Wir freuen uns, folgenden Gastbeitrag von Lars Zimmermann veröffentlichen zu dürfen. Der Autor ist Student der Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Wirtschaftskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek PartG mbB in Düsseldorf.
I. Eingrenzung der Untersuchung
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR) bringt seit jeher mannigfaltigen, bei Justizprüfungsämtern beliebten Prüfungsstoff mit sich. Sowohl Examenskandidaten als auch Praktikern darf dringend geraten werden, sich mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG; BGBl. I 2021, 3436) auseinanderzusetzen, welches in der Nacht auf den 25.06.2021 vom Bundestag verabschiedet, am selben Tag den Bundesrat passiert hat und gemäß Art. 137 S. 1 MoPeG am 01.01.2024 in Kraft treten wird. Damit verschiebt sich das ursprünglich für den 01.01.2023 geplante Inkrafttreten um ein Jahr zur „technisch-organisatorischen Umsetzung“[1] des neu einzuführenden Gesellschaftsregisters.
Der nachfolgende Überblick erschöpft sich in ausgewählten Änderungen im Recht der GbR. Hervorgehoben behandelt werden die entsprechende Anwendung des § 15 HGB bei der Ersteintragung der GbR in das Gesellschaftsregister sowie die Normierung liquidationsloser Vollbeendigung zweigliedriger GbR im Gesetz.
Auszugsweise darf an einige Problemfelder im Dunstkreis der GbR erinnert werden, um die Brisanz dieser Personengesellschaft, welche keine juristische Person darstellt,[2] für Prüfungsleistungen bis zum Staatsexamen zu verdeutlichen:
- die Entstehung der GbR (Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks, Abgrenzung zu bloß partiarischen Rechtsverhältnissen, zur stillen Gesellschaft gemäß § 230 HGB etc.),
- die fehlerhaften Gesellschaften und Scheingesellschaften,
- die vom BGH praeter legem bestätigte Haftung der Gesellschafter analog § 128 S. 1 HGB[3],
- die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als vertragssichernde Nebenpflicht,
- Sozialansprüche und Sozialverbindlichkeiten sowie
- die Auflösungstatbestände und nachfolgende Liquidationsthematiken (z. B. Nachschusspflicht gemäß § 735 BGB entgegen § 707 BGB, liquidationslose Vollbeendigung zweigliedriger GbR)
Das Recht der GbR bietet damit eine nahezu unbegrenzte Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen.
II. Reformbedarf im Recht der GbR
Seit Inkrafttreten des BGB zum 01.01.1900 blieb das kodifizierte Recht der GbR, jedenfalls in seinem Kerngehalt, bis zum 01.01.2024 für 124 Jahre nahezu unverändert[4]. Das MoPeG wird gelegentlich als „Jahrhundertreform“[5] des Personengesellschaftsrechts tituliert. Nicht zuletzt aufgrund verschwimmender Terminologien, beispielsweise hinsichtlich der Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften (der Begriff der rechtsfähigen Personengesellschaft fand zunächst im Nießbrauchrecht mit § 1059 a II BGB Einzug ins Gesetz) herrschte im Recht der GbR eine „Grundlagenungewissheit“[6].
Die GbR ist der Grundtypus[7] der Personengesellschaften (vgl. die Verweisungen der §§ 105 III, 161 II HGB, § 1 IV PartGG, § 1 EWIV-AG). Nach gesetzlicher Konzeption der noch geltenden §§ 705 ff. BGB ist sie eine nicht rechtsfähige, zur Durchführung einer begrenzten Anzahl von Einzelgeschäften gegründete Gesamthandsgemeinschaft.
In der Praxis festigte sich ein stetiger Kontrast zu diesem intendierten Leitbild. Einem erheblichen Anteil von GbR haften die Merkmale der Dauerhaftigkeit sowie der Gründung zu einem Zweck, welcher die Teilnahme selbiger Gesellschaft am Rechtsverkehr erfordert, an. So reicht ihr weit gefächerter Anwendungsbereich von Gelegenheitsgesellschaften in Form von Fahrgemeinschaften oder milliardenschweren Kreditkonsortien[8] über Gesellschaften auf unbestimmte Zeit, wie freiberufliche Sozietäten, z. B. Praxisgemeinschaften, bis hin zu Tippgemeinschaften für Lotterien oder Wohngemeinschaften.
