Notiz: KG Berlin verneint Streupflicht auf Abkürzungswegen
Angesichts der aktuellen Hitzewelle thematisch nicht ganz passend, aber dafür rechtlich immer aktuell: die Streupflicht. Wir haben bereits mehrfach zu examensrelevanten Entscheidungen rund um Räum- und Streupflichten berichtet. Sowohl im öffentlichen Recht als auch im Zivilrecht lassen sich hierzu Fälle stellen.
Zivilrechtliche Grundlagen einer Streupflicht für Grundstückseigentümer
Die Räum- und Streupflicht für öffentliche Gehwege wird üblicherweise – etwa durch kommunale Satzung – auf die privaten Anlieger der Straße übertragen. Darüber hinaus – und dies ist sicherlich die in der Klausur häufiger vorkommende Variante – kann eine Streupflicht private Grundstücksbesitzer über die allgemeine deliktsrechtliche Konstruktion einer Verkehrssicherungspflicht treffen (s. hierzu ausführlich MüKo-BGB/Wagner, 5. Auflage 2009, § 823 BGB Rn. 448 ff.), insbesondere bei nicht-öffentlichen Gehwegen. Es handelt sich dann um originäre Streupflichten, also nicht um eine Pflicht, die sich von der des Staates ableitet.
Entscheidung des KG Berlin
Vor diesem Hintergrund lehnte das KG Berlin (Urteil vom 23.04.2014 – 11 U 12/13) eine Räum- und Streupflicht für Abkürzungswege ab, zumindest wenn ein ordnungsgemäß geräumter Weg zur Verfügung steht. Die Orientierungssätze des Urteils lauten:
1. Eine Räum- und Streupflicht auf einer Abkürzung außerhalb des geräumten Gehweges kommt nur dann in Betracht, wenn diese Abkürzung vom Grundstückseigentümer jedenfalls teilweise geräumt wurde und dadurch bei Passanten den Eindruck erwecken konnte, dass dieser Weg sicher passierbar ist.
2. Der Verkehrssicherungspflichtige muss als Normadressat der örtlichen Straßengesetze aus dem Wortlaut der Norm zweifelsfrei entnehmen können, in wieweit sich dessen Räum- und Streupflicht erstreckt. Hält er sich an diese Vorgaben, so liegt kein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vor.
3. Sofern ein Passant aus Bequemlichkeit eine Abkürzung benutzt, obwohl ihm ein geräumter und gestreuter Weg zur Verfügung steht, so kann dies nicht auf Gefahr des Verkehrssicherungspflichtigen hin geschehen.
Lesehinweise
Zur Vertiefung des Themas Räum- und Streupflichten sei auf nachfolgende ältere Beiträge hingewiesen:
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!