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Schlagwortarchiv für: Totschlag

Redaktion

Gedächtnisprotokoll Strafrecht April 2025 NRW

Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Strafrecht, Uncategorized

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur Klausur im Strafrecht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt:

V verbringt seinen Freitagabend wie üblich in seiner Stammkneipe. Als er gerade an seinem ersten Bier nippt hört er den polternden Gast G, der sich selbst ohne Grund in Rage redet. Der ihm unbekannte G erhebt seine Stimme bis er den V schließlich mit seinem Blick fixiert und sich auf diesen zubewegt. Dabei hebt er drohend seine zur Faust geballte Hand. Geistesgegenwärtig erblickt V den neben ihm stehenden Barhocker. Er erkennt, dass er den heranstürmenden und nur noch wenige Meter von ihm entfernten G durch einen Wurf mit dem Hocker abwehren kann. Hinter dem G steht allerdings der Wirt W der wie V zutreffend erkennt durch den Barhocker ebenfalls getroffen werden könnte. V erkennt zugleich, dass er den Angriff des G auch durch einen Schlag mit dem Barhocker ebenso sicher abwehren könnte. Auch würde ein solcher Einsatz den heranstürmenden G nicht stärker verletzen. Gleichwohl könnte hierdurch eine Verletzung des W vermieden werden. V entschließt sich indes, den Barhocker in Richtung der Schulter des G zu werfen. Dass W, dessen Statur jener des G entspricht ebenfalls auf Schulterhöhe getroffen werden nimmt er billigend in Kauf. Der so von V geworfene Barhocker trifft denn auch den G, wie von V erwartet, an dessen Schulter. G erleidet hierdurch eine schmerzhafte Prellung seiner Schulter und verlässt mit schmerzverzehrtem Gesicht die Kneipe. Der Barhocker wird durch den Wurf nicht beschädigt. W hingegen konnte sich durch einen beherzten Sprung hinter die Theke in Sicherheit bringen. Er verbleibt auch nach dem Wurf hinter dieser und ist für den V so unerreichbar.

Während V sich in der Kneipe befand verblieb seine Ehefrau M mit dem gemeinsamen sieben Monate alten Kleinkind K in der ehelichen Wohnung. Die M litt seit längerem an manischen Depressionen. Infolge ihrer Depression fehlte ihr auch die zu einer wirksamen Einwilligung erforderliche Einsichtsfähigkeit. Kurze Zeit nachdem V zur Kneipe aufgebrochen war mischte M eine jeweils tödliche Dosis Gift in ihr Abendessen sowie jenes des K. Beide verstarben unmittelbar nach dessen Einnahme noch vor der Rückkehr des V. M hatte ihre Absicht, aus dem Leben zu scheiden in den vorangegangenen Wochen mehrfach gegenüber V bekundet und auch geäußert K ebenfalls töten zu wollen — sie wolle ihn nach ihrem Tod keinesfalls zurücklassen. Auch hatte sie zum Ausdruck gebracht, ihr Sterbeverlangen vollziehen zu wollen, wenn der V außer Haus sei. Noch bevor er in die Kneipe aufbrach erkannte V, dass dieser Freitagabend M die Gelegenheit zur Tötung ihrer selbst sowie des K ermöglichen würde. Letzteres kam im aber gerade recht, da er sich so seiner ihm lästigen Unterhaltspflichten für das Kind entziehen könne. Mit dem „ersparten“ Geld könne er sich eine von ihm seit langem ersonnene Weltreise finanzieren. Den von ihm erwarteten Tod der M bedauerte er zwar, fand sich damit jedoch ab und brach schließlich in die Kneipe auf. M und K hätten gerettet werden können, wenn V seinerseits die zuständigen Stellen unterrichtet hätte.

M befand sich dabei seit mehreren Monaten wegen ihrer Depression in Behandlung durch ihre Ärztin A. Auch gegenüber A hatte M zuvor mehrfach ihren Wunsch, aus dem Leben zu scheiden bekundet. Dabei hatte sie zugleich erklärt, auch K mit in den Tod nehmen zu wollen. Am Morgen des Tags ihres Todes befand sich M ein weiteres Mal in der Behandlung der A. M erklärte A gegenüber ihren fortbestehenden Sterbewunsch und dass sie diesen in der Abwesenheit ihres Ehemannes V vollziehen wolle. Auch erzählte sie A von dem geplanten Kneipenbesuch des V am selben Tag. A erkannte zwar, dass sich der M an diesem Abend eine Gelegenheit zum Vollzug der Selbsttötung bieten würde. Sie schob das in ihr aufkommende schlechte Gefühl allerdings beiseite. Da M auch in den vorangegangenen Wochen entsprechende Ankündigungen nicht vollzogen hatte vertraute sie vielmehr ernsthaft darauf, dass es auch an diesem Freitagabend nicht hierzu kommen würde. M und K hätten erneut gerettet werden können, wenn A ihrerseits die zuständigen Stellen informiert hätte.

Aufgabe 1:

Wie haben sich V und A nach dem StGB strafbar gemacht? In Bezug auf A ist lediglich eine Strafbarkeit wegen Taten zulasten der M zu prüfen.

Aufgabe 2:

A soll nach dem Tod von M und K vor Gericht im Strafverfahren des V als Zeugin aussagen. In der Zwischenzeit ist auch gegen sie ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden. Ist die A in diesem Verfahren als Zeugin zur Aussage verpflichtet? Erläutern Sie ob und wenn ja in welchem Umfang sich die A auf Zeugnisverweigerungsrechte berufen kann.

Bearbeitungshinweise:
  1. Unterstellen Sie, dass die M trotz ihrer manischen Depression zu jedem Zeitpunkt schuldfähig war.
  2. Auf § 203 StGB wird hingewiesen.
  3. Die §§ 223-226 StGB sind zulasten von M und K ist nicht zu prüfen.
07.05.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-05-07 14:53:412025-05-07 14:53:41Gedächtnisprotokoll Strafrecht April 2025 NRW
Dr. Lena Bleckmann

BGH: Neues zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs bei Versterben des Opfers

Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Strafrecht BT

Äußert sich der Bundesgerichtshof zu grundlegenden Fragen des Strafrechts, so sollte das Studenten und Examenskandidaten gleichermaßen aufhorchen lassen. So verdient auch die Entscheidung vom 17. März 2020 (Az. 3 StR 574/19) besondere Aufmerksamkeit. Sie beantwortet entscheidende Fragen zum spezifischen Gefahrzusammenhang beim Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB) und gibt so Anlass, die objektive Zurechnung allgemein sowie die Voraussetzungen erfolgsqualifizierter Delikte zu wiederholen.
I. Was ist passiert?
Eine 84 Jahre alte Frau, die nicht mehr bei guter Gesundheit war, hatte bei ihrer Bank 600 Euro abgehoben und diese in ihrer Handtasche verstaut. Die Handtasche legte sie wiederum in den Korb ihres Rollators und wickelte den Gurt um den Rollatorgriff. So machte sie sich zu Fuß auf den Heimweg, als der Täter von hinten mit dem Fahrrad an ihr vorbeifuhr und die Handtasche ergriff. Dies tat er, obwohl er sah, dass die Tasche am Rollator befestigt war und sich so aufdrängen musste, dass die Gefahr bestand, dass das Opfer den Halt verlieren und schwer stürzen würde. So kam es auch: Der Frau entglitt der Rollator, sie stürzte und schlug mit dem Kopf auf dem Gehweg auf. Sie erlitt schwerste Schäden. Nach einer Operation erlangte sie aufgrund des während dieser erlittenen Blutverlustes das Bewusstsein nicht wieder. In Übereinstimmung mit der bestehenden Patientenverfügung der Frau stellten die Ärzte die Behandlung ein, sodass die Frau schließlich verstarb.
II. Hat der Täter sich wegen Raubes mit Todesfolge nach § 251 StGB strafbar gemacht?
Mit dieser Frage setzte sich der BGH auseinander. Bevor man sich in einer vergleichbaren Klausur mit den im Mittelpunkt stehenden Fragen des Zurechnungszusammenhangs auseinandersetzen kann, sind die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen dieses erfolgsqualifizierten Delikts zu prüfen.

  1. Verwirklichung des Grunddelikts

Der Anfang ist schnell gefunden: Zunächst muss das Grunddelikt des § 249 StGB verwirklicht sein. Hierzu muss der Täter ein qualifiziertes Nötigungsmittel eingesetzt haben. In Betracht kommt hier allein die Anwendung von Gewalt gegen eine Person, d.h. die Zufügung eines gegenwärtigen, auf den Körper bezogenen Übels von einiger Erheblichkeit.

Anmerkung:  In einer Klausur kann an dieser Stelle durchaus diskutiert werden, ob das Wegreißen der Tasche ausreicht, um das Merkmal der Gewalt gegen eine Person zu erfüllen. Bloße Sachgewalt reicht nicht aus, ebenso darf der eingesetzte Kraftaufwand nicht allein der Ergreifung der Sache dienen. Der Täter muss in zur Überwindung eines zumindest erwarteten Widerstandes handeln.

Der BGH ging vorliegend davon aus, dass das Wegreißen der Tasche als Gewalt gegen eine Person eingeordnet werden kann. Bei der Tasche als Raubobjekt handelt es sich auch um eine fremde bewegliche Sache. Diese muss der Täter weggenommen, d.h. fremden Gewahrsam gebrochen und neuen, nicht notwendigerweise eigenen Gewahrsam begründet haben. Zwar kann man das Bestehen fremden Gewahrsams aufgrund der Platzierung der Tasche in dem offenen Korb des Rollators kurz problematisieren, im Ergebnis ist dies jedoch eindeutig zu bejahen, zumal das Opfer den Gurt der Tasche zusätzlich am Rollator befestigt hatte. Die übrigen Merkmale der Wegnahme sind ebenfalls zu bejahen – insbesondere bedarf es hier keiner breiten Auseinandersetzung mit der typischen Problematik der Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung. Nach dem äußeren Erscheinungsbild der Tat liegt eindeutig ein „Nehmen“ vor und auch eine Mitwirkung des Opfers ist zur Erlangung des Gewahrsams nicht erforderlich, sodass die Ansichten der Literatur und Rechtsprechung zu demselben Ergebnis kommen. Auch der notwendige räumlich-zeitliche Zusammenhang sowie der subjektive Finalzusammenhang zwischen Einsatz des Nötigungsmittels und Wegnahme liegen vor. Der Täter handelte vorsätzlich hinsichtlich des Einsatzes des Nötigungsmittels sowie der Wegnahme und auch in der Absicht rechtswidriger Bereicherung.

  1. Erfolgsqualifikation

Neben den Merkmalen des Raubes muss auch der qualifizierte Erfolg des § 251 StGB eingetreten sein. Mit dem Tod des Opfers ist das der Fall. Ohne die Gewaltausübung zur Wegnahme der Tasche wäre die Frau auch nicht gestürzt und schließlich nicht verstorben, sodass der notwendige Kausalzusammenhang zwischen Grunddelikt und Erfolg nach der Äquivalenztheorie vorliegt.
Der Tod muss nach § 251 StGB „wenigstens leichtfertig“ herbeigeführt worden sein. Da sich dem Täter der Geschehensablauf ebenso aufdrängen musste, dass ein solch schwerer Sturz einer älteren Person gravierende Gesundheitsschäden oder den Tod zur Folge haben könnte, kann die Leichtfertigkeit bejaht werden (zu den Anforderungen der Leichtfertigkeit siehe MüKoStGB/Sander, 3. Aufl. 2017, § 251 Rn. 12).
Dies allein reicht jedoch nicht aus, um die Voraussetzungen des gegenüber dem bloßen Raub wesentlich höher bestraften Tatbestands des § 251 StGB zu erfüllen. Erforderlich ist – wie bei jedem erfolgsqualifizierten Delikt – das Vorliegen eines spezifischen Gefahrzusammenhangs. Der BGH führt hierzu aus:

„Die deutlich erhöhte Strafdrohung für den Raub mit Todesfolge gebietet eine einschränkende Auslegung des § 251 StGB. Eine wenigstens leichtfertige Todesverursachung durch die Tat ist danach nur dann anzunehmen, wenn nicht nur der Ursachenzusammenhang im Sinne der Bedingungstheorie gegeben ist, sondern sich im Tod des Opfers tatbestandsspezifische Risiken verwirklichen, die typischerweise mit dem Grundtatbestand einhergehen. Dem speziellen Unrechtsgehalt des § 251 StGB ist nur genügt, wenn sich die dem Raub innewohnende Gefahr für die betroffenen Rechtsgüter in einer über den bloßen Ursachenzusammenhang hinausgehenden Weise in der Todesfolge niedergeschlagen hat. Dieser qualifikationsspezifische Zusammenhang ist allerdings auch dann gegeben, wenn die den Tod des Opfers herbeiführende Handlung zwar nicht mehr in finaler Verknüpfung mit der Wegnahme steht, sie mit dem Raubgeschehen aber derart eng verbunden ist, dass sich in der Todesfolge die der konkreten Raubtat eigene besondere Gefährlichkeit verwirklicht.“ (BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – 3 StR 574/19, Rn. 7)

Es bietet sich an, in zwei Schritten vorzugehen: Zunächst ist zu prüfen, ob der Todeserfolg nach allgemeinen Kriterien objektiv zurechenbar ist. In einem zweiten Schritt ist zu hinterfragen, ob sich die dem Raub typischerweise anhaftende Gefahr, d.h. die Gefahr der qualifizierten Nötigung, verwirklicht hat. Vorliegend liegt das Problem bereits auf der Stufe der objektiven Zurechnung: Der Zusammenhang kann unterbrochen sein, wenn der Todeserfolg erst durch Handeln eines Dritten oder des Opfers selbst eintritt. Allerdings genügt nicht jedes Dazwischentreten des Opfers oder eines Dritten: Nach dem BGH sind „das Gewicht und die Bedeutung des Eingriffs für den weiteren Geschehensablauf in Betracht zu ziehen. Insoweit ist etwa von Belang, ob die Realisierung der spezifischen Todesgefahr durch das Eingreifen des Opfers nur beschleunigt oder durch diese erst geschaffen wurde.“ (BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – 3 StR 574/19, Rn. 8)
a. Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch die Operation
Als den Zurechnungszusammenhang unterbrechende Umstände kommen die Operation des Opfers sowie der Behandlungsabbruch aufgrund der Patientenverfügung in Betracht.
Die Operation stellte einen Versuch dar, das Leben des Opfers zu retten. Als solcher unterbricht sie den Zurechnungszusammenhang nicht:

„Der im Krankenhaus unternommene Behandlungsversuch wurde mit dem Ziel durchgeführt, der mit der Tat in Gang gesetzten Risikoverwirklichung Einhalt zu gebieten. Dass diese Bemühungen fehlschlugen, beruhte nicht auf einem eigenständigen, von den behandelnden Ärzten verantworteten neuen Risiko für das Leben der dann Verstorbenen. Vielmehr war ein möglicher tödlicher Ausgang der medizinisch indizierten und lege artis durchgeführten Operation bereits zum Zeitpunkt der Tat in der Konstitution des Raubopfers angelegt.“ (BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – 3 StR 574/19, Rn. 13)

b. Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch den Behandlungsabbruch
Und auch die Patientenverfügung als solche bzw. der ihr nachfolgende Behandlungsabbruch kann nicht dazu führen, dass die objektive Zurechenbarkeit des Todeserfolgs verneint wird. Anerkannt ist, dass ein bloßes Unterlassen des Opfers oder eines Dritten nicht geeignet ist, den Zurechnungszusammenhang zwischen einer aktiven Handlung des Täters und dem Erfolg zu unterbrechen – vielmehr verwirklicht sich allein das vom Täter gesetzte Risiko. Nimmt das Opfer also keine ärztliche Hilfe in Anspruch, obwohl ihm dies möglich wäre, und verstirbt in der Folge, bleibt dies dem Täter zurechenbar. Nichts anderes kann gelten, wenn das Opfer sich nicht erst nach der Tat, sondern bereits zuvor im Rahmen einer Patientenverfügung gegen die Inanspruchnahme bestimmter ärztlicher Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere lebensverlängernder Maßnahmen entschieden hat. Dies muss umso mehr gelten, als dass das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts besonders geschützt ist (siehe hierzu auch unsere Besprechung der wichtigen BVerfG-Entscheidung zum Grundrecht auf Suizid). Der BGH führt hierzu aus:

„Zudem vermag die in der Patientenverfügung der Verstorbenen zum Ausdruck kommende eigenverantwortliche Entscheidung, auf eine „Maximaltherapie“ im Sinne einer apparategestützten Lebensverlängerung verzichten zu wollen, bei wertender Betrachtung auch aus rechtlichen Gründen eine zurechnungsunterbrechende Wirkung nicht zu entfalten. Der eigenverantwortlich in der Patientenverfügung niedergelegte Wille der Verstorbenen ist als Ausdruck ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts zu werten, wonach ein Patient in jeder Lebensphase, auch am Lebensende, das Recht hat, selbstbestimmt zu entscheiden, ob er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen will.“ (BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – 3 StR 574/19, Rn. 15)

An dieser Wertung ändert sich auch nichts durch die Tatsache, dass die Ärzte die Behandlung einstellten:

„Der Arzt, der in Umsetzung einer Patientenverfügung einen moribunden Zustand nicht durch intensivmedizinische Maßnahmen verlängert, beugt sich damit in Übereinstimmung mit den rechtlichen Vorgaben lediglich dem Patientenwillen. Eine Zurechnungsunterbrechung folgt hieraus nicht.“ (BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – 3 StR 574/19, Rn. 17)

Es handelt sich auch nicht um einen inadäquaten Geschehensverlauf: Sowohl die Schwere der Verletzung, als auch die Möglichkeit des Bestehens einer Patientenverfügung waren vorhersehbar (so auch BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – 3 StR 574/19, Rn. 18). Mithin verwirklicht sich in dem Tod des Opfers das vom Täter durch die gewaltsame Wegnahme der Tasche gesetzte Risiko, der Erfolg ist ihm objektiv zurechenbar.
Die übrigen Prüfungspunkte sind schnell abgehandelt: Neben der objektiven Zurechnung verwirklicht sich auch die spezifische Gefahr der Gewaltanwendung, sodass der gefahrspezifische Zusammenhang gegeben ist. Der Täter handelte auch rechtswidrig und schuldhaft – wobei im Rahmen der Schuldprüfung auf die subjektive Leichtfertigkeit des Täters einzugehen ist – und hat sich somit gemäß § 251 StGB strafbar gemacht.
III. Ausblick
Der vom BGH zu beurteilende Sachverhalt könnte ohne große Veränderung als Klausur gestellt werden. Trotz der Einkleidung in eine Prüfung des § 251 StGB liegt der Schwerpunkt der Problematik vielmehr im Allgemeinen Teil des Strafrechts. Die aufgeworfenen Fragen können nicht nur im Zusammenhang mit erfolgsqualifizierten Delikten relevant werden, sondern betreffen grundlegend die objektive Zurechenbarkeit des Erfolgs. Durch das Spezialproblem der Patientenverfügung erfordert die Prüfung ein gewisses Argumentationsgeschick. Wer sich indes die Grundlagen der objektiven Zurechnung vergegenwärtigt und die grundrechtliche Wertung hinsichtlich des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben berücksichtigt, wird diesen und ähnliche Fälle ohne Probleme bewältigen können.

23.11.2020/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2020-11-23 08:30:062020-11-23 08:30:06BGH: Neues zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs bei Versterben des Opfers
Dr. Melanie Jänsch

BGH: Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel in Abgrenzung zur „Mehrfachtötung“

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT

Mit aktuellem Beschluss vom 14.04.2020 hat der BGH (Az.: 5 StR 93/20) die Anforderungen an das Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel gem. § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 4 StGB speziell für den Fall naturgemäß gemeingefährlicher Mittel – wie der Brandstiftung – abermals konturiert. Eine sichere Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals gehört zu den absoluten Basics, die von jedem Examenskandidaten beherrscht werden sollten. Das Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel hat zudem insbesondere infolge der Raserfälle in jüngerer Vergangenheit erhöhte Aufmerksamkeit erfahren (s. hierzu LG Berlin v. 27.02.2017 − (535 Ks) 251 Js 52/16 (8/16); offen gelassen in der Revisionsinstanz: BGH v. 16.01.2019 – 4 StR 345/18), sodass von einer gesteigerten Prüfungsrelevanz auszugehen ist. Die Entscheidung soll daher zum Anlass genommen werden, sich – unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des BGH zur Abgrenzung von der „schlichten Mehrfachtötung“ – eingehender mit dem Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel auseinanderzusetzen.
 
A) Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt)
Der Sachverhalt ist schnell erzählt: Der Täter T zündete in dem von ihm bewohnten Zimmer im ersten Obergeschoss eines Wohnkomplexes aus Unzufriedenheit mit seiner Wohnsituation eine auf seinem Bett liegende Wolldecke an, schloss die Zimmertür und verließ anschließend das Haus. Dabei war dem T bewusst, dass sich im ersten Obergeschoss zwei weitere Bewohner aufhielten. Zudem rechnete er damit, dass sich im Dachgeschoss mindestens eine weitere Person befand. Ihm war das hohe Gefahrenpotential eines Feuers in einem Wohnhaus bewusst und er erkannte die naheliegende Möglichkeit einer körperlichen Verletzung oder des Todes der im Wohnhaus anwesenden Personen durch das Feuer oder entstehende Rauchgase und fand sich mit dem möglichen Eintritt dieser Folgen ab. Das Feuer entwickelte sich zunächst unbemerkt. Als ein im selben Geschoss wohnender Bewohner den Brand entdeckte, stand bereits das ganze Bett des T in Flammen. Er machte einen weiteren im ersten Obergeschoss wohnenden Zeugen auf den Brand aufmerksam, beide alarmierten einen im Dachgeschoss wohnenden Bewohner; sie flüchteten gemeinsam ins Freie und alarmierten die Feuerwehr. Zwei der drei Bewohner erlitten leichte bis mittelschwere Rauchgasvergiftungen. Als die Feuerwehr eintraf, konnte sie ohne Atemschutz nur bis zur Hälfte der Holztreppe ins Obergeschoss vordringen. Aufgrund der Hitze, des Rauchgases und des fehlenden Sauerstoffs bestand ab dort akute Lebensgefahr. Erst zwölf Minuten später konnten mit Atemschutzgeräten und Wärmeschutzanzügen ausgestattete Feuerwehrtrupps das Gebäude betreten und in die Obergeschosswohnung vordringen. Der im Zimmer des T lodernde Vollbrand konnte gelöscht werden.
 
B) Rechtsausführungen
Der Fokus der Prüfung soll auf der Frage liegen, ob sich T wegen versuchten Mordes mit gemeingefährlichen Mitteln in drei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 211 Abs. 1, Abs. 2 Gr. 2 Var. 3, 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat.
 
Anmerkung: Das Landgericht Saarbrücken hatte den Angeklagten in erster Instanz wegen versuchten Mordes in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung, schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen verurteilt. Aus didaktischen Gründen wird im Rahmen dieses Beitrags von der Prüfung der weiteren Delikte abgesehen; sie sollten in einer Klausur aber zwingend bedacht werden.
 
I. Vorprüfung
Mangels Erfolgseintritts wurde die Tat nicht vollendet. Die Strafbarkeit des Versuchs ergibt sich aus dem Verbrechenscharakter des Mordes, §§ 211 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB.
 
II. Tatentschluss
T müsste mit Tatentschluss gehandelt haben. Dies setzt Vorsatz hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes sowie das Vorliegen etwaiger subjektiver Tatbestandsmerkmale voraus. Zweifelsohne kann nach den Feststellungen der Tötungsvorsatz bejaht werden. Fraglich ist allein, ob es sich bei der Brandstiftung um eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln i.S.v. § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 3 StGB handelt.
 
1. Präzisierung der Gemeingefährlichkeit
Ein Tötungsmittel ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH gemeingefährlich, „wenn es in der konkreten Tatsituation eine unbestimmte Anzahl von Menschen an Leib oder Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters.“ (S. etwa BGH, Beschl. v. 18.07.2018 – 4 StR 170/18, NStZ 2019, 607 mwN). Für die Gemeingefährlichkeit ist mithin entscheidend, inwieweit das spezifische Mittel infolge seines Einsatzes nicht mehr beherrschbar und aufgrund dessen im Allgemeinen in seiner Wirkung geeignet ist, mehrere Menschen an Leib und Leben zu verletzen. Dabei kommt es – so ausdrücklich der BGH in seiner aktuellen Entscheidung – auf den Umfang des konkreten Gefährdungsbereichs nicht an:

„Seine Beschränkung auf eine Räumlichkeit schließt die Eigenschaft als gemeingefährliches Mittel nicht aus, denn jede auch noch so allgemeine Gefahr hat der Natur der Sache nach irgendeine örtliche Grenze.“ (Rn. 8)

Mit anderen Worten: Dass der T den Brand in seinem Zimmer gelegt hat, schließt die Gemeingefährlichkeit des Mittels nicht grundsätzlich aus. Im Gegenteil wohnt bestimmten Handlungen, zu denen der Einsatz von Brandsetzungsmitteln oder Explosionsstoffen zählen, aufgrund ihrer naturgemäß fehlenden Beherrschbarkeit die Gemeingefährlichkeit bereits inne. Ausdrücklich formuliert der BGH:

„Es gibt nach ihrer Eigenart grundsätzlich gemeingefährliche Mittel, bei denen allenfalls im Einzelfall die Beherrschbarkeit bejaht oder bei der speziellen Art ihrer Handhabung die Gefahr für eine Vielzahl von Menschen ausnahmsweise verneint werden kann. Dazu zählen Brandsetzungsmittel und Explosionsstoffe. Bei ihnen hat der Täter die Folgen seines Tuns typischerweise nicht in der Hand (…). An der gemeingefährlichen Verwendung fehlt es bei an sich nicht beherrschbaren Mitteln nur dann, wenn der Täter im konkreten Fall davon ausgeht, es könne dadurch nur die zur Tötung ins Auge gefasste Person getroffen werden.“ (Rn. 9)

Kurzum: Es kommt also darauf an, dass der Täter gerade aufgrund der Unbeherrschbarkeit des von ihm gewählten Mittels nicht ausschließen kann, eine Mehrzahl von Personen zu töten. Wählt er ein Mittel, das – wie hier die Brandstiftung – schon seiner Art nach im Regelfall nicht beherrscht werden kann, fehlt es an der Gemeingefährlichkeit nur in Ausnahmefällen.
 
2. Eine Abgrenzung zu „Mehrfachtötungen“
Die Gemeingefährlichkeit des Mittels war aber nach bisheriger Rechtsprechung des BGH auch bei ihrer Eigenart nach unbeherrschbaren Mitteln dann abzulehnen, wenn es sich bei der konkreten Tat um eine „bloße Mehrfachtötung“ handelte (vgl. BGH, Beschl. v. 18.07.2018 – 4 StR 170/18, NStZ 2019, 607, und v. 12.11.2019 – 2 StR 415/19; MüKo-StGB/Schneider, 3. Aufl., § 211 Rn. 127 mwN). Die Abgrenzung erfolge danach, ob sich der Täter mit Tötungsvorsatz gegen eine bestimmte Anzahl individualisierter Opfer wende – dann liege eine Mehrfachtötung und keine Gemeingefährlichkeit vor – oder ob er auch die Tötung von Zufallsopfern billigend in Kauf nehme (s. hierzu auch Altvater, NStZ 2006, 86, 90). Konnte also festgestellt werden, dass sich die Tat trotz Einsatzes eines naturgemäß gemeingefährlichen Mittels gegen einen individualisierten Kreis von Personen richtet, war das Vorliegen dieses Mordmerkmals zu verneinen (s. hierzu insbesondere die lesenswerte Entscheidung des BGH v. 18.07.2018 – 4 StR 170/18, NStZ 2019, 607).
In seiner aktuellen Entscheidung äußert der BGH hingegen zu Recht begründete Zweifel an der Aufrechterhaltung dieser Rechtsprechung:

„Es erscheint wertungswidersprüchlich, den Täter, der von vornherein eine konkrete Vielzahl von Opfern durch ein in seinem Gefahrenpotential nicht beherrschbares Mittel tötet, gegenüber demjenigen zu privilegieren, der ohne diese Konkretisierung aufgrund der Gemeingefahr des Tötungsmittels auch nicht bereits individualisierte Opfer in Kauf nimmt (vgl. näher Schneider, aaO Rn. 127). Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung müsste in Fällen nicht weiterer Aufklärbarkeit der Tätervorstellung der Zweifelssatz für die Annahme sprechen, dem Täter sei es gerade auf die Tötung aller in die Gefahrenlage einbezogenen Personen angekommen. Weder die Formulierung noch der Sinn und Zweck des Mordmerkmals gebieten nach Ansicht des Senats eine solche Auslegung. Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal stellt lediglich auf die vom Vorsatz umfasste Art des Tatmittels, nicht auf die Konkretisierung des Opfers in der Vorstellung des Täters ab. Die Unbestimmbarkeit des Opferkreises folgt vielmehr aus der besonderen Art des Tötungsmittels, das nach Freisetzung der in ihm ruhenden Kräfte für den Täter nicht mehr beherrschbar ist. Entscheidend muss es deshalb darauf ankommen, ob für den Angeklagten nicht mehr berechenbar ist, wie viele Menschen durch das Tatmittel verletzt und getötet werden können, weil er den Umfang der Gefährdung nicht beherrscht (…). Hat es der Täter bewusst nicht in der Hand, wie viele Menschen in den von ihm geschaffenen Gefahrenbereich geraten und durch sein Verhalten gefährdet werden, tötet er nach Ansicht des Senats auch dann mit gemeingefährlichen Mitteln, wenn er mit dem für ihn unbeherrschbaren Mittel eigentlich nur eine bestimmte Zahl konkreter Menschen töten will (…).“ (Rn. 11 f.)

 
III. Im konkreten Fall ohnehin fehlende Individualisierung des Opferkreises
Ob die Rechtsprechung, die bei der Abgrenzung zur Mehrfachtötung auf die Individualisierung des Personenkreises beim Einsatz per se unbeherrschbarer Mittel abstellt, aufrechterhalten werden kann, konnte jedoch letztlich offenbleiben, da dem T nach den Urteilsfeststellungen jedenfalls bewusst war, dass weitere, nicht näher konkretisierte Bewohner des Hauses an Leib und Leben gefährdet werden konnten. Er hatte weder kontrolliert, welche Personen sich in dem Wohnkomplex aufhielten, noch sichergestellt, dass weitere Bewohner oder Besucher das Haus nach der Brandlegung nicht mehr betreten. Zwar bezog sich sein bedingter Tötungsvorsatz auf zwei konkrete Hausbewohner, er rechnete aber auch damit, dass mindestens eine weitere, nicht konkretisierte Person im Haus war. Zudem wurden mit den Rettungskräften der Feuerwehr auch weitere Personen gefährdet. Der Kreis der potentiell durch die Brandlegung an Leib und Leben Gefährdeten war durch die Eigenart des Brandobjekts und die Dauer des Brandes letztlich unbestimmbar. (Rn. 15) Damit ist selbst nach der einschränkenden bisherigen Rechtsprechung des BGH der Einsatz gemeingefährlicher Mittel in diesem Fall anzunehmen. Der T hatte Vorsatz in Bezug auf die Begehung eines Mordes mit gemeingefährlichen Mitteln i.S.v. § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 3 StGB.
 
Achtung: Liegt die Sachverhaltskonstellation anders, ist dem T etwa versehentlich eine Zigarette auf die Decke gefallen und verlässt er daraufhin das Haus, kommt lediglich ein versuchter Mord durch Unterlassen gem. §§ 211, 212, 13 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB in Betracht (Garantenstellung durch Ingerenz). Nach zweifelhafter Ansicht des BGH (Grundlegend BGHSt 34, 13; zutr. a.A. Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 211 Rn. 61) kann die Variante der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln aber nicht durch Unterlassen verwirklicht werden. Nach diesen Maßstäben würde sich die hiesige Problematik (Gemeingefährlichkeit nur bei fehlender Individualisierung des Personenkreises) gar nicht stellen – so fragwürdig das sein mag. 
 
Anmerkung: In Betracht könnte man zudem das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe gemäß § 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB ziehen. Hierunter fällt die Tötung aus solchen Motiven, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb als besonders verwerflich anzusehen sind. Beurteilt wird dies nach der gesellschaftlich anerkannten und gelebten Sozialmoral, wobei die Umstände der Tat, ihre Vorgeschichte, die Lebensverhältnisse des Täters sowie seine Persönlichkeit in einer Gesamtschau zu bewerten sind (ausführlich MüKo-StGB/Schneider, 3. Aufl. 2017, § 211 Rn. 70 ff.). Aufgrund der restriktiven Handhabe des Merkmals wird man im vorliegenden Fall das Motiv des T – die Unzufriedenheit mit seiner Wohnsituation – aber mangels weiterer Informationen wohl nicht als in besonderem Maße verwerflich einordnen können.
 
III. Unmittelbares Ansetzen
Gemäß § 22 StGB liegt der Versuch einer Straftat aber erst dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat. Zwar ist dies nach ständiger Rechtsprechung des BGH bereits dann der Fall, wenn eine vorgelagerte Handlung „nach der Vorstellung des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet (s. exemplarisch BGH, Urt. v. 16.09.1975 – 1 StR 264/75, BGHSt 26, 201, 203; v. 16.01.1991 – 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 297 f. und v. 20.03.2014 – 3 StR 424/13, NStZ 2014, 447; Besch. v. 29.01.2014 – 1 StR 654/13, JR 2014, 299, 300 und v. 20.09.2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86 f.).“ Jedenfalls aber ist der Eintritt ins Versuchsstadium dann erfolgt, wenn der Täter bereits mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung dergestalt begonnen hat, dass bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht wurde. Dies ist hier der Fall: Durch das Anzünden der Decke und das anschließende Verlassen des Hauses hat der T die Tathandlung vorgenommen. Damit hat er unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt.
 
IV. Rechtswidrigkeit und Schuld
Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
 
V. Ergebnis
T hat sich wegen versuchten Mordes gemäß §§ 211 Abs. 1, Abs. 2 Gr. 2 Var. 3, 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
 
C) Fazit
Zusammenfassend kommt es für die Qualifikation eines Tötungsmittels als gemeingefährlich darauf an, ob das Mittel – wegen seiner abstrakten Gefährlichkeit, aber auch wegen seiner Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters – eine unbestimmte Anzahl von Menschen an Leib oder Leben gefährden kann, gerade weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht beherrschen kann. Bestimmte Mittel wie beispielsweise der Einsatz von Sprengstoff sind dabei schon ihrer Art nach typischerweise nicht zu kontrollieren, sodass sie nur in besonderen Fällen nicht als gemeingefährlich einzuordnen sind. Nach bisheriger BGH-Rechtsprechung kommt gleichwohl eine Verneinung der Gemeingefährlichkeit dann in Betracht, wenn sich der Täter mit Tötungsvorsatz gegen eine bestimmte Anzahl individualisierter Opfer richtet. Ob diese Rechtsprechung gerade in Fällen der Brandlegung in einem Wohnhaus künftig aufrechterhalten bleibt, wird man indes abwarten müssen; in der hier besprochenen Entscheidung hat der BGH dies mit überzeugenden Argumenten in Zweifel gezogen.
 
 

29.06.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-06-29 09:00:462020-06-29 09:00:46BGH: Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel in Abgrenzung zur „Mehrfachtötung“
Tobias Vogt

Strafbarkeit durch Ansteckung mit dem Coronavirus

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Es gibt wohl kein Thema, dass in den letzten Jahren derart die Schlagzeilen bestimmt hat wie das neuartige Coronavirus. Daher dürfte es auch nicht verwunderlich sein, falls rechtliche Probleme rund um das Coronavirus künftig Gegenstand juristischer Prüfungen sein werden.
In München kam es vergangene Woche bereits zum Eklat: Ein Münchener Rechtsanwalt zeigte einen Strafrichter wegen versuchter Körperverletzung an, nachdem dieser auf die Durchführung einer Gerichtsverhandlung bestand. Anwesend waren über 50 Personen. Nach Ansicht des beteiligten Anwalts sei die Verhandlung daher eine Hochrisikoveranstaltung, bei der ein erhöhtes Ansteckungsrisiko bewusst in Kauf genommen werde.
Dies bietet Anlass, die prüfungsrelevanten Probleme der Strafbarkeit durch Infizierung Anderer mit dem Coronavirus zu erläutern:
I. Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung §§ 223, 224 StGB
Wer eine andere Person mit dem Coronavirus infiziert, der erfüllt den objektiven Tatbestand der Körperverletzung – und dies selbst dann, wenn der Infizierte über keinerlei Symptome klagt. Zwar erfordert eine körperliche Misshandlung spürbare Folgen der Infektion. Eine Gesundheitsschädigung liegt aber bereits in der Infektion mit einer nicht ganz unerheblichen Krankheit selbst, in deren Folge der betroffene auch selbst infektiös sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 04-11-1988 – 1 StR 262/88).
Ggf. kann auch eine Strafbarkeit nach § 224 StGB wegen gefährlicher Körperverletzung vorliegen. In Betracht kommt die Beibringung eines anderen gesundheitsschädlichen Stoffes (Nr. 1, 2. Alt.) sowie eine lebensgefährliche Behandlung (Nr. 5).
Nach hM. sind Erreger von Krankheiten als gesundheitsschädliche Stoffe iSd. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB anzusehen (statt vieler Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, StGB § 224 Rn. 2c). Um in Bagatellfälle unangemessen hohen Strafe und einen Wertungswiderspruch mit den Nr. 2-5 zu vermeiden, ist über den Wortlaut hinaus erforderlich, dass die Substanz nach ihrer Art und dem konkreten Einsatz zur Verursachung einer erheblichen Gesundheitsschädigung geeignet ist. Nur so kann die gegenüber dem Grundtatbestand des § 223 StGB massive Strafrahmenerhöhung gerechtfertigt werden. Auch wenn einige die Erkrankung mit dem neuartigen Coronavirus in einigen Fällen milde verläuft, so ist der Virus dennoch jedenfalls geeignet, eine erhebliche Gesundheitsschädigung hervorzurufen.
Zudem kann eine lebensgefährdende Behandlung gemäß Nr. 5 vorliegen. Nach hM. ist keine konkrete Lebensgefahr erforderlich, sondern eine abstrakte Lebensgefahr ausreichend. Schließlich setzten auch die Nr. 1-4 abstrakte Gefahren unter die erhöhte Strafe. Zudem steht im Fokus des Wortlauts gerade die lebensgefährliche Behandlung, also nicht der konkrete Erfolg. An der abstrakten Lebensgefährlichkeit der Ansteckung mit dem Coronavirus kann gezweifelt werden, weil die Krankheit nur in Ausnahmefällen tödlich verläuft. Dies ist bislang in der Regel nur bei älteren Menschen, sowie Personen mit Vorerkrankungen der Fall – sog. Risikogruppe. Ob eine Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StBG vorliegt, kann daher nur anhand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden. Maßgeblich ist die individuelle Schädlichkeit der Einwirkung gegen den Körper des Verletzten (BGH, Beschluss vom 16. 1. 2013 – 2 StR 520/12) unter Berücksichtigung von Alter und Vorerkrankung des Opfers (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, StGB § 224 Rn. 12). Die Infizierung einer Person, die zur Risikogruppe zählt, stellt somit eine lebensgefährliche Behandlung dar, die Infizierung einer sonstigen Person dagegen nicht.
Eine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Körperverletzung wird in der Praxis oftmals am fehlenden Vorsatz scheitern. Ausreichend ist jedoch – wie sonst auch – dolus eventualis. Es kommt also in einer Klausur auf den Klassiker, die Abgrenzung des bedingten Vorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit, an (siehe dazu ausführlich unser Beitrag hier). Erkennt der Täter das Risiko einer Ansteckung anderer Personen und nimmt er dieses Risiko billigend in Kauf, so ist der Vorsatz zu bejahen. Vertraut er aber darauf, niemanden zu infizieren, ist ihm mangels Vorsatz nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen.
II. Fahrlässige Körperverletzung § 229 StGB
Eine fahrlässige Körperverletzung dürfte jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn der Täter von seiner eigenen Infektion wusste, oder zumindest aufgrund von engen Kontakt zu einer infizierten Person oder eigener Symptome mit der ernsthaften Möglichkeit einer Erkrankung rechnen musste, und dennoch in Kontakt mit anderen Personen trat, die er infolge dessen ansteckte. Ohne konkreten Anhaltspunkt bezüglich einer eigenen Erkrankung dürfte eine Strafbarkeit wohl ausscheiden.
III. Strafbarkeit bei tödlichem Krankheitsverlauf
Führt die Infektion zum Tod des Opfers, so hat sich der Täter bei Vorsatz sogar wegen Totschlag nach § 212 StGB oder sogar wegen Mord  nach § 211 StGB strafbar gemacht. Als Mordmerkmale kommen insbesondere Heimtücke und gemeingefährliche Mittel in Betracht. Letzteres könnte anzunehmen sein, wenn sich der Täter trotz eigener Infektion in eine Menschenmenge begibt, bspw. an einer Party teilnimmt, wo er zugleich mit einer Vielzahl an Personen engen Kontakt hat. Ob eine Heimtücke trotz der aktuellen, allgemein bekannten Gefährdungslage angenommen werden kann, ist fraglich. Es könnte an der Arglosigkeit fehlen, wenn bei einer derart weit verbreiteten Pandemie grundsätzlich jederzeit mit dem Risiko einer Infektion gerechnet werden muss.
Fehlt es wiederum am Vorsatz, so kann er sich nach § 222 StGB wegen fahrlässiger Tötung strafbar gemacht haben. Handelt der Täter vorsätzlich bezüglich einer Körperverletzung, nicht hingegen hinsichtlich des tödlichen Verlaufs, so ist er strafbar wegen Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB.
IV. Strafbarkeit wegen Versuch
Selbst wenn der Täter tatsächlich keine andere Person infiziert, so scheidet dadurch seine Strafbarkeit nicht von vorneherein aus. Rechnete er damit, andere anzustecken oder nahm er dies billigend in Kauf, so ist er mindestens wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung strafbar. Nahm er zudem auch den möglichen Tod einer anderen Person in Kauf, liegt eine Strafbarkeit wegen versuchtem Totschlag (oder sogar Mord) vor.
V. Strafbarkeit eines Richters wegen Durchführung der Verhandlung während Corona-Pandemie
In dem prominenten Fall der Anzeige gegen den Münchener Richter wird die denkbare Strafbarkeit wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung wohl mangels nachweisbaren Vorsatzes ausscheiden. In einer Klausur wäre in einem solchen Fall zudem die objektive Zurechnung einer Infektion zu thematisieren, wenn diese nicht von dem Täter (hier dem Richter) selbst ausgeht. Diese könnte aufgrund des Dazwischentretens Dritter – dem bereits infizierten Teilnehmer der Verhandlung – ausscheiden. Dies dürfte ebenso zu diskutieren sein, wenn es um die Strafbarkeit der Veranstalter sonstiger Massenzusammenkünfte (bspw. Corona-Partys) geht, bei der es zur Infizierung zwischen den Teilnehmern kommt. Zudem könnte im Fall des Richters die objektive Zurechnung aufgrund sozialadäquaten Verhaltens scheitern. Darüber, inwiefern eine Verhandlung während der aktuellen Pandemie noch sozialadäquat ist, kann aber durchaus gestritten werden. Zwei Münchener Anwälte scheiterten mit einem Eilantrag vor dem BVerfG, mit dem sie weitere Verhandlungen verhindern wollten.
VI. Summa
Die Ansteckung anderer Personen mit dem Coronavirus erfüllt den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung §§ 223, 224 Nr. 1, 2. Alt. (bei Personen der Risikogruppe zusätzlich Nr. 5), bei tödlichem Verlauf kommt sogar eine Strafbarkeit wegen Todschlag § 212 StGB oder Mord § 211 StGB in Betracht.
Auch wer sich dieser Folge – etwa mangels Kenntnis der eigenen Infektion – nicht bewusst ist, kann sich wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung § 229 StGB bzw. § 222 StGB strafbar machen.
Nahm der Täter billigend in Kauf, andere Personen anzustecken, so ist er dann, wenn er tatsächlich niemanden infiziert, aus Versuch zu bestrafen.
In diesem Sinne #stayhome und alles Gute.
 