Seit dem Urteil des BGH „ARGE Weißes Ross“[9] ist die (Teil-)Rechtsfähigkeit (vgl. § 14 II BGB) der Außen-GbR in der Rechtsprechung, zugunsten der durch Flume geprägten Gruppenlehre[10], anerkannt. Ernsthafte Zweifel hieran bestehen nicht mehr.[11] Im Jahr 2006 wurde zunächst ihre materielle Fähigkeit, Inhaberin dinglicher Rechte zu sein [12] und 2008 ihre formelle Grundbuchverfahrensfähigkeit[13] höchstrichterlich bestätigt. Somit kam die Rechtsprechung seinerzeit praktischen Bedürfnissen nach.[14] Rechtsprechung und Kautelarjurisprudenz haben das Recht der GbR gewissermaßen fortentwickelt, während die §§ 705 ff. BGB unverändert blieben. Es entwickelte sich eine umfangreiche Kasuistik unter Analogiebildung zu handelsrechtlichen Normen.[15] Abseits der §§ 705 ff. BGB wurden im Jahr 2009 etwa § 899a BGB sowie im Grundbuchrecht § 47 II GBO mit der Intention eingefügt, den Grundstücksverkehr unter Beteiligung von nicht mit Registerpublizität ausgestatteten Personengesellschaften zu sichern, während § 162 I S. 2 HGB seit Dezember 2001 statuiert, dass die GbR Kommanditistin sein kann. Nichtsdestoweniger schaffen bisherige gesetzgeberische Ansätze dem status quo keine ausreichende Abhilfe, dass mit den geltenden §§ 705 ff. BGB eine nicht ansatzweise hinreichend kodifizierte Personengesellschaftsform besteht. Die Diskrepanz zwischen Gesetzeswortlaut und Rechtspraxis ist durchaus immens. Mit Inkrafttreten des MoPeG soll im Kontext der GbR geltendes Recht konsolidiert und Gesetzesrecht an Rechtsbedürfnisse angepasst werden.
III. Normierung der Rechtsfähigkeit
Die Rechtsfähigkeit der GbR ist künftig in den §§ 705 II, 740 I BGB n. F. normiert. Es wird zwischen rechtsfähigen Gesellschaften gemäß § 705 II Alt. 1 BGB n. F. und nicht rechtsfähigen Gesellschaften nach § 705 II Alt. 2 BGB n. F. differenziert, womit die bisherige Zweiteilung aufrechterhalten bleibt.[16] Die gesetzliche Vermutung des § 705 III BGB n. F. zeigt e contrario, dass rechtsfähige Gesellschaften die Norm darstellen, wird ausweislich des Wortlauts selbst bei bloß unternehmenstragenden GbR unter gemeinschaftlichem Namen die Rechtsfähigkeit selbiger vermutet.[17]
Exemplarisch für de lege ferenda nicht rechtsfähig verbleibende (Innen-) Gesellschaften können – freilich weniger examensrelevante – Pooling- oder Konsortial-GbR zählen, welche beispielsweise Minderheitsgesellschaftern dazu dienen, sich lediglich mittelbar über ihre Gesellschafterstellung an der Pooling-GbR an einer dritten Gesellschaft zu beteiligen. Pooling-GbR dienen entsprechend dem Wortlaut des § 705 II Alt. 2 BGB n. F. in der Regel lediglich „den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander“.
IV. Neues Gesellschaftsregister
Die GbR kann sich zukünftig in einem neu eingeführten Gesellschaftsregister registrieren lassen, wodurch dem bisherigen Publizitätsdefizit entgegengetreten wird. Für die Praxis ergibt sich keine unmittelbare Eintragungspflicht (vgl. § 707 I BGB n. F.). Die Eintragung könnte sich jedoch mit Blick auf einen Vertrauenszuwachs bei den Vertragspartnern, etwa hinsichtlich eingetragener Vertretungsregelungen, als vorteilhaft erweisen. Die Begründung des RegE MoPeG spricht insoweit von „positiven Anreizen“[18] zugunsten der Registrierung. Nach erfolgter Eintragung hat die GbR gemäß § 707 a II S. 1 BGB n. F. den Rechtsformzusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu tragen. Die kumulierten Notar- und Gerichtskosten für die Eintragung betragen nach Angaben der Bundesregierung ca. 300 €.[19]
1. Anwendung des § 15 HGB auf die Ersteintragung der GbR
Die eingetragenen Tatsachen erwachsen künftig entsprechend § 15 HGB in öffentlichem Glauben (§ 707 a III BGB n. F.), mit der Maßgabe, dass das Fehlen der Kaufmannseigenschaft nicht an der Publizität des Gesellschaftsregisters teilnimmt. Letzterer Halbsatz bedeutet, dass der Rechtsverkehr nicht alleine aufgrund der Tatsache, dass die GbR (ggf. unrichtig) eingetragen ist, darauf schließen darf, dass es sich nicht um eine in das Handelsregister einzutragende OHG handelt. Denn der Statuswechsel von GbR zur OHG ist auch ohne Eintragung ins Handelsregister und außerhalb des Umwandlungsgesetzes identitätswahrend[20] möglich und die Eintragung ins Gesellschaftsregister für die Entstehung einer GbR nicht konstitutiv.[21] Die Pflicht, eine OHG zum Handelsregister anzumelden, besteht gemäß § 106 I HGB n. F. fort.
