfalls auf lange Ausführungen verzichtet und der Punkt in der gebotenen Kürze dargestellt werden.
3. Abschluss des Hauptvertrages
a) Hauptvertrag liegt vor
Es müsste darüber hinaus auch zum Abschluss des Hauptvertrages zwischen der Beklagten und der Verkäuferin gekommen sein. Im Juli 2011 schlossen die Beklagte und die Verkäuferin einen  Kaufvertrag gem. § 433 BGB in dem sich die Beklagte verpflichtete das Grundstück mit der darauf stehenden Immobilie zu einem Kaufpreis von 525.000 Euro (zzgl. MwSt) zu erwerben. Zweifel an der Wirksamkeit dieses Kaufvertrages bestehen vorliegend nicht. Ein gültiger Hauptvertrag liegt mithin vor.
b) Kongruenz zwischen beabsichtigtem und geschlossenem Vertrag?
Dem Makler steht nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Provisionsanspruch nach § 652 BGB jedoch grundsätzlich nur dann zu, wenn der Vertrag, mit dessen Herbeiführung der Makler beauftragt war, zu den vom Makler benannten Bedingungen zustande kommt. Führt die Tätigkeit hingegen zum Abschluss eines Vertrages mit anderem Inhalt, so entsteht kein Anspruch auf den Maklerlohn (BGH, NJW-RR 1998, 411; BGH, NJW 2008, 652). Voraussetzung eines Maklerlohnanspruchs ist mithin grundsätzlich die Kongruenz des beabsichtigten mit dem tatsächlich zustande gekommenen Kaufvertrag.
Der tatsächliche Kaufpreis (525.000 Euro zzgl. MwSt) weicht von dem von der Klägerin benannten Kaufpreis (1,1 Mio. Euro) um 43% ab. Bei einer solchen erheblichen Preisdifferenz liegt die für den Maklerlohnanspruch grundsätzlich erforderliche Kongruenz nach einhelliger Auffassung nicht mehr vor (Pauly, ZMR 2009, 662; OLG München, MDR 2010, 615; OLG Dresden, NJW-RR 2009, 931; OLG Celle, MDR 2007, 1410; so auch das OLG Hamm in der hier besprochenen Entscheidung). Umstritten ist jedoch, ob ein Maklerlohnanspruch ausnahmsweise auch dann entstehen kann, wenn das Tatbestandsmerkmal der Kongruenz nicht erfüllt ist, namentlich wenn der Maklerkunde trotz fehlender Identität zwischen beabsichtigtem und geschlossenem Vertrag den geplanten wirtschaftlichen Erfolg erzielt.

