Das Semester ist noch jung, doch es ist nie zu früh, sich schon mal mit dem auseinanderzusetzen, was einen am Ende des Semesters erwartet: Die ersten juristischen Klausuren. Auch wenn diese noch weit entfernt scheinen, schadet es nicht, sich frühzeitig die richtige Herangehensweise anzueignen. Hier sind unsere fünf Schritte für ein erfolgreiches Abschneiden in der Klausur:
1. Schritt: Die richtige Vorbereitung
Ohne eine richtige Vorbereitung ist keine Klausur zu meistern. Eigentlich eine Banalität. Allzu häufig zeigt sich jedoch, dass Studenten den Umfang des Stoffes verkennen: Steht die Abschlussklausur am Ende des Semesters an, so sollte es doch genügen, nach den Weihnachtsferien mit dem Lernen anzufangen. Mehr als ein bis zwei Wochen Vorbereitung seien doch nicht erforderlich. Ein weit verbreiteter Trugschluss. Die Fülle des erwarteten Stoffes in kurzer Zeit zu lernen, wird selbst den Begabtesten kaum gelingen. Doch das soll keineswegs Panik in euch auslösen. Der Stoff ist in der Tat umfangreich, wenn man allerdings von Anfang an „am Ball bleibt“, können auch keine Lücken entstehen und am Ende des Semesters wird man nicht vor einem schier unüberwindbaren Berg stehen. Genug der Metaphern: Wenn ihr die Vorlesung nachbereitet und die Inhalte regelmäßig wiederholt sowie in den Arbeitsgemeinschaften folgen könnt, müsst ihr euch hinsichtlich der Klausuren keinerlei Sorgen machen.
Noch ein, zwei Tipps: Gründet von Anfang an mit ein bis zwei Freundinnen oder Freunden eine Arbeitsgruppe, in der ihr Fälle gemeinsam durchsprecht und löst. Das schärft euer Problembewusstsein. Wenn ihr von Beginn an die Herangehensweise an einen Fall übt, wird euch dies später in der Klausur leichter fallen. Eure Arbeitsgruppe kann euch hier den Einstieg erleichtern – zudem lässt sich in der Gemeinschaft auch leichter Motivation finden, sich mit unbekannten und daher unbequemen Fällen auseinanderzusetzen.
Tipp 2: Besorgt euch vor dem Ernstfall einen Klausurblock. Das hilft dabei, dass die Klausur auf den Korrektor einen ordentlichen Eindruck macht. Niemand will den Korrektor von Anfang an missgelaunt stimmen, indem er ihn dazu verdonnert, seitenweise hingekritzelte Hieroglyphen zu entziffern. Es ist wie so oft im Leben: Der erste Eindruck zählt.
2. Schritt: Erfassen des Sachverhalts und der Fallfrage
Auch Schritt 2 klingt auf den ersten Blick banal. Vielleicht zu banal. Erfahrungen zeigen aber immer wieder: Viele Studenten überfliegen den Sachverhalt und stürzen sich gleich auf bekannte Probleme – und übersehen dabei nur allzu oft die eigentlichen Schwerpunkte des Falles. Bei Sachverhalten, die lediglich aus drei Zeilen bestehen und in denen bloß zwei Personen vorkommen, mag dieser Punkt noch nicht so sehr ins Gewicht fallen. Im Verlauf des Studiums werden die Sachverhalte jedoch tendenziell länger. In der Examensklausur ist es nicht ungewöhnlich, wenn sich ein Sachverhalt über vier bis fünf Seiten erstreckt – irgendwie müssen ja auch die fünf Stunden Bearbeitungszeit gefüllt werden. Doch auch schon der Sachverhalt einer Abschlussklausur im ersten Semester wird regelmäßig eine DIN A4-Seite füllen. Dass oftmals drei, vier, fünf Personen darin vorkommen ist ebenfalls nichts ungewöhnliches, wenn man sich vor Augen führt, dass Stellvertretung im Zivilrecht oder etwa Täterschaft und Teilnahme im Strafrecht typische Problemfelder des BGB AT bzw. des Strafrecht AT sind – eben jene Fächer, die im ersten Semester gelesen werden. Das Ganze soll jetzt jedoch keinesfalls abschreckend wirken. Im Gegenteil: Auch komplex anmutende Sachverhalte verlieren ihren Schrecken, wenn man sich klargemacht hat, was eigentlich passiert ist.
Daher unser Tipp: Ließ den Sachverhalt zunächst einmal völlig unbefangen. Mache dich nun mit der Fallfrage vertraut. Denn eine Lösung zu verfassen nach der gar nicht gefragt ist, ist in etwa so wie an Ostern den Weihnachtsbaum aufzustellen. Ließ nun den Sachverhalt nochmals und markiere dir Schlagwörter sowie wichtige Passagen. Am Rand oder auf einem Schmierzettel kannst du dir bereits erste Ideen notieren. Insbesondere wenn mehrere Personen beteiligt sind, bietet sich die Anfertigung eines Schaubilds an. Nun sollte man soweit sein, den Handlungsablauf chronologisch nachvollziehen zu können. Erst jetzt, wenn man Sachverhalt und Fallfrage vollständig erfasst hat, kann mit dem Anfertigen einer guten Lösungsskizze begonnen werden.
3. Schritt: Die Lösungsskizze
Eine gute Lösungsskizze ist das A und O einer erfolgreichen Klausur. Deshalb sollte man sich für das Erstellen auch genügend Zeit einplanen. Doch Vorsicht: Verwendet man zu viel Zeit auf für das Erstellen der Lösungsskizze, kann es mit der Reinschrift eng werden (siehe dazu auch Schritt 4: Das Zeitmanagement). Es ist daher unumgänglich, die Lösungsskizze bloß stichpunktartig zu fassen und ggf. auch – für einen selbst verständliche – Abkürzungen zu verwenden. Auch das Schriftbild darf hier gerne vernachlässigt werden – solange man selber lesen kann, was man zuvor geschrieben hat (persönliche Erfahrungen zeigen, Letzteres ist nicht selbstverständlich…).
Die Lösungsskizze ist die Schablone für die fertige Lösung; sie gibt die Struktur der späteren Lösung vor: Die Prüfungsreihenfolge der in Betracht kommenden Ansprüche bzw. der zu prüfenden Straftatbestände, die Gliederungsebenen und der zu prüfenden Tatbestandmerkmale, eine Sortierung der Argumente, etc. Es gilt dabei die Grundregel: Die Informationen aus dem Sachverhalt haben auch in der Lösung aufzutauchen. Die Lösungsskizze bietet dabei die Möglichkeit, die Sachverhaltsangaben an den richtigen Stellen zu verordnen.
Und einen weiteren Vorteil bietet die Lösungsskizze: Widersprüche in der eigenen Lösung lassen sich leichter erkennen und somit vermeiden (und im Zweifel nachträglich korrigieren). Und Widersprüche in der eigenen Lösung gilt es unbedingt zu vermeiden! Je knapper man die Lösungsskizze hält, desto mehr Zeit verbleibt für die Reinschrift. Eines sollte man sich jedoch bewusst sein: Fällt einem beim Erstellen der Lösungsskizze ein Fehler auf, den man zuvor gemacht hat, so lässt sich dieser relativ schnell korrigieren. Ist die Lösung jedoch erst einmal ausformuliert, ist die Korrektur eines Fehlers nicht nur mühsam, sondern oftmals auch nicht mehr in der vorgegebenen Zeit zu bewältigen. Daher ist das Erstellen einer Lösungsskizze absolut empfehlenswert!
4. Schritt: Das Zeitmanagement
Im universitären Betrieb scheint ein Zeitparadoxon zu herrschen: Während sich in mancher Vorlesung der Minutenzeiger nur mit stoischer Ruhe fortbewegt, scheint er während der Klausur zu rasen. Die zwei (bzw. drei) Stunden Bearbeitungszeit vergehen meistens wie im Flug. (Und auch in fünfstündigen Examensklausuren wird man regelmäßig in Zeitdruck geraten.) Ein richtiges Zeitmanagement ist daher besonders wichtig. Oberste Prämisse ist dabei: Fertig werden! Kaum etwas wirkt sich auf die Bewertung der Klausur negativer aus, als eine unfertige Lösung – einen Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip oder die Prüfung der Strafbarkeit eines Toten einmal ausgenommen.
Die Zeiteinteilung muss daher immer darauf ausgerichtet sein, eine vollständige Lösung aufs Papier zu bringen. Dass man dabei unter Zeitdruck gerät, liegt dabei nicht unbedingt nur am eigenen Arbeitstempo: Viele Klausuren sind gerade darauf angelegt, den Prüfling unter Zeitdruck zu setzen. Man sollte sich daher unbedingt genug Zeit für das Ausformulieren der Lösung lassen. Das soll jedoch keineswegs Appell sein, das Erstellen einer Lösungsskizze zu vernachlässigen. Wie viel Zeit man zur Reinschrift benötigt, hängt natürlich auch vom eigenen Schreibtempo ab. Als Faustregel lässt sich festhalten: Mindestens die Hälfte – eher zwei Drittel – der Bearbeitungszeit ist für das Ausformulieren der Lösung zu veranschlagen. Das kann aber auch nur ein grober Richtwert sein – und kann individuell deutlich variieren. Aber keine Sorge: Das richtige Zeitmanagement lässt sich sehr gut üben. Probeklausuren geben einem dazu eine gute Möglichkeit. Aber auch wenn solche nicht angeboten werden, kann man zuhause für sich üben. Tipp: Schaffe dir selber reale Klausurbedingungen, d.h. Laptop, Netflix und Radio aus, Handy auf Flugmodus, Timer an und los geht’s! Eine Probeklausur im Strafrecht findet ihr zum Beispiel hier.
5. Schritt: Übung macht den Meister
„Man muss nicht hundert schlechte Klausuraufgaben zur Übung schreiben, sondern zehn gute, und sie wirklich durchdenken.“[1] Diese Aussage von Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., hat durchaus Diskussionen in der juristischen Welt hervorgerufen. Meines Erachtens völlig zu Recht: Nicht nur, dass man sein Zeitmanagement durch regelmäßiges Klausurenschreiben verbessert, die praktische Anwendung des gelernten Wissens zeigt einem gerade auch, an welcher Stelle noch Lücken bestehen, die es zu schließen gilt. Zudem führt regelmäßiges Klausurenschreiben zu einigen schönen Nebeneffekten: Standardformulierungen und Definitionen „brennen“ sich ins Gedächtnis ein, mit der Folge, dass man in nachfolgenden Klausuren über diese Punkte nicht mehr nachdenken muss. Das spart im Ernstfall kostbare Zeit, die man auf die wirklich interessanten Fragen verwenden kann. Dass mit der Übung auch die Schreibgeschwindigkeit zunimmt, bedarf keiner näheren Ausführung.
Der meines Erachtens jedoch wichtigste Punkt ist folgender: Durch regelmäßiges Klausurenschreiben verliert man die Angst vor der Klausur. Da man die Herangehensweise bereits öfters trainiert hat – und damit auch Situationen kennengelernt hat, in denen man nicht auf Anhieb weiterweiß – kann auch der „Ernstfall“ einen nicht aus der Ruhe bringen. Daher unser Tipp: Schreibt alle Übungsklausuren, die angeboten werden.
Ein letzter Tipp zum Abschluss: Um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben, abonniert juraexamen.info auf Facebook (juraexamen.info) und Instagram (@juraexamen.info), dann kann in den Klausuren gar nichts schiefgehen. 😉
[1] https://www.zeit.de/campus/2014/06/thomas-fischer-jurastudium-vorurteile-auswendig-lernen/seite-2
Schlagwortarchiv für: Klausurlösung
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online (www. jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im November 2015 gelaufenen ÖR II Klausur in NRW. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist Jura Online auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Das Bundesministerium für Verkehr plant die Einführung einer PKW-Maut. Hierzu sollen in einem Einführungsgesetz die wesentlichen Fragen zum Abgabenrecht, Verfassungsrecht, Verwaltungs- und Verfahrensrecht in einem Einführungsgesetz geklärt werden (Mauteinführungsgesetz – MEG).
Das Geld soll für die Sanierung und den Neubau von Straßen verwendet werden.
Zur Erstellung eines Entwurfs beauftragt das Ministerium die große Kanzlei A-Lawyers, die Unternehmen mit Spezialisierung auf Infrastruktur betreut und solche, die Maut-Systeme herstellen. Dazu lässt sie ihr ein Positionspapier von drei Seiten zukommen, in dem die wesentlichen Ziele, Eckpunkte und die als problematisch angesehenen Punkte stichpunktartig aufgeführt sind. Die Kanzlei arbeitet einen 400 Normen umfassenden Entwurf – ohne weitere Mitarbeit des Ministeriums – aus, in dem sie die Vorgaben des Ministeriums einhält und die Probleme einer Lösung zuführt.
Den Entwurf nimmt das Ministerium dankend an und lässt ihn ohne weitere Rücksprache mit der Bundesregierung als Entwurf der Bundesregierung unter dem Briefkopf der Kanzlei in den Bundestag einreichen.
Die Vorlage wurde dem Bundesrat ordnungsgemäß zugeleitet. In der ersten Lesung zu dem Gesetz beschließt der Bundestag ohne Beratung, den Entwurf unmittelbar in den zuständigen Ausschuss zu verweisen. Dort entbrennt eine hitzige Debatte, in der die Vereinbarkeit einiger Regelungen mit dem Grundgesetz bezweifelt wird. In der zweiten Lesung werden sodann unter dem entsprechenden Tagesordnungspunkt einige Änderungen beschlossen. Nach einem Beschluss soll unmittelbar daran auch die dritte Lesung stattfinden. In dieser entschließt sich ein Abgeordneter der „Verkehrspartei“, die sich zu einer Gruppe [sic] zusammengefunden haben, zusammen mit anderen Abgeordneten der Gruppe, einen Änderungsantrag einzureichen. Der Bundestagspräsident weist diesen im Hinblick auf die Geschäftsordnung zurück.
Nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit ruft der Bundestagspräsident zu einer erneuten Sitzung mit derselben Tagesordnung auf. Zu dieser erscheinen rund 300 Parlamentarier. Im Laufe des Abends leert sich der Saal jedoch allmählich. Bis auf die wirtschafts- und verkehrspolitischen Fachpolitiker der einzelnen Fraktionen ist niemand mehr da. Diese 50 Personen stimmen sodann mit einem Ergebnis von 26 Ja Stimmen, 10 Enthaltungen und 14 Nein Stimmen für den Entwurf.
Nachdem das Gesetz den Bundesrat passiert hat, verweigert der Bundespräsident die Ausfertigung und Verkündung des Gesetzentwurfs mit Hinweis auf offensichtliche Verfahrensverstöße gegen die Geschäftsordnungen und das Grundgesetz. Auch moniert er die Ausarbeitung durch die Kanzlei. Zudem seien die Vorschriften über die Zurückweisung von Antragen in der Geschäftsordnung des Bundestages offensichtlich verfassungswidrig. Mit Demokratie habe das alles nichts mehr zu tun.
B wendet sich daraufhin form- und fristgerecht an das BVerfG mit der Bitte festzustellen, dass der Bundespräsident die Rechte des Bundestages verletzt. Der Bundespräsident ist der Meinung, dass B schon nicht die Rechte des Bundestages geltend machen kann.
Frage 1:
Hat das Organstreitverfahren des B Erfolg? Auf §§ 10, 13f, 45, 84, 85 GO BT sowie § 24 GO BReg wird hingewiesen. Die Vereinbarkeit mit Europarecht ist nicht zu prüfen.
Frage 2:
Kann der Bundespräsident ein verfassungsmäßiges Gesetz auf seine materielle Vereinbarkeit mit Europarecht prüfen und entsprechend die Ausfertigung des Gesetzes verweigern?
Auf Art 4 UAbs 3 EUV wird hingewiesen.
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1: Erfolgsaussichten des Organstreitverfahrens
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
-> Art. 93 I Nr. 1 GG; §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG
II. Antragsteller/Antragsgegner, § 63 BVerfGG
-> Organe oder Organteile mit eigenen Rechten
– Antragsteller: „B“ wohl Abgeordneter (Gedächtnisprotokoll insoweit nicht eindeutig); Arg.: Art. 38 I 2 GG
– Antragsgegner: Bundespräsident (+); Arg. 54 ff. GG
III. Antragsgegenstand, § 64 I BVerfGG
-> Rechtserhebliches Verhalten des Antragsgegners
Hier: Unterlassen der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten
IV. Antragsbefugnis, § 64 I BVerfGG
-> Mögliche Verletzung von verfassungsrechtlichen Rechten des Antragstellers Hier: Mögliche Verletzung der Abgeordnetenrechte aus Art. 38 ff. GG (sofern davon ausgegangen wird, dass „B“ Abgeordneter ist).
V. Form, Frist, §§ 64 II, III BVerfGG (+)
B. Begründetheit
Das Organstreitverfahren ist begründet, wenn das Verhalten des Antragstellers verfassungswidrig ist (und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist). Hier hat der Bundespräsident die Ausfertigung des Mauteinführungsgesetzes (MEG) aus Gründen der formellen Verfassungswidrigkeit verweigert. Ein vollumfängliches formelles Prüfungsrecht des Bundespräsidenten ist insoweit nicht umstritten (anders das materielle Prüfungsrecht – siehe Abwandlung). Fraglich ist also, ob das MEG formell verfassungswidrig ist. Sollte das MEG formell verfassungsgemäß sein, dann hätte der Bundespräsident die Ausfertigung zu Unrecht verweigert.
I. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
Hier: Konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes, Art. 74 I Nr. 22, 74 II GG.
II. Gesetzgebungsverfahren
- Einleitungsverfahren, Art. 76 GG
-> „Bundesregierung“
– Problem: Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs durch Großkanzlei A und Einbringung mit Briefkopf der Großkanzlei A. Aber: Vorgaben durch die Bundesregierung („Positionspapier“ mit Eckpunkten) und Zueigenmachen der Bundesregierung; Einbindung externen Sachverstandes sinnvoll.
– Problem: Einbringung des Gesetzesentwurfs durch Ministerium ohne Rückspräche mit Bundesregierung. Dafür: Ressortprinzip, Art. 65 S. 2 GG; Dagegen: Kollegialprinzip, Art. 65 S. 3 GG. Beachte: GO BReg nicht beachtlich bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit; Arg.: GO BReg nur autonome Satzung.
- Hauptverfahren
a) Beschluss des BTages
– Problem: Beschlussfähigkeit des BTages
(+); Arg.: Art. 42 II GG; § 45 GO BT als autonome Satzung unbeachtlich bei Prüfung der Verfassungsmäßigkeit
– Problem: Zurückweisung des Änderungsantrages der „Gruppe“ durch den Bundestagspräsidenten in 3. Lesung
(+); Arg.: Verstoß gegen Abgeordnetenrechte, Art. 38 ff. BB und gegen Demokratieprinzip
b) Mitwirkung des Bundesrates
III. Ergebnis: (+)
Frage 2: Materielles Prüfungsrecht des Bundespräsidenten/Europarecht
– aA: (+); Arg.: Wortlaut des Art. 82 I 1 GG; Art. 56 GG; Art. 4 UAbs. 3 EUV
– aA: (-); Arg.: Systematik; Sinn und Zweck; Entstehungsgeschichte
– hM: Evidenztheorie; Arg.: Systematik; Art. 1 III, 20 III GG, Art. 4 UAbs. 3 EUV Fraglich demnach, ob evidenter Verstoß gegen Diskriminierungsverbot, Art. 18 AEUV. Hier: wo
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online (www. jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im Juli 2015 gelaufenen Z I Klausur in Schleswig-Holstein. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist Jura Online auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
M findet im Sommer 2013 nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums einen auskömmlichen Arbeitsplatz in einem großen Unternehmen. Um seine neue Einkommenssituation auch nach außen zu zeigen, sucht M eine repräsentative Unterkunft. Im Niemannsweg 5 findet er ein geeignetes Einfamilienhaus, für das am 31.08.2013 mit der Eigentümerin E ein Mietvertrag zur Nutzung der Immobilie gegen einen monatlichen Mietzins von 2.500 € abgeschlossen wird. M, der passionierter Klavierspieler ist, darf bereits einen Tag vor Abschluss des Vertrags die in seinem Eigentum stehenden Möbel und sein Klavier (Wert 15.000 €) in dem Haus unterbringen.
