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Schlagwortarchiv für: StVG

Moritz Augel

Haftung für umkippende E-Scooter – Pech für Autofahrer?

Aktuelles, Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Startseite, Zivilrecht

E-Scooter wurden einst als „Revolution für die letzte Meile“ gefeiert. Doch die anfängliche Freude ist schnell verpufft: E-Scooter Verbotszonen, die verhindern, dass Irre die Scooter in Rhein, Main oder Spree werfen; mitten auf dem Gehweg abgestellte Scooter, die insbesondere Ältere, Rollstuhlfahrer und Menschen mit Kinderwagen behindern und nicht zuletzt zahlreiche Fälle, in denen Autos durch umgekippte E-Scooter beschädigt wurden.

Doch wer haftet eigentlich für das Umfallen von E-Scootern? Eine Frage, der unser Gastautor Moritz Augel im nachfolgenden Beitrag nachgehen wird. Er hat Rechtswissenschaft an der Universität Bonn studiert und widmet sich aktuell seinem Promotionsvorhaben.

I. Haftung des Nutzers

Zunächst ist eine mögliche Haftung des letztmaligen Nutzers, der den E-Scooter abgestellt hat zu erwägen.

1. Auskunftsanspruch nach § 242 BGB

Bevor man sich der Frage widmen kann, welche Ansprüche gegen den Nutzer bestehen könnten stellt sich zunächst ein ganz praktisches Problem. Der Geschädigte kennt die Identität des Fahrers des E-Scooters schlicht nicht. Jedoch steht ihm ein Anspruch aus § 242 BGB auf Auskunft über Name und Adresse des Fahrers gegen den Betreiber zu (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2004 – III ZR 248/03, VIZ 2004, 492 (494)). Ein solcher Auskunftsanspruch besteht dann, wenn „der Berechtigte entschuldbarerweise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen, die zur Beseitigung jener Ungewissheit geeignet sind“ (BGH, Urt. v. 6.5.2004 – III ZR 248/03, VIZ 2004, 492 (494)).

Problematisch ist indes, dass auch dem Betreiber häufig die Adresse des Nutzers unbekannt ist. Kann der Betreiber darlegen, dass er die Adresse mithilfe der ihm zur Verfügung stehenden Informationen nicht ermitteln kann, so scheitert auch der Auskunftsanspruch (Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (210)). Sofern also überhaupt Ansprüche gegen den Fahrer bestehen, scheitern sie bereits häufig an der fehlenden Durchsetzbarkeit, mangels Kenntnis über die Identität des Anspruchsgegners.

2. Haftung nach § 18 Abs. 1 StVG

Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass es sich bei den E-Scootern um Kraftfahrzeuge iSv. § 1 Abs. 2 StVG handelt. Da sie selbstständig beschleunigen und nicht an Muskelkraft gebunden sind, handelt es sich um Kraftfahrzeuge, die grundsätzlich der Halter- (§ 7 StVG) und Fahrerhaftung (§ 18 StVG) unterfallen. Jedoch regelt § 8 StVG eine Ausnahme von der Gefährdungshaftung. Diese greift gem. § 8 Nr. 1 StVG nicht, wenn es sich um ein Kraftfahrzeug handelt, welches nicht schneller als 20 km/h fahren kann. Dies ist bei E-Scootern der Fall, sodass eine Haftung nach § 18 Abs. 1 StVG ausscheidet.

Die Ausnahme des § 8 Nr. 1 StVG ist in letzter Zeit zunehmend in die Kritik geraten. Insbesondere in Konstellationen, wie der vorliegenden, erscheint es widersinnig auf die tatsächliche Geschwindigkeit abzustellen, denn wenn das Fahrzeug stillsteht begründet es die gleiche Gefahr, wie jedes andere (schnellere) Fahrzeug (Medicus, DAR 2000, 442 (443)).

3. Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB

Möglich bleibt eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB. Die Sachbeschädigung stellt eine Rechtsgutsverletzung in Form der Eigentumsverletzung dar. Als haftungsbegründendes Verhalten ist auf die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, mithin ein Unterlassen, abzustellen: Der Nutzer eines E-Scooters schafft eine Gefahrenquelle, sobald er ihn im öffentlichen Verkehr abstellt, weshalb er entsprechende Maßnahmen treffen muss, die erforderlich sind um eine Schädigung Dritter zu verhindern, vgl. § 1 Abs. 2 StVO. Eine unsachgemäße Abstellung ist mithin haftungsbegründend.

Problematisch sind indes vor allem die Fragen der Kausalität und des Verschuldens, die sich insbesondere daraus ergeben, dass dem Geschädigten ein Nachweis bezüglich Kausalität und Verschulden nur in den seltensten Fällen gelingen wird. Insbesondere ist es für den Geschädigten häufig nicht nachzuweisen, dass der Scooter tatsächlich vom Fahrer falsch abgestellt wurde und nicht etwa durch eine dritte Person umplatziert oder umgestoßen wurde.

4. Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 1 Abs. 2 StVO

Gemäß § 823 Abs. 2 BGB begründet auch die Verletzung eines Schutzgesetzes eine Haftung. Schutzgesetze sind solche, die nicht nur Allgemeininteressen, sondern auch die des Einzelnen schützen sollen (Förster in BeckOK BGB, § 823 BGB, Rn. 276). Telos des § 1 Abs. 2 StVO ist zunächst der Schutz des Allgemeininteresses an der Sicherheit des Straßenverkehrs, darüber hinaus jedoch auch der Schutz des Individualinteresses des einzelnen Verkehrsteilnehmers an seiner Unversehrtheit. § 1 Abs. 2 StVO ist mithin ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB (vgl. Herbers/Lempp in Haus/Krumm/Quarch, Verkehrsrecht, § 1 StVO, Rn. 5). Eine Haftung kann sich mithin auch aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. § 1 Abs. 2 StVO ergeben. Es stellen sich jedoch die gleichen Probleme hinsichtlich der Beweisbarkeit und Identifizierbarkeit des Fahrers, wie bei § 823 Abs. 1 BGB.

II. Haftung des Betreibers

Gerade weil eine Haftung gegen den Fahrer regelmäßig aufgrund fehlender Durchsetzbarkeit (vgl. I. 1.) scheitert, wäre ein Anspruch gegen den – häufig auch deutlich solventeren – Betreiber umso wichtiger.

1. Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG

Eine Halterhaftung scheitert ebenso wie die Haftung des Fahrers nach § 18 Abs. 1 StVG (s. I. 2.), weil § 8 Nr. 1 StVG diese für E-Scooter ausschließt.

2. Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB

Auch den Betreiber treffen Verkehrssicherungspflichten: Indem er die E-Scooter in den Verkehr bringt, sie auf öffentlichen Straßen abstellen lässt und sie an Nutzer vermietet schafft er selbst eine Gefahrenquelle, aufgrund derer er zur Ergreifung von Maßnahmen verpflichtet ist, um die Rechte Dritter zu schützen (Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (210)). Dabei ist der Betreiber zur Ergreifung solcher Maßnahmen verpflichtet, die erforderlich sind und angemessen sind. Welche Maßnahmen das sind, bestimmt sich aus der Sicht eines umsichtigen, verständigen, in vernünftigen Grenzen vorsichtigen und gewissenhaften Menschen (st. Rspr.: BGH, Urt. v. 25.10.2022 – VI ZR 1283/20, NJW-RR 2023, 95, Rn. 11).

Es stellt sich mithin die Frage, in welchem Maß der Betreiber verpflichtet ist, einen ordnungsgemäßen Abstellvorgang sicherzustellen. Eine proaktive Überwachung jedes einzelnen Abstellvorgangs wäre ihm keinesfalls zumutbar (Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (210)). Jedoch darf der Betreiber nicht darauf vertrauen, dass die Nutzer die Scooter stets ordnungsgemäß abstellen, weshalb den Betreiber jedenfalls in Fällen, in denen er Kenntnis von einem falsch geparkten E-Scooter erlangt, die Pflicht trifft, darauf zu reagieren und die Gefahrenquelle zu beseitigen (Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (210 f.)).