aa) erste Ansicht: kein Maklerlohnanspruch bei fehlender Kongruenz
Im Falle fehlender Kongruenz kann nach Ansicht einiger Oberlandesgerichte (so z.B. OLG Bamberg, Koblenz, Celle, München) und dem überwiegende Teil der Literatur (so z. B. MünchKommBGB/Roth, § 652, Rn. 150; Palandt/Sprau, § 652, Rn. 43) kein Anspruch des Maklers auf Maklerlohn entstehen. Begründet wird diese Ansicht in erster Linie damit, dass nach § 652 BGB ein Maklerlohnanspruch eben nur dann entstehe, wenn der ursprünglich ins Auge gefasste Vertrag abgeschlossen werde und somit eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit vorläge. Bei einer deutlichen quantitativen Abweichung  zwischen avisiertem und tatsächlich geschlossenem Kaufvertrag (die nach dieser Ansicht jedenfalls bei einer Abweichung von 25% vorliegt) sei jedoch genau diese wirtschaftliche Gleichwertigkeit nicht mehr gegeben. Folglich stehe dem Makler dann auch kein Provisionsanspruch zu. Darüber hinaus solle der Makler auch nicht davon profitieren, dass sein Kunde besonderes Verhandlungsgeschick aufweist und daher einen besonders günstigen Preis aushandelt.
bb) OLG Hamm: Makleranspruch besteht trotz fehlender Kongruenz
Eine andere Auffassung vertritt das OLG Hamm im vorliegenden Fall. Es verneint zwar wegen der oben genannten Kaufpreisdifferenz von 43% ebenfalls die Kongruenz zwischen dem avisierten und dem tatsächlich geschlossenen Vertrag. Das Gericht ist aber, anders als die oben aufgeführte Ansicht, der Meinung, dass der Makler sich seinen Maklerlohn stets auch dann verdient habe, wenn der Maklerkunde das Objekt zu einem niedrigeren Kaufpreis, als er Gegenstand des Nachweises war, erworben hat. Dies sei deshalb anzunehmen, da in einem solchen Fall eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit zwischen dem angestrebten und dem geschlossenen Geschäft vorläge, sodass die grundsätzlich erforderliche Kongruenz ausnahmsweise entbehrlich sei. Trotz der inhaltlichen Abweichung zwischen avisiertem und geschlossenem Vertrag erziele der Maklerkunde durch den Vertragsschluss den gleichen geplanten wirtschaftlichen Erfolg. Es liegt, so das OLG Hamm, mithin eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit vor, bei der es dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspräche, wenn sich der Maklerkunde auf eine fehlende Kongruenz zwischen dem geschlossenen und dem beabsichtigten Kaufvertrag beriefe. Nur beim Hinzutreten besonderer, vom Gericht nicht benannter Umstände, könne die Berufung des Maklerkunden auf die fehlende Kongruenz als mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vereinbar anzusehen sein.
Auch die Argumentation der Gegenansicht, dass dem Makler das Verhandlungsgeschick seines Kunden nicht zugutekommen dürfe, weißt das Gericht zurück. Es stellt hierzu in erster Linie darauf ab, dass zwischen dem Makler und dessen Kunde regelmäßig ein bestimmter Prozentsatz des Kaufpreises als Provision vereinbart wird. Reduziere sich der Kaufpreis durch Verhandlungsgeschick des Maklerkunden, sinke auch die Provision des Maklers, sodass ein Vorteil nicht entstehe.
cc) Streitentscheid möglicherweise entbehrlich
Beide Ansichten gelangen zu unterschiedlichen Ergebnissen, sodass ein Streitentscheid grundsätzlich erforderlich ist. Ein solcher könnte vorliegend jedoch entbehrlich sein, wenn der Klägerin unabhängig vom Vorliegen des Hauptvertrages ein Maklerlohnanspruch zusteht, da sich in diesem Fall denknotwendig auch die Frage nach den Konsequenzen der fehlenden Kongruenz erübrigen würde. Eine solche erfolgsunabhängige Vergütung könnte sich aus Ziffer 10 der AGB der Klägerin ergeben. Dort ist festgelegt, dass der Klägerin auch dann ein Provisionsanspruch zusteht, wenn der Vertrag zu Bedingungen abgeschlossen wird, die vom Angebot abweichen, oder wenn und soweit im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem ersten Vertrag vertragliche Erweiterungen und Ergänzungen zustande kommen bzw. ein gleiches oder ähnliches Geschäft abgeschlossen wird. Die AGB-Klausel müsste wirksam sein.
Anmerkung: Es muss nun eine AGB-Kontrolle durchgeführt werden.
(1) Vorliegen von AGB
Bereits der Sachverhalt stellt klar, dass es sich bei der fraglichen Klausel um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt.
(2) Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB eröffnet
Der Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB müsste eröffnet sein. Dieser bestimmt sich anhand von § 310 BGB. Aufgrund der Unternehmereigenschaft der Beklagten (§ 14 Abs. 1 BGB) finden sowohl  die §§ 305 Abs. 2 und 3 BGB als auch die §§ 308 und 309 BGB  gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung. § 310 Abs. 1 S. 2 BGB stellt allerdings klar, dass die Wertungen der  §§ 308 und 309 BGB bei der Inhaltskontrolle im Rahmen des § 307 BGB zu berücksichtigen sind.
(3) Inhaltskontrolle
Ziffer 10 der AGB der Klägerin könnte gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sein. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine Bestimmung in den AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn die in Rede stehende Bestimmung mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von denen durch die AGB abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Die Norm des § 652 Abs. 1 BGB enthält nachgiebiges Recht und ist daher grundsätzlich abdingbar. Ein Makler kann sich somit eine Vergütung auch ohne Rücksicht auf den Erfolg seiner Tätigkeit sichern. Dies ist zumindest dann unbedenklich, wenn eine solche erfolgsunabhängige Vergütung individualvertraglich vereinbart wird, denn dann haben schließlich beide Vertragsteile die Möglichkeit, Einfluss auf den Vertragsinhalt zu nehmen. Zum Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklerrechts gehört es jedoch nach einhelliger Auffassung im Schrifttum und in der Rechtsprechung, dass eine erfolgsunabhängige Maklerprovision nicht geschuldet ist. Der Makler verlangt, anders als ein Dienstleister, regelmäßig eine erfolgsabhängige, prozentual auf den Vertragsgegenstand bezogene Provision. Mit der Vereinbarung einer solchen Provision entscheidet er sich für das Leitbild des § 652 BGB und muss sich mithin auch an diesem messen lassen. Die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Maklerprovision in den AGB weicht somit vom Leitbild des Maklervertrages ab und benachteiligt hierdurch den Kunden in unangemessener Weise.
Ziffer 10 der AGB  der Klägerin ist folglich gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Der Makleranspruch der Klägerin besteht demzufolge nicht unabhängig vom Abschluss des Hauptvertrages, sodass sich auch die Frage der Konsequenzen der fehlenden Kongruenz weiterhin stellt. Der oben geführte Meinungsstreit muss mithin entschieden werden.
dd) Streitentscheid
Es spricht vieles dafür, trotz der inhaltlichen Abweichung zwischen avisiertem und geschlossenem Vertrag davon auszugehen, dass der Maklerkunde durch den Abschluss des Hauptvertrages seinen geplanten wirtschaftlichen Erfolg erzielt. Daran ändert auch die Tatsache, dass der Maklerkunde das begehrte Objekt zu einem bedeutend günstigeren Preis erwirbt, nichts. Würde man den Maklerlohnanspruch mangels Kongruenz verneinen, würde es zu einer ungerechtfertigten doppelten Bevorteilung des Maklerkunden kommen. Er würde so nicht nur zu einem deutlich günstigeren Kaufpreis kaufen, sondern sich darüber hinaus auch noch die ursprünglich eingeplante Maklerprovision ersparen. Ein Grund für diesen doppelten Vorteil ist nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint es nicht gerecht, dem Makler trotz der Erbringung seiner Maklerleistung den Maklerlohnanspruch zu verwehren, nur weil sein Kunde zu einem deutlich günstigeren Kaufpreis kauft.
Richtig ist auch, dass zwischen dem Makler und dessen Kunde regelmäßig ein bestimmter Prozentsatz des Kaufpreises als Provision vereinbart wird. Reduziert sich der Kaufpreis durch Verhandlungsgeschick des Maklerkunden, sinkt daher auch die Provision des Maklers, sodass ein Vorteil zu dessen Gunsten in der Regel nicht entsteht. Die Argumentation, dass dem Makler das Verhandlungsgeschick seiner Kunden nicht zugutekommen soll, überzeugt demnach ebenfalls nicht. Es ist mithin der Ansicht des OLG Hamm zu folgen, die dem Makler den Anspruch auf seinen Maklerlohn, trotz der fehlenden Kongruenz zwischen beabsichtigtem und geschlossenem Vertrag, aufgrund der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Verträge, zuspricht.
Anmerkung: Hier lassen sich mit guten Argumenten sicherlich beide Ansichten vertreten, wobei mit der Ansicht des OLG Hamm die Prüfung fortgesetzt und so noch die Kausalität der Maklerleistung für den Vertragsschluss geprüft werden kann. Folgt man hingegen der erstgenannten Ansicht endet die Klausur mangels Kongruenz bereits vor der Prüfung der Kausalität und die dort möglicherweise auftretenden Probleme können nur noch hilfsgutachtlich geprüft werden. Die Entscheidung des Meinungsstreits kann folglich auch von klausurtaktischen Erwägungen abhängig gemacht werden.
4. Kausalität der Maklerleistung für den Vertragsschluss
Schließlich müsste auch die Kausalität zwischen der Maklerleistung und dem Abschluss des Hauptvertrages vorliegen, wobei eine Mitursächlichkeit bereits ausreicht. Die Kausalität ist grundsätzlich dann zu verneinen, wenn bereits Vorkenntnis von dem Objekt bestanden hat. Zwar hatte die Beklagte bereits im Jahre 2005 Verhandlungen mit der Eigentümerin über den Kauf des Grundstücks geführt, jedoch begründet diese Vorkenntnis von der Verkaufsbereitschaft nicht auch das Wissen, dass die Verkaufsbereitschaft auch bei Vertragsschluss sechs Jahre später noch besteht. Es liegt somit keine Vorkenntnis vom Objekt vor. Die Maklerleistung der Klägerin ist mithin auch kausal für den Abschluss des Kaufvertrages, sodass sämtliche Voraussetzungen des Maklerlohnanspruches erfüllt sind.
Die Klägerin hat somit gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Maklercourtage in Höhe von 18.750 Euro gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB.
IV. Fazit
Die vorgestellte Entscheidung des OLG Hamm beschäftigt sich mit dem examensrelevanten Maklerrecht. Für die Prüfung genügt es jedoch, die Grundzüge dieses Rechtsgebiets zu beherrschen. Wichtiger als auswendig gelerntes Detailwissen ist es, die auftretenden Probleme an den richtigen Stellen im Prüfungsaufbau anzusprechen. Der vorgestellte Prüfungsaufbau soll einen möglichen Weg hierfür aufzeigen. Wichtig ist es, sich die im Folgenden noch einmal genannten Grundaussagen des Falles zu verinnerlichen:

