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Schlagwortarchiv für: Typische Examensfehler

Dr. Marius Schäfer

Typische Examensfehler: Zivilrecht (Teil 2)

Examensvorbereitung, Verschiedenes, Zivilrecht

Typische Examensfehler: Zivilrecht (Teil 2)
Die meisten Missgeschicke, die Examenskandidaten innerhalb von (Examens-)Klausuren begehen, lassen sich ohne weiteres vermeiden. Oftmals sind es auch immer wieder die gleichen damit verbundenen Probleme, auf welche die Klausurbearbeiter dabei stoßen. Daher soll dieser Beitrag einen Einblick zu den Erfahrungen gewähren, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Korrektor bei der Examensvorbereitung der Universität Bonn sammeln konnte, um eine Hilfestellung für alle zukünftigen Examenskandidaten zu liefern. Dem ein oder andere mag sich in Bezug auf diese Hinweise so einiges als selbstverständlich vorkommen, doch kann ich euch versichern: Das ist es leider nicht!
Nachdem euch zuvor bereits Artikel zu allgemeinen Examensfehler sowie zu Examensfehlern auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts und des Strafrechts präsentiert wurden, ist es nun an der Zeit, sich dem letzten Rechtsgebiet zu widmen, indem euch einige Hinweise zu Klausuren im Bereich des Zivilrechts (siehe auch Teil 1) gegeben werden. Zwar lässt sich die unten dargestellte Liste insbesondere für das Zivilrecht noch weitaus umfassender erweitern, doch hoffe ich, dass euch die folgenden Punkte schon um einen entscheidenden Schritt im Rahmen eurer Examensvorbereitung weiterbringen können.
IV. Schuldrecht (Vertragliche Schuldverhältnisse)

  • (Aktuelle) Rechtsprechung: Gerade für die vertraglichen Schuldverhältnisse solltet ihr die aktuelle Rechtsprechung verfolgen und euch dort entschiedene Fallgestaltungen merken, denn diese finden äußerst zügig Eingang in Examensklausuren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Frage nach der Erstattungsfähigkeit der Ein- und Ausbaukosten im Rahmen des Nacherfüllungsanspruches (auch: Fliesen-Fall, siehe hier).
  • Gewährleistungsrecht: Der Anspruch aus § 283 BGB ist zumindest gedanklich immer vor dem aus § 281 BGB zu prüfen.
  • Gestaltungsrechte: Es gibt keinen „Anspruch auf Minderung“, ebenso wie es keinen „Anspruch auf Rücktritt“ gibt.
  • Gewährleistungsausschluss: Hierbei ist § 442 BGB vor § 444 BGB zu prüfen.
  • Sachmangel: Bei einer Falschlieferung ist, wenn eine Gattungsschuld vereinbart wurde (Qualifikations-aliud), § 434 III BGB unbedingt vorrangig zu prüfen. Nur so überwindet ihr die Frage, ob überhaupt die §§ 434 ff. BGB einschlägig sind bzw. Erfüllung eingetreten ist (vgl. § 243 BGB). Wurde eine Stückschuld vereinbart (Identitäts-aliud) darf hingegen direkt § 434 I S. 1 BGB herangezogen werden.
  • Einwendungen: Zitiert die Einwendungsnorm mit, auf die sich der Schuldner beruft. Im Gewährleistungsrecht ist dies beim Rücktritt beispielsweise § 346 I BGB, im Falle der §§ 312 ff. BGB mittlerweile § 355 I S. 1 BGB.
  • Rückzahlungsbegehren: Bei einem Rückzahlungsbegehren etwa wegen Schlechtleistung lässt sich eine Rückzahlung in der Regel auf drei Anspruchsgrundlagen stützen: §§ 346 I, 437 Nr. 2 Alt. 2, 434, 323, 440 BGB, §§ 346 I, 437 Nr. 2, 434, 441 I, II BGB sowie §§ 437 Nr. 3, 280 I, II, 281 BGB. Dabei schließen sich Rücktritt und Schadensersatz nicht gegenseitig aus (§ 325 BGB); es erfolgt aber eine Anrechnung des bereits erhaltenen Betrages im Wege der Differenzhypothese. Das Minderungsrecht besteht alternativ zum Rücktrittsrecht (§ 441 I S. 1 BGB). Wenn ein umfassendes Gutachten von euch verlangt wird, solltet ihr also alle drei Möglichkeiten nennen und ein paar Worte zu den „intrasystemischen Anspruchskonkurrenzen“ verlieren.

V. Schuldrecht (Gesetzliche Schuldverhältnisse)

  • Verletzungshandlung: Bei dem Anspruch aus § 823 I BGB müsst ihr immer klar die in Rede stehende Verletzungshandlung benennen, denn Fragen der haftungsbegründenden Kausalität (z.B. bei einem Dazwischentreten Dritter) können nur dann klar beantwortet werden.
  • Schutzgesetz: Die Haftungsnorm des § 823 II BGB ist immer in Verbindung mit dem möglicherweise verletzten Schutzgesetz zu benennen. Denkt daran, dass nach herrschender Meinung z. B. auch § 858 I BGB ein Schutzgesetz ist, ebenso wie § 229 StGB oder aber auch die §§ 306 ff. StGB. Diesbezüglich solltet ihr wenigstens einmal einen Blick in einen Kommentar werfen, um sich das breite Spektrum möglicher Schutzgesetze zu vergegenwärtigen.
  • Kondiktionsarten: Euch sollte unbedingt bewusst sein, welche verschiedenen Typen von Leistungs- und Nichtleistungskondiktion es gibt und in welchem Verhältnis diese jeweils zueinander stehen. Den verschiedenen Arten der Leistungskondiktion liegen dabei jeweils verschiedene Zweckbestimmungen zugrunde, denen die Leistung dienen soll.
  • Einwendungen: § 814 BGB ist eine von Amts wegen zu beachtende rechtshindernde Einwendung und gilt ausschließlich für die condictio indebiti (§ 812 I S. 1 Alt. 1 BGB) sowie deren Erweiterung in § 813 I S. 1 BGB. Ebenso eine von Amts wegen zu beachtende rechtshindernde Einwendung ist § 817 S. 2 BGB, die allerdings für alle Arten der Leistungskondiktion gilt. § 817 S. 2 BGB kann nach Treu und Glauben teleologisch zu reduzieren sein, wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustandes mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar ist und deshalb von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden kann.
  • Bereicherungsgegenstand: Achtet im Hinblick auf den Bereicherungsgegenstand bei den §§ 812 ff BGB, dass nie die Sache selbst das erlangte Etwas darstellt, sondern im Zweifel Eigentum und Besitz daran.
  • Rechtsgrund: Auch solltet ihr euch unbedingt merken, was im Einzelnen als ein Rechtsgrund iSd §§ 812 ff. BGB gilt. Bei der Leistungskondiktion geht es um die Rechtswirksamkeit der der Leistungsbeziehung zugrunde liegende causa. Einen Rechtsgrund stellt z.B. die berechtigte GoA dar. Aber Vorsicht: Im Familienrecht fehlt der Rechtsgrund nur, soweit das BGB keine abschließende Sonderregelung enthält (z.B. § 1301 BGB, §§ 1371 ff. BGB). Bei der Nichtleistungskondiktion kommt es hingegen in der Regel auf gesetzliche Vorschriften oder spezielle Rechtfertigungsgründe als Behaltensgrund für den Empfänger an. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Handlung, die zum Rechtserwerb des Schuldners auf Kosten des Gläubigers geführt hat, rechtswidrig war. Entscheidend ist vielmehr der eingetretene Zustand – entspricht dieser den allgemeinen Vorschriften der Güterzuordnung oder ist er bereicherungsrechtlich zu korrigieren? Deshalb ist beispielsweise der gutgläubige Erwerb nach den §§ 932 ff. BGB grundsätzlich kondiktionsfest, wie auch § 816 BGB zeigt.
  • Saldotheorie: Im Rahmen des § 818 II, III BGB sind die Saldotheorie und ihre jüngsten Entwicklungen zu berücksichtigen. Nach der Zweikondiktionentheorie haben bei gegenseitigen Verträgen beide Vertragspartner einen selbständigen Kondiktionsanspruch, der durch das Schicksal der Gegenleistung nicht beeinflusst wird. Damit trägt das Risiko des Untergangs der Sache der Verkäufer, der selbst schutzlos gestellt ist, wenn sich der Käufer auf § 818 III BGB beruft. Deshalb besagt die Saldotheorie im Falle gleichartiger Leistungen, dass von vornherein nur ein Kondiktionsanspruch besteht, der sich aus dem Überschuss der einen Leistung über die andere ergibt. Die dogmatische Begründung hierfür liegt in der Nachwirkung des Synallagmas. Bei ungleichartigen Leistungen führt die Anwendung der Saldotheorie zur ausnahmsweisen Zug-um-Zug-Verurteilung von Amts wegen. Nicht anzuwenden ist die Saldotheorie im Einzelfall aus Wertungsgesichtspunkten, beispielsweise nie zu Lasten Geschäftsunfähiger oder arglistig Getäuschter, auch nicht in Fällen der Bösgläubigkeit nach §§ 818 IV, 819 I BGB. Dann soll es bei der Anwendung der Zweikondiktionentheorie bleiben. Das heutige Schrifttum plädiert für eine Aufgabe der Saldotheorie zugunsten einer analogen Anwendung der §§ 346 ff. BGB mit dem Ziel einer Harmonisierung der Rückabwicklungssysteme vor allen Dingen hinsichtlich einer gleichgelagerten Zuweisung von Risiken und Verantwortlichkeiten.
  • Verschärfte Haftung gemäß §§ 818 IV, 819 I, 292, 987 ff. BGB: Die demnach geltende verschärfte Haftung, welche auch die Berufung auf § 818 III BGB ausschließt, wird leider oftmals übersehen.
  • Unterscheidung von berechtigter/unberechtigter und echter/unechter GoA: Selbst in Lehrbüchern wird diese Terminologie nicht ganz einheitlich verwendet. Ihr solltet euch jedenfalls einprägen, dass man von einer unberechtigten GoA immer dann spricht, wenn keiner der drei Berechtigungsgründe nach § 683 S. 1 BGB (Interesse und wirklicher oder mutmaßlicher Wille des Geschäftsherren), § 683 S. 2 i.V.m. 679 BGB (öffentliches Interesse oder gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherren) oder § 684 S. 2 BGB (spätere Genehmigung durch Geschäftsherren) vorliegt. Fälle der unechten GoA sind hingegen jene, in denen es am Fremdgeschäftsführungswillen des Geschäftsführers fehlt; es sind dies die irrtümliche und die angemaßte Eigengeschäftsführung.
  • Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB bei nichtigen Verträgen: Nach der Rechtsprechung soll die GoA auch Anwendung finden, wenn der zwischen Geschäftsherren und Geschäftsführer geschlossene Vertrag nichtig ist. Dagegen sprechen aber der fehlende Fremdgeschäftsführungswille und die Tatsache, dass das Gesetz für die Rückabwicklung von rechtsgrundlosen Leistungen die condictio indebiti vorsieht, die dann aber, weil die berechtigte GoA einen Rechtsgrund bildet, nicht mehr zur Anwendung gelangen würde.

