VG Mainz: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Randale auf einem Volksfest
Das VG Mainz entschied vor Kurzem einen interessanten Sachverhalt, der sehr gut Eingang in juristische Staatsprüfungen finden kann (Az.: 3 L 823/12.MZ). In der Sache ging es um die Entziehung einer Fahrerlaubnis aufgrund von Alkoholmissbrauchs. Das besondere in diesem Fall war der Umstand, dass der Betroffene nicht etwa wegen Verstößen gegen die StVO, sondern aufgrund seines Verhaltens auf einem Volksfest den Führerschein entzogen bekam.
§ 3 StVG i.V.m. § 13 FeV
§ 3 Abs. 1 S. 1 StVG ist in diesem Kontext die einschlägige Ermächtigungsgrundlage für den Entzug der Fahrerlaubnis. Der Normtext lautet folgendermaßen:
Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Bei der „Ungeeignetheit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, wobei dieser gerichtlich jedoch vollumfänglich überprüfbar ist. Ein Beurteilungsspielraum seitens der Behörde besteht nicht.
Das VG Mainz führte hierzu aus, dass auch Alkoholauffälligkeit außerhalb des Straßenverkehrs die Ungeeignetheit i.S.d. Vorschrift begründen könne (so im Übrigen etwa auch OVG Bremen, NJW 2012, 473). Im zu entscheidenden Sachverhalt hatte ein Mann nämlich mit einer Blutalkoholkonzentration von 3‰ auf einem Fest randaliert. Infolge dieses Umstandes ging das Gericht von einer ausgeprägten Alkoholproblematik aus. Dieser Verdacht wurde bestätigt, da der Mann die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verweigert hatte. Ein derartiges Gutachten kann nach § 13 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zur Vorbereitung eines Führerscheinentzugs angefordert werden (bei einem Antrag auf Erteilung eines Führerscheins ergibt sich diese Befugnis i.Ü. aus § 2 Abs. 8 StVG).
Alkoholmissbrauch sei nach Auffassung des VG bereits dann zugrunde zu legen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das Führen von Kraftfahrzeugen und den die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könne. Insofern genüge auch eine Alkoholauffälligkeit außerhalb des Straßenverkehrs, wenn sie Anlass für die Annahme biete, der Betreffende werde voraussichtlich schon in überschaubarer Zukunft auch nach dem Genuss von Alkohol ein Kraftfahrzeug führen. Dies treffe bei demRandalierer zu. Das VG führte weiterhin aus, dass der Mann an größere Mengen Alkohol gewöhnt sei. Dies werde dadurch bestätigt, dass er trotz 3,0‰ besonders aggressiv aufgetreten sei.
Im hiesigen Sachverhalt war der Mann zudem zur Erreichung seiner Arbeitsstätte auf die Benutzung eines privaten Fahrzeugs angewiesen. Es sei daher zu befürchten, dass er künftig unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug führen werde. Damit sei die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens und nach dessen Nichtvorlage der Entzug der Fahrerlaubnis gerechtfertigt.
Abwägung bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs
Die Entscheidung des VG zeigt, dass für die Beurteilung der „Ungeeignetheit“ i.S.d. § 3 StVG eine Abwägung aller Umstände zu erfolgen hat. Im betreffenden Fall war ausschlaggebend, dass eine Reihe von Aspekten für einen Alkoholmissbrauch sprachen und dass darüber hinaus kein „Gegenbeweis“ vom Randalierer in Form des medizinisch-psychologischen Gutachtens erbracht wurde. Dieses Gutachten hatte er auch beizubringen, da vorliegend die Voraussetzungen von § 13 Nr. 2 FeV erfüllt waren.
Im Rahmen der Prüfung gilt es – wie die Entscheidung zeigt – zudem zuvorderst darzustellen, dass sich die „Ungeeignetheit“ insbesondere auch durch Tatsachen begründen lässt, die sich außerhalb des Straßenverkehrs ereignen. Begründen lässt sich dieses Ergebnis aufgrund von tatsächlichen Erwägungen, da bei dem Randalierer zu erwarten ist, dass dieser unter Einfluss von Alkohol Auto fahren wird. Das Auftreten von alkoholbedingten Ausfallerscheinungen und der damit einhergehende Schaden für andere Rechtsgüter ist damit bei einer solchen Prognose nicht auszuschließen.
Die Entscheidung erweist sich aufgrund der vielschichtigen Abwägungsentscheidung hervorragend für das erste Staatsexamen. Die Beweisproblematik macht die Entscheidung darüber hinaus auch interessant für das zweite Staatsexamen (die Ungeeignetheit des Randalierers zum Führen von Fahrzeugen konnte ja vorliegend mangels Begutachtung gar nicht erwiesen werden; das Beweisergebnis beruht daher nur auf Indizien).
Wichtig ist, dass man nicht vorschnell die Ungeeignetheit annimmt, sondern dass man zum Ausdruck bringt, dass der Entzug des Führerscheins bei Alkoholmissbrauch außerhalb des Straßenverkehrs den absoluten Ausnahmefall darstellt. Nur dann, wenn noch eine Vielzahl anderer Aspekte eine Argumentation zu Lasten des Randalierers begründen, was hier insbesondere aufgrund der Nichtvorlage des Gutachtens nach § 13 FeV der Fall war, kann ausnahmsweise die Ungeeignetheit i.S.v. § 3 StVG angenommen werden.
Eine kurze Zusammenfassung der Ermächtigungsgrundlagen für behördliches Tätigwerden im straßenverkehrsrechtlichen Kontext findet ihr im Übrigen hier.
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