  • Die Regelung einer erfolgsunabhängigen Provision in den AGB eines Maklers ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
  • Trotz der fehlenden Kongruenz zwischen avisiertem und geschlossenem Vertrag, steht dem Makler nach Ansicht des OLG Hamm, aufgrund der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Geschäfte, regelmäßig ein Maklerlohnanspruch zu.

Noch anzumerken ist, dass das OLG Hamm die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Bezug auf die Konsequenzen der fehlenden Kongruenz zugelassen hat.
 
 

14.05.2013/4 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-05-14 08:00:582013-05-14 08:00:58OLG Hamm: Neue Rechtsprechung zum Maklerlohnanspruch
Tom Stiebert

OLG Hamm: Erlöschen einer transmortalen Vollmacht bei Alleinerbe

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Das OLG Hamm hat am 10.01.2013 (15 W 79/12) einen Beschluss gefällt, der beim ersten Lesen etwas irritierend erscheint, sich bei näherer Durchsicht aber als richtig herausstellt.
I. Sachverhalt
Es ging dabei um das Problem, dass ein – unstrittiger – Alleinerbe ein Grundstück aus der Erbmasse wirksam übertragen wollte. Dabei war er nicht nur Alleinerbe, sondern war zusätzlich vom Erblasser mit einer notariell beurkundeten transmortalen Vollmacht ausgestattet.
Fraglich war nun, ob er unter Berufung auf die Vollmacht oder unter Berufung auf die Erbenstellung das Grundstück wirksam übertragen konnte.
II. Lösung des OLG
Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück bedarf es der Einigung der Berechtigten (sog. Auflassung § 925 BGB) und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch (§ 873 BGB).
Eine Einigung der Berechtigten lag hier vor. Der Alleinerbe wurde hier nach § 1922 BGB Eigentümer des Grundstücks. Von der Einhaltung der Voraussetzungen des § 925 BGB ist auszugehen.
Fraglich ist aber, ob eine Eintragung in das Grundbuch erfolgen muss. Hierzu enthält die Grundbuchordnung GBO in §§ 13 ff. GBO eine Vielzahl von Vorschriften. Ein Antrag i.S.d. § 13 GBO lag vor.
Problematisch ist, dass dieser Antrag hier nicht durch den im Grundbuch Eingetragenen, sondern durch dessen Alleinerbe erfolgt. Grundsätzlich muss derjenige den Antrag stellen bzw. bewilligen, dessen Recht betroffen ist (§ 19 GBO). Allerdings enthält § 35 GBO eine spezielle Vorschrift:

Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen.