Dabei lässt die angeordnete entsprechende Anwendbarkeit des § 15 HGB die Frage aufkommen, ob die Vorschrift ihre Wirkung auch im Rahmen der Ersteintragung einer GbR entfalten kann. Standardprobleme der Registerpublizität in juristischen (Examens-)Klausuren stellen das umstrittene Voreintragungserfordernis und die sog. „Rosinentheorie“ des BGH (Meistbegünstigungsprinzip) dar. Künftig sind aufgrund der Verweisung des § 707 a III S. 1 BGB n. F. auch im GbR-Recht Fallkonstellationen mit fehlerhaften bzw. unterbliebenen Registereintragungen zu erwarten.
Vorbehaltlich weiterer Voraussetzungen setzen § 15 I HGB (negative Publizität) und § 15 III HGB (positive Publizität) jeweils voraus, dass eine „einzutragende Tatsache“ nicht eingetragen (Abs. 1) bzw. unrichtig eingetragen wurde (Abs. 3). Im Recht der GbR existiert jedoch fortan keine Vorschrift, die eine (Erst-) Eintragungspflicht konstituiert (Wortlaut § 707 I BGB n. F.: „Die Gesellschafter können […] anmelden.“). Erst zeitlich nach der Ersteintragung resultieren aus § 707 III BGB n. F. Eintragungspflichten. Exemplarisch sind etwa das Ausscheiden von Gesellschaftern der eGbR oder Änderungen der Vertretungsbefugnisse eintragungspflichtig („ist […] einzutragen“).
In Klausurkonstellationen lässt sich beispielsweise diskutieren, ob § 15 III HGB Anwendung findet, wenn bei der Ersteintragung Einzelvertretungsmacht zugunsten der Gesellschafter in Abweichung des gesetzlichen Regelfalls der echten Gesamtvertretung (§ 720 I BGB n. F.) eingetragen wurde.
Jedenfalls nach Eintragung der GbR werden Änderungen der Vertretungsverhältnisse gemäß § 707 III, II Nr. 3 BGB eintragungspflichtig sein. Sehr fraglich erscheint, ob sich die Vertretungsverhältnisse bereits mit der Begründung als eine im Zeitpunkt der Ersteintragung „einzutragende Tatsache“ gemäß § 15 III HGB subsumieren lassen, dass zeitlich nach dem (gemäß § 707 I BGB n. F. autonomen) Entschluss der Gesellschafter zur Anmeldung der GbR die Vertretungsverhältnisse notwendiger Bestandteil der Registeranmeldung gemäß § 707 II Nr. 3 BGB sind (Wortlaut: „Die Anmeldung muss enthalten: […] 3. die Angabe der Vertretungsbefugnis der Gesellschafter“). Dagegenhalten lässt sich die unnatürliche Aufspaltung eines oftmals einheitlichen Lebensvorgangs sowie die nahezu unmögliche Differenzierung zwischen den Anknüpfungsmomenten Willensbildung zur Anmeldung und tatsächlicher Anmeldung bei Gericht. Stärkeres Gegenargument ist, dass der Schluss von einer bloß den Inhalt der Anmeldung statuierenden Vorschrift auf eine eintragungspflichtige Tatsache, welche eine „einzutragende Tatsache“ i.S.d. § 15 I, III HGB darstellt, den Gesetzeswortlaut überdehnt. Die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 707 II BGB bestätigt das restriktive Verständnis, dass die Vorschrift den für den Rechtsverkehr erheblichen Registerinhalt klarstellen soll,[22] während keine Pflicht auferlegt wird. Zwar muss die freiwillige Anmeldung bei Gericht diese Tatsachen enthalten, doch muss sich niemand anmelden.
