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Schlagwortarchiv für: Examen

Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I April 2025 NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Uncategorized, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur ersten Klausur im Öffentlichen Recht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt

In der nordrhein-westfälischen Stadt K befindet sich ein insbesondere bei jungen Menschen beliebtes Ausgehviertel mit mehreren Bars und Diskotheken. Seit mehreren Jahren kommt es in dem Viertel in den Abendstunden jedoch vermehrt zu Gewalttaten durch teils alkoholisierte Besucher des Viertels. Im Wege dieser zunehmend auch unter dem Einsatz von Messern, in einzelnen Fällen sogar Waffen, begangenen Straftaten, in deren Folge mehrere Personen teils erhebliche Verletzungen erlitten haben. Im Juni 2024 kommt es schließlich zu einer weiteren  unter dem Einsatz eines Messers begangenen Straftat bei der das Opfer aufgrund der erlittenen Verletzungen zu Tode kommt.

Die Stadt K möchte der als unerträglich empfundenen eskalierenden Gewalt in dem Viertel in Reaktion auf das jüngste Ereignis schließlich begegnen. Eine vonseiten der Stadt in Auftrag gegebene Untersuchung zeigt dabei, dass auch in Zukunft in dem Ausgehviertel mit Straftaten unter dem Einsatz von Waffen und Messern zu rechnen ist. Der Rat der Stadt K erlässt daraufhin gestützt auf § 42 V WaffG eine Verordnung, die eine Waffen- und Messerverbotszone (WM-VO) für das betreffende Viertel vorsieht. Zuvor hatte die Landesregierung ihre Ermächtigung aus § 42 V WaffG durch eine ordnungsgemäß erlassene und rechtswirksame Verordnung (Delegationsverordnung) auf den Landesinnenminister übertragen. Dieser hatte seinerseits die Gemeinden in einer ebenfalls ordnungsgemäß erlassene und rechtswirksame Verordnung (Subdelegationsverordnung) zum Erlass einer entsprechenden Verordnung ermächtigt. Die Verordnung wird dabei vom Rat in einer Sitzung in Juli 2024 ordnungsgemäß mehrheitlich beschlossen und tritt im August 2024 in Kraft.

Als die in den Geltungsbereich der WM-VO wohnhafte A von dem Erlass der WM-VO erfährt ist sie empört. Die A ist selbstständig als Köchin tätig. Im Wege ihrer Tätigkeit bietet sie Kochkurse an, bei denen sie ihren Kunden insbesondere Schneidetechniken für exotische Früchte und Fleisch vorführt. Da sie über keine eigenen Räumlichkeiten verfügt bietet sie die Kurse ausschließlich in den Wohnungen ihrer Kunden an. Zu den Kochkursen bringt die A neben den von ihr genutzten auch hochwertige Küchenmesser für ihre Kunden mit. Diese können die so genutzten Messer im Anschluss an die Kochkurse jeweils auch bei A erwerben. A sieht nach dem Inkrafttreten der WM-VO keine Möglichkeit mehr, mitsamt ihrer Küchenmesser aus ihrer in dem räumlichen Geltungsbereich der WM-VO belegenen Wohnung zu ihren Kunden zu gelangen, von denen viele ebenfalls in dem in der WM-VO benannten Stadtviertel wohnen. Daraufhin kontaktiert A die Kunden, die in dem Monat nach dem Inkrafttreten der WM-VO Kochkurse bei ihr gebucht haben und weist diese daraufhin, dass sie sich angesichts der WM-VO außer Stande sehe, ihre Messer zu den Kochkursen mitzubringen. Daraufhin stornieren sämtliche Kunden die bereits gebuchten Kochkurse. Der A entgeht hierdurch ein aus den Kochkursen erzielter Gewinn von 5000€. Die durch den Inhalt der WM-VO ohnehin schon verärgerte A sieht sich durch diese in ihrer beruflichen Freiheit verletzt. Sie will die aus ihrer Sicht rechtswidrige Verordnung nicht einfach hinnehmen und wendet sich zunächst an die Stadt. Nachdem diese ihr Vorbringen abgewiesen hat wendet sie sich an einen Rechtsanwalt, der in ihrem Namen im September 2024 einen formgerechten Antrag auf Rechtsschutz vor dem OVG Münster erhebt.

Das Verfahren vor dem OVG Münster findet Anfang 2025 statt. Der Rechtsanwalt der A führt darin aus, dass die Stadt K für den Erlass einer solchen Verordnung  schon nicht zuständig gewesen sei. Die Verordnung sei aber auch schon rechtswidrig, weil sie entgegen § 42 V 3 WaffG auch keine Ausnahmen von dem Verbot des Mitführens von Waffen- und Messern vorsehe. Die WM-VO verletze die A zudem in ihren Grundrechten.

Der von der Stadt K ebenfalls ordnungsgemäß bestellte Rechtsanwalt erwidert daraufhin, dass die Stadt K durch den Landesinnenminister zum Erlass einer entsprechenden Verordnung ermächtigt gewesen sei. Die Verordnung sei auch rechtmäßig gewesen. Der Antrag der A sei aber schon unzulässig, da der Rat der Stadt die WM-VO bereits vor der mündlichen Verhandlung im Januar 2025 wieder aufgehoben habe. Auch werde die Stadt K keine weitere Verordnung gleichen Inhalts erlassen. Der Kontrollaufwand habe sich für die Stadt als nicht darstellbar erwiesen. Der Antrag sei daher abzuweisen.

Auszug aus der WM-VO:

§ 1 [Geltungsbereich]

Das Mitführen von Waffen nach § 1 Abs. 2 WaffG und Messern ist auf den in den nachfolgend bestimmten Straßen, Wegen oder Plätzen des benannten Stadtteils von 18:00 bis 04:00 Uhr verboten.

§ 2 [Anwendungsbereich]
Der Anwendungsbereich wird hinreichend bestimmt beschrieben. Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

§ 3 [Begriffe]
Die für die WM-VO relevanten Begriffe werden definiert. Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

§ 4 []

§ 5 [Ordnungswidrigkeiten]

Das Mitführen von Waffen nach § 1 Abs. 2 WaffG und Messern in dem Geltungsbereich dieser Verordnung stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 52 Abs. Nr. 23 WaffG dar, die entsprechend nach § 52 Abs. 2 WaffG mit einer Geldbuße bis zu 10.000€  geahndet werden kann.

Frage 1:

Ist der Antrag der A vor dem OVG Münster zulässig?

Frage 2:

Unterstellt der Antrag ist zulässig, wäre er auch begründet?

Frage 3:

Verletzte die Verordnung die A während der Zeit ihrer Geltung in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG?

Bearbeitervermerk:
  1. § 42 WaffG ist verfassungsgemäß.
  2. Auf die § 42 V Nr. 2-4 WaffG ist bei der Bearbeitung nicht zu einzugehen.
  3. Auf die Durchführungsverordnung zum WaffG ist nicht einzugehen.
  4. Die Rechtmäßigkeit der Delegations- und Subdelegationsverordnung ist bei der Bearbeitung nicht zu prüfen.
09.05.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-05-09 08:30:382025-05-12 15:15:39Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I April 2025 NRW
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Zivilrecht I April 2025 NRW

Deliktsrecht, Examensreport, Familienrecht, Nordrhein-Westfalen, Uncategorized, Zivilrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur ersten Klausur im Zivilrecht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt

M und F leben als Ehegatten seit dem wirksamen Schluss der Ehe im Jahr 2015 im gesetzlichen Güterstand. Einen Ehevertrag haben beide nicht abgeschlossen. M und F sind beide erwerbstätig und erledigen die im Haushalt anfallenden Aufgaben gemeinsam. Eines Tages beschließt M eine neue Küchenmaschine für den gemeinsamen Haushalt anzuschaffen. M hatte bereits zuvor mehrfach Gegenstände für den ehelichen Haushalt gekauft ohne dass F dem widersprochen hat. Er begibt sich zu dem Elektronik-Geschäft des V und wählt dort eine entsprechende Küchenmaschine aus. Diese bringt er sodann zur Kasse des V um den Kaufpreis in Höhe von 1000€ zu bezahlen. Eine Zahlung scheitert jedoch an einem Defekt des EC-Kartenlesegeräts des V. Da V den M jedoch als langjährigen Kunden kennt erklärt er sich jedoch bereit, dem V die Küchenmaschine bereits sofort zu überlassen und M auch unmittelbar Eigentum an der Maschine einzuräumen. Von der Ehe zwischen M und F hat V dabei keine Kenntnis. Den Kaufpreis solle M an einem anderen Tag entrichten. M verlässt daraufhin mit der Küchenmaschine das Geschäft des V.

M begibt sich sodann mit der Küchenmaschine auf den Heimweg. Nach einer Weile erreicht er einen Fußgängerüberweg nach § 26 StVO (Ordnungsnummer 35a Habersack) und will diesen passieren. Dabei hält er die in einem Karton verpackte Küchenmaschine weiterhin in seinen Armen, so dass sie seine Sicht auf die Straße nicht einschränkt. Als er sich gerade auf dem Fußgängerüberweg befindet um die Straße zu passieren steuert der A, der auch Halter des von ihm gesteuerten PKW ist  mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf den Fußgängerüberweg zu. Auch erkennt er den gerade den Fußgängerüberweg passierenden M. Er glaubt, dass dieser angesichts seines herannahenden Autos schon über den Fußgängerüberweg rennen werde. Er ist dabei der Meinung, dass er ja nicht für jeden Fußgänger anhalten könne. Dass es zu einem Zusammenstoß mit dem A kommen könnte nimmt er dabei billigend in Kauf. Auch erkennt A, dass M ein Paket mit für ihn unbekannten Inhalt in den Armen hält. Obwohl M versucht noch rechtzeitig über den Fußgänger zu gelangen schafft er es nicht rechtzeitig, den Fußgängerüberweg zu passieren. Es kommt zu einer Kollision mit dem PKW des A. Infolge der Kollision  erleidet der M einen Bruch seines rechten Beins. Die in dem Paket befindliche Küchenmaschine muss M infolge der Kollision ebenfalls fallenlassen. Diese wird durch den Aufprall auf der Straße auch vollständig zerstört. M begibt sich nach der Kollision in das nächstgelegene Krankenhaus. Dort schließt er einen auf Heilbehandlung gerichteten Behandlungsvertrag (3000€) ab, vereinbart jedoch auf eine Behandlung durch den zuständigen Chefarzt. Hierdurch entstehen gegenüber dem normalen Behandlungsvertrag Mehrkosten in Höhe von 1500€. Die Behandlung durch den Chefarzt gibt dem M dabei „ein sichereres Gefühl“. Eine solche Chefarztbehandlung hat M bei vorherigen Krankenhausaufenthalten nicht in Anspruch genommen. Auch hätte eine Behandlung durch einen normalen Arzt ebenfalls zur vollständigen Heilung des nicht komplizierten Bruchs geführt.

M und F verlangen nun von A Zahlung von 1000€ für die zerstörte Küchenmaschine. F erklärt, sie habe jedenfalls Miteigentum an der Küchenmaschine gehabt. E erwidert, dass die Küchenmaschine allein im Eigentum des M gestanden habe. F habe der Küchenmaschine nichts zu tun.

Weiterhin verlangt M von A Zahlung von insgesamt 4500€ wegen der angefallenen Heilbehandlungskosten aus dem Vertrag mit dem Krankenhaus. E hält dem entgegen, dass ein Anspruch allenfalls in Höhe der im Falle der Behandlung durch einen normalen Arzt angefallenen Behandlungskosten in Höhe von 3000€ bestehe. Dass M darüber hinaus auf eine Chefarztbehandlung bestanden habe liege doch nur darin begründet, dass er (M) für den Schaden aufkommen müsse.

Frage (1):

Hat M einen Anspruch gegen A auf Zahlung von 1000€ wegen der Küchenmaschine, auf Zahlung von 3000€ für die Behandlungskosten sowie auf Zahlung der Mehrkosten der Chefarztbehandlung von weiteren 1500€ gegen den A?

Frage (2):

Hat F einen Anspruch gegen A auf Zahlung von 1000€ wegen der Zerstörung der Küchenmaschine?

Bearbeitungsvermerk:

Ansprüche aus § 823 sind im Rahmen der Bearbeitung von Frage (2) nicht zu prüfen.

Fallfortsetzung:

M und F haben im Februar 2015 geheiratet. Zu diesem Zeitpunkt hatte M sich ein Vermögen von 200.000€ erspart. Verbindlichkeiten hatte er nicht. Die F hatte zum Zeitpunkt der Eheschließung ein Vermögen von 100.000€, offene Verbindlichkeiten hatte auch sie nicht. In der Anfangs glücklichen Ehe kam es in den vergangenen Jahren jedoch immer häufiger zu Streitigkeiten.

Zuletzt entbrannten auch noch heftige Streitigkeiten über die Zerstörung der Küchenmaschine auf dem Heimweg des M von dem Geschäft des F. M reichte daraufhin Anfang 2025 ordnungsgemäß den Antrag auf Scheidung bei dem zuständigen Gericht ein. Einen Zugewinnausgleich beantragte der M in dem Scheidungsantrag dabei nicht. Die Ehe wird nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags im Februar 2025 später durch das Entscheidung des zuständigen Gerichts wirksam geschieden.

Zur Zeit der Rechtshängigkeit hatte M sein Vermögen von 200.000€ im Jahr 2015 auf nunmehr 50.000€ mehren können. Die F hatte zu diesem Zeitpunkt die anfänglichen 100.000€ weiter in ihrem Vermögen. In ihrem Vermögen befand sich darüber hinaus eine wertvolle Oldtimer-Sammlung, die ihre Eltern ihr im Jahr 2017 anlässlich eines Geburtstages geschenkt hatten. Der Wert der Oldtimer-Sammlung betrug zum damaligen Zeitpunkt 300.000€. Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags im April 2025 hatte die Oldtimer-Sammlung nunmehr einen Wert von 400.000€. In der Zwischenzeit hatte F ihr Vermögen von zunächst 100.000€ um weitere 50.000€ gemehrt. Diese hatte sie im Juni 2024 jedoch für eine kostspielige Luxus-Weltreise aufgewendet, von der F bereits ihr gesamtes Leben geträumt hatte.

M verlangt nun von F Zahlung des ihr zustehenden Zugewinnausgleichs. F beruft sich darauf, dass die für die Weltreise aufgewandten 50.000€ nicht mehr in ihrem Vermögen vorhanden seien. M will dies nicht gelten lassen, schließlich habe F das Geld für die teure Reise einfach so „verschwendet“. Dies dürfe jedenfalls nicht zu seinen Lasten gehen.

Frage 3:

(In welcher Höhe) Hat M einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegen die F?

Bearbeitungsvermerk für alle Aufgaben:
  1. Es ist davon auszugehen, dass andere als die im Sachverhallt erwähnten Wertminderungen bzw. Wertsteigerungen nicht eingetreten sind.
  2. Es ist davon auszugehen, dass das nicht in dem Scheidungsantrag aufgeführte Verlangen nach einem Zugewinnausgleich nicht ausgeschlossen ist.
  3. Die §§ 223-229 und § 303 StGB sind nicht zu prüfen
08.05.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-05-08 08:00:002025-05-12 15:15:52Gedächtnisprotokoll Zivilrecht I April 2025 NRW
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Strafrecht April 2025 NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Strafrecht, Uncategorized

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur Klausur im Strafrecht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt:

V verbringt seinen Freitagabend wie üblich in seiner Stammkneipe. Als er gerade an seinem ersten Bier nippt hört er den polternden Gast G, der sich selbst ohne Grund in Rage redet. Der ihm unbekannte G erhebt seine Stimme bis er den V schließlich mit seinem Blick fixiert und sich auf diesen zubewegt. Dabei hebt er drohend seine zur Faust geballte Hand. Geistesgegenwärtig erblickt V den neben ihm stehenden Barhocker. Er erkennt, dass er den heranstürmenden und nur noch wenige Meter von ihm entfernten G durch einen Wurf mit dem Hocker abwehren kann. Hinter dem G steht allerdings der Wirt W der wie V zutreffend erkennt durch den Barhocker ebenfalls getroffen werden könnte. V erkennt zugleich, dass er den Angriff des G auch durch einen Schlag mit dem Barhocker ebenso sicher abwehren könnte. Auch würde ein solcher Einsatz den heranstürmenden G nicht stärker verletzen. Gleichwohl könnte hierdurch eine Verletzung des W vermieden werden. V entschließt sich indes, den Barhocker in Richtung der Schulter des G zu werfen. Dass W, dessen Statur jener des G entspricht ebenfalls auf Schulterhöhe getroffen werden nimmt er billigend in Kauf. Der so von V geworfene Barhocker trifft denn auch den G, wie von V erwartet, an dessen Schulter. G erleidet hierdurch eine schmerzhafte Prellung seiner Schulter und verlässt mit schmerzverzehrtem Gesicht die Kneipe. Der Barhocker wird durch den Wurf nicht beschädigt. W hingegen konnte sich durch einen beherzten Sprung hinter die Theke in Sicherheit bringen. Er verbleibt auch nach dem Wurf hinter dieser und ist für den V so unerreichbar.

Während V sich in der Kneipe befand verblieb seine Ehefrau M mit dem gemeinsamen sieben Monate alten Kleinkind K in der ehelichen Wohnung. Die M litt seit längerem an manischen Depressionen. Infolge ihrer Depression fehlte ihr auch die zu einer wirksamen Einwilligung erforderliche Einsichtsfähigkeit. Kurze Zeit nachdem V zur Kneipe aufgebrochen war mischte M eine jeweils tödliche Dosis Gift in ihr Abendessen sowie jenes des K. Beide verstarben unmittelbar nach dessen Einnahme noch vor der Rückkehr des V. M hatte ihre Absicht, aus dem Leben zu scheiden in den vorangegangenen Wochen mehrfach gegenüber V bekundet und auch geäußert K ebenfalls töten zu wollen — sie wolle ihn nach ihrem Tod keinesfalls zurücklassen. Auch hatte sie zum Ausdruck gebracht, ihr Sterbeverlangen vollziehen zu wollen, wenn der V außer Haus sei. Noch bevor er in die Kneipe aufbrach erkannte V, dass dieser Freitagabend M die Gelegenheit zur Tötung ihrer selbst sowie des K ermöglichen würde. Letzteres kam im aber gerade recht, da er sich so seiner ihm lästigen Unterhaltspflichten für das Kind entziehen könne. Mit dem „ersparten“ Geld könne er sich eine von ihm seit langem ersonnene Weltreise finanzieren. Den von ihm erwarteten Tod der M bedauerte er zwar, fand sich damit jedoch ab und brach schließlich in die Kneipe auf. M und K hätten gerettet werden können, wenn V seinerseits die zuständigen Stellen unterrichtet hätte.

M befand sich dabei seit mehreren Monaten wegen ihrer Depression in Behandlung durch ihre Ärztin A. Auch gegenüber A hatte M zuvor mehrfach ihren Wunsch, aus dem Leben zu scheiden bekundet. Dabei hatte sie zugleich erklärt, auch K mit in den Tod nehmen zu wollen. Am Morgen des Tags ihres Todes befand sich M ein weiteres Mal in der Behandlung der A. M erklärte A gegenüber ihren fortbestehenden Sterbewunsch und dass sie diesen in der Abwesenheit ihres Ehemannes V vollziehen wolle. Auch erzählte sie A von dem geplanten Kneipenbesuch des V am selben Tag. A erkannte zwar, dass sich der M an diesem Abend eine Gelegenheit zum Vollzug der Selbsttötung bieten würde. Sie schob das in ihr aufkommende schlechte Gefühl allerdings beiseite. Da M auch in den vorangegangenen Wochen entsprechende Ankündigungen nicht vollzogen hatte vertraute sie vielmehr ernsthaft darauf, dass es auch an diesem Freitagabend nicht hierzu kommen würde. M und K hätten erneut gerettet werden können, wenn A ihrerseits die zuständigen Stellen informiert hätte.

Aufgabe 1:

Wie haben sich V und A nach dem StGB strafbar gemacht? In Bezug auf A ist lediglich eine Strafbarkeit wegen Taten zulasten der M zu prüfen.

Aufgabe 2:

A soll nach dem Tod von M und K vor Gericht im Strafverfahren des V als Zeugin aussagen. In der Zwischenzeit ist auch gegen sie ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden. Ist die A in diesem Verfahren als Zeugin zur Aussage verpflichtet? Erläutern Sie ob und wenn ja in welchem Umfang sich die A auf Zeugnisverweigerungsrechte berufen kann.

Bearbeitungshinweise:
  1. Unterstellen Sie, dass die M trotz ihrer manischen Depression zu jedem Zeitpunkt schuldfähig war.
  2. Auf § 203 StGB wird hingewiesen.
  3. Die §§ 223-226 StGB sind zulasten von M und K ist nicht zu prüfen.
07.05.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-05-07 14:53:412025-05-07 14:53:41Gedächtnisprotokoll Strafrecht April 2025 NRW
Gastautor

„Hausbau auf fremden Grund“ – Verwendungsersatzanspruch aus EBV unter Berücksichtigung der Rechtsprechungsänderung des BGH

Aktuelles, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Sachenrecht, Schon gelesen?, Startseite, Uncategorized, Zivilrecht, Zivilrecht

Die Frage nach dem Verwendungsersatz beim „Hausbau auf fremdem Grund“ ist ein Klassiker des EBV in der juristischen Ausbildung und bildet gemeinsam mit der diesbezüglichen Rechtsprechungsänderung des BGH (Urt. v. 14.3.2025, V ZR 153/23) den Gegenstand des nachfolgenden Beitrags unseres Gastautors Jakob Brohl. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kanzlei Meyer-Köring.

I. Einleitung

Die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 985 ff. BGB) und dabei insbesondere die Problematik der Konkurrenzen zu anderen Regelungsregimen im BGB bereiten Studierenden auf dem Weg zum Examen häufig größere Schwierigkeiten. Eine stark umstrittene Frage war, ob ein Verwendungsersatzanspruch aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 994 ff. BGB) auch dann bestehen kann, wenn ein gutgläubiger Besitzer auf einem fremden Grundstück ein Gebäude errichtet und der wahre Eigentümer später die Herausgabe des Grundstücks verlangt. Der Bundesgerichtshof hat nach knapp 60 Jahren seine Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage aufgegeben und sich der Literatur angeschlossen. Die Grundkonstellation der Problematik, der bisherige Meinungsstand und auch die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes sollen in dem folgenden Beitrag beleuchtet werden.

II. Das Problem des „Hausbaus auf einem fremden Grundstück“

1. Die Grundkonstellation

Hinter dem Problem des „Hausbaus auf fremden Boden“ und der Frage, ob Verwendungsersatzansprüche bestehen, steht die folgende Grundkonstellation:

„V verkauft sein Grundstück an K und erklärt die Auflassung, woraufhin K als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Nach dem Erwerb errichtet K auf dem Grundstück ein Wohnhaus. Als das Wohnhaus gerade fertig gestellt ist, stellt sich heraus, dass der V zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Auflassung aufgrund der Einnahme von Betäubungsmitteln vorübergehend gestört und geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 2 BGB) war. V verlangt von K die Herausgabe des Grundstücks.

K befürchtet, keinen Ersatz für die zum Bau des Wohnhauses aufgewendeten Mittel zu erlangen und will daher das Grundstück nur Zug-um-Zug gegen Ersatz der entsprechenden Kosten für die Errichtung des Wohnhauses herausgeben.“

2. Die aufgeworfenen Rechtsfragen & der bisherige Meinungsstand
a) Stellt der Bau eines Hauses auf einem fremden Grundstück eine „Verwendung“ i.S.d. §§ 994 ff. BGB dar?

In einer Klausur stellt sich im Rahmen der Prüfung des Verwendungsersatzanspruchs aus § 994 oder § 996 BGB, nach der Prüfung des Vorliegens der Vindikationslage, die Frage, ob eine „Verwendung“ i.S.d. §§ 994 ff. BGB vorliegt. Als Verwendungen i.S.v. § 994 BGB werden gemeinhin willentliche Vermögensaufwendungen verstanden, die der Sache selbst zugutekommen sollen, indem sie ihrer Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung dienen (vgl. nur Vieweg/Lorz, SachenR, 9. Aufl. 2022, § 8 Rn. 33). In der Klausur ist hier Vorsicht geboten: dem Grunde nach lässt sich auch der Bau eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück unter diese Definition subsumieren. Dennoch legten BGH und Lehre unterschiedliche Verwendungsbegriffe zugrunde und gelangten so zu unterschiedlichen Ergebnissen.

aa) Der „enge“ Verwendungsbegriff der (bisherigen) Rechtsprechung:

Der BGH hat sich erstmals im Jahre 1964 im sog. Grindelhochhaus-Urteil (BGH, Urt. v. 26. Februar 1964, V ZR 105/61) zu der aufgeworfenen Problematik geäußert. Nach seiner bisherigen Rechtsprechung konnte nur dort von einer Verwendung gesprochen werden, wo die Sache als solche erhalten bleibt, also weiterhin wie bisher verwendet werden kann. Eine (sach)verändernde Maßnahme, wie z.B. die Bebauung eines bisher unbebauten Grundstücks, stellte danach keine Verwendung dar (BGHZ 41, 157ff., 160f.).

Nach (damaliger) Auffassung des BGH würde bei Zugrundlegung des weiten Verwendungsbegriffs sonst der Anwendungsbereich der §§ 994 ff. BGB in einer Weise extendiert, „die ersichtlich nicht mehr dem Zweck der gesetzlichen Regelung entspräche und für die auch kein vernünftiges wirtschaftliches Bedürfnis bestünde“. Der Sinn und Zweck des EBV kann durchaus für ein solches enges Verständnis angeführt werden, soweit man diesen darin erblickt, dass der Eigentümer grundsätzlich für die Erhaltung (vgl. § 994 BGB) und die Aufwertung (vgl. § 996 BGB) seiner Sache Ersatz zahlen soll, nicht aber für Aufwendungen und Veränderungen, die die Substanz und Charakter der Sache völlig verändern. So sah der BGH dies zumindest.

bb) Der „weite“ Verwendungsbegriff der Literatur

Nach der Gegenauffassung, die überwiegend im Schrifttum vertreten wurde (vgl. Medicus/Petersen BürgerlR, 29. Aufl. 2023, Rn. 877), liegt auch im Falle einer (sach)verändernden Maßnahme eine Verwendung i.S.d. §§ 994 ff. BGB vor. Entscheidend ist danach allein, dass die Maßnahme der Sache irgendwie zugutekommt. Diese Definition der „Verwendung“ entspricht dem traditionellem Begriffsverständnis, so wie es auch der Gesetzgeber hatte. Teleologisch ist zudem kennzeichnend, dass sich der enge Verwendungsbegriff der Rechtsprechung über das System der §§ 994 ff. BGB hinwegsetzt und zu unsachgerechten Lösungen führt. Weder das Bereicherungsrecht noch das i.d.R. wertlose Wegnahmerecht gem. § 997 BGB bilden adäquate Alternativen (Neuner, SachenR, 6. Aufl. 2020, Rn. 167). So besteht das Risiko, dass der gutgläubige Besitzer, den das EBV grundsätzlich schützen will, hier unangemessen benachteiligt wird und auf enormen Kosten ersatzlos sitzen bleibt.

b) Schließt das Vorliegen einer Vindikationslage bereicherungsrechtliche Ansprüche aus Verwendungskondiktion (§§ 951 I 1, 812 I 1 Var. 2 BGB) aus oder besteht ein solcher Anspruch neben oder statt eines Verwendungsersatzanspruchs aus dem EBV?