Ein solcher Erbschein hat hier nicht vorgelegen, sodass sich aus der – unstrittigen – Stellung als Erbe kein Anspruch auf Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch ergibt. Auch eine öffentlich beglaubigte letztwillige Verfügung lag nicht vor.
Fraglich ist aber, ob sich die Antragsberechtigung des Erben aus der transmortalen Vollmacht ergeben kann – auch bei einer Bewilligung muss Stellvertretung möglich sein. Dazu müsste diese transmortale Vollmacht noch wirksam sein. Eine solche transmortale Vollmacht bleibt (aufgrund des ausdrücklichen Willens des Erblassers) über den Tod hinaus wirksam, mit der Folge, dass der Stellvertreter nunmehr den Erben – bezogen auf die Erbmasse – vertreten kann. Abzugrenzen ist diese Vollmacht über den Tod hinaus von einer postmortalen Vollmacht, deren Beginn zeitgleich mit dem Tod eintritt, die sonst von den Rechtsfolgen aber identisch ist.
Eine wirksame transmortale Vollmacht wurde hier erteilt. Diese erfüllt – durch die notarielle Beurkundung – auch die Formvorschriften nach §§ 29 und 30 GBO. Fraglich ist aber, ob diese weiterhin wirksam ist, oder durch die Stellung als Alleinerbe ersetzt wurde. Eine Vollmacht setzt stets die Personenverschiedenheit von Vollmachtgeber und Adressat voraus (vgl. Grundgedanke der §§ 164 ff. BGB). Dies ist dann nicht mehr erfüllt, wenn der Adressat und der Vollmachtgeber durch den Eintritt des Erbfalls faktisch personengleich werden – Adressat der Vollmacht bleibt der Erbe, der durch den Todesfall nunmehr aber auch an die Stelle des Erblassers tritt und damit als Vollmachtgeber anzusehen ist. Aus diesem Grund ist die transmortale Vollmacht erloschen.
Der Erbe kann damit die Eintragung des Käufers in das Grundbuch (noch) nicht verlangen.
 
III. Alternativen für Erben
Dem Erben bleiben damit zwei Möglichkeiten die Eintragung herbeizuführen. Entweder er beantragt einen Erbschein nach §§ 2353 ff. BGB oder aber er schlägt innerhalb der Frist des § 1944 BGB das Erbe nach den Vorschriften der §§ 1942 ff. BGB aus, mit der Folge, dass die Erbschaft nach § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt anzusehen ist und damit die transmortale Vollmacht wirksam wird.
 
IV. Fazit
Ein sehr interessanter Fall, der Fragen des Sachen- und Grundbuchrechts mit Problemen der Stellvertretung und des Erbrechts verbindet. Auf den ersten Blick wirkt es irritierend, dass die Erbschaft einerseits als wirksam behandelt wird (hinsichtlich des Wegfalls der Vollmacht) andererseits aber nicht ausreicht um die Eintragung ins Grundbuch fordern zu können. Die gesetzlichen Regelungen sind aber insofern eindeutig, sodass ein abweichendes Ergebnis nur mit sehr guter Begründung vertretbar wäre und in der Klausur keinesfalls zu empfehlen ist.
Dennoch würde sich der Fall für eine Klausur sehr gut eignen, da er lediglich eine saubere Subsumtion unter die gesetzlichen Regelungen fordert.
 

10.04.2013/4 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-04-10 16:29:172013-04-10 16:29:17OLG Hamm: Erlöschen einer transmortalen Vollmacht bei Alleinerbe
Dr. Maximilian Schmidt

OLG Hamm: Zivilrechtliche Haftung bei Foulspiel

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Der 6. Zivilsenat des OLG Hamm hat mit Urteil vom 22.10.2012 (AZ: I-6 U 241/11) einen für die juristische Allgemeinbildung, aber auch im Hinblick auf die juristischen Staatsexamina interessanten Sachverhalt entschieden.
A. Sachverhalt
Im vorliegenden Fall ging es um eine Situation, die sich so oder so ähnlich häufig auf Fußballplätzen in der ganzen Republik abspielt.