Dabei darf sich der Betreiber nicht allein darauf verlassen, dass ihm ein falsch geparkter Scooter wohl gemeldet würde. Vielmehr trifft ihn auch die Pflicht zur Überwachung, sodass regelmäßige Kontrollen vorzunehmen sind, die etwa im Rahmen des nächtlichen Umstellens und Aufladens erfolgen kann (Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (211)). Darüber hinaus verfügen die Scooter regelmäßig über eine GPS-Ortung, sodass sich, wenn sich aus der Position bereits eine Störung ergibt, ebenfalls eine Beseitigungspflicht ergibt.

Kaufmann und Kurczinski schlagen den Einbau von Neigungssensoren vor, die nicht nur auf eine Gefahrenquelle aufmerksam machen, sondern auch dabei helfen würden, den Zeitpunkt des Umkippens feststellen zu können (Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (210)).

Eine Pflicht zur Erhebung der Daten des Nutzers besteht hingegen nicht. Zwar begründet die lückenhafte Datenerhebung eine Gefahr, da eine praktische Durchsetzung der Ansprüche gegen den Nutzer so praktisch unmöglich wird. Allerdings führt das Unterlassen der Datenerhebung nicht zur Rechtsgutsverletzung, sodass der erforderliche Kausalzusammenhang fehlt (Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (211)).

3. Haftung nach § 831 Abs. 1 BGB

Sogenannte „Juicer“ oder „Charger“ verdienen Geld, indem sie leere E-Scooter einsammeln, aufladen und später wieder im angestammten Gebiet verteilen. Sofern es sich bei ihnen um Verrichtungsgehilfen handelt, sie ihre Tätigkeit mithin weisungsgebunden ausüben, kommt eine Haftung des Betreibers nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht. Voraussetzung hierfür ist ein Auswahl- bzw. Überwachungsverschulden; der Betreiber darf sich mithin nicht nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB exkulpieren können. Jedoch wird diese Exkulpation nicht nur häufig gelingen (so jedenfalls Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (211)), vielmehr ist die konkrete Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarung zwischen „Juicer“ und Betreiber dahingehend zu untersuchen, ob überhaupt eine Weisungsbindung vorliegt.

III. Summa

Es besteht mithin das Risiko, dass die Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, welches durch einen umkippenden E-Scooter beschädigt wurde, auf dem Schaden sitzenbleiben. Dies ist nicht nur misslich, sondern ein echtes Ärgernis. Die Privilegierung des § 8 Nr. 1 StVG scheint überholt (vgl. Kaufmann/Kurczinski, NZV 2024, 207 (212)). Aktuell muss man konstatieren, dass es dem Geschädigten nicht möglich ist einen Regress vom Betreiber zu erlangen. Auch ein Rückgriff gegen den Fahrer ist nur selten möglich. Keine gute Nachricht für alle Autofahrer, die auch künftig fürchten müssen aus eigenem Portmonee für den Lackschaden aufkommen zu müssen.

07.11.2024/2 Kommentare/von Moritz Augel
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Moritz Augel https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Moritz Augel2024-11-07 08:47:252024-11-14 09:31:35Haftung für umkippende E-Scooter – Pech für Autofahrer?
Redaktion

Haftung des Fahrzeughalters und Fahrzeugführers im StVG

Deliktsrecht, Karteikarten, Rechtsgebiete, Uncategorized, Zivilrecht, Zivilrecht

Haftung des Halters- § 7 StVG

I. Halter

→ Wer die tatsächliche Verfügungsgewalt auf Dauer ausübt, vgl. § 7 III StVG

II. Personen- oder Sachschäden
III. Beim Betrieb eines KFZ

a) Betrieb: Alles was geeignet ist, Gefahren in den Straßenverkehr zu tragen (verkehrstechnische Auffassung (str.))

b) Kausalität zwischen Betrieb und Personen- bzw. Sachschaden

IV. Gefährdungshaftung

→ Kein Verschulden erforderlich

V. Ausschluss der Haftung bei höherer Gewalt, § 7 II StVG
VI. Mitverschulden des Geschädigten, § 9 StVG

18 StVG – Ersatzpflicht des Fahrzeugführers

I. Fahrzeugführer

→ Wer das Fahrzeug eigenverantwortlich lenkt oder steuert

II. Personen- oder Sachschäden
III. Beim Betrieb eines KFZ
 IV. Verschuldenshaftung, § 18 I 2 StVG
 V.  Ggf. Mitverschulden des Geschädigten, § 9 StVG

→ Beachte bei Schadensverursachung durch mehrere KFZ: § 17 StVG

→ Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen bei Unfällen im Straßenverkehr: § 823 I BGB; 823 II i.V.m. § 229 StGB bzw. StVO; § 115 VVG i.V.m. § 3 PflVG

18.10.2023/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-10-18 08:08:022023-10-18 08:08:05Haftung des Fahrzeughalters und Fahrzeugführers im StVG
Gastautor

Halterhaftung bei Unfällen mit PKW-Anhängern nach § 19 I 1 StVG

Aktuelles, Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Johannes Zhou veröffentlichen zu können. Der Autor ist Rechtsreferendar am Landgericht Frankfurt am Main.

Der BGH beschäftigt sich in seiner Entscheidung vom 7.2.2023 (VI ZR 87/22) mit dem im Jahr 2020 neu hinzugefügten § 19 I 1 StVG. Diese Vorschrift regelt die Halterhaftung bei Unfällen mit PKW-Anhängern, welche vor 2020 noch in § 7 I StVG geregelt war. Kernproblem des Falles ist die Frage, ob von einem ordnungsgemäß abgestellten PKW-Anhänger eine Betriebsgefahr ausgeht, für die der Halter des Anhängers einzustehen hat.

I. Der Sachverhalt

Der Kläger ist Gebäudeversicherer und verlangt von dem Beklagten – einem Haftpflichtversicherer – Schadensersatz aufgrund eines Unfallereignisses im Zusammenhang mit einem PKW-Anhänger.

Bei der Beklagten ist ein PKW-Anhänger versichert, den der Versicherungsnehmer am Unfalltag ordnungsgemäß am Straßenrand abstellte. Ein Dritter, der nicht Partei des Verfahrens ist, befuhr mit seinem Fahrzeug diese Straße und stieß mit dem ordnungsgemäß geparkten PKW-Anhänger zusammen. Der Anhänger rollte aufgrund des Zusammenstoßes nach vorne und beschädigte das Eingangstor eines Grundstücks sowie die Fassade des auf dem Grundstück stehenden Gebäudes. Der Kläger übernahm als Gebäudeversicherer die dem Gebäudeeigentümer angefallenen Kosten für die Reparatur des Eingangstores und der Fassade.

Daraufhin machte der Kläger Schadensersatz gegen den Haftpflichtversicherer, bei dem der PKW-Anhänger versichert ist, geltend. Während das AG Friedberg der Klage stattgab, lehnte das LG Gießen den Schadensersatzanspruch ab. Das LG Gießen begründete dies damit, dass der Schaden nicht beim Betrieb des PKW-Anhängers eingetreten sei. Der Anhänger sei nämlich durch einen anderen Verkehrsteilnehmer, der mit dem Anhänger zusammenstieß, in Bewegung gesetzt worden.

II. Die Entscheidung

Der BGH bejaht den geltend gemachten Schadensersatz nach § 7 I StVG a.F. bzw. § 19 I 1 StVG i.V.m. § 115 I 1 Nr. 1, § 86 VVG. § 19 I 1 regelt nach der amtlichen Normüberschrift die Haftung des Halters bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen.

§ 19 I 1 StVG: „Wird bei dem Betrieb eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug (Zugfahrzeug) gezogen zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, ist der Halter des Anhängers verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“

Nach Auffassung des BGH gehe auch von einem ordnungsgemäß abgestellten PKW-Anhänger eine Betriebsgefahr aus. Demnach sei der Schaden am Gebäude beim Betrieb des Anhängers eingetreten. Hierbei geht der BGH zunächst auf die für § 7 I StVG entwickelten Grundsätze bezüglich der Betriebsgefahr von Kraftfahrzeugen ein:

„[8] a) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen hat, ist das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ in Bezug auf Kraftfahrzeuge entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn. 10 mwN).[9] Erforderlich ist dabei stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll; die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit grundsätzlich maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. Senatsurteile vom 3. Juli 1962 – VI ZR 184/61, BGHZ 37, 311, juris Rn. 12 ff.; vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn. 10; vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 319/18, VersR 2021, 597 Rn. 7, jeweils mwN). Der Betrieb dauert dabei fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn. 10 mwN).“ (Hervorhebungen durch den Verfasser)

Diese Grundsätze überträgt der BGH auf die Halterhaftung für PKW-Anhänger nach § 19 I 1 StVG. In dem Geschehen habe sich die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Fremdkraft verwirklicht. Das Abstellen des Anhängers im öffentlichen Verkehrsraum beseitige diese Gefahr nicht. Vielmehr wirke die Betriebsgefahr fort.