Nachdem in der Klausur Ansprüche aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis geprüft worden sind, kommen bereicherungsrechtliche Ansprüche, namentlich aus der Verwendungskondiktion als besonderer Ausprägung der Eingriffskondiktion gem. § 812 I 1 Var. 2 BGB bzw. gem. §§ 951 I 1, 812 I 1 Var. 2 BGB in Betracht. Hier stellt sich dann die für das EBV typische Frage der Anspruchskonkurrenzen. Somit ist zu prüfen, ob Ansprüche aus Bereicherungsrecht in der vorliegenden Konstellation neben dem EBV anwendbar sind.

aa) Die bisher herrschende Meinung und die bisherige Rechtsprechung des BGH

Nach (bisher) h.M. sollen die §§ 994 ff. BGB dabei ähnlich wie die §§ 987 ff. BGB (vgl. insoweit § 993 I a.E. BGB) als vorrangige abschließende Regelung zu interpretieren sein, in deren Anwendungsbereich alle anderen Anspruchsgrundlagen auf Verwendungsersatz, insb. auch die Verwendungskondiktion nach §§ (951 I 1), 812 I 1 Var. 2 BGB ausgeschlossen sind. Dabei ist jedoch zwischen zwei unterschiedlichen Interpretationen der h.M. zu unterscheiden:

  • Nach Ansicht der Rechtsprechung gilt die absolute Ausschlusswirkung der §§ 994 ff. BGB auch unter Zugrundlegung des sog. engen Verwendungsbegriffs. Von diesem umfassenden Ausschluss sollen sogar auch sachändernde Aufwendungen betroffen sein, die nach der bisherigen Ansicht des BGH von vornherein nicht unter §§ 994 ff. BGB zu klassifizieren sind und damit völlig ersatzlos bleiben (BGHZ 41, 157 – Hochhausfall; s.oben).
  • Teile der Literatur gehen gleichfalls vom abschließenden Charakter der §§ 994 ff. BGB aus, legen dabei jedoch den sog. weiten Verwendungsbegriff zugrunde, wonach §§ 994 ff. BGB auf alle Verwendungen einschließlich sachändernder Aufwendungen Anwendung finden (Neuner Sachenrecht, 6. Aufl. 2020, Rn. 123). Ansprüche aus Bereicherungsrecht scheiden demnach zwar aus, der Besitzer erhält aber dennoch eine Kompensation, soweit die Voraussetzungen der §§ 994 ff. BGB vorliegen.
bb) Die andere Ansicht der Literatur

Nach einer anderen, im Vordringen befindlichen Lehre sind die §§ 994 ff. BGB und § 812 I 1 Var. 2 BGB bzw. §§ 951 I 1, 812 I 1 Var. 2 BGB hingegen nebeneinander anzuwenden Dafür wird insb. im Erst-Recht-Schluss zu §§ 687 II, 684 S. 1 BGB ausgeführt, dass selbst dem vorsätzlich handelnden Geschäftsführer im Falle der angemaßten Eigengeschäftsführung ein Ausgleich für Aufwendungen nach Bereicherungsgrundsätzen zustehe. Für den „nur/lediglich“ grob fahrlässigen, d.h. im Sinne der §§ 994 ff. BGB bösgläubigen, und erst Recht für den gutgläubigen Besitzer könne in diesem Falle nichts anderes gelten. Zudem spreche für eine Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts, dass der Eigentümer bei unerwünschten Verwendungen hinreichenden Schutz durch die Regeln der aufgedrängten Bereicherung genieße, während er bei ausgleichloser Belassung der nach §§ 994 ff. BGB nicht ersatzfähigen Verwendungen zu Lasten des Besitzers in unangemessener Weise begünstigt würde (Medicus/Petersen BürgerlR, 29. Aufl. 2023, Rn. 896f.).

3. Die Entscheidung des BGH vom 14. März 2025

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 14. März 2025 (Az.: V ZR 153 /23) seine Rechtsprechung zum Verwendungsersatz beim Hausbau auf fremden Grund verworfen und sich dem weiten Verwendungsbegriff der Literatur angeschlossen.

In dem zugrundliegenden Fall hatten die Beklagten vermeintlich durch Zuschlag im Rahmen einer Zwangsversteigerung das Eigentum an einem Grundstück im brandenburgischen Rangsdorf erworben. Später stellte sich heraus, dass es seitens der Behörden zu Fehlern gekommen war und sich das Eigentum an dem Grundstück nie geändert hatte. Der bisherige Eigentümer verklagte die Beklagten, zwei Eheleute, zur Räumung des Grundstücks, auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung und zum Abriss des Gebäudes auf eigene Kosten.

Der BGH stellte fest, dass ein Anspruch auf Räumung aus § 985 BGB sowie ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB bestehen, verneinte aber den Anspruch auf Abriss des Hauses aus § 1004 I 1 BGB. Gleichzeitig meinte das Gericht aber, anders noch als das vorinstanzliche Oberlandesgericht, dass den Beklagten ein Kostenersatzanspruch für den Hausbau aus § 996 BGB zustehen könnte und verwies die Sache zur Prüfung der den Kostenanspruch begründenden Tatsachen zurück an die Vorinstanz.

Die Rechtsprechungsänderung begründete der erneut entscheidende V. Zivilsenat des BGH damit, dass nur so ein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen von Eigentümer und gutgläubigem Besitzer geschaffen werden könne. Außerdem würde die bisherige Rechtsprechung und die damit verbundenen Abgrenzungsprobleme zwischen einer nur erhaltenden oder verbessernden Aufwendung, die ersatzfähig sein soll, und einer sachverändernden Maßnahme, die nicht ersatzfähig sein soll, zu einem Zustand der Rechtsunsicherheit führen und den gutgläubigen Besitzer übermäßig beeinträchtigen. Für die für § 996 BGB erforderliche Nützlichkeit kommt es somit nur noch darauf an, dass der objektive Verkehrswert des Grundstücks sich durch die Verwendung erhöht hat.

Der XII. Zivilsenat des BGH, der die die Rechtsprechung des V. Zivilsenates zum Verwendungsbegriff mitgetragen hatte, meldete gegen die Aufgabe der gemeinsamen Rechtsauffassung offensichtlich keine Einwände an. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte nach § 132 II Var. 1 GVG der Große Senat entscheiden müssen.

III. Die Bedeutung für das Examen

Die vorliegende Entscheidung des BGH dürfte für das Examen große Wichtigkeit haben. Das dürfte viel weniger daran liegen, dass das Gericht hier einen „examensheißen“ besonderen Fall entschieden hat, der als ausgefallene Klausur abgewandelt von einem der Justizprüfungsämter abgefragt wird, sondern seine Rechtsprechung bei einem „Klassiker“ im Examen geändert hat. Klausuren, die Probleme im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zum Inhalt haben und nach Verwendungsersatzansprüchen einer Partei fragen, gehören zum Standardrepertoire der Justizprüfungsämter, da sie es ermöglichen, gleichzeitig verschiedene Rechtsgebiete, Systemverständnis und den Gesamtüberblick über das Vermögensrecht des BGB abzufragen. Es lohnt sich daher, auch diese Konstellation in der Vorbereitung auf die Klausuren des Ersten wie auch des Zweiten Staatsexamens gründlich und vertieft zu bearbeiten und die dahinterstehenden Fragen und Wertungen zu durchdringen. Darüber hinaus hat der Fall bereits eine große Medienpräsenz entfaltet und eignet sich dadurch hervorragend, in den nächsten Wochen im Rahmen der mündlichen Prüfung thematisiert zu werden.

18.03.2025/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2025-03-18 09:00:002025-03-19 11:19:39„Hausbau auf fremden Grund“ – Verwendungsersatzanspruch aus EBV unter Berücksichtigung der Rechtsprechungsänderung des BGH
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Zivilrecht III Februar 2025 NRW

Deliktsrecht, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Rechtsgebiete, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht, ZPO

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur dritten Klausur im Zivilrecht des Februar-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt:

Die M ist Eigentümerin der Dackelhündin Daisy. Es handelt sich dabei um eine Rassezüchtung mit Nachweisen und Daisy hat einen objektiven Marktwert von 2.200 Euro. M nimmt mit Daisy seit einigen Jahren an Wettbewerben teil und hat in den letzten drei Jahren mit ihr den ersten Platz belegt, welcher immer mit 500 Euro Gewinn belohnt wurde. 

Anfang 2024, kurz vor einem weiteren Wettbewerb, möchte die M in den Urlaub reisen (10.1.24 bis 18.1.24) und gibt Daisy deswegen zu P, die eine Hundepension in Düsseldorf betreibt. P soll in Abwesenheit der M, Daisy pflegen und umsorgen und auch täglich mit ihr rausgehen. Dafür machen sie eine Vergütung von 250 Euro aus.

P geht mit Daisy täglich in einem Wald spazieren. Dabei lässt sie Daisy immer ohne Leine laufen – was nicht mit M abgesprochen ist – da die Hündin sich nie weit entfernt und immer in der Nähe von P bleibt. Daisy reagiert aber nicht immer auf Befehle der P.

Am 18.1 geht P wieder mit Daisy im Wald spazieren und lässt sie wie immer ohne Leine laufen. Daisy nimmt ein Geräusch wahr und bleibt mitten auf dem Waldweg stehen. Auf Kommandos der P reagiert sie nicht und bleibt weiter stehen. Auf Grund ihrer Fellfärbung ist sie im Laub nur schwer zu sehen. Aus dem Wald hinaus kommt die Joggerin J gelaufen, die die P überholt und auf Daisy zuläuft. Daisy reagiert immer noch nicht und steht immer noch mitten auf dem Waldweg. J befindet sich nicht in unmittelbarer Nähe von P und auf Grund von Noise-Cancelling Kopfhörern nimmt sie auch nicht die Rufe von P war, welche sie auf Daisy aufmerksam machen möchte. J stürzt schließlich über die Daisy und fällt hin. Dabei zieht sie sich einen Bruch des linken Beines zu und ihr entstehen – in der Höhe angemessene – 5.000 Euro Heilbehandlungskosten.

Auch Daisy wird bei der Kollision verletzt und die M fährt noch am selben Tag, direkt nach ihrer Rückkehr, mit ihr zum Tierarzt. Dort wird festgestellt, dass Daisy sich die Pfote gebrochen hat und es entstehen – notwendige und angemessene – Tierarztkosten in Höhe von 600 Euro.

J möchte jetzt von P die 5.000 Euro Heilbehandlungskosten ersetzt haben. Die P hätte die Daisy an die Leine nehmen müssen. P entgegnet, dass in dem Wald keine Leinenpflicht gem. § 2 Abs. 2 LHundG NRW herrsche und außerdem hätte Daisy nur ruhig dagestanden und von ihr sei keine Gefahr iSd § 2 Abs. 1 LHundG NRW ausgegangen. Außerdem hätte J bei aufmerksamer Beobachtung des Waldweges – was auch zutrifft – die Daisy rechtzeitig wahrnehmen können. Und hätte sie die Kopfhörer nicht getragen, dann hätte sie auch die Rufe von P wahrnehmen können. 

P möchte von J wiederum die 600 Euro Tierarztkosten erstattet haben. J ist der Meinung, dass die P doch sowieso keinen Anspruch hatte, da die M die Halterin sei und damit die P gar nichts damit zu tun hätte. Die P ist der Meinung, dass wenn überhaupt beide ein Verschulden treffen würde und beide der M die Kosten schulden.

Frage 1: Hat J einen Anspruch auf Ersatz der 5.000 Euro Heilbehandlungskosten? 

Frage 2: Hat P einen Anspruch auf Ersatz der 600 Euro Tierarztkosten? 

Fallfortsetzung:

Daisy kann auf Grund der Verletzung nicht am diesjährigen Wettbewerb teilnehmen. M ist der Meinung, dass sie auch dieses Jahr wahrscheinlich wieder den Wettbewerb und die 500 Euro gewonnen hätte. Außerdem sei es durch die Verletzung zu einer Wertminderung von 200 Euro gekommen, sodass der objektive Marktwert nun 2.000 Euro beträgt.

Die M möchte nun die 700 Euro von J haben, die J möchte aber nicht zahlen. Sie ist der Meinung, es wäre ja gar nicht klar, ob sie den Wettbewerb wieder gewonnen hätten und auch die Wertminderung hätte sie nicht zu zahlen, da M – was auch zutrifft – sowieso nicht vorhabe den Hund zu verkaufen.

Die M erhebt deswegen Klage vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht in Düsseldorf. Der zuständige Richter lässt der J die wirksame Klageschrift zukommen, zudem ordnet er ordnungsgemäß einen frühen ersten Termin an, zu dem M und J auch ordnungsgemäß geladen werden. J ist der Meinung es bestände sowieso kein Anspruch gegen sie und sie erscheint deswegen nicht zu der mündlichen Verhandlung. M beantragt den Erlass auf ein Versäumnisurteil.

Frage 3: Unterstellt, dass der Schadensersatzanspruch dem Grunde nach besteht: wie entscheidet das Gericht? 

Beatbeiterhinweis zu ALLEN Fragen:

  • § 823 Abs 2 BGB ist NICHT zu prüfen. 
  • §§ 677 bis 687 BGB sind NICHT zu prüfen.
  • Außer der im Sachverhalt genannten LHundG NRW sind KEINE weiteren Vorschriften zu prüfen.
26.02.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-02-26 11:48:582025-02-26 14:42:26Gedächtnisprotokoll Zivilrecht III Februar 2025 NRW
Simon Mantsch

Zehn goldene Regeln für die Anfertigung einer juristischen Seminararbeit

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An der Anfertigung einer juristischen Seminararbeit kommen Studierende der Rechtswissenschaft nicht vorbei. Der Respekt vieler vor dieser Leistung ist kaum überhörbar, was vornehmlich an der Eigenart der Seminararbeit im Vergleich zu den sonst zu erbringenden Leistungen während des Studiums liegen dürfte. Verlangt wird eben nicht die über Jahre hinweg erprobte gutachterliche Auseinandersetzung mit einer Fallfrage, sondern – so zumindest im Regelfall – die Aufarbeitung einer abstrakten Rechtsfrage. Doch ist dies kein Grund zur Sorge, denn bereits mit der Einhaltung wissenschaftlicher Arbeitstechnik, die auch für viele künftige Berufsbilder studierter Juristinnen und Juristen schlicht unersetzlich ist, lässt sich viel erreichen. Und auch die zumindest oftmals überdurchschnittlichen Noten dürften den anfänglichen Respekt etwas abmildern. Dem Ziel, selbst auch eine überdurchschnittliche Seminarleistung zu erbringen, sollen die nachstehenden „zehn goldenen Regeln für die Anfertigung einer juristischen Seminararbeit“ dienen.

1. Gewinnen eines ersten Überblicks über die Thematik

Das vom Aufgabensteller ausgegebene Thema der Seminararbeit erschöpft sich überwiegend in der Nennung einer bloßen Überschrift. Weitergehende Hinweise gibt es regelmäßig nicht. Dies mag anfangs überfordernd wirken, eröffnet jedoch wissenschaftlichen Betätigungsspielraum für eigene Schwerpunktsetzung. Allzu große Sorge bei fehlenden Vorkenntnissen zum konkreten Thema sollten Studierende derweil nicht haben: Es entspricht dem Wesen einer Seminarleistung, sich über einen längeren Zeitraum mit einer unbekannten Sachfrage beschäftigen zu müssen. Gerade deshalb empfiehlt sich vor dem Einstieg in die vertiefte Recherche die Gewinnung eines ersten groben Überblicks über die Thematik. Wie man einen solchen gewinnt, hängt maßgeblich von der konkreten Aufgabenstellung ab. Bei einer Entscheidungsbesprechung empfiehlt sich – wie sollte es auch anders sein – zunächst ein Blick in die in Rede stehende Entscheidung. Sollte als Thema demgegenüber eine Frage aufgeworfen sein, die einen Streitstand zu einer genau genannten Rechtsnorm betrifft, ist der Blick in eine Kommentierung zu eben jener Rechtsnorm der richtige Schritt.

Beide Varianten entsprechen jedoch nicht dem Regelfall eines Seminarthemas. Ganz überwiegend wird das Thema nur abstrakt umrissen sein und weder einen Bezug zu einem einzelnen Urteil oder einer einzelnen Norm erkennen lassen. Gerade derartige Themen können eine gewisse Orientierungslosigkeit auslösen, weil nicht klar scheint, was vom Aufgabensteller gewollt ist. In diesem Fall kann selbst eine anfänglich Google-Suche erste Ängste beseitigen. Dies zwar nicht mit der Zielsetzung, hochqualitativer und zitierfähiger Literatur zu finden, wohl aber dazu, um das Thema besser einordnen zu können. Selbsterklärend gilt dies in besonderem Maße für Themen mit Aktualitätsbezug. Hat man zumindest grob verstanden, worum es geht, empfiehlt sich für die anfängliche juristische Aufarbeitung der Sprung in die juristischen Datenbanken wie beckonline und juris. Besonders aktuelle Zeitschriftenaufsätze mit Bezug zum Seminarthema können hilfreich sein, sich dem Thema schrittweise zu nähern, zeigen sie doch oft, „wo der Schuh drückt“. Schließlich liegt auch ihnen die Erörterung einer abstrakten Rechtsfrage zugrunde. Gegenüber Kommentarliteratur haben sie somit den Vorteil, sich nicht punktuell mit einer Einzelnorm, sondern vielmehr normübergreifend mit einer Rechtsfrage auseinanderzusetzen.

2. Umfassende Literatur- und Rechtsprechungsrecherche

Ist der erste Überblick gewonnen, steht die umfassende Literatur- und Rechtsprechungsrecherche an. Bei Korrekturen fällt dabei allzu oft auf, dass sich Studierende ausschließlich mit Standardliteratur auseinandergesetzt haben. Das ist ärgerlich und vor allem auch vermeidbar, da es selbigen durch umfassende beckonline- und juris-Zugänge nebst den sehr umfassenden örtlichen Bibliotheksbeständen ohne Weiteres offen stünde, den Blick auch auf andere Literaturwerke zu weiten. Studierende tun daher gut daran, dem Aufgabensteller nicht schon bei Sichtung des Literaturverzeichnisses den Eindruck zu vermitteln, dass ausschließlich mit beckonline gearbeitet worden ist. Leider fällt aber dennoch immer wieder auf, dass juris (zu) oft vermieden wird. Zu Unrecht, da beckonline und juris Zugang zu unterschiedlichen Zeitschriften, anderen Kommentaren und anderen Gerichtsentscheidungen ermöglichen – man ist also gut beraten, von diesen Zugangsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Eine umfassende Auswertung der Literatur macht es dabei zugleich erforderlich, nicht allein online abrufbare Literaturquellen und Rechtsprechung auszuwerten. Insbesondere der Zugang zu wissenschaftlich wertvollen Monografien wie Promotions- und Habilitationsschriften oder eben auch zu vielen Festschriftbeiträgen erfordert oft noch den Gang in die örtlichen Universitäts- oder die jeweiligen Institutsbibliotheken.

Ein den Studierenden im Kontext der Literatur- und Rechtsprechungsrecherche oftmals unterlaufender Fehler besteht darin, dass Literaturfundstellen und Gerichtsentscheidungen aus dem jeweiligen Zeitkontext gerissen werden. So sind Literaturfundstellen und Rechtsprechung aus dem Jahr 2000 zur Auslegung eines Tatbestandsmerkmals des erst 2023 in kraft getretenen Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) nur bedingt und oftmals auch gar nicht aussagekräftig. Ist man hier anderer Meinung und hält die zur alten Rechtslage getroffenen Aussagen auch unter Zugrundelegung der neuen Rechtslage für bestandskräftig, so bedarf dies zwangsläufig einer Begründung. Und auch ohne Änderung der Rechtslage sollte bei der Heranziehung älterer Gerichtsentscheidungen als Nachweis für eine fortbestehende Rechtsprechungslinie sichergestellt sein, dass zwischenzeitlich keine Rechtsprechungsänderung stattgefunden hat. Ein Nachzeichnen der Rechtsprechungsentwicklung ist daher unumgänglich.

3. Erstellen einer Gliederung mit passenden Überschriften

Nachdem durch die Literatur- und Rechtsprechungsrecherche erkannt wurde, wo die Probleme liegen, auf die es in der Seminararbeit einzugehen gilt, empfiehlt sich die Erstellung einer Gliederung. Gedanklich wird sich jede Seminararbeit in einen Einleitungsteil, einen Hauptteil und einen Schlussteil gliedern lassen. Dennoch sollte von wenig aussagekräftigen Überschriften wie „Einleitung“, „Hauptteil“ und „Schluss“, die den Charakter eines Schulaufsatzes nicht wirklich von sich weisen können, abgesehen werde. Der Leser soll bereits durch aussagekräftige Überschriften durch die Arbeit geführt werden. Die Erkenntnis, dass nach einleitenden Worten und der Hinleitung zum Thema nun der „Hauptteil“ beginnt, ist wenig ergiebig. Aus demselben Grund ist auch von „Unterüberschriften“ ohne nennenswerten Aussagegehalt abzusehen. Sinnvoller sind „inhaltliche“ Überschriften, die dem Leser offenbaren, welcher Frage sich der nachfolgende (Unter-)Abschnitt widmet. Die Anlehnung der Seminararbeit an den Aufbau eines wissenschaftlichen Aufsatzes kann hilfreich sein. Auch ein solcher führt den Leser in einem einleitenden Abschnitt zum Thema hin, geht sodann auf die umstrittenen Problemfelder und die hierzu vertretenen Ansichten ein und kommt in einer Schlussredaktion zu einem Ergebnis. Die bei Studierenden allseits beliebten Überschriften „Einleitung“, „Hauptteil“, „Schluss“, „Herrschende Literaturansicht“ und „Ansicht der Rechtsprechung“ sucht man in wissenschaftlichen Aufsätzen jedoch vergeblich. Man sollte es ihnen in der Seminararbeit gleichtun.

Durch Überschriften in verschiedenen Gliederungsebenen und einfache Absätze muss die Arbeit auch optisch unterteilt werden. Beginnt ein neuer gedanklicher Abschnitt, sollte in der richtigen Gliederungsebene eine Zwischenüberschrift gesetzt werden. Beginnt nur ein neues Argument, genügt ein einfacher Absatz. Eine Faustformel, wie viele Gliederungsebenen und wie viele Absätze erforderlich sind, gibt es nicht. Es sollte jedoch davon abgesehen werden, den Text durch zu viele Überschriften und Absätze nach jedem Satz künstlich zu zerreißen. Ebenso verfehlt ist es aber, seine Ausführungen seitenlang ohne optische Unterteilung herunterzuschreiben. In beiden Fällen kann der Leser nur schwer folgen.

4. Fokussierung auf das Thema

Eine qualitativ gute Arbeit qualifiziert sich ferner dadurch, dass sie durchgehend einen engen Themenbezug aufweist und sich nicht in allgemeinen Ausführungen verliert. Wer sich etwa in seiner Seminararbeit der „Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote in AGB“ zuzuwenden hat, muss nicht ausufernd erklären, was eine AGB ist und welche Kontrollmechanismen das BGB für diese vorsieht. Studierende sollten bei ihrer Seminararbeit immer die Adressatenorientierung im Hinterkopf behalten: Die Seminararbeit richtet sich an ein Fachpublikum. Allgemeine Ausführungen, die im Sinne eines „Allgemeinen Teils“ vorangestellt werden und im „luftleeren Raum“ schweben, sind vollkommen obsolet. Soweit aber zum Verständnis oder zur Lösung eines Problems der Rekurs auf allgemeine Grundätze (im obigen Beispiel also zum AGB-Recht) notwendig ist, können entsprechende Ausführung natürlich gemacht werden. Auch dann sind sie aber nicht im Sinne eines „Allgemeinen Teil“ voranzustellen, sondern vielmehr an gegebener Stelle in die Argumentation einzuarbeiten.

5. Richtige Schwerpunktsetzung und übergreifendes Konzept als Zielsetzung

Die Zielsetzung der Seminararbeit muss in der Entwicklung eines problemübergreifenden Gesamtkonzepts liegen (Stichwort: „roter Faden“). Auch wenn sich jedes Seminarthema in verschiedene Einzelprobleme zerlegen lässt, genügt es nicht, die Einzelprobleme ohne Weiteres aneinanderzureihen. Vielmehr gilt es, der Seminararbeit durch eine eigenständige Strukturierung der Einzelprobleme einen übergreifenden Ansatz zu verleihen, der sich dadurch auszeichnet, dass er in sich schlüssig ist und das gesamte Themenfeld abdeckt. Der Schwerpunkt sollte dabei auf denjenigen Fragestellungen liegen, die noch nicht ausdiskutiert sind und wissenschaftlichen Forschungsbedarf offenbaren. Hinweise, wo sich derartige Fragestellungen auffinden lassen, können sich oftmals aus aktuellen Gesetzgebungsvorhaben oder wissenschaftlichen Diskussionen im Anschluss an ein höchstrichterliches Urteil ergeben. Auch deshalb empfiehlt sich oftmals der eingangs geschilderte Themeneinstieg mit etwas stumpf anmutenden Google Suchanfragen, die auf entsprechende Tagespresse aufmerksam macht, oder der Einstieg mit aktuellen wissenschaftlichen Zeitschriftenbeiträgen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Studierende dabei auf den „richtigen Pfad“ der aktuellen Problemfelder stoßen ist weitaus höher als bei der Lektüre alter Rechtsprechung. Letzterer soll damit aber keinesfalls die Bedeutung abgesprochen werden – zur Lösungsfindung auch der aktuellen Probleme kommt ihr fast immer eine beachtliche Bedeutung zu.