 

25.03.2020/von Tobias Vogt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tobias Vogt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tobias Vogt2020-03-25 09:40:542020-03-25 09:40:54Strafbarkeit durch Ansteckung mit dem Coronavirus
Dr. Melanie Jänsch

BGH bestätigt erstmals Mordurteil gegen Raser

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Strafrecht BT

Erstmals hat der BGH in seinem am vergangenen Freitag veröffentlichten Beschluss vom 16.1.2019 (Az.: 4 StR 345/18) ein Mordurteil gegen einen Raser bestätigt. Das LG Hamburg hatte in seiner Entscheidung vom 19.2.2018 (Az.: 621 Ks 12/17) den Angeklagten unter anderem wegen Diebstahls, wegen Mordes in Tateinheit mit zweifachem versuchten Mord und mit zweifacher gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Der BGH hat die gegen die Verurteilung gerichtete Revision nun verworfen. Die extrem hohe Examensrelevanz ist offensichtlich: Es ist nicht nur das erste Mal, dass der BGH in einem Raser-Fall eine Strafbarkeit wegen Mordes annimmt; die Entscheidung bildet auch einen Kontrast zum medial sehr präsenten Ku’damm-Raser-Fall, in dem der BGH mit Urteil vom 1.3.2018 (Az.: 4 StR 399/17) das Mordurteil des LG Berlin vom 27.2.2017 (Az.: 535 Ks 8/16) gegen zwei Raser aufgehoben hat (s. hierzu unsere ausführliche Besprechung). Raser-Fälle sind Paradebeispiele für die Problematik der Abgrenzung des bedingten Vorsatzes von der bewussten Fahrlässigkeit, auf die im Rahmen dieses Beitrags noch einmal eingegangen werden soll. Insbesondere ist herauszustellen, auf welche Weise sich der hier darzustellende Hamburger Raser-Fall vom Ku’damm-Raser-Fall unterscheidet und inwieweit dies eine unterschiedliche Beurteilung des Vorsatzes rechtfertigen kann. Ebenso bedarf es – sofern vorsätzliches Handeln angenommen wird – anschließend der Auseinandersetzung mit der Frage, ob in solchen Fällen Mordmerkmale vorliegen oder ob eine Strafbarkeit wegen Totschlags anzunehmen ist.
 
A. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen und vereinfacht):
Der alkoholisierte Angeklagte hatte am Morgen des 4.5.2017 ein Taxi gestohlen und war in der Hamburger Innenstadt auf der Flucht vor der ihn verfolgenden Polizei bewusst auf die dreispurige Gegenfahrbahn gefahren. Den Streckenabschnitt der leicht kurvig verlaufenden und baulich von der übrigen Fahrbahn abgetrennten Gegenfahrbahn befuhr er mit hoher Geschwindigkeit von bis zu 155 km/h. Aufgrund von Kollisionen mit dem Kantstein der Fahrbahn und einer Verkehrsinsel verlor er die Kontrolle über das Fahrzeug und stieß nach Überqueren einer Kreuzung mit einer Geschwindigkeit von mindestens 130 km/h frontal mit einem ihm mit ca. 20 km/h entgegenkommenden Taxi zusammen. Einer der Insassen dieses Taxis verstarb noch an der Unfallstelle, zwei weitere Personen wurden schwer verletzt.
 
B. Entscheidung
Der Fall beinhaltet zwei Schwerpunktprobleme: Zunächst muss diskutiert werden, ob der Angeklagte vorsätzlich handelt, um dann in einem folgenden Schritt das Vorliegen etwaiger Mordmerkmale zu erörtern.
 
I. Abgrenzung des Eventualvorsatzes von der bewussten Fahrlässigkeit
Die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz – auch: bedingtem Vorsatz – und bewusster Fahrlässigkeit gehört vermutlich zu den schwierigsten Abgrenzungsproblematiken im Strafrecht. Dabei unterscheiden sich Eventualvorsatz und bewusste Fahrlässigkeit darin, „dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und deshalb auf ihren Nichteintritt vertraut, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintreten des schädlichen Erfolgs in der Weise einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt oder dass er sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet“ (BGH, v. 14.1.2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79 m.w.N.). Mit anderen Worten: Bei bedingtem Vorsatz erkennt der Täter den Erfolgseintritt als mögliche, nicht gänzlich fernliegende Folge seines Handelns (kognitives Element) und nimmt diesen jedenfalls billigend in Kauf (voluntatives Element). Bei der bewussten Fahrlässigkeit erkennt er zwar auch den Erfolg als mögliche Folge seines Handelns (kognitives Element), vertraut aber ernsthaft und nicht nur vage darauf, dass dieser nicht eintritt (fehlendes voluntatives Element). Dies erfordert eine Gesamtbetrachtung der objektiven und subjektiven Tatumstände. Als wesentlicher Indikator für das Wissens- und Wollenselement kann dabei die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung herangezogen werden, was im vorliegenden Fall die Annahme des Vorsatzes nahelegt.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die sog. Hemmschwellentheorie hinzuweisen, wonach bei Tötungsdelikten eine gegenüber Körperverletzungsdelikten deutlich höhere Hemmschwelle angenommen wird. Dies bedeutet allerdings nur, dass an den Nachweis des Vorsatzes höhere Anforderungen zu stellen sind. Dagegen soll die Wertung der hohen und offensichtlichen Lebensgefährlichkeit von Gewalthandlungen als ein gewichtiges, auf Tötungsvorsatz hinweisendes Beweisanzeichen nicht in Frage gestellt oder auch nur relativiert werden (BGH v. 5.12.2017 − 1 StR 416/17, NStZ 2018, 206, 207).
Dabei ist es nach Ansicht der Rechtsprechung bei der Würdigung des voluntativen Elements in der Regel auch erforderlich, dass sich das Gericht mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung sowie seine Motivation und die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in die Beurteilung einbezieht (BGH, Urt. v. 14.1.2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79 m.w.N.). Insbesondere könne eine mögliche Eigengefährdung des Täters gegen die Annahme eines Vorsatzes sprechen; bei riskantem Verhalten im Straßenverkehr, das nicht von vornherein auf die Verletzung anderer Personen angelegt sei, könne eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung zu der Beurteilung führen, dass er auf das Ausbleiben des Erfolgs vertraut habe.
Indes – so räumt der BGH in ständiger Rechtsprechung ein – seien die Gefährlichkeit der Tathandlung sowie der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts keine ausschließlich maßgeblichen Kriterien für die Annahme des bedingten Vorsatzes; vielmehr komme es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalles an (BGH v. 1.3.2018 – 4 StR 399/17, NStZ 2018, 409, Rn. 19 m.w.N.).
 
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH im Hamburger Raser-Fall in Übereinstimmung mit der Vorinstanz vorsätzliches Handeln angenommen. Dem Angeklagten sei bewusst gewesen,

„dass es mit hoher, letztlich unkalkulierbarer und nur vom Zufall abhängender Wahrscheinlichkeit zu einem frontalen Zusammenstoß mit entgegenkommenden Fahrzeugen kommen würde.“ Ihm war auch „bewusst, dass ein Frontalunfall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod eines oder mehrerer direkter Unfallbeteiligter sowie eventuell zur Schädigung weiterer Personen führen würde.“ All dies, auch der eigene Tod, wurde vom Angeklagten gebilligt, weil er „kompromisslos das Ziel, der Polizei zu entkommen“, verfolgte. Der Zurechnung des eingetretenen Todeserfolges zu dem vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Kausalverlauf steht daher nicht entgegen, dass der Angeklagte nicht unmittelbar mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte, sondern infolge der Kollisionen mit dem Kantstein am rechten Fahrbahnrand und einer der Verkehrsinseln die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und nach Überqueren des Glockengießerwalls auf der gegenüberliegenden Seite (…) mit einer Geschwindigkeit von „ca. 130 bis 143 km/h“ ungebremst frontal mit dem ihm entgegenkommenden Taxi des Geschädigten Y. kollidierte.“

Die Entscheidung sorgt für Aufsehen, hat der BGH in dem Berliner Raser-Fall einen Tötungsvorsatz abgelehnt. Hier liegt der Fall jedoch anders: Während die Täter im Ku’damm-Raser-Fall ein Kräftemessen in Form eines illegalen Autorennens veranstalteten, befand sich der Täter im Hamburger Raser-Fall auf der Flucht vor der Polizei. Dabei war ihm – so hat es das Landgericht festgestellt – „die Chance auf ein Entkommen wichtiger als das sichere Überleben“. Damit kann aber eine als solche erkannte Eigengefährdung, die im Einzelfall gegen die Annahme eines Tötungsvorsatzes sprechen kann, im vorliegenden Fall gerade nicht als Indiz gegen den Tötungsvorsatz herangezogen werden. Vielmehr sprechen die sonstigen Umstände – wie etwa die hohe Geschwindigkeit im Innenstadtbereich – für vorsätzliches Handeln.
 
II. Vorliegen eines Mordmerkmals
Wird der Vorsatz bejaht, so ist sich in einem zweiten Schritt der Frage zuzuwenden, ob Mordmerkmale vorliegen. Dabei scheint sich das Merkmal des gemeingefährlichen Mittels aufzudrängen, dessen Einschlägigkeit in einer Klausur ausführlich diskutiert werden müsste. Gemeingefährlich ist ein Mittel, das in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Maßgeblich ist dabei nicht die abstrakte Wirkung, sondern die Eignung zur Gefährdung Dritter in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters (MüKoStGB/Schneider, 3. Aufl. 2017, § 211 Rn. 127 f.). Dies bedeutet, dass ein Mittel selbst dann gemeingefährlich sein kann, wenn es seiner abstrakten Art nach nicht gemeingefährlich ist – wie ein Auto, das seiner Art nach ein Fortbewegungsmittel ist. Die Gemeingefährlichkeit kann sich dann daraus ergeben, dass bei einer derart hohen Geschwindigkeit eine unkontrollierbar hohe Anzahl an Menschen an Leib und Leben gefährdet wird. Ob eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln hier vorliegt, wie es die Vorinstanz angenommen hat, hat der BGH jedoch offengelassen, da jedenfalls das Merkmal der Verdeckungsabsicht gegeben sei:

„Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift steht der vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verdeckungsabsicht nicht entgegen, dass das Schwurgericht „tatsachenalternativ“ ein Handeln des Angeklagten in suizidaler Absicht festgestellt hätte. Das Schwurgericht hat vielmehr „nicht klären“ können, ob „auch suizidale Gedanken mit motivgebend waren“; „im Ergebnis“ – so das Landgericht weiter – „war ihm die Chance auf ein Entkommen wichtiger als das sichere Überleben“; dies stellt das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht nicht in Frage (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 211 Rn. 68b). Daher kann der Senat offenlassen, ob auch die Voraussetzungen des vom Landgericht weiterhin angenommenen Mordmerkmals der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln erfüllt sind.“

In Verdeckungsabsicht handelt, wer als Täter das Opfer tötet, um dadurch eine vorangegangene Straftat als solche oder auch Spuren zu verdecken, die bei einer näheren Untersuchung Aufschluss über bedeutsame Tatumstände geben könnten (BGH v. 15.2.2017 − 2 StR 162/16, NStZ 2017, 462 m.w.N.). Im vorliegenden Fall betraf dies den Taxi-Diebstahl, den der Täter zu verdecken versuchte.
 
C. Fazit
Zwar unterscheidet sich der hier dargestellte Fall vom Ku’damm-Raser-Fall insofern, als der Täter vor der Polizei flieht und nicht an einem illegalen Autorennen teilnimmt. Gleichwohl hat der BGH mit dieser Entscheidung klargestellt, dass die rücksichtslose Verwendung eines Fahrzeugs im Straßenverkehr und die bewusste Gefährdung von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigen kann, auf den im Einzelfall eine Verurteilung wegen Mordes gestützt werden kann. Maßgeblich sind stets die konkreten Tatumstände. Daher erscheint auch in Autorennen-Fällen eine Strafbarkeit nach § 211 StGB möglich. Diesbezüglich ist aber auch zu bedenken, dass der Gesetzgeber im Oktober 2017 § 315d StGB eingefügt hat, der verbotene Kraftfahrzeugrennen bestraft und in Abs. 5 eine Erfolgsqualifikation für die Verursachung des Todes eines anderen Menschen enthält, die keinen Vorsatz erfordert.
 
 

05.03.2019/2 Kommentare/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2019-03-05 09:00:242019-03-05 09:00:24BGH bestätigt erstmals Mordurteil gegen Raser
Dr. Melanie Jänsch

BGH: Konkretisierung des Versuchsbeginns

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Im Rahmen des unmittelbaren Ansetzens i.S.v. § 22 StGB findet die Abgrenzung zwischen – grundsätzlich straflosen – Vorbereitungshandlungen und dem Eintritt ins Versuchsstadium statt, die insbesondere in Fällen, in denen sich das Handeln des Täters im Vorfeld der eigentlichen Tatausführung bewegt, Schwierigkeiten bereitet. Mit Beschluss v. 29.5.2018 (Az.: 1 StR 28/18) hat sich der BGH nun wieder einmal zum unmittelbaren Ansetzen geäußert und die bislang vertretene gemischt subjektiv-objektive Theorie unter Anführung konkretisierender Elemente fortgeführt.
 

Anmerkung: Schon der Beschluss des BGH v. 8.5.2018 (Az.: 5 StR 108/18) betrifft den Versuchsbeginn, s. hierzu ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung. Da sich der BGH in letzter Zeit mehrfach mit dem unmittelbaren Ansetzen auseinandersetzen musste, ist von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit auszugehen, der Abgrenzungsproblematik Vorbereitung/Versuch bald in den (Examens-)Klausuren zu begegnen.

 
A. Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt):
Zwischen A und B kam es in der Wohnung des A zum Streit, wobei der B den A mehrfach schlug, sodass dieser zu Boden ging. Der C, der ebenfalls in der Wohnung anwesend war, hielt B sodann fest und forderte ihn zum Gehen auf, woraufhin B von A abließ und in Richtung Wohnungstür ging. Der in Wut geratene A wollte sich an B rächen und fasste den Entschluss, diesen mit seiner Waffe zu erschießen. Dabei ging er davon aus, den B noch im Eingangsbereich der Wohnung oder im Treppenhaus stellen zu können. B war jedoch von C, der von der Bewaffnung des A Kenntnis hatte, gewarnt worden und war bereits durch das Treppenhaus bis zur Haustür gelaufen. Auch der C verließ die Wohnung und hielt die Wohnungstür von außen zu, damit A nicht nachfolgen konnte. A bemerkte, dass die Wohnungstür von C zugehalten wurde, sodass er sich zunächst daran gehindert sah, auf B zu schießen. Dennoch schoss er – um die Blockade an der Tür aufzulösen – aus einer Entfernung von einem Meter schräg von oben nach unten durch die Wohnungstür. Die Kugel verfehlte C, dessen Verletzung A billigend in Kauf genommen hatte. Sie traf allerdings den B am linken Oberkörper, wobei das Durchdringen der Tür in schräger Bahn zu einer Geschwindigkeitsdrosselung geführt hatte, sodass die Kugel nicht in den Körper des B eindrang, sondern lediglich eine oberflächliche Verletzung verursachte. A hatte die Verletzung des B billigend in Kauf genommen, wobei er aber davon ausging, aufgrund der Geschwindigkeitsdrosselung der Kugel durch das Durchschlagen der Tür den B nicht tödlich treffen zu können. Daraufhin floh B aus dem Gebäude. Einige Sekunden nach dem Schuss konnte auch A ins Treppenhaus gelangen; er dachte, den B noch vor der Haustür erreichen und ihn dort erschießen zu können, musste dann aber feststellen, dass B entkommen war.
 