Schließlich dringt die Beklagte auch nicht mit dem Einwand durch, dass ein Dritter durch seinen Zusammenstoß mit dem Anhänger für das Unfallgeschehen maßgeblich verantwortlich sei. Dieser Umstand sei lediglich für die Abwägung der Verursachungsbeiträge im Rahmen eines etwaigen Gesamtschuldnerinnenausgleichs der Schädiger gem. §§ 426 I, 254 I BGB von Bedeutung. Der Umstand habe aber keine Auswirkung auf den zuvor bejahten Zurechnungszusammenhang zwischen dem Gebäudeschaden und Betrieb des Anhängers.

III. Einordnung

Der Gesetzgeber hat die Haftung des Halters bei Unfällen mit Anhängern im Jahr 2020 neu geregelt, indem er diese aus den §§ 7, 8, 12, 17 und 18 StVG a.F. ausgliederte und die neuen §§ 19, 19a StVG einfügt hat (vgl. Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Jahnke, § 19 StVG Rn. 3). Anlass für die Gesetzesänderung war die alte Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 27.10.2010 – IV ZR 279/08), wonach bei Unfällen mit PKW-Anhängern die beteiligten Halter von Zugfahrzeug und Anhänger im Innenverhältnis zu gleichen Teilen hafteten. Diese Haftungsverteilung entsprach laut Gesetzesbegründung in der Regel jedoch nicht der jeweils gesetzten Betriebsgefahr (BT-Drs. 19/17964, S. 1). Im Zuge der Neuregelung des § 19 StVG schaffte der Gesetzgeber daher § 19 IV 2 und 3 StVG. Danach haftet grundsätzlich der Halter des Zugfahrzeuges im Innenverhältnis.

IV. Bedeutung für das Examen

Die Entscheidung des BGH eignet sich gut für Examensklausuren, da mit § 19 I 1 StVG eine vergleichsweise neue Anspruchsgrundlage abgeprüft werden kann. Entscheidend ist aber, dass hier eine auf den ersten Blick unbekannte Norm mit bereits gelerntem Wissen zu § 7 I StVG bewältigt werden kann. Der Wortlaut des § 19 I 1 StVG entspricht dem des § 7 I StVG.

Die Entscheidung des BGH gibt zudem Anlass, sich mit zahlreichen examensrelevanten Problemen zu beschäftigen und diese zu wiederholen. Über die für § 7 I StVG entwickelten Grundsätze zum Tatbestandsmerkmal „beim Betrieb“ hinaus, sollte im Hinblick auf Systematik auch ein Blick auf andere Gefährdungstatbestände wie § 833 S. 1 BGB oder § 1 ProdHaftG geworfen werden (zum Grundwissen Lorenz, JuS 2021, 307).

Auch eine Wiederholung der Vorschrift zum Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB sowie der examensrelevanten Vorschriften des VVG kann nicht schaden. Nach § 115 I 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG kann ein Geschädigter auch unmittelbar gegen den Versicherer Schadensersatz geltend machen. Bei § 86 I 1 VVG handelt es sich um eine sog. Legalzession (cessio legis). Danach geht der Anspruch des Versicherungsnehmers auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Welche weiteren Vorschriften ordnen einen gesetzlichen Forderungsübergang an? Zum Beispiel: §§ 268 III 1, 774 I 1 BGB, § 116 SGB X.

28.06.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-06-28 09:30:182023-06-28 14:48:13Halterhaftung bei Unfällen mit PKW-Anhängern nach § 19 I 1 StVG
Dr. Sebastian Rombey

BGH: Neues zur Betriebsgefahr eines Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wie weit reicht die Betriebsgefahr eines Kfz in zeitlicher Hinsicht? Mit dieser für die Halterhaftung und damit für die Praxis überragend wichtigen Frage hatte sich der BGH jüngst zu befassen. Da grundlegende Auslegungsschwierigkeiten zu § 7 Abs. 1 StVG äußerst selten in Karlsruhe geklärt werden, StVG-Ansprüche sich problemlos in das allgemeine deliktische Haftungsregime einfügen und überdies gerne als Zusatzproblem in Examensklausuren eingebaut werden, lohnt sich ein Blick auf die wichtigsten Erwägungen des VI. Senats.
I. Sachverhalt (vereinfacht)
Reduziert man den Sachverhalt auf das Wesentliche, stellt er sich wie folgt dar: Ein bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigtes Fahrzeug wurde von einem Abschleppdienst in eine Werkstatt verbracht, wo ein Mitarbeiter der Werkstatt vergaß, die Batterie abzuklemmen. Eineinhalb Tage nach dem Unfall ging das Fahrzeug in Folge eines Kurzschlusses, der auf den durch den Halter selbstverschuldeten Unfall zurückgeführt werden konnte, in Flammen auf. Der so entstandene, großflächige Brand beschädigte große Teile des Werkstattgeländes sowie angrenzende Wohngebäude. Der Inhaber der Werkstatt verlangt nun vom Halter des Unfallfahrzeugs materiellen Schadensersatz gemäß § 7 Abs. 1 StVG.
II. Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 26.03.2019 – VI ZR 236/18, BeckRS 2019, 9268)
Alle relevanten Rechtsprobleme drehen sich mithin um die Frage, ob der eineinhalb Tage nach dem Verkehrsunfall eingetretene Schaden „bei Betrieb eines Kfz“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG erfolgt ist. Der BGH legt dieses Tatbestandsmerkmal seit jeher weit aus. Es muss – kurzgesagt – eine wertende Betrachtung erfolgen, die den Schutzzweck der Gefährdungshaftung berücksichtigt, sodass im Ergebnis alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten oder durch das Kraftfahrzeug mitgeprägten Schadensabläufe erfasst werden. Dazu der BGH (Rn. 8):

„Erforderlich ist […] stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist […]. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht […].“

Wendet man eben diese Erwägungen auf die vorliegende Fallkonstellation an, ergibt sich ein klares rechtliches Bild:
Der Kurzschluss war nach den Feststellungen der Vorinstanzen unmittelbar auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Ist dies der Fall, kann es keine Rolle spielen, dass sich der Folgeschaden, hier der Brand auf dem Werkstattgelände, der auch auf die umliegenden Wohnhäuser übergriff, erst eineinhalb Tage später realisiert, soweit die einmal geschaffene Gefahrenlage fort- bzw. nachwirkt. Und genau so liegt es hier, da der Kurzschluss und damit auch der Brandschaden eben unmittelbar durch den Fahrbetrieb hervorgerufen wurden. Denn: Fahrzeuge sind nicht vollends kontrollierbare, aber dennoch erlaubte Gefahrquellen, was auch der Grund für die weitreichende Gefährdungshaftung des § 7 Abs. 1 StVG ist und dazu führt, dass im Zweifel der Halter für daraus resultierende Schäden haften soll.
Gleichwohl könnte der für die Kausalität notwendige Zurechnungszusammenhang dadurch unterbrochen worden sein, dass ein Mitarbeiter des geschädigten Werkstattinhabers in sorgfaltswidriger und damit fahrlässiger Weise vergessen hatte, die Batterie des Fahrzeugs abzuklemmen, und damit dazwischengetreten sein könnte. So hatte es noch das Berufsgericht gesehen (OLG Celle, Urt. v. 03.05.2018 – 5 U 132/17, juris). Das Dazwischentreten eines Dritten lässt den Zurechnungszusammenhang – das stellt der BGH abermals klar – indes nur dann entfallen, wenn damit vernünftigerweise nicht gerechnet werden konnte, sodass die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch den Zweitschädiger keine unbillige Entlastung des Erstschädigers darstellt. Andersherum formuliert geht es um Fälle, in denen der Zweitschaden durch den Erstschädiger herausgefordert wurde, der Erstschädiger also vernünftigerweise damit hätte rechnen können, dass der Zweitschaden eintritt, sodass eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs nicht sachgemäß erscheint. Nur bei zufälligen Zusammenhängen kann dem Erstschädiger die Zurechnung des Zweiteingriffs nicht mehr zugemutet werden. Der BGH drückt dies freilich komplizierter, dafür aber auch exakter aus (Rn. 12):