6. Die „wissenschaftliche Leistung“: Aufbau von Argumentationssträngen und Herausbildung einer eigenen Meinung

Dass die Studierenden im Rahmen der Bearbeitung von Problemstellungen mit verschiedenen Ansichten zu verschiedenen Streitständen konfrontiert werden, dürfte ihnen nicht neu, sondern auch aus bisher bekannten gutachterlichen Ausführungen im Rahmen von Klausuren und Fallhausarbeiten bekannt sein. Dennoch sollte die selbständig vorzunehmende, vertiefte Auseinandersetzung mit einer abstrakten Rechtsfrage, die vielen in dieser Form dann eben doch neu sein dürfte, zum Anlass genommen werden, überzeugende Argumentationsstränge aufzubauen. Gewiss unzureichend ist es, fremdes Wissen aneinandergereiht und wenig reflektiert wiederzugeben. Es geht keinesfalls darum, den Inhalt einzelner Gerichtsentscheidungen oder Zeitschriftenbeiträge zusammenzufassen, um anschließend zu resümieren, was davon nun überzeugend oder auch weniger überzeugend ist. Geschuldet wird eine wissenschaftliche Leistung und kein nur referierender Beitrag. Aufzählungen dergestalt, dass erst die „eine Meinung“, dann die „andere Meinung“ und zuletzt die „herrschende Meinung“ wiedergegeben wird, sollten daher unbedingt vermieden werden. Eine solche, dann doch recht stumpf anmutende Aufzählung, erweist als schlicht unwissenschaftlich. Studierende sollten mit juristischen Auslegungsmethoden arbeiten und davon ausgehend Meinungsblöcke bilden, die sich ggf. wiederum in Unteransichten unterteilen. Etwaige Unterschiede zwischen der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung und der Literatur sollten ebenso herausgearbeitet werden, wie die Gründe, die zu der jeweiligen Ansicht führen. Auch hierbei sollten Entscheidungen und Literaturquellen in ihrem jeweiligen Zeitkontext betrachtet werden, um Überlegungen dergestalt anstellen zu können, welche Bestandskraft die vorgetragenen Argumente auch unter Geltung einer nunmehr veränderten Rechtslage etc. haben können. Auf diesen Überlegungen aufbauend muss eine Gewichtung der vorgetragenen Argumente zum Ausdruck kommen, die schließlich in der Herausbildung einer eigenen Meinung mündet. Gerade hier bekommen die Studierenden die Möglichkeit, Systemverständnis und Judiz zu beweisen. Gefordert wird insoweit schließlich eine juristisch fundierte Stellungnahme, die auch begründet wird – entweder durch Bildung eigener, bisher nicht vorgetragener Argumente, zumindest aber durch Fortführung der in Literatur und Rechtsprechung bereits geäußerten Argumente. Gern gesehen und für den Diskurs wertvoll sind zudem auch Vergleiche mit ähnlich gelagerten Problemen und den hierzu vertretenen Ansichten. Womöglich lassen ich hieraus Schlussfolgerungen ziehen, um einem Wertungswiderspruch zu entgehen.

7. Umfassendes Literaturverzeichnis

Die Visitenkarte einer gelungenen Seminararbeit ist auch ein umfassendes Literaturverzeichnis, mit dem direkt zu Beginn gezeigt wird, welch ausführliche Literaturrecherche betrieben oder auch nicht betrieben worden ist. Aufgelistet gehören alle genutzten Literaturquellen, alphabetisch sortiert nach Familiennamen des Autors bzw. der Autoren. Eine Unterteilung nach Werktypen ist nicht zwangsläufig angezeigt und wohl auch eher unüblich. Soweit nicht aufgrund einer bestimmten Formulierung oder eine nur in einer Altauflage vertretene Meinung rekurriert wird, sollte ausschließlich die jeweils aktuelle Auflage zitiert werden.

Zu beachten sind stets werktypische Besonderheiten. So sind bei Kommentaren die Namen der Herausgeber und Begründer, der Titel des Gesamtwerks, ggf. der verwendete Band und die Auflage mit Jahr und Verlagsort zu nennen. Hinzu kommt ein Klammerzusatz, mit dem die Zitierweise jenes Kommentars in den Fußnoten zum Ausdruck gebracht wird (z.B. Richardi, Reinhard (Hrsg.), Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 17. Aufl., München 2022 (zit.: Richardi/Bearbeiter, 17. Aufl.). Beiträge aus Festschriften werden angegeben unter Nennung des Namens des Autors, des Beitrags sowie den zur Festschrift gehörenden Angaben (z.B.: Henssler, Martin, Neue Herausforderungen für den europäischen und nationalen Arbeitnehmerbegriff, in: Brose, Greiner, Rolfs, Sagan, Schneider, Stoffels, Temmming, Ulber (Hrsg.), Grundlagen des Arbeits- und Sozialrechts, Festschrift für Ulrich Preis zum 65. Geburtstag, 1463-1475). Bei Aufsätzen sind demgegenüber neben dem vollständigen Namen aller Autoren, der vollständige Titel, die Zeitschrift und der gesamte Seitenrahmen, d.h. Anfangs- bis Endseite, zu nennen (z.B. Thüsing, Gregor / Mantsch, Simon, Teilzeitbeschäftigung und Überstundenzuschlag: Diskriminierung durch Gleichbehandlung, BB 2023, 2676-2679).

Selbstredend kein Teil des Literaturverzeichnisses sind Rechtssprechungsfundstellen, auch wenn sie in Fachzeitschriften abgedruckt werden. Zudem gehören auch Bundestags- und Bundesratsdrucksachen o.Ä. nicht in das Literaturverzeichnis.

8. Aussagekräftiger Fußnotenapparat

Ausfluss einer ausgiebigen Literatur- und Rechtsprechungsrecherche muss ein entsprechender Fußnotenapparat sein. Es muss gewährleistet sein, dass jede rechtliche Aussage und jedes wörtliche Zitat durch eine Fußnote belegt wurde. Ein einzelner Nachweis in einer Fußnote genügt regelmäßig nicht – vor allem dann nicht, wenn auf eine „herrschende Meinung“ oder eine „ständige Rechtsprechung“ verwiesen wird. Die Fußnote muss zu dem passen, was belegt werden soll. Der Verweis auf eine „ständige Rechtsprechung“ erfordert Rechtsprechungsfundstellen und keine Kommentarfundstellen. Aus demselben Grund muss die „herrschende Literaturansicht“ durch wissenschaftliche Beiträge in Kommentaren, Monografien oder wissenschaftliche Aufsätze, aber eben nicht durch Gerichtsentscheidungen belegt werden. Besonders wert gelegt wird auf ein einheitliches Erscheinungsbild. Fußnoten beginnen mit einem Großbuchstaben und Enden mit einem Punkt. Beziehen sie sich auf einen (Teil-)Satz, stehen sie nach dem Satzzeichen. Beziehen sie sich auf einzelne Wörter, so stehen sie direkt hinter dem jeweiligen Wort. Bei mehreren Fundstellen innerhalb einer Fußnote gilt folgende Reihenfolge: Zu Beginn stehen Gerichtsentscheidung (beginnend mit der höchsten und endend mit der niedrigsten Instanz), ehe Monografien und sodann Kommentare und Festschriftenbeiträge sowie zuletzt Aufsätze und Urteilsanmerkungen zitiert werden. Dabei ist nur der Beginn mit Gerichtsentscheidungen verbindlich, die Reihenfolge der Zitierung von Literaturwerken wird mitunter unterschiedlich vorgenommen. Wichtig ist daher vor allem, dass Studierende ihre Linie beibehalten und nicht in jeder Fußnote anders verfahren.

Rechtsprechungsfundstellen sind in der Fußnote vollständig und nicht in der in vielen Kommentierungen gebräuchlichen „Kurzschreibweise“ anzuführen (d.h. Gericht, Art der Entscheidung, Datum, Aktenzeichen, Literaturfundstelle und – soweit vorhanden –Randnummer; z.B. BAG, Urt. v. 1.12.2020 – 9 AZR 102/20, NZA 2021, 552 Rn. 31). Für Literatur sind in den Fußnoten die geläufigen Abkürzungen zu verwenden (für Kommentare z.B. Richardi BetrVG/Richardi/Maschmann, 17. Aufl. 2022, § 87 Rn. 75, für Monographien z.B. Chandna-Hoppe, Die Weiterbeschäftigung nach Erreichen des Rentenalters, 2019, S. 60 ff; für Festschriftenbeiträge z.B. Henssler, FS Preis, 1463, 1472 und für Aufsätze z.B. Thüsing/Mantsch, BB 2023, 2676, 2678).

9. Vermeidung formeller und handwerklicher Fehler

Neben dem Literaturverzeichnis und dem Fußnotenapparat entscheidet vor allem die formale Sauberkeit und etwaige handwerkliche Fehler über den ersten Eindruck. Wer einen guten ersten Eindruck machen will, der muss präzise arbeiten. Dazu gehört es insbesondere, dass vor Abgabe die Einhaltung der vom Aufgabensteller verlangten formalen Vorgaben überprüft worden ist.
Gängige Fehler wie Überschriften am Seitenende, am Zeilenende alleinstehende Paragraphenzeichen, fehlende (geschützte) Leerzeichen (Strg.-Shift-Leerzeichen) nach Paragraphenzeichen, fehlende Unterscheidung zwischen schmalen Bundestrichen (-) und breiteren Gedankenstrichen (–) sowie sonstige Uneinheitlichkeiten/Ungereimtheiten bei Abkürzungen und in den Fußnoten sollten unbedingt vermieden werden.

Auch im Rahmen der eigenen Stellungnahmen sollten sich Studierende nicht verleiten lassen, den „Pfad“ der juristischen Fachsprache zu verlassen und auf Umgangssprache auszuweichen. Ebenso wenig haben subjektive Empfindungen der Kategorien „gut“ oder „schlecht“, „gerecht“ oder „ungerecht“ etwas in der Seminararbeit verloren. In Rede steht ausschließlich die juristische Aufarbeitung eines Themas. Auch eigene Stellungnahmen haben sich daher an den juristischen Auslegungsmethoden und nicht an Empfindungen zu orientieren.

Ob im Rahmen der eigenen Stellungnahme auf die „Ich-Form“ ausgewichen werden soll oder auch die eigene Stellungnahme als neutrale Aussage zu formulieren ist, ist letztlich eine Stilfrage. Viele Aufgabensteller mögen es nicht, andere hingegen schon. Hier empfiehlt sich ein Blick in die eigenen Publikationen des Aufgabenstellers: Nutzt er selbst die „Ich-Form“, wird er es Studierenden im Rahmen ihrer Seminararbeiten wohl kaum negativ anlasten.

10. Inanspruchnahme fremder Hilfe: Korrekturlesen lassen

Die (eigene) Erfahrung lehrt, dass auch das wiederholte Korrekturlesen nicht jeden sprachlichen und grammatikalischen Fehler beheben kann. Es ist daher dringend anzuraten, für die letzte Schlussredaktion fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen und die Arbeit von einer anderen Person Korrekturlesen zu lassen.

28.10.2024/1 Kommentar/von Simon Mantsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Simon Mantsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Simon Mantsch2024-10-28 08:56:462024-11-14 09:32:05Zehn goldene Regeln für die Anfertigung einer juristischen Seminararbeit
Micha Mackenbrock

Rechtsmissbrauch: Keine Entschädigung für AGG-Hopper

Aktuelles, Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Seit einigen Jahren sind Stellenausschreibungen geschlechtsneutral formuliert oder werden mit dem Hinweis „m/w/d“ versehen. Dadurch wird deutlich gemacht, dass sich Menschen allen Geschlechts auf eine Stelle bewerben können. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor und es drohen Konsequenzen. Für sogenannte „AGG-Hopper“ ist dies Anlass genug, um derartige Stellenausschreibungen gezielt aufzuspüren und lukrative Entschädigungsansprüche nach dem AGG geltend zu machen. Ersthafte Ambitionen, die ausgeschriebene Stelle auch tatsächlich zu besetzen, haben derartige „AGG-Hopper“ dabei nie. Warum es aber im vorliegenden Fall nicht gelang, einen Entschädigungsanspruch durchzusetzen, erklärt Gastautor Micha Mackenbrock. Er hat das Erste Staatsexamen an der Universität Bonn absolviert und widmet sich nun seinem Promotionsvorhaben im Bereich Arbeitsrecht.

I. Der Sachverhalt

Im Fall, den das LAG Hamm zu entscheiden hatte (LAG Hamm, Urteil vom 05.12.2023 – 6 Sa 896/23) bewarb sich der männliche Kläger auf eine Stelle, welche für eine „Sekretärin“ ausgeschrieben worden ist.  Der von Sozialleistungen lebende Kläger bewarb sich in der Vergangenheit schon mehrfach auf derartige Stellenausschreibungen bei verschiedenen Unternehmen und führte danach Entschädigungsprozesse aufgrund einer etwaigen Benachteiligung wegen des Geschlechts.

Anfang 2021 fand der Kläger eine Stellenausschreibung als „Sekretärin“ auf einem Internetportal und nutzte daraufhin die dortige Chat-Funktion, um mit dem Unternehmen in Kontakt zu kommen. In wenigen und recht formlosen Sätzen beschrieb sich der Kläger darin und bewarb sich so auf die Stelle. Zudem fragte er explizit nach, ob das Unternehmen ausschließlich eine weibliche Sekretärin suche. Motivationsschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse oder andere sonst übliche Bewerbungsunterlagen reichte er neben der Chatnachricht nicht mit ein.

Das Unternehmen sagte dem Kläger mit dem Verweis darauf, dass ausschließlich eine weibliche Sekretärin gesucht werde, ab. Vor Gericht forderte der Kläger vom Unternehmen Entschädigung nach § 15 AGG.

II. Gesetzlicher Hintergrund

Tatsächlich können aus Stellenausschreibungen Entschädigungsansprüche resultieren, wenn diese nicht geschlechtsneutral formuliert sind. Nach §§ 1, 7 AGG ist eine Benachteiligung von Beschäftigten wegen des Geschlechts unzulässig. Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt nach § 3 I AGG dabei immer dann vor, wenn eine Person wegen ihres Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. §§ 6 I 2, 11 AGG weiten den Anwendungsbereich auf Bewerber und Stellenausschreibungen aus. Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, etwa wegen einer diskriminierenden Nichteinstellung, hat der Arbeitgeber eine Entschädigung nach § 15 AGG zu zahlen.

III. Die Entscheidung

Das LAG führt aus, dass dem Grunde nach die Anspruchsvoraussetzungen nach § 15 II AGG vorliegen könnten. Es läge jedoch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten seitens des Klägers nach § 242 BGB vor, welches den Anspruch im Ergebnis ausschließe.

Das LAG verweist auf die ständige Rechtsprechung des BAG, wonach im Zusammenhang mit Entschädigungsansprüchen nach § 15 II AGG Rechtsmissbrauch anzunehmen sei, „sofern eine Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihr darum ging, nur den formalen Status als Bewerber/in iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen“ (BAG, Urteil vom 14.06.2023 – 8 AZR 136/22, Rn. 54).

1. Voraussetzungen für Rechtsmissbrauch im Sinne von § 242 BGB

Das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs setzt ein objektives und ein subjektives Element voraus.

a. Objektives Element

Die Rechtsprechung verlangt für das Vorliegen eines objektiven Elements, dass aus einer umfassenden Bewertung aller objektiven Faktoren hervorgeht, dass das Ziel der Regelung trotz Einhaltung aller formalen Vorgaben nicht erreicht wurde. Ein Rechtsmissbrauch liege vor allem dann vor, wenn der Bewerber zielgerichtet so vorgeht, dass er einen Gewinn einstreichen kann (LAG Hamm, Urteil vom 05.12.2023 – 6 Sa 896/23, Rn. 90, 92).

aa. Große Entfernung

Als Indiz für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs verwies das LAG zunächst auf die große Entfernung von 170 Kilometer zwischen dem Wohnort des Klägers und der ausgeschriebenen Stelle. Dies spreche dafür, dass eine Arbeitsaufnahme nicht beabsichtigt war. Zwar schrieb der Bewerber in der Chatnachricht, dass er derzeit eine Wohnung in der Nähe der ausgeschriebenen Stelle suche. Jedoch bewarb sich der Kläger auch auf andere Stellen, die wiederum weit entfernt waren. Daraus ließe sich schließen, dass der Bewerber nie vorhatte, tatsächlich in die Nähe des beklagten Unternehmens zu zuziehen. Auch sei die Entfernung zu hoch, als dass ein tägliches Pendeln möglich und wirtschaftlich rentabel sei.

bb. Art und Weise der Bewerbung

Auch die Art und Weise wie sich der Kläger auf die Stelle beworben hat, spreche für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Schließlich haben das Verhalten des Klägers eine Absage geradezu provoziert. Die Bewerbung wies weder einen konkreten Bezug auf die Stellenausschreibung aus, noch hatte der Kläger die erforderlichen Qualifikationen. Zudem übersandte der Kläger nicht die üblichen Bewerbungsunterlagen wie Lebenslauf, Zeugnisse oder Motivationsschreiben. Die Bewerbung sei somit von Anfang an zum Scheitern verurteilt und der Bewerber nie ernsthaft an der Stelle interessiert gewesen, so das LAG.

cc. Vielzahl an Bewerbungen und Entschädigungsprozessen

Vor allem die hohe Anzahl an Bewerbungen und Entschädigungsprozessen, die der Kläger in der Vergangenheit geführt hatte, sprächen nach Auffassung des LAG für einen Rechtsmissbrauch. Zwar passte der Kläger sein „Geschäftsmodell“ nach verlorenen und gewonnenen Entschädigungsprozessen stets entsprechend an. Er beließ seine Bewerbungen aber bewusst auf aussichtslosem Niveau. Sein Prozesskostenrisiko minimierte er in der Vielzahl von Prozessen dadurch, dass er erstinstanzlich auf einen Rechtsanwalt verzichtete. Zudem nutzte der Bürgergeld beziehende Kläger Prozesskostenhilfe, so dass das Geschäftsmodell des AGG-Hoppings für den Kläger durchaus lukrativ sein könnte.

Aus alledem ergibt sich nach Auffassung des LAG, dass das objektive Element des Rechtsmissbrauchs vorliegt (LAG Hamm, Urteil vom 05.12.2023 – 6 Sa 896/23, Rn. 98-140).

b. Subjektives Element

Hinsichtlich des subjektiven Elements muss nach der Rechtsprechung anhand einer Reihe objektiver Indizien erkennbar sein, dass die Absicht darin besteht, durch das willkürliche Herbeiführen der entsprechenden Voraussetzungen einen ungerechtfertigten Vorteil aus der Regelung zu erlangen. Dabei muss die Erlangung des Vorteils das einzige ersichtliche Ziel sein (LAG Hamm, Urteil vom 05.12.2023 – 6 Sa 896/23, Rn. 90).

Schon aus den objektiven Umständen ergebe sich im zu entscheidenden Fall, dass es dem Kläger nur um eine Entschädigungszahlung ging. Ein echtes Interesse an der Stelle bestand nicht.

Außerdem zitiert der Kläger in der Klageschrift umfassend die Rechtsprechung des BAG zum Rechtsmissbrauch und trägt vor, warum sein Verhalten gerade nicht rechtsmissbräuchlich sei. Dies wertet das LAG als „Eigentor“ des Klägers: Der Kläger scheine genau zu wissen, was er tut und tun muss, um sich die gegen § 11 AGG verstoßenden Stellenausschreibungen finanziell zu Nutze zu machen. Das spreche schon dafür, dass es dem Kläger nie um eine erfolgreiche Bewerbung ging, sondern einzig und allein um die Erlangung von Entschädigungszahlungen (LAG Hamm, Urteil vom 05.12.2023 – 6 Sa 896/23, Rn. 143).

Demnach läge auch das subjektive Element und ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nach § 242 BGB insgesamt vor.

Gegen das Urteil des LAG Hamm ging der Kläger in Revision. Erfolglos, denn das BAG schloss sich dem LAG jüngst an (BAG, Urteil vom 19.09.2024, Az. 8 AZR 21/24).

IV. Einordnung der Entscheidung

Unstreitig ist, dass die Stellenausschreibung des Beklagten gegen das AGG verstieß und Männer diskriminiert. Wirklich diskriminierten Personen erweisen „AGG-Hopper“ mit ihrem Verhalten einen Bärendienst. Mit ihrem Betreiben und ihrem Geschäftsmodelle diskreditieren sie alle tatsächlich Diskriminierten, welche eine Absage auf ihre Bewerbungen wegen ihres Geschlechts erhalten oder schon wegen geschlechtsspezifischen Stellenausschreibungen von einer Bewerbung absehen, obgleich sie ernsthaftes Interesse an der Stelle gehabt hätten. Sinn und Zweck des AGG ist es aber nicht, dass Unbeteiligte einen finanziellen Nutzen aus Diskriminierungen ziehen können. Richtig also, dass die Rechtsprechung „AGG-Hoppern“ klare Grenzen aufzeigt – auch wenn Diskriminierungen dadurch nicht bekämpft werden können.

30.09.2024/1 Kommentar/von Micha Mackenbrock
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Micha Mackenbrock https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Micha Mackenbrock2024-09-30 07:37:152024-10-14 15:39:23Rechtsmissbrauch: Keine Entschädigung für AGG-Hopper
Micha Mackenbrock

Schmerzensgeld vom Hochzeitsfotografen?

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Es soll der schönste Tag im Leben sein: Die Hochzeit. Umso ärgerlicher, wenn der Hochzeitsfotograf seinen Job nicht zur Zufriedenheit des Brautpaars ausübt. Ob in diesem Fall dem Brautpaar ein Schmerzensgeldanspruch zusteht, hatte das LG Köln zu entscheiden (LG Köln 08.04.2024 – 13 S 36/22). Warum sich der Beschluss des Landgerichts in die schon bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung einfügt, erklärt unser Gastautor Micha Mackenbrock. Er hat das erste Staatsexamen an der Universität Bonn absolviert und widmet sich derzeit seinem Promotionsvorhaben im Arbeitsrecht.

I. Der Sachverhalt

Für den Tag ihrer Hochzeit hat ein Brautpaar einen Fotografen gegen Bezahlung engagiert. Nach der Hochzeit überreichte der Fotograf dem Brautpaar einen USB-Stick mit 170 Fotos von der Hochzeit. Doch damit war das Brautpaar unzufrieden: Es seien zu wenig Bilder gemacht worden. Zudem fehlten Bilder von wichtigen Momenten der Feier: Das Steigenlassen der Luftballons wurde fotografisch nicht festgehalten und auch einige Gruppenfotos befanden sich nicht auf dem USB-Stick.

Schwer enttäuscht verklagte das traurige Brautpaar den Fotografen vor dem Amtsgericht und forderte pro Person mindestens 1.000€ Schmerzensgeld, also insgesamt mindestens 2.000€.

II. Die Entscheidung

1. Kein Erfolg vor dem Amtsgericht

Das Amtsgericht zeigte sich schon skeptisch dahingehend, ob ein nicht hinreichendes Fotografieren überhaupt eine Pflichtverletzung darstellen könne, wenn darüber keine ausdrücklichen Absprachen zwischen den Vertragsparteien getroffen worden sind.

Jedenfalls aber würde die von den Klägern geltend gemachte „Enttäuschung und Trauer“ nicht ausreichen, um einen Schmerzensgeldanspruch begründen zu können. Enttäuschung und Trauer würden als solche nur eine geringfügige Beeinträchtigung des seelischen Wohlempfindens darstellen. Solche Bagatell-Beeinträchtigungen reichten nicht aus, um einen Schmerzensgeldanspruch auslösen zu können.

2. Erfolglose Berufung vor dem Landgericht

Gegen das Urteil des Amtsgerichts gingen die Kläger in Berufung, jedoch erfolglos. Das Landgericht folgte dem Amtsgericht und begründet seine Entscheidung damit, dass ein Schmerzensgeldanspruch bei vertraglichen Pflichten eine psychische Beeinträchtigung verlange. Zwar trugen die Kläger vor, dass sie große Enttäuschung und Trauer fühlen würden, und dass ihre Hochzeit wegen des Ärgers um die Fotos nun für immer negativ behaftet sei. All dies stelle jedoch keine tatsächliche, tiefergehende psychische Beeinträchtigung dar. Diese sei aber Voraussetzung für einen Schmerzensgeldanspruch.

Auch ein deliktischer Anspruch sei mangels Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts nicht gegeben.

III. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidungen des Amts- und Landgerichts sind nicht überraschend, sondern lassen sich in die Grundsätze einordnen, welche von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entworfen worden sind.

1. Die Rechtsprechung zu „Schockschäden“

So beschäftigte sich der BGH Ende 2022 wiederholt mit einem Fall zum sogenannten „Schockschaden“ (BGH, Urteil vom 27.10.2022 – I ZR 139/21, NJW 2023, 983). In dem vom BGH zu entscheidenden Fall wurde die junge Tochter des Klägers von dem Beklagten mehrfach sexuell missbraucht. Als der Kläger dies erfuhr, wurde er depressiv, musste in psychologische Behandlung und wurde über ein Jahr lang arbeitsunfähig. Der BGH entschied, dass in diesem Fall eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 I BGB vorläge, da die psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar sei und folglich einen Krankheitswert erreicht habe. Daher wurde dem Kläger ein Schmerzensgeldanspruch zugesprochen.

Zudem stellte der BGH klar, dass eine allzu ausufernde Haftung auf Schmerzensgeld vermieden werden soll:

Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist. Hierfür muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; […]. Daran fehlt es in der Regel, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 27.10.2022 – I ZR 139/21, NJW 2023, 983 (985).

Im Fall des Hochzeitsfotografen könnte man wohl argumentieren, dass es eben auch dem Schutzweck der Norm entspreche, dass das Brautpaar vor späteren Enttäuschungen bewahrt werden soll. Die Enttäuschung des Brautpaares hat aber eben nicht den pathologischen Krankheitswert erreicht, welchen der BGH fordert.

2. Das Vorliegen eines pathologischen Zustandes

Zudem setzt die Rechtsprechung hohe Anforderungen an das Vorliegen eines pathologischen Zustandes. Selbst massive Schlafstörungen, Weinkrämpfe, Alpträume, vorübergehende Kreislaufstörungen, Unkonzentriertheit und ein depressives und unruhiges Gemüt würden an sich keine psychopathologischen Ausfälle von einiger Dauer und einigem Gewicht darstellen. Erst dann, wenn diese Auswirkungen pathologisch fassbar seien, könne ein Schmerzensgeldanspruch zuerkannt werden (OLG Celle, Urteil vom 24.08.2022 – 14 U 22/22, BeckRS 2022, 21824, Rn. 28 f.).