M und sein Arbeitgeber merken bereits nach wenigen Wochen, dass M zwar ein hervorragender Theoretiker ist, aber den tatsächlichen Anforderungen der Arbeitswelt nicht gewachsen ist. Sie vereinbaren deshalb, dass der Arbeitsvertrag schon zum 30.09.2013 aufgehoben wird. M möchte sich fortan seiner bereits vor Jahren begonnenen Dissertation widmen und seinen Lebensunterhalt durch wissenschaftliche Vorträge bestreiten. Da M auf seine neue Freundin weiterhin als erfolgreich wirken möchte, ist er nicht bereit, auf das gemietete repräsentative Anwesen zu verzichten. Er schließt von daher mit der Bank H-AG am 06.10.2013 einen Darlehensvertrag über ein Darlehen in Höhe von 60.000 € ab, das in monatlichen Raten zu je 1000 € zurückgezahlt werden soll. Ferner wird zwischen M und der H-AG vereinbart, dass sein Klavier als Sicherheit für das Darlehen übereignet wird, aber weiterhin bei M in der gemieteten Villa stehen bleiben soll. Die Bank verpflichtet sich zur Rückübereignung an M, sobald dieser das Darlehen vollständig zurückgezahlt hat.
E, die über mehrere Grundstücke verfügt, möchte zwei ihrer Grundstücke, konkret die benachbarten Grundstücke Niemannsweg 5 und Niemannsweg 7, zum Ende des Jahres 2013 verkaufen. Der Großinvestor I findet sich als Kaufinteressent und geht aufgrund seiner Erfahrung zutreffend davon aus, dass der Wert der Immobilie Niemannsweg 5 (blaues Haus) bei 3 Millionen € und der Wert der Immobilie Niemannsweg 7 (rotes Haus) bei 4 Millionen € liegt. E und I einigen sich mit notariellem Vertrag vom 22.12.2013 darauf, dass E das Grundstück Niemannsweg 5 an I gegen einen Kaufpreis von 3,5 Millionen € verkauft und diesem das Eigentum an dem Grundstück übertragt. I geht hierbei irrtümich davon aus, dass der Kaufgegenstand das mit dem roten Haus bebaute Grundstück ist. I wird kurze Zeit später als neuer Eigentümer des Grundstücks Niemannsweg 5 in das Grundbuch eingetragen.
Bei der ersten Begehung des Grundstücks fällt I am 15.02.2014 sofort auf, dass er bei den Verhandlungsgesprächen beim Notar die beiden Grundstücke im Niemannsweg verwechselt hat. Sofort sendet er der E ein Schreiben, in dem er sie über seine Verwechslung in Kenntnis setzt und ihr mitteilt, dass er vom Vertrag zurücktrete. Das Grundstück sei seines Erachtens nach niemals 3,5 Millionen € wert und er halte außerdem die Relation zwischen der Belastung durch das Grundstück und den erzielbaren Erträgen für wirschaftlich nicht sinnvoll. Das Schreiben erreicht aufgrund eines Fehlers der Post die E nicht. Davon erfährt I erst am 15.03.2014. Noch am selben Tag sendet der I erneut ein Schreiben, in dem er mitteilt, dass er die beiden Grundstücke verwechselt habe und sich hiermit vom Vertrag lösen möchte, es sei denn E mache ihm ein gutes Verkaufsangebot über das Grundstück im Niemannsweg 7. Nach erneuter Überlegung schickt I der E am 15.04.2014 ein weiteres Schreiben, indem er den Wortlaut aus dem Schreiben vom 15.02.2014 wiederholt. Nachdem E trotz Erhalts der letzten beiden Schreiben nicht reagiert, lässt sich I von seinem Anwalt beraten, der ihm jedoch mitteilt, dass der Wert eines Grundstücks selbst keine Lösung vom Vertrag rechtfertige. I unterlässt daraufhin weitere rechtliche Schritte.
In der Zwischenzeit wird die finanzielle Situation des M immer schlechter. Trotz großen Zeitaufwands kann er seine Doktorarbeit nicht fertigstellen und das Interesse für seine wissenschaftliche Vorträge schwindet deutlich. Er kann von daher weder die Miete für die Monate Oktober, November, Dezember 2014 an I zahlen noch die Darlehensraten an die H-AG.
Die H-AG sieht keine berufliche Zukunft für M und plant aufgrund des offenen Darlehensvetrags von mehr als 45.000 € die Verwertung des Klaviers, das sich noch immer in der gemieteten Villa befindet. Auch I ist über die ausbleibenden Mietzahlungen enttäuscht. Als I nach einem Mittagessen am 15.01.2015 M in der Villa besucht, um diesen zur Zahlung des ausstehenden Miete zu bewegen, sieht er Mitarbeiter der H-AG, die gerade damit beschäftigt sind, das Klavier für den Abtransport und die Verwertung vorzubereiten. Es kommt zum Streit, da I der Auffassung ist, dass nur einer das Klavier verwerten könne und das sei er selbst. Ihm stehe nämlich ein Vermieterpfandrecht an dem Klavier zu, daran würde auch die Sicherungsübereignung des Klaviers von M an die H-AG nichts ändern. Die H-AG ist hingegen anderer Ansicht; außerdem sei I bereits aufgrund seiner Schreiben an E überhaupt nicht Eigentümer des Grundstücks geworden.
Frage 1: Hat I am 15.01.2015 ein Vermieterpfandrecht an dem Klavier?
Frage 2: Zu den Möbeln, die M am Tag vor Abschluss des Mietvertrags mit E in der Villa unterbringt, gehört auch ein alter Fernseher, im Wert von 100 €, den M primär für Nachrichtensendungen benutzt. Hat I an dem Fernseher ein Vermieterpfandrecht?
Fallabwandlung:
M feiert am 01.05.2014 in der von ihm gemieteten Villa seinen Geburtstag. D, der zu den Gästen der Feier gehört und ebenfalls weit über seinen Verhältnissen lebt, überreicht M als Geschenk zwei österreichische Sammlermünzen mit einem Nominalwert von 100,00 €. M freut sich sehr über diese Aufmerksamkeit und legt die Münzen in seine Glasvitrine, damit seine Gäste dies bemerken und ihn als wohlhabenden Sammler einschätzen. M weiß aber nicht, dass D die Münzen wenige Monate zuvor gestohlen hatte.
I geht am 15.01.2015 davon aus, dass ihm auch an den Münzen ein Vermieterpfandrecht zusteht.
Frage 3: Ist die Einschätzung des I korrekt?
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1: Hat I am 15.01.2015 ein Vermieterpfandrecht?
I. Entstehung des Vermieterpfandrechts, § 562 BGB
- Mietverhältnis
a) Ursprünglich: E – M
b) Übergang des Mietverhältnisses auf I, § 566 BGB
-> Veräußerung E an M, §§ 873, 925 BGB
aa) Einigung (Auflassung)
(1) Rücktritt von der Auflassung
(-); Arg.: Rücktritt vom dinglichen Vertrag mangels Gegenseitigkeit nicht möglich
(1) Anfechtung
(a) Durch Erklärung vom 15.02.2014
(-); Arg.: kein Zugang
(b) Durch Erklärung vom 15.03.2014
(-); Arg.: Anfechtung als Gestaltungsrecht bedingungsfeindlich, vgl. § 388 S. 2 BGB
(c) Durch Erklärung vom 15.04.2014
(aa) Anfechtungsgrund
Hier: Inhaltsirrtum § 119 I 1. Fall BGB betraf wohl auch das dingliche Rechtsgeschäft.
(bb) Anfechtungserklärung
-> Frist, § 121 BGB („unverzüglich“)
Hier: Mehrere Monate seit Kenntniserlangung verstrichen. Verschulden des Rechtsanwalts muss sich I zurechnen lassen. § 121 I 2 BGB greift nicht, da das Schreiben vom 15.04.2014 auch nicht unverzüglich abgesendet worden ist. Rückgriff auf Schreiben vom 15.02.2014 nicht möglich.
bb) Eintragung (+)
cc) Einigsein (+)
dd) Berechtigung (+)
- Forderung aus dem Mietverhältnis (+)
- Eingebrachte Sache des Mieters
Hier: Klavier. Einbringung des Klaviers vor eigentlichem Beginn des Mietverhältnisses unerheblich.
- Kein Unpfändbarkeit, § 562 I 2 ZPO i.V.m. § 811 ZPO (+)
Erlöschen des Vermieterpfandrechts, § 562a StGB
- Durch Sicherungsübereignung des Klaviers an die H-AG
(-); Arg.: Bei der Sicherungsübereignung gem. §§ 929, 930 BGB erfolgt gerade keine Entfernung. Aus demselben Grund erwarb die H-AG auch nicht gutgläubig lastenfrei das Sicherungseigentum, vgl. § 936 I 3 BGB.
- Durch die Aktivitäten der Mitarbeiter der H-AG
(-); Arg.: dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, dass es zu einer Entfernung gekommen ist.
III. Einreden, § 562d BGB
(-); Arg.: keine Pfändungshandlung der H-AG gem. §§ 808 ff. ZPO, sondern schlichte tatsächliche Aktivitäten.
IV. Ergebnis.: (+)
Frage 2: Hat I ein Vermieterpfandrecht am Fernseher?
Wie bei Frage 1, es stellt sich nur die Frage der Unpfändbarkeit, § 562 I 2 ZPO. In Betracht kommt § 811 I Nr. 1 ZPO. Der Fernseher ist dem E zu belassen; Arg.: Auslegung des § 811 I Nr. 1 ZPO im Lichte der Informationsfreiheit, Art. 5 I 1 2. Hs. GG, und im Lichte der Menschenwürde, Art. 1 I GG.
Abwandlung: Vermieterpfandrecht des I an den gestohlenen Münzen?
Wie bei Frage 1, es stellt sich nur die Frage, ob es sich bei den gestohlenen Münzen um „eingebrachte Sachen des Vermieters“ handelt. Der Eigentumserwerb scheitert an § 935 BGB, da es keinen Eigentumserwerb an abhanden gekommen Sachen geben kann. Die Ausnahmevorschrift des § 935 II BGB greift nicht für Sammlermünzen; Arg.: Sinn und Zweck (Sicherung der Umlauffähigkeit von Zahlungsmitteln).
Problem: Gutgläubiger Erwerb eines gesetzlichen Pfandrecht (hier: Vermieterpfandrecht)
– aA: (+); Arg.: §§ 1257, 1207 BGB
– hM: (-); Arg.: Wortlaut des § 1257 BGB („entstandenes“, nicht: zur Entstehung zu bringendes); Umkehrschluss aus § 366 III HGB
Auch in diesem Jahr erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online (www. jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im November 2015 gelaufenen SI Klausur in NRW. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist Jura Online auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
A wohnt in Düsseldorf und hat sich dazu entschlossen, sich einen Brauchtum in Köln anzuschauen. Da er jedoch auf den Genuss seines Heimatbieres nicht verzichten möchte, entschließt er sich, vor der Abfahrt noch ein paar Flaschen seines geliebten Altbiers zu trinken. So fährt er dann in einem Kostüm Richtung Köln mit dem PKW, der auf ihn zugelassen ist und den er zur Sicherung eines Darlehens an die Sparkasse S übereignet hatte. Die letzte Rate von 200 € ist noch nicht getilgt. A hat keine Fahrerlaubnis mehr.
100 m vor seinem Ziel wird er von dem Polizisten C im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle angehalten und nach seinen „Papieren“ befragt sowie danach, ob A etwas getrunken habe. A gibt an, er habe seine Papiere zuhause vergessen und nur „ein wenig“ Bier getrunken. Die daraufhin durchgeführte Atemalkoholkontrolle ergab nach Abzug aller Toleranzen eine BAK von 0,6 Promille. C sagte A, er sehe angesichts der Feierlichkeiten über die fehlenden Fahrunterlagen hinweg, wegen der hohen Gefahr alkoholisierten Fahrens drohe ihm jedoch ein Bußgeld sowie ggf ein Strafverfahren. Auf die ausdrückliche Nachfrage des C gibt A deshalb an, er sei sein Bruder B (der eine Fahrerlaubnis besitzt), um dem Verfahren zu entkommen. C notiert sich die Personalien des B wie von A angegeben und weist A an, das Auto stehen zu lassen.
A geht daraufhin zu Fuß den Rest des Weges. Erfreut darüber, dass er dem Bußgeldverfahren entkommen konnte, gibt er sich nun doch dem in Köln gebrauten Kölsch hin. Gegen Mitternacht begibt sich A auf den Weg zurück zu seinem PKW. Obwohl ihm bewusst ist, dass er das Fahrzeug nicht mehr sicher führen kann, entschließt er sich, mit einer BAK von 1,2 Promille, damit nach Hause zu fahren. K, der Kneipenfreund des A, wittert eine Gelegenheit, günstig und zügig zurück in die rechtsrheinische Heimat zu kommen und setzt sich ebenfalls in den Wagen, obwohl er erkennt, dass A offensichtlich stark betrunken ist.
Als A von dem Parkstreifen losfahren will, bremst er plötzlich alkoholbedingt und ohne jeden Grund sehr heftig, woraufhin K mit der Stirn gegen die Seitenscheibe schlägt und eine Platzwunde erleidet. Aufgrund dieses Ereignisses entschließt sich K dazu, nun doch das Taxi zu nehmen, um sicherer nach Hause zu kommen.
Auf der Heimfahrt fährt A in eine Kurve und gelangt dabei alkoholbedingt in den Straßengraben. Dabei überrollt er unbemerkt das am Wegesrand liegen gelassene, alte Fahrrad des X (Wert: 100 €), das dabei vollständig zerstört wird. A konnte einem Felsen nur gerade so ausweichen – dass der PKW nicht beschädigt wurde ist bloßer Zufall.
Aufgrund dieses Ereignisses auf A aufmerksam geworden, verfolgt Polizist P den A. Als er bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h einen sehr geringen Abstand zu A hat, fordert er über die Außenlautsprecher „Halten Sie an“.
A erstarrt dadurch in Furcht und Schrecken. Um nicht doch noch erkannt zu werden, damit also nicht auffällt, dass er zuvor eine falsche Identität angegeben hatte, beschließt er, P abzuschütteln. Dazu bremst er plötzlich unvorhergesehen sehr stark, sodass P – wie von A beabsichtigt – zu einem gewagten scharfen Bremsmanöver gezwungen wird. Dabei hätte es ohne Weiteres auch zu einem Unfall kommen können. P bleibt daraufhin verängstigt/verwirrt zurück.
Zuhause angekommen erkennt A Kunststoffsplitter in seiner Stoßstange und erkennt dadurch, dass er wohl etwas angefahren hat, unternimmt jedoch keine weiteren Schritte.
Wie hat sich A nach dem StGB strafbar gemacht?
Bearbeitervermerk:
Vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 21,24a StVG ist auszugehen. Es ist zu unterstellen, dass die Verkehrskontrolle von C und die Halteaufforderung des P rechtmäßig waren. §§ 153-162, 185-194, 258 I StGB sind nicht zu prüfen.
Unverbindliche Lösungsskizze
1. Handlungsabschnitt: Verkehrskontrolle
A. § 242 I StGB (durch die Fahrt mit dem Pkw nach Köln)
1. Tatbestand
2.Fremde bewegliche Sache
(+); Arg: Sicherungsübereignung an S
3.Wegnahme
(-); Arg.: kein fremder Gewahrsam. A hat Alleingewahrsam.3
4. Ergebnis: § 242 StGB (-)
B. § 246 I StGB (durch dieselbe Handlung)
I.Tatbestand
1.Fremde bewegliche Sache (+)
2.Zueignung
a) Zueignungswille
aa) Aneignungsvorsatz
(+); Arg.: A wollte den Pkw zumindest vorübergehend nutzen.
bb) Enteignungsvorsatz
(-); Arg.: A bringt Pkw zurück.
b) Ergebnis: (-)
3.Ergebnis: (-)
II. Ergebnis: § 246 StGB (-)
C. § 248b I StGB (durch dieselbe Handlung)
(-); Arg.: Kein Hinweis, dass S mit dem Gebrauch nicht einverstanden war.
D. § 316 I StGB (durch dieselbe Handlung)
I.Tatbestand
1.Führen eines Kfz im Straßenverkehr (+)
2.Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit
a) Absolute Fahruntüchtigkeit
-> 1,1 Promille (-)
b) Relative Fahruntüchtigkeit
-> 0,3 Promille + alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit (-)
II.Ergebnis: § 316 I StGB (-)
E.§ 164 I StGB (durch Angabe des A, er sei B)
I.Tatbestand
1.Zuständige Stelle
Hier: Polizei, § 158 I StPO
- Rechtswidrige Tat
Hier: § 21 StVG
- Verdächtigen
(-); Arg.: auf B wird kein Verdacht gelenkt, da das Verhalten für diesen nicht strafbar wäre (B ist Inhaber einer Fahrerlaubnis).
II.Ergebnis: § 164 I StGB (-)
F. § 164 II StGB (durch dieselbe Handlung)
1.Tatbestand
Zuständige Stelle
(+), s.o.
- Behauptung tatsächlicher Art
Hier: Ordnungswidrigkeit des B nach § 24a StVG
– Problem: Selbstbegünstigung (A möchte Verfahren entkommen)
– aA: (-); Arg.: Selbstbegünstigungsprivileg, § 258 I, V StGB
– hM: (-); Arg.: § 258 IV StGB gibt kein Recht auf aktive Falschbezichtigung
- Unrichtigkeit der Behauptung (+)
- Vorsatz bzgl. 1 + 2
- Wider besseres Wissen bzgl. 3. (+)
- Absicht ein behördliches Verfahren herbeizuführen (+)
II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
III. Ergebnis: § 164 II StGB (+)
- Handlungsabschnitt: Köln
A. § 315c I Nr. 1a, III Nr. 1 StGB (Durch Fahrt von Köln nach Hause/Bremsmanöver)
I.Tatbestand
1.Führen eines Kfz im Straßenverkehr (+)
2. Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit
(+); Arg.: 1,3 Promille
- Konkrete Gefahr für Leib des K
(+), auch keine Anhaltspunkte für Beteiligung des K nach §§ 26, 27 StGB.
- Vorsatz bzgl. 1. und 2.
(+); Arg.: „…obwohl er erkennt…“
- Fahrlässigkeit bzgl. 3.
(+); Arg: A handelte insoweit objektiv sorgfaltswidrig und die konkrete Gefahr war objektiv vorhersehbar.
II. Rechtswidrigkeit
-> Genehmigung
– Problem: Rechtsgut
– aA: (auch) Individualrechtsgut körperliche Unversehrtheit -> Einwilligung (+); Arg.: Schutz über § 316 StGB reicht aus
– hM: Allgemeinheit -> Einwilligung (-); Arg.: Systematische Stellung
III. Schuld (+)
IV. Ergebnis: § 315c I Nr. 1a, III Nr. 1 StGB (+)
B. § 316 I StGB
(+), aber: Gesetzeskonkurrenzen (formelle Subsidiarität).
C. § 142 I Nr. 1 StGB
I. Tatbestand
1.Unfall im Straßenverkehr (+)
2.Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V stGB (+)
3.Entfernen (+)
4.Verletzung einer Feststellungspflicht
(-); Arg.: K entschließt sich, ein Taxi zu nehmen (= Einverständnis bzw. Einwilligung).