B. Lösung
Hinsichtlich der Strafbarkeit des A ist zu diskutieren, ob dieser dadurch, dass er die Waffe ergriff, in Richtung der Wohnungstür lief, um dort oder im Treppenhaus auf B schießen zu können und dann zur Überwindung der Blockade einen Schuss durch die Tür abgab, zum Totschlag gemäß § 212 I StGB unmittelbar angesetzt hat, § 22 StGB. Dies hat der BGH aber – anders als die Vorinstanz – verneint:
 
Gemäß § 22 StGB liegt der Versuch einer Straftat vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Dies ist zwar jedenfalls dann der Fall, wenn der Täter bereits mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung dergestalt begonnen hat, dass bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht wurde. Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch eine
 
„frühere, vorgelagerte Handlung […] die Strafbarkeit wegen Versuchs begründen. Das ist der Fall, wenn sie nach der Vorstellung des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet (s. etwa BGH, Urteile vom 16. September 1975 – 1 StR 264/75, BGHSt 26, 201, 203; vom 16. Januar 1991 – 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 297 f. und vom 20. März 2014 – 3 StR 424/13, NStZ 2014, 447; Beschlüsse vom 29. Januar 2014 – 1 StR 654/13, JR 2014, 299, 300 und vom 20. September 2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86 f.).“ Dies bedeutet, dass der Täter „subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreiten und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzen [muss], sodass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht“ (vgl. bereits BGH, Urt. v. 16.9.1975 – 1 StR 264/75, BGHSt 26, 201, 202 f.).
 

Anmerkung: Die Bestimmung des Versuchsbeginns ist mitunter noch umstritten. Eine ausführliche Darstellung verschiedener Ansätze findet sich in LK-StGB/Hillenkamp, § 22 Rn. 63 ff.

 
Fällt die Subsumtion unter diese abstrakte Formel schwer, so hat der BGH eine Konkretisierung vorgenommen, indem er zwei Kriterien, die zur Beurteilung des Versuchsbeginns herangezogen werden können, ausdrücklich nennt:
 
„Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen jedoch stets der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles. Hierbei können etwa die Dichte des Tatplans oder der Grad der Rechtsgutsgefährdung, der aus Sicht des Täters durch die zu beurteilende Handlung bewirkt wird, für die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnen.“ (BGH, Beschl. v. 29.5.2018 – 1 StR 28/18, BeckRS 2018, 16394, Rn. 9)
 
Legt man diese Maßstäbe zugrunde, könne im vorliegenden Fall nicht von einem unmittelbaren Ansetzen ausgegangen werden: Der BGH führt aus, dass es zum Zeitpunkt der Abgabe des Schusses am „kognitiven Element des Tötungsvorsatzes“ fehle. Zu berücksichtigen sei, dass „auch nach der Aufhebung der Blockade, also des Eintritts des mit dem Schuss beabsichtigen Erfolgs, nach der Vorstellung des Angeklagten noch weitere Zwischenakte erforderlich waren, um zur Tatbestandsverwirklichung übergehen zu können. Denn ihm war angesichts der geschlossenen Wohnungstür bewusst, auch wenn [C] die Türklinke nicht mehr festhalten würde, er selbst diese zunächst würde öffnen müssen und spätestens dies dem [B] Gelegenheit geben könnte, auf die Straße zu flüchten. Das wird durch die festgestellte Verzögerung von einigen Sekunden zwischen Schussabgabe und dem Verlassen der Wohnung belegt. Danach konnte der Angeklagte nicht davon ausgehen, durch den der Aufhebung der Blockade dienenden Schuss im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang auf [B] schießen zu können“. Indem der A also erst die Tür selbst öffnen musste, um den B ins Schussfeld zu bekommen, konnte der „Grad der Gefährdung des Rechtsguts Leben“ noch nicht als konkret genug angesehen werden.
 
Auch wenn man an das Heraustreten aus der Wohnung anknüpft, ergibt sich nach der Auffassung des BGH nichts anderes: Dann fehle es ebenfalls an einem „unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Heraustreten aus der Wohnungstür unter Mitnahme der Tatwaffe einerseits und der Tatbestandsverwirklichung“, indem sich der B zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr im Hausflur befand und der A diesem erst hätte nachlaufen müssen, um dann zu einem erneuten Schuss anzusetzen. So war auch zu diesem Zeitpunkt aus Sicht des A „der Grad der Gefährdung des Rechtsguts Leben des [B] noch nicht konkret genug, da es auch bei ungestörtem Fortgang noch mehrere Zwischenakte bedurfte, um auf ihn schießen zu können“.
 
Mit dieser Argumentation hat der BGH den Versuchsbeginn verneint, sodass eine Strafbarkeit wegen versuchten Totschlags ausscheidet.
 

Anmerkung: Scheitert eine Versuchsstrafbarkeit am unmittelbaren Ansetzen, ist bei Verbrechen auch stets an § 30 II StGB zu denken – dieser wird oft übersehen.

 
C. Fazit
Auch wenn der BGH durch die Nennung der Kriterien Dichte des Tatplans und Grad der Rechtsgutgefährdung seine abstrakte Formel des unmittelbaren Ansetzens näher bestimmt hat, so bleibt die Rechtsprechung zum Versuchsbeginn undurchsichtig. Mit Blick auf den bereits angesprochenen Beschluss v. 8.5.2018, in dem der BGH ebenfalls den Eintritt ins Versuchsstadium verneint hat, wird aktuell – entgegen früherer Rechtsprechung (so z.B. Urt. v. 16.9.2015 – 2 StR 71/15) – eine wohl eher restriktive Linie verfolgt. Im vorliegenden Falle wäre mit guten Argumenten sicherlich auch eine andere Ansicht vertretbar gewesen. In der Klausur ist stets wichtig, dass auf den konkreten Fall eingegangen wird und alle im Sachverhalt genannten relevanten Umstände ausgeschöpft werden.
 

05.11.2018/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2018-11-05 09:00:382018-11-05 09:00:38BGH: Konkretisierung des Versuchsbeginns
Dr. Yannik Beden, M.A.

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick: Strafrecht (Quartal 3/2018)

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Sowohl während des Studiums, als auch in der Vorbereitung auf Examensklausuren oder die mündliche Prüfung: Nur wer die aktuelle Rechtsprechung im Blick hat, ist auf neue Sachverhaltskonstellationen gut vorbereitet. Für das dritte Quartal 2018 haben wir euch im Zivilrecht und Öffentlichen Recht bereits die prüfungsrelevantesten Gerichtsentscheidungen präsentiert. Zur Vervollständigung unseres Quartalsberichts werden im nachstehenden Beitrag die wichtigsten Urteile und Beschlüsse zum materiellen Strafrecht und Strafprozessrecht besprochen:
I. Materielles Strafrecht
1. BGH Beschl. v. 5.7.2018 – 1 StR 201/18 zu den Rücktrittsanforderungen bei beendetem Versuch gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB
Die Entscheidung des Ersten Senats betraf den Rücktritt vom versuchten Mord, §§ 211, 22, 23 StGB sowie der versuchten Brandstiftung mit Todesfolge, §§ 306c, 22, 23 StGB. Im zu entscheidenden Fall setzte der Angeklagte – ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr – ein mehrstöckiges Wohnhaus in Brand, um dadurch einen Feuerwehreinsatz auszulösen und im Anschluss an der Bekämpfung des Feuers mitzuwirken. Damit wollte der Täter die auszulobende Einsatzvergütung erlangen, um seine schlechte finanzielle Situation aufzubessern. Der Täter wirkte dabei nicht vor Ort, sondern verrichtete seine Dienste in der Funkzentrale. Der BGH sah hierdurch die Voraussetzungen des Rücktritts vom beendeten Versuch nach § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB nicht erfüllt. Eine – für einen wirksamen Rücktritt notwendige – eigene Kausalkette, die für die Nichtvollendung der Tat zumindest mitursächlich ist, habe der Täter durch sein Verhalten nicht in Gang gesetzt:

„Nach der Rechtsprechung des BGH kommt ein Rücktritt vom Versuch gem. § 24 Absatz I 1 Var. 2 StGB schon dann in Betracht, wenn der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung nicht die sicherste oder „optimale“ gewählt hat, sofern sich das auf Erfolgsabwendung gerichtete Verhalten des Versuchstäters als erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung als ursächlich erweist. Es kommt nicht darauf an, ob dem Täter schnellere oder sicherere Möglichkeiten der Erfolgsabwendung zur Verfügung gestanden hätten; das Erfordernis eines „ernsthaften Bemühens“ gem. § 24 Absatz I 2 StGB gilt für diesen Fall nicht. Erforderlich ist aber stets, dass der Täter eine neue Kausalkette in Gang gesetzt hat, die für die Nichtvollendung der Tat ursächlich oder jedenfalls mitursächlich geworden ist. Ohne Belang ist dabei, ob der Täter noch mehr hätte tun können, sofern er nur die ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Mittel benutzt hat, die aus seiner Sicht den Erfolg verhindern konnten.“

2. BGH Beschl. v. 7.8.2018 – 3 StR 47/18 zum Totschlag in besonders schwerem Fall
Die bisherige Rechtsprechung zur Frage, wann von einem besonders schweren Fall eines Totschlags i.S.v. § 212 Abs. 2 StGB ausgegangen werden kann, wurde vom BGH nochmals bestätigt. Es handelt sich um ein Problem der Strafzumessung, welches grundsätzlich eine Würdigung und Abwägung aller Einzelfallumstände bedarf. Im Ausgangspunkt nimmt die Rechtsprechung erst dann einen besonders schweren Fall an, wenn das Verschulden des Täters ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders nach § 211 StGB. Dieses Verständnis liegt bereits aufgrund des gleichen Strafmaßes (lebenslange Freiheitsstrafe!) nahe. Im Einzelnen führte das Gericht aus:

„Ein besonders schwerer Fall des Totschlags setzt voraus, dass das in der Tat zum Ausdruck kommende Verschulden des Täters außergewöhnlich groß ist. Es muss ebenso schwer wiegen wie das eines Mörders. Dafür genügt nicht schon die bloße Nähe der die Tat oder den Täter kennzeichnenden Umstände zu gesetzlichen Mordmerkmalen. Es müssen vielmehr schulderhöhende Gesichtspunkte hinzukommen, die besonders gewichtig sind“

Sowohl in subjektiver als auch objektiver Hinsicht bedarf es jedoch mehr als einer bloßen Möglichkeit, dass der Täter gleichermaßen wie ein Mörder hätte handeln können. Für den vom Dritten Senat zu entscheidenden Fall bedeutete das:

„Daraus, dass „zahlreiche, nicht fernliegende Handlungsalternativen und Motivationslagen in Betracht“ kommen, die Mordmerkmale ausfüllen könnten, ergibt sich indes noch keine Nähe zu diesen. Das gilt insbesondere in Bezug auf die subjektive Tatseite. So vermochte die Strafkammer keine Feststellungen zu den „Vorstellungen und Motiven“ des Angeklagten zu treffen. Damit fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme, dass eine Nähe zu den Mordmerkmalen der niedrigen Beweggründe oder der Verdeckungsabsicht bestehe. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das Mordmerkmal der Heimtücke. Da die Strafkammer nicht ausschließen konnte, dass das Kind zum Zeitpunkt des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mehr arglos war, kann nicht ohne Weiteres von einer Nähe zu heimtückischem Handeln ausgegangen werden.“

Deutlich wird, dass der BGH für das Merkmal der „Nähe zum Mord“ äußerst hohe Anforderungen stellt. In der Klausur bedeutet das, dass in Ermangelung eines Mordmerkmals tendenziell von einem „normalen“ Totschlag gem. § 212 Abs. 1 StGB und nicht von einem besonders schweren Fall ausgegangen werden sollte.
3. BGH Beschl. v. 8.8.2018 – 2 ARs 121/18 zur Strafvereitelung durch einen Strafverteidiger – § 258 StGB
Im streitgegenständlichen Verfahren teilte der Strafverteidiger der Ermittlungsbehörde wahrheitswidrig mit, dass die gesuchten Unterlagen sich in der Garage seines Mandanten befänden, obwohl sich tatsächlich noch wesentliche Teile der Dokumente in den Räumlichkeiten des Strafverteidigers befanden. Zudem erklärte der Strafverteidiger nach einer Sichtung seiner Büroräume, im Rahmen derer beweiserhebliche Materialien gefunden wurden, dass er über keine weiteren Beweismittel dieser Art verfüge, obwohl er jedenfalls über einen weiteren Ordner mit wichtigen Beweisurkunden verfügte. Der BGH entschied hier:

„Eine Strafvereitelung in diesem Sinn kann auch durch Vereitelung des staatlichen Beschlagnahmezugriffs auf Beweisgegenstände durch einen Strafverteidiger begangen werden. So gehen etwa wahrheitswidriges Bestreiten des Besitzes gesuchter Beweisurkunden und ein falscher Hinweis auf einen anderweitigen Belegenheitsort zur Vereitelung eines bevorstehenden Beschlagnahmezugriffs über die Grenzen zulässiger Strafverteidigung hinaus. Ein solches Verhalten erfüllt den Tatbestand der Strafvereitelung, wenn dadurch der Abschluss des staatlichen Strafverfahrens für geraume Zeit verzögert wird und der Strafverteidiger absichtlich oder wissentlich handelt.
[…]
Anders liegt es, wenn durch die Ermittlungsbehörde oder das Strafgericht die Herausgabe solcher Beweismittel, die nicht originär durch die Verteidigung hervorgebracht wurden, verlangt (§ 95 Abs. 1 StPO) oder deren Beschlagnahme (§ 94 Abs. 2 StPO) angestrebt wird. In diesem Fall darf der Verteidiger solche Beweismittel, die nicht spezifisches Verteidigungsmaterial darstellen, nicht dem staatlichen Zugriff entziehen, indem er sie verborgen hält oder falsche Angaben zum Belegenheitsort macht. In Bezug auf solche Beweismittel, namentlich „verfängliche Geschäftsunterlagen“, besteht kein Beschlagnahmeverbot gemäß § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO.
[…]
Der Verteidiger darf „Überführungsstücke“, auf die ein staatlicher Beschlagnahmezugriff zielt, nicht in seinen Räumen verstecken. Sein Mandat soll nicht dazu genutzt werden können, gesuchten Beweisgegenständen „Asyl“ zu gewähren. Erst recht gestattet keine der Regelungen zum Schutz des Vertrauensverhältnisses gemäß §§ 53, 97, 160a, 148 StPO es dem Strafverteidiger, falsche Angaben über seinen Besitz an Beweisgegenständen zu machen.“

4. BGH Urt. v. 15.5.2018 – 2 StR 152/18 zur Sittenwidrigkeit einer Körperverletzung nach § 228 StGB
Wird in eine Körperverletzung eingewilligt, ist die Tat nur rechtswidrig, wenn sie trotz Einwilligung gegen die „guten Sitten“ verstößt. Dieses äußert weit gefasste Merkmal konkretisierte der BGH erneut. Für die ex-ante zu bestimmende Sittenwidrigkeit sei vordergründig auf die Art und Schwere des Rechtsgutsangriffs abzustellen. Die Tat müsse in Anbetracht des Umfangs der Verletzung sowie des damit verbundenen Gefahrengrads für Leib und Leben trotz Einwilligung des Rechtsgutsträgers „nicht mehr als von der Rechtsordnung hinnehmbar erscheinen“. Viel ist damit freilich noch nicht gesagt, da auch der Begriff der Hinnehmbarkeit vieles bedeuten kann. Der BGH grenzt allerdings ein: Ebenso wie die Zwecksetzung der Tat sei unbeachtlich, welche gesellschaftliche Vorstellung über die Tat vorliegen mögen.

„Die Weite und Konturenlosigkeit des Merkmals der guten Sitten in § 228 StGB erfordert, dieses strikt auf das Rechtsgut der Körperverletzungsdelikte zu beziehen und auf seinen Kerngehalt zu reduzieren. Gesellschaftliche Vorstellungen oder der durch die Tat verfolgte Zweck können lediglich dazu führen, dass ihretwegen eine Einwilligung trotz massiver Rechtsgutsverletzungen Wirksamkeit entfalten kann. Zur Feststellung eines Sittenverstoßes und damit – über die Unbeachtlichkeit der Einwilligung – zur Begründung der Strafbarkeit von einvernehmlich vorgenommenen Körperverletzungen können sie nicht herangezogen werden.“ 

5. BGH Beschl. v. 12.6.2018 – 3 StR 171/17 zum subjektiven Schadenseinschlag beim Betrug (Nachtrag zu Quartal 2/2018)
Besondere Prüfungsrelevanz dürfte die Entscheidung des BGH zu den Grundsätzen des subjektiven Schadenseinschlags bei § 263 StGB haben. Das Gericht konkretisierte die Anforderungen an den persönlichen Schadenseinschlag: Ausgehend vom Grundsatz, dass ein Vermögensschaden trotz objektiver Gleichwertigkeit der Gegenleistung auch vorliegen kann, wenn diese für das Opfer unter Berücksichtigung der individuellen und wirtschaftlichen Bedürfnisse und Verhältnisse subjektiv wertlos ist, stellte der Dritte Senat nun fest:

„Insofern kann als Schaden die gesamte Leistung des Gesch. anzusehen sein, wenn die Gegenleistung nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck brauchbar ist und er sie auch nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden, namentlich ohne besondere Schwierigkeiten wieder veräußern kann“  

Da im streitgegenständlichen Verfahren die verkauften Geräte nur mit „erheblichen Verlusten“ hätten weiterveräußert werden können, nahm der BGH einen persönlichen Schadenseinschlag und mithin einen Vermögensschaden an. Eine ausführliche Besprechung dieses besonders prüfungsrelevanten Urteils findet sich im hierzu erstellen Beitrag von Sebastian Rombey.
II. Strafprozessrecht
1. BGH Urt. v. 4.7.2018 – 5 StR 46/18 zur Verhandlungsunfähigkeit eines Angeklagten
Die Entscheidung behandelt die Grenze zur Verhandlungsunfähigkeit bei einem Angeklagten, dessen geistige, psychische oder körperliche Fähigkeit zur Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte eingeschränkt ist. Der 5. Strafsenat geht von einer Verhandlungsunfähigkeit erst aus, wenn dem Angeklagten auch bei Inanspruchnahme verfahrensrechtlicher Hilfe – also insbesondere einem Verteidiger – eine eigenständige, selbstverantwortliche Entscheidungen über die wesentlichen Belange seiner Verteidigung sowie eine sachgerechte Wahrnehmung der ihm zustehenden Verfahrensrechte nicht mehr möglich ist. Dabei geht es vor allem um solche Verfahrensrechte, die der Angeklagte selbst, d.h. persönlich wahrnehmen muss. Danach soll es speziell für das Revisionsverfahren ausreichen, wenn der Beschwerdeführer zumindest zeitweilig zur Konsensfindung mit seinem Verteidiger darüber, ob das Rechtsmittel aufrechterhalten oder zurückgenommen werden soll, in der Lage ist.