Hier erreichte die Enttäuschung und Trauer des Brautpaares keinen pathologisch messbaren Wert, auch wenn das LG Köln feststellte, dass die negativen Gefühle des Brautpaares „nachvollziehbar“ seien.

IV. Fazit

Verständlicherweise lässt die Rechtsprechung Schmerzensgeldansprüche nur unter engen Voraussetzungen zu. Andernfalls liefe wohl jeder Gefahr, sich ständig und überall schadensersatzpflichtig zu machen. Soll etwa schon ein grummeliger, unfreundlicher Busfahrer, welcher Ärger und Unwohlsein bei den Fahrgästen auslöst, Schmerzensgeld leisten müssen? Das dies nicht richtig sein kann, erschließt sich von selbst.

Eine restriktive Handhabung entspricht daher vor allem auch dem in § 253 BGB deutlich werdenden Willen des Gesetzgebers, der Schmerzensgeldansprüche nur in Ausnahmefällen vorsieht.

16.09.2024/5 Kommentare/von Micha Mackenbrock
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Micha Mackenbrock https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Micha Mackenbrock2024-09-16 07:31:412024-10-14 15:40:04Schmerzensgeld vom Hochzeitsfotografen?
Micha Mackenbrock

Eigenrechte der Natur im Zivilprozess

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Seit dem Jahr 2015 ist es allgemein bekannt: Deutsche Automobilhersteller bedienten sich illegaler Abgasvorrichtungen an ihren Fahrzeugen, um gesetzlich vorgegebene Grenzwerte für Autoabgase einhalten zu können. Der dadurch entfachte Dieselskandal hat bis heute für eine Vielzahl wegweisender und interessanter nationaler als auch europäischer Urteile gesorgt. Nunmehr ist ein weiteres hinzugekommen: Das LG Erfurt hat „Eigenrechte der Natur“ in der Höhe des Schadensersatzes von Amts wegen berücksichtigt (LG Erfurt Urteil v. 02.08.2024, BeckRS 2024, 19541).

Wie das Gericht diese Berücksichtigung begründet, erläutert unser Gastautor Micha Mackenbrock im nachfolgenden Beitrag. Er hat das Erste Staatsexamen an der Universität Bonn absolviert und widmet sich nun seinem Promotionsvorhaben im Arbeitsrecht.

A. Hintergrund der Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass Kunden von manipulierten Autos vom jeweiligen Hersteller Schadensersatz verlangen können. Die Höhe des Schadensersatzes beträgt in der Regel 5-15% des Fahrzeugpreises (BGH Urteil v. 26.6.2023, NJW 2023, 2259 (2269)).

In dem vom LG Erfurt zu entscheidenden Fall stand eine ebensolche Konstellation in Rede: Ein Autokäufer wurde Opfer des Dieselskandals und verlangte Schadensersatz. Er bekam ihn – wie es auch zu erwarten war – zugesprochen, doch ein Aspekt an der Entscheidung ist neu. Denn erstmals hat ein deutsches Gericht bei der Bemessung der Schadenshöhe Eigenrechte der Natur von Amts wegen berücksichtigt.

B. Begründung des LG Erfurt

Gemäß § 287 I 1 ZPO entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung über die Schadenshöhe. Im hiesigen Fall hat das LG Erfurt entschieden, dass ein Schadensersatz in Höhe von 10% des Kaufpreises angemessen sei. Dies entspräche dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz und dem Sanktionsgedanken. Der Rechtsverstoß des Beklagten habe schließlich beträchtliches Gewicht.

I. Die Natur als ökologische Person

Unumstritten ist, dass die Natur durch die (zu) hohen Abgaswerte von Autos besonders belastet wird. Ein Aspekt, der nach Ansicht des LG Erfurt auch bei der Bemessung der Schadenshöhe nicht unberücksichtigt bleiben kann, da auch die Natur Eigenrechte habe. Die Eigenrechte der Natur ergäben sich aus der Grundrechtecharta der Union (GRC) und seien auch ohne entsprechenden Klägervortrag schon von Amts wegen zu berücksichtigen.

In den Dieselfällen findet das Unionsrecht in Anbetracht der Einschlägigkeit mehrere sekundärrechtlichen Unionsrechtsakte Anwendung, sodass nach Art. 51 I GRC in der Folge auch der Anwendungsbereich der Grundrechtecharta eröffnet ist. Laut dem LG Erfurt ließen sich aus Art. 2, 3 I und 37 GRC Eigenrechte der Natur begründen. Nach diesen Grundrechten wird das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gewährleistet, was die Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus erforderlich macht. Diese Grundrechte gilt dabei (zumindest nach den Ausführungen des LG Erfurt) nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für „ökologische Personen“, das heißt einzelne Ökosysteme, sowie für die Natur als solche. Ökologische Personen seien laut der GRC in ihrer Existenz, ihrem Erhalt und der Regenerierung ihrer Lebenszyklen, Struktur, Funktion und Entwicklungsprozesse zu schützen.

II. Grundrechtecharta schützt auch ökologische Personen

Das LG Erfurt erkennt zwar an, dass die GRC bei ihrer Proklamation im Jahr 2000 die Anerkennung derartiger Rechte noch nicht im Blick hatte. Sie sei aber offen für neue Entwicklungen und die Anerkennung von spezifischen Rechten ökologischer Personen sei heute aufgrund der aktuellen Entwicklungen rund um Klimawandel, Artensterben und Vermüllung geboten. Der Begriff „Person“ könne nicht nur auf Menschen beschränkt werden, sondern müsse auch die Natur, Flüsse und Wälder mit einbeziehen.

Dafür spreche schon die Präambel der GRC, in der die Verantwortung und die Pflichten gegenüber Mitmenschen und künftiger Generationen betont werden. Auch die Menschenwürdegarantie aus Art. 1 GRC verlange eine solche Auslegung, denn die Anerkennung von Eigenrechten der Natur trage dazu bei, dass der Mensch auch in Zukunft ein Leben in Würde und Selbstbestimmung führen könne.

Zudem sei nicht ersichtlich, warum juristische Personen in den Genuss des Schutzes aus der Grundrechtecharta einbezogen sein sollten, nicht aber die Natur. Mit der Anerkennung von Rechten von ökologischen Personen werde lediglich Waffengleichheit hergestellt.

C. Rechte der Natur in anderen Staaten

In anderen Staaten sind Rechte der Natur schon länger anerkannt. 2017 hat ein Gericht in Indien den Fluss Ganges zu einem Lebewesen erklärt und ihm die gleichen Rechte wie einem Mensch zugesprochen. Ebenso haben Gerichte in Kolumbien und Peru Rechte der Natur aus einer Gesamtschau der jeweiligen Rechtsordnung abgeleitet. Und sogar im EU-Mitgliedstaat Spanien wurde die Salzwasserlagune Mar Menor durch den Gesetzgeber Rechtssubjektivität verliehen.

Dass nun auch ein deutsches Gericht ausdrücklich der Natur Rechte zuspricht, ist eine Premiere. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung des LG Erfurt auf weitere Dieselskandalfälle und auf die Rechtsprechung generell auswirken wird. Mit Spannung abzuwarten bleibt derweil auch, ob der BGH sich dieser Rechtsprechung anschließen wird.

02.09.2024/1 Kommentar/von Micha Mackenbrock
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Micha Mackenbrock https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Micha Mackenbrock2024-09-02 10:07:142024-10-14 15:40:16Eigenrechte der Natur im Zivilprozess
Monika Krizic

Die spezielle Nichtleistungskondiktion gemäß § 816 BGB

Aktuelles, Bereicherungsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Schon gelesen?, Startseite, Uncategorized, Zivilrecht

Der Beitrag behandelt den examensrelevanten § 816 BGB. Welche Konstellationen regelt er? Was ist wichtig beim Umgang mit dem Nichtberechtigten im Bereicherungsrecht? Diesen Fragen geht unsere Gastautorin Monika Krizic in diesem Beitrag nach. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn.

Die speziellen Nichtleistungskondiktionen von § 816 BGB finden Eingang in zahlreiche Thematiken zivilrechtlicher Sachverhalte. Angesichts ihrer Spezialität zur allgemeinen Nichtleistungskondiktion, lohnt es sich ihre besonderen Voraussetzungen und Problematiken näher zu betrachten.

I. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB

1. Grundlegendes

Die Norm regelt den Fall, dass ein Nichtberechtigter über eine Sache verfügt. Es handelt sich folglich um einen gesetzlich geregelten Sonderfall der Eingriffskondiktion und damit um eine lex specialis (Peifer, Schuldrecht, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 10). § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Kehrseite der Tatsache, dass das BGB einen Gutglaubenserwerb zulässt. Während sich der Erwerber aus Gründen des Verkehrsschutzes auf die §§ 932 ff. BGB berufen können soll, ist die vorliegende Norm damit beschäftigt dem Berechtigten einen Ausgleich für seinen erlittenen Rechtsverlust zu ermöglichen (Röthel, JURA 2015, 574). Vor dem Hintergrund, dass § 816 Abs. 1 S. 1 BGB auf jegliche Verschuldens- und Kenntniselemente verzichtet, gewährleistet er einen hohen Güterschutz (Peifer, Schuldrecht, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 11).

2. Tatbestandsvoraussetzungen
a) Verfügung

Zunächst bedarf es einer Verfügung. Dies ist jedes dingliche Rechtsgeschäft, durch das ein Recht aufgehoben, übertragen, belastet oder inhaltlich verändert wird (Staake, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2022, § 4 Rn. 42). Dazu gehören u.a. die Übertragung des Eigentums nach den §§ 873 ff., 929 ff. BGB, aber auch die Belastung des Eigentums mit beschränkt dinglichen Rechten wie etwa dem Pfandrecht (Staake, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2022, § 4 Rn. 42).

aa) Schuldrechtliche Rechtsgeschäfte

Vor dem Hintergrund der teleologsichen Zweckrichtung, dass der Eigentümer sein Eigentum nach den §§ 932 ff. an einen redlichen Dritten verlieren kann und folglich schutzbedürftig ist, sind schuldrechtliche Rechtsgeschäfte grundsätzlich nicht von § 816 Abs. 1 S. 1 BGB erfasst. Gleichwohl wurde dies in den Fällen der sog. unberechtigten Untervermietung öfter problematisiert. Dabei wird immer wieder die analoge Anwendung der Norm als Lösungsversuch angebracht.

Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bei Vergleichbarkeit der Interessenlage voraus. Beide Voraussetzungen erscheinen hier fraglich. So stehen dem Eigentümer gegen den unberechtigten Untervermieter eine Reihe an vertraglichen Ansprüche sowie die zusätzlichen Regelungen der §§ 987 ff. BGB zur Seite, was eine planwidrige Regelungslücke zweifelhaft erscheinen lässt. Daneben fehlt es aber auch an einer vergleichbaren Interessenlage: Der Eigentümer erleidet durch die Untervermietung keinen Rechtsverlust, sodass es auch nicht des von der Norm intendierten Substanzwertausgleichs bedarf (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 11 Rn. 37). Zudem handelt es sich bei dem Untermietzins auch nicht um eine Vermögensposition, die der Untervermieter anstelle des Eigentümers erzielt. Während eine Verfügung dazu führt, dass jegliche Verwertungs- und Gebrauchsmöglichkeit aufgehoben wird, ist der Eigentümer im Hinblick auf die vorliegende Konstellation begrifflich schon nicht in der Lage den Untermietzins zu erzielen. Mit Abschluss des Mietvertrags entscheidet allein der Vermieter über den Gebrauch der Sache (Petersen, JURA 2015, 459, 462). Daher scheidet auch eine analoge Anwendung aus.

bb) Faktisches Handeln – „Einbaufälle“

Die Analogiefähigkeit des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB wird ebenfalls in den sog. Einbaufällen diskutiert. In diesen baut der Nichtberechtigte Baumaterial derart in das Grundstück eines Dritten ein, dass dieser kraft Gesetzes gem. §§ 946 ff. BGB Eigentum erwirbt. Der Nichtberechtigte erhält dabei einen Erlös.

Der Einbau als solcher stellt einen Realakt dar, sodass es grundsätzlich an einem dinglichen Rechtsgeschäft fehlt. Dies hätte letztendlich aber zur Folge, dass die Geltendmachung des Anspruchs für den Berechtigten von der Zufälligkeit eines originären oder derivativen Eigentumserwerbs abhinge. Da sowohl im Fall einer Verfügung als auch im Fall eines Einbaus dieselben Rechtsfolgen eintreten, kann eine vergleichbare Interessenlage und damit auch eine Analogie bejaht werden (Wieling/Finkenauer, Bereicherungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 4 Rn. 36).

b) Anspruchsgegner: Nichtberechtigter

Der Verfügende müsste auch Nichtberechtigter sein. Dies ist zum einen, wer nicht Inhaber des fraglichen Rechts und zum anderen, wer aus anderweitigen Gründen nicht verfügungsbefugt ist. Letzteres ist u.a. der Fall, wenn die Verfügungsbefugnis an einen Insolvenzverwalter gem. § 80 Abs. 1 InsO verloren wurde (Röthel, JURA 2015, 574, 575).

c) Wirksamkeit der Verfügung gegenüber dem Berechtigten

Des Weiteren müsste die Verfügung wirksam sein, d.h. der ursprünglich Berechtigte müsste sein Recht verloren haben. Die Wirksamkeit einer Verfügung kann sich insbesondere aus der Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs sowie einer Genehmigung ergeben. Hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs ist neben den §§ 932 ff. BGB vor allen Dingen auch an §§ 892 f., § 2366 (Erbschein) und § 366 HGB zu denken (Lorenz, JuS 2018, 654).

Scheitert eine Verfügung – etwa aufgrund von Bösgläubigkeit oder Abhandenkommens – kann der Berechtigte die Verfügung immer noch genehmigen. Gem. § 182 Abs. 1 BGB kann die Genehmigung sowohl gegenüber dem Nichtberechtigten als auch gegenüber dem Erwerber erklärt werden. Nach § 184 Abs. 1 BGB wirkt die Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Angesichts dessen könnte angenommen werden, dass die Norm zu einer Art Zirkelschluss führt: Wirkt die Genehmigung zurück, so agierte der Anspruchsgegner doch von vornherein als Berechtigter? Allerdings bezieht sich die Rückwirkungsfunktion der Norm nur auf die auf die Rechtsfolge, nicht aber auf die Berechtigung selbst (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 11 Rn. 37).

d) Rechtsfolge: Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten

Auf der Rechtsfolgenseite sind stets zwei Kernprobleme im Kopf zu behalten.

aa) Begriff des Erlangten

Zunächst sollte problematisiert werden, was überhaupt unter dem Begriff des „Erlangten“ zu verstehen ist. Zum einen wird hier auf die Befreiung von der Verbindlichkeit abgestellt und zum anderen auf den Veräußerungserlös selbst. Gegen das Abstellen auf Letzteres könnte angeführt werden, dass der Nichtberechtigte den Veräußerungserlös nicht durch die Verfügung, sondern vielmehr durch den Vertrag mit dem Dritten erhält (Lorenz, JuS 2018, 654, 655). Für diese Sichtweise spricht somit die Dogmatik des Bereicherungsrechts.

Allerdings könnte es eine systematische Betrachtung nahe legen, den Veräußerungserlös als tauglichen Herausgabegegenstand zu qualifizieren. § 816 Abs. 1 S. 2 BGB gewährt im Falle einer unentgeltlichen Verfügung eine Durchgrifffskondiktion gegen den Erwerber. Diese Differenzierung zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Verfügung impliziert, dass der Veräußerungserlös das maßgeblich Erlangte ist. Zumal diese Ansicht auch den Vorteil hat, dass keine unbilligen Ergebnisse entstehen, wenn das schuldrechtliche Kausalgeschäft unwirksam ist und somit auch keine wirksame „Befreiung von der Verbindlichkeit“ erfolgen konnte (Finkenauer/Wieling, Bereicherungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 4 Rn. 44).

bb) Herausgabe eines Gewinns?

Weiterhin stellt sich auch die Frage, ob die Norm nur eine Wert- oder darüber hinaus eine Gewinnhaftung mit sich zieht. Für eine bloße Werthaftung könnte sprechen, dass die Norm ein Unterfall der allgemeinen Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB ist und damit der allgemeine Rechtsgedanke nach § 818 Abs. 2 BGB greift (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 11 Rn. 37).

Gleichwohl streiten mehrere Aspekte für eine Gewinnhaftung. Zunächst einmal differenziert das Gesetz in § 818 Abs. 2 BGB selbst zwischen dem Erlangten und dem Wert. Der Wortlaut von § 816 Abs. 1 S. 1 wiederum gibt keine Begrenzung auf den objektiven Sachwert her (Finkenauer/Wieling, Bereicherungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 4 Rn. 41). Zudem könnte eine Gewinnhaftung auch mit dem Telos der Norm korrespondieren. Als Unterfall der Eingriffskondiktion soll § 816 Abs. 1 S. 1 BGB vor Eingriffen in den Zuweisungsgehalt einer eigenen Rechtsposition schützen: Die Gewinnerzielungsmöglichkeit steht aber gerade nur dem Eigentümer zu (Röthel, JURA 2015, 574, 577).

cc) Entreicherung in Form eines gezahlten Kaufpreises

Gem. § 818 Abs. 2 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Eine Entreicherung liegt vor, wenn der Vermögensvorteil nicht mehr vorhanden ist (Peifer, Schuldrecht, 4. Aufl. 2014, § 8 Rn. 15). In diesem Kontext ist auch umstritten, ob ein vom Nichtberechtigten entrichteter Kaufpreis als Entreicherung gewertet werden kann.

Beispiel: E ist Eigentümer einer Sache. Dieb D stiehlt diese Sache und veräußert sie für 100 Euro an A, welcher die Sache wiederum für 150 Euro an B weiterveräußert.

Ein Eigentumserwerb nach den §§ 932 ff. BGB scheidet aufgrund Abhandenkommens aus. Genehmigt E die Verfügung von A an B, so hätte er gegen A einen Anspruch auf Herausgabe der 150 Euro aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB. Möglicherweise könnte sich A aber aufgrund des entrichteten Kaufpreises i.H.v. 100 Euro auf Entreicherung berufen.

Gegen eine solche Abzugsfähigkeit lassen sich indes teleologische Erwägungen anführen. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist seiner Natur ein Rechtsverfolgungsanspruch, der anstelle des verlorenen Vindikationsanspruchs aus § 985 tritt. Diesem Herausgabeanspruch könnte der Anspruchsgegner aber auch nicht einen etwaig gezahlten Kaufpreis entgegenhalten (Lorenz, JuS 2018, 654, 655).

II. § 816 Abs. 1 S. 2 BGB

1. Grundlegendes

§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB stellt ebenfalls eine spezielle Nichtleistungskondiktion dar. Hinzu kommt aber auch noch, dass die Norm eine Durchgriffshaftung gegen den unentgeltlichen Erwerber ermöglicht (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 11 Rn. 39). Entgegen dem Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion -wonach grundsätzlich das Leistungsverhältnis zwischen Nichtberechtigtem und Erwerber vorrangig wäre – wird dem Berechtigten hier ein direkter Anspruch gegen den Dritten (Erwerber) gewährt. Teleologisch wird diese Ausnahme vom grundlegenden bereicherungsrechtlichen Prinzip des Vorrangs der Leistungskondiktion damit begründet, dass der Erwerber aufgrund mangelnden Vermögensopfers nicht schutzwürdig ist (Lorenz, JuS 2018, 654, 655).

2. Tatbestandsvoraussetzungen
a) Verfügung eines Nichtberechtigten
b) Wirksam gegenüber dem Berechtigten
c) Unentgeltlich

Zentraler Dreh- und Angelpunkt der Norm ist das Tatbestandsmerkmal der Unentgeltlichkeit. Die Frage nach der (Un-)Entgeltlichkeit beurteilt sich danach, ob der Erwerber eine Gegenleistung erbracht hat, wobei dies Vermögensopfer jeglicher Art sein können (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 11 Rn. 33).

aa) Gemischte Schenkung

Problematischer gestaltet sich die Situation in Fällen der sog. gemischten Schenkung. Hier wird zum Teil darauf abgestellt, wo der Schwerpunkt liegt. Andere wiederum wollen § 816 Abs. 1 S. 2 BGB so weit anwenden, wie die Unentgeltlichkeit reicht. Ist auf der Rechtsfolgenseite die Teilbarkeit des Gegenstandes nicht möglich, wird nach § 818 Abs. 2 BGB dafür plädiert, den objektiven Schenkungswert zu ersetzen (Lorenz, JuS 2018, 654, 656).

bb) Rechtsgrundlose Verfügung

Darüber hinaus umstritten ist die Frage, ob die Norm auf entgeltliche, aber rechtsgrundlose Verfügungen analog anzuwenden ist. Die Tatsache, dass der Erwerber in beiden Fällen nicht zur Gegenleistung verpflichtet ist, lässt eine vergleichbare Interessenlage nahelegen (Röthel, JURA 2015, 574, 577). Allerdings berücksichtigt eine solche Sichtweise nicht hinreichend, dass der Dritte schutzwürdig ist, gerade weil er eine Gegenleistung an den Nichtberechtigten erbracht hat und bei einer Direktkondiktion ein Einwendungsabschnitt drohen würde. In einer solchen Situation ist vielmehr nach den grundlegenden bereicherungsrechtlichen Regeln „über’s Eck“ zu kondizieren, womit auch eine planwidrige Regelungslücke zu verneinen ist (Lorenz, JuS 2018, 654, 656).

III. § 816 Abs. 2 BGB

1. Grundlegendes

Im Gegensatz zu § 816 Abs. 1 BGB, erfasst Abs. 2 nicht Verfügungen von einem Nichtberechtigten, sondern schuldrechtliche Leistungen an einen Nichtberechtigten. Geschützt werden die Interessen des Forderungsinhabers, wenn ein Dritter an seiner Stelle die geschuldete Leistung entgegennimmt. Folglich liegt in der Entgegennahme einer fremden Leistung der maßgebliche Eingriff (Jacoby/von Hinden, Studienkommentar BGB, 18. Aufl. 2022, § 816 Rn. 6).

2. Tatbestandsvoraussetzungen
a) Bewirken einer Leistung an einen Nichtberechtigten

Nichtberechtigter i.d.S. ist jede Person, die nicht Forderungsinhaber ist oder nicht zur nicht zur Annahme der Leistung berechtigt ist (Peifer, Schuldrecht, 4. Aufl. 2014, § 10 Rn. 20).

b) Leistung gegenüber dem Berechtigten wirksam

Das Erlöschen einer Leistung durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB setzt u.a. voraus, dass an den richtigen Gläubiger geleistet wird. Daher erlischt eine Forderung gerade nicht bereits dann, wenn sie von einem Dritten eingezogen wird (Finkenauer/Wieling, Bereicherungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 4 Rn. 47).

aa) Gesetzliche Bestimmungen

Etwas anderes kann sich aber aus gesetzlichen Ausnahmevorschriften ergeben. Zu den wichtigsten Anwendungsfällen gehören u.a. die Zahlung an den Zedenten (Altgläubiger) gem. § 407 Abs. 1 BGB, die Zahlung an den Inhaber eines Namenspapiers mit Inhaberklausel nach § 808 BGB oder die Zahlung an den Inhaber eines Erbscheins gem. §§ 2367 Var. 1, 2366 BGB.

bb) Möglichkeit der Genehmigung

Ergibt sich keine Wirksamkeit aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, so stellt sich die Frage, ob auch im Rahmen von § 816 Abs. 2 BGB eine nachträgliche Genehmigung in Betracht kommt. Der Wortlaut des § 362 Abs. 2 BGB stellt aber uneingeschränkt auf § 185 BGB und damit auf eine Genehmigungsmöglichkeit ab (Staake, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl. 2022, § 4 Rn. 62).

c) Rechtsfolge:  Herausgabe des Geleisteten
26.08.2024/0 Kommentare/von Monika Krizic
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Monika Krizic https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Monika Krizic2024-08-26 08:00:002025-05-12 10:48:49Die spezielle Nichtleistungskondiktion gemäß § 816 BGB
Micha Mackenbrock

Koppelungsklauseln in Anstellungsverträgen von GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen

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Sogenannte Koppelungsklauseln sind in vielen Anstellungsverträgen von GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen enthalten, um den Bestand des jeweiligen Anstellungsverhältnisses an das Bestehen der Organstellung zu knüpfen. Ob sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten können, wird aber unterschiedlich bewertet, wie unser Gastautor Micha Mackenbrock im nachfolgenden Beitrag erläutert. Er hat das Erste Staatsexamen an der Universität Bonn absolviert und widmet sich nun seinem Promotionsvorhaben im Arbeitsrecht.

Dieser Beitrag wird zunächst eine kurz Einführung in das hier relevante Organwalterrecht geben (I.). Sodann wird erläutert, was genau Koppelungsklauseln eigentlich sind (II.) und es wird dargestellt, was für und was gegen eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB spricht (III.). Und schließlich wird ein Fazit gezogen (IV.).

I. Einführung in das Organwalterrecht

Bei einer GmbH und einer AG handelt es sich um juristische Personen des Privatrechts. Sowohl die GmbH als auch die AG können daher als solche nicht selbst handeln. Das übernehmen stattdessen ihre Organe. In der GmbH ist bzw. sind sind der/die Geschäftsführer für die Geschäftsführung zuständig, in der AG ist es der Vorstand.

1. Ein Blick auf die GmbH

Die Bestellung des Geschäftsführers in einer GmbH erfolgt entweder durch Satzung oder durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, §§ 6 III, 46 Nr. 5 GmbHG. Auch die Abberufung, das heißt das Entbinden von den gesetzlichen und satzungsmäßigen Kompetenzen und Rechten, des Geschäftsführers erfolgt durch Beschluss der Gesellschafterversammlung nach §§ 38 I, 46 Nr. 5 GmbHG. Sie kann jederzeit, auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, erfolgen.

2. Ein Blick auf die AG

In einer AG wird der Vorstand durch den Aufsichtsrat für eine Dauer von höchstens 5 Jahren bestellt, § 84 I 1 AktG. Die Abberufung des Vorstandes erfolgt ebenfalls durch den Aufsichtsrat, ist aber nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, § 84 IV AktG.