„Hat sich aus dieser Sicht im Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht, war dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen und besteht deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein „äußerlicher“, gleichsam „zufälliger“ Zusammenhang, dann kann vom Erstschädiger billigerweise nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs einstehen zu müsse […]. Allein ein – auch grob fahrlässiger – Sorgfaltspflichtverstoß des hinzutretenden Dritten reicht hierfür jedoch in der Regel nicht […].“

Demnach wurde der Zurechnungszusammenhang durch das pflichtwidrig unterlassene Abklemmen der Batterie gerade nicht unterbrochen. Das OLG Celle hatte noch argumentiert, dass spätestens in dem Moment, in dem das Fahrzeug endgültig in einer Werkstatt gesichert werde, der Zurechnungszusammenhang enden müsse und dies erst Recht dann gelte, wenn der Schaden durch einen Dritten herbeigeführt werde. Dem folgt der VI. Senat des BGH jedoch nicht, insbesondere deshalb, da es darauf nicht ankommen könne, schließlich sei das vergessene Abklemmen der Batterie nicht so ungewöhnlich, dass nicht damit gerechnet werden könne. Das sei der alleinige Maßstab.
An dieser Stelle kommt bei genauerem Hinsehen eine Wertung zum Ausdruck, die sich in der Rechtsprechung des BGH des Öfteren wiederfindet: Der BGH bejaht lieber die Haftung und nimmt dann auf Ebene des Schadensumfangs ein (selbst im Umfang äußerst hohes) Mitverschulden an, als die Haftung gänzlich entfallen zu lassen – wohl, um so sachgerechtere, billigere Ergebnisse und damit Einzelfallgerechtigkeit herstellen zu können.
Im Ergebnis bejahte der BGH deshalb eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG, reduzierte den Haftungsumfang nach § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB aber um 40 % wegen der fehlenden Sicherungsmaßnahmen durch den Mitarbeiter des Werkstattinhabers.
III. Fazit: Im Zweifel Halterhaftung bejahen und Haftungsumfang reduzieren
Die Entscheidung lehrt, dass das für die Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG konstituierende Merkmal der Betriebsgefahr extensiv zu interpretieren ist, und zwar nicht nur im Sinne der verkehrstechnischen Auffassung inhaltlich, sondern auch zeitlich, soweit nur die durch das Fahrzeug geschaffene Gefahrenquelle bei einem später eintretenden Folgeschaden fortwirkt. Der hierfür notwendige Zurechnungszusammenhang wird durch einen dazwischentretenden Dritten nur selten unterbrochen; einen hierbei etwaig zu berücksichtigenden Sorgfaltspflichtverstoß führt man also besser auf Ebene des Mitverschuldens an, um den Haftungsumfang zu reduzieren.
Auch wenn sich dieses Judikat recht streng liest, trägt es doch dem Umstand Rechnung, dass die Gefahrquelle Kraftfahrzeug – wenn überhaupt – allein vom Fahrzeughalter beherrscht werden kann  und er deshalb auch die daraus folgenden Risiken tragen muss. Abgefedert wird dies in der Praxis freilich durch die Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters, die auch im vorliegenden Fall dem Gebäudeversicherer des Werkstattinhabers im Prozess entgegentrat, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.

05.06.2019/1 Kommentar/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2019-06-05 09:39:402019-06-05 09:39:40BGH: Neues zur Betriebsgefahr eines Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG
Dr. Christoph Werkmeister

OLG Hamm: Sorgfaltspflichten eines Autofahrers bei Mitnahme von Kindern

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Zivilrecht

Das OLG Hamm hat kürzlich eine examensrelevante Entscheidung zu den Verkehrssicherungspflichten von Autofahrern gefällt (Beschluss vom 05.11.2013 – 5 RBs 153/13). Hiernach hat der Führer eines Kraftfahrzeuges dafür Sorge zu tragen, dass ein im Fahrzeug befördertes Kind während der gesamten Fahrt vorschriftsmäßig gesichert ist und dies vor allem auch bleibt. Autofahrern, die Kinder befördern, wird nach der Entscheidung auferlegt, während der gesamten Fahrt zu kontrollieren, ob das Kind auch angeschnallt bleibt. Es genügt also nicht, lediglich zu Beginn der Fahrt zu überprüfen, ob das Kind angeschnallt war.
Grundsätzlich ist jeder Mitfahrer selbst verantwortlich
Das OLG Hamm stellte zwar fest, dass es im Regelfall dem jeweiligen Mitfahrer obliegt, sich anzuschnallen. Bei schutzbedürftigen Mitfahrern, wie etwa Kindern, treffe den Fahrzeugführer aber eine besondere Fürsorgepflicht. Deswegen müsse er auf deren vorschriftsmäßige Sicherung achten und dies während der gesamten Fahrt kontrollieren. Der Fahrzugführer ist deshalb gehalten, regelmäßig zu prüfen, ob das Kind sich nicht während der Fahrt abgeschnallt hat. Sofern der Fahrzeugführer bemerkt, dass sich das Kind abgeschnallt hat, hat er nach Auffassung des OLG Hamm die Fahrt zu stoppen und die Sicherung wiederherzustellen.
Darüber hinaus könne ein Fahrzeugführer im Einzelfall sogar gehalten sein, seine Route so zu wählen, dass er nur solche Straßen befahre, auf denen er sich regelmäßig nach einem zu sichernden Kind umsehen und erforderlichenfalls sofort anhalten könne. Ausnahmsweise könne der Fahrzeugführer sogar verpflichtet sein, die Sicherung eines beförderten Kindes durch eine mitgenommene Begleitperson zu gewährleisten.
Berücksichtigung beim (Mit)Verschulden
Die vom OLG Hamm aufgestellten Wertungen lassen sich wunderbar in eine Examensklausur verpacken. Man stelle sich vor, der Fahrzeugführer ist in einen Unfall verwickelt und es kommt zu Schäden bei dem mitfahrenden Kind, das sich während der Fahrt abgeschnallt hat. Sofern das Kind deliktische Ansprüche gegen den Fahrer (oder gegen den anderen Unfallbeteiligten) geltend macht, wird die hier geschilderte Problematik bei der Mitverursachung nach § 254 Abs. 1 BGB eine Rolle spielen. An dieser Stelle kann dann zugunsten des Kindes argumentiert werden, sofern es der Fahrer unterlassen hat auch während der Fahrt zu prüfen, ob das Kind angeschnallt war.
Zudem kann die Problematik beim Verschulden relevant werden, sofern  man ein schädigendes Verhalten des Fahrers darin sieht, dass dieser es unterlassen hat, darauf zu achten, ob das Kind auch während der Fahrt angeschnallt war. Nach Auffassung des OLG Hamm stellt die unterlassene Aufsicht (oder unter Umständen sogar bereits das Unterlassen, Begleitpersonen für die Kontrolle hinzuzuziehen) eine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht dar, womit eine fahrlässige Verletzungshandlung zu bejahen wäre.
Haftung von Eltern
Sofern es sich bei dem Fahrer um einen Elternteil des verletzten Kindes handelt, ist im Hinblick auf das Verschulden zudem § 1664 Abs. 1 BGB zu beachten. Hiernach haften Eltern eines Kindes bei der Ausübung der elterlichen Sorge nur für die eigenübliche Sorgfalt, sprich die sog. diligentia quam in suis nach § 277 BGB. Sofern § 1664 BGB anwendbar sein sollte, käme eine Haftung der Eltern damit im Regelfall nur bei grober Fahrlässigkeit in Betracht.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die eigenübliche Sorgfalt gerade nicht im Straßenverkehr gelten soll. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist bei der Teilnahme am Straßenverkehr nämlich im Grundsatz kein Raum für eine eigenübliche Sorgfalt (vgl. etwa BGH, NJW1967, 558). Dogmatisch lässt sich ein solches Ergebnis durch eine teleologische Reduktion des § 277 BGB konstruieren, denn die Besonderheiten und Gefahren des Straßenverkehrs gebieten, dass bei Haftungsfällen in diesem Kontext ein objektiver Haftungsmaßstab gelten muss. Ein subjektiver, auf die Veranlagung und das gewohnheitsmäßige Verhalten des Handelnden abstellender Maßstab wird der Situation im Straßenverkehr hingegen regelmäßig nicht gerecht (vgl. Werkmeister, NJW 2012, 1820). Bei der gegenständlichen Konstellation, bei der es die Eltern unterließen, zu prüfen, ob das Kind angeschnallt war, lässt sich indes gut vertretbar gegen die Übertragbarkeit der vorgenannten Rechtsprechung des BGH argumentieren. Die vom Fahrer verletzte Sorgfaltspflicht bezieht sich nämlich nicht unmittelbar auf die Sicherheit im Straßenverkehr, sondern stellt eher eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Kind dar. Wenn nämlich das Kind nicht angeschnallt ist, sind die anderen Teilnehmer im Straßenverkehr genauso sicher, wie sie es bei angeschnalltem Gurt wären.
Sofern man sich in dieser Hinsicht also für eine Anwendbarkeit des verringerten Haftungsmaßstabes nach §§ 1664, 277 BGB zugunsten der Eltern entscheidet, stellen sich bei Verkehrsunfallskonstellationen zusätzlich noch Probleme rund um die gestörte Gesamtschuld. Dies ergibt sich daraus, dass dem Kind zum einen Ansprüche gegen den Elternteil (als Fahrer) und zum anderen gegen den Unfallverursacher zustehen können. Die Handhabe derartiger Konstellationen haben wir bereits eingehender in diesem Beitrag behandelt. Das Grundlagenwissen zur Thematik der gestörten Gesamtschuld findet ihr hier. Für den Prüfungsaubau ist an dieser Stelle noch relevant, dass nach wohl h.M. § 1664 BGB auch als eigene Anspruchsgrundlage gegen die Eltern geprüft werden kann. Da es keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Aufbaufrage gibt, ist es indes genauso vertretbar, §§ 1664, 277 BGB (wie hier suggeriert) im Rahmen des Verschuldens (etwa bei § 823 Abs. 1 BGB) zu prüfen.
Examensrelevanz
Der kursorische Problemaufriss zeigt, dass Sachverhalte, bei denen Kinder in Kraftfahrzeugen mitfahren, einige haftungsrechtliche Probleme mit sich bringen. Die Rechtsprechung des OLG Hamm macht darüber hinaus deutlich, dass neben den bekannten Anknüpfungspunkten ebenfalls eine Haftung des Fahrers wegen Unterlassen der regelmäßigen Kontrolle des Kindes während der Fahrt in Betracht kommen kann.