„Bei einem Meisterschaftsspiel der Kreisliga A 3 des Kreises Dortmund war der klagende Spieler am 18.04.2010 vom beklagten Spieler der gegnerischen Mannschaft mit gestrecktem Bein gefoult worden. Durch das vom Schiedsrichter mit der gelben Karte geahndete Foul zog sich der Kläger eine schwere Knieverletzung zu, in deren Folge er seinen Beruf als Maler und Lackierer bis heute nicht mehr ausüben kann.“ (Auszug aus der Pressemitteilung des OLG Hamm)

Nun klagte der Geschädigte auf Ersatz für seine materiellen und immateriellen Schäden.
B. Entscheidung des OLG
Als Anspruchsgrundlage kommt nur ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB in Betracht.
Durch die vom Beklagten herbeigeführte schwere Knieverletzung liegt eine kausal verursachte Gesundheitsverletzung des Anspruchstellers vor.
Fraglich ist in Fällen der Verletzungen bei Sportveranstaltungen, wie weit die deliktische Haftung der Gegenspieler geht.
Insoweit ist zwischen drei Konstellationen der sportspezifischen Verletzungshandlung zu unterscheiden:
I. Zunächst hat der BGH schon 1957 entschieden, dass durch regelwidriges Verhalten herbeigeführte Verletzungen eine deliktische Haftung auslösen können (vgl. BGH v. 05.03.1957, VI ZR 199/56). Erforderlich ist hierzu ein Verstoß gegen die Regeln, die die Mannschaften für sich akzeptiert haben (BGH v. 05.11.1974, VI ZR 100/73). Insoweit wird von der Rechtsprechung (auch vom OLG Hamm) der Regelkatalog des DFB herangezogen. Nach dessen generalklauselartiger Nr. 12 (https://www.dfb.de/index.php?id=508078) ist rücksichtsloses und besonders grobes Foulspiel verboten (sog. Blutgrätsche), was bei einem Verstoß zu einem Spielausschluss durch Rote Karte und einen direkten Freistoß für den Gegner führt.
In diesen Fällen liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen die gegenseitig akzeptierten Spielregeln vor, was eindeutig zu einer deliktischen Haftung führen kann (vgl. BGH v. 05.11.1974, VI ZR 100/73).
II. Das Gegenstück stellen Verletzungen durch regelkonformes Verhalten dar. In diesen Fällen, z.B. beim sog. „Pressschlag“, kommt es ohne ein Foulspiel zu einer Verletzung des Gegenspielers.
Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass

„Fußball ein Kampfspiel, d.h. ein gegeneinander ausgetragenes „Kontaktspiel“ [sei] – bei dem es also zu körperlichen Berührungen kommt -, das unter Einsatz von Kraft und Geschicklichkeit geführt wird und das wegen des dieser Sportart eigenen kämpferischen Elementes bei dem gemeinsamen „Kampf um den Ball“ nicht selten zu unvermeidbaren Verletzungen führt. Mit deren Eintritt rechnet jeder Spieler und geht davon aus, daß auch der andere diese Gefahr in Kauf nimmt, daher etwaige Haftungsansprüche nicht erheben will. Ein dieser Spielordnung etwa entgegenstehender innerer Vorbehalt eines Spielers wäre rechtlich unbeachtlich; denn die Rechtsbeziehungen der an einem Fußballspiel Beteiligten müssen schadensrechtlich in ihrer objektiven Typizität bewertet werden, so daß es auf die individuelle Haltung des jeweiligen Spielers nicht ankommt. Mit einem dennoch erhobenen Schadensersatzanspruch würde sich der Verletzte in rechtlich unzulässigen Widerspruch zu seinem vorhergehenden Verhalten setzen.“ (BGH v. 05.11.1974, VI ZR 100/73).