3. Trennungsprinzip

Zu beachten ist das Trennungsprinzip: Sowohl bei GmbH-Geschäftsführern als auch bei AG-Vorständen ist strikt zwischen der Stellung als Organwalter und dem Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Das heißt: Grundsätzlich bleibt der Anstellungsvertrag, der rechtlich regelmäßig als Dienstvertrag nach § 611 BGB und nicht als Arbeitsvertrag nach § 611a BGB ausgestaltet ist, auch dann bestehen, wenn eine Abberufung erfolgt! Der Organwalter hat also weiterhin einen Anspruch auf die sich aus dem Anstellungsvertrag ergebende Vergütung – und das, obwohl er durch die Abberufung von seiner Tätigkeit als Geschäftsführer beziehungsweise Vorstand entbunden ist. Das zeigen auch § 38 I GmbHG und § 84 III 5 AktG.

Beispiel: Frau Müller ist Vorstandsmitglied der A-AG und hat zugleich einen Anstellungsvertrag mit der A-AG abgeschlossen. Der Anstellungsvertrag sieht eine monatliche Vergütung für Frau Müller vor. Wegen einer groben Pflichtverletzung wird Frau Müller vom Aufsichtsrat nach § 84 IV AktG abberufen. Sie ist somit nicht mehr länger als Vorstandsmitglied tätig. Völlig unabhängig davon ist aber ihr Anstellungsverhältnis. Obwohl Frau Müller nicht länger Vorstandsmitglied ist, kann sie aus ihrem Anstellungsvertrag von der A-AG die monatliche Vergütung verlangen.

II. Koppelung des jeweiligen Anstellungsverhältnisses an das Bestehen der Organstellung

Dieses Ergebnis mag überraschen, da doch die Vergütung gerade für Frau Müllers Tätigkeit als Vorstandsmitglied von der A-AG gezahlt wird. Um genau solche Konstellationen zu vermeiden, entspricht es gängiger Vertragspraxis, dass der Bestand des Anstellungsvertrags an den Bestand der Organstellung geknüpft wird. Der Grundsatz des Trennungsprinzips erfährt durch Koppelungsklauseln also eine Durchbrechung.

Beispiel: Im Anstellungsvertrag von Frau Müller und der A-AG wird vereinbart: „Der Anstellungsvertrag endet mit dem Zeitpunkt der Abberufung von Frau Müller als Vorstandsmitglied.„

III. (Un-)Wirksamkeit nach § 307 BGB?

Umstritten ist, ob solche Koppelungsklauseln wirksam sind. Da der Anstellungsvertrag ganz regelmäßig eine AGB darstellt, müsste das in ihm enthaltene Koppelungsklausel auch einer AGB-Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB standhalten können.

1. Keine Klärung durch den BGH

Der BGH hat sich bislang noch nicht mit der Frage befasst, ob Koppelungsklauseln einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305-310 BGB standhalten. Ältere Urteile des BGH beruhen auf einer anderen Gesetzeslage (BGH NJW 1989, 2683). Mittlerweile entschieden ist aber, dass GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstandsmitglieder als Verbraucher im Sinne von § 13 BGB zu qualifizieren sind (BGH NJW 1996, 2156; OLG Hamm MDR 2007, 1438). Somit findet die Inhaltskontrolle nach §§ 307-310 BGB gemäß § 310 III Nr. 2 BGB auch schon dann Anwendung, wenn die vereinbarte Koppelungsklausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist.

2. Für die Unwirksamkeit plädierende Literaturansichten

Einer Ansicht des Schrifttums nach sind Koppelungsklauseln jedenfalls in Anstellungsverträgen mit einem AG-Vorstandsmitglied unwirksam nach § 307 I 1, II Nr. 1 BGB (Tödtmann/von Erdmann, NZG 2022, 3 (6)).
Als gesetzliches Leitbild gebe § 84 IV 5 AktG das Trennungsprinzip vor. Demnach solle die Beendigung des einen Rechtsverhältnisses keine Auswirkungen auf das andere Rechtsverhältnis haben. Andernfalls würde das abberufene Vorstandsmitglied seiner Vergütungsansprüche beraubt werden und stünde schutzlos da. Eine Abweichung vom gesetzlich vorgesehenen Trennungsprinzip sei nur bei Vorliegen eines Sachgrundes gerechtfertigt. Ein Sachgrund läge aber gerade nicht vor. Dass die AG dem abberufenen Vorstandsmitglied weiterhin eine Vergütung zahlen muss läge gerade in ihrem Risikobereich.

Zudem bestehe auch ein Verstoß gegen § 307 I 1, II Nr. 2 BGB. Das Gesetz sieht vor, dass der Aufsichtsrat nicht für die Geschäftsführung zuständig ist und dass der Vorstand dem Aufsichtsrat gegenüber weisungsunabhängig ist, §§ 76 I, 111 IV 1 AktG. Der Vertragszweck eines Anstellungsvertrags sei somit auch darin zu erblicken, dass das Vorstandsmitglied unabhängig vom Aufsichtsrat über die Geschäftsführung der AG entscheiden kann. Dieser Vertragszweck werde aber durch Koppelungsklauseln gefährdet: Der Aufsichtsrat könne den Vorstand abberufen, was insbesondere bei kleineren AGs mit wenigen oder nur einem Aktionär relativ einfach möglich sei. Aufgrund der Koppelungsklausel würde der abberufene Vorstand dann auch seine Anstellung und Vergütungsansprüche verlieren. Der Vorstand könne so durch den Aufsichtsrat gelenkt und gesteuert werden (Tödtmann/von Erdmann, NZG 2022, 3 (8)).

Beispiel: Der Aufsichtsrat der A-AG möchte, dass Frau Müller ein bestimmtes Geschäft abschließt. Frau Müller hält dieses Geschäft für zu risikoreich und weigert sich. Der Aufsichtsrat droht ihr nun mit der Abberufung und verweist auf die Koppelungsklausel im Anstellungsvertrag. Aus Angst um den Verlust ihrer Vergütungsansprüche nimmt Frau Müller das Geschäft doch noch vor.

Die gleiche Gefahr besteht bei der GmbH, denn nach § 46 GmbHG gehört die Geschäftsführung nicht in den Aufgabenkreis der Gesellschafter.

Des weiteren verstießen Koppelungsklauseln auch gegen die Fristenparität aus § 622 VI BGB, so dass sie nach § 134 BGB nichtig seien. Denn durch die Abberufung hätte eine Koppelungsklausel auch zur Folge, dass die AG den Anstellungsvertrag einseitig mit sofortiger Wirkung beenden könne, ohne dass dem Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglied diese Möglichkeit offen stünde (Tödtmann/von Erdmann, NZG 2022, 3 (8 f.)).

3. Für die Wirksamkeit plädierende Literaturansichten

Die in der Literatur vertretene Gegenauffassung hält diesen Argumentationsgang nicht für überzeugend. Vielmehr sollen Koppelungsklauseln in Anstellungsverträgen von GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen wirksam sein.

Aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 84 IV 5 AktG gehe nicht hervor, dass das Trennungsprinzip dem Zweck diene, dass ein abberufenes Vorstandsmitglied seine sich aus dem Anstellungsvertrag ergebenden Vergütungsansprüche behalten soll und insoweit schutzwürdig sei (Seyfarth, NZG 2022, 389 (391)). Zudem könne eine Koppelungsklausel auch vorteilhaft für den Geschäftsführer bzw. den Vorstand sein – denn durch die Koppelungsklausel wird er auch frei von seinen sich aus dem Anstellungsvertrag ergebenden Pflichten.

Außerdem sei es empirisch nicht belegt, dass durch Koppelungsklauseln der Vorstand durch den Aufsichtsrat gesteuert sei. Vielmehr fänden sich in den meisten Anstellungsverträgen Koppelungsklauseln. Dennoch gebe es keine Berichte darüber, dass Aufsichtsräte mittels Koppelungsklauseln die AG steuern würden. Auch würde die Auffassung, die Koppelungsklauseln für unzulässig erachten, übersehen, dass es für die Abberufung nach § 84 IV 1 AktG eines wichtigen Grundes bedarf. Eine Abberufung sei also nicht ohne weiteres möglich (Seyfarth, NZG 2022, 389 (392)).

Beispiel: Vorstandsmitglied Frau Müller weigert sich das Geschäft abzuschließen, weil sie es als zu risikoreich erachtet. Diese Weigerung stellt keinen wichtigen Grund im Sinne von § 84 IV 1, 2 AktG dar, sodass Frau Müller nicht befürchten muss, vom Aufsichtsrat abberufen werden zu können.

Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass die Vergütung gerade für die Tätigkeit als Vorstand beziehungsweise Geschäftsführer bezahlt wird. Wenn diese Tätigkeit wegen der Abberufung wegfällt, sei es auch angezeigt, dass dann auch der Vergütungsanspruch entfällt (Seyfarth, NZG 2022, 389 (392)). Selbst wenn man eine Ungerechtigkeit im Wegfall der Vergütung erblicken möchte: In den allermeisten Anstellungsverträgen finden sich modifizierte Koppelungsklauseln, also Koppelungsklauseln welche die Zahlung einer Abfindung vorsehen (Seyfarth, NZG 2022, 389 (393)).

IV. Fazit

Wer meint, dass Koppelungsklauseln unzulässig seien, der hat dafür vor allem dogmatische Argumente auf seiner Seite. Für die Zulässigkeit sprechen jedoch praktische Erwägungen. Da sich aber beide Ansichten gut vertreten lassen und eine Entscheidung durch den BGH noch nicht stattgefunden hat, kommt es nicht darauf an, welcher Ansicht sich Studierende oder Referendarinnen und Referendare anschließen. Entscheidend ist vielmehr, wie so oft, dass ein Abwägen des Für und Wider gelingt.

25.08.2024/1 Kommentar/von Micha Mackenbrock
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Micha Mackenbrock https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Micha Mackenbrock2024-08-25 11:36:112024-10-14 15:40:25Koppelungsklauseln in Anstellungsverträgen von GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen
Moritz Augel

Grundlagenwissen: Das Verhältnis der Tötungsdelikte zueinander

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Das Verhältnis von Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB) und Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) zueinander ist nicht ganz so banal, wie es juristische Laien vermuten würden. Unser Gastautor Moritz Augel widmet sich im nachfolgenden Beitrag daher der examensrelevanten Abgrenzung. Er hat Rechtswissenschaften an der Universität Bonn studiert und ist neben seinem Promotionsvorhaben am Institut für Arbeitsrecht und der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn tätig.

War es Mord oder war es Totschlag? Zuschauer des Tatorts haben hierauf regelmäßig überraschend schnell eine Antwort. Schließlich liege Mord immer dann vor, wenn die Tat aus Vorsatz begangen wurde und lange geplant war, während Totschlag „nur“ im Affekt passiere. Dass dem nicht so ist, weiß jeder Jurastudierende spätestens ab dem zweiten Semester. Doch bereitet die Abgrenzung der Tatbestände auch Jurastudierenden oftmals Schwierigkeiten.

I. Die Abgrenzung

Das systematische Verhältnis der Tötungsdelikte zueinander ist zwischen Rechtsprechung und Literatur umstritten. Während die Rechtsprechung die §§ 211, 212, 216 StGB für eigenständige Delikte hält, wird in der Literatur vertreten, dass § 212 StGB, das Grunddelikt bildet – demnach also der Mord (§ 211 StGB) eine Qualifikation und die Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) eine Privilegierung darstellt.

Für die Auffassung der Rechtsprechung spricht zunächst der Wortlaut der Vorschriften. Die Formulierungen „als Mörder“, „als Totschläger“, „ohne Mörder zu sein“ sprechen zunächst dafür, dass den jeweiligen Vorschriften ein eigenständiger Charakter zukommt. Dieses Argument ist jedoch historisch belastet. Die Fassung des Mordtatbestandes stammt aus dem Jahr 1941, einer Zeit, in der die Auslegung der Strafgesetze nach „dem gesunden Volksempfinden“ erfolgte und die sogenannte Tätertypenlehre vorherrschte: Die Strafe einer Tat bemesse sich nicht nach der Tat, sondern vielmehr danach, zu welcher „Menschenklasse“ der Täter gehört. Die Tätertypenlehre hat klar nationalsozialistischen Ursprung und ist mithin heute dogmatisch bedeutungslos.

Des Weiteren führt die Rechtsprechung die Stellung des § 211 StGB im Gesetz an. Handelte es sich bei dem Mord um eine Qualifikation, so die Rechtsprechung, müsste dieser hinter dem Grundtatbestand verankert sein. Dass der Mord im Gesetz vor dem Totschlag steht spreche daher gegen eine Einordnung als Qualifikationstatbestand. Die Rechtsprechung widerspricht sich damit jedoch selbst, denn auf der anderen Seite entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass (der im Gesetz nachfolgende) § 252 StGB der Grundtatbestand zu § 249 StGB ist. Vielmehr kann man insoweit anführen, dass die Stellung des § 211 StGB am Anfang der Tötungsdelikte dadurch bedingt ist, dass der Strafrahmen („lebenslänglich”) am höchsten ist, der Mord also das gravierendste Delikt innerhalb des Abschnitts bildet.

Ferner überzeugt die Auffassung der Rechtsprechung auch deshalb nicht, weil sie im Bereich der Mittäterschaft und der gekreuzten persönlichen Mordmerkmale zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, die sie zu Korrekturen zwingt. Ein derartiges Korrekturbedürfnis gibt es unter Zugrundelegung der herrschenden Literaturansicht hingegen nicht (hierzu sogleich).

Ein wichtiges Argument für die Auffassung der Literatur ist, dass der Tatbestand des Mordes, wie für eine Qualifikation üblich, den Tatbestand des Totschlags mit umfasst. Der Unrechtsgehalt des § 212 StGB ist mithin im § 211 StGB enthalten und wird um die Mordmerkmale ergänzt. Wenn auch dies nicht zwingend ist, wie etwa das Verhältnis von Raub (§ 249 StGB) und Diebstahls (§ 242 StGB) zueinander offenbaren, so sprechen die besseren Gründe doch insgesamt für die Einordnung des Mordes als Qualifikation des Totschlags.

Die Stellung des § 216 StGB innerhalb des Systems der Tötungsdelikte, lässt sich nach dieser Ansicht ebenfalls überzeugend begründen. § 216 StGB umfasst den Tatbestand des § 212 StGB erfordert jedoch darüber hinaus, dass der Sterbewillige den Täter ausdrücklich und ernsthaft zur Tötung bestimmt hat. Es handelt sich mithin bei § 216 StGB um eine Privilegierung zu § 212 StGB.

Übrigens: § 213 StGB (Minder schwerer Fall des Totschlags) ist kein selbstständiger Tatbestand, sondern vielmehr eine Strafzumessungsregel zu § 212 StGB und wird in der Klausur nach der Schuld geprüft.

II. Zusammentreffen von Mordmerkmalen und einem ernsthaften Tötungsverlangen des Opfers

Einig sind sich Rechtsprechung und Literatur darin, dass § 216 StGB die Anwendung des § 211 StGB sperrt. Demnach schadet das Vorliegen eines Mordmerkmals dem Täter nicht, wenn die Voraussetzungen des § 216 StGB vorliegen. Der Tatentschluss muss aber auch in den Fällen, in denen Mordmerkmale hinzutreten, in einer handlungsleitenden Weise durch das Tötungsverlangen des Opfers verursacht worden sein: Motivieren den Täter neben altruistischen Motiven auch egoistische ökonomische Beweggründe (etwa weil er Erbe ist), beurteilt sich die Einschlägigkeit von § 216 StGB oder § 211 StGB nach der Dominanz der jeweiligen Motive. Steht das Finanzielle im Vordergrund des Motivbündels, ist bereits der normative Zusammenhang zwischen Tötungsverlangen und Tat zu verneinen, sodass ein aus Habgier begangener Mord vorliegt. Kommt dem Motiv der Habgier allein eine untergeordnete Rolle zu, so scheidet eine Strafbarkeit wegen Mordes aus und § 216 StGB kommt zur Anwendung.

III. Die Teilnahme am Mord und die Rolle des § 28 StGB bei täterbezogenen Mordmerkmalen

Besondere Relevanz erfährt der das Verhältnis von Mord und Totschlag betreffende Meinungsstreit, wenn es um die Anwendbarkeit des § 28 StGB im Rahmen der Teilnahme geht. Bei den täterbezogenen Mordmerkmalen (solche der 1. und 3. Gruppe) handelt es sich um besondere persönliche Merkmale im Sinne des § 28 StGB. Grundsätzlich richtet sich die Strafe für Anstifter und Gehilfen nach der für den Täter geltenden Strafandrohung; es gilt insoweit Akzessorietät. Möglicherweisung könnte dieser Grundsatz durch § 28 Abs. 2 StGB durchbrochen werden, sog. Akzessorietätslockerung. Es kommt hierbei entscheidend auf die Frage an, ob die täterbezogenen Mordmerkmale die Strafe begründen (§ 28 Abs. 1 StGB) oder schärfen (§ 28 Abs. 2 StGB).

Prüfungsort: Die Tatbestandsverschiebung ist zwischen Tatbestand und Rechtswidrigkeit zu prüfen!

1. Aus Sicht der Rechtsprechung

Vertritt man mit der Rechtsprechung die Auffassung, dass es sich bei den persönlichen Mordmerkmalen um solche handelt, die die Strafe begründen, so ist die Strafe des Teilnehmers nach §§ 28 Abs. 1, 49 StGB zu mildern.

Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung in Fällen, in denen Täter und Teilnehmer beide unterschiedliche täterbezogene Mordmerkmale verwirklichen und der Teilnehmer Kenntnis von den Mordmerkmalen des Täters hat. Eigentlich wäre die Strafe des Teilnehmers zu mildern, da § 28 Abs. 1 StGB keine Verschärfung der Strafbarkeit des Teilnehmers in Fällen eigener Mordmotive vorsieht. Im Falle der gekreuzten Mordmerkmale verneint die Rechtsprechung die Strafmilderung und verurteilt auch den Teilnehmer wegen Anstiftung oder Beihilfe zum Mord. Sie kann dieses Ergebnis, wenngleich es richtig ist, nicht dogmatisch sauber herleiten, was erneut ein starkes Argument für die Auffassung der Literatur ist.

2. Aus Sicht der Literatur

Mit der überzeugenderen Ansicht der Literatur hingegen schärft das Vorliegen der persönlichen Merkmale die Strafe, sodass die Strafschärfung gemäß § 28 Abs. 2 StGB nur für den Täter oder Teilnehmer gilt, bei dem die persönlichen Mordmerkmale vorliegen. Demnach kann sich der Anstifter wegen Anstiftung zum Mord strafbar machen, auch wenn der Haupttäter selbst nur einen Totschlag verwirklicht hat.

Gleiches gilt für die Privilegierung nach § 216 StGB; diese kommt nur demjenigen zugute, an das Tötungsverlangen gerichtet wurde und für den es bei der Begehung der Tat bestimmend war. Das Merkmal des Bestimmtseins im Sinne des § 216 StGB stellt ebenfalls ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 StGB dar. Mit der Auffassung der Literatur begründet das Bestimmtsein eine Strafmilderung im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB.

IV. kurze Übungsfälle

Nachfolgend sind die verschiedenen Fallkonstellationen der Teilnahme an einem Mord dargestellt, an denen die unterschiedlichen Auffassungen von Rechtsprechung und Literatur deutlich werden. Sie ermöglichen eine Selbstkontrolle, inwieweit der oben dargestellte Streit verinnerlicht wurde.

Fall 1: Täter T handelt mit einem Mordmerkmal (MM) 1./3. Gruppe (täterbezogenes Mordmerkmal), Gehilfe G weiß das nicht, unterstützt T und weist selbst kein MM auf.

Lösung:

Rspr.: G kennt MM des Täters nicht, sodass Strafbarkeit gem. §§ 212, 27 StGB an § 16 StGB scheitert und für ihn nur eine Strafbarkeit gemäß §§ 212 Abs. 1, 27 StGB in Betracht kommt.

Rspr. ist insoweit dogmatisch inkonsequent, da aufgrund der selbständigen Delikte mangels § 211 Abs. 1 StGB eigentlich kein § 212 Abs. 1 StGB vorliegen könnte, daher „Korrektur“, da Beihilfe sonst mangels Haupttat straflos.

Lit.: Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB bei G, Tatbestandsverschiebung von der Qualifikation zum Grundtatbestand, da G kein eigenes MM hat, daher §§ 212, 27 StGB.

Fall 2: Täter T handelt mit MM 1./3. Gruppe, Gehilfe G weiß das, unterstützt T und weist selbst kein MM auf.

Lösung:

Rspr.: G kennt MM des Täters, hat aber kein eigenes. Damit Strafbarkeit gem. §§ 211, 27 StGB. Anwendung von § 28 Abs. 1 StGB, sodass Strafe im Wege der Strafrahmenverschiebung gem. § 28 Abs. 1 StGB zu mildern ist.

Lit.: Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB bei G. Tatbestandsverschiebung von der Qualifikation zum Grundtatbestand, da G kein eigenes MM hat. Im Ergebnis daher eine Strafbarkeit gem. §§ 212, 27 StGB.

Fall 3: Täter T handelt mit MM 1./3. Gruppe, Gehilfe G weiß das nicht, unterstützt T und weist selbst MM 1./3. Gruppe auf.

Lösung:

Rspr.: G kennt MM des Täters nicht, damit scheidet eine Strafbarkeit nach §§ 211, 27 StGB wieder an § 16 StGB. Sein eigenes MM bleibt außer Betracht, sodass sich G gem. §§ 212 Abs. 1, 27 StGB strafbar gemacht hat.

Lit.: Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB bei G. Tatbestandsverschiebung von der Qualifikation zum Grundtatbestand nur dann, falls G kein eigenes MM hat. Hier hat G jedoch ein eigenes MM, daher §§ 211, 27 StGB.

Fall 4: Täter T hat kein MM der 1./3. Gruppe, Gehilfe G weiß das, unterstützt T und hat selbst ein MM der 1./3. Gruppe.

Lösung:

Rspr.: T hat kein Mordmerkmal, damit § 212 Abs. 1 StGB für ihn. G hat eigenes Mordmerkmal, wird aber trotzdem nur nach § 212 StGB bestraft. § 28 Abs. 1 StGB ist nicht anwendbar.

Lit.: Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB, es erfolgt eine Tatbestandsverschiebung vom Grundtatbestand zur Qualifikation, da G ein eigenes MM hat und im Ergebnis daher §§ 211, 27 StGB.

Fall 5: (gekreuzte Mordmerkmale): Täter T hat ein MM der 1./3. Gruppe, Gehilfe G weiß das, unterstützt T und hat ein anderes MM der 1./3. Gruppe.

Hinweis: Der entscheidende Unterschied zu Fall 3 liegt darin, dass der Gehilfe das Mordmerkmal des Täters kennt und somit Beihilfe zu einem Mord leisten will.

Lösung:

Rspr.: Strafbarkeit nach §§ 211, 27 StGB. Darüber hinaus versagt die Rspr. dem Gehilfen die obligatorische Milderung nach § 28 Abs. 1 StGB, da er das MM des T kennt und ebenfalls ein MM der 1./3. Gruppe aufweist, sodass kein Raum für Milderung sei.

Das Problem der gekreuzten Mordmerkmale kann sie nicht dogmatisch schlüssig auflösen. Problem: Nichtanwendung der Rspr. von §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB grenzt an Analogie zulasten des Täters!

Lit.: Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB und Tatbestandsverschiebung von der Qualifikation zum Grundtatbestand nur dann, falls G kein eigenes MM hat. Hier hat G jedoch ein eigenes MM, daher §§ 211, 27 StGB.

05.08.2024/1 Kommentar/von Moritz Augel
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Moritz Augel https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Moritz Augel2024-08-05 06:20:172024-10-11 06:56:00Grundlagenwissen: Das Verhältnis der Tötungsdelikte zueinander
Moritz Augel

Kleidung nach Weisung – Warum die schwarze Hose ein Kündigungsgrund sein kann

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Darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorgeben, welche Kleidung er während der Arbeit zu tragen hat? Eine Frage, deren Antwort in der Reichweite des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts nach § 106 GewO liegt. Wie ist das billige Ermessen des § 106 GewO zu bestimmen und wie wird es durch die Rechtsprechung konkretisiert? Diesen Fragen widmet sich unser Gastautor Moritz Augel. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist dort studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit.

Ein eher kurios anmutender Fall machte kürzlich Schlagzeilen: Eine rote Arbeitsschutzhose wurde zum Gegenstand eines Kündigungsschutzprozesses, mit dem jüngst das Landesarbeitsgericht Düsseldorf befasst war. Die Entscheidung soll nachstehend zusammengefasst werden. Sie soll aber auch zum Anlass genommen werden, um die rechtlichen Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers in Bezug auf Kleidungsvorschriften ganz grundlegend darzustellen.

I. Ausgangspunkt der Betrachtung

Ausgangspunkt der Betrachtung soll zunächst, ob der Aktualität, der jüngst vom LAG Düsseldorf (Urteil vom 21.5.2024 – 3 SLa 224/24) entschiedene Fall sein, in dem es um die Frage ging, ob dem Kläger aufgrund seiner Weigerung eine rote Arbeitsschutzhose zu tragen rechtmäßig gekündigt werden konnte.

1. Der Sachverhalt

Angestellt war der Kläger seit 2014 im Produktionsbereich eines Industriebetriebs. Die betriebliche Kleiderordnung sieht vor, dass für alle Tätigkeiten in Montage, Produktion und Logistik funktionelle Arbeitskleidung, gestellt vom Betrieb, getragen werden muss. Dazu gehört auch eine rote Arbeitsschutzhose. Diese jedoch wollte der 43-jährige Handwerksmeister nicht tragen und weigerte sich beharrlich und trug stattdessen eine schwarze bzw. graue Hose. Infolgedessen wurde er zwei Mal abgemahnt – ohne Erfolg. Der Arbeitgeber sah sich nunmehr zur Kündigung veranlasst und erklärte die ordentliche Kündigung, welche Ende Februar 2024 wirksam wurde – das Ende eines immerhin neun-jährigen Arbeitsverhältnisses. Viel Aufregung um Stoff mag man meinen; insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der Arbeitnehmer zuvor jahrelang die rote Hose getragen hatte.