VI. Sachenrecht

  • Sachenrechtliche Prinzipien: Bei der Lösung von sachenrechtlichen Problematiken solltet ihr immer die Grundprinzipien des Sachenrechts (Absolutheitsprinzip, Numerus-clausus-Prinzip, Trennungs- und Abstraktionsprinzip, Bestimmtheits-/Spezialitätsprinzip, Publizitäts-/ Offenkundigkeitsprinzip) im Hinterkopf behalten.
  • Gutgläubiger Erwerb: Macht euch bewusst, dass die §§ 932 ff. BGB nicht die fehlende Verfügungsbefugnis überwinden. Auch solltet ihr immer an die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Anwartschaftsrechtes denken. Im Immobiliarsachenrecht ist darauf zu achten, dass ein Grundstück nicht gemäß den §§ 873 I, 925 I, 932 I BGB gutgläubig erworben werden kann; für den gutgläubigen Erwerb z.B. eines Grundstückes gilt vielmehr § 892 I BGB.
  • EBV: Bei der Prüfung der §§ 987 ff. BGB ist immer daran zu denken, dass die Vindikationslage auch im maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegen haben muss.
  • Sperrwirkung der §§ 987 ff. BGB: Diese besteht nach § 993 I BGB grundsätzlich gegenüber den §§ 812 ff. BGB sowie den §§ 823 ff. BGB innerhalb ihres jeweiligen sachlichen Anwendungsbereichs, d.h. bei Vorliegen einer Vindikationslage im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung, hinsichtlich Ansprüchen auf Nutzungs-, Verwendungs- und Schadensersatz wegen Verschlechterung der Sache zum Schutz des gutgläubigen und unverklagten Besitzers, unabhängig davon, ob die jeweiligen Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind oder nicht. Eine Sperrwirkung besteht nicht gegenüber den Ansprüchen aus unechter GoA und § 826 BGB. Die berechtigte GoA verschafft ein Recht zum Besitz, sodass diese das Vorliegen einer Vindikationslage ausschließt. Nicht erfasst von §§ 987 ff. BGB werden Ansprüche wegen Verbrauch, Verarbeitung oder Veräußerung der Sache. Keine Sperrwirkung besteht dementsprechend aus Wertungsgesichtspunkten im Falle des Fremdbesitzexzesses. Der unrechtmäßige redliche Fremdbesitzer haftet dem Eigentümer für Verschlechterung und Unmöglichkeit der Herausgabe nach den allgemeinen Regeln; § 993 I BGB kommt ihm nicht zugute. Veräußert der redliche unrechtmäßige Besitzer die Sache, so kann der Eigentümer den Veräußerungserlös nach § 816 BGB herausverlangen. Die Eingriffskondiktion bleibt neben den §§ 987 ff. BGB anwendbar, sofern sie sich auf einen Eingriff in die Sache oder deren Surrogate gründet: Dies gilt für die Fälle der Verarbeitung/Verbindung/Vermischung nach § 951 BGB, wobei die §§ 994 ff. BGB den Rückgriff auf § 951 BGB sperren. Ferner beim Verbrauch der Sache durch den Besitzer und bei der Vermietung eines gesetzlich berechtigten Besitzers unter Überschreitung seines gesetzlichen Besitzrechts. Der redliche rechtsgrundlose Besitzer ist zur Herausgabe von Nutzungen verpflichtet, wenn er den Besitz an der Sache rechtsgrundlos erlangt hat.

 

12.06.2017/3 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2017-06-12 12:00:542017-06-12 12:00:54Typische Examensfehler: Zivilrecht (Teil 2)
Dr. Marius Schäfer

Typische Examensfehler: Zivilrecht (Teil 1)

Examensvorbereitung, Rechtsgebiete, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Die meisten Missgeschicke, die Examenskandidaten innerhalb von (Examens-)Klausuren begehen, lassen sich ohne weiteres vermeiden. Oftmals sind es auch immer wieder die gleichen damit verbundenen Probleme, auf welche die Klausurbearbeiter dabei stoßen. Daher soll dieser Beitrag einen Einblick zu den Erfahrungen gewähren, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Korrektor bei der Examensvorbereitung der Universität Bonn sammeln konnte, um eine Hilfestellung für alle zukünftigen Examenskandidaten zu liefern. Dem ein oder andere mag sich in Bezug auf diese Hinweise so einiges als selbstverständlich vorkommen, doch kann ich euch versichern: Das ist es leider nicht!
Nachdem euch zuvor bereits Artikel zu allgemeinen Examensfehler sowie zu Examensfehlern auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts und des Strafrechts präsentiert wurden, ist es nun an der Zeit, sich dem letzten Rechtsgebiet zu widmen, indem euch einige Hinweise zu Klausuren im Bereich des Zivilrechts gegeben werden. Zwar lässt sich die unten dargestellte Liste insbesondere für das Zivilrecht noch weitaus umfassender erweitern, doch hoffe ich, dass euch die folgenden Punkte schon um einen entscheidenden Schritt im Rahmen eurer Examensvorbereitung weiterbringen können.
Allgemeine Hinweise

  • Obersätze: In zivilrechtlichen Klausuren ist bei der Bildung von Obersätzen insbesondere auf die Formel „Wer will was, von wem, woraus?“ zu achten.
  • Anspruchsgrundlagen: Es ist darauf zu achten, dass nur solche Anspruchsgrundlagen geprüft werden, die zum begehrten Anspruchsinhalt passen, d. h. das jeweiligen Begehren auf Herausgabe, Schadensersatz, etc. stützen. Diese sind dann vollständig durchzuprüfen.
  • Anspruchsreihenfolge: Grundsätzlich solltet ihr euch stets an die erlernte Anspruchsreihenfolge halten:
    • 1) Vertragliche Ansprüche,
    • 2) Quasivertragliche Ansprüche,
    • 3) Dingliche Ansprüche,
    • 4) Deliktische Ansprüche,
    • 5) Bereicherungsrechtliche Ansprüche.
  • Anspruchskonkurrenzen: Diese müssen von euch sicher beherrscht werden, sodass ihr diese am besten auswendig lernt. Beispielsweise sind die §§ 119 ff. BGB und §§ 812 ff. BGB neben den §§ 434 ff. BGB allenfalls im Falle der arglistigen Täuschung anwendbar, denn ansonsten schließen sich diese Vorschriften gegenseitig aus.
  • Anspruchsvoraussetzungen: Oftmals fehlt es im Rahmen der tatbestandlichen Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen an einem strukturierten Aufbau, weil die Voraussetzungen im Einzelnen nicht sicher beherrscht werden, obwohl sich die Voraussetzungen in aller Regel aus der Lektüre des Gesetzestextes erschließen lassen (z.B. §§ 280 ff. BGB). Ansonsten solltet ihr die einschlägigen Schemata auswendig lernen.
  • Korrekte Schwerpunktsetzung: Oftmals sind die Schwerpunkte einer Klausur an Prüfungsstandorten zu finden, an denen dies nicht vermutet wird. Eine Klausurbearbeitung im oberen Bereich zeichnet sich angesichts der knappen Bearbeitungszeit jedoch durch eine umsichtige und korrekte Schwerpunktsetzung aus. Oftmals liegen die Schwerpunkte einer zivilrechtlichen Klausur daher auch gar nicht bei den einzelnen Anspruchsvoraussetzungen, sondern bei der Anspruchshöhe: Hier ist in der Regel beispielsweise der gestörte Gesamtschuldnerausgleich anzusprechen ebenso wie das Problem des Wettlaufs der Sicherungsgeber u. ä. Probleme.