II. Ergebnis: § 142 I Nr. 1 StGB (-)
- Handlungsabschnitt: Heimfahrt
A. § 315c I Nr. 1a, III Nr. 1 StGB
I.Tatbestand
1.Führen eines Kfz im Straßenverkehr (+)
2.Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit (+)
3.Konkrete Gefahr
a) Für Pkw
(-); Arg.: notwendiges Tatmittel
b) Für Fahrrad
(-); Arg.: keine Sache von bedeutendem Wert (>750 Euro)
c) Felsen
(-); Arg.: kein Sachverhaltshinweis auf Wert
II. Ergebnis: § 315c I Nr. 1a, III Nr. 1 StGB
B. § 316 StGB (+)
C. § 303 I StGB (bzgl. Fahrrad)
(-); Arg.: Kein Vorsatz
D. § 142 I Nr. 2 StGB
I. Tatbestand
1.Unfall im Straßenverkehr
(+); Arg.: nicht ganz unerheblicher Sachschaden am Fahrrad (>25 Euro)
2.Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB
3. Entfernen (+)
4. Verletzung der Wartepflicht (+)
5. Vorsatz
(-); Arg.: bzgl. 1, § 16 I 1 StGB
II. Ergebnis: § 142 I Nr. 2 StGB (-)
- Handlungsabschnitt: Polizist
A. § 113 I, II Nr. 1 StGB (durch das Abbremsen)
I. Tatbestand
1. Amtsträger
Hier: Polizeibeamter P
2. Zur Vollstreckung von Gesetzen berufen (+)
3. Bei der Vornahme einer Diensthandlung
Hier: Identitätsfeststellung, §§ 163b, 163c StPO
4. Gewalt (+)
5. Vorsatz (+)
6. Rechtmäßigkeit der Diensthandlung
(+); Arg.: Bearbeitervermerk
II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
III. Strafe, § 113 II Nr. 1 StGB
(+); Arg.: Pkw = gefährliches Werkzeug
IV. Ergebnis: § 113 I, II Nr. 1 StGB (+)
B. § 240 I StGB
(+), aber: Gesetzeskonkurrenzen.
C. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 22, 23 I StGB
I. Tatentschluss
1.Bzgl. Grundtatbestand, § 223 I StGB
– Problem: Abgrenzung bedingter Vorsatz/bewusste Fahrlässigkeit
a) Non-voluntative Theorien
-> Vorsatz (+)
b) Voluntative Theorien
aa) Wissen (= Möglichkeit des Erfolgseintritts)
-> Vorsatz (+); Arg.: Wortlaut, § 16 StGB („kennt“)
bb) Wollen (= Billigend in Kauf nehmen)
-> Vorsatz (-); Arg.: Bewusste Fahrlässigkeit ansonsten nicht erklärbar; klare Abgrenzung der 3 Vorsatzformen.
2. Zwischenergebnis: Grundtatbestand (-)
II. Ergebnis: §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 22, 23 I StGB (-)
D. § 315b I Nr. 3, III i.V.m. § 315 III Nr. 1b StGB
(-); Arg.: äußerlich verkehrsgerechtes Verhalten; kein Schädigungsvorsatz
- Handlungsabschnitt: Zuhause
A. § 142 II Nr. 2 StGB (A unternimmt keine weiteren Schritte)
I. Tatbestand
1.Unfall (+)
2. Unfallbeteiligter (+)
3. Entfernen (+)
4. Berechtigt oder entschuldigt
– Problem: Unvorsätzliches Entfernen
– aA: (+); Arg.: Erst-Recht-Schluss; Schuldumfasst Vorsatz
– hM: (-); Arg.: Art. 103 II GG (Analogieverbot)
II. Ergebnis: § 142 II Nr. 2 StGB
B. § 142 I Nr. 1 StGB (durch dieselbe Handlung)
I. Tatbestand
1. Unfall (+)
2. Unfallbeteiligter (+)
3. Entfernen vom Unfallort
– Problem: Unfallort
– aA: (+); Arg.: zeitlich-räumlicher Zusammenhang zum schädigenden Ereignis
– hM: (-); Arg.: Art. 103 II GG
II.Ergebnis: § 142 I Nr. 1 StGB (-)
- Gesamtergebnis und Konkurrenzen
– § 164 II StGB
– § 315c I Nr. 1a, III Nr. 1 StGB
– § 316 I StGB
– § 113 I, II Nr. 1 StGB
-> Tatmehrheit, § 53 StGB
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online (www. jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im November 2015 gelaufenen Ö I Klausur in NRW. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist Jura Online auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (Gedächtnisprotokoll)
Der islamische Kulturverein K will am Karfreitag an 3 Familien seine Halle vermieten, damit sie dort das Sünnet-Fest feiern können. Das Geld fließt dem Verein zu. Dabei wird die Beschneidung von muslimischen Jungen, die zwischen 5-12 Jahren erfolgt, mit Koranlesungen, Tanz, Gesang und einem Festmahl gefeiert. Das Fest findet einige Tage bis Wochen danach statt, wobei es keine genauen Vorgaben gibt. Erwartet werden ca. 1000 Gäste. Die Behörde kündigt im Rahmen der Anhörung des Vorstands des K an, im Hinblick auf § 6 III Nr. 2 i.V.m. § 11 FeiertagsG die Feier zu verbieten. Der Vorstand des K kündigt an, sich dem Verbot zu beugen, aber Klage zu erheben, um für den wahrscheinlichen Fall einer Erledigung klären zu lassen, dass das Verbot rechtswidrig ist. K wendet zudem ein, dass ein anderer Tag nicht gleich geeignet sei, da viele Gäste aus dem Ausland kommen und das lange Osterwochenende sich dafür besonders eignet. Außerdem würden – was zutrifft – Nachbarn und Dritte nicht übermäßig Kenntnis von der Feier erlangen. Das Verbot verstoße gegen Art. 4 GG. Die Behörde erlässt das Verbot verknüpft mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, die wie folgt begründet wird: die Anordnung sei zur Bekräftigung des Verbots erforderlich. Zudem hat K Klage angekündigt, weshalb das öffentliche Interesse überwiegt. Zur Begründung des Verbots führt sie an, dass schon unklar ist, ob das Fest überhaupt religiös motiviert sei, dies aber nichts ändere, da das Interesse hinter dem der Öffentlichkeit zurückstehen müsse. Zudem sei unklar, ob K als juristische Person sich auf Art. 4 GG berufen kann. Zudem stünde der Religionsausübung entgegen, dass K schließlich Einnahmen erzielt.
Außerdem droht sie für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld i.H.v. 1000 € an. K erhebt form- und fristgerecht Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht und stellt gleichzeitig Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz jeweils gegen das Verbot und die Androhung des Zwangsgeldes. Zu der Androhung des Zwangsgeldes sei K auch nicht angehört worden. K habe zudem – was zutrifft – eine Einigung mit den Mietern erzielt und das Fest um einen Monat vorverlegt.
Haben die Anträge Aussicht auf Erfolg?
Bearbeitervermerk: Das FeiertagsG ist verfassungsgemäß. Auch nach Befragung geistlicher Autoritäten bleibt unklar, ob das Sünnet-Fest ein unverzichtbarer Bestandteil des Islam ist. Art. 8, 10 und 12 sind nicht zu prüfen. Das Zwangsgeld ist der Höhe nach angemessen. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist hinsichtlich der Androhung des Zwangsgeldes ordnungsgemäß.
Unverbindliche Lösungsskizze
A. Zulässigkeit
I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 I 1 VwGO
Hier: OBG und VwVG NRW
II. Statthafte Verfahrensart
-> Antrag im einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 V VwGO bzgl. Verbot und Androhung des Zwangsgeldes; Voraussetzung: Anfechtungsklage in der Hauptsache jeweils statthaft.
1. Verwaltungsakte, § 35 S. 1 VwVfG
a) Verbot (+)
b) Androhung des Zwangsgeldes
(+), insbesondere auch Regelungswirkung.
2. Keine Erledigung, § 43 II VwVfG
a) Erledigung durch Zeitablauf
(-); Arg.: Karfreitag wohl noch nicht verstrichen.
b) Erledigung durch Vorverlegung der Veranstaltung
(-); Arg.: Verbot bzgl. Karfreitag steht noch im Raume, da formal noch nicht zurückgenommen.
3. Ergebnis: (+)
III. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog
Hier: Verletzung von Art. 4, 19 III GG zumindest möglich.
1.Antragsgegner, § 78 I VwGO (+)
2. Rechtsschutzbedürfnis
3. Widerspruch bzw. Anfechtungsklage erhoben (+)
4. Nicht offensichtlich unzulässig (+)
5. Keine aufschiebende Wirkung, § 80 II VwGO
Hier: § 80 II 1 Nr. 4 VwGO
6.Vorheriger Antrag bei der Behörde, § 80 IV VwGO
– Problem: Erforderlichkeit
– aA: (+); Arg.: einfachere Möglichkeit des Rechtsschutzes
– hM: nur bei § 80 II 1 Nr. 1 VwGO; Arg: Umkehrschluss aus § 80 VI VwGO; effektiver Rechtsschutz
7. Beteiligten und Handlungsfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO
Hier: § 61 Nr. 1 2. Fall VwGO i.V.m. § 21 BGB; § 62 III VwGO i.V.m. § 26 I 2 BGB.
B. Objektive Antragshäufung, § 44 VwGO analog (+)
C. Begründetheit des Antrages nach § 80 V 1 2. Fall VwGO
I. Bzgl. Verbot
1. Formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung
a) Zuständigkeit, § 80 II 1 Nr. 4 VwGO (+)
b) Verfahren
-> Anhörung, § 28 I VwVfG (analog)
– Problem: Erforderlichkeit
– aA: (+); Arg.: Anordnung der sofortigen Vollziehung = VA
– hM: (-); Arg.: Anordnung der sofortigen Vollziehung kein (selbständiger) VA, da sie der Bestandskraft nicht zugänglich ist.
c) Form
-> Gesonderte schriftliche tragfähige Begründung, § 80 II 1 Nr. 4, III VwGO (-); Arg.: „Bekräftigung des Verbots“ und „Ankündigung der Klage durch K“ nur formelhafte Begründung.
2. Materielle Rechtmäßigkeit
Darüber hinaus könnte die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. des Verbots auch materiell rechtswidrig sein. Das ist dann der Fall, wenn das private Aussetzungsinteresse gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegt. Maßgeblich hierfür sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache, also der Anfechtungsklage. D.h., entscheidend kommt es auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des VA an, um dessen sofortige Vollziehung gestritten wird (summarische Prüfung).
a) Rechtmäßigkeit des VA (= Verbot)
aa) Ermächtigungsgrundlage
(1) Feiertagsgesetz
(-); Arg.: Das Feiertagsgesetz enthält nur Verbote, keine Ermächtigungsgrundlagen.
(2) Generalklausel, §14 OBG
bb) Formelle Rechtmäßigkeit (+)
cc) Materielle Rechtmäßigkeit
(1) Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
(a) Schutzgut
-> Öffentliche Sicherheit/Geschriebenes Recht (§ 6 III Nr. 2 i.V.m. § 11 Feiertagsgesetz)
(aa) Karfreitag (+)
(bb) Nicht öffentliche, unterhaltende Veranstaltung (+)
(b) Gefahr (+)
(c) Ordnungspflichtigkeit
-> Verhaltensstörer, § 17 OBG
(aa) Unmittelbarer Störer
(-); Arg.: K selbst ist nicht Veranstalter.
(bb) Mittelbarer Störer („Zweckveranlasser“)
– aa: subjektive Theorie
-> Überschreitung der Gefahrenschwelle durch andere gewollt (+)
– hM: objektive Theorie
-> Überschreitung der Gefahrenschwelle durch andere vorhersehbar (+)
(2) Rechtsfolge: Ermessen
(a) Entschließungsermessen („Ob“) (+)
(b) Auswahlermessen („Wie“)
(aa) Störerauswahl
-> Vorgehen gegen die 3 Familien mit Gästen, die (unmittelbare) Verhaltensstörer sind (-); Arg.: Zu viele Gäste und daher nicht genauso effektiv.
(bb) Mittelauswahl
-> Verhältnismäßigkeit
(aaa) Zweck
Hier: Sicherung der Feiertagsruhe, vgl. auch Art. 140 GG i.Vm. Art. 139 WRV
(bbb) Geeignet (+)
(ccc) Erforderlichkeit (+)
(ddd) Angemessenheit
-> Auseinandersetzung mit vorgetragenen Argumenten
– Anwendbarkeit von Art. 4 I GG: „Fest religiös motiviert“? „Wirtschaftliche Betätigung?“; „Juristische Person?“
– „Keine übermäßige Kenntnis der Nachbarn“
– „Anderer Tag wegen ausländischer Gäste nicht geeignet“
– Entscheidend trotzdem wohl Schutz der Feiertagsruhe, Art. 139 WRV (andere Ansicht vertretbar)
b) Weitere Interessenabwägung
Hier: Wohl Überwiegen der öffentlichen Interessen.
3. Ergebnis
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtswidrig, aber materiell rechtmäßig.
II. Bzgl. der Androhung des Zwangsgeldes
1.Formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung (+)
2. Materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung
a) Rechtmäßigkeit des VA (=Androhung des Zwangsgeldes)
aa) Ermächtigungsgrundlage
-> Androhung im mehraktigen Vollstreckungsverfahren: §§ 55 I, 57 I Nr. 2, 60, 63 VwVG NRW
bb) Formelle Rechtmäßigkeit
(1) Zuständigkeit, § 56 VwVG NRW (+)
(2) Verfahren
-> Anhörung, § 28 I VwVfG (-), aber: entbehrlich, § 28 II Nr. 5 VwVfG.
(3) Form (+)
cc) Materielle Rechtmäßigkeit
(1) Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen
(a) GrundVA
Hier: Verbot
(b) Wirksamkeit (+)
(c) Vollstreckbarkeit
Hier: § 80 II 1 Nr. 4 VwGO
(d) Rechtmäßigkeit des GrundVA
– Problem: Erforderlichkeit
Hier: GrundVA rechtmäßig (s.o.), so dass der Streit dahinstehen kann.
(2) Vollstreckungspflichtigkeit
(+); Arg.: K Adressat des GrundVA
(3) Ordnungsgemäße Durchführung
(a) Zulässiges Zwangsmittel
Hier: Zwangsgeld, §§ 55 I Nr. 2, 57 VwVG NRW
(b) Verhältnismäßigkeit des angedrohten Zwangsmittels
Hier: Höhe des angedrohten Zwangsmittels nicht zu beanstanden.
d) Ergebnis: (+)
3. Ergebnis: (-)
D. Gesamtergebnis
Der Antrag hat teilweise Erfolg. Die (bloße) formelle Rechtswidrigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. des Verbots ändert nicht daran, dass der Antrag nach § 80 V VwGO insoweit erfolgreich ist.
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online (www. jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im November 2015 gelaufenen Z II Klausur in NRW. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist Jura Online auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (Gedächtnisprotokoll)
Architekt A vereinbart mit P, der im Namen der X-GmbH handelt, die Lieferung von handelsüblichen Baumaterialien. Die dem P erteilte Prokura wurde im Dezember 2014 wegen Unzuverlässigkeit widerrufen. Erteilung und Widerruf wurden jedoch nicht ins Handelsregister eingetragen. A und P vereinbarten, dass die Lieferung „fix und prompt“ bis zum 21. Januar, 12 Uhr auf der Baustelle erfolgen sollte, da er die Materialien einbauen sollte und es wahrscheinlich ist, dass ein Einbau bei einer späteren Lieferung nicht mehr möglich ist.
P vergaß, die Bestellung an die Mitarbeiter der X-GmbH weiterzugeben. Als am 21. keine Lieferung erfolgte, kaufte A die Baumaterialien anderweitig für einen um 2.000 € höheren Kaufpreis ein (ein günstigerer Preis war nicht möglich) und verlangte diese Kosten von der X-GmbH. Als diese sich weigerte zu zahlen erhob er beim zuständigen Amtsgericht Klage und forderte Zahlung von 2.000 €. Im Termin erschien A nicht, woraufhin G, der Geschäftsführer der X-GmbH, den Erlass eines Versäumnisurteils beantragte.
Das Versäumnisurteil wurde dem A am 02.06. zugestellt und mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Am 16.06. begab er sich mit dem Urteil zu Rechtsanwalt R und bat diesen, „gegen das Versäumnisurteil vorzugehen und ihm zu seinem Recht zu verhelfen“. R erklärte sich einverstanden, vergaß aber, etwas gegen das Urteil zu unternehmen. Am 03.07. teilte er dem A mit, dass Maßnahmen nun wohl zu spät seien.
A verlangt nun von R Zahlung von 2.000 €.
Frage 1: Zu Recht?
Fortsetzung 1:
Am 04.07. trat der Anwalt Z nach seiner Zulassung in das Geschäft des R ein, welches er bisher als Einzelanwalt betrieb. Beide firmieren nunmehr als „R und Z GbR“.
Frage 2: Unterstellt, A kann von R Zahlung von 2.000 € verlangen. Hat A einen Anspruch gegen Z auf Zahlung von 2.000 €?
Fortsetzung 2:
Am 15.09. verkaufte die „R und Z GbR“ mit Zustimmung des Z einen Dienstwagen an die Y-GmbH zum Preis von 5.000 €. Am 30.09. schied Z durch einvernehmlichen Gesellschafterbeschluss aus der Gesellschaft aus. Z bat den R, seinen Namen nicht mehr zu verwenden. R wollte jedoch die noch verbleibenden Briefbögen, auf deren Briefkopf „R und Z GbR“ abgedruckt war, noch verwenden. Dies verschwieg er dem Z.
R schickte in der Folgezeit hintereinander zwei Aufforderungen zur Zahlung des Kaufpreises. Die Y-GmbH ging davon aus, dass es sich um zwei verschiedene Kaufverträge handelt und überwies 2x 5.000 € auf das noch bekannte Konto der „R und Z GbR“. Als der Fehler erkannt wurde, forderte die Y-GmbH den Z zur Rückzahlung von 5.000 €auf.
Frage 3: Kann die Y-GmbH von Z Zahlung von 5.000 € verlangen?
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1: A gegen R auf Zahlung von 2.000 Euro, § 280 I BGB
I. Schuldverhältnis
Hier: Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, §§ 611, 675 BGB.
II.Pflichtverletzung
Hier: Unterlassene Einlegung eines Einspruchs gegen das Versäumnisurteil, §§ 338 ff. ZPO.
III. Vertretenmüssen
(+); Arg.: zumindest Fahrlässigkeit, §§ 276 I, II BGB.
IV. Rechtsfolge: Schadensersatz (neben der Leistung)
-> Erstattungsfähig ist jeder kausal-adäquate Schaden.
-> Kein Schaden also, wenn Klage des A ohnehin, also auch ohne Pflichtverletzung, nicht erfolgreich gewesen wäre.
a) Statthaftigkeit des Einspruchs, § 338 ZPO
(+); Arg.: „echtes“ Versäumnisurteil
b) Frist, § 339 I ZPO
(+); Arg.: Wenn der R sofort Einspruch eingelegt hätte, dann wäre dies noch innerhalb der zweiwöchigen Frist passiert.
c) Form, § 340 ZPO
(+); Arg.: R hätte auch die Form des § 340 ZPO einhalten können.
- Zulässigkeit der ursprünglichen Klage
a) Zuständigkeit des Amtsgerichts
(+); Arg.: Streitwert unter 5.000 Euro, §§ 23, 71 GVG.
b) Partei- und Prozessfähigkeit, §§ 50, 51 ZPO
(+); Arg.: §§ 13, 35 GmbHG
- Begründetheit der ursprünglichen Klage
-> A gegen X-GmbH auf Zahlung von 2.000 Euro
a) §§ 280 I, III, 283 BGB
aa) Schuldverhältnis
-> Kaufvertrag
-> Voraussetzung: Einigung A zwischen X-GmbH
-> Voraussetzung: Wirksame Stellvertretung durch P, §§ 164 ff. BGB
(1) Eigene Willenserklärung des P (+)
(2) Im fremden Namen (+)
(3) Im Rahmen der Vertretungsmacht
(a) Rechtsgeschäftlich
-> Prokura, §§ 48 ff. HGB (-); Arg.: Erteilt, aber widerrufen; Eintragung des Widerrufs gem. § 53 II HGB nur deklaratorisch.
