Zivilrecht ZI – Februar 2016 – 1. Staatsexamen NRW, Hessen, Hamburg
Nachfolgend erhaltet ihr nun auch ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Zivilrecht des 1. Staatsexamens im Februar 2016 in NRW und Hessen und Hamburg. Vielen Dank hierfür. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Der Kunst e.V. (im folgenden: V) ist ein Verein mit dem Zweck der Förderung der Kunst. A und B sind laut Satzung einzelvertretungsbefugte Vorstände des V. Ihre Stellung als Vorstand sowie ihre Vertretungsbefugnisse sind im Vereinsregister eingetragen.
A veranstaltet ohne Absprache ab Februar 2015 eine Ausstellung. Diese Ausstellung führt zu Auseinandersetzungen innerhalb des Vereins. Im Folgenden wird A bei einer rechtmäßig einberufenen Mitgliederversammlung wirksam als Vorstand abberufen. Als neues Vorstandsmitglied wird C gewählt. C nimmt die Wahl an. Änderungen im Vereinsregister werden nicht vorgenommen.
Im Frühjahr 2015 stellt der Maler M eines seiner Gemälde dem Verein für die Ausstellung zur Verfügung. Es wird vereinbart, dass V das Gemälde auch veräußern und Eigentum übertragen dürfe.
Im Juni ruft M bei B an und erklärt diesem gegenüber, dass das Gemälde nun nicht mehr veräußert werden dürfe und das Gemälde sofort – auch wenn die Ausstellung noch nicht vorbei sei – an M zurückgelangen sollte. B sagt M dies zu, vergisst aber diese Information innerhalb des Vereins weiterzuleiten.
Im August 2015 besucht Kunstsammler K die Ausstellung in den Räumen des V. Er trifft auf den ihm schon seit langem bekannten A, von dem er weiß, dass A immer sehr um den Verein bemüht ist. K weiß nichts von der Abberufung des A als Vorstand. K findet gefallen an dem Gemälde des M und möchte es für seine Sammlung erwerben. Er äußert gegenüber A, er wolle das Gemälde für 5.000€ (was dem Wert des Bildes entspricht) erwerben. A, der denkt dem M einen Gefallen zu tun, ist einverstanden und verkauft das Gemälde „im Namen des V“. Es wird vereinbart, dass K das Gemälde zu Ende der Ausstellung (31. Oktober 2015) abholen soll und den Kaufpreis auch dann bei Abholung bezahlen soll. Bis dahin wird vereinbart, dass das Gemälde leihweise für die Ausstellung bei V verbleibt. In der folgenden Zeit erwirbt K einen extra für das Bild angepassten Bilderrahmen für 500€.
Anfang Oktober lässt C beim Umhängen der Bilder das Gemälde des M leicht fahrlässig fallen. Die Leinwand wird erheblich beschädigt. Die Restaurierungskosten würden sich richtigerweise auf 2.000€ belaufen.
Als M Anfang Dezember von den Vorkommnissen erfährt, erklärt er, dass er dem V eine Frist zur Restaurierung und Rückgabe des Bildes bis zum 16. Januar 2016 setze. Außerdem sagt er, er könne den K schon seit jeher nicht ausstehen. Der K dürfe das Bild auf keinen Fall bekommen.
In der Folgezeit kommt es weder zu einer Restaurierung des Bildes und Übergabe an M, noch zur Übergabe an K.
1. Frage: Welche Ansprücke hat K gegen V?
2. Frage: Welche Ansprüche hat M gegen V?
Bearbeitervermerk: Gehen Sie (ggf. hilfsgutachterlich) auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Fragen in einem Gutachten ein
Teil 2 (wohl nur in Hamburg):
In der Folgezeit kommt es zur juristischen Auseinandersetzung zwischen V und M. Vor dem Landgericht wird ein Vergleich geschlossen, wonach das Bild bei V verbleibt und M Schadensersatz i.H.v. 3.000 ¤ an M leistet. V hat sich dabei eine Widerrufsfrist bis zum 15.02.2016 einräumen lassen, damit die Mitglieder über den Vergleich abstimmen können. Als am 15.02.2016 noch immer keine Entscheidung getroffen ist, wendet sich Rechtsanwalt R, der V vor dem landgericht vertritt, an seinen Kollegen S, dem Anwalt des M, mit der Bitte, die Frist um eine Woche zu verlängern. S ist jedoch im Urlaub und nicht zu erreichen. Deswegen wendet sich R an M. M ist milde gestimmt und stimmt der Fristverlängerung um eine Woche zu. Ein entsprechendes unterschriebnes Schreiben faxt er R sofort zu, der es an das LG weiterleitet. Am 22.02.2015 stimmen die Mitglieder des V gegen den Vergleich. Am selben Tag erklärt R dem LG den Widerruf des Vergleichs.