 
BGB AT

  • Rechtsfähigkeit: Bevor ihr tief in die Prüfung etwa eines Vertragsschlusses einsteigt, müsst ihr bei entsprechender Sachverhaltskonstellation ggf. zuvor klarstellen, ob die handelnden Personen rechtsfähig sind oder aber ihr Handeln einer rechtsfähigen juristischen Person des Privatrechts bzw. einer (teil-)rechtsfähigen Personengesellschaft zuzuordnen ist. Dabei sind auch auf die Regelungen der Vertretung zu achten.
  • Vertragsschluss: Ist der Vertragsschluss problematisch, müsst ihr den Sachverhalt genau daraufhin untersuchen, ob die Äußerungen der Parteien als Angebot, als Annahme, als Ablehnung oder als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag zu beurteilen sind. Besonderes Augenmerk muss dabei eventuell auch auf den Erklärungswert des Schweigens einer Person gelegt werden.
  • Formvorschriften: Bei allen Formvorschriften im BGB solltet ihr euch über deren unterschiedliche Funktionen bewusst sein (z.B. Identitäts- und Abschlussfunktion bei § 2247 I BGB) und gedanklich immer kurz überlegen, ob das Gesetz eine Heilungsmöglichkeit vorsieht (z.B. § 311b I S. 2 BGB). Auf die jeweilige Funktion und damit den Sinn und Zweck kommt es stets an, wenn die vorgeschriebene Form nicht exakt so eingehalten wurde und ihr euch darüber Gedanken machen sollt, ob das Rechtsgeschäft deshalb im Ergebnis nichtig ist.
  • Auslegung: Achtet hierbei auf den Vorrang der Auslegung und der ergänzenden Auslegung sowohl einseitiger (§ 133 BGB) als auch zweiseitiger (§§ 133, 157 BGB) Erklärungen und Rechtsgeschäfte bzw. vorrangige Berücksichtigung tatsächlicher Gegebenheiten vor dem Rückgriff auf gesetzliche Vermutungen (z.B. § 1006 BGB) und normierten Auslegungsregeln (z.B. § 2270 II BGB oder andere Auslegungsregeln im Erbrecht).
  • AGB-Recht: Vernachlässigt hier keinesfalls die Anwendbarkeit des AGB-Rechts. So finden die Vorschriften über AGB insbesondere keine Anwendung auf Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts (§ 310 IV S. 1 BGB). Bei Arbeitsverträgen ist auf die Besonderheiten des Arbeitsrechts Rücksicht zu nehmen (§ 310 IV S. 2 BGB). Auch finden bei Verwendung von AGB gegenüber Unternehmen bestimmte Vorschriften der §§ 305 ff. BGB keine Anwendung (vgl. § 310 I BGB).
  • Verjährung: Achtet unbedingt darauf, dass nur Ansprüche, d. h. das Recht, von einem Schuldner ein Tun oder Unterlassen zu fordern (vgl. § 241 Abs. 1 BGB), der Verjährung nach § 214 BGB unterliegen; im Übrigen gelten die §§ 215 ff. BGB. Auf vertragliche und gesetzliche Rücktrittsrechte als Gestaltungsrechte findet § 218 BGB Anwendung.
  • Stellvertretung: Geht es in einer Klausur in irgendeiner Weise um das Stellvertretungsrecht, so sind die einzelnen Fragen hinsichtlich der Vertretungsmacht streng voneinander zu unterscheiden: Wurde die Vertretungsmacht wirksam erteilt? Umfang bzw. etwaige Beschränkungen der Vertretungsmacht? Welche Auswirkungen hat die Überschreitung der Vertretungsmacht? Auch kann es teilweise erforderlich sein, die Stellvertretung von der Botenschaft abzugrenzen. Je nachdem, ob es sich um einen Stellvertreter oder einen Boten handelt, ergeben sich aus dieser Qualifikation heraus unterschiedliche Rechtsfolgen, etwa bei den Ansprüchen gegen die handelnden Personen bei einem bewussten Überschreiten. Da der Besitzerwerb kein Rechtsgeschäft darstellt, ist grundsätzlich auch keine Stellvertretung nach den §§ 164 ff. BGB möglich. Die §§ 164 ff. BGB sind jedoch dann anwendbar, wenn der Besitz mittels rechtsgeschäftlicher Stellvertretung unmittelbar für den Geschäftsherrn nach § 854 II BGB mittels rechtsgeschäftlicher Einigung erworben werden soll oder wenn zwischen Vertreter und Vertretenen ein antizipiertes Besitzmittlungsverhältnis besteht, sodass der Vertretene mit Aushändigung der Sache an den Vertretenen den mittelbaren Besitz erlangt.
  • Einwendungen: Achtet immer auch auf die strikt einzuhaltende Prüfungsreihenfolge von Einwendungen. Diese gestaltet sich grundsätzlich nach ihrer dogmatisch-funktionalen Bedeutung:
    • 1) Rechtshindernde Einwendungen, z.B. §§ 104 ff. BGB, §§ 116 ff. BGB, Formmängel, inhaltliche Mängel nach § 134, § 138 II, § 138 I BGB.
    • 2) Rechtsvernichtende Einwendungen, z.B. Erfüllung (§ 362 BGB), Erfüllungssurrogate, Erlass (§ 397 BGB), Abtretung nach §§ 398 ff. BGB, Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB), Aufhebungsvertrag, Gestaltungsrechte (z.B. Rücktritt, Kündigung, Widerruf), tatsächliche Ereignisse (z.B. Unmöglichkeit, Bedingungseintritt oder Konfusion), Entreicherung (§ 818 III BGB), Fälle des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nach § 242 BGB (z.B. venire contra factum proprium).
    • 3) Rechtshemmende Einwendungen (Einreden):
      • a) Dilatorische (vorrübergehende) Einreden, z.B. § 320 BGB, Zurückbehaltungsrechte (§ 273, § 1000 BGB), Stundung (§§ 311, 241 BGB), §§ 770, 771 BGB.
      • b) Peremptorische (dauernde) Einreden, z.B. Verjährung (§ 214 I BGB), § 821, § 853, § 1381 I, §§ 1990, 1991 BGB.
  • Fehleridentität: Prägt euch unbedingt die typischen Fälle zur Fehleridentität ein. Eine solche liegt vor, wenn ein und derselbe Mangel sowohl dem Verpflichtungs- als auch dem Verfügungsgeschäft anhaftet, z.B. in den Fällen von § 105, § 123, § 138 II BGB sowie ggf. auch bei § 134 BGB. Insoweit liegt also gerade keine Ausnahme vom Trennungs- und Abstraktionsprinzip vor.
  • Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB): Beachtet in jedem Fall, dass ihr euch nicht gleich auf § 313 BGB stürzt, denn die Anwendung der Störung der Geschäftsgrundlage unterliegt dem Grundsatz der Subsidiarität. Keine Anwendung findet § 313 BGB daher, bei der Anwendung der Grundsätze der Unmöglichkeit (§ 275 BGB), einer ergänzenden Auslegung (§§ 133, 157 BGB), einer Anfechtung (§§ 119 ff. BGB), Gewährleistungsrechten (z.B. §§ 434 ff. BGB), der Zweckverfehlungskondiktion (§ 812 I S. 2 Alt. 2 BGB). Problematisch kann hier auch die Abgrenzung zwischen der sog. faktischen (§ 275 II BGB) und der sog. wirtschaftlichen (§ 313 BGB) Unmöglichkeit sein.

III. Schuldrecht (Allgemeiner Teil)

  • Anspruchsebenen: Beachtet bei vertraglichen Ansprüchen, dass es auch eine Tertiärebene gibt. Die unterschiedlichen Ebenen stellen sich wie folgt dar:
    • 1) Primärebene (auf Vertragserfüllung gerichtet).
    • 2) Sekundärebene (z.B. Schadensersatz, Surrogatansprüche, etc.).
    • 3) Tertiärebene (z.B. § 255, § 285 BGB).
  • Rechtliche Einordnung des Vertragstyps: Eine solche sollte in aller Regel nur geführt werden, wenn es für die Lösung auch darauf ankommt. Beispielsweise kann offen bleiben, ob der Finanzierungsleasingvertrag als atypischer Mietvertrag, Vertrag sui generis oder gemischt-typischer Vertrag mit Elementen des Darlehens-, Miet-, Kauf- und Geschäftsbesorgungsvertrages einzuordnen ist, wenn in einer Klausur lediglich nach dem Primäranspruch gefragt ist.
  • Anspruchsgrundlagen: Merkt euch für typische Fallgestaltungen die jeweils einschlägigen Anspruchsgrundlagen. Beispielsweise ist bei einem unbehebbaren anfänglichen Mangel § 311a II BGB einschlägig und nicht § 283 BGB. Oft wird §311a II BGB dabei übersehen.
  • Schuldverhältnis nach § 280 I BGB: Der Anwendungsbereich von § 280 I BGB setzt nicht zwangsläufig ein „vertragliches“ Schuldverhältnis voraus, denn auch gesetzliche Schuldverhältnisse können hier beachtlich werden (z. B. eine GoA).
  • Leistungsstörungen und Schadensarten: Die Unterscheidung von nichtleistungsbezogenen Nebenpflichtverletzungen i. S. v. § 241 II BGB, leistungsbezogenen Pflichtverletzungen (Verzögerung der Leistung und Schlechtleistung) sowie dem Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 BGB muss ebenso sicher beherrscht werden, wie die des Schadensersatzes statt und neben der Leistung.
  • Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches nach § 280 I BGB: Prägt euch zumindest die Grundstruktur des Schadensersatzanspruches ein:
    • 1) Schuldverhältnis.
    • 2) Pflichtverletzung.
    • 3) Vertretenmüssen.
    • 4) Schaden.
    • Etwaige zusätzliche Voraussetzungen ergeben sich aus den §§ 280 ff. BGB, die ihr idR durch einfache Gesetzeslektüre erschließen könnt.
  • Anfängliche Unmöglichkeit: Achtet darauf, dass selbst ein Vertrag, bei dem Leistungshindernis i. S. v. § 275 BGB schon bei Vertragsschluss vorliegt, gemäß § 311a I BGB trotzdem wirksam ist.
  • Nachvertragliches Schuldverhältnis: Vergesst nicht, dass Schadensersatzansprüche wegen Verletzung nichtleistungsbezogener Nebenpflichtverletzungen nicht nur bei vorvertraglichen, sondern auch bei nachvertraglichen Schuldverhältnissen in Betracht kommen können (sog. culpa post contractum finitum), z. B. bei Aufbewahrungspflichten.
  • Widerrufsrecht: Bedenkt im Rahmen des Widerrufsrecht unbedingt die Gesetzesänderungen der §§ 312 ff. BGB.
  • Drittschadensliquidation vs. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter: Prägt euch unbedingt die Eigenschaften und Abgrenzung dieser Rechtsinstitute ein, denn Fallgestaltungen dazu sind ein äußerst beliebtes Klausurthema. Kurz gesagt: Bei der Drittschadensliquidation wird „der Schaden zum Anspruch gezogen“, beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wird „der Anspruch zum Schaden gezogen“.