„Verhandlungsfähigkeit im strafprozessualen Sinne bedeutet, dass der Angekl. in der Lage sein muss, seine Interessen in und außerhalb der Verhandlung vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Angekl. auch tatsächlich fähig sein muss, die ihm gesetzlich eingeräumten Verfahrensrechte in jeder Hinsicht selbständig und ohne fremden Beistand wahrzunehmen. Auch bei solchen Angekl., deren geistige, psychische oder körperliche Fähigkeit zur Wahrnehmung der Verteidigungsrechte eingeschränkt ist, muss die Schuld- und Straffrage in einem rechtsstaatlichen Strafverfahren geklärt und entschieden werden können. Danach liegt Verhandlungsunfähigkeit bei solchen Einschränkungen der geistigen, psychischen oder körperlichen Fähigkeiten nicht vor, wenn die Auswirkungen dieser Einschränkungen auf die tatsächliche Wahrnehmung der Verfahrensrechte durch Hilfen für den Besch. hinreichend ausgeglichen werden können. Die Grenze zur Verhandlungsunfähigkeit ist erst dann überschritten, wenn dem Angekl. Auch bei Inanspruchnahme solcher verfahrensrechtlichen Hilfen eine selbstverantwortliche Entscheidung über grundlegende Fragen seiner Verteidigung und eine sachgerechte Wahrnehmung der von ihm persönlich auszuübenden Verfahrensrechte nicht mehr möglich ist“

2. BGH Beschl. v. 5.7.2018 – 1 StR 42/18 zur Selbstbelastungsfreiheit, § 136 Abs. 1 S. 2 StPO
Äußert sich der Angeklagte nicht zu den Gründen seines Aufenthalts am Ort seiner polizeilichen Festnahme und stellt das erkennende Gericht sowohl in seiner Beweiswürdigung, als auch seiner rechtlichen Würdigung ausdrücklich hierauf ab, wird das Schweigen zum Nachteil des Angeklagten gewertet, sein Schweigerecht mithin konterkariert. Dies verstößt gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens und gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit gem. §§ 136 Abs. 1 S. 2, 243 Abs. 5 S. 1 StPO:

„Der Grundsatz, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht, insoweit also ein Schweigerecht besteht, ist notwendiger Bestandteil eines fairen Verfahrens. Es steht dem Angeklagten frei, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen (§ 136 Abs. 1 Satz 2, § 243 Absatz 5 Satz 1 StPO). Macht ein Angeklagter von seinem Schweigerecht Gebrauch, so darf dies nicht zu seinem Nachteil gewertet werden. So liegt der Fall aber hier.
Es ist zwar rechtlich zutreffend, dass der Zweifelssatz es nicht gebietet, zugunsten eines Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen keine Anhaltspunkte bestehen. Das Landgericht stellt jedoch in seiner Beweiswürdigung, aber auch in der rechtlichen Würdigung, an mehreren Passagen ausdrücklich darauf ab, dass sich die Angeklagten nicht zu den Gründen ihres Aufenthalts im Bereich des Festnahmeortes geäußert oder erklärt haben. Damit wird im Ergebnis zum Nachteil gewertet, dass die Angeklagten von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht haben.“


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23.10.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-10-23 09:30:292018-10-23 09:30:29Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick: Strafrecht (Quartal 3/2018)
Gastautor

Anfängerklausur – Strafrecht: Der mordlustige Erbe

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Wir freuen uns sehr, einen Gastbeitrag von Jasmin Bertlings veröffentlichen zu können. Die Autorin ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht bei Herrn Prof. Dr. Martin Waßmer an der Universität zu Köln. Diese Klausur wurde im Wintersemester 2016/2017 den Studierenden des zweiten Semesters an der Universität zu Köln als Abschlussklausur der Vorlesung „Strafrecht II“ gestellt.
 
Anfängerklausur – Strafrecht: Verhältnis von § 211 und § 212 StGB; restriktive Auslegung der Mordmerkmale; Tatbestandsverschiebung gem. § 28 StGB – Der mordlustige Erbe
Im Rahmen der Tötungsdelikte stellt sich das Problem der Anwendbarkeit des § 28 StGB. Ursprung dieses Problems ist der anhaltende Streit zwischen Rechtsprechung und Literatur um das Verhältnis der Tötungsdelikte zueinander. Dieser Streit ist ein absoluter Klausurklassiker und wird gerne im Rahmen der Abschlussklausur geprüft. Wurden die unterschiedlichen Ansätze der Rechtsprechung und der Literatur einmal verstanden, ist die Thematik jedoch ein dankbares Klausurthema.
Sachverhalt
Oma Otilie (O) hat im Laufe ihres langen Lebens ein Vermögen angehäuft. Einziger Erbe ist ihr Enkel (E). E, der seit Jahren versucht, seine Ausbildung abzuschließen, möchte nicht weiter auf Luxus verzichten und beschließt daher O zu töten, um endlich an das Erbe zu gelangen. Da er keine Waffe besitzt, geht er zu seinem besten Freund (F), der einige alte, nicht registrierte Pistolen hat. Er berichtet F von seinem Plan, O zu töten, um an das Erbe zu gelangen. Über die konkrete Begehungsweise verliert E kein Wort.
F ist das Erbe des E vollkommen gleichgültig. Dennoch heißt er die Tötung gut, da er am Tag zuvor vor dem Haus der O ein Auto gestreift und Fahrerflucht begangen hatte. Er fürchtet, dass O – die einzige Zeugin der Tat – ihn anzeigt.
Gegen 22.00 Uhr begibt sich E im Schutz der Dunkelheit mit der von F geborgten Pistole zum Haus der O. Mit seinem Zweitschlüssel verschafft er sich Zutritt zum Haus. E schleicht in das Schlafzimmer und erschießt dort die friedlich schlummernde O, mit einem Schuss in den Kopf. O ist sofort tot. In freudiger Erwartung des Erbes verlässt E eilig den Ort des Geschehens.
Als E auf die Straße tritt, ist er noch voller Euphorie wegen des bald zu erwartenden Erbes. Er steigt in seinen Golf und macht sich auf den Heimweg. Auf der Rückfahrt kommt E in eine allgemeine Verkehrskontrolle und wird von den Polizisten P1 und P2 angehalten. Diese wollen die Ausweispapiere des E sehen. E, sichtlich genervt von dem Verhalten der Polizisten, entgegnet: „Die beiden Bullen haben offenbar nichts Besseres zu tun…!“
Wie haben sich E und F nach dem 14. und 16. Abschnitt des StGB strafbar gemacht? Ggf. erforderliche Strafanträge sind gestellt.
 
Gliederung:
1. Tatkomplex: Der Tod der Oma

A. Strafbarkeit des E gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, Var. 5 StGB durch Abgabe des Schusses auf O

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) Tötung eines anderen Menschen

b) Tatbezogene Mordmerkmale: Heimtücke gem. § 211 Abs. 2 Var. 5 StGB

2. Subjektiver Tatbestand

a) Tötungsvorsatz (Bzgl. § 212 StGB und der Heimtücke)

b) Täterbezogene Mordmerkmale: Habgier gem. § 211 Abs. 2 Var. 3 StGB

II. Rechtswidrigkeit und Schuld

III. Ergebnis

B. Strafbarkeit des F gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5, 9, 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 StGB durch Aushändigen des Gewehrs

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat

b) Hilfeleisten

2. Subjektiver Tatbestand (Doppelvorsatz)

a) Vorsatz bzgl. der Teilnahmehandlung

b) Vorsatz bzgl. der Vollendung der Haupttat

3. Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 StGB

II. Rechtswidrigkeit und Schuld

III. Ergebnis

2. Tatkomplex: Die Verkehrskontrolle: Strafbarkeit des E gem. § 185 StGB durch Äußerung gegenüber den Polizisten

I. Tatbestand

II. Ergebnis

Gesamtergebnis
 
Lösungsvorschlag:
Der Lösungsvorschlag ist so formuliert, wie er bei einer Bearbeitungszeit von 120 Minuten erwartet werden kann. Die Verweise sind bewusst sparsam gehalten.
1. Tatkomplex: Der Tod der Oma
A. Strafbarkeit des E gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, Var. 5 StGB durch Abgabe des Schusses auf O
E könnte sich gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5 StGB wegen Mordes strafbar gemacht haben, indem er auf die O schoss.

Hinweis:
An dieser Stelle können die Studierenden das Gutachten entweder mit §§ 212, 211 StGB oder § 211 StGB beginnen. Bereits an dem Aufbau wird deutlich, welcher Ansicht der Klausurbearbeiter am Ende bei der streitigen Frage, in welchem Verhältnis § 212 StGB und § 211 StGB zueinander stehen, folgen wird. Wichtig ist an dieser Stelle, dass die Prüfung konsequent durchgeführt wird.

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a. Tötung eines Menschen
Die O, ein anderer Mensch ist tot. Der Tod wurde kausal und objektiv zurechenbar durch den Schuss des E ausgelöst.
b. Tatbezogene Mordmerkmale
E könnte die Tat heimtückisch gem. § 211 Abs. 2 Var. 5 StGB begangen haben. Heimtückisch handelt, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt (Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 211, Rn. 34). Die Wehrlosigkeit muss Folge der Arglosigkeit sein (Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 211, Rn. 40). Arglos ist, wer sich zu Beginn des Tötungsversuchs keines Angriffs auf sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit versieht (Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 211, Rn. 35). Wehrlos ist, wer infolge seiner Arglosigkeit zur Verteidigung außerstande oder in seiner natürlichen Abwehrbereitschaft eingeschränkt ist (Eschelbach, in: Beck OK StGB, 35. Edition, Stand: 01.08.2017, § 211, Rn. 43 m.w.N.). O schläft friedlich. Da sich O kurz vor dem Zubettgehen, keines Angriffs auf sich versah, war O arglos. Die Arglosigkeit könnte aber in dem Zeitpunkt, als zu Bett ging, entfallen sein. Denn Voraussetzung für die Arglosigkeit ist die Fähigkeit zum Argwohn. Die herrschende Meinung bejaht Fähigkeit zum Argwohn auch bei Schlafenden. Sie gehen arglos zu Bett und nehmen die Arglosigkeit mit in den Schlaf (BGH NJW 2003, 2464; Neumann/Saliger, in: NK-StGB, 5. Aufl. 2017, § 211, Rn. 55). Die O war mithin arglos. Die schlafende O war auch in ihrer Verteidigungsbereitschaft eingeschränkt, sodass O auch wehrlos war. Die Wehrlosigkeit beruhte auf der Arglosigkeit. Die Voraussetzungen der Heimtücke liegen grundsätzlich vor.
Allerdings muss jedem Mord eine besondere Verwerflichkeit anhaften. Aufgrund der lebenslangen Freiheitsstrafe ist eine restriktive Auslegung der Mordmerkmale, insbesondere der Heimtücke, geboten. Ansonsten wäre die absolute Strafandrohung des § 211 StGB nicht mit dem Schuldgrundsatz vereinbar und damit verfassungswidrig. Es gibt eine Vielzahl von Restriktionsansätzen in Rspr. und Schrifttum, die sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtsfolgenseite ansetzen.
Die Rspr. fordert daher ein Handeln in feindlicher Willensrichtung und die zusätzliche Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf der Rechtsfolgenseite (BGHSt 9, 385, 30; siehe auch: Neumann/Saliger,in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 211, Rn. 73; Schneider, in: MüKo StGB, 3. Aufl. 2017, § 211, Rn. 197). Die feindliche Willensrichtung ist nur in den Fällen zu verneinen, in denen der Täter zum vermeintlich Besten des Opfers handelt (Neumann/Saliger, in: NK-StGB, 5. Aufl. 2017, § 211, Rn. 73; Wenkel, in: Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl. 2017; § 211, Rn. 14). E wollte die O töten, um das Erbe vorzeitig zu erhalten. Er handelte nicht zum vermeintlich Besten der O. Ein Handeln in feindlicher Willensrichtung liegt vor.
Eine a.A. verlangt eine besonders verwerfliche Gesinnung des Täters. Eine solche liegt vor, wenn der Täter z.B. egoistisch handelt oder von Spaß geleitet ist. E handelte aus einer egoistischen Gesinnung heraus, denn er wollte sich mit dem zu erwartenden Erbe ein schönes Leben machen. Somit ist auch eine verwerfliche Gesinnung zu bejahen.
Eine weitere Ansicht fordert einen besonders verwerflichen Vertrauensbruch (Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014; § 211, Rn. 26; Neumann/Saliger, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 211, Rn. 49; Schneider, in: MüKo StGB, 3. Aufl. 2017, § 211, Rn. 204). Das bedeutet, dass das Merkmal der Heimtücke nur in den Fällen angenommen wird, in denen der Täter ein spezielles Vertrauen ausnutzt oder missbraucht, welches das Opfer ihm entgegenbringt (Küper, JuS 2000, 740, 745). E ist der Enkel und ihr einziger Erbe. Darüber hinaus besitzt er einen Schlüssel zu O´s Haus. Einen Zweitschlüssel zu seinem Haus gibt man regelmäßig nur Personen, zu denen man ein enges Verhältnis hat. Es kann daher von einem engen Vertrauensverhältnis zwischen den beiden ausgegangen werden. Ein verwerflicher Vertrauensbruch ist mithin anzunehmen.
Zuletzt wird von manchen ein tückisch-verschlagenes Vorgehen (Schneider, in: MüKo StGB, 3. Aufl. 2017, § 211, Rn. 206) zur Bedingung gemacht. Dieses Vorgehen ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Täter bestimmte Tatumstände planmäßig zunutze macht (Schneider, in: MüKo StGB, 3. Aufl. 2017, § 211, Rn. 204 m.w.N.). E schleicht sich während die O schläft in ihr Schlafzimmer und tötet sie im Schlaf. Den Umstand, dass seine Großmutter schläft, macht sich E zunutze. Ein tückisch verschlagenes Vorgehen ist zu bejahen.
Nach allen Ansichten ist die Heimtücke gegeben. Ein Streitentscheid kann an dieser Stelle dahinstehen.
2. Subjektiver Tatbestand
a. Tötungsvorsatz (hinsichtlich § 212 StGB und der Heimtücke)
E handelte, da er die Tötung der O wollte, vorsätzlich. Ebenso handelte der E mit Vorsatz in Bezug auf die heimtückische Begehungsweise.
b. Täterbezogene Mordmerkmale
E könnte habgierig gem. § 211 Abs. 2 Var. 3 StGB gehandelt haben. Habgier ist das ungezügelte und rücksichtslose Streben nach Vermögensvorteilen um jeden Preis (Wenkel, in: Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl. 2017, § 211, Rn. 25). E wollte die O töten, um das Erbe zu erhalten. Er stellte folglich sein Streben nach materiellen Vermögenswerten über das Leben seiner Oma. E handelte folglich aus Habgier.
II. Rechtswidrigkeit und Schuld
E handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
III. Ergebnis
E hat sich gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5 StGB wegen Mordes strafbar gemacht, indem er auf die O schoss.
 
B. Strafbarkeit des F gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5, 9, 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 StGB durch Aushändigen des Gewehrs
F könnte sich gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5, 9, 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 StGB strafbar gemacht haben, indem er dem E das Gewehr aushändigte.
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
Eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat ist mit dem von E begangenen Mord gegeben. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5 StGB (s.o).
F müsste dem E Hilfe geleistet haben, also die Haupttat des E gefördert haben. F händigte dem E die Tatwaffe aus. Somit leistete der F Hilfe zur Tat des E.

Hinweis: Es ist strittig, ob der Gehilfenbeitrag kausal geworden sein muss. Da hier die Kausalität des Gehilfenbeitrags des F offensichtlich unproblematisch ist, muss an dieser Stelle auf den Streit nicht eingegangen werden.

2. Subjektiver Tatbestand (Doppelvorsatz)
a. Vorsatz bzgl. der Teilnahmehandlung
F händigte dem E die Tatwaffe aus. Er handelte vorsätzlich in Bezug auf seine Teilnahmehandlung.
b. Vorsatz bzgl. der Vollendung der Haupttat
Weiter müsste F auch Vorsatz hinsichtlich der Vollendung der Haupttat aufweisen. F wollte durch den Tod der O sein eigenes Fehlverhalten verdecken. F handelte mithin vorsätzlich in Bezug auf die Tötung der O. E hatte dem F gegenüber keine Ausführungen zur Art und Weise der Begehung gemacht, weshalb F nicht wusste, dass der E die O heimtückisch töten wollte. Mithin hatte F nach allgemeinen Akzessorietätsregeln lediglich Vorsatz in Bezug auf §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3 StGB.
3. Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 StGB
Grundsätzlich richtet sich die Strafbarkeit des Teilnehmers nach der Strafbarkeit der Haupttat (Akzessorietät). Es könnte jedoch zu einer Akzessorietätslockerung nach § 28 Abs. 1 StGB oder einer Akzessorietätsdurchbrechung gem. § 28 Abs. 2 StGB kommen.
Bei dem Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal iSd. § 14 StGB. § 28 StGB ist mithin in seiner Gesamtheit anwendbar.
Zu einer Akzessorietätslockerung käme es, wenn die Mordmerkmale strafbegründender Natur (Siehe dazu: BGHSt 50, 1, 5; BGHSt 22, 375, 377; BGHSt 1, 368, 372) wären. Eine Akzessorietätsdurchbrechung liegt vor, wenn es sich bei den Mordmerkmalen um strafschärfende Merkmale (Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 211, Rn. 88; Neumann/Saliger, in: NK-StGB, 5. Aufl. 2017, § 211, Rn. 117; Schneider, in: MüKo StGB, 3. Aufl. 2017, § 211, Rn. 265, 271; Wessels/Hettinger/Engländer, Strafrecht Besonderer Teil, Bd. 1, 41. Aufl. 2017, Rn. 155) handelt. Ob diese strafschärfend oder strafbegründend sind, richtet sich nach dem Verhältnis der §§ 211, 212, 216 StGB zueinander.
Die Rspr. sieht in §§ 211, 212, 216 StGB selbstständige Tatbestände mit spezifischem Unrechtsgehalt. Mithin sind nach dieser Ansicht die Mordmerkmale strafbegründender Natur und somit ist § 28 Abs. 1 StGB anwendbar. Demnach richtet sich die Strafbarkeit nach den besonderen persönlichen Merkmalen des Haupttäters. Weist der Teilnehmer das Merkmal des Haupttäters nicht auf, käme es zu einer obligatorischen Strafmilderung. Beim Vorliegen von sogenannten gekreuzten Mordmerkmalen versagt die Rechtsprechung die obligatorische Strafmilderung. Sie bedient sich eines Kunstgriffs, wenn der Teilnehmer nicht das Merkmal des Haupttäters, jedoch ein artgleiches Unrecht verwirklicht.
E verwirklichte das Mordmerkmal der Habgier. Beim F liegt das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht vor. Daher wäre grds. die Strafe gem. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern. Da hier aber die Situation der gekreuzten Mordmerkmale gegeben ist, versagt die Rspr. die obligatorische Strafmilderung und bestraft den Teilnehmer wegen Beihilfe zum Mord aus Habgier des E.
Die Literatur ist der Ansicht, dass zwischen den §§ 211, 212, 216 StGB ein Qualifikationsverhältnis bestehe. Mord ist mithin die Qualifikation des Totschlags. Tötung auf Verlangen ist eine Privilegierung des Totschlags. Somit kommt den Mordmerkmalen strafschärfende Wirkung zu und § 28 Abs. 2 StGB ist anwendbar. Die Strafe richtet sich demgemäß individuell danach, welche Merkmale beim Teilnehmer vorliegen.
Der E handelte aus Habgier. F hingegen handelte nicht habgierig. Er weist aber selbst das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht auf. Daher kommt es zunächst zu einer Tatbestandsverschiebung von §§ 211, 212, 27 StGB zu §§ 212, 27 StGB. Aufgrund des eigenen Mordmerkmals, der Verdeckungsabsicht, kommt es aber zu einer zweiten Tatbestandsverschiebung von §§ 212, 27 StGB zu §§ 211, 212, 27 StGB. Der Teilnehmer wird folglich wegen Beihilfe zum Mord aus Verdeckungsabsicht bestraft.
Ergebnis/Streitentscheid:
Die beiden Ansichten gelangen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Zwar wird der E nach beiden Ansichten wegen Beihilfe zum Mord bestraft, die Ansichten knüpfen jedoch an unterschiedliche Mordmerkmale an, sodass die Schuldsprüche bei einer Verurteilung differierend sind. Mithin ist ein Streitentscheid erforderlich.
Für die Rspr. lässt sich anführen, dass es sich nach dem Wortlaut der §§ 211 und 212 StGB um jeweils selbstständige Tatbestände handelt. § 211 StGB spricht vom „Mörder“; § 212 StGB spricht vom „Totschläger“. Diese unterschiedliche Bezeichnung ist ein Indiz für das Eigenständigkeitsmodell der Rspr.
Weiter legt die Systematik des Gesetzes nahe, dass es sich um selbstständige Tatbestände handelt: § 211 StGB steht vor § 212 StGB. Wäre § 211 StGB die Qualifikation des § 212 StGB stünde es hinter § 212 StGB. Denn grundsätzlich stehen Qualifikationen hinter dem Grundtatbestand.
Darüber hinaus beschreibt der § 211 StGB arteigenes Unrecht.
Dagegen spricht, dass die Begriffe „Totschläger“ und „Mörder“ nur die bei Neufassung der Tötungsdelikte verbreitete Tätertypenlehre kennzeichnen (Safferling, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 211, Rn. 4; Rengier, Strafrecht, Besonderer Teil II, 18. Aufl. 2017, § 4, Rn. 7) und daher kein Indiz für die Eigenständigkeit der Tatbestände sind. Weiter spricht die Systematik für das Qualifikationsmodell der Literatur. Denn alle Tatbestände schützen das gleiche Rechtsgut (Leben). Darüber hinaus sind § 212 StGB und § 211 StGB nicht unselbstständig, sondern beziehen sich aufeinander. Der Totschlag ist eine Tötung ohne Verwirklichung eines Mordmerkmals. Der Mordparagraph ist dem Totschlag nur aufgrund seines besonderen Unrechtsgehalts vorangestellt (Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 211, Rn. 1). Bei den §§ 249 und 253 StGB geht die Rspr. auch trotz der Reihenfolge der Tatbestände davon aus, dass die Erpressung der Grundtatbestand des Raubes ist, obwohl der Raub vor der Erpressung normiert ist (RGSt 4, 429, 432; BGHSt 14, 386, 390). Außerdem führt das Selbstständigkeitsmodell der Rspr. teilweise zu unbilligen Ergebnissen bei der Teilnahme. Zum Teil kann das Mordmerkmal des Teilnehmers von der Rspr. nicht berücksichtigt werden, wie beispielsweise bei den gekreuzten Mordmerkmalen oder der fehlenden Mitleidmotivation bei § 216 StGB, in denen die Rspr. dann durch Kunstgriffe versucht ihr Ergebnis zu korrigieren.
Im Ergebnis sprechen die überzeugenderen Argumente für die Ansicht der Literatur. Die Literatur gelangt bei allen Konstellationen zu logisch nachvollziehbaren Ergebnissen und muss sich nicht Kunstgriffen bedienen. Selbst die Rspr. hat dies in einem obiter dictum bereits angedeutet und sich der herrschenden Lehre dadurch angenähert (BGH NJW 2006, 1008, 1012).
II. Rechtswidrigkeit und Schuld
F handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
III. Ergebnis
F hat sich gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5, 9, 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, indem er E die Tatwaffe aushändigte.
 