Aufgabe 3: Muss V an M 3.000 ¤ aus dem Vergleich zahlen?
Hey!
Hat jemand ein paar Tipps bzgl. dieses Falles oder eine Skizze zum Lernen/zur Lernüberprüfung?
Fühle mich zugangslos zu diesem Fall 🙂
Danke
Hier mein Vorschlag zu Teil 1, Vervollständigungen gern gesehen
1. K gegen V:
Anspruch aus §284 BGB
– inzident §§281, 283 BGB
hier 283 BGB
– Schuldverhältnis? => §433 BGB
=> K und A schlossen einen KV, A war zwar kein Vorstand mehr, aber wegen §§164 (eigene WE, Offenkundigkeit, Vertretungsmacht), 68 BGB Vertragsschluß +, K war zudem gutgläubig
– Pflichtverletzung / Vertretenmüssen
V hat gemäß §278 (31) BGB Unmöglichkeit zu vertreten, die dadurch eintrat, dass M nicht genehmigen würde an K.
– Schaden
positives Interesse/ Differenzhypothese, noch kein Schaden eingetreten
– Aufwendung getätigt
=> freiwillige Vermögenseinbuße, Rahmen für 400 Euro +
Argument: Wäre unbillig, 284 erst zuzulassen, sobald KP gezahlt wurde
Anspruch aus 985?
Nein, ursprünglich war M Eigentümer und Einigung mit V wohl nur auf Leihe. K hat bis dato noch keinen unmittelbaren Besitz erlangt, daher iE auch 933 –
Anspruch aus Delikt -, noch kein Schaden und wenn, dann nur Vermögensschaden.
1. M gegen V?
– §§280 Abs. I,31, 598 BGB +
– berechtigte GoA scheidet aus, weil V ja beauftragt wurde, das Bild veräußern zu dürfen
– 985? V hat RzB aus Leihe
1. Ich denke A hatte zwar nach § 68 Vertretungsmacht gegenüber dem V aber der V hatte keine Vertretungsmacht von M, da dieser den Auftrag nach § 671 widerrufen hat und die Vollmacht dann nach § 168 erlischt (B war Empfangsvertreter für V nach § 164 III)
Die Ansprüche des K gegen V würden sich dann aus § 179 iVm § 284 bzgl des Rahmens ergeben. (Erfüllung nach § 275 I unmöglich)
2. Bei M gegen V würde ich für die Restaurierungskosten auch § 598, 280 I prüfen. Würde fragen ob der Leihvertrag durch Kündigung nach § 605 erloschen ist, allerdings war bei der Erklärung gegenüber B die Nr. 2 noch nicht einschlägig. Deshalb § 280 +
Wegen des RzB würde §989 zu diesem Zeitpunkt ausscheiden. Sperrwirkung liegt deshalb nicht vor und § 823 I wäre somit erfüllt.
Für Rückgabe wäre § 604 I ab Ende der Ausstellung möglich. Das RzB wäre durch die in der zweiten Rückforderung liegende Kündigung oder Zeitablauf entfallen weshalb § 985 möglich ist.
Warum wäre 823 I erfüllt? Der Schaden für K liegt doch in der Aufwendung, mithin ein reiner Vermögensschaden.
Weil § 823 schon unter dem punkt m gegen v steht.
Im Zeitpunkt der Beschädigung hatte V doch kein RzB? Das könnte später höchstens wieder neu entstanden sein?
Das „Stück“ lief auch so in HB
Habt ihr bei Aufgabe 1 nicht mit einem Primäranspruch auf Übergabe und Überwignung des Bildes aus 433 angefangen?
Fraglich scheint mir auch, ob V für M mittelbarer Stellvertreter ist.
Dann würden sich die Ansprüche nicht nach 179 sondern nach anfänglicher Unmöglichkeit richten.