Der BGH löst diese Fälle also über § 242 BGB, dem Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens, und lehnt damit letztendlich eine Inanspruchnahme des Foulenden ab.
Einfacher wäre es festzustellen, dass aufgrund der Regelkonformität schon gar keine Sorgfaltswidrigkeit des Gegners vorliegt (so MüKoBGB-Wagner, § 823 Rn. 549), sodass eine Fahrlässigkeitshaftung ausscheidet. Dies folgt schon aus der „reziproken“ Situation: Der Geschädigte hätte genauso selbst Schädiger sein können, liegen doch Verletzungen auch bei regelkonformer Spielweise in der Natur des Fußballspiels. Dies macht deutlich, dass dann schon gar kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann, handelt der Schädiger doch innerhalb des von beiden akzeptierten Regelwerks.
III. Problematisch sind vor allen Dingen die Fälle, in denen ein bloß geringfügiger Regelverstoß vorliegt (sog. „erlaubte Härte“). Fraglich erscheint in diesen Konstellationen, ob dennoch eine Haftung begründet werden kann.
Dies ist, soweit ersichtlich, vom BGH bisher mit Tendenz zur Ablehnung einer Haftung offen gelassen worden (vgl. BGHZ 154, 316). Die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung verneint hingegen eindeutig eine Haftung bei geringfügigen Regelverstößen in „wettbewerbstypischen Risikolagen“ (so wörtlich OLG Hamm v. 04.07.2005, 34 U 81/05; s. auch OLG Karlsruhe v. 19.03.2004, 23 U 6/03 BSch).
Somit lässt sich feststellen, dass bei dem sog. „handelsüblichen“, d.h. zwar regelwidrigem, aber unvorsätzlichen Foulspiel eine vergleichbare Situation zu regelkonformen Verhaltensweisen besteht. (Unabsichtliche) Fouls gehören zum Fußball wie die Tore.
Im Ergebnis sollte daher auch bei leichten Regelverstößen , die „im Eifer des Gefechts“ begangen werden, eine Haftung ausgeschlossen werden („spieltechnische Inkompetenz“, MüKoBGB-Wagner, § 823 Rn. 550). Andernfalls würde das von beiden Spielern in Kauf genommene Verletzungsrisiko zufällig und mit schweren wirtschaftlichen Folgen auf den Verletzenden abgewälzt, ohne dass dieser den typischen Rahmen eines Fußballspiels verlassen hat.
Fraglich und für die Klausur interessant ist noch die dogmatische bzw. prüfungstechnische Einordnung dieses Ergebnisses.
Mit seiner Argumentation zielt die Rechtsprechung auf die Grundsätze des Verbotes des selbstwidersprüchlichen Verhaltens ab, § 242 BGB. Insofern genügt ein richterliches „jedenfalls“, um eine Haftung über § 242 BGB auszuschließen.
In der Klausur bietet es sich hingegen an auch die in der Literatur diskutierten Ansätze anzusprechen und darzulegen:
Teilweise wird ein eingeschränkter Fahrlässigkeitsmaßstab anhand des zugrunde liegenden Regelwerks und der sportspezifischen Umstände gewählt (so MüKoBGB-Wagner, § 823 Rn. 550). Zudem wird ein die Zurechnung ausschließendes „Handeln auf eigene Gefahr“ vertreten; auch erscheint die Annahme einer (konkludenten) rechtfertigenden Einwilligung denkbar (zusammenfassend und m.w.N.: BGH NJW 2003, 2018).
IV. Im konkreten Fall stellte sich diese Problematik freilich nicht. Das Foulspiel wurde hier durch eine „grob regelwidrige“ Spielweise begangen, sodass eine Haftung nach § 823 BGB zu bejahen war. Das OLG sprach damit ein – für deutsche Verhältnisse sehr hohes – Schmerzensgeld von 50.000€ zu. Daneben wurde auch ein Schadensersatzanspruch (Verdienstausfall etc.) bejaht.
C. Fazit
Für die Klausur sollte darauf geachtet werden, zwischen den einzelnen „Foularten“ zu differenzieren:
Bei (vom Anspruchsteller zu beweisenden) groben Regelverstößen ist eine Haftung unproblematisch zu bejahen.
Liegt gar kein Regelverstoß vor, wird man mit Hinweis auf die sportspezifische „reziproke“ Situation entweder den Fahrlässigkeitsmaßstab absenken können oder über § 242 BGB einen Haftungsausschluss konstruieren können.
In den klausurträchtigen Grenzfällen zwischen „erlaubter Härte“ und „regelwidriger Unfairness“ ist eine umfassende Auseinandersetzung mit den Wertungen des Deliktsrechts und eine darauf aufbauende Einordnung in den oben dargestellten Prüfungsaufbau vorzunehmen. Möchte man sich im Gutachten für eine Ansicht entscheiden, liegt m.E. dogmatisch ein modifizierter Haftungsmaßstab nahe, so dass im Rahmen der Fahrlässigkeit auf die besondere sportspezifische Situation abgestellt werden kann. Die Wertung des BGH mit § 242 BGB bleibt hingegen zumindest von ihrer Verortung unklar.
Hinsichtlich des Urteils des OLG Hamm lässt sich abschließend feststellen, dass es die bisherige Rechtsprechung lediglich bestätigt, so dass das mediale Echo („Was darf man auf dem Fußballplatz?“) überzogen wirkt.
 

28.11.2012/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2012-11-28 18:00:522012-11-28 18:00:52OLG Hamm: Zivilrechtliche Haftung bei Foulspiel
Dr. Jan Winzen