2. Tatkomplex: Die Verkehrskontrolle: Strafbarkeit des E gem. § 185 StGB durch Äußerung gegenüber den Polizisten
E könnte sich gem. § 185 StGB wegen Beleidigung strafbar gemacht haben, indem er die beiden Polizisten „Bullen“ nannte.
I. Tatbestand
Dazu müsste der E die Polizisten beleidigt haben. Eine Beleidigung ist die Kundgabe von Missachtung oder Nichtachtung durch ein ehrrühriges Werturteil.

Hinweis: Ob eine Beleidigung anzunehmen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln und abhängig von den konkreten Umständen des Falles.

Fraglich ist, ob der Begriff „Bulle“ einen ehrverletzenden Inhalt hat. Dies ist umstritten. Einerseits wird dem Begriff eine ehrverletzende Bedeutung zugeschrieben (OLG Hamm JMBI NRW 1982, 22; LG Essen NJW 1980, 1639). Große Teile der Bevölkerung meiden den Begriff gegenüber Polizeibeamten. Der Begriff „Bulle“ unterstelle, dass Polizisten leicht reizbar und angriffslustig seien und zu unüberlegter, brutaler Gewalt neigten (LG Essen NJW 1980, 1639). Andererseits können sich Begriffe auch im Laufe der Zeit wandeln (LG Regensburg NJW 2006, 629). Der Begriff „Bulle“ sei früher zwar als Schimpfwort gebraucht worden, mittlerweile sei der Begriff aber umgangssprachlich anerkannt (LG Regensburg NJW 2006, 629). Heute würde der Begriff ohne Hintergedanken als Synonym für Polizisten genutzt. Auch in den Medien ist der Begriff geläufig, wie sich an den Fernsehserien: „Der Bulle von Tölz“ und „Der letzte Bulle“ zeigt (LG Regensburg NJW 2006, 629).
Hier war E sichtlich genervt von der Verkehrskontrolle und sagte zu den Polizisten: „Die beiden Bullen haben offenbar nichts Besseres zu tun…!“. Zwar könnte die Tatsache, dass der E genervt war dafür sprechen, dass die Bemerkung ehrrührig wirkte. Nichts desto trotz schob der E keine Beleidigung vorweg wie beispielsweise „scheiß Bulle“ oder „Drecksbulle“. Sodass nach den Gesamtumständen die besseren Argumente dafür sprechen, den ehrverletzenden Inhalt des Begriffs „Bulle“ im konkreten Fall zu verneinen (a.A. vertretbar).
II. Ergebnis
E hat sich nicht gem. § 185 StGB wegen Beleidigung strafbar gemacht haben, indem er die beiden Polizisten „Bullen“ nannte.
Gesamtergebnis und Konkurrenzen
E hat sich gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 3, 5 StGB wegen Mordes strafbar gemacht. F hat sich gem. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 Var. 5, 9, 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 StGB wegen Beihilfe zum Mord strafbar gemacht.

Hinweis: Die „Konkurrenzen“ runden eine gelungene Klausur ab. Fehlen diese, kann dies zu einem Punktabzug führen. (Ausführlich zu den Konkurrenzen: Steinberg/Bergmann, Jura 2009, 905)

11.06.2018/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2018-06-11 10:00:312018-06-11 10:00:31Anfängerklausur – Strafrecht: Der mordlustige Erbe
Gastautor

BGH: Aufhebung des Mordurteils für Ku’damm-Raser

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Wir freuen uns sehr, nachfolgend einen Gastbeitrag von Tobias Vogt veröffentlichen zu können. Der Autor ist am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit an der Universität Bonn und bei Flick Gocke Schaumburg tätig.
 
Der BGH hat mit Urteil vom 1.3.2018 (Az. 4 StR 399/17, DAR 2018, 216) das Urteil des LG Berlin vom 27.2.2017 (Az. 535 Ks 8/16, NStZ 2017, 471) aufgehoben, in dem die Berliner Richter die beiden Ku´damm-Raser eines gemeinschaftlich begangenem Mordes schuldig erklärten. Nicht nur wegen seiner enormen medialen Präsenz sollte dieses Urteil jedem Examenskandidat bekannt sein. Es eignet sich auch gerade deshalb für Examensklausuren und mündliche Prüfungen, da sich hier allgemeine Probleme des Vorsatzes, insbesondere die Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit in der besonderen Konstellation eines riskanten Verhaltens im Straßenverkehr abprüfen lassen und sich Raum für eine ausgiebige Argumentation anhand der Sachverhaltsangaben bietet. Man muss kein Hellseher sein, um voraussehen zu können, dass diese Entscheidung Gegenstand von Examensprüfungen sein wird.
I. Hauptproblem: Vorsatz oder bewusste Fahrlässigkeit bei Tötung durch illegales Straßenrennen?
Die Hauptproblematik des Falls liegt in der Frage, ob die beiden Autofahrer, die sich spontan ein illegales Rennen lieferten und dabei mit immens überhöhter Geschwindigkeit rote Ampeln überfuhren, bei der Tötung eines anderen Verkehrsteilnehmers mit bedingtem Tötungsvorsatz oder nur bewusst fahrlässig handelten. Für die Abgrenzung von bedingtem Vorsatz zur bewussten Fahrlässigkeit gelten allgemein folgende Grundsätze, wie auch der BGH in seiner aktuellen Entscheidung darlegt:
„In rechtlicher Hinsicht ist nach ständiger Rspr. bedingter Tötungsvorsatz gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement).“
„Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.“
Diese Abgrenzung „erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in Betracht zieht“
Bisher wurde in ähnlichen Raser-Fällen ein Vorsatz abgelehnt. Das Urteil des LG Berlin sorgte für Aufsehen, da zum ersten Mal ein Schuldspruch gegen rücksichtslose Raser wegen vorsätzlicher Tötung erging. Das LG Berlin entschied dabei sogar auf Mord wegen des Mordmerkmals des gemeingefährlichen Mittels § 211 Abs. 2 StGB. Schließlich hatten die Täter keine Kontrolle mehr über ihre Wagen und gefährdeten Leib und Leben einer Vielzahl von Personen, sodass ihre Wagen im konkreten Fall ein gemeingefährliches Mittel darstellten.
II. Sachverhalt (gekürzt)
Die Angeklagten H und N verabredeten sich gegen 0:30 Uhr, während sie nebeneinander an einer roten Ampel hielten, durch Gesten und dem Spiel mit dem Gaspedal zu einem spontanen Autorennen über den Berliner Kurfürstendamm. Sie überfuhren anschließend mehrere rote Ampeln bis N mit wenigen Metern Vorsprung und einer Geschwindigkeit von mindestens 139 km/h und H mit einer Geschwindigkeit von mindestens 160 km/h trotz roten Ampelsignals in eine Kreuzung einfuhren. Spätestens jetzt war H und N bewusst, dass ein bei grünem Ampelsignal einfahrender Fahrzeugführer bei einer Kollision mit großer Wahrscheinlichkeit sterben würde. In der Kreuzung kollidierte H – absolut unfähig noch zu reagieren – mit dem regelkonform in die Kreuzung einfahrenden W. W verstarb noch am Unfallort. Der Wagen des H drehte sich nach links und kollidierte sodann mit dem neben ihm fahrenden PKW des N. Die Beifahrerin des N wurde dabei erheblich verletzt.
III.  Urteil des BGH
Der BGH hob das Urteil des LG Berlin gleich aus mehreren Gründen auf:
1. Nach Ansicht des BGH konnte aus den tatsächlichen Feststellungen des LAG nicht in schlüssiger Weise ein bedingter Tötungsvorsatz der Angeklagten festgestellt werden. Zwar „ist die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Vorsatzes“, was hier zunächst für eine Bejahung des Vorsatzes spricht. Der BGH betont, dass „die Gefährlichkeit der Tathandlung und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts […] jedoch keine allein maßgeblichen Kriterien“ sind. „Vielmehr kommt es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalles an.“
Laut BGH spricht insbesondere die mögliche Eigengefährdung der Täter gegen die Annahme eines Tötungsvorsatzes:

„In Fällen einer naheliegenden Eigengefährdung des Täters – wie hier – ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Zwar gibt es keine Regel, wonach es einem Tötungsvorsatz entgegensteht, dass mit der Vornahme einer fremdgefährdenden Handlung auch eine Eigengefährdung einhergeht. Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, kann aber eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat.“

Wesentliche Indizien sind dabei das täterseitig genutzten Verkehrsmittel und die konkret drohenden Unfallszenarien.

„So kann es sich etwa unterschiedlich auf das Vorstellungsbild des Täters zu seiner Eigengefährdung auswirken, ob er sich selbst in einem Pkw oder auf einem Motorrad befindet und ob Kollisionen mit Fußgängern oder Radfahrern oder mit anderen Pkw oder gar Lkw drohen.“

Das LG Berlin ging davon aus, dass sich Fahrer tonnenschweren, stark beschleunigenden und mit umfassender Sicherheitstechnik ausgestatteten Autos überlegen und sicher fühlen und daher jegliches Eigenrisiko ausblenden. Einen solchen Erfahrungssatz gibt es jedoch nach Ansicht des BGH nicht. Gerade aufgrund der objektiv drohenden Kollision mit anderen PKW oder sogar mit Bussen bei mindestens 139 bzw. 160 km/h verstehe sich das Ausblenden der Eigengefährdung auch nicht von selbst.
Zudem erscheint es widersprüchlich, wenn das LG Berlin davon ausgeht, die Täter schlossen eine Eigengefährdung aus, zugleich aber den Vorsatz in Bezug auf eine gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung zu Lasten der eigenen Beifahrerin bejahen. Das LG unterstellt den Tätern damit eine unterschiedliche Gefahreneinschätzung bezüglich desselben Fahrzeugs.
2. Außerdem stellte das LG Berlin den Tötungsvorsatz nicht zum Tatzeitpunkt fest. Die Berliner Richter stellten auf den Zeitpunkt ab, als die Angeklagten trotz roter Ampel in die Kreuzung einfuhren, in der sich die tödliche Kollision ereignete. Dies ergibt sich aus der Formulierung „Spätestens jetzt war beiden Angeklagten bewusst, …“. Zugleich stellte das Gericht fest, dass die Angeklagten zu diesem Zeitpunkt aufgrund der hohen Geschwindigkeit absolut unfähig waren, noch zu reagieren und ihnen eine Vermeidung der Kollision nicht mehr möglich war. Der BGH weist zurecht darauf hin, dass „Voraussetzung für die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat […] nach § 16 Abs. 1 StGB [ist], dass der Täter die Umstände, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören, bei ihrer Begehung kennt“.

„Aus der Notwendigkeit, dass der Vorsatz bei Begehung der Tat vorliegen muss, folgt, dass sich wegen eines vorsätzlichen Delikts nur strafbar macht, wer ab Entstehen des Tatentschlusses noch eine Handlung vornimmt, die in der vorgestellten oder für möglich gehaltenen Weise den tatbestandlichen Erfolg – bei Tötungsdelikten den Todeserfolg – herbeiführt.“

Daraus, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt des Tatentschlusses – dem Einfahren auf die Kreuzung – den Erfolgseintritt nicht mehr verhindern konnten, ergibt sich, dass sie die für den Eintritt des Todes kausale Tathandlung bereits vorher getätigt haben. Zum Tatzeitpunkt – dem Autofahren vor dem Einfahren in die Kreuzung – bestand aber kein vom LG festgestellter Vorsatz. Der später gefasste Vorsatz (sog. dolus subsequens) kann keine Strafbarkeit begründen.
3. Auch ging das LG Berlin fehlerhaft von einer mittäterschaftlichen Begehung aus, die für die Strafbarkeit des N wegen Mordes erforderlich ist. Denn festgestellt wurde lediglich der gemeinsame Beschluss zur Durchführung eines spontanen Autorennens. Jedoch setzt ein mittäterschaftlich begangenes Tötungsdelikt voraus, „dass der gemeinsame Tatentschluss auf die Tötung eines Menschen durch arbeitsteiliges Zusammenwirken gerichtet ist“, so der BGH. „Für die Annahme eines mittäterschaftlich begangenen Tötungsdelikts reicht es deshalb nicht aus, dass sich die Täter lediglich zu einem gemeinsamen Unternehmen entschließen, durch das ein Mensch zu Tode kommt.“ Eine gemeinschaftliche Sorgfaltsverletzung ist schließlich noch kein gemeinschaftliches Vorsatzdelikt.
IV. Folgen
Ist mit dem Urteil des BGH eine Verurteilung wegen Mordes in Raser-Fällen ausgeschlossen? Nein! Denn der BGH weist selbst an mehreren Stellen seines Urteils darauf hin, dass es stets auf den Einzelfall ankomme. In dem Fall der Ku´damm-Raser wird das LG Berlin nun aller Voraussicht nach einen Tötungsvorsatz verneinen. Denn es wird ihm wohl nicht gelingen, einen Tötungsvorsatz zum Tatzeitpunkt festzustellen. In ähnlich gelagerten Fällen ist eine Strafbarkeit nach § 211 StGB jedoch je nach Umständen des Einzelfalls denkbar. In einer Klausur oder mündlichen Prüfung ist daher stets auf die konkreten Sachverhaltsangaben zu achten und sich mit dieses argumentativ auseinanderzusetzten. Neben der objektiven Gefährlichkeit und der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts ist auch auf die mögliche Eigengefährdung des Täters einzugehen. Gerade in Fällen, in denen eine Kollision des Täters mit anderen PKW oder sogar Bussen oder LKW droht, spricht die sich daraus ergebende Eigengefährdung dafür, dass der Täter auf einen guten Ausgang vertraut und somit kein bedingter Tötungsvorsatz vorliegt. Dies gilt umso mehr, wenn der Täter statt mit einem PKW mit einem Motorrad fährt, wodurch er weniger geschützt ist. Droht eine Kollision dagegen mit Passanten, Fahrradfahrern oder Motorradfahrern, besteht dagegen objektiv eine geringere Eigengefährdung, sodass dann eher ein bedingter Tötungsvorsatz angenommen werden kann. Es ist zudem darauf zu achten, ob der Täter den nötigen Vorsatz bereits zu einem Zeitpunkt hatte, zu dem er noch den Erfolgseintritt beeinflussen konnte. Auch sollte, falls in einem entsprechenden Fall der Todeserfolg ausbleibt, nicht vergessen werden, einen versuchten Mord zu prüfen.
V. Weitere Straftatbestände
Wenn wie hier neben dem Todesopfer eine weitere Person verletzt wird, ist außer der Strafbarkeit aus vorsätzlichen oder bei Ablehnung des Tötungsvorsatzes aus fahrlässigem Tötungsdelikt eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, Nr. 5 StGB (falls ein gemeinschaftliches Handeln vorliegt, auch nach Nr. 3) zu prüfen. Es kommt zudem eine Strafbarkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB in Betracht, insbesondere lit. a) und d). § 315b Nr. 3 StGB scheidet mangels pervertierter Nutzung des Autos als Waffe aus, da die Nutzung als Fortbewegungsmittel im Vordergrund steht und ein bloß riskantes Fahren im Rahmen des § 315b StGB nicht ausreicht. Seit dem 13.10.2017 besteht zudem eine Strafbarkeit gemäß dem neu eingeführten § 315d StGB. Bei Verursachung eines Todesfalls greift die Qualifikation des Abs. 5 ein, die keinen Tötungsvorsatz erfordert.

07.06.2018/2 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2018-06-07 10:00:332018-06-07 10:00:33BGH: Aufhebung des Mordurteils für Ku’damm-Raser
Dr. Sebastian Rombey

Reform des Mordparagrafen

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Der Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas, hat vor einiger Zeit eine Kommission von 15 Experten einberufen, um ein Konzept für die Neuregelung der Tötungsdelikte erarbeiten zu lassen, genauer gesagt einen Vorschlag für die Überarbeitung des Totschlags- und des Mordparagrafen. Der über 900 Seiten lange Abschlussbericht der Expertenkommission wurde nun vor kurzem veröffentlicht und zeigt vor allem, dass trotz verbreiteten Reformwillens eine Neuregelung alles andere als einfach ist. Folgender Kommentar fasst die Problematik prägnant zusammen:
„Der Versuch, die unbestimmten Unterscheidungsmerkmale zwischen Mord und Totschlag durch klarere und rationalere zu ersetzen, war dem Abschlagen der Köpfe einer Hydra vergleichbar, der jeweils zwei neue (hier: ebenso unbestimmte Merkmale) nachwachsen.“ (Hamm, NJW-Editorial, Heft 30, 2015).
I. Die Ausgangslage
Nationalsozialistisches Gedankengut ist glücklicherweise nur noch äußerst selten in der Bundesrepublik anzutreffen. Umso mehr erstaunt es, dass Wortlaut und Regelungstechnik des deutschen Mordparagrafen nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht geändert wurden, ist doch gerade § 211 StGB zu einer Zeit formuliert worden, in welcher sich das Deutsche Reich unter Adolf Hitler selbst des Mordes schuldig machte. Der über lange Zeit hinweg fehlenden Reformbereitschaft der Politik nach 1945 ist es geschuldet, dass die den Tatbeständen der §§ 211, 212, 213 StGB anhaftenden unbestimmten Rechtsbegriffe durch die Rechtsprechung konkretisiert werden mussten. Und auch die in den genannten Delikten deutlich werdende Tätertypenlehre und der Exklusivitäts-Absolutheits-Mechanismus der lebenslangen Freiheitsstrafe mussten mittels ständiger Korrekturen durch BVerfG, BGH und Schrifttum an die Werteordnung sowie das Rechtsverständnis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung des parlamentarischen und repräsentativ-demokratischen Nachkriegsdeutschland angepasst werden. Trotzdem, vielleicht aber auch gerade deswegen, wird weiterhin Kritik an den unbestimmten Mordmerkmalen, der lebenslangen Freiheitsstrafe und den der Nazi-Zeit entstammenden Formulierungen geübt.
So lautet die Formulierung des § 211 Abs. 1 StGB beispielsweise „Mörder ist, wer…“, dem Sprachgebrauch des berüchtigten braunen Strafrichters Roland Freisler folgend, der damit im Jahre 1941 Verbrecherpersönlichkeiten beschreiben wollte. Zudem wenden die Gerichte seit BGHSt 30, 105 die sog. Rechtsfolgenlösung (Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB) an, also eine richterrechtlich entwickelte Strafzumessungslösung für Morde, bei denen es aufgrund des verringerten Unrechts unverhältnismäßig wäre, die lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen (so bei tiefem Mitleid, gerechtem Zorn oder starker Provokation; vgl. auch die Fälle des sog. Haustyrannenmordes). Es bleibt fraglich, warum der Tatbestand des Mordes nicht bereits früher vom Gesetzgeber novelliert wurde. Denn spätestens mit einer derartigen (und teilweise fraglichen) Entfernung der Rechtsprechung von dem klaren Gesetzeswortlaut des § 211 Abs. 1 StGB („Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.“) wurde der Rubikon eindeutig überschritten.
II. Die angestrebten Reformen
Auf folgende Eckpunkte, die für die erste Staatsprüfung relevant werden könnten, sollten sie denn später Teil des StGB werden, konnte sich die Expertenkommission einigen:

  • Es wird weiterhin zwischen Mord und Totschlag differenziert.
  • In der Neufassung der §§ 211, 212, 213 StGB werden jedoch die aus der Tätertypenlehre stammenden Begriffe des „Mörders“ bzw. des „Totschlägers“ gestrichen. Stattdessen sollen nun richtigerweise – wie auch im restlichen System des StGB – an tatbezogene Formulierungen angeknüpft werden.
  • Trotzdem sollen die Mordmerkmale und damit die besonders in der Kritik stehenden Merkmale der „Heimtücke“ sowie der „niederen Beweggründe“ beibehalten werden. Dies konterkariert z. T. die Aufhebung der nationalsozialistischen Begriffe des Mörders und Totschlägers, soll doch auch der neue Mordparagraf weiterhin die ideologisch und emotional behafteten Mordmerkmale aus der Zeit des Nationalsozialismus enthalten. Zudem bleibt mit den „niederen Beweggründe“ die Generalklausel des Mordes bestehen, auf der mehr als 50 % aller Urteile im Bereich des Mordes beruhen. Hier wäre eine Überarbeitung wünschenswert gewesen.
  • Die in § 211 StGB genannten Mordmerkmale sollen jedoch zumindest zur Konkretisierung der „niederen Beweggründe“ durch weitere Tötungsbeweggründe ergänzt werden. Dazu zählen die neuen Mordmerkmale der Tötung eines Menschen wegen
    • des Geschlechts,
    • der Abstammung,
    • der Rasse,
    • der Sprache,
    • der Herkunft,
    • des Glaubens.
  • Zudem soll das neue Mordmerkmal der Mutwilligkeit eingeführt werden.
  • Die lebenslange Freiheitsstrafe (Exklusivitäts-Absolutheits-Mechanismus) soll grundsätzlich beibehalten werden. Keiner der 15 Experten sprach sich dafür aus, dass es eine dem Alter des Täters entsprechende zeitige Freiheitsstrafe eingeführt werden solle. Die zuvor in konservativen Kreisen geäußerte Befürchtung, man wolle durch die Reform des Mordparagrafen das lebenslängliche Strafmaß nur noch weiter aufweichen (die Kritik bezieht sich auf die bereits vorhandenen §§ 57a, 57b StGB, welche die Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe bereits regeln) hat sich folglich vorerst nicht bestätigt. Gleichwohl soll insgesamt die lebenslange Freiheitsstrafe kein absolut zwingendes Strafmaß mehr sein; im Einzelfall die Schuld und den Unrechtsgehalt der Tat mildernde Umstände sollen von den Gerichten berücksichtigt werden können. In dem Bericht existieren dazu verschiedene Lösungs- und Reformvorschläge.
  • 213 StGB (minder schwerer Fall des Totschlags) soll beibehalten werden; allerdings soll die Mindeststrafe auf zwei Jahre Freiheitsstrafe angehoben werden.

Der ausführliche Abschlussbericht der Kommission kann im Detail hier eingesehen werden.
III. Fazit und Ausblick
Zu begrüßen ist, dass sich das Bundesjustizministerium nun endlich dazu entschlossen hat, notwendige und längst überfällige Reformen im Bereich der Tötungsdelikte durchzuführen. Dass die Kommission aus verschiedenen Experten und Meinungsvertretern aus Wissenschaft und Praxis aufgrund vorprogrammierter, divergierender Ansichten keine grundlegend neue Gesetzessystematik einschließlich eines gänzlich neuen Wortlauts vorlegen würde, war zu erwarten. Trotzdem sind die vorgeschlagenen Reformen ein Schritt in Richtung eines von nationalsozialistischen, ideologischen und moralisierenden Wertungen befreiten deutschen Strafrechts im Bereich der Tötungsdelikte.
Die Vorschläge der Kommission werden nun im Bundesjustizministerium geprüft, bevor es zu einem ersten Gesetzentwurf kommt. Gleichwohl hat Heiko Maas bereits durchblicken lassen, dass der Vorschlag der Kommission, ein „modernes“ Recht schaffen und die nationalsozialistische Terminologie des Tätertypen streichen zu wollen, dankbar angenommen werde.Auch zu anderen Vorschlägen der Experten hat er bereits vor Veröffentlichung des Berichtes in der Öffentlichkeit Stellung bezogen; so sagte er beispielsweise, dass es die herausgehobene lebenslange Freiheitsstrafe aufgrund des besonderen Unrechts und unter Beachtung des hohen Wertes des menschlichen Lebens des Opfers weiterhin geben werde (vgl. z. B. den Bericht von Müller-Neuhof, „Mord soll nicht mehr bleiben, was er war“, in „Der Tagesspiegel“ vom 29.06.2015). Es ist demnach anzunehmen, dass sich viele der Beratungsergebnisse in dem späteren Gesetzesentwurf größtenteils unverändert wiederfinden werden. Dort könnte zusätzlich ein „minder schwerer Fall des Mordes“ in den Gesetzestext aufgenommen werden.
Der Bundestag soll noch 2015 über das noch vorzulegende Gesetz abstimmen. Dort kann sich Maas aber bereits auf Gegenwind aus den Reihen des Koalitionspartners CDU/CSU gefasst machen, der insbesondere gegen eine Flexibilisierung des Strafrahmens des Mordes Stellung bezieht. Und auch aus Reihen der Bundestagsfraktion der Linken wird Kritik an den Reformvorschlägen geäußert, dort wird die Beibehaltung der Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag für falsch gehalten.
In der Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 8.2.2014 („Mord und Totschlag, Maas will Strafrecht reformieren.“) antwortete Maas im Interview mit Heribert Prantl auf die Frage, ob er Mord und Totschlag neu beschreiben wolle, wie folgt:
„Zumindest will ich dafür sorgen, dass die Gerichte nicht mehr gezwungen werden, Konstruktionen an der Grenze der erlaubten richterlichen Rechtsfortbildung erfinden zu müssen, um Urteile sprechen zu können, die nicht nur dem Gesetz, sondern auch dem Gerechtigkeitsbedürfnis entsprechen.“
Heiko Maas wird sich an dieser Aussage messen lassen müssen.
Juraexamen.info wird weiterhin über den Verlauf der Reformen informieren, denn sollte eine Gesetzesänderung wirklich erfolgen, wird diese Anlass neuer Rechtsprobleme sein, die sicherlich in Klausuren und Examensarbeiten nicht ungeprüft bleiben werden.

04.08.2015/4 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2015-08-04 07:45:322015-08-04 07:45:32Reform des Mordparagrafen
Christian Muders

Fälle zur Abgrenzung von Suizid und Fremdtötung

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Der nachfolgende Beitrag befasst sich überblicksartig und anhand eines stetig abgewandelten Falles mit der strafrechtlichen Problematik der Abgrenzung von Fremd- zur Selbsttötung (Suizid). Ausgespart bleibt demgegenüber die Frage einer Strafbarkeit der Sterbehilfe (Euthanasie), die häufiger in diesem Problemkomplex mitbehandelt wird und durch die Entscheidung BGH 2 StR 454/09 neue Relevanz bekommen hat (s. dazu aber bereits unsere Artikel hier und hier). Für fortgeschrittene Semester bietet es sich an, insbesondere auch im Hinblick auf eine nahende mündliche Prüfung, nach Erfassung des jeweiligen Falles zunächst eine eigene Lösung zurechtzulegen, bevor der nachfolgende Erläuterungstext gelesen wird.
1. Fälle der unmittelbaren Fremdtötung

  • Fall 1: A tötet den B durch einen Schuss aus einer Pistole, nachdem dieser den A dazu aufgefordert hat.

Dieser Ausgangsfall ist einfach zu erfassen: Der A macht sich einer Tötung auf Verlangen, § 216 StGB, schuldig. Die Einwilligung in die Einbuße des eigenen Rechtsguts, die regelmäßig zu einer Rechtfertigung (nach a.A. sogar zum Tatbestandsausschluss) führt, ist im Hinblick auf das Rechtsgut „Leben“ irrelevant, wie sich aus der vorgenannten Norm selbst ergibt: Danach wird gerade die Konstellation, dass jemand „durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden“ ist, explizit mit Strafe belegt. Die Einwilligung führt also nicht zu einem Ausschluss der Strafbarkeit, sondern berührt lediglich die Auswahl des einschlägigen Tötungstatbestandes und damit auch den in Betracht kommenden Strafrahmen. § 216 StGB stellt nämlich eine Privilegierung zum ebenfalls verwirklichten Delikt des Totschlags dar und sieht in der Rechtsfolge (lediglich) eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Der gleichzeitig vorliegende Totschlag, dessen Strafrahmen erst bei fünf Jahren beginnen würde, tritt demgegenüber als lex generalis zurück.

  • Fall 2: B tötet sich selbst mittels eines Schusses aus einer Pistole, nachdem ihn der A dazu aufgefordert hat.

In dieser Abwandlung ist eine Strafbarkeit des A schon schwieriger zu beurteilen: Eine Verwirklichung des § 216 Abs. 1 StGB scheidet deswegen aus, weil dem A keine Tatherrschaft über die Tötung zukommt, die allein von B vorgenommen wird. Da A den B aber zur Tötung aufgefordert hat, wäre an ein Bestimmen zur Tat i.S.d. § 26 StGB, also eine Anstiftung, zu denken. Indes scheidet eine solche Teilnehmerstrafbarkeit hier deswegen aus, da eine Tat, zu der der B als Haupttäter bestimmt worden wäre, nicht vorliegt. Der Tatbestand des § 216 Abs. 1 StGB greift bereits seinem Wortlaut nach nicht ein, da dieser zwingend voraussetzt, dass die sterbewillige Person von einem Anderen zum Tode befördert wird. Aber auch § 212 StGB, der – neutraler – davon spricht, dass der Täter „einen Menschen tötet“, ist nicht einschlägig, da auch dieser Tatbestand nach ganz allgemeiner Meinung die Tötung eines Anderen erfordert, so dass der Suizid nicht hierunter subsumiert werden kann (vgl. MK-Schneider, 1. Aufl. 2003, vor § 211 Rn. 30 m.w.N.). Demgemäß hat sich der A durch seine Aufforderung hier überhaupt nicht strafbar gemacht.

  • Fall 3: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihm der A verschafft hat und zu dem dieser allein Zugang hatte.

Wiederum geht es um eine Strafbarkeit des A nach § 216 Abs. 1 StGB. Eine Tatherrschaft des A ist hier nicht ganz so einfach wie im letzten Fall zu verneinen, da der B sich zwar selbst mit dem Gift getötet hat, welches aber allein der A besorgen konnte. Geht man mit der h.M. in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass auch Mitwirkungen im Vorbereitungsstadium, jedenfalls bei einem erheblichen Gewicht des Beitrags, durchaus eine Tatherrschaft begründen können (man denke nur an den die Tat planenden „Bandenchef“, dazu etwa Kindhäuser, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl. 2010, vor § 25 Rn. 36 ff.) wäre eine Strafbarkeit des B nach § 216 Abs. 1 StGB im Hinblick auf seinen Mitwirkungsakt durchaus zu erwägen. Jedoch verengen Rechtsprechung und Schrifttum im Fall einer Beeinträchtigung eigener Güter den relevanten Zeitraum für die Tatherrschaft zu Recht auf den letzten todbringenden Akt. Danach ist allein entscheidend, wer die letzte Handlung, die dann ohne einen weiteren Zwischenschritt zum Tode führte, beherrscht hat. Diese Beschränkung der Tatherrschaft kann mit dem Eigenverantwortlichkeitsprinzip begründet werden: Ein vorsätzliches, unmittelbar selbstschädigendes Verhalten sperrt danach die Zuständigkeit eines Anderen für den hieraus resultierenden Erfolg. Die Herrschaft über den letzten Akt, also die Einnahme des Giftes, hatte vorliegend aber (wiederum) allein der B, so dass eine diesbezügliche Tatherrschaft des A ausscheidet. Zu denken wäre allenfalls daran, die Tatherrschaft des B dem A zuzurechnen, und zwar über die Figur der Mittäterschaft gem. § 25 Abs. 2 StGB. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – was hier nahe liegt – A und B von Anfang an im Hinblick auf einen gemeinsamen Tatplan zusammengewirkt haben. Indes stehen dieser Konstruktion zwei Einwände entgegen: Zum einen setzt auch die mittäterschaftliche Zurechnung voraus, dass der A einen täterschaftlichen, d.h. nach h.L. einen durch Tatherrschaft getragenen Tatbeitrag erbringt, was vorliegend gerade nicht der Fall ist. Zum anderen verwirklicht sein potentieller Mittäter B mit der Selbsttötung überhaupt keinen Tatbestand, so dass er kein Unrecht begründet, welches dem mitwirkenden B über § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden könnte. Eine Beihilfe des A an der Selbsttötung (§ 27 Abs. 1 StGB) durch Verschaffen des Giftes schließlich scheidet in entsprechender Argumentation zu der bereits im letzten Fall verneinten Anstiftung aus.
2. Fälle der mittelbaren Fremdtötung

  • Fall 4: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihm der A verschafft hat. Der A hat dem B zuvor vorgespiegelt, dass es sich um eine wohlschmeckende Limonade handelt.

In diesem Fall liegt die objektive Tatherrschaft wiederum bei B, der den letzten todbringenden Akt selbst ausführt. Allerdings kommt hier abweichend zum vorhergehenden Fall durchaus eine Zurechnung des Beitrags an A in Betracht, und zwar im Wege mittelbarer Täterschaft nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. Im Gegensatz zur zuvor behandelten Mittäterschaft gem. § 25 Abs. 2 StGB verlangt diese Zurechnungsnorm gerade keine Unrechtsverwirklichung durch den Vordermann, sondern lässt auch einen tatbestandslosen Beitrag genügen. Nach welchen Kriterien allerdings in Fällen der Selbsttötung (die konsequenterweise auch auf sonstige Konstellationen der Selbstschädigung zu übertragen sind) nicht mehr von einer eigenverantwortlichen Schädigung des Opfers gesprochen werden kann, welche nach dem zuvor Ausgeführten die Zurechenbarkeit an einen mittelbaren Verursacher sperrt, ist umstritten:
a) Exkulpationstheorie
Nach der sog. Exkulpationslösung wird die Eigenverantwortlichkeit für eine Selbsttötung in Parallele zu der Verantwortlichkeit für eine Fremdtötung gesetzt. Es ist also der hypothetische Fall zu bilden, dass der B das Medikament nicht sich selbst, sondern einem Dritten zugeführt hätte. Sofern nach den vorliegenden Umständen eine Strafbarkeit für diesen hypothetischen Fall nicht gegeben wäre, namentlich weil der Suizident ohne Vorsatz oder Schuld gehandelt hätte, scheidet auch eine Verantwortlichkeit des Opfers für die tatsächlich vorgenommene Selbsttötung aus. Folge wäre, dass das hierauf bezogene Verhalten nicht als eigenverantwortlich eingestuft werden kann, so dass eine Zurechnung an den Hintermann offen stünde, sofern er selbiges veranlasst hat. Nach den vorgenannten Grundsätzen ist für den hier zu behandelnden Fall von einer fehlenden Eigenverantwortlichkeit des B auszugehen: Im Falle der Tötung eines Dritten hätte er nämlich, da er das Medikament für Limonade hielt, in einem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB gehandelt, wäre also straflos geblieben. Da dieser Irrtum wiederum in die Zuständigkeit des A fällt, der ihn durch seine unzutreffenden Angaben ausgelöst hat, kann ihm das Verhalten des B über § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB wie ein eigenes Verhalten zugerechnet werden.
b) Einwilligungstheorie
Nach der sog. Einwilligungslösung wird die Eigenverantwortlichkeit für eine Selbsttötung zwar ebenso mit der Verantwortlichkeit für eine Fremdtötung verglichen, allerdings wird der hypothetische Fall in der Weise abweichend gebildet, dass der Suizident Opfer der Tötung bleibt, wobei jedoch nicht er selbst, sondern der Hintermann den unmittelbar todbringenden Akt vollzieht. Sodann wird gefragt, ob in dieser Konstellation – abzüglich der tatsächlichen Sperre des § 216 Abs. 1 StGB – eine wirksame Einwilligung des Opfers bestehen würde. Nach diesen Grundsätzen ist im zuvor formulierten Fall ebenso von einer fehlenden Eigenverantwortlichkeit des B auszugehen: Im Falle der Tötung des B durch die Hand des A wäre eine wirksame Einwilligung in das Verabreichen des todbringenden Medikaments nämlich nicht gegeben gewesen, da B selbiges für Limonade hielt; somit wäre seine Einwilligung mit einem (rechtsgutsbezogenen) Irrtum bemakelt, die ihre Wirksamkeit ausschließt.
Da beide Auffassungen im vorliegenden Fall zu einem identischen Ergebnis kommen, bedarf es folglich keines Streitentscheids.

  • Fall 5: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihm der A verschafft hat. Der A hat dem B zuvor angedroht, dass er andernfalls dessen reiche Frau von den sexuellen Eskapaden des B unterrichten werde, was voraussichtlich zu einer Scheidung geführt hätte, die den B wirtschaftlich und gesellschaftlich ruiniert hätte.

Wiederum ist – ähnlich dem zuvor gegebenem Beispiel – zu fragen, ob die objektiv von B beherrschte Einnahme des Giftes dem A nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zugerechnet werden kann. Die hierzu vertretenen beiden Meinungen kommen indes vorliegend zu unterschiedlichen Ergebnissen:
Stellt man mit der Exkulpationslösung darauf ab, ob das Opfer B im Falle einer Fremdtötung straflos geblieben wäre, ist dies zu verneinen. Um seine Ehe und damit seine gesellschaftliche und finanzielle Situation zu retten, darf B keinen unbeteiligten Menschen töten und ist bei einer solchen Tat folglich weder gerechtfertigt (§ 34 StGB) noch entschuldigt (§ 35 StGB).
Anderes gilt hingegen, wenn man der Einwilligungslösung folgt: Eine Einwilligung, die durch Nötigung – hier die Drohung mit einem empfindlichen Übel – erlangt wird, wäre per se unwirksam, so dass danach auch eine Eigenverantwortlichkeit der Selbsttötung des B abzulehnen ist.
Wie man am vorliegenden Fall sieht, führt die Einwilligungslösung eher zu einer Verschiebung der Verantwortlichkeit für ein selbstschädigendes Verhalten hin zum veranlassenden Hintermann. Demgegenüber wird man mit der Exkulpationslösung häufiger zu einer Straflosigkeit desselben kommen, da die Hürden, die im Falle einer Fremdverletzung entlasten, ungleich höher und damit schwieriger zu überwinden sind als die Voraussetzungen, unter denen die Wirksamkeit einer Einwilligung zu versagen ist. Indes verdient die Einwilligungslösung in den vorgenannten Fallgestaltungen den Vorzug, da Fälle der Selbstschädigung des Opfers eher mit dem hypothetischen Fall einer Einwilligung desselben in die nämliche Verletzung als mit der Fremdverletzung einer anderen Person vergleichbar sind. Da es letztendlich um eine Schädigung des Opfers geht, erscheinen die hierfür entwickelten Kriterien i.F. der Einwilligungsvoraussetzungen passender als solche, die für die Verletzung eines Dritten herangezogen werden, was in dieser Konstellation gerade nicht zur Debatte steht (so auch die wohl h.L., vgl. Kindhäuser, BT I, 5. Aufl. 2012, § 4/15; Rengier, BT II, 11. Aufl. 2010, § 8/4 f.; a.A. etwa MK-Schneider, 1. Aufl. 2003, Vor § 211 Rn. 54 ff.).
3. Fälle der Unterlassungstäterschaft

  • Fall 6: B tötet sich mittels der Einnahme eines Giftes, welches ihr Ehegatte A verschafft hat. Nach der Einnahme fällt B zunächst in Ohnmacht und lebt noch ca. eine Stunde weiter, bevor sie stirbt. A wacht an ihrem Bett, unternimmt aber nichts, da er den Todeswunsch seiner Frau respektiert.