 

08.06.2017/0 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2017-06-08 12:00:382017-06-08 12:00:38Typische Examensfehler: Zivilrecht (Teil 1)
Dr. Marius Schäfer

Typische Examensfehler: Strafrecht

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Verschiedenes

Die meisten Missgeschicke, die Examenskandidaten innerhalb von (Examens-)Klausuren begehen, lassen sich ohne weiteres vermeiden. Oftmals sind es auch immer wieder die gleichen damit verbundenen Probleme, auf welche die Klausurbearbeiter dabei stoßen. Daher soll dieser Beitrag einen Einblick zu den Erfahrungen gewähren, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Korrektor bei der Examensvorbereitung der Universität Bonn sammeln konnte, um eine Hilfestellung für alle zukünftigen Examenskandidaten zu liefern. Dem ein oder andere mag sich in Bezug auf diese Hinweise so einiges als selbstverständlich vorkommen, doch kann ich euch versichern: Das ist es leider nicht!
Nachdem euch zuvor bereits Artikel zu allgemeinen Examensfehler sowie zu Examensfehlern auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts präsentiert wurden, ist es nun an der Zeit, sich dem nächsten Rechtsgebiet zu widmen, indem euch Hinweise zu Klausuren im Bereich des Strafrechts gegeben werden. Zwar lässt sich die unten dargestellte Liste noch deutlich erweitern, doch hoffe ich, dass euch die folgenden Punkte schon um einen entscheidenden Schritt im Rahmen eurer Examensvorbereitung weiterbringen können.
Hinsichtlich weiterer Problemstellungen sei an dieser Stelle auf die Artikel zu meinen Checklisten im allgemeinen (siehe hier) und besonderen Teil des Strafrechtes – in den Ausprägungen der Straftaten gegen die Individual- bzw. Allgemeinrechtsgüter (siehe hier) und der Straftaten gegen das Vermögen (siehe hier) – sowie im Strafprozessrecht (siehe hier) verwiesen.
 
I. Allgemeine Hinweise

  • Sachverhalt: Es sei zunächst erwähnt, dass der Sachverhalt komplett zu „verwerten“, jedoch nicht so zu „verbiegen“ ist, nur damit die Subsumtion möglichst einfach und bequem gestaltet werden kann.
  • Fallbearbeitung: Zu Beginn einer jeden Klausur im Strafrecht sind eine saubere Trennung von sinnvollen Tatkomplexen sowie eine Unterteilung anhand der Beteiligten von eminenter Wichtigkeit. Grundsätzlich ist dabei mit dem Tatnächsten zu beginnen. Darüber hinaus sollte die Prüfung – innerhalb eines Tatkomplexes und eines Beteiligten – mit dem Delikt begonnen werden, welches das höchste Strafmaß beinhaltet. Sofern für eine Tathandlung bzw. einen -erfolg rechtlich zwei Tatbestände in Betracht kommen, welche sich jedoch gegenseitig ausschließen (z. B. § 242 und § 263 StGB), solltet ihr mit dem Tatbestand beginnen, den ihr ablehnen werdet. Das Abgrenzungsproblem dürft ihr niemals vorangestellt prüfen, denn dieses ist stets in die Deliktsprüfung des ersten Tatbestandes einzubinden.
  • Bearbeitervermerk: Achtet in jedem Fall auf die Angaben und Anforderungen, welche im Bearbeitervermerk aufgeführt sind, insbesondere auf die oftmals vernachlässigten Strafantragserfordernisse.
  • Obersätze: Auf die Bildung korrekter Obersätze sollte besonderen Wert gelegt werden, denn nicht zuletzt kann eine ordentliche Subsumtion nur bei subsumtionsfähigen Obersätzen erfolgen. Die Obersätze sollten strafrechtsrelevante Ergebnisse nicht vorweg nehmen und im Sinne folgender Formulierung stets die konkrete strafrechtsrelevante Tathandlung sowie die zu prüfende Strafrechtsnorm benennen: „A könnte sich nach §§… StGB strafbar gemacht haben, indem er […].“ oder „A könnte sich durch […] gemäß §§… StGB strafbar gemacht haben.“ Beim Betrug gilt außerdem folgende Besonderheit: „A könnte sich durch Täuschung des B und zu dessen Lasten/zu Lasten des C nach § 263 I StGB strafbar gemacht haben, indem er […].“ Hinsichtlich der §§ 186, 187 StGB gilt zusätzlich: „A könnte sich durch die Äußerung gegenüber B, C habe […], zulasten des C nach § 186 StGB strafbar gemacht haben.“
  • Zitatation: Selbstverständlich müssen die Normen der geprüften Straftatbestände genau zitiert werden, also z. B. §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB, wenn es offensichtlich nicht um eine Waffe, sondern allenfalls ein anderes gefährliches Werkzeug geht.
  • Tatbestandsmerkmale: Vereinzelt finden sich leider Klausurbearbeitungen, in denen Tatbestandsmerkmale nicht definiert, erörtert oder gar genannt werden. Achtet auch stets darauf, zwischen unterschiedlichen Tatbestandsmerkmalen zu differenzieren.
  • Gutachtenstil: Vernachlässigt bitte nicht den Gutachtenstil. So gehört etwa hinter jede Definition auch eine Subsumtion. Zu beachten ist dabei in jedem Fall, dass sich die Subsumtion exakt auf die Definition und vor allem die Angaben des Sachverhaltes zu beziehen hat. Wenn etwas völlig unproblematisch ist, kann man zumindest jedoch die Definition weglassen und lediglich den Obersatz, die Subsumtion und den Ergebnissatz anführen. Ein Beispiel dazu sei wie folgt formuliert: „A könnte sich durch die Wegnahme des Leuchters eines Diebstahls gemäß § 242 I StGB strafbar gemacht haben. Der Leuchter ist eine fremde bewegliche Sache. Diese hat A auch weggenommen und dabei rechtswidrig sowie schuldhaft gehandelt, so dass er sich nach § 242 I StGB strafbar gemacht hat.“ Der Gutachtenstil sollte allerdings nicht überstrapaziert werden. Wenn ihr eure Deliktsprüfung fortwährend wie folgt einleitet: „Der Tatbestand müsste erfüllt sein. Zunächst müsste der objektive Tatbestand erfüllt sein.“ verliert ihr nicht nur wertvolle Bearbeitungszeit, sondern langweilt den Korrektor auch über alle Maßen. Anstatt auch direkt mit den einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen zu beginnen, solltet ihr im Anschluss an den Obersatz die Anforderungen an die Erfüllung des objektiven Tatbestandes erläutern.
  • Meinungsstreit: Ein Meinungsstreit ist nicht so zu führen, dass jede Ansicht mitsamt dem Ergebnis, zu dem es im konkreten Fall führen würde, in jeweils zwei Sätzen aufgeschrieben wird. Stattdessen sind für jede Ansicht die Pro- und Contra-Argumente in der Reihenfolge und Gewichtung zu nennen, die dem in der eigenen Lösung vertretenen Ergebnis entspricht. Übt dies am besten mit den fünf gängigsten Theorien zum Erlaubnistatbestandsirrtum, weil in diesem Fall die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass eben dieser Meinungsstreit in einem Vortrag oder einer Strafrechtsklausur im Ersten und Zweiten Examen tatsächlich einmal abgeprüft wird. Alternativ empfiehlt sich dafür auch die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung nach den Meinungen der Rechtsprechung sowie der Literatur, unter Einbeziehung aller jeweiligen Prämissen und Konsequenzen. Führt jedoch nicht jeden Meinungsstreit aus, nur weil ihr diesen auswendig gelernt habt und sicher zu beherrschen gedenkt, sondern achtet darauf, ob dieser überhaupt entscheidungserheblich ist. Auch müssen Streitstände nur dann entschieden werden, wenn diese zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
  • Zivilrechtliche Prüfungen: Im Rahmen von § 242, § 249, § 253, § 259 oder § 263 StGB können durchaus schon einmal anspruchsvollere zivilrechtliche Prüfungen gewollt sein. Handelt zivilrechtliche Fragestellungen also nicht oberflächlich ab, denn diese können für euer (strafrechtliches) Ergebnis oftmals entscheidend sein.
  • Ergebnis und Konkurrenzen: Es empfiehlt sich, in das Gutachten Zwischenergebnisse einzufügen, um dem Korrektor den Überblick über eure Klausurbearbeitung zu erleichtern. Außerdem hilft es euch, am Ende ein Gesamtergebnis zu treffen und die Konkurrenzen besser darzustellen, was nur leider allzu oft vernachlässigt wird.