2. Die Entscheidung

Die 3. Kammer des LAG Düsseldorf, wie auch zuvor das Arbeitsgericht Solingen (Urteil vom 15.3.2024 – 1 Ca 1749/23) entschieden, dass die Kündigung rechtmäßig war. Dem Arbeitgeber habe das Recht zugestanden, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen vorzuschreiben. Die entsprechende Weisung des Arbeitgebers unterliegt dabei gemäß § 106 GewO iVm. § 315 Abs. 3 S. 1 BGB dem billigen Ermessen, sodass eine Abwägung zwischen den wechselseitigen konkreten Interessen des Beschäftigten, sowie denen des Arbeitgebers vorzunehmen ist. Hierbei sind auch im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte, die Wertungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall tritt das ästhetische Empfinden des Kläger nach Auffassung der Gerichte hinter dem Weisungsrecht des Arbeitgebers zurück. Zwar liegt ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) des Arbeitnehmers vor, dieser betrifft jedoch allein die Sozialsphäre, sodass sachliche Gründe den Eingriff rechtfertigen können.

a) Arbeitsschutz

Zunächst führte der Arbeitgeber an, dass die rote Hose der Arbeitssicherheit diene: Rot sei eine Signalfarbe, die in den Hallen besser als dunkle Farben zu sehen sei und damit Zusammenstöße beispielsweise mit umherfahrenden Gabelstaplern verhindert werden sollen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst auch, das Tragen persönlicher Schutzausrüstung anzuweisen (Stück/Zapp, ARP 2022, 84 (84)).

Es gehört nach § 3 Abs. 1 S. 1 ArbSchG zu den Grundpflichten des Arbeitgebers, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Die Normen des ArbSchG konkretisieren dabei den Inhalt der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers nach § 618 BGB. Korrespondierend hierzu besteht die Pflicht des Arbeitnehmers, nach seinen Möglichkeiten, sowie nach Weisung des Arbeitgebers für seine Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu sorgen, § 15 Abs. 1 S. 1 ArbSchG.

Die Signalfarbe rot ist in besonderer Weise dazu geeignet die Sichtbarkeit der Arbeitnehmer zu erhöhen und damit Zusammenstöße mit anderen Arbeitsmitteln zu verhindern. Damit liegt ein sachlicher Grund – die Förderung des Arbeitsschutzes vor.

b) Corporate Identity

Weiterhin stellte die Wahrung der Corporate Identity in den Werkshallen aus Sicht des LAG Düsseldorf einen weiteren sachlichen Grund dar, der den Eingriff in das APR rechtfertigt. Dabei geht es um ein einheitliches Erscheinungsbild nach außen. Die Implementierung einer Corporate Identity durch eine (ungewöhnliche) farbliche Gestaltung der Arbeitskleidung um hierdurch einen werbewirtschaftlich relevanten Wiedererkennungswert bei der Kundschaft zu erzeugen und sich von der Konkurrenz abzusetzen ist rechtlich nicht zu beanstanden (so VG Berlin, Urteil vom 24.3.2015 – 14 K 150.12).

c) Vorverhalten des Klägers

Darüber hinaus spielte auch das Vorverhalten des Klägers eine Rolle, der jahrelang beanstandungslos die rote Hose getragen hatte. Woher der Stimmungswandel kam und warum sich der Mann so beharrlich weigerte war für das Gericht nicht nachvollziehbar.

Insgesamt lagen damit aus Sicht des LAG Düsseldorf ausreichend sachliche Gründe vor, welche den Eingriff rechtfertigen. Letztlich überwog damit am Ende das Beendigungsinteresse des Betriebes – trotz der langen beanstandungsfreien Beschäftigungsdauer. Und das alles, wegen einer roten Arbeitsschutzhose.

II. Grundsätze zur Bekleidung des Arbeitnehmers

Grundsätzlich sind die Arbeitnehmer frei darin, welche Kleidung sie auf der Arbeit tragen, sofern sie nicht gezwungen sind, Schutzkleidung zu tragen. Zwar ist der Arbeitnehmer verpflichtet, sein Äußeres den Gegebenheiten des Arbeitsverhältnisses anzupassen; Anforderungen des Arbeitgebers, kommen jedoch nur in Betracht, wenn die vom Arbeitnehmer übernommene Funktion dies, beispielsweise weil Kundenkontakt besteht, erfordert (Linck, Schaub Arbeitsrechts-Handbuch, § 53, Rn. 21). Sofern kein Publikumsverkehr besteht – und ja, auch darüber hatte bereits ein Arbeitsgericht zu entscheiden – darf daher auch von männlichen Arbeitnehmern an heißen Tagen eine kurze Hose getragen werden (ArbG Mannheim, Urteil vom 16.2.1989 – 7 Ca 222/88). Umgekehrt kann der Arbeitgeber im Verkauf von Waren gehobenen Grades durchaus verlangen, dass der Arbeitnehmer mit Hemd, Krawatte und Sakko zur Arbeit erscheint und das Tragen von Jeans und Turnschuhen unterlässt (LAG Hamm, Urteil vom 22.10.1991 – 13 Ta BV 36/91).

III. Weitere Beispiele, in denen um die Arbeitskleidung gestritten wurde

Der Fall der roten Arbeitsschutzhose mag zunächst ein wenig skurril erscheinen. Tatsächlich sind Streitigkeiten, die die Bekleidung am Arbeitsplatz betreffen recht häufig anzutreffen. Anhand prominenter Beispiele soll die Relevanz dieses Themas aufgezeigt werden:

1. Dienstmützenvorschrift für Piloten

Im Jahr 2014 hatte das BAG über die Frage zu entscheiden, ob männliche Lufthansa-Piloten, anders als ihre weiblichen Kolleginnen verpflichtet sind, in der Öffentlichkeit eine zur Dienstuniform gehörende Mütze zu tragen (BAG, Urteil vom 30.9.2014 – 1 AZR 1083/12). Grundlage hierfür ist eine Betriebsvereinbarung gewesen, die aus Sicht des BAG gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstieß. Unterschiedliche Tragepflichten seien demnach nur gerechtfertigt, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Einen solchen sah das BAG jedoch vorliegend nicht für gegeben an.

Offen gelassen hatte das BAG die Frage, ob in dem Verzicht auf die Tragepflicht der Mütze bei Frauen eine geschlechtsbezogene Benachteiligung im Sinne des § 3 AGG liegt. Das LAG Köln hatte dies zuvor verneint. Die unterschiedliche Ausgestaltung der Dienstkleidung in der Betriebsvereinbarung stelle keine weniger günstigere Behandlung der Männer dar. Dies sei allenfalls dann der Fall, wenn durch die Ausgestaltung der Bekleidungsvorschriften eine unterschiedliche Wertschätzung der Geschlechter zu erkennen ist (Thüsing, MüKo BGB, § 7 AGG, Rn. 2).

Exkurs: Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates für Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Hiervon erfasst ist auch die Verpflichtung zum Tragen von Dienstkleidung. Der Mitbestimmungstatbestand hat grundsätzlich das Ziel, das arbeitgeberseitige Direktionsrecht gegen individuelle Freiheitsrechte des Arbeitnehmers auszutarieren und eine vernünftige Balance zwischen den betrieblichen Ansprüchen und der Individualität der Arbeitnehmer, zu finden (Fischer, NZA-RR 2015, 169 (171)).

[das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gehört regelmäßig nicht zum Pflichtfachstoff des 1. Staatsexamens]

2. Kopftuch

Immer wieder führen Verbote religiöse Bekleidungen wie etwa ein islamisches Kopftuch zu tragen zu Rechtsstreitigkeiten. Dabei spielt insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Rolle, das Benachteiligungen wegen der Religion verbietet (§ 7 Abs. 1 AGG). Eine Benachteiligung liegt demnach vor, wenn eine Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt werden kann. Differenzieren muss man dabei zwischen unmittelbaren Benachteiligungen, also solcher die direkt, an ein verpöntes Merkmal iSd. § 1 AGG anknüpfen (§ 3 Abs. 1 AGG) und mittelbaren  Benachteiligungen, die auf dem Anschein nach neutralen Regelungen beruhen, jedoch bestimmte Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen in besonderer Weise benachteiligen (§ 3 Abs. 2 AGG).

Eine interne Unternehmensregelung, die das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens am Arbeitsplatz verbietet, stellt nach Auffassung des EuGH keine unmittelbare, sondern allein eine mittelbare Diskriminierung dar (EuGH, Urteil vom 14.3.2017 – C-157/15, RS Achbita). Dies jedoch nur unter der Prämisse, dass der Arbeitgeber seine Neutralitätspolitik in kohärenter und systematischer Weise verfolgt. Ferner darf sich ein solches Verbot nur an die Arbeitnehmerinnen richten, die mit Kunden in Kontakt treten und sofern dies der Fall ist, ist vor einer Entlassung stets zu erwägen, ob eine Versetzung auf einen Arbeitsplatz ohne Kundenkontakt möglich ist.

Eine solche mittelbare Benachteiligung kann gerechtfertigt werden, wenn ein rechtmäßiges Ziel verfolgt wird und das gewählte Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Es bedarf insoweit einer Abwägung zwischen der Religionsfreiheit der Arbeitnehmerin, sowie der Unternehmerfreiheit, die grundsätzlich auch den Wunsch des Arbeitgebers erfasst, den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln. Dabei muss der Arbeitgeber in Anbetracht des hohen Stellenwertes des Grundrechts der Religionsfreiheit reale Gefährdungen, konkrete Störungen oder wirtschaftliche Einbußen im Einzelfall darlegen können (BAG, Urteil vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01). Jedenfalls ist eine solche Regelung auf das „unbedingt Erforderliche“ zu begrenzen (EuGH Urteil vom 14.3.2017 – C-157/15).

Ein auf das Tragen auffälliger großflächiger Zeichen beschränktes Verbot kann jedoch eine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung darstellen (EuGH, Urteil vom 15.7.2021 – C-804/18, C-341/19). Die Rechtfertigung einer solchen unmittelbaren Benachteiligung kann allenfalls dann erfolgen, wenn das Verbot durch wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen begründet ist. Eine Anforderung ist dann „entscheidend“ für eine bestimmte berufliche Tätigkeit, wenn die Tätigkeit ohne sie nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Die zusätzliche Einschränkung auf „wesentliche“ Anforderungen soll eine gewisse Erheblichkeitsschwelle statuieren: Hierbei ist ein Vergleich nötig zwischen dem gesamten Aufgabenbereich, der dem Beschäftigten zugewiesen werden soll, und dem Teilbereich, den er auf Grund seiner Benachteiligung nicht ordnungsgemäß ausüben kann (Thüsing, MüKo BGB, § 8 AGG, Rn. 6).

Das Tragen einer Burka wird der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin jedenfalls dann untersagen können, wenn diese auch kommunikativ mit Arbeitskollegen oder – erst recht – mit Kunden arbeitet (Linck, Schaub Arbeitsrechts-Handbuch, § 53, Rn. 21; Brose/Greiner/Preis, NZA 2011, 369 (380). Besonderheiten bestehen darüber hinaus auch in kirchlichen Arbeitsverhältnissen (s. bspw. BAG Urteil vom 24.9.2014 – 5 AZR 611/12).

IV. Summa

Es lässt sich insgesamt konstatieren, dass das Sprichwort „Kleider machen Leute“ und die durch die Bekleidung zum Ausdruck gebrachte Persönlichkeit immer wieder Gegenstand arbeitsgerichtlicher Entscheidungen ist. Dabei gilt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht grundsätzlich erlaubt, sich nach eigenem Belieben zu kleiden. Grenzen bestehen insbesondere dort, wo der Arbeitsschutz es erfordert: Weder ein schönes Paar Schuhe, noch ein Basecap haben etwas auf der Baustelle verloren – hier erfordert der Schutz des Arbeitnehmers das Tragen vom Helm und Schutzschuhen. Auch das Tragen einer mehr oder weniger modischen Warnweste kann hier verpflichtend sein. Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern mit Kundenkontakt erwarten, sich dem Charakter des Handelsgeschäfts und dessen Kundenstamm entsprechend branchenüblich zu kleiden (BAG, Urteil vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01).

Ein freies Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht jedoch gerade nicht. Das Direktionsrecht findet seine Grenzen, wo keine sachlichen Gründe vorliegen, oder die Grundrechte des Arbeitnehmers überwiegen. Festzuhalten bleibt: Die beharrliche Weigerung einer berechtigten Kleiderordnung Folge zu leisten, kann eine Kündigung rechtfertigen – auch, wenn nur um die Farbe geht.

14.06.2024/4 Kommentare/von Moritz Augel
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Moritz Augel https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Moritz Augel2024-06-14 06:49:232024-10-11 06:56:13Kleidung nach Weisung – Warum die schwarze Hose ein Kündigungsgrund sein kann
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I Mai 2024 NRW

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Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur ersten Klausur im Öffentlichen Recht des Mai-Durchgangs 2024 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt

In der kreisfreien Stadt D in NRW gibt es eine Gesamtschule mit einer gymnasialen Oberstufe (G). Die Schule wird von Schülern unterschiedlichster Religionsangehörigkeit besucht. Schon häufiger kam es zwischen den Schülern zu Spannungen auf Grund der verschiedenen Religionen.

Der 18-jährige A besucht die Oberstufe der G und ist seit kurzem Mitglied einer Glaubensgruppe die der Meinung ist, nur sie würden den christlichen Glauben richtig interpretieren. Dazu gehört, laut ihnen, auch das tägliche 10-minütige verpflichtende Gebet zwischen 12 und 13 Uhr. Dafür müssen sie sich auf den Boden vor einer Wand knien und laut beten. Der A fühlt sich demgegenüber verpflichtet und möchte nicht darauf verzichten oder leise beten.

Deswegen sucht er am 22.5 zum ersten Mal einen leeren Flur der Schule auf, um in der Pause diesem verpflichtenden Gebet nachzukommen. Dabei wird er rasch von anderen Schülern bemerkt. Einige fühlen sich davon provoziert und gestört und tun dies lautstark kund, andere wiederum verteidigen vehement diesen christlichen Glauben und schreien die anderen Schüler an. Der A beteiligt sich nicht an diesen Auseinandersetzungen und erscheint auch pünktlich zum Unterrichtsbeginn. Die Auseinandersetzungen sorgen aber dafür, dass der Unterricht nicht reibungslos abläuft.

Die Schulleiterin L zitiert den A deswegen in ihr Büro und ordnet ihm (formell rechtmäßig) ein Verbot des rituellen Betens auf dem Schulgelände, gem. § 43 III 3 SchulG NRW an, außerdem stellt sie ihm in Aussicht das Verstöße dagegen auch erzieherische Maßnahmen oder Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen können.

Der A lässt sich davon nicht beirren und so sucht er auch am 23.5 wieder einen leeren Flur auf, um dem Gebet nachzukommen. Dabei wird er auch wieder von Schülern bemerkt und wieder kommt es zu Auseinandersetzungen an denen A sich nicht beteiligt. Die L ermahnt den A und verweist ihn auf das Gespräch und den angedrohten Konsequenzen vom 22.5.

Auch am darauffolgenden Tag sucht der A wieder den Flur auf um beten zu können. Noch bevor andere Schüler ihn bemerken können, bemerkt die L ihn und zitiert ihn zusammen mit seiner Klassenlehrerin in ihr Büro. Nach Anhörung des A (§ 53 VI iVm § 123 I SchulG NRW) übergibt L dem A den schriftlichen und begründeten Unterrichtsausschluss für zwei Wochen beginnend ab dem folgenden Montag 27.5.

Der A legt noch am gleichen Tag einen formell rechtmäßigen Widerspruch und auch noch am gleichen Tag einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen das Land NRW beim zuständigen Verwaltungsgericht ein.

Laut A würde das Gebetsverbot ihn in seiner Religionsfreiheit aus Art. 4 GG einschränken, außerdem wäre es in Anbetracht der § 2 Abs. 6 Nr. 4 und 7 SchulG NRW Aufgabe der Schule ihm eine freie Religionsausübung zu gewährleisten. Deswegen wäre das Gebetsverbot sowieso rechtswidrig.

Außerdem würde ihn ein Unterrichtsausschluss benachteiligen, da seine Noten aktuell schon nicht gut sind und in Anbetracht der schon in einem Jahr stattfindenden Abiturprüfungen, würde diese harte „Sanktion“ unverhältnismäßig in sein Recht auf Bildung aus Art. 2 und 7 GG, § 1 SchulG NRW eingreifen.

Die G führt dagegen aus, dass sie schon alleine aufgrund der religiösen Neutralität solche rituellen Gebete unterbinden müsse. Deswegen könne das Gebetsverbot gar nicht rechtswidrig sein und wurde deswegen auch rechtmäßig angeordnet. Außerdem könnte sie, wenn der Unterricht gestört wird, nicht mehr ihrer Erziehungs- und Bildungspflicht nachkommen, welche sich aus dem Grundgesetz iVm § 1, § 2 SchulG NRW ergibt.

Frage: Hat der Antrag auf Einstweilige Anordnung des Rechtsschutzes Aussicht auf Erfolg?

Bearbeitervermerk:

– zu prüfen sind NICHT die Landesverfassung NRW, Art. 3 GG

– Aus dem SchulG sind nur die im Sachverhalt genannten Normen zu prüfen, deren Verfassungsmäßigkeit zu unterstellen ist

– unterstellen Sie die Prozess- und Beteiligtenfähigkeit

– Unterstellen Sie, dass der Antrag gegen den richtigen Klagegegner gerichtet ist

03.06.2024/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2024-06-03 13:04:412024-06-03 13:04:46Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I Mai 2024 NRW
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Strafrecht Mai 2024 NRW

Aktuelles, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Strafrecht BT, Verschiedenes

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur Strafrechtsklausur des Mai-Durchgangs 2024 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt

A ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten und beschließt sich auf unredliche Weise Geld zu beschaffen. Dabei erinnert er sich an ein Gespräch mit seiner Freundin F, die ihm beiläufig und ohne Gedanken, erzählte dass ihre 90-jährige Bekannte B in einem kleinem Häusschen am Stadtrand lebt, aber eigentlich eine teure Villa besitzt, in der sich ihre Habseligkeiten befinden. A beschließt, dass B das perfekte Ziel sei. Er schafft es auch tatsächlich, dass die B ihn im Februar zum Kaffee einlädt. Schon kurz nach seiner Ankunft drückt er die B kraftvoll in den Sessel und fesselt sie mit einem mitgebrachten Kabel. Die nächsten 15 Minuten isst der A seinen mitgebrachten Kuchen. Anschließend streicht er sich mit der Gabel über den Arm und suggeriert ihr, dass sie ihm sagen solle wo sich der Schlüssel zur Villa befindet, da er ihr sonst weh tun würde. B ist ihr körperliches Wohlbefinden wichtiger als ihre Besitztümer und sie gibt ihm preis, dass sich der Schlüssel in einer Dose befindet. Alleine hätte A diesen Schlüssel niemals gefunden.

Er lässt die B gefesselt zurück und begibt sich zur Villa. Er betritt diese und findet auch relativ schnell die Schmuckschatullen der B, seine anvisierte Beute, aber ihn packt das schlechte Gewissen der ihm doch sympathischen B gegenüber und er verlässt die Villa wieder ohne etwas einzustecken. Er kommt zeitgleich mit F zum Haus zurück, dessen Tür er nur angelehnt hatte, wo F ihn direkt anherrscht mit „mach sie sofort los!“. A zerschneidet das Kabel und verschwindet. Die B bleibt unverletzt.

Im März, der A hat noch immer kein Geld und ist seines Lebens müde, beschließt er sich das Leben zu nehmen und „seine geliebte F mitzunehmen“.

Dazu lädt er F in sein Wohnmobil ein, die in der Annahme ist, dass die beiden einen romantischen Tag verbringen werden. Blitzschnell und ohne dass F reagieren könnte, gießt der A Benzin über die Sitzecke und die Küche und entzündet es. Das Feuer breitet sich rasch auf den Boden und die Wände aus und durch das Feuer ist der F auch der Weg zur Eingangstüre versperrt. Die F könnte sich alleine nicht mehr befreien. Entgegen seines ursprünglichen Plans entschließt A nun zuerst die F zu retten und dann sich selbst. Er schafft es im hinteren Teil ein Fenster aufzuklappen und hilft erst der F hinauszuklettern und dann sich selbst – das passiert im letzten Moment. Das Wohnmobil ist bereits kurz darauf vollständig ausgebrannt. Der A trägt keine Verletzungen davon, die F lediglich leichte Verbrennungen an den Armen die schnell und ohne Probleme verheilen.

Frage 1: (Wie) Hat sich A bezüglich der Geschehnisse im Februar strafbar gemacht?

Frage 2: (Wie) Hat sich der A bezüglich der Geschehnisse im März strafbar gemacht?

Bearbeitervermerk: die Tatbestände des Abschnitts 17 sind nicht zu prüfen. Die §§ 211, 239, 240, 303 sind nicht zu prüfen!

Fallfortsetzung

A, noch immer mit Geldsorgen, beschließt das hochwertige Lastenrad der F, welches sie ihm zur alleinigen Nutzung überlassen hat, an den gutgläubigen K zu veräußern. Sein Plan ist es anschließend der F darzustellen, dass das Rad gestohlen wurde, damit sie dies ihrer Versicherung (G) melden kann, da er weiß, dass das Rad durch die F versichert wurde. Dabei geht er – zu Unrecht – davon aus, dass das Rad auch gegen Diebstahl versichert ist.

Frage 3: Hat sich der A wegen versuchten Versicherungsbetrugs gem. § 265 StGB strafbar gemacht?

03.06.2024/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2024-06-03 12:54:412024-06-03 12:55:25Gedächtnisprotokoll Strafrecht Mai 2024 NRW
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Zivilrecht III Mai 2024 NRW

Aktuelles, Examensreport, Gesellschaftsrecht, Handelsrecht, Kreditsicherung, Nordrhein-Westfalen, Rechtsgebiete, Sachenrecht, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur dritten Zivilrechtsklausur des Mai-Durchgangs 2024 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung, die den Mai-Durchgang im Zivilrecht komplett macht. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt:

Die Rechtsanwälte A, B und C gründen am 15.1.24 die Rechtsberatungs-oHG (kurz ABC-oHG), welche noch am gleichen Tag ordnungsgemäß ins Handelsregister eingetragen wird. Am 29.1.24 setzen sich A, B und C nochmals zusammen und treffen folgende Vereinbarungen: der C soll die Gesellschaft alleine vertreten können, während der A und B die oHG nur zusammen vertreten können sollen. Aufgrund eines Kanzleiinternen Fehlers wird diese Änderung nicht ins Handelsregister eingetragen.

Am 5.4.24 kommt der E auf Grund einer Rechtsberatung in die Kanzlei und spricht mit dem A – von den Vereinbarungen, die am 29.1.24 getroffen wurden hat der E keine Kenntnis. Der E schildert dem A folgendes:

Sein Vater V hat im Oktober 1992 eine 20-Mark Münze des Kaiserreichs gefunden (damaliger Wert: umgerechnet 375 Euro). Er versuchte nicht den ursprünglichen Eigentümer zu finden und meldete den Fund auch nicht den Behörden. Die Münze bewahrte er in der Gartenlaube auf, welche auf dem gemeinsamen Grundstück von V und F steht. Am 10.6.1998 verstirbt der V und seine Frau F beerbt ihn als Alleinerbin. Die F ging bei der Münze immer davon aus, dass der V die Münze selbst erworben hatte und wusste nichts von dem Fund.

Im Januar 2013 bricht der Dieb D in die Gartenlaube ein und entwendet die Münze. Am 1.5.2014 veräußert der D die Münze an die wohlhabende Witwe W für 500 Euro.

Am 1.8.2015, die W ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten, einigen sich W und K über einen Privatkredit, der ab dem 1.8 in 6 monatlichen Raten iHv 500 Euro zurückgezahlt werden soll. Zur Sicherung des Darlehens, bestellt die W dem K ein Pfandrecht an der Münze, welche den gleichen Wert des Darlehens hat, und übergibt dem K die Münze sogleich.

Am 1.2.2016, die W konnte die Raten bisher nicht zahlen, möchte der K, um das Darlehen zu sichern, die Münze veräußern. Dafür übergibt er die Münze dem Antiquitätenhändler X e.K. (kurz X), damit dieser die Münze „öffentlich versteigern“ kann. Der X führt in seinem Laden häufiger solche Versteigerungen durch, ist aber nicht befugt öffentliche Versteigerungen durchzuführen.

Am 10.3.2016 erhält der Z den Zuschlag für die Münze und der X übergibt dem Z diese so gleich.

Am 10.7.2017 verstirbt die F und der E ist ihr alleiniger Erbe. Der E möchte nun die Münze vom Z herausgegeben haben und ist der Meinung er hätte sie durch den Tod seiner Mutter geerbt.

Der A schlägt dem E vor, dass er den Sachverhalt prüfen werde und, sollte der E einen Herausgabeanspruch haben, ein entsprechendes Schreiben an den Z senden, dies würde er nach seinem Urlaub am 22.4.24 machen. Der E erklärt sich damit einverstanden und die beiden unterschreiben einen Vertrag mit der Überschrift „Mandatschaftsvertrag“ und die beiden einigen sich zudem, dass der E dem A die alleinige Vertretungsmacht gibt.

Der A vermerkt auf der Akte gut leserlich die Frist 22.4.24 und legt diese dem Rechtsanwaltsfachangestellten R, der in der ABC-oHG angestellt ist, aber ausschließlich in der Sphäre des A tätig ist, auf den Schreibtisch damit dieser das Datum in den Fristenkalender eintragen kann.

Der R sieht dies am Montag auch, verliest sich allerdings und trägt in den Fristenkalender eine 2-Monatsfrist ein, anstelle der 2 Wochen.

Als der A am 22.4 aus dem Urlaub zurückkommt, fällt dies nicht auf. Am 6.5.24 erkundigt sich der E telefonisch bei dem A über den Sachstand, welcher sofort am gleichen Tag ein Herausgabeverlangen an den Z übersendet.

Der Z ist der Meinung, dass er das Eigentum an der Münze längst erworben habe und spätestens am 1.5.24 das Eigentum durch Ersitzung habe, da ihm auch die Ersitzungszeit der W zugerechnet werden müsse.

Der E ist sauer darüber und ruft beim C an, da er der Meinung sei er habe einen Anspruch auf 500 Euro gegen die Gesellschaft, da er die Münze sicherlich bekommen hätte, wenn der A das Schreiben rechtzeitig wie vereinbart versendet hätte. Der C meint, dass der geschlossene Vertrag zwischen A und E sowieso nicht gültig sei, da der A ohne den B nicht vertretungsbefugt sei und außerdem hätte das ganze keine Aussicht auf Erfolg gehabt, da der E keinen Herausgabeanspruch gegen den Z gehabt hätte.

Frage 1: Hat der E einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 500 Euro gegen die ABC-oHG?

