Alle Jahre wieder kommt das Silvesterfeuerwerk
Alle Jahre wieder steht das Silvesterfeuerwerk mit Böllern und Feuerwerksraketen vor der Tür. Es ist gut, sich über den Umfang, aber auch über die Grenzen seiner Sorgfalts- bzw. Verkehrssicherungspflichten im Klaren zu sein.
OLG Schleswig: Eltern dürfen 7 1/2 -jährigem Kind nicht das Abbrennen von Feuerwerkskörpern gestatten
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschied in einem Urteil aus dem Jahr 1997 (5 U 123/97), dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzen und nach § 832 BGB haften, wenn sie einem 7 1/2-jährigen Jungen das selbständige Abbrennen von Feuerwerkskörpern gestatten. Die Aufsichtspflicht der Eltern erstrecke sich bis dahin, dass sie bei der Teilnahme am Silvesterfeuerwerk ein Kind dieses Alters nicht aus den Augen lassen dürfen und in Rechnung zu stellen und zu verhindern haben, dass Blindgänger gesucht und erneut gezündet werden.
Sorgfaltspflichten beim Entzünden von Raketen in der Neujahrsnacht
Der BGH hat in einem Urteil aus dem Jahr 1985 (VI ZR 71/84) den Umfang und die Grenzen der Verkehrssicherungspflichten beim Zünden von Feuerwerkskörpern in der Silvesternacht konkretisiert.
Der BGH in seinem Urteil:
Insbesondere müssen die Personen, die ein Feuerwerk entzünden, einen Standort wählen, von dem aus andere Personen oder Sachen nicht (ernsthaft) gefährdet werden. Da niemals ein Fehlstart von Raketen völlig ausgeschlossen werden kann, muss beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern ein Platz gewählt werden, von dem aus etwa fehlgehende Raketen aller Voraussicht nach keinen nennenswerten Schaden anrichten können.
In der Silversternacht sind darüber hinaus die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern herabgesetzt. Alle Verkehrssicherungspflichten sind grundsätzlich unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu bemessen (BGHZ 34, 206 (206) = NJW 1961, 868). Maßstab für die Verkehrssicherungspflicht ist zwar das zum Schutz von Gefährdeten Erforderliche; jedoch richtet sich das auch danach, welche Maßnahmen diese zu ihrem Schutz vernünftigerweise erwarten können und welche Vorsorge ihnen selbst zum eigenen Schutz möglich und zumutbar ist. Der Verkehrssicherungspflichtige hat daher nur die Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein vernünftiger Angehöriger eines bestimmten Verkehrskreises erwarten darf (BGH, VersR 1967, 1196 (1197); 1972, 559 (560); 1975, 812 und 1981, 482; Mertens, VersR 1980, 402). In der Silvesternacht ist es zulässig und in allen Städten und Gemeinden üblich, nichterlaubnispflichtige Feuerwerkskörper zu zünden. Auf diesen Brauch richtet sich der Verkehr ein, auch was – in vernünftigen Grenzen – die Maßnahmen zum Selbstschutz betrifft. Das entbindet zwar den, der ein Feuerwerk abbrennt, nicht von der Verantwortung dafür, die Feuerwerksköper nur bestimmungsgemäß und unter Beachtung der Gebrauchsanleitung, insbesondere unter Einhaltung der vom Herstellerverlangten Sicherheitsvorkehrungen zu verwenden. Ebensowenig ist er davon befreit, sorgfältig auf besondere Umstände zu achten, aufgrund derer das Abbrennen des Feuerwerks an der von ihm ausgewählten Stelle mit Gefahren verbunden sein kann, die nach Art und Umfang über diejenigen Gefahren hinausgehen, welche trotz vorschriftsmäßiger Handhabung nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Soweit es aber nur um „normale“ Gefährdungen durch erlaubnisfreie Feuerwerkskörper für Personen geht, die sich im Freien in der Nähe der Abschußstellen aufhalten und sich auf das Feuerwerk einstellen können, begründen diese im allgemeinen keine Haftungsverantwortlichkeit. Jeder vernünftige Mensch, der dem Silvesterfeuerwerk zuschaut, richtet sich auf derartige Gefährdungen selbst ein, sofern sie nicht aus Richtungen kommen, aus denen er sie nicht zu erwarten braucht, oder aufgrund anderer besonderer Umstände das Maß der normalerweise zu erwartenden Gefahr übersteigen. Vorkehrungen zum Schutz auch dieses Personenkreises vor den „normalen“ Gefährdungen bedarf es deshalb nicht, jedenfalls nicht in der Neujahrsnacht.
BGH: Kein nachbarrechtlicher Ausgleichanspruch bei Schaden durch Feuerwerksrakete
In einem Urteil vom 18. September 2009 (V ZR 75/08) hat der BGH entschieden, dass dem Eigentümer eines Grundstücks (bzw. dessen Versicherer aus übergegangenem Recht) kein Anspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zusteht, wenn der Nachbar in der Neujahrsnacht eine Feuerwerksrakete zündet und diese ohne Verschulden des Nachbars ein auf dem Nachbargrundstück stehendes Gebäude in Brand setzt. Siehe hierzu auch unseren Artikel zum BGH Urteil.
Viel Erfolg beim Entzünden der Feuerwerksraketen, viel Freude beim Silvesterfeuerwerk und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2011!
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