06.01.2014/5 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2014-01-06 08:16:412014-01-06 08:16:41OLG Hamm: Sorgfaltspflichten eines Autofahrers bei Mitnahme von Kindern
Dr. Christoph Werkmeister

Einordnung von E-Bikes im examensrelevanten Strafrecht

Aktuelles, Strafrecht, Strafrecht BT

Vor einigen Tagen hatte das OLG Hamm darüber zu entscheiden, ob für den Führer eines sog. E-Bikes die  0,5 Promillegrenze des § 24a StVG gilt (Beschluss v. 28.02.2013 – 4 RBs 47/13). Ein E-Bike ist ein Fahrrad mit zusätzlichem Elektromotor, wobei die am meisten verbreitete Form das sog. Pedelec darstellt. Bei einem Pedelec wird der Fahrer beim Pedalieren von einem Elektroantrieb unterstützt (vgl. auch wikipedia). In dem genannten Beschluss stellte das OLG fest, dass obergerichtliche Rechtsprechung zur Einordnung von E-Bikes bzw. Pedelecs noch nicht vorliegt. Es sei insofern fraglich, ob derartige Fortbewegungsmittel als Kraftfahrzeug im strafrechtlichen Sinne einzuordnen sind. Die Rechtsfrage wurde vom OLG weitestgehend offen gelassen.
Examensrelevanz von E-Bikes
§ 24a StVG mag zwar keine examensrelevante Norm darstellen. Die rechtliche Fragestellung, ob ein E-Bike als Kraftfahrzeug einzuordnen ist, spielt jedoch auch im Kernstrafrecht eine Rolle. So kann beispielsweise ein räuberischer Angriff auf Kraftfahrer nach § 316a Abs. 1 StGB nur gegenüber dem Führer eines Kraftfahrzeugs begangen werden. Der Tatbestand kann also bei Sachverhaltsgestaltungen, bei denen ein E-Bike-Fahrer ausgeraubt wird, nur dann verwirklicht sein, wenn das E-Bike auch als Kraftfahrzeug einzuordnen ist.
Legaldefinition des Kraftfahrzeugs
Der Begriff des Kraftfahrzeugs ist für die Normen des StGB in § 248b Abs. 4 StGB legaldefiniert. Hiernach sind Kraftfahrzeuge solche Fahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden. Die Legaldefinition des § 248b Abs. 4 StGB gilt – obschon des beschränkenden Wortlauts („Kraftfahrzeuge im Sinne dieser Vorschrift„) – auch für den Tatbestand des § 316a StGB (vgl. etwa BGH, NStZ 1993, 540).
Bei der Subsumtion des Pedelec ist im Hinblick auf die vorgenannte Legaldefinition indes problematisch, dass das Fahrrad zum einen durch menschliche Kraft angetrieben, diese aber durch Maschinenkraft unterstützt wird. Das Anfahren ist bei diesen Modellen regelmäßig nur mit Menschenkraft möglich (es sei denn, das Rad verfügt über eine sog. Anfahrhilfe). Wenn das Pedelec aber einmal rollt, lässt sich das Gefährt hingegen weitestgehend durch Maschinenkraft bewegen. In der Kommentarliteratur findet sich für die Fragestellung etwa die folgende Aussage:

Fahrräder sind radgebundene Fortbewegungsmittel, die mit den Füßen oder Händen bewegt werden; besitzen sie einen Hilfsmotor, sind sie als Kraftfahrzeuge anzusehen (so Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 4. Auflage 2013, § 248b StGB, Rn. 2).

Sofern man diesem weiten Verständnis folgt, wäre das Pedelec – unabhängig von der Bauart – aufgrund des Vorliegens eines Hilfsmotors als Kraftfahrzeug einzuordnen. Ein räuberischer Angriff auf einen Pedelec-Fahrer wäre damit nach dem erhöhten Strafrahmen des § 316a StGB zu beurteilen. Differenzierender lässt sich eine Äußerung des OLG Hamm in dem oben zitierten Beschluss verstehen. Das OLG stellt nämlich darauf ab, dass von Pedelecs, die nur bis zu maximal 25 km/h motorisiert betrieben werden, keine höhere Gefährlichkeit als von einem bloß pedalbetriebenen Fahrrad ausgeht.
Eine derartige Differenzierung verdient m.E. den Vorzug. Pedelecs, die sich im Hinblick auf Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung und Fahrverhalten nicht wesentlich von gewöhnlichen Fahrrädern unterscheiden, sollten auch in strafrechtlicher Hinsicht keine andere Beurteilung erfahren. Ein pauschales Abstellen auf das Vorliegen eines Motors würde ansonsten auch zu Wertungswidersprüchen mit dem Kfz-Zulassungswesen führen. Pedelecs, die nur bis zu 25 km/h motorisiert werden, gelten nämlich auch nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung noch als zulassungsfreies Fahrrad, das auch keiner Haftpflichtversicherungs- oder Helmpflicht unterliegt (vgl. Huppertz, NZV 2010, 390, 391).
Klassische Auslegung eines Tatbestandsmerkmals
Unabhängig davon, welcher Auffassung man folgen mag, das E-Bike stellt für Klausursachverhalte sowie mündliche Prüfungen hervorragend geeigneten Prüfungsstoff dar. Bei der Prüfung des Tatbestandes des § 316a StGB kann der Examenskandidat bei der Auslegung des Merkmals „Kraftfahrzeug“ nämlich zeigen, dass er mit