(b) Rechtsschein
(aa) Einzutragende Tatsache
Hier: Widerruf der Prokura, § 53 II HGB
(bb) Keine Eintragung
(+), aber: Erteilung auch nicht eingetragen, § 53 I HGB
– Problem: „Sekundäre Unrichtigkeit“
– aA: (-); Arg.: Rechtsverkehr nicht schutzbedürftig
– hM: (+); Arg.: Schutz des abstrakten Vertrauens
(cc) Keine Kenntnis des Gegners (+)
(dd) Vorgang im Geschäftsverkehr (+)
(ee) Rechtsfolge: „Negative Publizität des Handelsregisters“
– „Was nicht im Handelsregister steht, gilt als nicht geschehen“ = Widerruf der Prokura gilt als nicht geschehen.
(4) Ergebnis: Schuldverhältnis (+)
bb) Pflichtverletzung
->Nachträgliche Unmöglichkeit, § 275 I BGB
-> Voraussetzung: Absolutes Fixgeschäft, also ein Rechtsgeschäft, bei dem der Leistungszeitpunkt so wesentlich ist, dass mit Verstreichen des Leistungszeitpunktes die Leistung nicht mehr möglich ist.
Hier: Wohl nur relatives Fixgeschäft; Arg.: Auslegung, §§ 133, 157 BGB (späterer Einbau nur „wahrscheinlich“ nicht mehr möglich).
cc) Ergebnis: §§ 280 I, III, 283 BGB (-)
b) § 376 HGB
-> lex specialis ggü. §§ 280 I, III, 281 BGB
aa) Kaufvertrag
(+), s.o.
bb) Handelskauf, § 343 HGB
-> Einseitiges Handelsgeschäft ausreichend, § 345 HGB
Hier: Zumindest X-GmbH = Formkaufmann, § 6 HGB (A ist kein Kaufmann, da er als Architekt Freiberufler ist und damit kein (Handels-)Gewerbe i.S.v. § 1 HGB betreibt).
cc) Fixgeschäft
Hier: (Relatives) Fixgeschäft; Arg.: Auslegung, §§ 133, 157 BGB („fix und prompt“)
dd) Nichtleistung innerhalb der Frist (+)
ee) Schuldnerverzug der X-GmbH, § 286 BGB
(1) Fälliger, durchsetzbarer Anspruch (+)
(2) Mahnung, soweit erforderlich
(-); aber: Entbehrlichkeit nach § 286 II Nr. 1 BGB.
(3) Vertretenmüsen, § 286 IV BGB (+)
ff) Rechtsfolge: Schadensersatz statt der Leistung
(1) Schaden
(+), Mehrkosten i.H.v. 2.000 Euro
(2) Statt der Leistung
-> Äquivalenzinteresse (+); Arg.: Ersatzkauf
- ff) Ergebnis: § 376 HGB (+)
- c) Ergebnis: Begründetheit der ursprünglichen Klage: (+)
- Ergebnis: Schaden des R (+)
V.Ergebnis: § 280 I BGB (+)
Frage 2: A gegen Z auf Zahlung von 2.000 Euro, § 280 I BGB, § 128 HGB analog i.Vm. § 28 HGB analog
– Problem: Anwendbarkeit des § 28 HGB auf die GbR
– aA: (+); Arg.: (Teil-)Rechtsfähigkeit der GbR
– hM: (-); Arg.: GbR keine Personenhandelsgesellschaft
Frage 3: Y-GmbH gegen Z auf Zahlung von 5.000 Euro
I. § 812 I 1 1. Fall BGB, § 128 HGB analog
(-); Arg.: Z nicht mehr Gesellschafter, als der bereicherungsrechtliche Anspruch entstand.
II. § 812 I 1 1. BGB, § 128 HGB i.Vm. § 242 BGB
-> Haftung als Gesellschafter einer „Schein-GbR“
- Rechtsscheinstatbestand
Hier: Verwendung des Briefpapiers „R und Z GbR“
- Zurechenbarkeit
Hier: Anweisungen gegenüber R, den Namen nicht mehr zu verwenden, wohl nicht ausreichend, um die Zurechnung gegenüber Dritten auszuschließen.
- Gutgläubigkeit des Dritten (+)
- Ergebnis: (+)
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online (www. jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im Juni 2015 gelaufenen ÖR I Klausur in Hamburg. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist Jura Online auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (Gedächtnisprotokoll)
R ist Rechtsanwalt und hat seinen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich häuslicher Gewalt. Darüber hinaus engagiert er sich auch rechtspolitisch für die Opfer häuslicher Gewalt.
Um neue Mandanten zu akquirieren, aber auch um eine öffentliche Diskussion loszutreten, möchte er zwei Tassen von einer Werbeagentur entwerfen lassen. Die eine Tasse soll ein Kind mit entblößtem Gesäß abbilden, das von einer Frau mit einem Knüppel geschlagen wird. Die zweite Tasse soll eine Frau zeigen, die von einem Mann geschlagen wird und sich gleichzeitig eine Waffe an die Schläfe hält und erkennbar auf einen Selbstmord hindeuten soll.
Auf beiden Tassen soll die Kanzleianschrift des R stehen. Sicherheitshalber wendet sich R im Vorfeld an die Anwaltskammer, um mögliche Einwände am Einsatz der Tassen zu erfragen. Die Anwaltskammer untersagt nach Prüfung der Tassen dem R die Verwendung der Tassen unter Hinweis auf das in § 43b BRAO und § 6 BORA enthaltene Sachlichkeitsgebot.
Damit will sich R sich aber nicht abfinden und klagt daher – erfolglos – durch alle Instanzen. R fühlt sich in seinen Grundrechten aus Art. 12 I, 5 I 1 und 5 III GG verletzt.
Frage:
Hat die von R am 22.06.2015 (Montag) erhobene Verfassungsbeschwerde gegen das am 20.05.2015 zugestellte letztinstanzliche Urteil des BGH Erfolg?
Unverbindliche Lösungsskizze
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
Hier: Verfassungsbeschwerde, Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 BVerfGG
II. Beteiligtenfähigkeit, § 90 I BVerfGG
–> „Jedermann“ (+)
III. Beschwerdegegenstand, § 90 I BVerfGG
Hier: Entscheidung des BGH als Akt der Judikative.
IV. Beschwerdebefugnis, § 90 I BVerfGG
- Selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen (+)
- Mögliche Grundrechtsverletzung
Hier: Berufsfreiheit, Art. 12 I GG; Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG und Kunstfreiheit, Art. 5 III GG.
V.Form und Frist, §§ 23, 92, 93 BVerfGG
à Bei Urteilen: 1 Monat
Hier: Zustellung der BGH-Urteils am 20.05.2015; Eingang der Verfassungsbeschwerde am 22.06.2015 (Montag) ausreichend; Arg.: Wenn das rechnerische Fristende auf einen Samstag fällt, dann verlängert sich die First bis zum Ablauf des nächsten Werktages, § 222 II ZPO analog.
VI. Rechtswegerschöpfung, § 90 II BVerfGG (+)
VII. Rechtsschutzbedürfnis
B. Begründetheit
(+), wenn der Beschwerdeführer in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt ist.
–> Prüfung nur von Grundrechtsverletzungen („BVerfG keine Superrevisionsinstanz“)
I. Verletzung der Berufsfreiheit, Art. 12 I GG
- Schutzbereich
a) Persönlich
–> Deutschen-Grundrecht (+)
b) Sachlich
–> Beruf
Hier: Rechtsanwalt
- Eingriff
Hier: Untersagung der Werbung
- Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
a) Schranke
–> (Einheitlicher) einfacher Gesetzesvorbehalt
b) Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage (§ 43b BROA; § 6 BORA)
aa) Formelle Verfassungsmäßigkeit (+)
bb) Materielle Verfassungsmäßigkeit
–> Verhältnismäßigkeit
(1) Zweck
Hier: Sicherung des Vertrauens der Rechtssuchenden in die Seriosität des Rechtsanwalts.
(2) Geeignetheit
Hier: Regelungen über Sachlichkeit der berufsbezogenen Werbung zumindest förderlich, den Zweck zu erreichen.
(3) Erforderlichkeit
(+); Arg.: mildere Mittel gleicher Eignung nicht ersichtlich.
(4) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne
–> 3-Stufen-Theorie
Hier: Berufsausübungsregel (1. Stufe)
à Vernünftige Gründe erforderlich, aber auch ausreichend
Hier: Sicherung des Vertrauens in dies Seriosität des Rechtsanwalt = vernünftiger Grund.
c) Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes (Urteil)
–> Verhältnismäßigkeit
–> Würdigung der konkreten Umstände
–> Tätigkeitsschwerpunkt der Kanzlei, lukrative Mandate einerseits
–> Geringer Bezug; sexualisierende und reißerische Darstellung; Eindruck, es „nötig zu haben“ andererseits
– Im Ergebnis: wohl (+)
- Ergebnis: (-)
II. Verletzung der Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG
- Schutzbereich
a) Persönlich
–> Jedermann-Grundrecht (+)
b) Sachlich
aa) Meinung
à Jedes Werturteil (+); Arg. Auch Werbebotschaften werden erfasst
bb) Geschütze Verhaltensweisen
Hier: Äußerung und Verbreitung über die Abbildungen auf den Tassen.
- Eingriff
Hier: Untersagung des Einsatzes der Tassen.
- Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
a) Schranke
–> Qualifizierter Gesetzesvorbehalt, Art. 5 II GG („Allgemein“)
b) Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage (§ 43b BRAO, § 6 BORA)
aa) Formelle Verfassungsmäßigkeit (+)
bb) Materielle Verfassungsmäßigkeit
(1) Schrankenspezifische Anforderungen
– Problem: „Allgemein“
– aA: Formelle Theorie. Danach ist ein Gesetz allgemein, wenn es nicht eine bestimmte Meinung, eine Meinung als solche verbieten will. Hier: § 43b BRAO und § 6 BORA wollen keine bestimmte Meinung verbieten.
– aA: Materielle Theorie. Danach ist ein Gesetz allgemein, wenn es einem im Verhältnis zur Meinungsfreiheit höherrangigem Recht zur Durchsetzung verhelfen will. § 43b BRAO und § 6 BORA wollen dem Vertrauen in der Berufsstand zur Durchsetzung verhelfen, der im Einzelfall höher wiegen kann, als die Berufsausübung des einzelnen Rechtsanwalts.
– hM: Kombinationsformel. Danach ist ein Gesetz allgemein, wenn das Gesetz nicht eine bestimmte Meinung, eine Meinung als solche verbieten will, sondern vielmehr einem im Verhältnis zur Meinungsfreiheit höherrangigem Recht zur Durchsetzung verhelfen will.
Hier: (+)
(2) Verhältnismäßigkeit
(a) Zweck
Hier: Schutz des Vertrauens in die Seriosität des Rechtsanwalts (s.o.)
(b) Geeignetheit (+)
(c) Erforderlichkeit (+)
(d) Verhältnismäßigkeit i.e.S.
–> Wechselwirkungslehre: Das die Meinungsfreiheit einschränkende Gesetz ist im Lichte der Meinungsfreiheit auszulegen. § 43b BRAO und § 6 BORA lassen eine verfassungskonforme Auslegung zu. Es muss im Einzelfall dann geschehen. Das Gesetz für sich genommen ist daher in Ordnung.
(3) Zensurverbot, Art. 5 I 3 GG
Hier: § 43b BRAO und § 6 BORA sehen keine vorherige Kontrolle der Meinungsäußerung vor.
c) Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes
–> Verhältnismäßigkeit/Gebot der meinungsfreundlichen Auslegung
–> Evtl. Differenzierung nach Tassen
Hier: Untersagung sowohl bzgl. Tasse mit abgebildetem Kind als auch bzgl. Tasse mit abgebildeter Frau aufgrund der Gesamtumstände wohl verfassungsgemäß (andere Ansicht gut vertretbar).
- Ergebnis: (-)
III. Verletzung der Kunstfreiheit, Art. 5 III GG
- Schutzbereich
a) Persönlich
–> Jedermann-Grundrecht (+)
b) Sachlich
aa) Kunst
– Problem: Kunstbegriff
– aA: formelle Theorie. Kunst ist alles, was einer bestimmten Kunstform zuzuordnen ist. Hier: „Bild“ auf Tasse.
– aA: materielle Theorie. Kunst ist alles, was Ausdruck der freien schöpferischen Gestaltung des Künstlers ist. Hier: Gestaltung der Abbildung auf der Tasse
– hM: weiter Kunstbegriff. Kunst ist alles, was der Interpretation zugänglich ist. Hier: Abbildungen von Kind und Frau sollen gesellschaftliche Diskussion über häusliche Gewalt bewirken.
bb) Geschützte Verhaltensweisen
–> Werk- und Wirkbereich (+); Arg.: Also auch Weitergabe an Dritte.
- Eingriff (+)
- Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
a) Schranken
Hier: vorbehaltslose Gewährleistung. Es gelten also nur verfassungsimmanente Schranken, d.h. nur Gesetze, die Grundrechte Dritter und Rechtsgüter mit Verfassungsrang schützen wollen, dürfen die Kunstfreiheit einschränken.
b) Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage (§ 43b BORA und § 6 BRAO)
aa) Formelle Verfassungsmäßigkeit (+)
bb) Materielle Verfassungsmäßigkeit
(1) Schrankenspezifische Anforderungen
– Dienen § 43b BRAO und § 6 BORA dem Schutz von Grundrechten oder Rechtsgütern mit Verfassungsrang? Wohl (+); Arg.: Schutz des Vertrauens in die Seriosität des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege vom Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG, erfasst.
(2) Verhältnismäßigkeit
– Im Grunde wie bei Meinungsfreiheit.
c) Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes
–> Verhältnismäßigkeit wiederum wie gehabt.
IV. Ergebnis (-)
C. Ergebnis: (-)
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online eine unverbindliche Lösungsskizze der im Juni 2015 gelaufenen ZR II Klausur in Hamburg. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist Jura Online auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt
Der J leiht sich von seiner Bekannten E einen Wohnwagen, um dort mit seinem Kumpel W synthetische Drogen herzustellen. E und J vereinbaren, dass J nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haften soll. Leicht fahrlässig beschädigen J und W den Wohnwagen der E beim Kochen. Es entsteht ein Brandschaden i.H.v. 2.200 Euro an der Wandverkleidung. E wendet sich an W, um den Schaden ersetzt zu bekommen. Dabei akzeptiert sieht zunächst, dass W den Schaden in Methamphetaminen begleicht. Später möchte die E aber doch lieber Schadensersatz in Geld. Da W nicht bereit ist, den Schaden in Geld zu begleichen, tritt die E gegen den Briefkasten des W (Schaden: 600 Euro) und erklärt, dass W diesen Betrag „von der Rechnung abziehen“ könne. W seinerseits tritt sodann gegen den Seitenspiegel am Pkw der E. Dabei entsteht ein Schaden i.H.v. 320 Euro am Spiegel, und die E könnte dem Pkw im Falle einer Reparatur für zwei Tage nicht nutzen. W äußert in diesem Zusammenhang, dass die E sich den Briefkasten anrechnen lassen müsse. Später wird die E in einen Verkehrsunfall verwickelt, beim dem der Spiegel ohnehin zerstört worden wäre.
Welche Ansprüche hat E gegen W?
Unverbindliche Lösungsskizze
A. W gegen E auf Schadensersatz i.H.v. 2.200 Euro bzgl. Wohnwagen
I. Vertragliche Ansprüche
(-); Arg.: Kein (Leih-)Vertrag zwischen E und W, sondern nur zwischen E und J.
II. §§ 989, 990 I BGB
(-); Arg.: W wohl nicht einmal Besitzer, sondern nur J.
III. § 823 I BGB
- Anspruch entstanden
a) Anwendbarkeit
(+); Arg.: Kein EBV (s.o.), also auch keine Sperrwirkung, § 993 BGB a.E.
b) Voraussetzungen
aa) Rechtsgutsverletzung
Hier: Eigentum der E
bb) Verletzungsverhalten des W
Hier: gemeinsame Bedienung des Gasherdes
cc) Zurechnung (+)
dd) Rechtswidrigkeit (+)
ee) Verschulden, § 276 BGB
Hier: (leichte) Fahrlässigkeit; keine Haftungsprivilegierung bei W.
c) Rechtsfolge: Schadensersatz, §§ 249 ff. BGB (+)
d) Kein Ausschluss
-> Grundsätze der gestörten Gesamtschuld
aa) Vorliegen einer gestörten Gesamtschuld
W und J wären Gesamtschuldner nach § 840 BGB bzw. § 421 BGB, wenn auch J aus demselben Lebenssachverhalt haftete. Gestört wäre die Gesamtschuld, wenn bei J aber eine Haftungsprivilegierung griffe. Daher sind hier inzidenter die Ansprüche E gegen J zu prüfen.
(1) § 280 I BGB
(a) Schuldverhältnis
Hier: Leihe, § 598 BGB
(b) Pflichtverletzung
Hier: Beschädigung der Wandverkleidung, § 241 II BGB
(c) Vertretenmüssen
– Eigentlich: Vorsatz und jede Fahrlässigkeit, § 276 BGB
– Aber: (wirksame) individualvertragliche Vereinbarung, dass nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gehaftet werde.
(d) Ergebnis: (-)
(2) § 823 I BGB
(-); Arg: scheitert ebenfalls an dem fehlenden Vertretenmüssen des J.
bb) Rechtsfolge
– aA: Wortlautlösung
-> volle Haftung des W
– aA: Lehre von der fingierten Gesamtschuld
-> volle Haftung des W (aber hälftiger Ausgleichsanspruch gegen J aus § 426 I, II BGB analog)
– hM: Kürzung im Außenverhältnis
-> Hälftige Haftung des W gegenüber E; Arg.: Gerechter Interessenausgleich.
e) Ergebnis: (+), aber nur i.H.v. 1.100 Euro
- Anspruch nicht erloschen
a) § 364 I BGB
(-); Arg.: Hingabe des Methamphetamin nichtig gem. § 134 BGB i.Vm. § 29 I Nr. 1 BtMG.
b) Aufrechnung, §§ 387 ff. BGB
aa) Aufrechnungslage, § 387 BGB
(1) Gegenseitige Forderung
(a) Ansprüche der E gegen W (+), s.o.
(b) Ansprüche W gegen E
Hier: § 823 I BGB und § 823 II BGB i.Vm. § 303 StGB bzgl. des zerstörten Briefkastens.
(2) Gleichartigkeit der Forderungen (+)
(3) Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Gegenforderung (+)
(4) Erfüllbarkeit der Hauptforderung (+)
bb) Aufrechnungserklärung
Hier: durch E selbst („von der Rechnung abziehen“).
cc) Kein Ausschluss
Hier: wohl § 393 BGB; Arg.: Brandschaden zwar nicht vorsätzlich, aber Zerstörung des Briefkastens.
- Anspruch durchsetzbar (+)
- Ergebnis: (+), i.H.v. 1.110 Euro
IV. Weitere Ansprüche (-)
B. E gegen W auf Schadensersatz i.H.v. 320 Euro bzgl. Spiegel zzgl. Nutzungsausfall
I.§ 823 I BGB
- Anspruch entstanden
a) Rechtsgutsverletzung
Hier: Eigentum
b) Verletzungsverhalten
Hier: Tritt
c) Zurechnung
aa) Kausalität (+)
bb) Adäquanz
Hier: Reserveursache (Spiegel wäre bei späterem Unfall ohnehin zerstört worden) unbeachtlich; Arg.: Schutzzweck der Norm.
d) Rechtswidrigkeit (+)
e) Verschulden (+)
f) Rechtsfolge: Schadensersatz
– Bzgl. Substanzverletzung am Spiegel (+); Arg.: § 249 II BGB
– Bzgl. des Nutzungsausfalls für 2 Tage (+); Arg.: „normativer Schaden“ bei wichtigen Gebrauchsgütern
g) Ergebnis: (+)
- Anspruch nicht erloschen
-> Aufrechnung, §§ 387 ff. BGB (-); Arg.: § 393 BGB.
- Anspruch durchsetzbar (+)
- Ergebnis: (+)
II.§ 823 II BGB i.V.m. § 303 StGB
(+); Arg.: Aufrechnung ebenfalls wegen § 393 BGB ausgeschlossen.