Frage 2: Nehmen Sie an, der E hätte einen Anspruch aus Frage 1, müsste dann auch der C gegenüber E haften?

27.05.2024/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2024-05-27 07:20:142024-05-27 07:20:19Gedächtnisprotokoll Zivilrecht III Mai 2024 NRW
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Zivilrecht II Mai 2024 NRW

Aktuelles, BGB AT, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Rechtsgebiete, Sachenrecht, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten Zivilrechtsklausur des Mai-Durchgangs 2024 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt Teil I:

Die B betreibt ein Brautmodengeschäft, in welchem sie neue und gebrauchte Brautkleider verkauft. Die B hat eine Angestellte V, welche befugt ist gebrauchte Kleider anzukaufen.

Die Eigentümerin E hat ein ausgefallenes und besonderes Brautkleid, welches sie an B verkaufen möchte. Da ihr der Laden der B zu weit entfernt ist, sucht sie die ihr bekannte V auf um ihr das Kleid zu verkaufen. Die V und die E einigen sich auf einen Kaufpreis von 1000 Euro, den die V aus den Tageseinnahmen der B nimmt, welche sie mitgenommen hatte, um sie bei der Bank einzuzahlen.

Die V, welche bald selbst heiratet, findet Gefallen an dem Kleid und schickt der B Bilder vom Kleid und fragt sie ob sie das Kleid für einen Preis von 1200 Euro verkaufen würde. V und B einigen sich darüber, das Kleid soll sofort der V gehören, allerdings einigen sie sich darüber dass die B das Kleid für die nächsten 2 Wochen in ihrem Schaufenster ausstellen darf.

Wenig später: Die V streitet sich fürchterlich mit ihrer Verlobten und die Hochzeit ist abgesagt. Am gleichen Tag kommt die K in den Laden der B und bekundet Interesse am ausgestellten Kleid. Die V erklärt ihr, dass sie das Kleid haben kann, da es ihr gehören würde und B es lediglich in ihrem Schaufenster ausstellen durfte. Die beiden einigen sich auf einen Kaufpreis von 1.500 Euro, welche in drei monatlichen Raten gezahlt werden sollen. Sie einigen sich darauf, dass die V der K das Kleid noch am gleichen Abend vorbeibringt und sobald die erste Zahlung iHv 500 Euro erhält.

Die B erfährt am nächsten Tag davon und ist gar nicht damit einverstanden. Sie möchte das Kleid noch für die vereinbarte Zeit in ihrem Schaufenster ausstellen.

Frage: Hat B einen Anspruch gegen K?

Sachverhalt Teil II:

Die E veräußert ihr Grundstück wirksam an den H. Die E informiert Nachbarin N darüber, dass sie zu einer dreimonatigen Reise aufbricht, erzählt ihr aber nichts von dem Eigentümerwechsel. Nach der Grundbucheintragung kommt der H in ein Krankenhaus und anschließend in die Reha, so dass die N den Eigentümerwechsel nicht mitbekommt.

Bei einem starken Sturm fällt auf dem Grundstück des H ein großer Apfelbaum um. Da die N weiß, dass die E großen Wert auf Ordnung legt, beauftragt sie den U mit der Beseitigung des Baumes. Er häckselt den Baum klein und verteilt die Späne danach im Rosenbeet des Grundstückes. Die Rechnung in Höhe von 500 Euro begleicht die N sofort, da sie davon ausgeht, dass sie das Geld von der E zurückerhalten wird.

Als die E wiederkommt, informiert sie die N, dass sie nicht mehr Eigentümerin ist und nicht dafür aufkommen wird. Der H möchte auch nicht dafür zahlen, da es sein Plan ist – wie er der E auch bei Übertragung erzählte – das Grundstück verwildern zu lassen um einen natürlichen Lebensraum für Insekten und Vögel zu schaffen. Er hätte den Baum also auf keinen Fall beseitigt sondern liegen lassen.

Frage: Hat die N einen Anspruch gegen E und/oder H?

23.05.2024/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2024-05-23 15:34:162024-05-23 15:35:35Gedächtnisprotokoll Zivilrecht II Mai 2024 NRW
Gastautor

Gewaltsames Blockieren ist nicht Demonstrieren – zum Urteil des BVerwG vom 27.3.2024 – 6 C 1.22

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Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Moritz Augel veröffentlichen zu können. Der Autor ist studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn.

Die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG ist ein konstitutiver Bestandteil unseres demokratischen Gemeinwesens. Sie ist eine der zentralen politischen Grundrechte und gewährleistet eine Einflussnahme auf den politischen Prozess und die öffentliche Meinungsbildung. Über die Grenzen der Versammlungsfreiheit hatte das Bundesverwaltungsgericht im Fall einer versuchten Blockade eines AfD-Bundesparteitags zu entscheiden. Diese Entscheidung eignet sich wunderbar, um die Grundzüge des examensrelevanten Versammlungsrechts zu wiederholen. Dabei geht es sowohl um das Verhältnis zwischen dem allgemeinen Polizeirecht und dem spezielleren Versammlungsrecht als auch den Schutzbereich des Art. 8 GG.

I. Der Sachverhalt (Kurzfassung)

Im Jahr 2016 veranstaltete die AfD auf dem Messegelände Stuttgart einen zweitägigen Bundesparteitag, in dessen Vorfeld die Polizei Kenntnis erlangte, dass bis zu 1000 gewaltbereite Personen aus dem linksautonomen Spektrum Zufahrtswege blockieren und Ausschreitungen begehen wollten. Im Zuge dessen blockierte eine Gruppe von circa 500 Teilnehmern einen Kreisverkehr in der Nähe des Messegeländes, errichtete Barrikaden und zündete Pyrotechnik. Daraufhin wurde die Gruppe von der Polizei eingekesselt und zu einer in der Nähe eingerichteten Gefangenensammelstelle verbracht, wo die Personen erkennungsdienstlich behandelt wurden. Anschließend erhielten die Betroffenen einen Platzverweis und wurden zum circa 16 Kilometer entfernten Bahnhof in Esslingen verbracht. Hiergegen wandte sich der Kläger und begehrte die Feststellung der Rechtswidrigkeit des polizeilichen Handelns.

II. Die Entscheidungen der Vorinstanzen

Zunächst soll ein kurzer Blick auf die Entscheidungen der Vorinstanzen geworfen werden. Die unterschiedlichen Urteile des VG Sigmaringen und des VGH Mannheim zeigen, dass neben der Frage der sogenannten Polizeifestigkeit auch die Eröffnung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG streitig war.

1. VG Sigmaringen, Urt. v. 13.02.2019 – 1 K 4335/17

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen gab der Klage statt. Wegen der Sperrwirkung („Polizeifestigkeit“) [hierzu sogleich unter III.1.] des Versammlungsgesetzes habe die Polizei ihre Maßnahmen nicht auf das Polizeirecht stützen dürfen, ohne zuvor die Versammlung nach § 15 Abs. 3 VersG aufzulösen. [Beachte, dass sich einige Bundesländer, darunter auch Nordrhein-Westfalen, mit dem VersG NRW, eigene Versammlungsgesetze gegeben haben. Das Versammlungsrecht ist seit der Föderalismusreform 2006 der Gesetzgebungskompetenz der Länder zugeordnet, jedoch gilt gemäß Art. 125a Abs. 1 GG das Versammlungsrecht des Bundes fort, sofern nicht ein eigenes Versammlungsgesetz erlassen wurde]

2. VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.2021 – 1 S 803/19

Das Land Baden-Württemberg ging gegen die Entscheidung des VG Sigmaringen in Berufung. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim wies die Klage daraufhin in großen Teilen ab. Grund hierfür: Aus Sicht des VGH stellte das Vorgehen der Demonstranten eine sogenannte „Verhinderungsblockade“ dar, die nicht in den Anwendungsbereich des VersG fällt, da es am tatbestandlich vorausgesetzten Zweck der Meinungsbildung fehlt. Die „Verhinderungsblockade“ ist dabei von der „demonstrativen Blockade“ abzugrenzen. Letztere dienen einem Kommunikationsanliegen, welches durch die Blockade lediglich symbolisch verstärkt wird [hierzu sogleich unter III.2.].

III. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Am 27.03.2024 urteilte schließlich das Bundesverwaltungsgericht und legte in einer sehr differenzierten Entscheidung die Grundlagen des Versammlungsrechts dar.

1. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts

Zunächst widmete sich das BVerwG der Frage, inwiefern die handelnden Beamten das Polizeirecht Baden-Württembergs als Ermächtigungsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen heranziehen durften. Die sogenannte Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts ist eine Ausprägung sowohl des Grundsatzes des Vorrangs eines speziellen Gesetzes (lex specialis), als auch des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Das Versammlungsgesetz geht dem Polizeirecht als Spezialgesetz vor, sodass sich Maßnahmen der Gefahrenabwehr grundsätzlich nach dem Versammlungsgesetz richten müssen. Solange sich eine Person auf einer Versammlung befindet und sich auf die Versammlungsfreiheit berufen kann, ist ein auf das allgemeine Polizeirecht gegründeter Platzverweis unrechtmäßig. Diese Sperrwirkung gilt jedoch nur dann, wenn auch der Schutzbereich des Versammlungsrechts eröffnet ist.

2. Eröffnung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit für Blockaden

Das Bundesverfassungsgericht definiert die Versammlung im Sinne des Art. 8 GG in ständiger Rechtsprechung als örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Ebenso definiert das Bundesverwaltungsgericht den Versammlungsbegriff des § 1 Abs. 1 VersG.

Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob eine derart gemischte Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Blockaden bilden insoweit einen Grenzfall, da jedenfalls auch eine Realwirkung (regelmäßig in Form einer Störung) beabsichtigt ist. Eine Blockade unterfällt dem Schutz von Art. 8 GG, wenn mit ihr ein kommunikatives Anliegen verfolgt wird, durch das am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung teilgenommen wird. Steht jedoch anstelle der Mitwirkung an der Meinungsbildung die Erzwingung des eigenen Vorhabens im Vordergrund der Blockade, so unterfällt diese nicht dem Schutzbereich des Art. 8 GG (BVerfG, Urt. v. 24.10.2001 – 1 BVR 1190/90, NJW 2002, 1031).

Das bloße Stören einer anderen Veranstaltung genügt jedoch nicht, um eine Verhinderungsblockade anzunehmen. Vielmehr unterfallen nur solche Veranstaltungen nicht dem Versammlungsbegriff, die auf die vollständige Verhinderung einer anderen Versammlung abzielen. Es bedarf mithin einer Abgrenzung zwischen den grundsätzlich zulässigen demonstrativen Blockaden und unzulässigen Verhinderungsblockaden. Anders als der VGH Mannheim ließ es das BVerwG vorliegend genügen, dass mit Transparenten und Sprechchören kollektiv Meinungen geäußert wurden. Der VGH hatte demgegenüber die Auffassung vertreten, dass Meinungsäußerungen die bloß bei Gelegenheit einer Verhinderungsblockade stattfinden, keine Versammlung begründen können. Das BVerwG stellt demgegenüber klar, dass der Versammlungscharakter einer Blockade allenfalls dann verneint werden könne, wenn das kommunikative Anliegen und der Einsatz entsprechender Kommunikationsmittel „in handgreiflicher Weise einen bloßen Vorwand darstellen“ (BVerwG, Urt. v. 27.03.2024 – 6 C 1.22, BeckRS 2024, 5595; Rn. 50).

3. Erfordernis der friedlichen Versammlung

Jedoch gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG, ebenso wie Art. 11 Abs. 1 EMRK, nur das Recht, sich friedlich zu versammeln. Unfriedliche Versammlungen, die von Beginn an und durchgehend einen unfriedlichen Charakter haben, bedürfen vor der Anwendung des Polizeirechts keiner Auflösung nach § 15 Abs. 3 VersG. Unfriedlich ist eine Versammlung, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit stattfinden, wie etwa aggressive Ausschreitungen gegen Personen und Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten. Es genügt demgegenüber jedoch nicht, wenn es zu Behinderungen Dritter kommt, seien diese auch gewollt und nicht nur in Kauf genommen. Es muss sich zudem um eine kollektive Unfriedlichkeit handeln, das heißt, die Versammlung muss im Ganzen einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nehmen bzw. der Veranstalter oder sein Anhang müssen einen solchen anstreben oder zumindest billigen. Begehen nur einzelne Versammlungsteilnehmer oder eine Minderheit unter ihnen im Verlauf einer Versammlung Ausschreitungen, bleibt der Schutz der Versammlung mit Blick auf die friedlichen Teilnehmer erhalten. Gegen die störende Minderheit ist vielmehr isoliert vorzugehen (Lembke in JuS 2005, 984 (985)).

Blockaden und Besetzungen sind nicht per se als unfriedlich einzuordnen, soweit sie nicht mit aktiven gewalttätigen Handlungen einhergehen (Wapler in Ridder/Breitbach/Deiseroth, Versammlungsrecht, § 1 VersG, Rn. 39). Unter anderem wegen des Einsatzes von Pyrotechnik gegen die Polizeibeamten war jedoch die konkrete Versammlung nach Ansicht des BVerwG als unfriedlich anzusehen. Während das VG Sigmaringen und der VGH Mannheim noch die Auffassung vertraten, dass das Versammlungsrecht auch für unfriedliche Versammlungen gelte, stellt das Bundesverwaltungsgericht klar, dass bei erkennbar unfriedlichen Versammlungen unmittelbar nach Polizeirecht vorgegangen werden kann (BVerwG, Urt. v. 27.03.2024 – 6 C 1.22, BeckRS 2024, 5595, Rn. 66). Aus diesem Grund bedurfte es keiner versammlungsrechtlichen Auflösungsverfügung, um unter Anwendung des Landespolizeirechts gegen die Störer vorzugehen.

4. Grenzen des polizeilichen Gewahrsams

Hierbei sind jedoch die Grenzen der Normen des Polizeigesetzes Baden-Württemberg zu wahren. Unter anderem erklärte der VGH Mannheim die Verwehrung eines Toilettengangs sowie die Vorenthaltung von Trinkwasser während der polizeilichen Maßnahme für rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht äußerte darüber hinaus Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Dauer des Gewahrsams über fast den ganzen Tag, womit sich nachfolgend nun erneut der VGH zu befassen hat.

IV. Fazit

Die Versammlungsfreiheit umfasst auch demonstrative Blockaden, sofern sie nicht allein der Verhinderung einer anderen Veranstaltung dienen. Kein noch so hehres Ziel erlaubt es jedoch, dabei unfriedlich und gewaltsam vorzugehen. Aus diesem Grund konnte sich die Polizei für das Handeln auf das Landespolizeirecht stützen. Das Urteil hat auch Auswirkungen über den konkreten Einzelfall hinaus: Für friedliche Blockadeaktionen wie etwa das vieldiskutierte „Klimakleben“ dürften mit der Entscheidung letzte Zweifel ausgeräumt sein, dass sie von der Versammlungsfreiheit geschützt sind (so Hohnerlein, becklink 2030351). Das Bundesverwaltungsgericht stärkt damit moderne Protestformen (vgl. hierzu auch die Entscheidung zur Zulässigkeit eines Protestcamps: BVerwG, Urt. v. 24.05.2022 – 6 C 9/20, NVwZ 2022, 1197). An einem lässt das BVerwG jedoch keinen Zweifel: Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung und unterfällt daher auch nicht dem Schutz des Art. 8 GG.

14.05.2024/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2024-05-14 09:39:232024-05-14 11:53:28Gewaltsames Blockieren ist nicht Demonstrieren – zum Urteil des BVerwG vom 27.3.2024 – 6 C 1.22
Monika Krizic

Die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG

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Verkehrsunfälle spielen seit jeher eine bedeutende Rolle im juristischen Alltag, sodass auch die Spezialnormen im StVG für die universitäre Ausbildung und das Examen von enormer Relevanz sind. Insbesondere die Halterhaftung nach § 7 Asb. 1 StVG gehört zum Standarwissen. Der nachfolgende Beitrag soll daher die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG näher durchleuchten und berücksichtigt dabei auch Fälle der jüngsten Rechtsprechung.

Autorin des Gastbeitrags ist Monika Krizic. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn.

I. Kfz

Zunächst bedarf es eines Kraftfahrzeuges. Dies sind gem. § 1 Abs. 2 StVG Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.

II. Anspruchsgegner: Halter

Weiterhin muss der Anspruchsgegner Halter dieses Kfz sein. Halter ist, wer das Fahrzeug nicht nur ganz vorübergehend auf eigene Rechnung hält und die Verfügungsgewalt darüber besitzt (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 2; Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 8). Für die Begründung und den Bestand der Haltereigenschaft kommt es somit nicht auf ein Rechtsgeschäft, sondern vielmehr auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an, welche maßgeblich die Intensität der tatsächlichen Sachherrschaft berücksichtigt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 258).

1. Minderjährigkeit

Entsprechend der Rechtsnatur der Haltereigenschaft, könnten auch beschränkt Geschäftsfähige als Halter qualifiziert werden. Eine solche undifferenzierte Perspektive würde aber den tragenden Pfeilern des zivilrechtlichen Minderjährigenschutzes entgegenstehen.

Daher werden Analogien in Betracht gezogen. Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bei Vergleichbarkeit der Interessenlage voraus. Angesichts der Bedeutung eines umfassenden Minderjährigenschutzes, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Frage planwidrig nicht geregelt hat.

Vor dem Hintergrund des deliktischen Charakters der Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG, könnte eine vergleichbare Interessenlage zu § 828 Abs. 3 BGB bejaht werden (MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, § 833 Rn. 42). Das höhere Schutzniveau für den Minderjährigen bietet aber eine analoge Anwendung der §§ 104 ff. BGB, da nicht auf dessen Einsichtsfähigkeit abgestellt wird, sondern vielmehr stets ein Tätigwerden und Mitwirken der gesetzlichen Vertreter erforderlich ist (Schamberg, JURA 2021, 758, 761).

2. Leasing

Fragen zur Haltereigenschaft ergeben sich aber auch bei den immer beliebter werdenden Leasingverträgen. In diesen verpflichtet sich der Leasinggeber gegenüber dem Leasingnehmer zur Beschaffung und Übergabe eines bestimmten Gegenstandes. Im Gegenzug zahlt der Leasingnehmer die Leasingrate, wodurch sich die Kosten und Ausgaben für den Leasinggeber amortisieren. Das Eigentum verbleibt beim Leasinggeber.

Der BGH hatte die Haltereigenschaft des Leasingnehmers unter bestimmten Voraussetzungen bereits bejaht (BGH, Urt. v. 22.03.1983 – VI ZR 108/81). Begründet wurde dies mit dem Telos des § 7 Abs. 1 StVG und dem Wesen des Leasingvertrags. Haftungsgrund der Norm ist u.a. die von dem Einsatz des Kfz im Verkehr ausgehende Gefahr. Wird nun dem Leasingnehmer die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Fahrzeug überlassen, sodass er dieses nach Belieben zeitlich und örtlich einsetzen kann, ist er in tatsächlicher Hinsicht verantwortlich für die vom Kfz ausgehenden Gefahren, was seine Haltereigenschaft rechtfertigt. Hinzu kommt, dass der Leasingnehmer die Betriebskosten bestreitet und damit das Kfz „für eigene Rechnung“ hält (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 261).

3. Mietvertrag

Anders gestaltet sich die Situation bei Mietverträgen. Hier hängt die Beurteilung vielmehr von den Umständen des Einzelfalles ab. Zieht der Vermieter wirtschaftliche Vorteile und überlasst das Fahrzeug nur für wenige Stunden, einen Tag oder eine bestimmte Fahrt, so hat zwar bei tatsächlicher Betrachtung der Mieter die tatsächliche Sachherrschaft inne, jedoch wird das Fahrzeug immer noch auf Rechnung des Vermieters verwendet (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 283). Zumal ein Kfz auch dann „gebraucht“ wird, wenn man es nicht selber fährt, sondern etwa gegen einen Mietzins einer anderen Person überlässt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 259).

4. Sicherungsübereignung

Durch die Sicherungsübereignung wird der Sicherungsnehmer Eigentümer des Kfz. Gleichwohl fährt der Sicherungsgeber weiterhin in eigener Verfügungsgewalt und trägt die Betriebskosten. Grundsätzlich bleibt der Sicherungsgeber also Halter. Die Haltereigenschaft des Sicherungsnehmers ergibt sich nur dann, wenn er das Kfz zu eigenen Zwecken nutzt und für die Betriebskosten einsteht (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 282).

III. Betriebsspezifische Gefahr

Der Schaden muss bei Betrieb des Kfz entstanden sein. Die Realisierung dieser typischen Betriebsgefahr entspricht insoweit dem Schutzzweck der Norm. Während nach der früheren maschinentechnischen Auffassung erforderlich war, dass der Motor läuft und sich das Kfz bewegt, genügt es nach der heute herrschenden verkehrstechnischen Auffassung, wenn sich das Kfz im öffentlichen Verkehrsraum bewegt oder in verkehrsbeeinflussender Weise darin ruht (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 51). Die Subsumtion kann an dieser Stelle durchaus schwerfallen. Im Laufe der Zeit haben sich im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmales unterschiedliche Fallgruppen herauskristallisiert, die aber stets den Umständen des Einzelfalls hinreichend Rechnung tragen müssen. Einige sollen hier zur Veranschaulichung und besserem Verständnis dargestellt werden.

1. Fahrzeuge mit Arbeitsfunktion

Erfüllt ein Kfz neben der Fortbewegung noch weitere Funktionen, so kann sich die Realisierung der betriebsspezifischen Gefahr als problematisch erweisen.

a) Aktuelle Beispiele aus der Rechtsprechung

Beispiel 1 (BGH, Urt. v. 18.07.2023 – VI ZR 16/23)

Unternehmer B ist Halter eines Traubenvollernters und wurde als solcher von K zur Weinlese beauftragt. Allerdings wies der Traubenvollernter ein Leck in der Dieselleitung auf, wodurch die gesamte Ernte verunreinigt wurde.

Beispiel 2 (OLG Celle, Urt. v. 15.11.2023 – 14 U 56/23)

A hatte bei B Heizöl bestellt. Indes zeigten die Füllstandsanzeigen an den Tanks von A nicht den tatsächlichen Füllstand auf, sodass infolge der Befüllung Öl austrat und Gebäude sowie Grundstück von A beschädigte.

Beispiel 3 (BGH, Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15)

A hatte bei B Heizöl bestellt und wollte sich dieses anliefern lassen. Am Liefertermin stellte B den Tanklastwagen vor dem Haus von A auf der öffentlichen Straße ab und verband die Öltanks des Fahrzeugs mithilfe eines Schlauchs mit Öleinfüllstutzen am Haus des A. Jedoch konnte es zu keiner Beladung des Öltanks kommen, da ein Verbindungsschlauch undicht war. Dies hatte wiederum zur Folge, dass das Öl nach allen Seiten herausspritze und letztendlich auch Hausfassade und Küche von A sowie die öffentliche Straße verschmutzte.

In allen drei Fällen hatten die Gerichte stets auf Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 StVG verwiesen. So ist die Gefährdungshaftung der „Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Fahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen“ (BGH, Urt. v. 18.07.2023 – VI ZR 16/23, Rn. 10).

Hinsichtlich Beispiel 1 könnte auf den ersten Blick die Realisierung der Betriebsgefahr bejaht werden, schließlich fuhr der Traubenvollernter durch die Weinberge und verunreinigte die Trauben noch während genau dieser Fahrt. Darauf hatte sich auch das Berufungsgericht (OLG Koblenz, Urt. v. 12.12.2022 – 12 U 636/22) bezogen und betont, dass nicht nur die Maschinen zur Ernteleistung, sondern der Wagen als solcher in Bewegung war. Dem wurde aber entgegengehalten, dass das Fahren durch die Weinberge gerade der bestimmungsgemäßen Arbeitsfunktion der Maschine diente und sich folglich allein diesem Zweck unterordnete. Die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Traubenvollernters hatte damit keine eigenständige Rolle inne. Hinzu kommt auch noch, dass sich der Traubenvollernter während des schädigenden Ereignisses auf einer privaten Verkehrsfläche, fernab des öffentlichen Straßenverkehrs befand und sich folglich nicht die Gefahren realisiert haben, die von dem Traubenvollernter in seiner Eigenschaft als Verkehrsmittel hervorgehen.

Letzteres trifft vorliegend auch auf Beispiel 2 zu, das dem OLG Celle zuletzt zur Entscheidung vorlag. Gefahren für den Verkehr, für die § 7 Abs. 1 StVG schadlos halten will, verwirklichen sich auch dann nicht, wenn ein völlig anderer Gefahrenbereich betroffen ist. So resultierten die Schäden in Beispiel 2 aus den falschen Füllanzeigen des Tanks, nicht aber aus dem Tanklastwagen selber oder seinem Entladevorgang.

Anders sieht die Situation in Fallbeispiel 3 aus. Der BGH führte dabei aus, dass nicht der Einsatz des Motors für den Betrieb der Ölpumpe ausschlaggebend war, sondern vielmehr die Tatsache, dass der Tankwagen seinen Entladevorgang im öffentlichen Verkehrsraum verrichtete. Mithin war durch den auf der öffentlichen Straße stehenden Tankwagen auch der öffentliche Verkehr gefährdet und damit der Schutzzweck von § 7 Abs. 1 StVG tangiert (BGH, Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15, Rn. 15).

b) Zwischenfazit

Die vorliegenden Beispiele zeigen, dass eine Beurteilung nach starren Kriterien wie z.B. Stehen oder Fahren ins Leere gehen. Vielmehr muss untersucht werden, ob sich Gefahren des Fahrzeugs als Verkehrsmittel oder reine Arbeitsmaschine verwirklichen (Beispiel 1), das Kfz nur rein zufällig in einen anderen Gefahrenkreis involviert ist (Beispiel 2) oder diejenigen Schutzgüter betroffen sind, nach denen die Haftungsvorschrift einen Ausgleichsanspruch gewähren soll (Beispiel 3) (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 14).

2. Stehendes Kfz

Beispiel 4 (BGH, Urt. v. 12.12.2023 – VI ZR 76/23)

K stellte sein Fahrzeug innerorts an einer Straße mit leichtem Gefälle ab. Oberhalb dessen war das Fahrzeug des B geparkt, von dem nachts brennendes Benzin auslief und die Straße herunterfloss. Infolgedessen gerieten beide Fahrzeuge in einen Brand, wodurch das Fahrzeug von K zerstört wurde.