  • Wortlaut (vgl. § 248b Abs. 4 StGB),
  • Systematik (Bezüge zum Zulassungswesen nach dem StVG; Relevanz der Legaldefinition des § 248b Abs. 4 für § 316a Abs. 1 StGB) sowie
  • Sinn und Zweck (die besondere Beeinträchtigung der Wahrnehmung des Kraftfahrzeugführers rechtfertigt den erhöhten Strafrahmen bei Delikten, die unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs begangen werden)

argumentieren kann.
Nach vorzugswürdiger Auffassung ist dann auf die jeweils im Sachverhalt angelegten technischen Merkmale des E-Bikes abzustellen. Sofern das Fahrrad durch eine erhebliche Motorisierung faktisch mit einem Motorrad gleichzustellen ist, was auch eine Kfz-Zulassung erfordern würde, kann § 316a StGB erfüllt sein. Sofern das E-Bike diese Schranke nicht überschreitet und weitestgehend mit einem gewöhnlichen Fahrrad bzw. Rennrad zu vergleichen ist, kommt die Erfüllung des Tatbestandes hingegen noch nicht in Frage.
Gebrauchsanmaßung (furtum usus) sowie Gefährdung des Straßenverkehrs
Zu beachten ist für die rechtliche Prüfung, dass der Tatbestand der strafbaren Gebrauchsanmaßung nach § 248b Abs. 1 StGB bereits seinem Wortlaut nach für Kraftfahrzeuge sowie auch für Fahrräder gilt. Die Einordnung des E-Bikes spielt für die Verwirklichung dieses Tatbestandes mithin keine Rolle. Eine Gebrauchsanmaßung eines E-Bikes ist damit stets strafbar nach § 248b StGB. Zu beachten ist, dass es sich gemäß § 248b Abs. 3 StGB um ein absolutes Antragsdelikt handelt.
Überdies ist der Begriff „Fahrzeug“ im Rahmen des Tatbestandes der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) nach der Rechtsprechung auch so zu verstehen, dass Fahrzeug im Sinne der Vorschrift Kraftfahrzeuge, aber auch Fahrräder sind (vgl. etwa Groeschke, in: Münchener Kommentar zum StGB, 1. Auflage 2006, § 315c StGB, Rn. 6). Die Bauart des E-Bikes ist somit auch in diesem Kontext unbeachtlich.
 

06.11.2013/1 Kommentar/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2013-11-06 08:45:432013-11-06 08:45:43Einordnung von E-Bikes im examensrelevanten Strafrecht
Dr. Christoph Werkmeister

Aktuelle examensrelevante verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung mit weiterführenden Hinweisen

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Verwaltungsrecht

In den letzten Tagen sind erneut eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Problemkreisen durch die verwaltungsgerichtliche Judikatur gegangen (siehe zur Examensrelevanz der aktuellen Judikatur hier). Kandidaten, für die bald die mündliche Prüfung ansteht, sollten sich deshalb mit den im Folgenden genannten Problemkreisen einmal kurz auseinandergesetzt haben. Daneben ist es zumindest denkbar, dass die folgenden Sachverhalte zu gegebener Zeit auch als Aufhänger in Klausuren für das erste sowie zweite Staatsexamen Eingang finden werden.
Da die Pressemitteilungen der genannten Fälle die jeweils einschlägige Problematik bereits ausreichend erläutern, werden im Folgenden lediglich Auszüge aus den respektiven Mitteilungen zitiert, wobei jeweils am Ende auf weiterführende Lektüre hingewiesen wird.
VG Neustadt: Gewerberechtliche Untersagung einer „Seitensprungagentur“ (Beschluss vom 21.12.2012 – 4 L 1021/12.NW)

Der Antragsteller betrieb in Ludwigshafen eine sogenannte Seitensprungagentur nebst Partnervermittlung, ohne das Gewerbe angemeldet zu haben. Kunden übergab er gegen Entgelt eine Liste mit Telefonnummern von angeblich an Seitensprüngen oder einer näheren Beziehung interessierten Frauen. In der Folgezeit beschwerte sich bei der Stadt eine Frau über zunehmende telefonische Belästigungen von Männern. Sie habe dem Antragsteller ihre Daten nicht zur Verfügung gestellt. Eine Bundeszentralregisterauskunft ergab, dass der Antragsteller im Zeitraum 1997 – 2011 in 13 Fällen zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden war. Die Stadt untersagte diesem daraufhin wegen gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit die Ausübung der Seitensprungagentur und ordnete die sofortige Vollziehung an.
Bei der Ausübung einer «Seitensprungagentur» handelt es sich nach dem VG wegen der Schutzbedürftigkeit der Kunden und der Missbrauchsanfälligkeit um ein nach der Gewerbeordnung besonders überwachungsbedürftiges Gewerbe („Vermittlung von Eheschließungen, Partnerschaften und Bekanntschaften“, vgl. § 38 Abs. 1 Nr. 3 GewO). Nach dem Gesamteindruck des bisherigen Verhaltens des Antragstellers fehle diesem jedoch die erforderliche Zuverlässigkeit für die Ausübung eines solchen Gewerbes. Er sei in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zwar hätten die meisten der 13 im Bundeszentralregister eingetragenen Straftaten keinen Gewerbebezug. In ihrer Häufigkeit zeigten diese aber, dass der Antragsteller dazu neige, in strafbewehrter Weise die Rechtsordnung zu verletzen. Durch das bisherige gewerbliche Verhalten des Antragstellers sieht das VG die sich aufdrängende Prognose eines künftig rechtswidrigen Verhaltens bei der Ausübung des Gewerbes bestätigt. So habe er den Gewerbebetrieb erst angemeldet, nachdem ihn die Stadt dazu aufgefordert habe. Aus den Akten ergebe sich ferner, dass der Antragsteller Telefonnummern von Damen an potentielle Kunden weitergegeben habe, die ihm diese nicht zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt hätten.

Anmerkung: Das Gewerberecht ist äußerst häufig Gegenstand von Examensklausuren. Zum besseren Verständnis und zur Einordnung der hiesigen Entscheidung, empfiehlt sich insofern die Lektüre des „Mini-Crashkurses Gewerbeordnung“. Im Übrigen ergingen erst kürzlich andere äußerst examensrelevante Entscheidungen zum Rechtsbegriff der Zuverlässigkeit – dies jedoch in einem anderen Kontext, nämlich dem Schornsteinfegerrecht, siehe dazu hier).
VGH Mannheim: Disziplinarische Maßnahme gegen Pfarrer gerichtlich nicht überprüfbar (Beschluss vom 18.12.2012 – 4 S 1540/12)

Einem katholischen Pfarrer im Ruhestand wurde vorgeworfen, in den 1960er Jahren sexuelle Handlungen an Minderjährigen vorgenommen zu haben. Der Bischof erteilte ihm mit Dekret vom 22.06.2011 nach kanonischem Recht einen Verweis und fügte dem eine Buße hinzu. Insoweit erlegte er dem Antragsteller eine 20-prozentige Kürzung seiner Bezüge auf.
Das Gericht nahm an, dass die kirchenrechtliche Gehaltskürzung als disziplinarische Maßnahme nach kanonischem Recht nicht der Kontrolle durch ein staatliches Gericht unterliegt. Zwar sei es den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften überlassen, für Streitigkeiten aus den Rechtsverhältnissen ihrer Beamten und Seelsorger den Rechtsweg zu staatlichen Verwaltungsgerichten wie bei Klagen staatlicher Beamter zu eröffnen. Eine solche kirchenrechtliche Rechtswegzuweisung gebe es hier aber nicht. Den Kirchen sei das Recht zur eigenständigen Ordnung und Gestaltung ihrer inneren Angelegenheiten verfassungsrechtlich gewährleistet. Soweit dieses Selbstbestimmungsrecht reiche, unterlägen sie nicht der staatlichen Gerichtsbarkeit. Das gelte insbesondere für die Art und Weise, in der die Kirche ihren geistlich-religiösen Auftrag auffasse und erfülle. Insoweit gehöre auch das Dienstrecht der Geistlichen zum Kernbereich innergemeinschaftlicher Angelegenheiten der Kirchen. Diesbezügliche Entscheidungen der Kirchen und Kirchengerichte seien von den staatlichen Gerichten hinzunehmen.
Auch die Justizgewährungspflicht des Staates und das Rechtsstaatsprinzip ermächtigten staatliche Gerichte nicht, über kircheninterne Maßnahmen zu entscheiden, heißt es im Beschluss weiter. Denn die nach kanonischem Recht als Werk der Caritas auferlegte Buße in Gestalt einer Gehaltskürzung sei eine solche rein innerkirchliche Maßnahme als Folge eines innerkirchlichen Pflichtenverstoßes des Antragstellers. Das Disziplinarrecht der Kirchen wurzele als Teil ihres Amtsrechts in ihrem geistlichen Wesen und bilde einen Kern ihres Selbstbestimmungsrechts.