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit der Online Lernplattform Jura Online eine unverbindliche Lösungsskizze der im April 2015 gelaufenen Ö II Klausur in Berlin und Brandenburg. Mittels der Skizze soll es Euch möglich sein, Euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. An einigen Stellen der Lösungsskizzen verweist JuraOnline auf eigene Vertiefungshinweise.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Die Bundesregierung möchte mit der Einführung einer Luftverkehrssteuer Anreize zu umweltgerechterem Verhalten bieten und den Haushalt konsolidieren. Daher beschließt sie im Jahr 2010 das LuftVStG, welches im Wesentlichen folgenden Inhalt hat: Flüge aus dem Inland unterliegen der Steuerpflicht. Sie wird nach drei Distanzklassen unterteilt (Kurz-, Mittel- und Langstrecke), wobei deren Berechnung der Einfachheit halber pauschal vom Flughafen Frankfurt am Main zum wichtigsten Flughafen des Ziellandes erfolgt. In der Kurzstrecken- Distanzklasse fallen 8 € pro Passagier an, in der Mittelklasse 25 € (Anm.: ungefähr) und in der Langstreckenklasse 45 €.
Das Bundesministerium für Finanzen wird ermächtigt, die Distanzklassen zu Beginn jedes Jahres mittels Rechtsverordnung entsprechend anzupassen. Herausgenommen aus dem Anwendungsbereich des LuftVStG sind militärische und medizinische Flüge, Fracht- und Privatflüge sowie Transit- und Transferflüge (letzteres: „Umsteigerprivileg“).
Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens stimmen 4 Mitglieder des Bundeslandes A im Bundesrat uneinheitlich ab (2 dafür, 2 dagegen). Von 69 Mitgliedern des Bundesrats stimmten 35 (mit den Mitgliedern des Bundeslands A) dafür und 34 dagegen.
Das Bundesland B möchte im Januar 2015 die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes überprüfen, da sie Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz hat. Es ist der Ansicht, dass der Bund schon keine Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG inne hätte. Zudem sei die Verordnungsermächtigung im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot verfassungswidrig, da das Parlament selbst sich mit der Höhe der Steuerbelastung durch die Distanzklassen auseinandersetzen müsse. Zudem verstoße das LuftVStG gleich mehrfach gegen den Gleichheitssatz, indem Fracht- und Privatflüge sowie Transit- und Transferflüge aus dem Anwendungsbereich herausgenommen werden. Zudem komme die Orientierung am wichtigsten Flughafen des Ziellandes zu absurden Ergebnissen: Während ein Flug nach New York mit über 6.000 Flugkilometern der höchsten Distanzklasse mit dem höchsten Steuersatz unterliegt, falle ein Flug nach Wladiwostok mit einer Distanz von 8.500 km in die niedrigste Steuerklasse, da der wichtigste Flughafen Russlands – Moskau – nur knapp 2.000 km von Frankfurt am Main entfernt ist. Auch dies sei ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Zudem greife das LuftVStG in nicht zu rechtfertigender Weise in die Berufsfreiheit der Airlines sowie der Passagiere ein. Zudem führe die Herausnahme der Transfer- und Transitflüge dazu, dass Ausweichreaktionen durch einen Beginn der Reise an einem ausländischen Flughafen geradezu provoziert werden.
Die Bundesregierung tritt dem entgegen. Die Privilegierung der Transfer- und Transitflüge sei nötig, um die wichtigsten „Drehkreuze“ in ihrer europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu schützen. Die teilweise absurden Ergebnisse des Berechnungsmodus der Distanzklasse seien absolute Ausreißer, die hinzunehmen wären. Zudem habe der Gesetzgeber ein weites Ermessen in Steuerangelegenheiten. Auch die Herausnahme von Fracht- und Privatflügen sei zulässig, da Passagierflüge hauptverantwortlich für die Umweltbelastung seien.
Wird der Antrag der Landesregierung B vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg haben?
Unverbindliche Lösungsskizze
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit des BVerfG
Hier:Abstrakte Normenkontrolle, Art. 93 I Nr. 2 GG; §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG.
II. Antragsteller, § 76 I BVerfGG
Hier: Landesregierung des Bundeslandes B.
III. Antragsgegenstand, § 76 I BVerfGG
Hier: Bundesrecht (LuftVStG)
IV.Antragsbefugnis
– Problem: „Für nichtig halten“, § 76 I Nr. 1 BVerfGG
– „Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten“ ausreichend, Arg.: Art. 93 I Nr. 2 GG.
B. Begründetheit
(+), wenn LufVStG verfassungswidrig.
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1.Gesetzgebungszuständigkeit
Hier: Bund; Arg: Art. 105 II, 106 I Nr. 3 GG („motorisierte Verkehrsmittel“).
2. Gesetzgebungsverfahren
a) Einleitungsverfahren, Art. 76 GG (+)
b) Hauptverfahren
aa) Beschluss des BTages (+)
bb) Mitwirkung des BRates
Hier: Zustimmungsgesetz
– Problem: Uneinheitliche Stimmabgabe des Bundeslandes A
– aA: Stimmführer des betreffenden Landes maßgeblich -> keine Angaben
– hM: Landesstimmen ungültig -> 33:32
3.Form, Art. 82 I 1 GG (+)
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
Verletzung von Art. 12 I GG
a) Bzgl. Airlines
aa) Schutzbereich
(1) Persönlicher Schutzbereich
(+); Arg: Berufsfreiheit dem Wesen nach auf Airlines anwendbar, Art. 19 III GG.
(2) Sachlicher Schutzbereich
-> Beruf (+)
bb) Eingriff
Hier: Besteuerung
cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
(1) Bestimmung der Schranke
– „Verfassungsmäßige Ordnung“ i.S.v. Art. 12 I GG = jedes formell wie materiell verfassungsgemäße Gesetz = einfacher Gesetzesvorbehalt.
(2) Verhältnismäßigkeit
(a) Zulässiger Zweck
Hier: Umweltschutz, Art. 20a GG, und Haushaltskonsolidierung.
(2) Geeignetheit (+)
(3) Erforderlichkeit (+)
(4) Verhältnismäßigkeit i.e.S.
-> 3-Stufen-Theorie
Hier: (+); Arg.: „Berufsausübungsregel“ (3. Stufe); „Vernünftige Gründe des Gemeinwohls“ ausreichend.
dd) Ergebnis: (-)
b) Bzgl. Passagiere
aa) Schutzbereich (+)
bb) Eingriff
(1) „Klassischer“ Eingriff
(-); Arg.: zumindest nicht final.
(2) „Moderner“ Eingriff (berufsregelnde Tendenz)
(-); Arg: auch nicht intensiv; eventuelles Abwälzen der Kosten auf Passagiere nicht ausreichend.
cc) Ergebnis: (-)
Verletzung von Art. 3 I GG
a) Herausnahme von Fracht- und Privatflügen
aa) Vergleichspaar
– Luftverkehr in Gestalt von gewerblichen Passagierflügen
– Luftverkehr in Gestalt von Fracht- und Privatflügen
bb) Ungleichbehandlung (+)
cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
(1) Verfassungsmäßigkeit des Zwecks
Hier: Umweltschutz und Haushaltskonsolidierung.
(2) Verfassungsmäßigkeit des Mittels
Hier: Differenzierung nach Art des Luftverkehrs.
(3) Verfassungsmäßigkeit der Zweck-Mittel-Relation
-> Verhältnismäßigkeit
– Voraussetzung: Hohe Belastungsintensität („Neue Formel“)
– Hier: hohe Belastungsintensität (+); Arg: zugleich Freiheitsgrundrechte betroffen (s.o.)
– Im Ergebnis wohl: (+); Arg.: Gewerbliche Passagierflüge hauptverantwortlich für Umweltbelastung.
dd) Ergebnis: (-)
b) Herausnahme von Transit- und Transferflügen
– Ungleichbehandlung wohl zumindest gerechtfertigt; Arg.: Wettbewerbsfähigkeit („Drehkreuze“).
c) Berechnung der Distanzklassen
aa) Vergleichspaar
– Distanzflüge zu wichtigstem Flughafen des Ziellandes (z.B. New York)
– Distanzflüge zu anderen Flughäfen des Ziellandes (z.B. Wladiwostok)
bb) Ungleichbehandlung
Hier: Konkrete und abstrakte Berechnungsweise.
cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Wohl (+); Arg: Pauschalisierte Berechnung dient der Vereinfachung im Steuerrecht.
dd) Ergebnis: (-)
- Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot
– Verankerung: Allgemein im Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell bei Verordnungsermächtigungen, Art. 80 I 2 GG.
– Hier: Konkrete Ermächtigung zur jährlichen Anpassung der Distanzklassen durch Bundesregierung wohl in Ordnung.
III. Ergebnis: (-)
- Gesamtergebnis: (-)
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
1. Frage
M hat einen Flachbildschirm für 2000 Euro günstig als Restposten erworben, grds. um diesen selbst im Internet zu verkaufen. Nachdem ihm dies aber nicht lukrativ genug war und ihn Stammgäste drauf angesprochen haben, dass ein moderner Flachbildschirm fehle („heute ein Muss für derartige Lokale „) entschließt sich M den Bildschirm an die OHG zu verkaufen. Dafür ermächtigt er seine Frau den Bildschirm für die OHG zu erwerben und schließt mir ihr einen entsprechenden Kaufvertrag. V ist dagegen und meint M stehe die Begleichung des Kaufpreises aus dem Gesellschaftsvermögen nicht zu.
Anspruch des M auf Kaufpreiszahlung für Bildschirm über 2000 Euro gegen V-OHG?
2. Frage
G, X, Y und M wollen die Meisterschaftsfeier des FC Bayern besuchen. Sie haben aber kein Auto bzw. wollen ihres nicht zur Verfügung stellen und fassen folgenden Plan: Sie fahren mit dem Zug von Celle nach Hannover und leihen sich dort einen Pkw. X und Y teilen sich die Kosten für die Autoleihe. M steuert Getränke bei und trägt die Kosten der Zugfahrt. Der erst 18-jährige G, der keinen Alkohol trinken soll, soll die gesamte Autofahrt übernehmen, aber sonst zu keinen weiteren Leistungen verpflichtet sein.
G hat gerade erst seinen Führerschein erworben und verfügt noch über sehr wenig Fahrerfahrung, was die anderen auch wissen.
G mietet in seinem Namen in Hannover den Pkw, die anderen bleiben dabei mit den Getränkekisten zurück.
Nach der Meisterfeier wollen die Beteiligten in einem Waldstück nächtigen und beschließen um 1:00 in der Nacht, dass G sie in ein Waldstück fahren solle. Geleitet von einem Navigationssystem fährt er wie geheißen aus der Stadt. Nach einer Ausfahrt wird er in einer Kurve von einem Fernlicht-Scheinwerfer geblendet, verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug und prallt gegen eine Leitplanke. Dabei wird die Designer-Brille des M unreparierbar zerstört. Diese hatte einen Wert von 1.200 Euro.
Ein Gutachter stellt fest, dass der Unfall auf einem Fahrfehler des G beruhe, der für Fahranfänger typisch sei, aber auch einem erfahrenen Fahrer leicht hätte unterlaufen können.
M verlangt von G 1.200 Euro Schadenersatz für die Brille. Zu Recht?
Ansprüche aus StVG und gegen Versicherer sind nicht zu prüfen.
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1:
M gegen die OHG auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 2.000 Euro aus Kaufvertrag, § 433 II BGB
- Anspruch entstanden
– Voraussetzung: Gesellschaftsverbindlichkeit
- Gesellschaft
Hier: (Außen-)wirksame OHG
- Verbindlichkeit
- a) Einigung
– Vertretung der OHG durch F, §§ 164 ff. BGB
- aa) Eigene Willenserklärung der F (+)
- bb) Im fremden Namen
Hier: Im Namen der OHG
- cc) Im Rahmen der Vertretungsmacht
(1) Vertretungsmacht
– Grundsatz: Einzelvertretungsmacht der Gesellschafter, sofern nicht durch Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen, § 125 I HGB
– Ausnahme: Gesamtvertretung, § 125 II 1 HGB
Hier: V von Vertretung ausgeschlossen; M und F haben (wohl) Gesamtvertretungsmacht (SV nicht eindeutig)
– Aber: M hat seinerseits der F Vollmacht erteilt, ihn bei der Ausübung der Gesamtvertretung der OHG zu vertreten, §§ 164 ff. BGB
– Also: (+)
(2) Im Rahmen
(a) Rechtsgeschäftliche Einschränkungen
(-); Arg.: Entgegenstehender Wille des V unbeachtlich, vgl. auch § 126 II HGB
(b) Gesetzliche Einschränkungen
– Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
(aa) Verstoß gegen das Verbot der Doppelvertretung (-)
(bb) Verstoß gegen das Verbot des Selbstkontrahierens
(-); aber eventuell Umgehung durch Bevollmächtigung der F. Ohne Bevollmächtigung der F wäre der M als Verkäufer und – zumindest auch – als Vertreter der OHG tätig gewesen. Sinn und Zweck des § 181 BGB ist es eigentlich, Interessenkollisionen bei Personenidentität zu vermeiden. Hier: Evtl. Benachteiligung der vertretenen OHG und damit des V. Aber: V ohnehin von Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen.
Also: (-)
(c) Ergebnis: (+)
- dd) Kein Ausschluss der Stellvertretung
(1) Kollusion, § 138 BGB (-)
(2) Sich aufdrängender Missbrauch, § 242 BGB (-)
- ee) Ergebnis: (+)
- b) Wirksamkeit (+)
- c) Ergebnis: (+)
- Anspruch nicht erloschen (+)
III. Anspruch durchsetzbar (+)
- Ergebnis: (+)
Frage 2: M gegen G auf Schadensersatz i.H.v. 1.200 Euro
- § 280 I BGB
- Schuldverhältnis
– GbR, §§ 705 ff.BGB
- Einigung
– Mehrere Personen (+)
– Gemeinsamer Zweck, insbesondere Erbringung von Beiträgen (+)
– Kein kaufmännischer Zweck (+)
– Keine bloße Gefälligkeit; Arg.: wirtschaftliche Bedeutung, Haftungsrisiko
- Wirksamkeit (+)
- Pflichtverletzung, § 241 II BGB
Hier: Verletzung der Pflicht, anlässlich der Vertragsdurchführung niemandes Eigentum zu beeinträchtigen.
III. Vertretenmüssen
– Grundsatz: Haftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit, § 276 BGB
– Ausnahme: Haftung nur für eigenübliche Sorgfalt, § 277 BGB (diligentia quam in suis), also nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
Problem: Anwendbarkeit im Straßenverkehr
– aA: (+); Arg.: Wortlaut enthält keine Einschränkung
– hM: (-); Arg.: Kein Raum für Haftungsbeschränkungen im Straßenverkehr, § 1 StVO
- Konkludente Vereinbarung über Haftungsbeschränkung bzw. ergänzende Vertragsauslegung
– Voraussetzung: Besondere Umstände/Anhaltspunkte
Hier: G bekanntermaßen Fahranfänger wohl besonderer Umstand
- Beobachtung der eigenüblichen Sorgfalt im konkreten Fall
Hier: G hat sich wie immer Verhalten; außerdem wohl nur einfache Fahrlässigkeit.
- Ergebnis: (+)
- § 823 I BGB
- Rechtsgutsverletzung
Hier: Eigentum
- Verletzungsverhalten (+)
III. Zurechnung (+)
- Rechtswidrigkeit (+)
- Verschulden
(-); Arg.: Rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung (s.o.) dürfte sich auch auf deliktische Ansprüche beziehen.
- Ergebnis: (-)
(-); Arg.: Kein Vorsatz bzgl. Sachbeschädigung; fahrlässige Sachbeschädigung nicht strafbar.
(D. § 18 StVG
– Laut Bearbeitervermerk nicht zu prüfen.)
Relevante Exkurse:
Zur OHG:
https://jura-online.de/learn/ohg-105-ff-hgb/1241/excursus
Vertretungsmacht:
https://jura-online.de/learn/vertretungsmacht/16/excursus
Beschränkungen der Vertretungsmacht:
https://jura-online.de/learn/beschraenkungen-der-vertretungsmacht/271/excursus
GbR:
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im April 2015 gelaufenen ZI Klausur in Berlin / Brandenburg und NRW (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Onlineabschließend auf eigene Lernangebote.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll
G ist Vorstandsvorsitzender in der nach ihm benannten G-Bank-AG. Die B hat ein Grundkapital von 25.000.000€ und ist zurzeit geschäftlich mittelmäßig erfolgreich. R ist Redakteur des wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazins N. N gehört der V-AG. Dort schreibt er einen Artikel, der sich mit den privaten Zahlungsschwierigkeiten des G beschäftigt. Die B wird dabei nur am Rande genannt. So wird erwähnt, dass sie in den vergangenen Jahren häufig bei Jahresschluss Verluste zu verzeichnen hatte. Die Bankaufsicht war jedoch nie veranlasst, einzuschreiten. Außerdem wird beschrieben, dass die B sich erfolglos bemüht hat, in einen Anlegerschutzfond aufgenommen zu werden, bei welchem die Anlagen der Kunden der B abgesichert gewesen wären. Der Artikel ist sachlich geschrieben und entspricht der Wahrheit. R hatte als ursprüngliche Überschrift “Bankier in Not” gewählt. Diese war jedoch seinem Chefredakteur C zu unverständlich und nicht plakativ genug. Er änderte darum, ohne Rücksprache mit R zu halten, das Titelbild und die Überschrift, sodass dort nun die Geschäftszentrale der B abgebildet war und die Überschrift “Liquidität gefährdert – Anleger bangen um ihr Geld!?” lautete. Nachdem die Zeitschrift erscheint, beginnen am Montag die Kunden der B massenhaft damit, ihr Geld abzuheben. Binnen weniger Stunden verliert die B dadurch 11 Mio €. Kurze Zeit darauf wird die Bankaufsicht tätig und verbietet der B den Weiterbetrieb. Kurze Zeit später geht die B insolvent und das Insolvenzverfahren wird eröffnet.
1. Der Insolvenzverwalter I möchte für die B von R Schadensersatz für den Untertang der B. Er meint, der Artikel habe die Grundsätze der Sensibilität bei Bankenthemen verletzt.
2. I möchte auch von C Schadensersatz, da letztlich die Überschrift mit Sicherheit die Grenzen der deliktsrechtlichen Vorwerfbarkeit überschritten habe.
3. Angenommen, der Anspruch des I gegen C besteht – kann auch ein Anspruch des I gegen die V-AG geltend gemacht werden?
4. Auch G möchte, da er nun sein Vorstandsgehalt i.H.v. 2 Mio Euro jährlich verloren habe, von C Schadensersatz. Prüfen Sie alle Rechtsfragen gutachterlich und gehen sie notfalls hilfsgutachterlich darauf ein.
Abgedruckt:
§ 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
Unverbindliche Lösungsskizze
A. Forderungsberechtigung des I
(+); Arg.: § 80 I InsO
B. Ansprüche B gegen R
I. § 823 I BGB
1. Rechtsgutsverletzung
a) Eigentum
(-); Arg.: nicht betroffen
b) Vermögen
(-); Arg.: betroffen, aber nicht von § 823 I BGB geschützt
c) Sonstige Recht i.S.v. § 823 I BGB
-> Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wohl (+); Arg.: „Liquidität gefährdet“ mit Abbildung der Geschäftszentrale der B finaler und intensiver Eingriff.
2. Verletzungsverhalten des R
Hier: Verfassen des Ausgangstextes
3. Zurechnung
a) Kausalität (+)
b) Objektive Zurechnung
(-); Arg.: Eigenverantwortliches Dazwischentreten des C
4. Ergebnis: (-)
II. § 823 II BGB i.V.m. § 186 StGB bzw. § 187 StGB
1. Verletzung eines Schutzgesetzes
a) Bzgl. des von R selbst verfassten Textes (-)
b) Bzgl. der von C eingefügten Überschrift und Bebilderung
(-); Arg.: zumindest keine Zurechnung des Verhaltens des C
III. § 824 BGB
1. Bzgl. des von R selbst verfassten Textes (-)
2. Bzgl. der von C eingefügten Überschrift und Bebilderung (-); Arg.: zumindest keine Zurechnung des Verhaltens des C
IV. § 826 BGB (-), wie oben
Frage 2: I (für B) gegen C auf Schadensersatz
A. Forderungsberechtigung des I (+);
Arg.: § 80 InsO
B. Ansprüche gegen C
I. § 823 I BGB
1. Rechtsgutsverletzung
Hier: Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (s.o.)