Daneben wird zur Begründung der Anwendbarkeit des § 15 HGB auf die Ersteintragung angeführt, dass es sich bei § 707 a III BGB n. F., welcher § 15 HGB für analog anwendbar erklärt, um einen Rechtsfolgenverweis und keinen Rechtsgrundverweis handelt.[23] Nach diesem Verständnis müsse die Tatbestandsvoraussetzung der „einzutragende[n] Tatsache“ nicht vorliegen, sondern § 15 HGB analog würde lediglich hinsichtlich der Rechtsfolgen greifen. Rechtsfolge ist, dass die Tatsache von dem, in dessen Angelegenheiten sie (richtig) einzutragen war, dem Dritten nicht entgegengehalten werden kann. Dieser Ansatz verfängt jedoch nicht. Bei Annahme einer Rechtsfolgenverweisung würde folgerichtig auch die wichtige Voraussetzung der Unkenntnis des Dritten bezüglich der (richtig einzutragenden) Tatsache nicht mehr geprüft werden müssen (Wortlaut § 15 I HGB: „[…] es sei denn, dass sie diesem bekannt war.“; § 15 III HGB: „[…] es sei denn, dass er die Unrichtigkeit kannte.“). Als Kernelement handelsrechtlichen Vertrauensschutzes würde die erforderliche Unkenntnis des Dritten als Voraussetzung des § 15 HGB umgangen. Für die Annahme eines Rechtsfolgenverweises, welcher das Erfordernis einer „einzutragende[n] Tatsache“ umgeht und zugleich inzident die Unkenntnis des Dritten berücksichtigt, hätte der Reformgesetzgeber in die Verweisungsnorm des § 707a III S. 1 BGB beispielsweise einen Halbsatz wie folgt aufnehmen können:
„Die Eintragung bewirkt, dass § 15 des Handelsgesetzbuchs mit […] [den] Maßgabe[n] entsprechend anzuwenden ist, dass das Fehlen der Kaufmannseigenschaft nicht an der Publizität des Gesellschaftsregisters teilnimmt [und dem Dritten die Tatsache nicht bekannt war oder er ihre Unrichtigkeit nicht kannte.]“
Zu präferierende Kompromisslösung ist die Einordnung als Rechtsgrundverweis in Verbindung mit der Konstruktion des Vorliegens einer „einzutragenden Tatsache“ über den Wortlaut des § 707 a I S. 1 BGB n.F. Bezüglich der einzutragenden Tatsache ist gerade nicht auf die (freiwillige) Anmeldung der Gesellschaft bei Gericht gemäß § 707 I BGB n. F. abzustellen, sondern darauf, dass die bei dem Gericht angemeldeten Tatsachen gemäß § 707 a I S. 1 BGB n. F. in das Gesellschaftsregister einzutragen sind (§ 707a I S. 1 BGB n. F.: „Die Eintragung im Gesellschaftsregister hat die in § 707 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Angaben zu enthalten.“). [24] Insoweit muss Übereinstimmung mit der (bei der GbR nur entsprechenden) Anwendbarkeit des § 15 HGB auf ein im Handelsregister eingetragenes kann-kaufmännisches Unternehmen nach Optionsausübung der Handelsregistereintragung i.S.d. § 2 S. 2 HGB bestehen.[25]
Verneint man dennoch das Vorliegen einer „einzutragenden Tatsache“, ist zumindest die Möglichkeit einer teleologischen Extension[26] dieses Rechtsbegriffs auf die sodann lediglich eintragungsfähige Tatsache nicht von Hand zu weisen, da der Begriff im Kontext der Verweisung des § 707 a III S. 1 BGB gegenüber seiner Teleologie als zu eng erscheint. Das telos des § 707 a III S. 1 BGB zeigt, dass sich der Vertrauensschutz über § 15 HGB ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs auf die Ersteintragung erstrecken soll. Ansonsten wäre der Sicherungszweck „lückenlos[er]“ Registerpublizität zugunsten des Rechtsverkehrs, mit vertrauensschützender- und zerstörender Wirkung, nicht gewährleistet:
„Seine Aufgabe [des Gesellschaftsregisters] ist es, zuverlässig sowie vollständig und lückenlos Auskunft über die Tatsachen und Rechtsverhältnisse der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu geben, soweit sie für den Rechtsverkehr von besonderer Bedeutung sind. Aus diesem Grund wird dem Gesellschaftsregister durch eine Verweisung auf § 15 HGB ein spezifischer öffentlicher Glaube beigemessen […].“[27]
Die Tatsache, dass überhaupt ein Begründungserfordernis für die Anwendbarkeit des § 15 HGB auf die Ersteintragung besteht und gegen die Anwendbarkeit der negativen und positiven Publizität durch § 15 I und III HGB durchaus Bedenken erhoben werden[28], zeugt von gesetzestechnischer Unsauberkeit.