Anmerkung: Der hier dargestellte Sachverhalt eignet sich – aufgrund der Verneinung des Verwaltungsrechtswegs – weniger für eine Examensklausur. Wahrscheinlicher ist, dass dieser Sachverhalt im Rahmen von mündlichen Prüfungen abgefragt wird. Die Entscheidung ist insofern besonders interessant, da im Querschnitt noch weitere aktuelle Entwicklungen, etwa im kirchlichen Arbeitsrecht, in das Gespräch mit einfließen können (siehe dazu hier). Gleichzeitig bietet sich der Fall für den Prüfer als Eingangstor an, um verwaltungs- sowie verfassungsrechtliche Fragestellungen rund um die Religionsfreiheit zu erörtern (siehe dazu aktuell etwa hier).
VG Neustadt: Zur Entziehung der Fahrerlaubnis in einem Sonderfall (Urteil vom 18.12.2012 – 1 L 986/12.NW)

Der Antragsteller besitzt nur die Fahrerlaubnis für die Klassen M, L und S […]. Er fährt dementsprechend ein Elektrofahrzeug, dessen Geschwindigkeit auf 45 km/Std. beschränkt ist. Nach einem Unfallgeschehen mit dem Fahrzeug im Straßenverkehr wurde er mit rechtskräftigem Strafbefehl zu einer Geldstrafe verurteilt wegen Verkehrsunfallflucht und fahrlässiger Körperverletzung. Im Verkehrszentralregister wurden dafür 12 Punkte eingetragen und er nach dem im Punktesystem vorgesehenen Maßnahmenkatalog verwarnt. Die Straßenverkehrsbehörde forderte ihn darüber hinaus auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen und entzog ihm, nachdem er das Gutachten nicht vorlegte, die Fahrerlaubnis wegen fehlender Eignung zum Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr und ordnete den sofortigen Vollzug an.
Nach Auffassung des Gerichts hat die Behörde das medizinisch-psychologische Gutachten nicht rechtmäßig angefordert, deshalb dürfe sie aus der unterbliebenen Vorlage des Gutachtens nicht den Schluss ziehen, dass der Antragsteller zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet sei. Bei der Anordnung des Gutachtens habe sie ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt und sei nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls eingegangen. Diese bestünden hier darin, dass der Antragsteller im Unterschied zum Regelfall eines Kraftfahrers nur deutlich in der Geschwindigkeit reduzierte Fahrzeuge führen dürfe und nach seinen Angaben zudem nur einen eingeschränkten örtlichen Bereich befahre. Außerdem sei bei der Ermessensausübung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er durch die Verwarnung und den Strafbefehl nachdrücklich im Hinblick auf seine Pflichten als Verkehrsteilnehmer ermahnt worden sei. Der Gesetzgeber gehe grundsätzlich davon aus, dass die abgestuften Maßnahmen nach dem Punktekonto im Verkehrszentralregister ausreichend seien, auch dies habe in die Ermessenserwägungen mit einbezogen werden müssen.

Anmerkung: Fälle zur Entziehung des Führerscheins werden durchaus Gegenstand von Examensklausuren. Zum Verständnis des einschlägigen Rechtsrahmens, der FeV sowie dem StVG, sei aus diesem Grund auf einen weiterführenden Beitrag verwiesen.

11.01.2013/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2013-01-11 15:30:092013-01-11 15:30:09Aktuelle examensrelevante verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung mit weiterführenden Hinweisen
Dr. Christoph Werkmeister

BGH zur Mitverursachung eines Unfalls bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurts

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Zivilrecht, Zivilrecht

Der BGH entschied gestern einen äußerst examensrelevanten Fall, bei dem es um die Mitverursachung eines Unfalls beim Nichtanlegen des Kfz-Sicherheitsgurts  ging (Az. VI ZR 10/11).
Sachverhalt (vereinfacht)
Die A befuhr mit ihrem Pkw nachts eine Autobahn und verlor aus ungeklärten Gründen die Kontrolle über ihr Fahrzeug. Ihr Fahrzeug geriet ins Schleudern, stieß gegen eine Leitplanke und kam auf der linken Fahrspur unbeleuchtet zum Stehen. Kurz darauf prallte der B, der mit eingeschaltetem Abblendlicht gefahren war, auf das Fahrzeug der A. Diese wurde schwer verletzt. Die A war bei dem Zweitunfall nicht angeschnallt. Die A fordert Schadensersatz von B.
Gegenseitige Ansprüche nach § 7 Abs. 1 StVG
Die Vorinstanz billigte der A dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gemäß § 7 Abs. 1 StVG zu. Fraglich ist jedoch, ob dieser Anspruch wegen einer Mitverursachung durch die A gekürzt werden konnte.
Vorliegend gilt es nämlich zu berücksichtigen, dass die A dem B genauso nach § 7 Abs. 1 StVG haften würde. Auch das Fahrzeug der A war i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG „in Betrieb“, obwohl das Fahrzeug stand und sich nach dem Unfall auch nicht mehr bewegte. Beim Betrieb eines Fahrzeuges hat sich der Unfall schließlich bereits dann ereignet, wenn sich eine Gefahr realisiert, die mit dem Fahrzeug als Verkehrsmittel verbunden ist. Der Begriff „bei dem Betrieb“ ist dabei weit zu fassen. Ein Kfz ist demnach in Betrieb, solange es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden können. Es genügt dabei auch ein naher zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang. Mithin genügt es, dass sich eine vom Kfz ausgehende Gefahr verwirklicht. Ein Unfallwagen, der auf dem Seitenstreifen liegen bleibt, befindet sich noch in einem räumlichen Zusammenhang zur Autobahn. Das Fahrzeug der A bewegt sich zwar nicht, jedoch gehen immer noch die typische fahrzeugspezifische Gefahren von dem Wagen aus.
Anmerkung: Das Urteil des BGH ist noch nicht im Volltext verfügbar. Die derzeit erhältliche Pressemitteilung lässt nicht durchblicken, ob  der BGH eine Haftung der A aus § 7 Abs. 1 StVG bejaht hat. Sofern eine solche Haftung entgegen der oben geäußerten Ansicht verneint würde, wären die folgenden Ausführungen nicht auf Ebene des § 17 StVG, sondern bei § 254 BGB zu berücksichtigen.
Auch die Ausnahmevorschrift für langsam fahrende Fahrzeuge nach § 8 Nr. 1 StVG kann vorliegend nicht greifen, da nur solche Fahrzeuge vom Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 StVG ausgenommen sind, die konstruktionsbedingt weniger als 20 km/h fahren.
Haftungsquotelung
Sofern zwei Fahrzeughalter sich jeweils nach § 7 Abs. 1 StVG verpflichtet sind,  greift die Vorschrift des § 17 Abs 2 StVG. Diese Vorschrift stellt eine Sonderregelung im Verhältnis zu § 254 Abs 1 BGB dar und gebietet eine Haftungsquotelung zwischen den Fahrzeughaltern. § 9 StVG, der auf § 254 BGB verweist, ist bei solchen Fällen hingegen nicht einschlägig.
Gemäß § 17 Abs. 2 StVG ist grundsätzlich von einer Haftungsquote von 50:50 auszugehen. Dies ergibt sich daraus, dass beide Halter zumindest für die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs einzustehen haben. Die standardmäßige Haftungsquote nach § 17 Abs. 2 StVG kann jedoch durch eine Haftungsabwägung verschoben werden (wodurch u.U. auch ein vollständiger Ausschluss des Anspruchs bewirkt wird). In diese Abwägung werden die jeweiligen Verursachungsanteile gegeneinander abgewogen. Nur, wenn Gewichtsunterschiede nicht festzustellen sind, ergibt sich die vorgenannte Haftungsquote von 50% auf Basis der gegeneinader anzuführenden Betriebsgefahr.
Anmerkung: Die vorgenannte Verursachungssabwägung hat gemäß § 17 Abs. 3 StVG nicht zu erfolgen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde. Ein unabwendbares Ereignis liegt dann vor, wenn der Unfall selbst bei höchster Sorgfalt nicht hätte verhindert werden können. Ein solcher Fall lag hier wohl nicht vor, da die Erwägungen zur Haftungsquotelung ansonsten obsolet wären. 
Im konkret zu entscheidenden Fall begründete die Vorinstanz einen besonderen Mitverursachungsanteil der A auf Basis der Tatsache, dass die A nicht in ihrem Unfallfahrzeug angeschnallt war. Die Vorinstanz kam aufgrund dieser Erwägungen zu einer Anspruchskürzung von 60%. D.h. zu Lasten der A wurde die Quote von 50% um 10 % gemindert.
Anmerkung: Das Urteil des BGH ist im Volltext noch nicht verfügbar. Es kann durchaus sein, dass noch eine Vielzahl weiterer Faktoren in die Verursachungsabwägung eingestellt wurden. 
Folgerung des BGH
Der BGH kam hingegen zu einem geringeren Mitverursachungsanteil der A. Das Gericht führte hierzu aus, dass nach § 21a Abs. 1 StVO vorgeschriebene Sicherheitsgurte zwar während der Fahrt grundsätzlich angelegt sein müssen und dass ein Verstoß gegen diese Vorschrift hinsichtlich unfallbedingter Körperschäden zu einer Haftungskürzung wegen Mitverursachung führe.
Da der B hier aber nur für die Folgen des Zweitunfalls hafte, sei für die Frage der Mitverursachung durch die A allein von Bedeutung, ob zum Zeitpunkt des Zweitunfalls noch eine Anschnallpflicht bestand. Dies war nach dem BGH nicht der Fall, denn der Aufprall auf das Fahrzeug der A ereignete sich nicht „während der Fahrt“ ihres eigenen Pkw. Dessen Fahrt war vielmehr dadurch beendet worden, dass der Pkw unfallbedingt an der Leitplanke zum Stehen gekommen war. Nachdem es zu diesem Unfall gekommen war, war die Klägerin mithin nicht nur berechtigt, den Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug verlassen und sich in Sicherheit bringen zu können, sondern gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO sogar dazu verpflichtet, nämlich um die Unfallstelle sichern zu können. Ihr könne deshalb nicht angelastet werden, unangeschnallt gewesen zu sein, als sich der Zweitunfall ereignete.
Der BGH änderte das Urteil der Vorinstanz deshalb zugunsten der A auf einen geringeren Mitverursachungsanteil ab. Sofern der Sachverhalt keine sonstigen Aspekte, die eine Haftungsverschiebung begründen könnten, enthält, käme es damit zu einer Quotelung von 50:50.
Examensrelevanz
Der hier geschilderte Fall eignet sich hervorragend für Klausuren im ersten sowie im zweiten Staatsexamen. Das Ergebnis lässt sich mit gesundem Menschenverstand auch gut selbst herleiten. Gleichwohl verstärken die Bezüge zu den einschlägigen Normen der StVO die Argumentation. Bei der Abwägung von Mitverursachungsanteilen nach dem StVG gilt ohnehin der Grundsatz, dass sich beinahe jede Sorgfaltswidrigkeit an einem Paragraphen der StVO festmachen lässt. Selbst, wenn man in der StVO gar nichts findet, kann im Regelfall zumindest ein Verstoß gegen den Grundsatz des Rücksichtnahme im Verkehr nach § 1 Abs. 2 StVO angenommen werden.