 
II. Strafrecht – Allgemeiner Teil

  • Aufbauschemata: Alle Aufbauschemata des Allgemeinen Teils sollten unbedingt auswendig gelernt und „im Schlaf“ beherrscht werden, z. B. zum Versuch, zum erfolgsqualifizierten Versuch, zum Versuchsbeginn bei der Verwirklichung eines Regelbeispiels, zum Rücktritt vom Versuch, zur Anstiftung und Beihilfe, zur Beihilfe zur Anstiftung, zur mittelbaren Täterschaft, zur Mittäterschaft, zu den einzelnen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen, zum Fahrlässigkeitsdelikt, usw. Hierauf darf in der Klausur keine Zeit zum Überlegen verschwendet werden, da gerade Strafrechtsklausuren ohnehin in aller Regel sehr umfangreich sind. Ich empfehle zum effektiveren Auswendiglernen die Verwendung von Karteikarten.
  • Deliktsprüfung: Bei der Prüfung eines jeden einzelnen Delikts sollte der Prüfung zumindest gedanklich das erlernte Aufbauschema aus dem Allgemeinen Teil zugrunde gelegt werden, denn nur so kann das Risiko minimiert werden, Entscheidungserhebliches zu übersehen. Qualifikations- (z. B. § 244 I Nr. 3 StGB) bzw. Privilegierungstatbestände (z. B. § 216 StGB) sind mit allen Merkmalen im objektiven und subjektiven Tatbestand zu prüfen, während Regelbeispiele (z. B. § 243 StGB) bzw. minder schwere Fälle (§ 213 StGB) als reine Strafzumessungsvorschriften hinter der Schuld zu prüfen sind.
  • Tatbestandsmerkmale: Vergewissert euch, dass ihr die jeweiligen Tatbestandsmerkmale in eurer Prüfung korrekt verortet habt und nicht etwa subjektive als objektive Tatbestandsmerkmale geprüft habt. Ein viel gesehenes Beispiel ist dafür § 267 StGB und das Merkmal „zur Täuschung im Rechtsverkehr“.
  • Vorsatz: Da es sich „eingebürgert“ hat, den Vorsatz ohne genaue Prüfung und Begründung zu bejahen, sollte wenigstens einmal innerhalb des Gutachtens die Definition des Vorsatzes fallen und § 15 sowie § 16 I 1 StGB angeführt werden.
  • Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Diese unterscheiden sich von persönlichen Straf-/Schuldausschließungsgründen dadurch, dass bei ihrem Nichtvorliegen die Tat für jedermann straflos ist. Da sich der Vorsatz des Täters hierauf nicht erstrecken muss, sind diese im Anschluss an den subjektiven Tatbestand zu prüfen.
  • Schuld: Macht euch bewusst, dass die Schuld mehrere Prüfungspunkte enthält, und zwar die Schuldfähigkeit, spezielle Schuldmerkmale, die Vorwerfbarkeit der tatbestandlichen rechtswidrigen Handlung (Schuldform/-vorwurf, aktuelles oder potentielles Unrechtsbewusstsein, Nichteingreifen von Entschuldigungsgründen) sowie persönliche Strafausschließungs- oder -aufhebungsgründe. Entfällt beispielsweise schon die Schuldfähigkeit, braucht man sich über Entschuldigungsgründe oder persönliche Strafaufhebungsgründe keine Gedanken zu machen.
  • Akzessorietätslockerung: § 28 I StGB gilt nur für Teilnehmer und stellt eine Strafzumessungsregel dar; § 28 II StGB gilt für Täter und Teilnehmer und bewirkt eine Tatbestandsverschiebung; § 29 StGB gilt für Täter und Teilnehmer und bestätigt das Prinzip limitierter Akzessorietät.
  • Versuchsstrafbarkeit: Qualifikations- und Privilegierungstatbestände sind eigene Deliktstypen, sodass es bei der Frage, ob es sich um ein Verbrechen (§ 12 I StGB) oder ein Vergehen (§ 12 II StGB) handelt, auf den jeweiligen Qualifikations-/Privilegierungstatbestand und nicht auf den Grundtatbestand ankommt. Die Vorschrift des § 12 III StGB bezieht sich dagegen auf Milderungen nach § 13 II, § 17 S. 2, § 21, § 23 II, § 27 II, § 28 I, § 30 I und § 35 StGB.

 
III. Strafrecht – Besonderer Teil

  • Deliktsprüfung: Unscheinbare bzw. weniger bekannte Delikte werden häufig ausgelassen. Ihr solltet euch vor einer Klausur im Strafrecht jedoch unbedingt die Mühe machen, das Verzeichnis des StGB durchzuarbeiten und wenigstens im Überblick zu verinnerlichen, damit ihr in eurer Klausurbearbeitung kein Delikt auslasst.
  • Systematische Zusammenhänge: Diese sind im Besonderen Teil des Strafrechts oft von entscheidender Bedeutung. Macht euch vor allem die Systematik und Struktur der Aussage-, Beleidigungs-, Brandstiftungs- und Straßenverkehrsdelikte klar.
  • Subsidiaritätsregelungen: Ausdrücklich im Gesetz genannte Subsidiaritätsregelungen (z. B. § 145d I StGB) dürfen keinesfalls übersehen werden.
  • Promillegrenzen: Diese müssen zwangsläufig auswendig beherrscht und in der Prüfung stets angeführt werden. Die absolute Fahruntüchtigkeit liegt bei Auto-/Mofa-/Motorradfahrern bei einer BAK ab 1,1 Promille, bei Fahrradfahrern ab 1,6 Promille vor. Die relative Fahruntüchtigkeit ist bei einer BAK ab 0,3 Promille zu prüfen, d. h. es müssen alkoholbedingte Ausfallerscheinungen hinzutreten. Die Grenzen bezüglich der Schuldfähigkeit sind nicht starr; im Einzelfall kommt es z. B. auf die Höhe der Hemmschwelle zur Begehung der jeweiligen Delikte an oder aber auf die Trinkgewohnheiten des Täters. Dennoch solltet ihr euch für die Klausur folgende Richtwerte merken: Ab 3,0 Promille ist im Zweifel eine Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB gegeben, während ab 2,0 Promille von einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen ist.
  • Konkurrenzverhältnis von § 243 und § 244 StGB: Grundsätzlich tritt § 243 StGB hinter § 244 StGB zurück; ausnahmsweise kann aber Tateinheit anzunehmen sein, wenn die Strafschärfung nach § 243 StGB auf einem gegenüber § 244 StGB eigenständigen Unrechtsgehalt beruht und dieser zusätzlich eine strafverschärfende Berücksichtigung finden soll.
  • Betrug (§ 263 StGB): Häufig werden die unterschiedlichen Vermögensbegriffe nicht erörtert, obwohl dies für die Frage, ob überhaupt ein Vermögensschaden eingetreten ist, relevant sein kann.
  • Absichten bei Eigentums- und Vermögensdelikten: Verwechselt nicht die Zueignungs- (§ 242 I StGB), Beutesicherungs- (§ 252 StGB) und Bereicherungsabsicht (§ 263 I StGB) miteinander.
  • Definition „gefährliches Werkzeug“: Denkt daran, dass die Definition dieses Begriffes in § 244 I Nr. 1a) Alt. 2 und § 250 I Nr. 1a) Alt. 2 StGB (abstrakte Gefährlichkeit und subjektive Verwendungsabsicht), wo das bloße Beisichführen des gefährlichen Werkzeugs bereits den Qualifikationstatbestand begründet, eine andere ist als in § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB (gefährlich nach konkreter Art der Verwendung im Einzelfall).
  • Sache von „bedeutendem Wert“: Wann eine solche Sache vorliegt, ist je nach Zielsetzung der Vorschrift unterschiedlich zu beurteilen: Bei den §§ 263 III 2 Nr. 5, 264 II Nr. 1 StGB ab 50.000 €, bei den §§ 307 I, 315b I, 306f II, 315 I StGB ab 750 €, bei § 69 II Nr. 3 StGB ab 1.300 €.
  • „Geringwertige Sache“: Eine solche im Sinne der §§ 248a, 243 II StGB ist bei 25 € und darunter anzunehmen, wobei es bei mehreren Tatbeteiligten auf die Gesamtmenge des Erbeuteten ankommt.

 
 

01.09.2016/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2016-09-01 10:00:432016-09-01 10:00:43Typische Examensfehler: Strafrecht
Dr. Marius Schäfer

Typische Examensfehler: Öffentliches Recht

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Verschiedenes

Die meisten Missgeschicke, die Examenskandidaten innerhalb von (Examens-)Klausuren begehen, lassen sich ohne weiteres vermeiden. Oftmals sind es auch immer wieder die gleichen damit verbundenen Probleme, auf welche die Klausurbearbeiter dabei stoßen. Daher soll dieser Beitrag einen Einblick zu den Erfahrungen gewähren, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Korrektor bei der Examensvorbereitung der Universität Bonn sammeln konnte, um eine Hilfestellung für alle zukünftigen Examenskandidaten zu liefern. Dem ein oder andere mag sich in Bezug auf diese Hinweise so einiges als selbstverständlich vorkommen, doch kann ich euch versichern: Das ist es leider nicht!
Nachdem euch zuvor schon ganz allgemein solche typischen Examensfehler eigens in einem Artikel präsentiert wurden, ist es nun an der Zeit, sich dem ersten Rechtsgebiet zu widmen, indem euch Hinweise zu Klausuren im Bereich des Öffentlichen Rechts gegeben und die typischen Examensfehler dazu aufgezeigt werden. Zwar lässt sich die unten dargestellte Liste noch deutlich erweitern, doch hoffe ich, dass euch die folgenden Punkte schon um einen entscheidenden Schritt im Rahmen eurer Examensvorbereitung weiterbringen können.
 
