Rechtsprechungsüberblick in Strafsachen
Im Folgenden eine Übersicht über im Januar veröffentlichte, interessante Entscheidungen des BGH in Strafsachen (materielles Recht).
I. BGH, Beschluss vom 23. September 2014 – 4 StR 92/14
Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, ist nicht Führer des Kraftfahrzeugs im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO (Leitsatz des Gerichts; zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
II. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 1 StR 31/14
Die falsche Eintragung von Privatpersonen in die Kfz-Zulassungsbescheinigung Teil I und II als letzte Fahrzeughalter trotz fehlender Haltereigenschaft und Verfügungsberechtigung stellt (ebenso wie beim Vorgängerdokument der Zulassungsbescheinigung Teil II, dem Fahrzeugbrief) keine Falschbeurkundung im Amt dar. Denn diese beiden Umstände stellen nicht solche Tatsachen dar, auf die sich der öffentliche Glaube des Dokuments, d.h. die volle Beweiswirkung für und gegen jedermann, erstreckt (zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
III. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 4 StR 213/14
Der vertypte Strafmilderungsgrund des § 46a Nr. 1 StGB (Täter-Opfer-Ausgleich) ist auf den vorsätzlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) nicht anwendbar, da § 46a StGB in der ersten Variante einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer erfordert. Dieser ist bei dem Gefährdungsdelikt des § 315b StGB nicht möglich, da es sich hierbei um ein „opferloses“ Delikt handelt, welches dem Schutz des öffentlichen Straßenverkehrs dient, während die in der Norm aufgezählten Individualrechtsgüter (Leben, Gesundheit und bedeutende Sachwerte der durch den Eingriff betroffenen Verkehrsteilnehmer) lediglich faktisch mitgeschützt werden (zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
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Zum Schluss noch eine prozessuale Entscheidung zum examensrelevanten Umfang des Verwertungsverbots nach § 252 StPO:
IV. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 4 ARs 21/14
Der 4. Senat hält auf den gegenteiligen Anfragebeschluss des 2. Strafsenats (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Einführung und Verwertung von Angaben eines früher richterlich vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO Gebrauch gemacht hat, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson auch ohne vorherige qualifizierte Belehrung des Zeugen über die spätere Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage zulässig ist. Eine solche qualifizierte Belehrung sei in den Vorschriften über die Vernehmung von Zeugen nicht vorgesehen und es fehle auch an einer gesetzlichen Regelungslücke. Die Vorschrift des § 252 StPO, die der strittigen Rechtsfrage zugrunde liege, bezwecke nicht den Schutz des Angeklagten, sondern des Zeugen. Einem Zeugen sei jedoch jedenfalls bei einer richterlichen Vernehmung im Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen einen Angehörigen hinreichend bewusst , dass eine – nach Belehrung gemäß § 52 Abs.3 StPO und in freier Entscheidung – getätigte Aussage für das weitere Verfahren und die Frage, ob der Angeklagte auch aufgrund dieser Aussage verurteilt werden kann, Bedeutung erlangen kann.
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