OLG Hamm: BVB muss nicht an Spielerberater zahlen

Rechtsprechung, Startseite

Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 24.09.2012 (18 U 25/12, I-18 U 25/12) entschieden, dass dem ehemaligen Spielerberater des Bundesliga-Torhüters W. keine Ansprüche im Zusammenhang mit dessen im Januar 2011 erfolgter Vertragsverlängerung zustehen.
Der Fall ist aus verschiedenen Gründen interessant. Zum einen handelt es sich bei rechtlichen Themen aus dem Bereich Profisport stets um Diskussionsstoff für eine breitere (nicht ausschließlich juristische) Öffentlichkeit. Der ein oder andere Zivilrechtsprüfer in der mündlichen Prüfung könnte sich deshalb veranlasst sehen, den Fall als Aufhänger für das Prüfungsgespräch zu wählen (das könnte besonders für Prüfer aus dem Fan-Lager des BVB gelten – solche dürften ja vor allem in NRW kein Exotendasein fristen).  Zum anderen eignet sich die hier anzutreffende prozessuale Situation (der Kläger musste im Wege einer Stufenklage vorgehen – dazu sogleich) in beiden Examen zur Anknüpfung verfahrensrechtlicher Fragen.
Der Sachverhalt
Der zum Ende der Spielzeit 2010/2011 auslaufende Arbeitsvertrag des Stamm-Torhüters von Borussia Dortmund stand Ende des Jahres 2010 zur Verlängerung an. Da dem BVB an der vorzeitigen Verlängerung des Vertrages gelegen war, kontaktierte der BVB-Sportmanager im September 2010 dessen Spielerberater, den Rechtsanwalt C. C hatte den W in der Vergangenheit bereits mehrfach bei Vertragsverlängerungen mit Borussia Dortmund beraten. Ende September kam es dann auch in Dortmund zu einem Gespräch zwischen den genannte Personen und dem Geschäftsführer des BVB. Gegenstand des Gesprächs war die Ausgestaltung des neuen Vertrages (insbesondere dessen Laufzeit, das Grundgehalt und weitere Prämien). Noch am selben Tag unterbreitete der Verein seinem Torhüter ein konkretes Angebot. Die in diesem Zusammenhang vereinbarten Fortsetzungstermine (Oktober und November) sagte W ab. Darüber hinaus kündigte er Ende November den Vertrag mit seinem Berater. Dieser setzte wenige Tage später den BVB von der Kündigung in Kenntnis und bekundete zugleich die Absicht, für den Fall einer Vertragsverlängerung einen Anspruch auf „Honorarzahlung“ gegen den Verein geltend zu machen. Am selben Tag engagierte W einen neuen Berater und im Januar 2011 kam es (wie die BVB-Fans wissen) zu der angestrebten Vertragsverlängerung für weitere drei Jahre (in deren Folge der BVB ein Honorar an den neuen Berater des W zahlte).
Der C verlangte nun von Borussia Dortmund für jedes der drei Jahre die Zahlung eines Honorars in Höhe von 10 % des jeweiligen Jahresbruttogehalts. Da er naturgemäß nicht wissen konnte, wie hoch das letztlich vereinbarte Gehalt war, begehrte er zudem Auskunft über die Bedingungen des verlängerten Vertrages.
Die Entscheidung
Das Gericht geht die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen durch.
 § 652 Abs. 1 BGB – kein konkludenter Vertragsschluss durch Kontaktaufnahme mit Spielerberater
Die typische Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von Vermittlungshonoraren ist § 652 Abs. 1 BGB. Danach ist derjenige, der für die Vermittlung eines Vertrags einen Mäklerlohn verspricht, zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, wenn der Vertrag infolge der Vermittlung des Mäklers zustande kommt. Die Norm erfasst – das sollte man sich klar machen – keineswegs nur den allseits bekannten Immobilienmakler.
Ein Zahlungsanspruch des Beraters gegen Borussia Dortmund aus § 652 Abs. 1 BGB setzt das Zustandekommen eines Maklervertrags zwischen den Parteien voraus. Da ein solcher weder schriftlich noch ausdrücklich mündlich (der Maklervertrag ist grundsätzlich nicht formbedürftig) geschlossen wurde, kommt nur ein konkludenter Vertragsschluss in Betracht.
Das Gericht prüft sodann, ob in der Kontaktaufnahme durch den BVB-Sportmanager im September 2010 ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags zu sehen sein könnte. Die Vorinstanz (LG Dortmund – 3 O 246/11) hatte – was man in der Prüfung unbedingt auch tun sollte – noch mustergültig den Prüfungsmaßstab zurecht gelegt:

Ob die Kontaktaufnahme mit einem Makler durch eine Partei ein bindendes Angebot zum Abschluss eines Maklervertrages darstellt, ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Danach ist die Erklärung einer Partei nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Bei konkludenten Willenserklärungen ist im Ergebnis entscheidend, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben verstehen musste

Das OLG Hamm gibt insoweit zusätzlich Folgendes zu bedenken:

Zu beachten ist, dass der Makler für klare Verhältnisse zu sorgen hat. Zu bewerten sind insbesondere die konkreten Umstände des vorliegenden Falls.

An die Darlegungs- und Beweislast eines Spielerberaters, der Maklerlohn wegen einer Vertragsverlängerung geltend macht, sind folglich hohe Anforderungen zu stellen.
Gemessen daran sprechen aus Sicht des Gerichts verschiedene Umstände gegen das Zustandekommen eines Maklervertrags.
Zum einen kommt dem Umstand, dass der C nun einmal als Berater für die Vertragsverhandlungen des Torhüters (vielleicht sogar nach Maßgabe eines zwischen diesen bestehenden Beratervertrags) zuständig war, besondere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund wurde er nämlich erkennbar nicht als Makler, sondern eben als Vertreter (der vertraglichen Interessen) des W angesprochen. Eine möglicherweise gewollte (gleichzeitige) Maklertätigkeit für den BVB hätte der C nach dem oben Gesagten ausdrücklich ansprechen müssen:

Hätte er auch als Makler für die Beklagte tätig werden sollen, um für sie einen Vertragsabschluss mit X zu vermitteln, hätte dies gesondert zum Ausdruck gebracht werden müssen. Darauf und auch auf den Umstand, dass Dr. C als angesprochener mutmaßlicher Makler insoweit für klare Verhältnisse Sorge zu tragen hatte, weist das Landgericht zu Recht hin.