Im vorliegenden Fall kommt neben einer Begehungsverantwortung durch Verschaffen des Giftes, die bereits oben abgelehnt wurde, zusätzlich noch eine Strafbarkeit wegen Unterlassens in Betracht: Dadurch, dass die B erst nach einer längeren Weile stirbt, hätte der A noch die konkrete („physisch-reale“) Möglichkeit gehabt, durch alarmieren eines Arztes seine Frau zu retten. Wie dieser Fall zu behandeln ist, ist wiederum umstritten.
a) Zumutbarkeitslösung der Rspr.
Die Rspr. nimmt an, dass eine Strafbarkeit des Garanten in diesen Fallgestaltungen durchaus in Betracht komme. Sie knüpft dabei an ihre Argumentation zur Tatherrschaft des Opfers beim Begehungsdelikt an, die grundsätzlich eine Strafbarkeit des Helfers sperrt (s. dazu oben). Für die vorliegenden Fallgestaltung nimmt sie aber an, dass im Falle der Bewusstlosigkeit ein „Tatherrschaftswechsel“ eintrete: Da es dann der Suizident nicht mehr in der Hand habe, den eigenen Todeseintritt zu verhindern, wandere diese Möglichkeit zu dem anwesenden Garanten, den aufgrund seiner Sonderstellung auch eine diesbezügliche Pflicht treffe. Allerdings soll im Rahmen des Prüfungspunktes der Schuld im Einzelfall eine Zumutbarkeit des Garanten fehlen beim eigenverantwortlichen Suizid des Opfers einzugreifen, so dass eine Strafbarkeit mangels Verschuldens entfiele.
b) Ausschluss der Garantenstellung nach h.L.
Die h.L. lehnt diese Konstruktion demgegenüber ab und sieht in der grundsätzlichen Strafbarkeit des Garanten einen Wertungswiderspruch begründet, da dieser zwar einerseits aktiv (durch Verschaffen des Todeswerkzeugs) an dem Suizid der Schutzperson mitwirken dürfe, aber anschließend, nämlich im Falle eines Tatherrschaftswechsels, plötzlich andererseits doch alles dafür tun müsse, den Tod zu verhindern (vgl. z.B. Joecks, Studienkommentar StGB, 7. Aufl. 2007, § 216 Rn. 15; Kindhäuser, BT I, 5. Aufl. 2012, § 4/22). Die Literatur nimmt daher überwiegend an, dass den Garanten im Falle der freiwilligen Selbsttötung bereits keine objektive Pflicht zum Eingreifen (mehr) treffe; begründet wird dies etwa damit, dass das Opfer den ursprünglich Pflichtigen spätestens mit Ansetzen zum Suizid aus dessen Garantenstellung entlasse, so dass zum Zeitpunkt des Tatherrschaftswechsels ein Gebot zur Hilfe nicht mehr existiere (so MK-Schneider, 1. Aufl. 2003, Vor § 211 Rn. 77). Diese Konstruktion steht freilich in einem gewissen Spannungsverhältnis zu § 216 StGB, da die Entlassung aus der Garantenstellung faktisch mit der Einwilligung in eine Fremdtötung durch Unterlassen gleichgesetzt werden kann. Allerdings wird überwiegend angenommen, dass bzgl. dieser Norm, die im Hinblick auf die Einschränkung für eine Lebensbeendigung ohnehin verfassungsrechtlich problematisch erscheint, eine teleologische Reduktion angezeigt ist. Danach kann § 216 Abs. 1 StGB allein auf die aktive Herbeiführung des Todes eines Menschen angewendet werden, während Fälle eines garantenwidrigen Unterlassens ausgeklammert bleiben. Eine solche teleologische Reduktion (als methodologisches Gegenstück zum Analogieschluss) ist hier ohne Weiteres zulässig, da sie die Strafbarkeit des Täters einschränkt, nicht begründet. Sie kann auch mit der Wertung unterfüttert werden, dass ein Heileingriff, der zur Abwendung des Todes nach Abschluss der aktiven Einwirkung regelmäßig vonnöten wäre, von der Rspr. grundsätzlich als strafbare Körperverletzung (§ 223 ff. StGB) eingestuft wird, wenn das Opfer nicht (mutmaßlich) einwilligt – eine solche Einwilligung ist aber in Fällen des freiwilligen Suizids, bei dem der Todeswillige gerade nicht mehr weiterleben will, regelmäßig nicht anzunehmen. Insoweit kann den Garanten aber kein Gebot treffen, mit dessen Erfüllung er gleichzeitig gegen ein Verbot (die Beteiligung an der Körperverletzung) verstoßen würde.

c) Strafbarkeit nach § 323c StGB?
I.Ü. käme im vorgenannten Fall (sowie auch dann, wenn den Anwesenden von vornherein keine Garantenstellung trifft) daneben eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung, § 323c StGB, als „Auffangtatbestand“ in Betracht. Vom Standpunkt der Rspr. wäre auch insoweit allein an eine Einschränkung der Strafbarkeit wegen fehlender Zumutbarkeit des Eingriffs zu denken, wobei dieses Merkmal freilich hier nach überwiegender Auffassung ein echtes Tatbestandsmerkmal (und kein Element der Schuld) bildet. Die h.L. nimmt hingegen an, dass ein freiverantwortlicher Suizid bereits keinen Unglücksfall i.S.d. § 323c StGB darstellt (vgl. nur NK-Wohlers, 3. Aufl. 2010, § 323c Rn. 5 m.w.N.), und kommt so wiederum (ebenso) zur Straflosigkeit des Unterlassenden.

16.08.2012/3 Kommentare/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2012-08-16 10:00:562012-08-16 10:00:56Fälle zur Abgrenzung von Suizid und Fremdtötung
Dr. Christoph Werkmeister

Zur Hemmschwellentheorie bei den Tötungsdelikten – Anmerkung zu BGH NJW 2012, 1524 ff.

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Strafrecht, Strafrecht AT

Von Dominik Schnieder
In seinem Urteil vom 22.03.2012 (BGH NJW 2012, 1524 ff.) hatte der Bundesgerichtshof Anlass, sich erneut mit den Anforderungen an den bedingten Tötungsvorsatz auseinander zu setzen. Durch die Studienliteratur und Rechtsprechung geistert dabei immer wieder der Begriff der „Hemmschwellentheorie“. Was darunter zu verstehen ist, erscheint auf den ersten Blick klar: Bei Tötungsdelikten sind höhere Voraussetzungen an den Vorsatz zu stellen (so in aller Schlichtheit: Rengier, BT II, § 4, Rn. 9). Dass dem in dieser Einfachheit nicht so ist, soll im Folgenden dargelegt werden.
I. Sachverhalt
Nachdem es sowohl inner- als auch außerhalb eines Nachtclubs wiederholt zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Angeklagten und seinem späteren Opfer gekommen war, gelang es den Türstehern, den Streit zunächst zu schlichten und die Gruppen zu trennen.
Der Angeklagte, der sich damit nicht abfinden wollte, setzte dem Opfer nach und stach diesem unter dem Ausruf „Verreck‘, du Hurensohn!“  von hinten kommend ein 22 cm langes Messer in den Rücken, wobei er die achte Rippe durchtrennte und mit der Klinge in die Lunge eindrang. Das Opfer befand sich in akuter Lebensgefahr und wäre ohne sofortige Notoperation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verstorben.
Das LG verurteilte den Angeklagten unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft war erfolgreich.
II. Erläuterungen
Ansatzpunkt für die Diskussion um die Hemmschwellentheorie ist das voluntative Vorsatzelement beim dolus eventualis. Ist in der Literatur lebhaft umstritten, ob neben das cognitive auch ein voluntatives Element tritt, um insbesondere bewusste Fahrlässigkeit und bedingt vorsätzliches Handeln voneinander abzugrenzen (vgl. Fischer, § 15, Rn. 9 ff.), geht der BGH wie selbstverständlich davon aus:

 „[26] Bedingt vorsätzliches Handeln setzt nach ständiger Rechtsprechung des BGH voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet“

Doch welche Anforderungen sind nun an das vom BGH vorausgesetzte billigende Inkaufnehmen des Todes zu stellen?
So weist das Gericht selbst darauf hin:

 „[35] Der Hinweis [des LG] auf eine „Hemmschwellentheorie“ entbehrt somit jedes argumentativen Gewichts.“

Vielmehr gelte:

 „[34] Im Verständnis des BGH erschöpft sich die „Hemmschwellentheorie“ somit in einem Hinweis auf § 261 StPO.“

III. Würdigung
1. Anforderungen
Ausgangspunkt für die Bestimmung, ob der Täter mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte, muss demnach sein, dass es zwar grundsätzlich, aber nicht ohne weiteres möglich ist, von der Gefährlichkeit einer gewalttätigen Handlung auf das Vorliegen des Vorsatzes zu schließen (Verrel, NStZ 2004, 309).
Vielmehr obliegt es dem erkennenden Gericht, umfassende Feststellungen zum Geschehen zu treffen. Es muss eine Gesamtbetrachtung anstellen, die neben der Tat auch den Täter umfasst [BGH NStZ 2003, 431 (432)]. Einzubeziehen sind insbesondere die Motivation des Täters und sein Nachtatverhalten, Äußerungen vor, bei oder nach der Tat sowie die Tatausführung selbst (so: Trück, NStZ 2005, 233 m.w.N.) – kurz: alle objektiven und subjektiven Tatumstände (Fischer, § 212, Rn. 8).
Die anschließende Gesamtbetrachtung geschieht letztlich durch Hypothesenbildung. Das erkennende Gericht kann die den beweisenden Sachverhalt tragende Hypothese als zutreffend belegen, indem es alle dem konkreten Fall entsprechenden Alternativhypothesen aufstellt und für unvereinbar mit dem relevanten Geschehen erklärt (MüKo-Schneider, § 212, Rn. 11).
Es ist also dazu aufgerufen, Gegenindizien zu suchen, die es ermöglichen können, den Schluss von der äußeren Gefährlichkeit der Tathandlung auf das voluntative Vorsatzelement zu entkräften [Verrel, NStZ 2004, 309 (310)]. Findet es solche Gegenindizien nicht oder können sie den äußeren Schluss nicht wiederlegen, so handelte der Täter bedingt vorsätzlich.
An dieser Stelle wird auch der Hinweis des BGH auf § 261 StPO virulent. Dieser verlangt, dass das Gericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung entscheidet. Das zur Entscheidung berufene Gericht muss sich subjektive Gewissheit über die entscheidungserheblichen Tatsachen verschaffen (Joecks, StPO, § 261, Rn. 2), gebildet auf einer rational-objektiven Grundlage [BGH NJW 1999, 1562 (1564)]. Sicheres Wissen an sich kann es dabei nicht geben [vgl. BGH NStZ 1995, 590 (591)]. Doch muss das Gericht auf Grund der ermittelten Hypothesen zu der Überzeugung gelangen, dass kein vernünftiger Zweifel an der den Sachverhalt tragenden Hypothese besteht. Diesen Anforderungen genügte das Landgericht nach Ansicht des BGH im vorliegenden Fall nicht.
Es hätte sich vielmehr:

 „[35]… damit auseinandersetzen müssen, dass schon der festgestellte Handlungsablauf, nämlich das wuchtige und zielgerichtete Stechen eines Messers aus schnellem Lauf in den Rücken eines ahnungslosen Opfers, das Überwinden einer etwa vorhandenen Hemmschwelle voraussetzt.“

2. Kritik
Hinter der Konstruktion, die weitläufig als „Hemmschwellentheorie“ bekannt geworden ist, versteckt sich also mehr als ein glitzernder Name für eine plakative Aussage. Natürlich sind die Anforderungen an den Tötungsvorsatz höher als diejenigen, welche an den Diebstahl einer Cola-Flasche gestellt werden. Doch lässt sich dieses Verhältnis sicher nicht in Zahlen fassen. 10% mehr Tötungsvorsatz – so etwas gibt es nicht.
Die „Hemmschwellentheorie“ ist keine naturwissenschaftliche Gegebenheit, die durch bloßes Erwähnen umfassende Rückschlüsse auf die Wirklichkeit zuließe. Hinter ihr verbirgt sich vielmehr ein komplexes Ausschlussmodell, dessen Grundlage auf umfassenden Tatsachenermittlungen und-würdigungen fußt.
Dass diese Tatsachenermittlung in der Instanzenrechtsprechung häufig zu kurz kommt und mit pauschalen Hinweisen auf ebenjene „Theorie“ übergangen wird, moniert der BGH somit zu Recht [BGH NJW 2012, 1524 (1526 f.)]. Nichtsdestotrotz muss sich auch die Rechtsprechungspraxis des BGH in der Literatur Kritik gefallen lassen. Es wird beanstandet, es hinge teils mehr vom Zufall, denn von der tatrichterlichen Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt ab,  ob das gefällte Urteil nun „revisionssicher“ sei oder nicht. Dabei wird dem BGH sogar eine gewisse Beliebigkeit unterstellt (so etwa Wojtech, NJW-Spezial 2012, 312).
Solch pauschale Aussagen sind sicherlich nicht richtig. Vielmehr sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein und nicht extra eines Hinweises des BGH bedürfen, dass die Gerichte eine vollständige Sachverhaltsaufklärung und –würdigung zu betreiben haben. Zutreffender Ansatzpunkt für Kritik dürfte aber einerseits die Spruchpraxis des Bundesgerichtshofs sein, andere (niedrigere)  Maßstäbe für Unterlassungsdelikte anzusetzen (für Nachweise der Praxis vgl. Fischer, § 212, Rn. 14). Warum hier eine Unterscheidung zwischen Begehungs- und Unterlassungsdelikten zu treffen sein soll, erscheint nicht ersichtlich [Puppe, NStZ 1992, 576 (577)].
Zudem macht es wenig Sinn, eine höhere „Hemmschwelle“ dann anzunehmen, wenn es um Gegebenheiten geht, die gerade eher für ein Enthemmen sprechen. Alkohol- und Drogenkonsum oder affektive Erregungszustände sollen nach der Praxis des BGH nämlich noch einmal erhöhte Voraussetzungen an die Vorsatzfeststellung stellen [mit Beispielsfällen: Trück, NStZ 2005, 233 (237)].
Der Autor Dominik Schnieder ist Lehrassistent bei Prof. Dr. Schlehofer an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Er promoviert zurzeit bei Prof. Dr. Michael zu einem verfassungsschutzrechtlichen Thema.

21.05.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-05-21 16:44:372012-05-21 16:44:37Zur Hemmschwellentheorie bei den Tötungsdelikten – Anmerkung zu BGH NJW 2012, 1524 ff.
Dr. Gerrit Forst

BGH: Totschlag und Garantenpflicht aus Ingerenz

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht, Strafrecht AT

Eine aktuelle Entscheidung des BGH (Urt. v. 21.12.2011 – 2 StR 295/11) befasst sich mit der strafrechtlichen Garantenpflicht aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz). Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, eine Zusammenfassung findet sich in der Pressemitteilung 203/11.
I. Sachverhalt
In dem Fall hatte der Angeklagte dem Opfer – seiner Freundin – erkärt, die Beziehung beenden zu wollen. Der Angeklagte hatte zuvor eine Flasche mit 500ml des Drogenersatzstoffes GBL auf einen Tisch am Tatort gestellt. Der Angeklagte konsumierte regelmäßig GBL. Das Opfer hatte keine Erfahrung mit der Substanz. Der Angeklagte hatte der Geschädigten zuvor erklärt, dass das Mittel gefährlich sei. Die potentiell letale Dosis lag bei 7ml. Nachdem der Angeklagte die Beziehung definitiv für beendet erklärt hatte, trank das Opfer ca. 15 bis 25ml der Substanz. Der Angeklagte erkannte die Gefährlichkeit der Lage und veranlasste das Opfer, sich zu erbrechen. Dennoch wurde es kurz darauf bewusstlos. Der Angeklagte unternahm keine weiteren Rettungshandlungen und verließ kurz darauf den Tatort. Das Opfer verstarb.
II. Entscheidung
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen  Totschalgs durch Unterlassen (§§ 212, 13 StGB). Die Revision rügte, es habe sich bei dem Vorfall um einen Suizid gehandelt. Deshalb seien die Grundsätze über die Hilfspflicht von Garanten bei einem freiwilligen Suizid anzuwenden gewesen. Dies lehnt der BGH ab:

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Für eine Anwendung der Grundsätze zur Hilfspflicht von Garanten bei freiverantwortlichem Suizid bestand nach Ansicht des Senats kein Anlass. Denn nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts lag hier schon die Annahme eher fern, die Geschädigte habe sich (ernstlich) töten wollen. Hiergegen sprachen unter anderem die absolut geringe Menge des konsumierten GBL, die Handlungssituation in unmittelbarer Nähe des Angeklagten sowie der Umstand, dass die Geschädigte sich alsbald willentlich erbrach. Das Landgericht hat überdies nicht festgestellt, dass der Angeklagte selbst von einer ernsthaften Suizidabsicht der Geschädigten ausging. Er war daher, da er die Gefahrenquelle geschaffen hatte und über überlegenes Wissen verfügte, zur Rettung der Geschädigten verpflichtet.

III. Bewertung

Der Entscheidung ist – bis zur Veröffentlichung der Entscheidungsgründe jedenfalls im Ergebnis – zuzustimmen: Nach der Rechtsprechung des BGH trifft einen „Jedermanngaranten“ (anders kann es bei einem Arzt liegen, vgl. BGH, Urt. v. 4.7.1984 – 3 StR 96/84, BGHSt 32, 367 – Wittig) keine Pflicht zur Hilfeleistung bei einem freiwilligen Suizid (BGH, Urt. v. 3.12.1982 – 2 StR 494/82, NStZ 1983, 117). Zu Recht lehnt der 2. Senat im vorliegenden Fall die Freiwilligkeit ab (zum sehr umstrittenen Problem der Freiwilligkeit s. Fischer, StGB, 59. Aufl. 2012, Vor § 211 Rn. 13 ff.). Aufgrund der Situation dürfte das Opfer aus akuter Verzweiflung gehandelt haben. Wie der BGH zu Recht anmerkt, spricht dafür neben der Beendigung der Beziehung insbesondere, dass das Opfer sich kurz nach der Einnahme der Mittels bereitwillig erbrach.

Erschwerend kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass der Angeklagte nicht „nur“ potentieller Garant aufgrund der Beziehung war (ob eine nichteheliche Beziehung eine Garantenstellung begründet, ist umstritten und wohl Frage des Einzelfalls), sondern Garant kraft Ingerenz. Die Entscheidung des BGH von 1982, auf die sich die Revision offenbar stützt, betraf einen Fall, in dem der damalige Angeklagte allenfalls aus einer nichtehelichen Beziehung bzw. Wohngemeinschaft eine Garantenstellung innehaben konnte, nicht aber aus Ingerenz. Insofern sind die Fälle nicht vergleichbar.

IV. Examensrelevanz

Obwohl die Entscheidung – soweit dies ohne die Entscheidungsgründe beurteilt werden kann – keine neuen dogmatischen Erkenntnisse bringt, ist sie für Klausuren gut geeignet. Denn der Sachverhalt ist einfach, bietet sich aber an, Probleme vor allem des AT des StGB abzufragen.  § 10 Abs. 2 S. 4 JAG NRW drückt es so aus: „[Prüfungsaufgaben] sollen einen rechtlich und tatsächlich einfachen Fall betreffen, der dem Prüfling jedoch Gelegenheit gibt, seine Fähigkeit zur Erörterung von Rechtsfragen darzutun.“

 
 

02.01.2012/3 Kommentare/von Dr. Gerrit Forst
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Gerrit Forst https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Gerrit Forst2012-01-02 14:32:232012-01-02 14:32:23BGH: Totschlag und Garantenpflicht aus Ingerenz

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