I. Allgemeine Hinweise

  • Fallbearbeitung: Ihr werdet insbesondere bei Klausuren im Öffentlichen Recht mit verschiedenen Begehren und Argumentationen der beteiligten Personen und Behörden konfrontiert, welche streng auseinanderzuhalten sind und vollständig in eurem Gutachten wiederzufinden sein sollten.
  • Schemata: Alle gängigen Schemata zu sämtlichen Klagearten, aber auch zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Grundrechtseingriffes, VAs, zum Normal- und Sofortvollzug, zum Eingriff in eine Grundfreiheit, usw. müssen ganz sicher auswendig beherrscht werden, denn hierauf darf in der Klausursituation keine Zeit zum Überlegen verwendet werden.
  • Normkenntnis: Oftmals gewinnt man als Korrektor den Eindruck, dass sich der Klausurbearbeiter die einschlägigen Normen zum ersten Mal in der Klausur selbst angesehen hat und daher unsicher mit dessen Umgang ist. Ein gutes Beispiel, wie sehr eine solide Normenkenntnis weiterhelfen kann, sind etwa die §§ 48, 49 VwVfG zur Rücknahme eines rechtswidrigen bzw. zum Widerruf eines rechtmäßigen VAs.
  • Begrifflichkeiten: Benennt die einschlägigen Begrifflichkeiten unbedingt mit der exakten Bezeichnung, denn so heißt es etwa „Verwaltungsrechtsweg“ und nicht „Verwaltungsgerichtsweg“.
  • Definitionen: Ein absolutes Muss ist die sichere Kenntnis über die einschlägigen Definitionen oder die Bedeutung gerade von im Verfassungsrecht besonders relevanten Begriffen, denn sonst kann eine fundierte Subsumtion, auf die im Öffentlichen Recht besonderen Wert gelegt wird, nicht erfolgen. Beispielhaft dazu sei die Verhältnismäßigkeitsprüfung angeführt, denn hier ist zunächst zu definieren, wann eine Maßnahme verhältnismäßig ist („Eine Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn diese zur Erreichung eines legitimen Zieles geeignet, erforderlich sowie angemessen ist.“) und was unter den aufgeführten Merkmalen zu verstehen ist. Ihr seht also, dass ihr euch mit ein wenig Mühe von euren Mitstreitern absetzen und einen guten Eindruck beim Korrektor hinterlassen könnt.
  • Auslegung: Beachtet vor allem, dass insbesondere im Öffentlichen Recht oftmals eine an den Auslegungskanones orientierte, methodische Herangehensweise gefragt ist, wie z.B. bei der Frage nach einem materiellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten.
  • Schwerpunktsetzung: In der Regel lassen sich die meisten Punkte im Rahmen der Begründetheit verdienen, sodass unproblematische Prüfungspunkte innerhalb der Zulässigkeit nur kurz abzuhandeln sind.
  • Analogien herstellen: Insbesondere im Hinblick auf Examensklausuren im Bereich des Öffentlichen Rechts könnten euch unbekannte Fallkonstellationen und -gestaltungen begegnen, die sich (nur) mit dem Ziehen von vergleichbaren Wertungen oder mit dem Herstellen von Analogien zu euch bekannten Grundsätzen lösen lassen. Als ein Beispiel sei hier meine erste Klausur aus dem Staatsexamen in NRW (Ö I – Mai 2012) angeführt.

 
II. Staats- und Verfassungsrecht

  • Verfassungsrechtliche Prinzipien: Diese spielen im Grunde zu jeder Problemstellung im Staats- und Verfassungsrecht eine Rolle. Wer etwa die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze nicht kennt, dem fehlen häufig wertvolle Argumentationslinien.
  • Organstreitverfahren: Die Zulässigkeit des Organstreitverfahrens ergibt sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG i.V.m. den §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass § 63 BVerfGG den Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht wirksam einschränken kann, sodass sich die Parteifähigkeit der insoweit nicht erfassten Organe und Organteile direkt aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ergibt. Nach ständiger, aber problematischer Rechtsprechung des BVerfG sind politische Parteien „andere Beteiligte“ i.S.d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, was allerdings nur dann gilt, wenn und soweit sie mit Verfassungsorganen um Rechte streiten, die sich aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status ergeben. Wird im Übrigen auf ein Unterlassen als streitgegenständliche Maßnahme abgestellt, so bedarf es einer entsprechenden Handlungspflicht.
  • Verfassungsbeschwerde: Beachtet bitte, dass es sich bei der Verfassungsbeschwerde nicht um eine Klage handelt und daher auch die Nennung von Begriffen wie „Klagegegenstand“ oder „Klagebefugnis“ zu unterlassen sind. Übernehmt diesen immer wieder begangenen Fehler also nicht aus der BILD-Zeitung. Die Bildung der Obersätze bereitet vielen Bearbeitern Schwierigkeiten, was bereits bei der korrekten Zitierung der Normen beginnt. Häufig wird z. B. geschrieben: „Die Statthaftigkeit der Verfassungsbeschwerde richtet sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG.“ Letzteres ist nicht ganz korrekt, denn vielmehr muss es heißen: „[…] nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.V.m. den §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 1 BVerfGG“. Oftmals ist nicht genau bekannt, was im Rahmen des Prüfungsumfanges des BVerfG, der im Übrigen nur bei einer Urteilsverfassungsbeschwerde anzusprechen ist, unter der Verletzung spezifischen Verfassungsrechtes zu verstehen ist. Insofern gelingt auch die Subsumtion nicht zufriedenstellend. Ebenso ist dies für die Benennung des Beschwerdegegenstandes im Fall einer Urteilsverfassungsbeschwerde zu verzeichnen, denn hier ist vielen Klausurbearbeitern oftmals unklar, dass es sich bei mehreren Exekutiv- und Judikativakten um einen einheitlichen Beschwerdegegenstand handelt. Innerhalb des Prüfungspunktes der Rechtswegerschöpfung ist darauf zu achten, dass gegen Gesetze des Bundes kein Rechtsweg existiert und § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG bei Rechtssatzverfassungsbeschwerden keine Anwendung finden kann. Falsch ist es jedoch, wenn man in diesem Zusammenhang die Formulierung liest: „Mithin ist der Rechtsweg erschöpft“, denn ein Rechtsweg steht ohnehin nicht offen. Zu prüfen sind im Rahmen der Begründetheit unbedingt nur die Grundrechte sowie die grundrechtsgleichen Rechte, die den Beschwerdeführer möglicherweise selbst, gegenwärtig und unmittelbar betreffen könnten. Achtet daher auf die Konnektivität der Beschwerdebefugnis sowie der Grundrechtsprüfung innerhalb der Begründetheit. Eine solche besteht im Grunde auch mit Blick auf den Beschwerdegegenstand sowie den Eingriff. Mit Blick auf den letzten Punkt ist zu verzeichnen, dass die Subsumtion unter den klassischen Eingriffsbegriff leider nur selten gelingt, obwohl dieser immer wieder angeführt wird. Schwierigkeiten bereitet vielen Bearbeitern auch die Maßgabe, dass kollidierendes Verfassungsrecht im Rahmen schrankenlos gewährleisteter Grundrechte dennoch von einer einfach-gesetzlichen Regelung konkretisiert werden müssen.
  • Grundrechtskonkurrenzen: Diese werden leider nur von wenigen Klausurbearbeitern beherrscht, sodass ihr euch hier ganz besonders von euren Mitstreitern absetzen könnt. Beispielhaft sei hier nur das Verhältnis von Art. 5 GG zu Art. 8 GG angeführt. Ein Grundrecht mit einem spezielleren Schutzbereich verdrängt das Grundrecht, welches einen allgemeinen Schutzbereich bietet. Sofern ein Eingriff in den Schutzbereich eines speziellen Grundrechtes vorliegt, wird dadurch eine Sperrwirkung gegenüber Art. 2 Abs. 1 GG entfaltet.
  • Verhältnismäßigkeitsprüfung: Innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung vernachlässigen viele Bearbeiter oftmals, dass strikt zwischen der Normauslegungs- und der Normanwendungsebene zu unterscheiden ist. Auch die Begriffe „Wechselwirkungslehre“ und „praktische Konkordanz“ sind in diesem Zusammenhang nur selten bekannt. Dass die relevante Maßnahme einen legitimen Zweck verfolgen muss, wird insbesondere von Anfängern nur allzu oft vergessen. In Anbetracht der Häufigkeit, mit der die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu leisten ist, ist es daher kaum verständlich, wenn diese nicht sicher beherrscht wird. Eine Hilfe könnte euch da unser Artikel vom 01. August 2012 sein.
  • Politische Parteien: Eine politische Partei darf übrigens auch dann als „verfassungsfeindlich“ bezeichnet werden, wenn sie nicht für verfassungswidrig erklärt wurde.

 
III. Europarecht

  • Grundlagen: Selbst wenn ihr „auf Lücke lernen“ wollt, solltet ihr wenigstens die Grundzüge des Europarechts, wie beispielsweise die Wirkweise einer Richtlinie, die Voraussetzungen der gängigsten Klagearten und Grundfreiheiten sowie die Lissabon-Rechtsprechung beherrschen. Es schadet auch nicht, einen Überblick über die Struktur und die Inhalte des EU-Vertrages zu kennen.
  • Einwirkung in andere Rechtsgebiete: Immer wieder gerne geprüft werden auch die europarechtlichen Anforderungen bei der Rücknahme eines Bewilligungsbescheides, sodass das Europarecht mittlerweile nicht mehr isoliert zu betrachten ist, sondern auch in andere Rechtsgebiete, wie hier im Falle des Allgemeinen Verwaltungsrechtes, einzuwirken vermag.