Dies wird auch durch den Inhalt seitens des C anlässlich der Vertragsverhandlungen angefertigter Vermerke bestätigt. Darin gab er sich durch Formulierung wie „die von unserer Seite …“ und „es wurde (…) vereinbart, dass wir auf dieses Angebot in den nächsten 4 Wochen reagieren werden …“ und die Vorstellungen des BVB deutlich übersteigende Gehaltsforderungen als Interessenvertreter des W zu erkennen.
Zum anderen gibt das Gericht auch zu bedenken, dass

ein Verein nur solange mit einem Spielerberater verhandeln kann, solange dieser auch für den Spieler, mit dem eine vertragliche Vereinbarung abgeschlossen werden soll, tätig ist. Entscheidet sich ein Spieler (…) während laufender Verhandlungen zu einem Beraterwechsel, kann der abgelöste (erste) Berater nicht mehr für den Spieler tätig werden und auch eine Bereitschaft des Spielers zum Vertragsabschluss mit dem Verein nicht mehr herbeiführen. Insoweit wird dann der neue Spielerberater tätig, der bei einem Vertragsabschluss zwischen Spieler und Verein ebenfalls eine vom Verein zu übernehmende Provision erwartet.
Dieser denkbare und vom Verein im Hinblick auf den Beraterwechsel regelmäßig auch nicht zu beeinflussende Geschehensablauf spricht dagegen, dass sich ein Verein gegenüber einem Spielerberater zur Zahlung einer Courtage verpflichten will, solange nicht geklärt ist, dass dieser Berater den Spieler auch beim Abschluss des in Frage stehenden Vertrages betreut. Andernfalls liefe der Verein Gefahr, für denselben Vertragsschluss ggfls. beiden Beratern und mithin doppelt Provision zahlen zu müssen.

Diesem Umstand trägt auch die in der Vergangenheit zwischen dem Verein und dem C anlässlich anderer Vertragsverhandlungen geübte Praxis Rechnung, etwaige Honorarvereinbarungen erst nach einem erfolgreichen Vertragsschluss zu unterzeichnen.
Im Ergebnis fehlt es an einem Maklervertrag. Ein Zahlungsanspruch des C, gestützt auf § 652 Abs. 1 BGB, kommt nicht in Betracht.
§ 354 Abs. 1 HGB soll lediglich bestehende Verträge ergänzen

Das Gericht prüft als nächstes den handelsrechtlichen Provisionsanspruch aus § 354 Abs. 1 HGB. Danach kann derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, dafür auch ohne Verabredung Provision verlangen. Anders als der Wortlaut zunächst vermuten lässt, setzt der Anspruch aus § 354 Abs. 1 HGB bestehende – aber in Einzelfragen ergänzungsbedürftige – Vertragsbeziehungen voraus. Dem Anspruch liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Kaufmann noch weniger als ein Privatmann kostenlos tätig wird (da die Vorschrift nach Maßgabe der §§ 343, 344 Abs. 1 HGB auch auf einseitige Handelsgeschäfte Anwendung findet, musste sich das Gericht mit der Kaufmannseigenschaft des BVB gar nicht erst auseinandersetzen).
Mangels bestehender vertraglicher Beziehungen zwischen dem BVB und C besteht auch kein Zahlungsanspruch nach § 354 Abs. 1 HGB.
§§ 677 ff. BGB – kein objektiv fremdes Geschäft
Für eine Geschäftsführung ohne Auftrag durch den C fehlt es schon an einem objektiv fremden Geschäft. Der C kam in den Angelegenheiten rund um die Vertragsverlängerung lediglich seinen eigenen Pflichten aus dem zwischen ihm und dem W bestehenden Vertragsverhältnis nach und führe folglich ein sog. Eigengeschäft.
§ 242 BGB hilf ebenfalls nicht weiter

Dass der Kläger von der Beklagten keine Provision beanspruchen kann, ist bereits deswegen nicht treuwidrig, weil Dr. C und die K, deren Ansprüche der Kläger geltend macht, beim Vertragsabschluss zwischen der Beklagten und X für letzteren nicht mehr als Spielerberater tätig waren. Bereits hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall von den früheren Konstellationen, bei denen sich die Beklagte gegenüber Dr. C oder der K zur Übernahme einer Courtage verpflichtet ansah.

Im Ergebnis muss der BVB also auch nach Ansicht des OLG Hamm kein Honorar an den ehemaligen Spielerberater des W zahlen.
Fazit
Eine interessante Entscheidung zum Maklerrecht, die sich im Schwerpunkt mit Fragen der Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB befasst. Der Berater hatte übrigens seine möglichen Ansprüche dem jetzigen Kläger übertragen, so dass der Kläger aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) vorging. Insoweit ließen sich gerade im zweien Examen prozessuale Fragen – etwa aus dem Bereich der Prozessstandschaft (vgl. § 265 ZPO) – einbauen.
Wie eingangs schon erwähnt, musste der Kläger hier im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vorgehen, da er den Provisionsanspruch ohne Kenntnis der Vertragsdetails nicht bestimmen konnte (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). In solchen Fällen (die sich etwa für eine Anwaltsklausur im zweiten Examen anbieten), behilft man sich typischerweise mit einer dreistufigen Klage. Auf der ersten Stufe wird eine Auskunft (z.B. über die genauen Vertragskonditionen) beantragt. Auf Grundlage der gewonnenen Informationen kann der Anspruch dann nämlich in einer dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise beziffert werden. Die zweite Stufe der Stufenklage ist auf Glaubhaftmachung der Informationen (durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) und die dritte Stufe auf Zahlung des (bei Klageerhebung noch zu beziffernden) Betrages gerichtet.
Der Fall bietet insgesamt also durchaus Stoff für eine mündliche Prüfung, in Teilen vielleicht auch für eine Klausur des zweiten Examens.
 

19.11.2012/0 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2012-11-19 08:00:292012-11-19 08:00:29OLG Hamm: BVB muss nicht an Spielerberater zahlen

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