2. Verletzungsverhalten
Hier: Einfügen der Überschrift und der Bebilderung
3. Zurechnung (+)
4. Rechtswidrigkeit
-> Interessenabwägung (vgl. auch § 193 StGB):
– Berufsfreiheit, Art. 12 I GG, bzw. Eigentumsgarantie, Art. 14 GG (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb) auf Seiten der B
– Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG bzw. Pressefreiheit, Art. 5 I 2 GG, auf Seiten des C.
Hier: „Liquidität gefährdet“ mit Bild der Geschäftszentrale der B weist keinen Bezug zum eigentlichen Inhalt des Artikels (private Liquiditätsprobleme des G) auf. Außerdem: Keine Anhaltspunkte für tatsächliche Liquiditätsprobleme der B, insbesondere kein Einschreiten der Bankenaufsicht.
5. Verschulden des C (+)
6. Rechtsfolge: Schadensersatz
– Jeder kausal-adäquate Schaden
Hier: alle Schäden, die dadurch einstanden sind, dass die alarmierten Kunden ihr Geld abgehoben haben und die B in der Folge Insolvenz anmelden musste. Höhe nicht bekannt.
7. Kein Ausschluss (+)
8. Ergebnis: (+)
II. § 823 II BGB i.V.m. §§ 186, 187 StGB
1. Verletzung eines Schutzgesetzes
a) Üble Nachrede, § 186 StGB
aa) Tatsache in Bezug auf einen Dritten
= Umstände, die dem Beweise zugänglich sind. Abgr.: Meinung = jedes Werturteil
Hier: „Liquidität gefährdet“ wohl Tatsachenbehauptung
bb) Behaupten oder Verbreiten (+)
cc) Vorsatz (+)
dd) Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Nichterweislichkeit der Wahrheit Hier: Keine Anhaltspunkte für tatsächliche Liquiditätsgefährdung der B
ee) Ergebnis: (+)
b) Verleumdung, § 187 StGB
aa) Tatsache in Bezug auf einen Dritten (+)
bb) Behaupten oder Verbreiten (+)
cc) Vorsatz
dd) Wider besseres Wissen bzgl. der Unwahrheit der Behauptung Hier: wohl kein sicheres Wissen bei C.
ee) Ergebnis: (-)
2. Rechtswidrigkeit
-> Interessenabwägung (s.o.)
3. Verschulden (+)
4. Rechtsfolge: Schadensersatz (+)
5. Kein Ausschluss (+)
6. Ergebnis: (+)
III. Kreditgefährdung, § 824 BGB
1. Behauptung einer unwahren Tatsache
(+), s.o.
2. Eignung zur Kreditgefährdung (+)
3. Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis bzgl. Unwahrheit
Hier: zumindest fahrlässige Unkenntnis des C
4. Rechtsfolge: Schadensersatz (+)
5. Kein Ausschluss (+)
6. Ergebnis: (+)
IV. § 826 BGB
1. Schadenszufügung (+)
2. Sittenwidrigkeit
Hier: „Liquidität gefährdet“ wohl Verstoß gegen Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.
3. Schädigungsvorsatz
Hier: Schädigung der B wohl zumindest billigend in Kauf genommen (abweichende Subsumtion vertretbar).
4. Ergebnis: (+) V. Konkurrenzen
Zwischen den §§ 823 I, II, 824, 826 BGB besteht Anspruchskonkurrenz. Sie können also neben einander geltend gemacht werden.
Frage 3: I (für B) gegen V-AG auf Schadensersatz
A. §§ 823 I, II, 824, 826 BGB i.V.m. § 31 BGB analog
I. Anwendbarkeit (Analogievoraussetzungen)
(+); Arg.: eingetragener Verein und Aktiengesellschaften sind jeweils Körperschaften und daher vergleichbar.
II. Voraussetzungen des § 31 BGB
1. Zum Schadensersatz verpflichtende Handlung eines Organs Hier: §§ 823 I, II, 824, 826 BGB durch Chefredakteur C (s.o.). 2. In Ausführung (+)
III. Ergebnis: (+)
B. § 831 BGB bzgl. C
I. Verrichtungsgehilfe
Hier: C wohl weisungsgebunden
II. Unerlaubte Handlung des C
(+), s.o.
III. In Ausführung
IV. Verschulden der V-AG bzgl. Auswahl und Überwachung des C (+); Arg.: Vermutet, keine Exkulpation
V. Rechtsfolge: Schadensersatz (+)
VI. Kein Ausschluss (+)
VII. Ergebnis: (+)
C. § 831 BGB bzgl. R
(-); Arg.: Keine unerlaubte Handlung des R.
Frage 4: G gegen C auf Schadensersatz
A. § 823 I BGB
I. Rechtsgutsverletzung
– Eigentum (-); Arg.: nicht betroffen
– Vermögen (-); Arg.: nicht geschützt
– Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (-); Arg.: Verlag
nicht Gewerbebetrieb des G
– Sonstige absolute Rechtsgüter (-); Arg.: nicht ersichtlich
II. Ergebnis: (-)
B. § 823 II BGB; § 186 StGB
I. § 186 BGB bzgl. G selbst (-)
II. § 186 BGB bzgl. C
(+), aber: „Schutzzweck der Norm“ – geschützt werden soll nur der unmittelbar Betroffene, und nicht etwa G.
III. Ergebnis: (-)
C. § 824 BGB
(-); Arg.: Schutzzweck der Norm – geschützt werden soll nur derjenige, über
den kreditgefährdende Behauptungen aufgestellt werden, und nicht etwa G.
D. Ergebnis: (-)
Vertiefende Exkurse:
§ 823 I BGB
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im Februar 2015 gelaufenen ÖII Klausur des 1. Staatsexamens in Rheinland-Pfalz (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
In der Stadt S ist der Fußballverein F ansässig, welcher mit dem Verein G verfeindet ist. Des Öfteren ist es bei Heimspielen gegen den Verein G zu Konflikten zwischen den Fans des harten Kerns gekommen, den sog. „Ultras“. Bei diesen Konflikten ist es trotz erhöhtem Polizeieinsatz zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen im und um das Stadion gekommen, wobei auch unbeteiligte Passanten betroffen wurden. Die Polizei hat daraufhin versucht mit Aufenthaltsverboten und Meldeauflagen den Ausschreitungen entgegen zu wirken, jedoch wurde das Bild dadurch nur leicht verbessert und konnte nicht vollständig behoben werden. 2015 steht in der Stadt S erneut ein Derby zwischen F und G an, jedoch findet zeitgleich auch ein Volksfest statt, welches rundherum mehrere Dutzend Polizisten benötigt. Aus diesem Grund erlässt der Bürgermeister der Stadt S einen Bescheid, welcher es F verbietet die geplanten 10% der Eintrittskarten die laut DFB für den gegnerischen Verein reserviert werden müssen, zu verkaufen. Er begründet dies damit, dass die Ausschreitungen in Anbetracht der verringerten Polizeigewalt nicht zu kontrollieren seien und ein solches Verkaufsverbot nötig sei. F hingegen sieht sich selbst als Opfer der gewalttätigen Fans und nicht verantwortlich für die Ausschreitungen. Erst einmal müsse sich der Bürgermeister an die Verantwortlichen wenden. Insbesondere entstehe ihm durch das Verkaufsverbot ein Schaden von 10.000€. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhebt F form-und fristgerecht Klage zum zuständigen VG.
Frage 1 : Hat die Klage des F Aussicht auf Erfolg?
K, ein Fan des Vereins F, welcher dem harten Kern angehört, ist bei den letzten beiden Heimspielen auffällig geworden, indem er sich an Schlägereien beteiligt hat. Eines Tages erhält er von dem Polizeipräsidium der Stadt S ein Schreiben überschrieben mit „Gefährderanschreiben“ . Darin heißt es, dass K in letzter Zeit unter polizeilicher Beobachtung stand, wobei die Art und Weise nicht ausgeführt wurde und ihm geraten wird, sich in Zukunft von Spielen des Vereins F fernzuhalten, sonst könnten gegen ihn Maßnahmen auf Grundlage des POG ergehen. K möchte dieses Schreiben nicht auf sich sitzen lassen und möchte, dass es aus der Welt ist.
Frage 2: Ist eine Klage des K vor dem VG zulässig?
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1: Erfolgsaussichten der Klage gegen das Verkaufsverbot
A. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtweges, § 40 I 1 VwGO
Hier: POG
II. Statthafte Klageart
Hier: Anfechtungsklage, § 42 I 1. Fall VwGO; Arg.: Verkaufsverbot = VA i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG
III. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
Hier: Art. 12 I GG, zumindest aber Art. 2 I GG
2. Erfolgloses Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO (+)
3. Klagefrist, § 74 I VwGO (+)
4. Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO
IV. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen (+)
B. Begründetheit, § 113 I 1 VwGO
I. Rechtswidrigkeit des VA
1. Ermächtigungsgrundlage
a) Spezialgesetz (-)
b) Generalklausel, § 9 I POG
2. Formelle Rechtmäßigkeit (+)
3. Materielle Rechtmäßigkeit
a) Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
aa) Schutzgut
-> Öffentliche Sicherheit
Hier: Geschriebenes Recht (§§ 223, 303 StGB) und Individualgüter (Leib, Eigentum)
bb) Gefahr
-> Hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts (+); Arg.: häufige gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den „Ultras“ bei Heimspielen
cc) Ordnungspflichtigkeit
(1) Verhaltensstörer, § 4 I POG
(a) Unmittelbarer Verursacher
(-); Arg.: Keine Überschreitung der Gefahrenschwelle durch F selbst
(b) Mittelbarer Verursacher
Problem: „Zweckveranlasser“
– aA: subjektive Theorie -> (-); Arg: Überschreitung der Gefahrenschwelle durch Ultras nicht „gewollt“
– hM: objektive Theorie -> eigentlich (+); Arg.: Überschreitung der Gefahrenschwelle „vorhersehbar“; aber: Grundrechtsausübung des F, Art. 12 I GG
(2) Notstandspflichtiger, § 7 I POG („Nichtstörer“)
(a) Gegenwärtige erhebliche Gefahr (+)
(b) Vorgehen gegen Verhaltensstörer nicht erfolgversprechend
Hier: Aufenthaltsverbote und Meldeauflagen in der Vergangenheit wirkungslos
(c) Keine Abwehr durch eigene Kräfte oder durch Beauftragte
Hier: Polizeikräfte durch Volksfest gebunden; Eskalation nicht kontrollierbar; allerdings: kein Hinweis auf Bemühungen um Amtshilfe aus benachbarten Regionen, was regelmäßig in Betracht zu ziehen wäre (aA gut vertretbar).
b) Ergebnis: (-)
II. Rechtsverletzung (+)
C. Ergebnis: (+)
Frage 2: Zulässigkeit der Klage gegen das Gefährderanschreiben
I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 I 1 VwGO
Hier: POG
II. Statthafte Klageart
1. Anfechtungsklage, § 42 I 1. Fall VwGO
(-); Arg.: Gefährderanschreiben kein VA, mangels Regelungswirkung („Rat“).
2. Feststellungsklage, § 43 I VwGO
Dann müsste K die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehren. Ein Rechtsverhältnis liegt vor, wenn in einem konkreten Sachverhalt aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften eine Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Sachen besteht. Dies wäre zumindest dann der Fall, wenn ein Eingriff in die Grundrechte des K vorläge.
a) Versammlungsfreiheit, Art. 8 GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlich (+)
(2) Sachlich
Problem: Versammlungszweck
– aA: jeder Zweck ausreichend -> (+); Arg.: Handlungsfreiheit in der Gruppe
– aA: politischer Zweck erforderlich -> (-); Arg.: Entstehungsgeschichte
– hM: kommunikativer Zweck erforderlich und ausreichend -> (+); Arg.: Meinungsfreiheit in der Gruppe
bb) Eingriff
(1) Eingriff im klassischen Sinne
(-); Arg.: Keine Regelungswirkung (s.o.)
(2) Eingriff im modernen Sinne
Hier: Intensität; Arg.: Einwirkung auf Entschließungsfreiheit durch Inaussichtstellen von polizeilichen Maßnahmen.
b) Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlich (+)
(2) Sachlich
(a) Meinung
= Jedes Werturteil
Hier: Sympathiebekundung für den Verein
(b) Haben, Bilden, Äußern, Verbreiten (+)
bb) Eingriff (+), s.o.
III. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
1. Feststellungsinteresse, § 43 I VwGO
Hier: rechtliches bzw. ideelles Interesse
2. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog
Hier: Art. 8, 5 I 1 GG
3. Keine Subsidiarität, § 43 II VwGO
(+); Arg.: andere Klagearten kommen nicht in Betracht.
4. Klagegegner
Hier: Rechtsträger
IV. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen (+)
V. Ergebnis: (+)
Vertiefende Theorie:
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Der Pferdezüchter V betreibt eine über die Landesgrenzen hinaus bekannte Pferdezucht. Da er sich nun dem Garten- und Landschaftsbau widmen will und sein Sohn, der Tierarzt S, die Geschäfte früher oder später übernehmen soll und er dessen Fähigkeiten testen will, beauftragt er diesen den Verkauf von Pferden zu übernehmen. In der Vergangenheit hatte P bereits mehrmals Anlass an der Zuverlässigkeit des S zu zweifeln. V möchte jedoch testen, ob sich S insoweit verbessert hat. S soll frei entscheiden können, welche Pferde er zu welchem Preis verkauft. Am 10.07.2012, nach der Beauftragung des S, erscheint die Hobbyreiterin K auf dem Gestüt des V. Sie wird schnell auf das Pferd (P) aufmerksam und findet an ihm Gefallen. S und K kommen
ins Gespräch, wobei S deutlich macht, dass er für V handelt. Dabei betont er, dass sie sich auf ihn und seine Sachkunde als Tierarzt voll und ganz verlassen könne. Im Grundsatz sind sich S und K schnell einig. Das Pferd soll für 12.000€ verkauft werden. K fragt aber noch, ob sich P zum Springreiten eigne, woraufhin S einen Moment zögert, weil das Tier eine Anomalie an der Wirbelsäule hat und sich deshalb nicht eignet, was ihm bekannt ist. Dennoch erklärt er, man müsse P später nur richtig
trainieren. Dies tut er, damit er V seine Geschäftsfähigkeit unter Beweis stellen kann und um diesem Mittel für seine Landschaftsbau Projekte zu verschaffen. Daraufhin einigen sich S und K endgültig und schließen die Gewährleistung aus. K holt das Pferd am 12.07.2014 ab und bezahlt es. Als das Tier ins richtige Alter zum Springreiten kommt, bemerkt K, dass es sich merkwürdig bewegt. Sie lässt daraufhin eine Untersuchung durchführen, wobei der Wirbelsäulenfehler entdeckt wird. Am selben Tag, dem 10.08.2014, fordert sie V auf, das Pferd unverzüglich operieren zu lassen. V ist mit dem Gartenbau beschäftigt, sodass er das Ganze vergisst. Am 24.08.2014 entschließt sich K daher, P selbst operieren zu lassen. Dies geschieht eine Woche später. Die Kosten betragen 7000€.
K verklagt V und S im September auf Schadensersatz, der sich aus unterschiedlichen Rechtsgründen ergebe. Den Schaden begründet sie damit, dass das Pferd zum einen einen mangelbedingten Minderwert von 7000€ habe, was zutrifft. Sie hätte bei Kenntnis des Mangels nur 5.000€ bezahlt. Außerdem seien ihr Kosten von 7000€ durch die OP entstanden. V und S verweisen darauf, dass die Ansprüche verjährt seien.
Hat die zulässige Klage der K Erfolg?
Abwandlung:
Im Termin vor dem zuständigen Landgericht erscheinen K und V jeweils anwaltlich vertreten. Weder S noch sein Anwalt, die ordnungsgemäß geladen wurden, erscheinen. Daraufhin beantragt der Anwalt der K den Erlass eines Versäumnisurteils. Der Anwalt des V trägt vor, ein solches könne schon wegen
1. Teil: Ansprüche K gegen V
A. Schadensersatz, § 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I BGB
I. Anspruch entstanden
1. Wirksamer Kaufvertrag
a) Einigung
aa) Zwischen K und V direkt (-)
bb) Stellvertretung durch S, §§ 164 ff. BGB
(1) Eigene Willenserklärung des S (+)
(2) Im fremden Namen
Hier: Ausdrücklich
(3) Im Rahmen der Vertretungsmacht
(a) Vertretungsmacht
Hier: Rechtsgeschäftlich (Vollmacht)
(b) Im Rahmen
Hier: Einschränkungen, insbesondere durch V, nicht ersichtlich.
(4) Kein Ausschluss der Vertretungsmacht
Hier: Keine Anhaltspunkte für kollusives Zusammenwirken oder sich aufdrängenden Missbrauch.
cc) Ergebnis: (+)
b) Wirksamkeit (+)
2. Mangel
Hier: § 434 I 1 BGB
3. Maßgeblicher Zeitpunkt: Bei Übergabe (+)
a) Schuldverhältnis
Hier: Kaufvertrag (s.o.)
b) Pflichtverletzung
aa) Nichterbringung oder nicht wie geschuldete Erbringung einer fälligen und noch möglichen Leistungspflicht (+)
bb) Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung
Problem: „Unverzüglich“ ausreichend?
– aA: (-); Arg.: zu unbestimmt
– hM: (+); Arg.: Wortlaut, Sinn und Zweck
Beachte: Eine eventuell zu kurz bemessene Frist setzt dennoch eine angemessene Frist in Gang
Hier: 2 Wochen zwischen Aufforderung und Selbstvornahme – angemessen
c) Vertretenmüssen, § 276 BGB
(+); Arg.: S = Erfüllungsgehilfe des V, § 278 BGB
d) Rechtsfolge: Schadensersatz statt der Leistung
aa) Schaden
Hier: 7000 Euro Minderwert oder 7000 Euro Operationskosten (unterstellt, dass die Operation erfolgreich war).
bb) Statt der Leistung
(+); Arg.: Operationskosten sind Teil des Äquivalenzinteresses
5. Kein Ausschluss der Gewährleistung
a) Vertraglich
aa) Einigung
(+); Arg.: „Gewährleistungsausschluss“ vereinbart.
bb) Wirksamkeit
(-); Arg.: § 475 BGB
Hier: Keine Anhaltspunkte
II. Anspruch nicht erloschen (+)
III. Anspruch durchsetzbar
-> Verjährung, §§ 194 ff. BGB
1. Verjährungsfrist
Hier: 2 Jahre, § 438 I Nr. 3 BGB
2. Fristbeginn: Ablieferung, § 438 II BGB
Hier: 12.07.2012 (im mitgeteilten Sachverhalt steht zwar 12.07.2014 – dabei dürfte es sich angesichts der Verjährungseinrede um einen Sachverhaltsfehler handeln).
IV. Ergebnis: (-)
B. Schadensersatz, §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 283 BGB
(-); Arg.: Nacherfüllung aufgrund der Selbstvornahme unmöglich
(„Zweckerreichung“), aber Unmöglichkeit von K selbst zu vertreten.
C. Rückerstattung des minderungsbedingt zu viel gezahlten Kaufpreises, §§ 437 Nr. 2, 2. Fall, 441 IV, 323, 346 BGB
(-); Arg.: Einrede der Unwirksamkeit, da Nacherfüllungsanspruch bereits verjährt, § 218 BGB
D. Rückerstattung des unmöglichkeitsbedingt zu viel gezahlten Kaufpreises, §§ 437 Nr. 2, 2. Fall, 441 IV, 323, 326 V, 346 BGB
(-); Arg.: Nacherfüllung aufgrund der Selbstvornahme unmöglich („Zweckerreichung“), aber Unmöglichkeit von K selbst zu vertreten, vgl. § 323 VI BGB.