Das OLG hatte vor dem Hintergrund der weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals einen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG bejaht. So reiche es aus, dass der Unfall in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zu einem Betriebsvorgang, hier dem Einparken, stehe. Allerdings wurde im Rahmen dessen die Beweislast von K durch das OLG verkannt. Durch das Auslaufen des Benzins bestand nur ein räumlicher Zusammenhang, die Ursache des Brandes selber blieb aber ungeklärt. Umstände, aus denen sich schließen lässt, dass der Brand auf einen Betriebsvorgang des Autos zurückzuführen ist, ergeben sich nicht.

3. Fahrzeugteile

Beispiel 5 (BGH, Urt. v. 24.01.2023 – VI ZR 1234/20)

B brachte seinen Elektroroller zur Inspektion in die Werkstatt von W. Der dort angestellte M entnahm die Batterie aus dem Elektroroller, um diese aufzuladen. Als M bemerkte, dass sich die Batterie stark erhitzte, trennte er sie vom Stromnetz und wollte sie abkühlen lassen. Gleichwohl explodierte die Batterie und setzte das Gebäude von W in Brand.

Auch einzelne Fahrzeugteile können beim Betrieb des Kfz einen Schaden verursachen, wenn sie mit einem Verkehrsvorgang zusammenhängen. So etwa das Abfallen des Auspuffs während der Fahrt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 134). In Beispiel 4 führte der BGH aus, dass die Explosion nicht mehr in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Rollers stand. Gerade weil die Batterie bereits aus dem Roller ausgebaut war, fehle es am örtlichen und zeitlichen Zusammenhang der Explosion mit einem Betriebsvorgang (BGH, Urt. v. 24.01.2023 – VI ZR 1234/20, Rn. 10).

III. Haftungsausschluss

Ausschlusstatbestände für die Halterhaftung ergeben sich aus §§ 7 Abs. 2 und 3, 8 StVG.

1. Höhere Gewalt

Zunächst ist die Halterhaftung gem. § 7 Abs. 2 StVG bei höherer Gewalt ausgeschlossen. Dabei ist höhere Gewalt zu definieren als ein „außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen dritter Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis, das mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch nach den Umständen durch äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann und das auch nicht im Hinblick auf reine Häufigkeit in Kauf genommen werden muss“ (BGH, Urt. v. 17.10.1985 – III ZR 99/84, Rn. 17).

§ 7 Abs. 2 StVG ist folglich nur bei Vorgängen einschlägig, die außerhalb des Kfz und dessen Betrieb beruhen. Dazu gehören neben Naturereignissen auch technische Versagen wie etwa Explosionen (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 356). Lag ein unabwendbares Ereignis vor, muss zusätzlich auch noch das Einhalten der gebotenen Sorgfalt dargelegt werden (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 358).

2. Unbefugte Benutzung

Daneben kann ein Haftungsausschluss auch im Falle der sog. Schwarzfahrt eintreten. Hierzu trifft § 7 Abs. 3 StVG differenzierte Regelungen.

Wird das Kfz von einem völlig unbekannten Dritten in Gebrauch genommen, so wird nur dieser Anspruchsgegner. Eine Haftung des Halters scheidet in diesem Fall gem. § 7 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 StVG aus.

Hat der Halter hingegen die Benutzung des Kfz durch den Dritten schuldhaft ermöglicht, so können Halter und Dritter als Gesamtschuldner haften, § 7 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 StVG. Für das Verschulden genügt bloße Fahrlässigkeit. Gem. § 14 Abs. 2 S. 2 StVO sind Fahrzeuge gegen unbefugte Benutzung zu sichern.

Schließlich ist noch der Fall des Exzesses des befugten Benutzers in § 7 Abs. 3 S. 2 StVG normiert. Ist der Benutzer vom Halter für den Betrieb des Kfz angestellt oder ist ihm dieser überlassen worden, so haftet der Halter weiterhin aus § 7 Abs. 1 StVG. Erfasst ist vor allen Dingen die Konstellation, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer oder Angestellten die Befugnis einräumt, das Kfz zu verwenden (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 322).

3. Ausnahmen

Ausdrücklich normierte Haftungsausschlüsse finden sich ebenfalls in § 8 StVG wieder. Nach § 8 Nr. 2 StVG ist ein Ersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Kfz tätig war.

Beispiel 6 (BGH, Urt. v. 12.01.2021 – VI ZR 662/20)

A ist Halter eines Fahrzeugs, das für ihn behindertengerecht umgebaut wurde. Als A nach einem Arztbesuch zu seinem geparkten Kfz gelangen möchte, muss er feststellen, dass dieses von einem anderen zugeparkt wurde, sodass A mit seinem Rollstuhl nicht mehr an die Fahrertür gelangen kann.

B möchte A helfen und bietet ihm an, sein Fahrzeug aus der Parklücke zu fahren. A willigt ein, macht B aber deutlich, dass es sich um ein umgebautes Fahrzeug handelt, dessen Gas und Bremse mit der Hand bedient werden. B schenkt den Worten des A nicht hinreichend Beachtung und verliert kurze Zeit später die Kontrolle über das Fahrzeug. Infolgedessen wird das dahinterstehende Kfz des B beschädigt.

In teleologischer Hinsicht will die Ausnahmevorschrift dem Umstand Rechnung tragen, dass derjenige, der sich bewusst den Gefahren eines Kfz aussetzt, nicht den besonderen Schutz der Gefährdungshaftung verdient (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 203). Dazu gehören u.a. Personen, die sich beim Be- und Entladen, Tanken oder einer Reparatur beteiligen (Wandt/Schwart, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 26). Im vorliegenden Fall war fraglich, ob § 8 Nr. 2 StVG auch dann eingreift, wenn der Kraftfahrzeugführer mit einem fremden Kfz sein eigenes Fahrzeug beschädigt.

Zum Teil wird dies mit der Begründung abgelehnt, dass das beschädigte Fahrzeug nicht freiwillig, sondern nur zufällig dem Gefahrenbereich des geführten Fahrzeugs ausgesetzt sei. Im Gegensatz zu Personenschäden könne bei einem solchen Sachschaden von einem freiwilligen Aussetzen in den Gefahrenbereich nicht die Rede sein (Hentschel/König/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 8 Rn. 4).

Dem hielt der BGH aber entgegen, dass § 8 Nr. 2 StVG sowohl seinem Wortlaut als auch seiner teleologischen Zweckrichtung nach auf Personen- sowie Sachschäden anwendbar sei, wobei im konkreten Fall stets Einzelfallumstände zu würdigen seien. In Fallbeispiel 5 hat sich B bewusst für das Ausparken entschieden, womit er auch wusste, dass er sein danebenstehendes Fahrzeug diesem Gefahrenbereich aussetzte.

4. Unabwendbares Ereignis

Blättert man weiter im StVG, so findet sich § 17 Abs. 3. Im Vergleich zu § 7 Abs. 2 StVG handelt es sich um eine einfacherer zu erreichende Enthaftung, welche aber nur im Verhältnis zu den Ansprüchen von anderen Kfz-Haltern, -Führern und -Eigentümern gilt und damit im haftungsausfüllenden Tatbestand zu thematisieren ist (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 19).

Demnach scheidet die Ersatzpflicht bei einem unabwendbaren Ereignis aus. Nach § 17 Abs. 3 S. 1 und 2 StVG gilt ein Ereignis als unabwendbar, wenn es nicht auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kfz oder einem Versagen seiner Einrichtungen beruht und der Halter sowie der Führer des Kfz jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben. Sinn und Zweck dieser Norm ist es, den Idealfahrer trotz der typischen Betriebsgefahr von der Haftung freizustellen (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 205). Im Gegensatz zu § 276 Abs. 1 und 2 BGB muss ein Handeln an den Tag gelegt werden, dass der Umsichtigkeit und Aufmerksamkeit eines Idealfahrers entspricht, sich aber noch im Rahmen des Menschenmöglichen bewegt (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 20). So ist etwa dem Fahrer eines Kfz bei einer plötzlichen Gefahrenlage ein „Schreckzeit“ zu gewähren (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 377).

5. Konkludenter Haftungsausschluss

Schließlich kann sich eine Enthaftung auch aus einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung ergeben. Dabei besteht aber gem. § 8a S. 1 StVG bei entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderungen ein Verbot des Haftungsausschlusses. Umgekehrt kann bei unentgeltlicher Beförderung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB eine strengere oder mildere Haftung vereinbart werden. Insbesondere bei Gefälligkeitsfahrten kann sich eine konkludierte Haftungsbeschränkung ergeben (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 204).

IV. Fazit

Es zeigt sich also, dass die Halterhaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG in vielerlei Hinsicht für eine Klausur geeignet ist. Sowohl das Können in der teleologischen Argumentation als auch systematisches Gesetzesverständnis lassen sich daran gut abprüfen. Mit einem strukturierten Aufbau, gerade im Prüfungspunkt „Betriebsspezifische Gefahr“, lassen sich die Fälle jedoch gut meistern und wer dazu  die aktuelle Rechtsprechung, gerade vor der mündlichen Prüfung, im Blick behält, sollte gut für die Prüfung gerüstet sein.

23.04.2024/1 Kommentar/von Monika Krizic
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Monika Krizic https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Monika Krizic2024-04-23 08:00:002024-11-27 18:21:45Die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG
Dr. Marius Schäfer

Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 4/4

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Der Verfasser ist u. a. seit 2013 als Korrektor für den Klausurenkurs bzw. für das schriftliche/gecoachte Probeexamen im Fachbereich Rechtswissenschaften an der Universität Bonn sowie seit 2021 als nebenamtliches Prüfungsmitglied für das Erste und Zweite Juristische Staatsexamen bei dem Landesprüfungsamt für Juristen Rheinland-Pfalz tätig.

Fortsetzung des Artikels vom 23.02.2024.

Klausurbearbeitung im Zweiten Staatsexamen

Die zuvor erläuterten Hinweise gelten selbstverständlich entsprechend für die Klausurbearbeitung auch im Zweiten Staatsexamen. Dennoch gilt es diesbezüglich, auf weitere Besonderheiten einzugehen, welche charakteristisch für verwaltungsgerichtliche oder behördliche bzw. anwaltliche Klausuren im Assessorexamen sind.

Anwaltliche bzw. behördliche Klausur

Die hier inbegriffenen Klausuren haben vor allem einen beratenden Charakter, da zumeist entweder ein Mandant einen anwaltlichen Rat oder aber ein Behördenleiter eine juristische Stellungnahme vom Klausurbearbeiter hinsichtlich des weiteren rechtlichen Vorgehens erwartet. Entsprechend sollte der erste Gliederungspunkt mit der korrekten und einschlägigen Bezeichnung als „Mandantenbegehren“ oder „Arbeitsauftrag“ benannt werden. Unprofessionell wirkt es, wenn in einer behördlichen Klausur vom Mandantenbegehren die Rede ist, obwohl es sich bei dem behördeninternen Vorgesetzen gerade nicht um einen Mandanten handelt. Noch unverständlicher wirkt es auf den Korrektor, wenn die Verwendung des Gutachtenstils im anschließend zu fertigenden Gutachten zu den Erfolgsaussichten eines Antrages, eines Widerspruchs oder einer Klage konsequent ausgelassen und ausschließlich im Urteilsstil begutachtet wird. Gerne vergessen wird, dass Anträge im Assessorexamen häufig zunächst einer Auslegung unterzogen werden müssen. Kaum mehr vernünftige Erläuterungen liest man als Prüfer an der Stelle des zweckmäßigen Vorgehens zu prozess- und kostentaktischen Aspekten, was den Schluss zulässt, dass fast alle Bearbeiter durchweg so gut wie gar nicht zu wissen scheinen, was sie hierzu zu Papier bringen sollen. Ein Mangel in der juristischen Ausbildung zeigt sich zuletzt auch bei der Anfertigung des praktischen Teils in Gestalt eines Bescheides, Widerspruchsbescheides, einer Antrags- bzw. Klageerwiderung oder Klageschrift bzw. Widerspruchserhebung, welcher oftmals nur noch in Eile und unter Verwendung von zu weitgehenden Verweisen auf den gutachtlichen Teil abgefasst wird. Zwar ist dem Korrektor der häufig unmenschliche Umfang einer Klausur durchaus bewusst, doch ändert dies nichts an dem anzuwendenden Bewertungsmaßstab, sodass der Prüfling sein Augenmerk darauflegen sollte, eine möglichst vollständige und lückenlose Klausurbearbeitung fertigzustellen, um zumindest eine praktisch brauchbare Lösung abzuliefern. Dazu gehören nicht zuletzt auch die Nebenentscheidungen, etwa die Entscheidung über die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO), die Entscheidung zum Verwaltungszwang sowie die Kostenentscheidung bei einem Ausgangsbescheid. Es sollten im Ansatz zumindest auch eher selten anzutreffende Klausurgestaltungen bekannt sein, wie z. B. die Anfertigung eines Abhilfe- bzw. Beschwerdebescheides oder Vorlageberichtes. Aufgrund des noch umfangreicheren Inhalts solcher Klausuren im Vergleich zum Ersten Staatsexamen, kommen den Hinweisen des Bearbeitervermerks sowie dem Zeitmanagement eine jeweils noch größere Bedeutung zu, was wiederum eine gewisse Übung zwecks effektiver Zeiteinteilung voraussetzt.

Verwaltungsgerichtliche Klausur

In der Regel dürfte hier ein Urteil anzufertigen sein, bestehend aus dem Rubrum, dem Tenor, dem Tatbestand sowie den Entscheidungsgründen zu sämtlichen Haupt- und Nebenentscheidungen. Zuweilen kann aber auch die Anfertigung eines Beschlusses im vorläufigen Rechtsschutzverfahren verlangt sein. Eher selten gefordert wird das Erstellen eines Vorlage-, Prozesskostenhilfe-, Normenkontroll-, Berufungszulassungs- oder Beschwerdebeschlusses. Auch der Gerichtsbescheid fristet ein eher kümmerliches Dasein in der juristischen Klausurenpraxis, kommt aber durchaus vor. Häufiger als das Erstellen eines Gerichtsbescheids wird aber etwa die Anfertigung eines Urteils nach einem Antrag auf mündliche Verhandlung infolge eines Gerichtsbescheides verlangt. Hier gilt es, die prozessualen Besonderheiten im praktischen Entwurf korrekt einzukleiden. So gehört der Sachverhalt zum Ergehen des Gerichtsbescheides in die große Prozessgeschichte nach dem Beklagtenvorbringen. Darüber hinaus ist zu Beginn der Entscheidungsgründe festzustellen, dass der Gerichtsbescheid aufgrund des rechtzeitigen Antrages auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gemäß § 84 Abs. 3 Hs. 2 VwGO als nicht ergangen gilt und deshalb durch Urteil über die Klage zu entscheiden ist. Da diese Klausuren vor allem von Praktikern korrigiert werden, sind die Bewertungsmaßstäbe hier besonders streng, sodass gerade die Formalien der gerichtlichen Entscheidung unbedingt korrekt sein und wenigstens die Ausführungen zum Tenor Sinn ergeben müssen. Nicht vernachlässigt werden sollte der Tatbestand, da es Prüfer gibt, die bei einer lückenhaften Darstellung dessen sodann auch den Entscheidungsgründen insgesamt wegen fehlender Verwertbarkeit eine großzügige Bewertung versagen. Die relevanten Informationen für den Tatbestand lassen sich oft wortwörtlich der Prüfungsakte entnehmen und sollten sachgerecht übernommen werden. Die Entscheidungsgründe müssen ausreichend fundierte aber letztlich zielgerichtete Ausführungen im Urteilsstil enthalten, gerne auch mit aus den einschlägigen Kommentaren abgeschriebenen Passagen. Eine vollständige Entscheidung wissen die meisten Korrektoren zu schätzen, denn speziell bei den verwaltungsgerichtlichen Klausuren kommt es nicht auf den bis ins Kleinste ausgeführten Meinungsstreit, sondern die praktische Brauchbarkeit der Bearbeitung an, angefangen mit der lückenlosen Darstellung von Rubrum bis zur Rechtsmittelbelehrung.

Hinweise für die mündliche Prüfung

Den Schlusspunkt setzt die am Ende der jeweiligen Ausbildung stehende mündliche Prüfung, die schon allein aufgrund des nicht unerheblichen prozentualen Anteils an der Gesamtbewertung keinesfalls unterschätzt werden sollte, obwohl es sich dabei nur um lediglich einen Prüfungstag handelt.

Vorbereitung

Die Protokolle der vorangegangenen Prüfungen zu den namentlich im Voraus bekannten Prüfern sind auf entsprechenden Web-Seiten oder den Studentenvertretungen zu erhalten und helfen dabei, nicht nur die späteren Prüfungsinhalte, sondern auch die Persönlichkeit des Prüfers besser einschätzen zu können. Ratsam kann es sein, sich zudem das berufliche Umfeld des Prüfers anzuschauen, denn was liegt näher für einen Prüfer, als Fälle aus der eigenen Erfahrung heraus in die Prüfung einfließen zu lassen? Handelt es sich z. B. um einen hauptamtlichen Richter, dann sollten wenigstens die einschlägigen Pressemitteilungen seines Gerichtszweiges der letzten Monate Eingang in die Prüfungsvorbereitungen finden – übertrieben bis übergriffig wäre aber etwa der Besuch einer mündlichen Verhandlung dieses Richters.

Vorgespräch

In der Regel führen die Examenskandidaten der Reihe nach vor Beginn der Prüfung ein Gespräch mit dem Prüfungsvorsitzenden, in welchem dem jeweilige Prüfling Gelegenheit gegeben wird, seinen juristischen und vielleicht auch sonstigen Werdegang zu schildern sowie die weiteren Ziele und Wünsche hierfür auch in Bezug auf den anstehenden Prüfungstag zu äußern. Dies dient dazu, dass zumindest der Vorsitzende der Prüfung einen näheren Eindruck der Kandidaten gewinnen kann, um etwa auch im Verlauf der Prüfung besser auf deren Persönlichkeit eingehen zu können. Die Gelegenheit zu diesem offenen Gespräch sollte von jedem Prüfling genutzt werden, um über das persönliche Empfinden im Vorfeld der Prüfung zu sprechen, denn in der Regel sind die Vorsitzenden der Prüfungskommissionen besonders wohlwollende und verständnisvolle Persönlichkeiten. Zudem sei an dieser Stelle angemerkt, dass auch die übrigen Prüfer die jeweiligen Vorpunktzahlen der Examenskandidaten aus den schriftlichen Prüfungen kennen. Die Diskussion um die Fairness der teilweise auch aus dieser Kenntnis heraus entstehenden Bewertungen soll jedoch an dieser Stelle schon allein deswegen nicht dargestellt werden, da diese äußerst selten zu Ungunsten der Kandidaten ausfällt und durch die mündliche Prüfung ohnehin zumeist eine Punktesteigerung eintritt.

Aktenvortrag

Nach dem etwa zehn- bis fünfzehnminütigen Gespräch wird der zu Prüfende alsbald in den Vorbereitungsraum gebeten, um den Kurzvortrag vorzubereiten, sofern dieser von der einschlägigen Prüfungsordnung vorgesehen ist. Die Tendenz zeigt allerdings, dass diese Aktenvorträge allmählich aus den Prüfungsordnungen zum Ersten Staatsexamen verschwinden, was die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung erheblich vereinfacht, denn diese beinhaltet ansonsten einen nicht unerheblichen weiteren Übungsaufwand. Spätestens aber zum Zweiten Staatsexamen werden sämtliche Examenskandidaten letztlich unweigerlich mit diesem Prüfungsteil konfrontiert. Wegen der äußerst kurz bemessenen Vorbereitungs- und Vortragszeit ist für den Aktenvortrag noch viel mehr als im Rahmen der schriftlichen Prüfung eine Fokussierung auf die wesentlichen Punkte ausschlaggebend für eine positive Bewertung. Ein strukturiertes Vorgehen erlangt hier also eine noch größere Bedeutung als im Rahmen der schriftlichen Prüfungen, sodass grundsätzlich kurze und prägnante Informationen zu geben sind, während lediglich die problematischen Punkte einer näheren Ausführung bedürfen. Entscheidend für eine positive Beurteilung durch die Prüfungskommission ist, dass man als Vortragender die Prüfer, welche die Prüfungsakte mit Sachverhalt und Lösung zwar bereits Tage zuvor erhalten aber hierzu keine eingehende Prüfung vorgenommen haben dürften, “an der Hand führt“ und in der sehr knapp bemessenen Zeit durch den Sachverhalt und die Lösung in verständlichen und effektiven Worten begleitet. Das Zeitmanagement hierzu lässt sich daher nur durch eine gezielte Vorbereitung erlernen, was sich jedoch wunderbar in Lerngruppen erarbeiten lässt. Die Zeiteinteilung ist eminent wichtig, sodass der Vortrag ungefähr folgendermaßen getaktet werden sollte:

  • Einleitung (0:00-0:30 min.)
  • Sachverhalt (0:30-4:30 min.)
  • Allgemeiner Entscheidungsvorschlag (4:30-4:40 min.)
  • Rechtliche Würdigung (4:40-9:40 min.)
  • Konkreter Entscheidungsvorschlag (9:40-9:55 min.)
  • Abschließender Gruß (9:55-10:00 min.)

Mit einer solchen Einteilung verbleibt dem Vortragenden ein großzügiger Puffer von circa zwei Minuten, denn letztlich gilt die ungefähre Maßgabe, dass ein Vortrag nicht länger als 12 Minuten dauern sollte. Selbstredend ist die Zeiteinteilung nicht der einzige Punkt, auf den ungeachtet des ohnehin wichtigen fachlichen Teils ein Augenmerk zu richten ist. Trotz der allseits angestrebten Objektivität sei aus Sicht eines Prüfers doch zugegeben, dass man sich von einem souveränen Aktenvortrag beeindrucken bzw. von einem sprachlich und strukturell fehlgehenden Kurzvortrag verschrecken lässt. Für den ersten Eindruck wird der Examenskandidaten selten eine zweite Chance erhalten, sodass bereits der Aktenvortrag zumindest mit Blick auf das Auftreten und die groben Punkte stimmen sollte. Nicht zuletzt gehört zu diesem Eindruck, neben einem souveränen und freundlichen Auftreten, auch immer noch eine angemessene Bekleidung.

Teilprüfungen

Sodann werden die Examenskandidaten je vorgesehenem Rechtsgebiet von einem Kommissionsmitglied geprüft. Auf den einzelnen Kandidaten sollen dabei für jedes Rechtsgebiet circa 10 Minuten entfallen, was eine faire Verteilung der Prüfungszeit durch den Prüfer voraussetzt. Sollte die Prüfungsordnung ein Wahlfach vorsehen, wie es häufig im Zweiten Staatsexamen der Fall ist, beginnen die einzelnen Prüfungen in der Regel mit diesem entsprechenden Abschnitt. Dazu sei gesagt, dass es besonders peinlich wirkt und sich der Prüfling an dieser Stelle insofern auch den kompletten Prüfungstag nahezu ruinieren kann, wenn dieser im Wahlfach nicht sattelfest wirkt, etwa weil er noch nicht einmal über eine grobe Übersicht zu den dies beinhaltenden Themen verfügt. Ohne eine angemessene Vorbereitung wird man insbesondere hier auf Unverständnis der Kommissionsmitglieder bei einer schwachen Leistung stoßen. Die allermeisten Prüfer teilen den Kandidaten einen oder mehrere Fälle schriftlich aus bzw. mündlich mit und stellen hierzu ihre mehr oder weniger üblichen Fragen. Gerade bei erfahrenen Prüfern wiederholen sich diese Fälle oft. Gelegentlich fragen einige Prüfer die Kandidaten auch über aktuelle oder datumsspezifische historische Ereignisse aus, sodass sich ein Blick auf eine Reihe unterschiedlicher Pressemedien lohnen kann, um wenigstens kurzzeitig eine (juristische) Allgemeinbildung dem Schein nach vorzuweisen. Die Prüfungsreihenfolge der Kandidaten kann von Prüfer zu Prüfer variieren. Manche Kommissionsmitglieder bevorzugen eine strikte Reihenfolge, während andere einen freien Diskurs präferieren. Über das Studium der Prüfungsprotokolle ist man als Kandidat aber auch hierauf bestens vorbereitet.

Bewertung

Nach jeder Teilprüfung werden die Prüflinge für einen kurzen Zeitraum nach draußen gebeten, in dem die Kommissionsmitglieder über die einzelnen Teilpunkte der vorangegangenen Prüfung beraten. Im Anschluss an die letzte Teilprüfung werden alle Punktzahlen zusammengerechnet und bei Grenzfällen oft noch einmal “ein Auge zugedrückt“, um einen Kandidaten nicht kurz vor einer bedeutsamen Hürde vor einem Punkte- oder Notensprung scheitern zu lassen. Zwar sehen Prüfungsordnungen auch sogenannte Sozialpunkte vor, doch sind diese Fälle, in denen es hierüber zu einer Sonderbewertung gekommen ist, eine absolute Ausnahme. Abgeschlossen wird die Prüfung mit der Verkündung der Prüfungsergebnisse und den herzlichen Gratulationen der Kommissionsmitglieder, verbunden mit den besten Wünschen für die weitere Zukunft der hoffentlich erfolgreichen Absolventen.

Abschließende Worte

Das Erlernen von juristischem Wissen alleine macht aus einem Studenten weder einen guten Juristen noch lässt sich damit allein eine rechtswissenschaftliche Prüfung bestehen. Vielmehr muss dieses Wissen zielgerichtet und sachgerecht angewendet werden und einem Korrektor, der trotz allen Unkenrufen zum Trotz (noch) ein Mensch ist, nahegebracht werden. Solange eine computerbasierte KI Klausuren nicht korrigiert oder mündliche Prüfungen abnimmt, muss es für den Prüfling in erster Linie darum gehen, den menschlichen Korrektor von seinen juristischen Fertigkeiten sach- und zielgerichtet zu überzeugen. Hierfür müssen zumindest die oben dargestellten Grundlagen beachtet werden, ohne die dem Prüfer Zweifel an den Fähigkeiten des Examenskandidaten kommen werden. Immerhin vermag es ein Prüfer aus Fleisch und Blut, sich von der Leistung des Prüflings einen Gesamteindruck zu verschaffen, den es schließlich zu bewerten gilt und welcher bestenfalls zum Positiven ausfällt. Examenskandidaten haben in dem Zusammenspiel mit dem Prüfer einen weit größeren Einfluss auf die Bewertung ihrer Leistung, als ihnen manchmal bewusst ist.

01.03.2024/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2024-03-01 12:28:302024-03-01 12:28:34Das juristische Staatsexamen im Öffentlichen Recht aus der Perspektive des Prüfers – Teil 4/4
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