2. Faktischer Zwang und höhere Transparenz
Faktisch obligatorisch wird die Registrierung für GbR, welche Inhaber registrierter Rechte sind und über diese verfügen oder solche Rechte erwerben wollen. Betroffen sind am Grundstücksverkehr beteiligte GbR gemäß des ebenfalls mit Wirkung vom 01.01.2024 geänderten § 47 II GBO n. F., welcher für den Erwerb oder die Veräußerung eines Grundstücks ein verfahrensrechtliches Voreintragungserfordernis normiert. Auch solche GbR, welche gemäß § 40 I S. 3 GmbHG n. F. als Gesellschafter in die Gesellschafterliste einer GmbH eingetragen werden sollen sowie gemäß § 67 I S. 3 AktG n. F. in das Aktienregister einzutragende GbR, müssen vor der jeweiligen Eintragung zunächst ins Gesellschaftsregister eingetragen werden. Ist die GbR bereits vor dem 01.01.2024 Inhaberin vorgenannter registrierter Rechte, sollte sie sich in das Gesellschaftsregister eintragen, um drohende Handlungsunfähigkeit zu vermeiden (vgl. für das Grundbuchverfahren Art. 229 § 21 I EGBGB n. F.). Die Voreintragungsobliegenheit kommt ebenfalls zum Tragen, wenn eine GbR als Gesellschafterin einer anderen GbR, OHG oder KG im Gesellschafts- oder Handelsregister eingetragen werden soll (§ 707 a I S. 2 BGB n. F., ggf. i.V.m. §§ 105 III, 161 II HGB n. F.). Der Gesetzgeber bezeichnet diesen Gehalt des MoPeG nicht weniger als einen „faktischen Zwang“.[29]
Dem Gesellschaftsregister werden, insoweit dem Handelsregister äquivalent, mitunter die personenbezogenen Daten (§ 4 Nr. 1 DSGVO) des Vor- und Zu-Namens eines jeden Gesellschafters, das Geburtsdatum sowie der Wohnort (vgl. § 707 II Nr. 2 a) BGB n. F.) zu entnehmen sein.
Die Kehrseite der neuerlichen Publizität stellt, nicht zuletzt für vermögensverwaltende Familien-GbR, ein gewisser Diskretionsverlust dar. Dieser droht künftig ebenfalls Familienstiftungen und ihren Stiftungsorganen (§ 2 Nr. 5, 7 StiftRG), da sämtliche Stiftungen aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung des Stiftungsrechts in das zum 01.01.2026 einzuführende Stiftungsregister einzutragen sind, welches gemäß § 15 S. 1 StiftRG für jedermann einsehbar sein wird.
Die Zukunft wird zeigen, ob die neuerliche Transparenz durch diese Register, entgegen der legislativen Intention, langfristig eine Abkehr von der (Gründung bzw. Fortführung der) GbR oder von rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts bewirkt. Im Extremfall könnte der faktische Eintragungszwang (bzw. bei Stiftungen: unmittelbarer Zwang) einen (Mit-)Beweggrund dafür darstellen, etwa Familienstiftungen im Ausland, beispielsweise im Fürstentum Liechtenstein[30] (mit vergleichsweise geringen Anforderungen an die Entstehung der Stiftung, mangels notwendiger Anerkennung (vgl. Art. 552 § 14 Abs. 1 PGR) durch eine Stiftungsbehörde, wie in der Bundesrepublik nach § 80 II S. 1 BGB erforderlich) zu errichten, welche das Image eines Vehikels zur Steuerhinterziehung inzwischen abgelegt haben dürften. Diesen, teils aus berechtigten Gründen bestehenden Vorbehalten gegen die neu einzuführenden Register, stehen jedoch die Vorteile der Eintragung gegenüber. So ist etwa die Grundbuchberichtigung bei einem Gesellschafterwechsel in der eGbR künftig nicht mehr notwendig und der identitätswahrende Statuswechsel der eGbR durch § 707 c I BGB n. F. möglich.