 
IV. Staatshaftungsrecht

  • Anspruchsgrundlagen: Wiederholt vor den anstehenden Klausuren noch einmal unbedingt die Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs, des enteignenden und enteignungsgleichen Eingriffs, des Folgen-/Vollzugsbeseitigungsanspruchs, der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag sowie der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo, denn im Examen sind Fallkonstellationen zu eben diesen Ansprüchen nicht unüblich, doch lassen sich gerade diese nur allein mit dem Gesetz keinesfalls lösen.
  • Rechtsfolgen: Hier muss zu den einzelnen Anspruchsgrundlagen unbedingt zwischen Schadensersatz und Entschädigung unterschieden werden.

 
V. Verwaltungsprozessrecht

  • Obersatz: Gewöhnt euch direkt zu Beginn eurer Examensvorbereitung die Formulierung „Die Klage hat Erfolg, soweit diese zulässig und begründet ist.“ an, denn zulässig ist diese zwar nur, wenn alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, begründet sein kann diese aber auch nur teilweise.
  • Verwaltungsrechtsweg: Vergesst an dieser Stelle nicht, gegebenenfalls auch an aufdrängende Sonderzuweisungen zu denken (z.B. § 126 Abs. 1 und 2 BRRG) Wenn es darum geht, die Frage zu beantworten, ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art gegeben ist, sollten zwingend die Begriffe „modifizierte Subjekttheorie“ und „doppelte Verfassungsunmittelbarkeit“ Erwähnung finden. Beachtet auch immer die korrekte Bezeichnung aller in Betracht kommenden streitentscheidenden Normen.
  • Statthafte Klageart: Bei der Ermittlung der statthaften Klageart ist auch immer kurz an die Möglichkeit eines Annexantrages nach § 113 Abs. 1 S. 2 und S. 3 VwGO zu denken. Häufig wird bei der Ermittlung der statthaften Klageart leider auch die actus-contrarius-Theorie übersehen.
  • Klagebefugnis: Insbesondere an dieser Stelle zeigt sich ein allgemein festzustellendes Phänomen, denn „Theorien“ werden des Öfteren unbedacht und teilweise in falschem Zusammenhang angewendet, speziell etwa die Adressatentheorie im Rahmen einer Verpflichtungssituation. Bei der Verwendung der Adressatentheorie ist also Vorsicht geboten, was vor allem daran liegt, weil diese nur dann passt, wenn auch ein VA mit der notwendigen Außenwirkung vorliegt (also z.B. nicht bei Maßnahmen im Sonderstatusverhältnis) und sich ein Rückgriff darauf bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen ohnehin verbietet, da Art. 2 Abs. 1 GG prinzipiell nur ein Abwehr- und kein Leistungsrecht enthält. Besser verwenden Sie also stets die Formulierung: „A ist klagebefugt gemäß/analog § 42 Abs. 2 VwGO, wenn die Möglichkeit besteht, dass er durch […] in seinen subjektiven Recht verletzt wird/dass er einen Anspruch auf… hat.“ Im Rahmen der Klagebefugnis sollte im Übrigen immer auf die jeweils konkretere Normebene abgestellt werden. Geht es also beispielsweise um das Recht, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen, sollte § 1 Abs. 1 VersammlG genannt werden und nicht (nur) Art. 8 GG.
  • Vorverfahren: Zwar sollten alle Examenskandidaten aus NRW immer die Regelung zum Absehen vom Vorverfahren gemäß § 110 Abs. 1 JustG NRW im Hinterkopf behalten, doch geht der bloße Verweis auf die Vorschrift im Rahmen der Allgemeinen Leistungs- sowie der Feststellungsklage fehl, da hier grundsätzlich kein Vorverfahren vorgesehen ist. Die Rückausnahmen nach § 110 Abs. 2 JustG NRW werden an dieser Stelle ebenfalls gerne übersehen. Nicht vergessen werden darf schließlich, dass ein Vorverfahren auch bei Untätigkeit der Behörde nach § 75 S. 1 VwGO entbehrlich ist.
  • Beteiligten-/Prozessfähigkeit/Klagegegner: Völlig unverständlich ist es, wenn den Klausurbearbeitern an dieser Stelle Fehler unterlaufen, da es sich hierbei um eine überschaubare Thematik handelt, die sich fast ausschließlich mit einem Blick auf die einschlägigen Normen beherrschen lässt. Wenn dann bei einer Maßnahme der Polizei der Klagegegner im Sinne von § 78 Nr. 1 VwGO in einer kreisfreien Stadt erkannt wird, so lässt sich ein solcher schwerwiegender Fehler kaum mehr wieder gutmachen. Im Widerspruchsverfahren ist auf § 78 VwGO im Übrigen nicht zurückzugreifen.
  • Prozessuale Besonderheiten: Oftmals fehlt in diesem Zusammenhang eine auch gedanklich klare Trennung von Haupt- und Hilfsantrag. Unsicherheiten bestehen nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung nach § 44 VwGO.
  • Fortsetzungsfeststellungsklage: Die Fallgruppen, wann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen ist, sind teilweise nicht bekannt, obwohl gerade hier eine dezidierte Subsumtion erwartet wird.

 
VI. Verwaltungsrecht

  • Ermessensprüfungen: Diese erfordern stets eine saubere Trennung von Tatbestands- sowie Rechtsfolgenseite und sind immer an eine konkrete Norm anzubinden (z.B. an § 114 S. 1 VwGO bzw. an § 40 VwVfG). Die Kategorien der Ermessensfehler müssen unbedingt sicher beherrscht werden.
  • Baurecht: Die Abwägungsfehlerlehre im Bauplanungsrecht ist nicht mit der allgemeinen Ermessensfehlerlehre zu verwechseln, auch wenn sich hier gewisse Ähnlichkeiten zeigen. Überhaupt ist zwischen Bauordnungs- und Bauplanungsrecht zu differenzieren.
  • Polizei- und Ordnungsrecht: Bei der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO sollte immer ein kurzer Satz dazu geschrieben werden, dass es sich um eine präventive polizeiliche Tätigkeit handelt und die abdrängenden Sonderzuweisungen speziell nach § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG und analog § 98 Abs. 2 S. 2 StPO nicht einschlägig sind. Immer wieder zeigen sich auch Schwächen im Bereich der Vollstreckungsvoraussetzungen, obwohl die im Prinzip völlig schematischen Voraussetzungen des Normal- und des Sofortvollzuges sicher auswendig beherrscht werden sollten. Probleme im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheid nach § 77 VwVG NRW sind die mangelnde vollständige Normzitation im Obersatz sowie Unsicherheiten hinsichtlich des verschachtelten Prüfungsaufbaus. Die jeweils korrekte Rechtsgrundlage für eingreifende polizeiliche Maßnahmen muss hinreichend dargelegt werden. Ebenso muss die Abgrenzung von Ersatzvornahme und Sicherstellung ausführlich bekannt sein, da Fallkonstellationen zu dieser Thematik nicht unüblich sind. Die Polizeifestigkeit der Versammlungsfreiheit wird leider häufig missachtet. Aus dem abschließenden Charakter des Versammlungsrechts als speziellem Gefahrenabwehrrecht folgt im Umkehrschluss, dass versammlungsbezogene Eingriffe allein auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes und nicht auf der Grundlage des Polizeirechts zulässig sind. Der spezielle Schutz öffentlicher Versammlungen findet dabei seine Rechtfertigung in der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit für ein freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen, weshalb entsprechende Freiheitsausübungen einem privilegierenden Sonderrecht unterstellt werden.
  • Kommunalrecht: Unsicherheiten und erhebliche Wissenslücken zeigen sich auch im Kommunalrecht, da dies relativ selten in Klausuren abgeprüft wird. „Auf Lücke“-Lernen ist riskant und lässt sich in der Klausur ggf. nur mit einer aufmerksamen Studie der kommunalrechtlichen Regelungen überwinden.

 

25.05.2016/2 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2016-05-25 10:00:182016-05-25 10:00:18Typische Examensfehler: Öffentliches Recht
Dr. Marius Schäfer

Typische Examensfehler: Allgemeines

Examensvorbereitung, Lerntipps, Startseite, Verschiedenes

Die Tätigkeit als Korrektor juristischer (Examens-)Klausuren ist nicht immer eine erfüllende und dankbare Aufgabe. Mal abgesehen von einem katastrophalen Schriftbild oder einer nicht gerade Gutachten gerechten Ausdrucksweise unterlaufen den Examenskandidaten vielfach auch einfachste Fehler, sodass sich einem die Haare sträuben möchten. Man wünscht sich, dass der Prüfling seine dem Begriff eines Rechtsgutachtens spottende Klausurbearbeitung wenigstens ein einziges Mal durch die Augen eines Korrektors sehen könnte. Angesichts dessen verwundert es den frustrierten Prüfer kaum mehr, dass der juristische Notenschnitt so ausfällt, wie dies allseits bekannt ist.
Die meisten Missgeschicke lassen sich jedoch ohne Weiteres vermeiden. Oftmals sind es auch immer wieder die gleichen Probleme, auf welche die Klausurbearbeiter dabei stoßen. Daher soll dieser Beitrag einen Einblick in die Erfahrungen gewähren, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Korrektor bei der Examensvorbereitung der Universität Bonn sammeln konnte, um eine Hilfestellung für alle zukünftigen Examenskandidaten zu liefern überflüssige Fehler zu vermeiden. Dem ein oder anderen mag in Bezug auf die folgenden Hinweise so einiges selbstverständlich vorkommen, doch kann ich Euch versichern: Das ist es leider nicht!
Bevor aber eine Darstellung typischer Fehler und Hinweise hinsichtlich solcher Klausuren im Öffentlichen Recht, Strafrecht und Zivilrecht erfolgt, soll zunächst eine kurze Übersicht zu allgemeinen klausurtypischen Fehlern und Hilfestellungen dargeboten werden.
 