E. Rückerstattung aufgrund ersparter Aufwendungen, §§ 326 II 2, IV, 346 I BGB (analog)
(-); Arg.: nicht anwendbar, da Gewährleistungsrecht lex specialis
F. Schadensersatz, § 823 I BGB
(-); Arg.: Vermögen kein geschütztes Rechtsgut
G. Schadensersatz, § 823 II BGB, § 263 StGB
H. Schadensersatz, § 831 BGB
(-); Arg.: S nicht Verrichtungsgehilfe des V, da nicht weisungsgebunden.
2. Teil: Ansprüche K gegen S
A. CIC, §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB
I. Anspruch entstanden
1. Vorvertragliches Schuldverhältnis, § 311 II BGB
(+); Arg.: S hat als Dritter besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen („Tierarzt“), § 313 III BGB
2. Pflichtverletzung, § 241 II BGB
Hier: Verschweigen der Anomalie an der Wirbelsäule des Pferdes
3. Vertretenmüssen, § 276 BGB (+)
4. Rechtsfolge: Schadensersatz
-> Käufer ist so zu stellen, als sei die Pflichtverletzung nicht passiert.
Hier: K hätte den für sie nachteiligen Kaufvertrag nicht geschlossen und wäre außerdem nicht in die Situation gekommen, 7.000 Euro für die Mangelbeseitigung aufzuwenden („herausgeforderte Aufwendungen“).
5. Kein Ausschluss
a) Verletzung des Schadensminderungobliegenheit, § 254 II BGB
(-); Arg.: Es war prinzipiell das gute Recht der K, den Mangel auf eigene Kosten zu beseitigen (s.o.).
b) Vertraglich (-)
6. Ergebnis: (+)
II. Anspruch nicht erloschen (+)
III. Anspruch durchsetzbar
(+); Arg.: Verjährungfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, noch nicht verstrichen.
I. Anspruch entstanden
1. Verstoß gegen Schutzgesetz
Hier: § 263 StGB; Drittbereicherungsabsicht.
2. Rechtswidrigkeit (+)
3. Verschulden (+)
4. Rechtsfolge: Schadensersatz (+)
5. Kein Ausschluss (+)
II. Anspruch nicht erloschen (+)
III. Anspruch dursetzbar
(+); Arg.: Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, noch nicht verstrichen. Kein Wertungswiderspruch im Vergleich zu V, der kein deliktisches Verhalten an den Tag gelegt hat.
IV. Ergebnis: (+)
Abwandlung
Ein Versäumnisurteil gem. § 331 ZPO würde die Säumnis des S vorausaussetzen. Hier ist weder der S noch sein Rechtsanwalt (vgl. § 78 ZPO) vor dem Landgericht erschienen. Möglicherweise wird der S aber als von V vertreten angesehen. Dann müssten V und S allerdings notwendige Streitgenossen i.S.v. § 62 ZPO sein, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden kann. Andernfalls handelt es sich um einen Fall der einfachen Streitgenossenschaft. Hier: Wohl nur einfache Streitgenossenschaft; Arg.: unterschiedliche Anknüpfungspunkte für die Haftung.
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im November 2014 gelaufenen ÖI Klausur in NRW (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Die X-GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks in der Gemeinde G. Ihr Geschäft besteht darin, Grundstücke in guter Lage zu kaufen und darauf Funktürme zu errichten, auf welchen ihre Kunden dann gegen Miete Antennen installieren können. Die Gemeinde G schließt mit der X-GmbH 1999 einen Vertrag, Jahresgebühr 3.000,00 DM, und errichtet auf diesem eine Antenne, die sie für den Feuerwehrfunk einsetzt. Nach zwei Jahren kündigt der Landrat diesen Betrag und erlässt eine Duldungsverfügung, die sich auf § 28 FSHG NRW stützt und besagt, dass die X-GmbH die weitere Nutzung kostenfrei zu dulden hat. Die Antenne der Gemeinde sei eine Alarmeinrichtung iSd §28 FSHG, sie diene der sicheren und schnellen Koordinierung der Einsatzkräfte bei Bränden, außerdem sei kein anderes geeignetes Grundstück vorhanden. Die X-GmbH ist empört. Das greife in Ihre Grundrechte auf Eigentum und Berufsfreiheit ein. Das Gesetz ist verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe nicht vorhersehen können, dass Menschen Vermietungen solcher Art beruflich machen würden. Wenn sie jetzt von Polizei und Feuerwehr kein Geld mehr für ihre geschäftlichen Dienste bekommen könnte, wäre das ein besonders intensiver Eingriff. Der Landrat sagt das Gesetz sei verfassungsgemäß. Die X-GmbH habe eine Duldungspflicht und die Grundrechte sind erst gar nicht betroffen, daher müsse das Gesetz auch nicht verfassungskonform restriktiv ausgelegt werden. Insbesondere kann die X- GmbH die kosten an ihre anderen Kunden weitergeben.
Prüfen Sie die formelle rechtmäßige Duldungsverfügung auf ihre materielle Rechtmäßigkeit.
Anhang:
Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG)
§ 28
Pflichten der Grundstückseigentümer und -besitzer (1) Eigentümer und Besitzer von Gebäuden und Grundstücken sind verpflichtet, die Brandschau und die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen sowie von Hinweisschildern zur Gefahrenbekämpfung ohne Entschädigung zu dulden.
(2) Die Eigentümer und Besitzer der von Schadenfeuer, Unglücksfällen oder öffentlichen Notständen betroffenen Grundstücke, Gebäude und Schiffe sind verpflichtet, den beim Einsatz dienstlich tätigen Personen Zutritt zu gestatten und Arbeiten zur Abwendung der Gefahr zu dulden. Sie haben Wasservorräte, die sich in ihrem Besitz befinden oder auf ihren Grundstücken gewonnen werden können, sowie sonstige Hilfsmittel, insbesondere für die Schadensbekämpfung verwendbare Geräte, auf Anforderung zur Verfügung zu stellen und zur Benutzung zu überlassen. Sie haben ferner die von dem Einsatzleiter im Interesse eines wirkungsvollen Einsatzes und zur Verhütung einer weiteren Ausdehnung des Schadensfalles angeordneten Maßnahmen wieRäumung von Grundstücken, Gebäuden und Schiffen, Beseitigung von Bäumen, Sträuchern und Pflanzen, von Einfriedungen, Gebäudeteilen und Gebäuden zu dulden. Diese Maßnahmen dürfen nicht zu Schäden führen, die erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen.
(3) Die Verpflichtung nach Absatz 2 haben auch die Eigentümer und Besitzer der umliegenden Grundstücke, Gebäude und Schiffe.
(4) Das Betretungsrecht nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 gilt auch zur Erkundung und für Übungszwecke, soweit dies wegen der Ausdehnung, des Gefährdungspotentials oder der Besonderheit des Objektes zur Vorbereitung auf einen Einsatzfall erforderlich ist.
Unverbindliche Lösungsskizze
I. Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid: § 28 I FSHG
– Voraussetzung: Verfassungsmäßigkeit (= Wirksamkeit) des § 28 I FSHG
1. Formelle Verfassungsmäßigkeit
a) Zuständigkeit
Hier: Land zuständig, Art. 70 GG
b) Verfahren und Form (+)
2. Materielle Verfassungsmäßigkeit
a) Verstoß gegen Art 14 I GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlicher Schutzbereich
(+); Arg.: Art. 19 III GG
(2) Sachlicher Schutzbereich: Eigentum
(+); Arg.: Duldungspflicht des § 28 I FSHG betrifft die Möglichkeit der Eigentümer, mit ihrem Grundstück nach Belieben zu verfahren.
bb) Eingriff (+)
cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
(1) Schranke
– Einfacher Gesetzesvorbehalt; Arg.: § 28 I FSHG = Inhalts- und Schrankenbestimmung, Art. 14 I 2 GG (und keine Enteignung gem. Art. 14 III GG)
(2) Verhältnismäßigkeit
(a) Zulässiger Zweck
Hier: schnelle und sichere Koordinierung der Einsatzkräfte bei Bränden
(b) Geeignetheit (+)
(c) Erforderlichkeit
(+); Arg.: Alternativflächen nicht vorhanden.
(d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne
Hier: Entschädigungslose Duldungspflicht wohl unangemessen; Arg.: Brandschutz vom Steuerzahler zu schultern. Aber eventuell verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der Norm möglich und angezeigt, so dass im Einzelfall, insbesondere bei gezielter gewerblicher Nutzung des Grundstücks, eine Entschädigung gewährt wird.
b) Verstoß gegen Art 12 I GG
aa) Schutzbereich
(1) Persönlich
(+); Arg.: Art. 19 III GG
(2) Sachlich: Beruf
(+); Arg.: Vermietung von Funkturmflächen auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet.
bb) Eingriff
(1) Klassisch („Subjektiv berufsregelnde Tendenz“)
(-); Arg.: § 28 I FSHG richtet sich nicht final gegen berufliche Nutzung von Grundstücken
(2) Modern („Objektiv berufsregelnde Tendenz“)
(+); Arg.: Verdienstausfälle können gewisse Intensität haben.
cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
(1) Schranke
– Einfacher Gesetzesvorbehalt
(2) Verhältnismäßigkeit
(a) Zweck (s.o.)
(b) Geeignetheit (s.o.)
(c) Erforderlichkeit
(d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne
– 3-Stufen-Theorie
Hier: 1. Stufe (Berufsausübungsregel), d.h. vernünftige Gründe des Gemeinwohls ausreichend, um den Eingriff zu rechtfertigen.
Hier: Effektiver Brandschutz grundsätzlich ausreichend, aber Duldungspflicht „ohne Entschädigung“ bei gewerblicher Nutzung wohl unangemessen (s.o.). Abwälzung der Verdienstausfälle auf andere Nutzer ungewiss. Evtl. aber verfassungskonforme Auslegung und Anwendung möglich und angezeigt.
II. Formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides (+)
III. Materielle Rechtmäßigkeit des Bescheides
1. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
a) Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken (+)
b) Anbringung von Alarmeinrichtungen (+)
c) Einschränkende verfassungskonforme Auslegung im Einzelfall
Hier: Erforderlich im Hinblick auf Art. 14 I und 12 I GG, da die X-GmbH ihre Funkturmflächen gewerblich abgibt. Ohne Entschädigung ist die konkrete Inanspruchnahme nicht verfassungskonform.
2. Ergebnis: (-)
III. Ergebnis
Der Bescheid ist rechtswidrig.
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im August 2014 gelaufene ZI Klausur in Sachsen (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt
Teil 1
Der Hobbyfilmer G hält seinen 17-jährigen Enkel M, für einen Computerexperten, da er diesen immer vor dem PC sitzen sieht. Er lobt den M auch über seine Computerkenntnisse . G bittet den M daher für ihn einen neuen Laptop zu kaufen, den er für die Videobearbeitung nutzen möchte. M willigt ein und meint er werde sein Bestes tun. Erfreut hierüber erklärt G: „Hiermit bevollmächtigt ich Dich einen Laptop für maximal 1000 € zu kaufen.“
Wie abgesprochen geht M zum Elektronikhändler E und entscheidet sich für einen Laptop für 600 €, den er im Namen des G erwerben möchte. E erklärt sich einverstanden und erklärt, er werde den Laptop in den nächsten Tagen bestellen und sich nach Lieferung telefonisch bei M melden. Wofür G den Laptop braucht, erwähnt M nicht.
Dies teilt M dem G mit. G ist erst erfreut, dann erzählt ihm jedoch ein befreundeter Hobbyfilmer, dass dieser Laptop nicht für das Bearbeiten von Filmen geeignet ist, da er über viel zu wenig Arbeitsspeicher verfügt. Empört stellt er den M zur Rede. Dieser erklärt, dass er den PC hauptsächlich zum chatten benutze und keine nennenswerten PC Kenntnisse habe. Hätte er über die Kenntnisse verfügt, hätte er wohl auch den richtigen PC für G herausgesucht. G meint daraufhin, die Bevollmächtigung sei „Null- und Nichtig“. Er wolle den Laptop nicht haben und auch nicht bezahlen. Dies solle M dem E mitteilen. Eine Mitteilung von M an E unterbleibt jedoch.
Erst als E den M nach einer Woche wie vereinbart telefonisch kontaktiert, teilt M dies dem E mit. E fühlt sich ungerecht behandelt. Er ist der Meinung, G müsse den PC abnehmen und den Kaufpreis zahlen. Es müsse doch gelten, was M sich gedacht hätte. Gleichwohl könne er sich wohl an den M schwerlich halten, da dieser als Minderjähriger die Einwilligung der Eltern benötige. Jedenfalls die 20 €, die nun als Kosten für die Retour anfallen müsse er ersetzt bekommen, denn wenn er zeitnah davon erfahren habe, dass G am Vertrag nicht festhalten will, hätte er die Bestellung kostenlos stornieren können.
Frage: Welche Ansprüche hat E gegen G und M?
Teil 2
E bekommt seine Wahre von dem Lieferanten L. Mit diesem vereinbarte er 2012 einen branchenüblichen verlängerten Eigentumsvorbehalt. E müsse die Wahre erst 6 Monate nach Erhalt bezahlen und könne sie dennoch schon weiterveräußern. L bliebe jedoch bis zum vollständigen Erhalt des Kaufpreises Eigentümer und E trete alle Kaufpreisforderungen vorsorglich in Höhe des ursprünglichen Kaufpreises an den L ab.
E hat 2010 bereits einen Darlehensvertrag mit der Bank B abgeschlossen. B und E vereinbarten unter anderem:
„Zur Sicherung des Darlehens tritt E alle Forderungen vorsorglich an B ab. Sollten die Forderungen von einem verlängerten Eigentumsvorbehalt umfasst sein, so tritt B die Forderungen auf Verlangen des Vorbehaltskäufer an diesen ab.“
Im Januar 2014 kauft E von L eine Heimvideoanlage i.H.v. 4000 €. Diese verkauft er noch im selben Monat an den D für 5000 €, wobei vereinbart wird, dass D den Kaufpreis erst in drei Monaten zahlen müsse; D solle aber gleich Eigentümer werden und die Sache auch sofort mitnehmen (was auch geschieht).
Im Februar 2014 ist L bei der B Bank mit den Raten i.H.v. 15.000 € im Rückstand. D begleicht die (abgetretene) Kaufpreisforderung i.H.v. 5.000 € an B.
Im August 2014 hat E, der mittlerweile immer größere finanzielle Probleme hat, die ausstehende Kaufpreiszahlung noch immer nicht an L beglichen. Dieser erfährt nun, dass die B Bank „seine“ Forderung eingezogen habe. Empört verlangt er von B Zahlung der 4.000 €.
Frage: Hat L gegen B Anspruch auf Zahlung der 4.000 €?
Unverbindliche Lösungsskizze
Teil 1
A. Ansprüche E gegen G
I. Anspruch auf Abnahme und Zahlung des Kaufpreises, § 433 II BGG
1. Anspruch entstanden
a) Einigung
– Eigene Willenserklärung des G (-)
– Stellvertretung durch M, §§ 164 ff. BGB
aa) (Wirksame) Eigene Willenserklärung des M
(+); Arg.: § 165 BGB
bb) Im fremden Namen (+)
cc) Im Rahmen der Vertretungsmacht
(1) Vertretungsmacht
– Vollmacht: „Laptop 1000 Euro“
– Anfechtung der Vollmachtserteilung, §§ 142, 119 ff. BGB („null und nichtig“)
(a) Zulässigkeit der Anfechtung
Problem: Anfechtung einer bereits ausgeübten Innenvollmacht
– aA: (-); Arg.: Anfechtung nur des Vertretergeschäfts (Kaufvertrag)
– hM: (+); Arg.: § 143 IV BGB
(b) Anfechtungsgrund
(aa) Inhaltsirrtum, § 119 I 1. Fall BGB (-)
(bb) Erklärungsirrtum, § 119 I 2. Fall BGB (-)
(cc) Eigenschaftsirrtum, § 119 II BGB
(-); Arg.: Fehlende Computerkenntnisse des M keine Eigenschaft des M
(dd) Arglistige Täuschung, § 123 I 1. Fall BGB
(aaa) Täuschung (durch Unterlassen)
Wohl (-); Arg.: Wohl keine Aufklärungspflicht über fehlende Kenntnisse
(bbb) Ergebnis: (-)
(ee) Ergebnis: (-)
(c) Ergebnis: Vertretungsmacht (+)
(2) Im Rahmen
Hier: wohl konkludente rechtsgeschäftliche Beschränkung auf Computer für Videobearbeitung
(Wer – vertretbar – eine solche Beschränkung nicht annimmt, der müsste noch diskutieren gegenüber wem die Anfechtung erklärt werden muss, wenn eine Innvollmacht bereits ausgeübt wurde. Außerdem würde sich in der Folge noch die Frage stellen, auf wessen (Eigenschafts-) Irrtum es ankommt, wenn G den Kaufvertrag wegen der fehlenden Eignung des Laptops zur Videobearbeitung anficht, vgl. § 166 I, II BGB).
dd) Ergebnis: (-)
b) Ergebnis: (-)
2. Ergebnis: (-)
II. Anspruch auf Ersatz der 20 Euro Retourkosten
1. Vertraglich (-)
2. Quasivertraglich
a) § 122 BGB
(-); Arg.: Keine Anfechtung wegen Irrtums
b) CIC, §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB
– Anknüpfungspunkt: Verspätete Mitteilung an E
– Zurechnung des Verschuldens über § 278 BGB
B. Ansprüche gegen M
I. Anspruch auf Abnahme und Zahlung des Kaufpreises, 433 II BGB
(-); Arg.: Handeln im fremden Namen
II. Anspruch auf Abnahme und Zahlung des Kaufpreises, § 179 I BGB
(-); Arg. § 179 III 2 BGB
III. Anspruch auf Ersatz der 20 Euro Retourkosten, § 179 II BGB
(-); Arg.: § 179 III 2 BGB
Teil 2
A. L gegen B auf Zahlung von 4.000 Euro, § 816 II BGB
I. Leistung an einen Nichtberechtigten
1. Leistung D an B (+)
2. Nichtberechtigung der B
a) Ursprünglich: E=Forderungsinhaber
b) Abtretung an B, § 398 BGB
aa) Einigung (+)
bb) Wirksamkeit
– § 138 I BGB/§ 307 I BGB
– Hier: Verleitung zum Vertragsbruch („Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Globalzession“); Arg.: schuldrechtliche Rückübertragungsklausel nicht ausreichend
cc) Ergebnis: (-)
3. Ergebnis: (+)
II.Wirksamkeit gegenüber dem Berechtigten
1. Berechtigung des L
a) Ursprünglich: E
b) Abtretung an L, § 398 BGB
aa) Einigung
Hier: Abtretung i.H.v. 4.000 Euro als Bestandteil des verlängerten Eigentumsvorbehalts
bb) Wirksamkeit (+)
cc) Berechtigung des E
(+); Arg.: Abtretung an B unwirksam (s.o.)
dd) Kein Ausschluss (+)
2. Wirksamkeit gegenüber L
a) § 407 BGB
(-); Arg.: Keine Leistung an den bisherigen Gläubiger
b) § 408 BGB
(-); Arg.: Betrifft nur Fälle, in denen die zweite Abtretung unwirksam ist
c) Genehmigung, § 185 I BGB
(+); Arg.: Konkludent durch Herausgabeverlangen gegenüber B
3. Rechtsfolge: Herausgabe des Erlangten
Hier: 4.000 Euro
Nachfolgend erhaltet Ihr in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) eine unverbindliche Lösungsskizze der im Juni 2014 gelaufene ZI Klausur in NRW (Sachverhalt und auch unten). Mittels der Skizze soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen.
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Sachverhalt
F ist eine reiche Frau, die gerne eine neue Küche hätte. Sie wendet sich
an H, einen Handwerker, der ihr eine Küche planen, bauen, liefern und
einbauen soll.
Da H normalerweise nur mit Unternehmern zusammenarbeitet, die
ihrerseits die AGB stellen, lädt er sich AGB aus dem Internet herunter.
In denen heißt es, dass der Auftraggeber vorab per Überweisung,
spätestens aber bei Lieferung in bar die Rechnung zu begleichen habe.
Die F unterschreibt vorbehaltlos.