29.02.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-02-29 09:04:182012-02-29 09:04:18BGH zur Mitverursachung eines Unfalls bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurts
Dr. Christoph Werkmeister

VG Oldenburg: Verkehrszeichen zur Radwegebenutzung

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Verwaltungsrecht

Das VG Oldenburg entschied diesen Monat einen Fall, der sich prima für eine Klausur in juristischen Staatsexamina oder für mündliche Prüfungen eignet (Urteil v. 13.01.2012, Az. 7 A 2094/11).
Sachverhalt
In der Sache ging es um eine Anordnung, wonach auf einem gemeinsam genutzten Fuß- und Radweg durch Aufstellen eines Verkehrsschildes (Zeichen 240) eine Benutzungspflicht für Radfahrer festgelegt werden sollte. Gegen diese Anordnung klagte ein Radfahrer. Der Radfahrer war der Ansicht, auf dem infrage stehenden Straßenstück bestehe keine besondere Gefähdung durch den Kfz-Verkehr, so dass die Fahrradfahrer auch auf der Straße fahren könnten, womit die Festlegung eines Radweges obsolet sei. Die Behörde argumentierte u.a., dass sich die Kraftfahrer in diesem Bereich häufig nicht an die zulässige Höchstgeschwindigkeit hielten, so dass erhöhte Gefahren für die Radfahrer bestünden. Aus diesem Grunde sei es angemessen, die Radfahrer auf einen Radweg festzulegen.
Lösung über § 45 Abs. 9 StVO
Das VG Oldenburg entschied, dass eine Radwegebenutzungspflicht durch Aufstellen entsprechender Verkehrszeichen nur dann anzuordnen sei, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 S. 2 StVO erfüllt seien. Erforderlich ist nach dieser Vorschrift eine aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse bestehende Gefahrenlage für Radfahrer. Diese Voraussetzungen lagen nach den Feststellungen des Gerichts nicht vor.
Examensrelevanz
Die hier besprochene Entscheidung des VG Oldenburg enthielt keine besonderen Probleme. In einer Klausur ginge es gleichwohl darum, die Merkmale des § 45 StVO vertretbar zu definieren und entsprechend ausführlich zu subsumieren. Im Hinblick auf Examensrelevanz ist dieses Urteil zudem im Lichte einer Vielzahl von Entscheidungen zum Thema Verkehrsschilder und deren rechtlicher Bedeutung zu sehen (siehe etwa hier und besonders examensrelevant hier). Im Juni 2011 lief zum Examenstermin in NRW auch eine Klausur, die diese Thematik zum Inhalt hatte.

30.01.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-01-30 20:11:332012-01-30 20:11:33VG Oldenburg: Verkehrszeichen zur Radwegebenutzung
Dr. Christoph Werkmeister

Fahrlehrer darf während des Farhunterrichts nicht telefonieren

Öffentliches Recht, Zivilrecht

Zu BVerfG, Beschluss vom 02.06.2009 – 2 BvR 901/09:

Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Fall die Verfassungsbeschwerde eines Fahrlehrers ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Der Fahrlehrer war wegen verbotenen Mobiltelefonierens während einer Fahrschulübungsfahrt als Führer eines Kraftfahrzeugs zu einer Geldbuße von 40 Euro verurteilt worden. Das besondere war hier nur, dass der Fahrschüler am Steuer saß – der Fahrlehrer war wie bei der Fahrschule üblich nur Beifahrer, wobei er natürlich über die zusätzlichen Gas-, Brems- und Kupplungspedale verfügt.

Seine Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Verwerfung eines Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung.

Fahrlehrer gilt als verantwortlicher Fahrzeugführer

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei laut dem BVerfG bereits geklärt, dass ein Fahrlehrer bei Fahrten zur Vorbereitung oder Ablegung der Führerscheinprüfung gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern als verantwortlicher Führer des Fahrzeugs gelte. Er unterliegt deshalb den gleichen straßenverkehrsrechtlichen Ge- und Verboten  wie der das Fahrzeug steuernde Fahrschüler.
Examensrelevanz
Die ablehnende Annahmeentscheidung des BVerfG ist als solche nicht unbedingt als relevant für das Examen einzustufen. Der Fakt, dass ein Fahrlehrer jedoch als „Führer eines Fahrzeugs“ i.S.d. StVG/StVO einzustufen ist, verdient besondere Aufmerksamkeit. Dieses Sonderwissen kann in einer Zivilrechtsklausur relevant werden, wenn die Haftung aus § 18 StVG zu prüfen ist. Weiterhin kann in einem etwas exotischeren Fall im Ö-Recht die Fahtzeugführer-eigenschaft bei Maßnahmen nach dem OWiG von Bedeutung sein.
Weiterhin kann diese Entscheidung als Anreiz gesehen werden, sich mit dem vorgeschalteten Annahmeverfahren beim BVerfG nach § 93a BVerfGG zu beschäftigen. Ein Grobüberblick über das Recht der Ordnungswiedrigkeiten kann je nach Prüfungskommission in der mündlichen Prüfung auch von großem Nutzen sein.

19.07.2009/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2009-07-19 16:13:172009-07-19 16:13:17Fahrlehrer darf während des Farhunterrichts nicht telefonieren

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