I. Klausuraufbau

  • Zeiteinteilung: Zum Lesen, Nachdenken und Gliedern sollten ca. 2 Stunden, zum sauberen Ausformulieren dagegen ca. 3 Stunden eingeplant werden. Sinnvoll ist es, zuerst mit der Fallfrage zu beginnen und erst im Anschluss daran mit dem Lesen des Sachverhaltes fortzufahren.
  • Gestaltung: Baut euer Rechtsgutachten übersichtlich und in sinnvolle Abschnitte gegliedert auf. Gewährt dem Korrektor einen ausreichend großen Korrekturrand und verärgert ihn nicht damit, diesen begrenzten Bereich auch noch mit eingeschobenen Ausführungen zu belegen. Einschübe sollten also auf einer Extraseite und erst recht nicht auf der Rückseite angeführt werden. Eure Klausur soll schließlich einen guten ersten Eindruck vermitteln!
  • Gliederung: Gewöhnt euch die üblichen Gliederungsebenen an, welche dann konsequent einzuhalten sind. Beispiel: A., I., 1., a., aa., usw. Allerdings sollte nicht jedes offensichtliche Merkmal einem Gliederungspunkt zugeordnet werden, denn oftmals lassen sich diese auch leicht mit anderen verbinden. Teilweise finden sich Prüfungsschritte, die nicht dem entsprechen, was im Examen oder gar in einer Großen Übung erwartet werden kann. Als Beispiel sei an dieser Stelle Folgendes genannt, was unter der Überschrift „Tatobjekt des § 239 StGB“ zu lesen war: „Tatobjekt des § 239 I StGB ist ein anderer Mensch. O ist ein anderer Mensch.“
  • Schrift: Auch wenn es so einigen von euch schwer fallen mag, sollte es im Grunde eine Selbstverständlichkeit sein auf eine lesbare Schrift zu achten. Sofern die Schrift unleserlich ist, kann es durchaus vorkommen, dass ein bereits verärgerter Korrektor möglicherweise einen guten Gedanken von euch überliest, weil er euren Text nur noch „überfliegen“ kann. Die Lesbarkeit eurer Schrift liegt daher in eurem eigenen Interesse.
  • Formulierung: Jeder Jurist sollte im Übrigen die deutsche Sprache in Ausdruck, Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung beherrschen. Alles andere kann durchaus zu Punktabzügen führen. Umgangssprache oder Chat-Sprache ist unbedingt zu vermeiden. Was ihr mit eurem Rechtsgutachten zum Ausdruck bringen wollt, sollte auch eine gewisse sprachliche Qualität aufweisen. Wenn etwa zu lesen ist „…der Vater hat sein Sohn geschlagen“, so wirft dies ein schlechtes Licht auf die sprachlichen Fähigkeiten des Kandidaten. Andauernde Wiederholungen der immer gleichen Phrasen (z.B. „vorliegend“, „laut Sachverhalt“) sollten möglichst umgangen werden. Nichtssagende Floskeln (z.B. „ein milderes Mittel ist kaum ersichtlich“) wirken unbeholfen. Gewöhnt euch auch die häufig anzutreffende Formulierung „gemäß §§… analog“ ab, denn „analog“ heißt „entsprechend“, sodass es richtigerweise nur „analog §§…“ heißen kann.
  • Keine Unterschrift: Auf keinen Fall dürft Ihr die Klausur abschließend unterschreiben oder sonst in irgendeiner anderen Weise als mit Eurer zugewiesenen Kennziffer kenntlich machen. Die Justizprüfungsämter „belohnen“ eine Unterschrift oder eine Kenntlichmachung in sonstiger Weise strikt mit 0 Punkten. Schließt eure Klausur daher lediglich mit den erlösenden Worten „Ende der Bearbeitung“ ab.

 
II. Fallbearbeitung

  • Bearbeitervermerk: Gleich vorweg muss leider immer noch darauf hingewiesen werde, dass den Hinweisen des Bearbeitervermerks ausnahmslos zu folgen ist.
  • Fallfrage: Eure Ausführungen sollen sich (nur) auf die jeweilige Fallfrage beziehen, sodass ihr diese am besten mit dem zu Beginn anzuführenden Obersatz wiederholend präsentiert. Wird also nach der Strafbarkeit gefragt, sollte der Obersatz nicht zum Gegenstand haben, ob sich die Person nach dem jeweiligen Delikt „schuldig“ gemacht haben könnte. Keine Ausführungen oder Prüfungen dürfen dagegen zu Punkten erfolgen, nach denen nicht gefragt ist bzw. die eindeutig über die Aufgabenstellung hinausgehen. Ausführungen ohne Fallbezug solltet ihr ohnehin tunlichst vermeiden.
  • Gutachtenstil: Auch wenn im Examen nicht mehr erwartet wird, dass jedes Tatbestandsmerkmal „sklavisch“ im Gutachtenstil ausgeführt werden soll, darf diese Form gutachtlicher Ausdrucksweise dennoch nicht missachtet werden. Als Korrektor gewinnt man manchmal jedoch den Eindruck, dass der eigentlich im ersten Semester zu erlernende Gutachtenstil nie wirklich beherrscht wurde. Der Urteilsstil sowie die entsprechend formulierten Sätze mit „da“, „weil“, „nämlich“ oder „denn“ sind also soweit als möglich zu vermeiden. Zulässige Konjunktionaladverbien sind die Formulierungen „folglich“, „demzufolge“, „demnach“, „damit“, „somit“, „mithin“, „deswegen“, „deshalb“ oder „daher“. Vor allem im Rahmen der Subsumtion ist auch auf die richtige Zeitform zu achten. Für weitergehende Ausführungen hierzu sei auf unseren Artikel vom 5. April 2012 verwiesen.
  • Obersätze: Vernachlässigt keinesfalls die Bildung von vollständigen Obersätzen. Das Merkmal einer schwachen Klausurbearbeitung ist häufig in einer oberflächlichen Bearbeitung in Bezug auf die Bildung von Obersätzen zu sehen, was dazu führt, dass im Anschluss nicht sauber definiert und subsumiert wird.
  • Ergebnisse: Formuliert sinnvolle Zwischen- und Endergebnisse zu den jeweiligen Abschnitten. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass die Ergebnissätze unbedingt den Obersätzen entsprechen sollten.
  • Fachbegriffe: Verwendet die entsprechenden Fachbegriffe nur im richtigen Kontext, und auch nur dann, wenn euch die Schreibweise hinlänglich bekannt ist. Oftmals hat sich im juristischen Sprachgebrauch ein Binde-„s“ eingeschlichen, obwohl es aber beispielsweise „Rechtsgutverletzung“ und nicht „Rechtsgutsverletzung“ heißt.
  • Zitierung: Wenn ihr Paragraphen(ketten) anführt, müsst ihr immer Absatz, Satz, Nummer, Alternative und Gesetz vollständig mitzitieren. Weniger bekannte Gesetze sollten wenigstens zu Beginn ausformuliert und mit einer in Klammern zu setzenden Abkürzung kenntlich gemacht werden. Von der Formulierung „§§ sind solche des BGB“ ist jedenfalls in der Klausursituation abzuraten, da sich ansonsten schnell Flüchtigkeitsfehler einschleichen können. Entscheidet Euch auch entweder für „§ 242 Abs. 1 StGB“ oder „§ 242 I StGB“ und haltet dieses Muster dann innerhalb einer Bearbeitung ein.
  • Auslegung: Eine methodische und an den Auslegungskanones orientierte Herangehensweise ist immer dann angezeigt, wenn nicht direkt unter die Voraussetzungen einer Norm subsumiert werden kann. Im Falle der teleologischen Reduktion bedarf es unbedingt einer Begründung, warum sich eine einschränkende Auslegung gebietet. Für weitergehende Ausführungen hierzu sei auf unseren Artikel vom 10. April 2012 verwiesen.
  • Analogie: Sprecht bei Bedarf auch immer die Analogievoraussetzungen an, d.h. die planwidrige Regelungslücke sowie die vergleichbare Interessenlage.
  • Unbekannte Normen: Wenn von Euch eine Auseinandersetzung mit unbekannten Normen verlangt wird, ist nie eine bloße Textwiedergabe erwartet, denn es geht dabei immer um die Erfassung von Sinn und Zweck der euch unbekannten Regelungen, was sich am besten anhand von Struktur und Systematik oder aber im Wege rechtsvergleichender Überlegungen ermitteln lässt.
  • Sachverhalt: Die im Sachverhalt enthaltenen Beschreibungen sind als gegeben zu akzeptieren. Eine Überinterpretation des Sachverhaltes führt in der Regel zu unzutreffenden Ergebnissen. Werdet Euch darüber hinaus auch bewusst, dass grundsätzlich alle Angaben des Sachverhaltes einen Sinn ergeben und im Rahmen eurer Klausurbearbeitung „verarbeitet“ werden sollten.

 

08.02.2016/8 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2016-02-08 12:00:142016-02-08 12:00:14Typische Examensfehler: Allgemeines

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