Im Nachfolgenden erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der dritten gelaufenen Klausur im Zivilrecht des 1. Staatsexamens im Februar 2016 in NRW. Vielen Dank hierfür. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Fall 1:
A ist alleiniger Komplementär der V-KG mit Sitz in Bonn. Die V-KG ist alleinige Gesellschafterin der X-GmbH, die Elektroersatzteile verkauft. Die X-GmbH besitzt als wesentliche Vermögenswerte ein Grundstück in Düsseldorf mit einem für den Betrieb nötigen Geschäftsgebäude und einer Lagerhalle.
Am 30. Januar 2014 veräußert und überträgt die V-KG alle Geschäftsanteile an der X-GmbH an K zu einem Preis von 500.000€. Der Kaufvertrag wird notariell beurkundet. K entrichtet den Kaufpreis noch am selben Tag. Ebenfalls am 30. Januar übergibt A dem K die Schlüssel für die Gebäude auf dem Grundstück der X-GmbH.
Im Oktober 2015 stellt sich heraus, dass das Dach der Lagerhalle bei deren Errichtung im Jahre 2009 unter Missachtung aller branchenüblichen Standards grob unsachgemäß installiert wurde.
Da keine akute Einsturzgefahr besteht, lässt K das Dach der Lagerhalle nicht sofort reparieren. Er setzt der V-KG jedoch eine vierwöchige Frist zur Behebung der Probleme. Die V-KG ist hierzu nicht bereit. A räumt zwar ein, dass mit der Veräußerung der Anteile auch die wesentlichen Gebäude verkauft wurden. Jedoch könne sich K jetzt nicht wegen jeder Kleinigkeit, die ihm missfällt, an A wenden. Wenn das so wäre, würde doch niemand solche Verträge schließen. Außerdem sagt A, dass die Probleme mit dem Dach der Halle weder von ihm noch von den Mitarbeitern der V-KG erkannt werden konnten.
Als nach Ablauf der Frist immer noch nichts geschehen ist, lässt K das Dach selber reparieren. Die Reparatur dauert 3 Wochen und kostet ihn 80.000€.
K lässt durch seinen Anwalt Klage gegen A erheben. Die Klage wird am 30. Januar 2016 bei Gericht eingereicht und geht dem A am 3. Februar 2016 zu. Der Anwalt des K hatte K geraten nur A zu verklagen, da bei der V-KG ohnehin nicht viel zu holen sei.
K verlangt von A Erstattung der Kosten. A ist hierzu nicht bereit. Er sagt, die Klage sei ohnehin zu spät eingereicht worden und außerdem hätte sich die Klage nicht nur gegen ihn wenden dürfen. K hält das für quatsch. Außerdem müsse § 129 I HGB einschränkend ausgelegt werden.
A erklärt weiter, dass die V-KG (was stimmt) einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 10.000€ gegen K habe, weil dieser aus Wut auf dem Gelände der V-KG in Bonn randaliert und vorsätzlich Schäden verursacht hätte. Es müsse abgewartet werden, ob die V-KG diesen Anspruch geltend mache und für den Fall, dass wider jeglicher Vermutung etwas an K gezahlt werden müsse, gegen diese Forderung aufrechne. Diese Einrede stünde dem A dann zumindest zu. Das ergebe sich schon aus § 129 III HGB.
Frage: Ist die zulässige Klage des K gegen A begründet?
Fall 2:
E ist Eigentümer eines Grundstückes.
Im April 2015 verkauft er dieses Grundstück für 200.000€ an B. Der Kaufvertrag wird notariell beurkundet. Ebenso wird im notariellen Kaufvertrag die Auflassung erklärt. B bezahlt sofort den Kaufpreis und wird in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen.
Im Oktober 2015 verkauft B das Grundstück an C zu einem Preis von 250.000€. Der Kaufvertrag wird notariell beurkundet und die Auflassung erklärt. Ebenso wird dem C eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen. C entrichtet den Kaufpreis.
Im Dezember 2015 wendet sich der Anwalt des E an C und verlangt Rückübertragung des Grundstückes auf E. Es stellt sich durch Vorlage eines ärztlichen Attests und weiterer Dokumente heraus, dass E seit Jahren unerkannt geisteskrank ist und keine Willenserklärungen mehr abgeben kann.
C ist hierzu nicht bereit und er will immer noch Eigentümer des Grundstücles werden. Er beantragt im Januar 2016 die Eintragung ins Grundbuch. C wird im Februar 2016 ins Grundbuch eingetragen.
Frage: Kann E (vertreten durch seinen Betreuer) von C Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuches verlangen? Auf § 1902 BGB wird hingewiesen.
Bearbeitervermerk: Nehmen Sie zu allen in den Sachverhalten aufgeworfenen rechtlichen Fragestellungen in einem Gutachten, ggf. hilfsgutachterlich Stellung.
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