Am nächsten Tag redet F mit ihrem Anwalt, der ihr sagt, das sei
ungewöhnlich, dass sie vorleisten müsse und sie solle versuchen, etwas
dagegen zu unternehmen. Sie meldet sich bei H, dieser will aber von der Klausel
nicht ablassen. Letzten Endes kommt er F nur so weit entgegen, dass sie
90% bei Lieferung und 10% nach dem Aufbau zahlen soll.
Irgendwann liefert H die Küche. Da F gerade kein Bargeld zur Hand hat, geht
sie zur Bank, um welches zu holen. In der Zwischenzeit baut H aus
Langeweile die komplette Küche auf. Als F von der Bank zurück kommt
, erkennt sie, dass die Küche an einer Seite 10 cm zu lang ist und daher
die Verandatür blockiert. Sie verlangt Beseitigung des Mangels und
behält bis dahin das Geld zurück. H verlangt Zahlung der 27.000 €.
Am nächsten Tag sucht H seinen Anwalt auf. Dieser sagt ihm, seine AGB
-Klausel sei zwar etwas knifflig, aber immerhin habe er ja nur die
einmalige Verwendung geplant und außerdem den Vertrag individuell
ergänzt. Er solle daher auf keinen Fall nacherfüllen, bis er die 27.000€
erhalten habe. Dies teilt der H der F auch mit: Er werde auf keinen Fall
nacherfüllen, bis er das Geld habe und notfalls auch vor Gericht ziehen.
Als F diesen Brief erhält, ist sie stinksauer. Sie antwortet H
augenblicklich per Einschreiben: Sie werde einen anderen Handwerker mit
der Nacherfüllung beauftragen und H die Kosten dafür in Rechnung
stellen. 4 Tage später beauftragt sie den A, der die Arbeiten für 3.000
€ ausführt.
Diese stellt sie H in Rechnung. Dieser sagt, er sei ja immerhin
gutgläubig gewesen, da er seinem Anwalt vertraut habe.
Frage: Hat F gegen H einen Anspruch auf 3.000€?
Abwandlung:
F hat jetzt einen ebenso reichen Mann. Der ist froh, dass seine Frau
sich um alles mit der Küche und Einrichtung kümmert. Alles verläuft so
wie oben. Aber der Brief des H erreicht den E, nicht die F.
E sucht seinen Anwalt auf und fragt:
Frage 2: Ist der E aus dem Geschäft der F ebenso berechtigt und
verpflichtet wie die F?
Frage 3: Angenommen, der E hat dieselben Ansprüche wie F, kann er dann,
ohne Rücksprache mit F zu halten, die Ansprüche gegenüber H geltend
machen?
Unverbindliche Lösungsskizze
1. Teil: Ausgangsfall (Frage 1)
A. F gegen H auf Schadensersatz i.H.v. 3.000 Euro, §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I BGB
I. Anspruch entstanden
1. Wirksamer Kaufvertrag (+)
2. Mangel
Hier: Montagefehler, § 434 II 1 BGB
3. Bei Gefahrübergang (+)
4. Voraussetzungen der §§ 280 I, III, 281 BGB
a) Schuldverhältnis (+)
b) Pflichtverletzung
aa) Nichterbringung oder nicht wie geschuldete Erbringung einer fälligen und noch möglichen Leistungspflicht
– Problem: Leistungsverweigerungsrecht des H aufgrund einer vereinbarten Vorauszahlung?
(1) Auslegung der Klausel, §§ 133, 157 BGB
– „90 % Zahlung spätestens bei Lieferung“ soll gerade Nacherfüllungsansprüche von vorheriger Zahlung abhängig machen
(2) Wirksamkeit der Klausel
(a) Unwirksamkeit nach § 475 I BGB
(-); Arg.: gilt nicht im Kontext eines Schadensersatzanspruchs, § 475 III BGB
(b) Unwirksamkeit nach §§ 305 ff. BGB
(aa) Sachlicher Anwendungsbereich: AGB, § 305 I BGB
– Problem: Nur einmalige Verwendung geplant – unbeachtlich; Arg.: § 310 III Nr. 2 BGB
– Problem: Individuelle Ergänzung, § 305 I 3 BGB – unbeachtlich; Arg.: geringfügige Änderung, § 242 BGB
(bb) Persönlicher Anwendungsbereich: Einbeziehung, § 305 II, III BGB (+)
(cc) Inhaltskontrolle
Hier: § 309 Nr. 8 b dd BGB
(dd) Rechtsfolge: Geltung der gesetzlichen Regelungen, § 306 II BGB
bb) Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung
(-), aber endgültiger Verweigerung der Nacherfüllung, § 281 II 1. Fall BGB
c) Vertretenmüssen
– Problem: Bezugspunkt des Vertretenmüssens
– aA: die mangelhafte Leistung -> (+); Arg.: vermutet, keine Exkulpation durch H
– aA: die unterbliebene Nacherfüllung –> wohl (-); Arg.: anwaltlicher Rat
– hM: alternativ die mangelhafte Leistung oder die unterbliebene Nacherfüllung –> (+); Arg.: keine Exkulpation bzgl. mangelhafter Leistung (s.o.)
d) Rechtsfolge: Schadensersatz statt der Leistung
aa) Schaden
(+); Arg.: Herausgeforderte Aufwendung = Schaden
bb) Statt der Leistung
(+); Arg.: Äquivalenzinteresse
5. Kein Ausschluss
(+), auch nicht durch AGB (s.o.)
II. Anspruch nicht erloschen (+)
III Anspruch durchsetzbar (+)
IV. Ergebnis: (+)
B. Sonstige Ansprüche
I. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 283 BGB
(-); Arg.: Unmöglichkeit (Zweckerreichung) von F selbst zu vertreten
II. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 284 BGB
(-); Arg.: 3000 Euro für Reparatur keine „frustrierten Aufwendungen“
III. §§ 683 S. 1, 670 BGB
(-); Arg.: Kaufrecht lex specialis
IV. §§ 812 I 1 2. Fall BGB
(-); Arg.: Kaufrecht lex specialis
2. Teil: Abwandlung
A. Frage 2: Mitverpflichtung bzw. –berechtigung des Ehemannes E
– § 1357 I 2 BGB
I. Wirksame Ehe (+)
II. Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs, § 1357 I 1 BGB
– konkrete-objektive Betrachtungsweise (+); Arg.: „reiche Frau“
III. Keine Offenlegung als Eigengeschäft, § 1357 I 2 BGB
IV. Keine Beschränkung, § 1357 II BGB
V. Kein Getrenntleben, § 1357 III BGB
VI. Rechtsfolge: Mitverpflichtung und Mitberechtigung, § 1357 I 2 BGB
VII. Ergebnis: (+)
B. Frage 2: Geltendmachung dieses Anspruchs durch E ohne Rücksprache mit F
– Problem: Art der Mitberechtigung bei § 1357 I 2 BGB
– aA: Gemeinschaftliche Gläubiger –> (-)
– hM: Gesamtgläubiger –> (+); Arg.: Praktikabilität
Für alle, die die vergangene Klausurlösung noch nicht kennen:
Ab sofort möchten wir euch in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) in regelmäßigen Abständen ausgewählte Lösungsskizzen vergangener Klausuren des 1. Staatsexamens zur Verfügung stellen. Mittels der Skizzen soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote. Diesmal geht es um die im Mai 2014 gelaufene ZII Klausur in NRW (Sachverhalt und auch unten).
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
A. Sachverhalt
Der Großhändler V verkaufte dem K, der ein Spielwarengeschäft betreibt 2 Sandbaukästen (Bausätze) für 100 € das Stück (massiv Eiche). Die Sandbaukästen waren im Laden des V deutlich lesbar mit massiv Eiche ausgezeichnet. Der Kaufvertrag kam schriftlich zustande und diesem wurden gesondert lange AGB des V beigefügt. Außerdem vereinbarten V und K, dass der K diese erst später bezahlen muss.
Kurz darauf liefert V dem K zwei Sandbaukasten.
Nun will K bei V noch 2 Rutschen im Wert von 2000 € erwerben (Stück 1000 €). K möchte auch dieses Mal erst später bezahlen. V verlangt deshalb eine Sicherheit i.H.v. 2000 €. K überredet seinen Freund B, der sich selbstschuldnerisch verbürgt. Der Bürgschaftsvertrag ist formwirksam zustande gekommen.
Nach 2 Wochen reklamiert der Kunde E des K, dass er nicht einen Sandbaukasten „massiv Eiche“ erhalten habe, sondern einen aus Spanbauplatten. K zeigt diesen Mangel sofort telefonisch bei V an und verlangt von diesem die Nachlieferung eines Sandbaukastens „massiv Eiche“. Die Sandbaukästen können nicht ausgepackt werden, da sie sonst unverkäuflich werden .
Der V verweigert ausdrücklich die Nachlieferung, woraufhin der K den Rücktritt vom Vertrag erklärt.
Der V weist auf seine AGB Nr. 5 Ziff. 9 hin. Darin heißt es, dass der V für Gewährleistungen außer bei einem vorsätzlichem oder grob fahrlässigen Verschulden des V nicht aufkomme. Schadensersatzansprüche bleiben bestehen.
Der V erklärt weiter, dass er die Sandbaukästen nicht kontrollieren kann, da diese ja wie K wisse sonst unverkäuflich werden. Deswegen könne V seine Auslieferungen nicht immer korrekt ausführen und müsse auf dem Gewährleistungsausschluss bestehen.
Mittlerweile werden die Kaufpreisforderungen des V gegen den K fällig. Als der V den B in Anspruch nehmen will, da der K nicht leisten kann, verweigert dieser die Zahlung und sagt, dass er sich an den Vertrag nicht gebunden fühle. Der K hätte diesen wahrheitswidrig über seine Finanzen Auskunft erteilt. Hätte er gewusst, dass K kein Geld hat, hätte er sich nie verbürgt.
Frage 1: Kann V von K die Bezahlung des Spanbauplatten-Sandkastens verlangen?
Frage 2: Kann V von B die Zahlung der 2000 € verlangen?
Abwandlung 1
K verkaufte dem X einen Sandbaukasten. Als X diesen aufbauen will, bemerkt er, dass die Aufbauanleitung auf Japanisch ist. Darüber verärgert baut er den Sandkasten mit Gewalt auf, sodass an einer Seite ein Holzsplitter von einem 1 cm entsteht. X geht davon aus, dass sein 5-jähriger Sohn S beim Spielen schon aufpassen würde. Als S sich in den Sandkasten setzt, zerreißt seine Hose, die einen Wert von 90 € hat.
X verlangt von K die Bezahlung der Hose. Dieser verweigert dies, da der X selbst schuld sei und S auch beim Hinsetzen hätte aufpassen können.
Frage: Kann X von K Ersatz für die Hose verlangen?
Abwandlung 2
Der S zieht sich beim Spielen durch den Splitter eine Fleischwunde zu, die aber wieder verheilt. Mittlerweile wurde festgestellt, dass die Farbe des Sandbaukasten schädliche Stoffe enthält, die Krebs hervorrufen können.
Der Hersteller H lässt deshalb ein externes Gutachten erstellen, indem es heißt, dass die Erkrankungsgefahr von sehr geringer Wahrscheinlichkeit ist.
Der X möchte sicherstellen, dass für den Fall der Erkrankung dem S immaterielle und materielle künftige Ansprüche gegen den H zustehen.
Frage: Ist die Klage des S beim örtlich und sachlich zuständigem Landgericht zulässig?
Bearbeitungsvermerk: X ist alleine sorgeberechtigt sowie für S vertretungsbefugt. Die Hose des S steht im Eigentum des X. Es ist ferner davon auszugehen, dass beim Eintritt einer Krebserkrankung der S Schadensersatzansprüche gegen H hätte
B. Lösung
Frage 1: Anspruch des V gegen K auf Zahlung des Spanbauplatten-Sandkastens, 433 II BGB
I. Anspruch entstanden
1. Einigung (+)
2. Wirksamkeit (+)
II. Anspruch nicht erloschen
1. §§ 142, 119 ff BGB (-)
2. §§ 346 I, 437 Nr. 2, 323 I BGB
a) wirksamer Kaufvertrag (+)
b) Mangel
hier: § 434 I 1 bzw. 2 Nr. 2 („massive Eiche“)
c) Maßgeblicher Zeitpunkt
– Übergabe, § 446 BGB (+)
d) Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung, 323 I BGB
hier: § 323 II Nr. 1 BGB
e) Kein Ausschluss
aa) § 442 BGB (-)
bb) § 377 HGB i.V.m. 478 VI BGB (-)
cc) Vertraglich
(1) Auslegung
– Nr. 5 Ziffer 9 AGB erfasst auch den Rücktritt
(2) Wirksamkeit
(-), § 478 IV bzw. § 309 Nr. 8 b aa BGB
f) Rücktrittserklärung (+)
g) Keine Einrede der Unwirksamkeit, § 218 BGB (+)
III. Ergebnis: (-)
Frage 2: V gegen B auf Zahlung von 2000 €, §§ 765, 433 II BGB
I. Anspruch entstanden
1. Zu sichernde Forderung
hier: § 433 II BGB des V gegen K
2. Wirksame Einigung
a) Einigung
– Bürgschaft (+)
b) Wirksamkeit
– Täuschung des K gegenüber B über Bonität irrelevant
II. Anspruch nicht erloschen
– Einwendungen aus Forderungs- bzw. Bürgschaftsverhältnis nicht ersichtlich
III. Anspruch durchsetzbar
– Einrede der Vorausklage, § 771 BGB (-); Argument: selbstschuldnerische Bürgschaft, § 773 Nr. 1 BGB
IV. Ergebnis (+)
Abwandlung 1: X gegen K auf Ersatz der Hose
A. §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB
I. Wirksamer Kaufvertrag (+)
II. Mangel
hier: fehlerhafte Montageanleitung, § 434 II BGB („Japanisch“)
III. Maßgeblicher Zeitpunkt (+)
IV. Voraussetzungen des § 280 I BGB
1. Schuldverhältnis (+)
2. Pflichtverletzung
hier: mangelhafte Leistung
3. Vertretenmüssen
– vermutet
4. Rechtsfolge: Schadenersatz (neben der Leistung)
hier: Folgeschaden an Hose i.H.v. 90 €
5. Kein Ausschluss
– Mitverschulden, § 254 BGB
a) Sohn
(-), Argument: § 828 III BGB
b) Vater
– §§ 254 II 2, 278 BGB (-); Argument: Vater nicht Erfüllungsgehilfe
V. Kein Ausschluss (+)
VI. Ergebnis: (+)
B. § 823 I BGB
– Kein Verschulden nachgewiesen bzw. ausgeschlossen durch Gewährleistungsvorschriften
Abwandlung 2:
– Feststellungsklage, § 256 ZPO bzgl. des Bestehens solcher Ansprüche „dem Grunde nach“
Ab sofort möchten wir euch in Kooperation mit dem Repetitorium Jura Online (www.jura-online.de) in regelmäßigen Abständen ausgewählte Lösungsskizzen vergangener Klausuren des 1. Staatsexamens zur Verfügung stellen. Mittels der Skizzen soll es euch möglich sein, euch noch besser auf eure eigenen Klausuren vorzubereiten und die wesentlichen Problemkreise zu erfassen. Am Ende des Beitrags verweist Jura Online abschließend auf eigene Lernangebote. Nachfolgend geht es um die im April 2014 gelaufene ÖI Klausur in NRW (Sachverhalt).
Bitte beachten:
Die Lösungsskizze ist absolut unverbindlich und erhebt keinerlei Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie beruht allein auf den uns zugesandten Gedächtnisprotokollen und soll allenfalls eine Richtschnur für eure eigenen Überlegungen sein. Bitte habt auch Verständnis dafür, dass wir oder Jura Online evtl. Fragen zu euren eigenen Klausurlösungen nicht beantworten können. Gleichwohl ist jeder herzlich eingeladen, sich im Kommentarbereich mit anderen Lesern auszutauschen. Wir werden versuchen, auf die ein oder andere Frage dort einzugehen.
Unverbindliche Lösungsskizze:
Frage 1: Rechtmäßigkeit der Ordnungsmaßnahme
I. Ermächtigungsgrundlage: § 53 I, III Nr. 3 SchulG NRW
II. Formelle Rechtmäßigkeit
1. Zuständigkeit
– Schulleiter, § 53 VI 1 SchulG NRW
2. Verfahren
a) Anhörung der Schülerin und der Eltern, § 53 VI 1 u 3 SchulG
– Problem: Verweigerung der Zulassung des Anwalts, vgl. § 3 III BRAO und auch § 14 I 1 VwVfG NRW; evtl. Heilung durch spätere Einlassung der Eltern ohne Anwalt
b) Anhörung der Klassenlehrerin K, § 53 VI 3 SchulG
(-), aber Heilung durch nachträgliche Zustimmung der K, § 45 I Nr. 3 VwVfG NRW
3. Form (+)
III. Materielle Rechtmäßigkeit
1. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
– Pflichtverletzung durch die Schülerin, § 53 I 2, 42, 43 SchulG NRW
a) Hausaufgaben, § 42 III 2 SchulG NRW (+)
b) Teilnahme am Unterricht, § 43 I SchulG NRW(+)
c) Beeinträchtigung der Erfüllung der Aufgaben der Schule, § 42 III 1 SchulG NRW
– Aufgabe der Schule nicht nur Bildung, sondern auch Erziehung, insbesondere Vermittlung von sozialer Kompetenz, vgl. § 2 SchulG NRW
aa) Äußerungen gegenüber Mitschüler M im November 2013 („Ey, Missgeburt, sei still“)
– Würdigung der konkreten Umstände: wiederholte Äußerungen, während des Unterrichts, besondere Herabwürdigung
– Problem: „Verbrauch“ der Pflichtverletzung durch erzieherisches Gespräch mit Eltern im Dezember 2013, Art. 103 GG? Wohl kein Verbrauch; Arg.: Ordnungsmaßnahmen nach § 53 SchulG NRW sind keine „Strafe“, sondern stellen ein abgestuftes, auf einander aufbauendes Instrumentarium zur Sicherung des Schulfriedens dar.
bb) Verhalten auf dem Heimweg gegenüber Mitschüler M im Januar 2014 (Heißer Kakao und Anspucken)
– Problem: Verhalten außerhalb der Schulzeit und des Schulgeländes; aber: räumlich-sachlicher Zusammenhang.
2. Rechtsfolge: Ermessen („können“)
– Verhältnismäßigkeit, § 53 I 3 SchulG NRW
a) Zweck
– Sicherung des Schulfriedens und der geordneten Unterrichts- und Erziehungsarbeit, § 53 I 1 SchulG NRW
b) Geeignetheit
(+); Arg.: Gelegenheit zum Überdenken des Fehlverhaltens
c) Erforderlichkeit
– Erzieherische Einwirkungen als milderes Mittel, § 53 I 4 SchulG (-); Arg.: Verwarnungen, Hinweise und Gespräch mit Eltern haben keinen Erfolg gehabt.
d) Verhältnismäßigkeit i.e.S.
aa) Verstoß gegen Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG
– Meinungsfreiheit gilt auch für Schüler im öffentlich-rechtlichen Schulverhältnis, vgl. auch § 45 I, II SchulG
– Aber: Schranken, Art. 5 II GG, § 45 SchulG – Ehrschutz, Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule; Schutz der Rechte anderer
bb) „Recht auf Bildung“, § 1 SchulG
– Einschränkung durch §§ 53, 42, 43 SchulG
IV. Ergebnis: (+)
Frage 2: Rechtsbehelfe der J/Ihrer Eltern gegen die Maßnahme
A. Hauptsacherechtsbehelf
– Widerspruch, § 68 I 1 VwGO; Arg.: § 68 I 2 VwGO am Anfang i.V.m. § 110 I 1 JustG NRW gilt nicht wegen § 110 II Nr. 3 lit. a JustG NRW; Rückausnahmen nach § 110 IV JustG NRW greifen nicht.
B. Einstweiliger Rechtsschutz
– Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, § 80 V 1 2. Fall VwGO; Arg.: Widerspruch hat wegen § 53 IV VwGO keine aufschiebende Wirkung.