Insgesamt werden für einen maßgeblichen Anteil von GbR Eintragungsanreize geschaffen, während andere (insbesondere rein vermögensverwaltende Gesellschaften) gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungsmaßnahmen anvisieren könnten, sofern Diskretion de lege lata einen Anreiz für die GbR als Wahlrechtsform dargestellt hat.
V. Von der Personen-zur Verbandskontinuität
Klausur- und praxisrelevant dürfte auch das Zusammenspiel von Erb- und Gesellschaftsrecht und die Nachfolge von Todes wegen in einen Personengesellschaftsanteil sein.
Gemäß § 723 I Nr. 1 BGB n. F. führt der Tod eines GbR-Gesellschafters einer mehrgliedrigen GbR nicht mehr, wie bisher gemäß § 727 I BGB, zur Auflösung der Gesellschaft, sofern keine anderweitige gesellschaftsvertragliche Vereinbarung (etwa eine Fortsetzungsklausel, bisher ausdrücklich in §§ 736 I Hs. 1 BGB, 737 Hs. 1 BGB genannt) im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Stattdessen scheidet der verstorbene Gesellschafter bei gleichzeitiger Fortsetzung der Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern lediglich aus. Auch die Auflösungsgründe der §§ 723 I S. 1, 725 I, 728 I S. 1 BGB bisheriger Fassung wandeln sich in Ausscheidensgründe um.[31] Der Reformgesetzgeber intendiert mit dieser Neuregelung die sog. „Verbandskontinuität“[32]. Es werden die aus dem Personenhandelsgesellschaftsrecht von der OHG und KG bekannten Systematiken[33] für den Tod eines Gesellschafters bzw. Komplementärs übernommen (§ 131 III S. 1 Nr. 1, ggf. i. V. m. § 161 II HGB).
VI. Liquidationslose Vollbeendigung zweigliedriger GbR
Die ständige Rechtsprechung[34] zum Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer GbR mit nur zwei Gesellschaftern („zweigliedrige GbR“) mit der Rechtsfolge der liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft findet gemäß § 712 a I S. 1 BGB n. F. Einzug ins Gesetz (Wortlaut: „Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation.“). Gemäß § 712 a I S. 2 BGB n. F. geht mit Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den letzten Gesellschafter über. Mithin wird die sog. „gesellschaftsrechtliche Anwachsung“ normiert. Zweck ist die Werterhaltung unternehmerisch eingesetzten Vermögens, da regelmäßig das im Unternehmen gebundene Vermögen in seiner Gesamtheit mehr wert ist als die Summe seiner Teile.[35] Der ausgeschiedene Gesellschafter erhält im Gegenzug gemäß § 712 a II Alt. 1 BGB n. F. einen Abfindungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 728 BGB n. F. Die Normierung bloß entsprechender Anwendbarkeit des § 728 BGB n. F. war erforderlich, da Anspruchsgegner in concreto der Gesamtrechtsnachfolger[36] und nicht die vormalige Gesellschaft ist.
Zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge, etwa beim Versterben des vorletzten Gesellschafters, wurde nach bisheriger Rechtslage zumeist[37] (unabhängig davon, dass reine Fortsetzungsklauseln zumindest bei von Beginn an aus zwei Gesellschaftern bestehenden GbR mit wenig Sinn behaftet erscheinen[38]) im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut eine von § 727 I Hs. 1 BGB abweichende Klausel gefordert (vgl. § 727 I Hs. 2: „[…] sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrag sich ein anderes ergibt.“), damit der einzige Mitgesellschafter des Verstorbenen im Todeszeitpunkt Übernehmer dessen Anteils am Gesellschaftsvermögen wurde.[39] Beim Nichtvorhandensein einer vom gesetzlichen Regelfall des § 727 I Hs. 1 BGB (Auflösung der Gesellschaft im Todeszeitpunkt) abweichenden Bestimmung findet keine Vollbeendigung statt.[40] Vielmehr resultiert aus dem Fehlen anderweitiger Vereinbarungen die bloße Auflösung, in deren Konsequenz der Erbe oder die Erbengemeinschaft dem Verstorbenen in die nunmehr von einer werbenden- in eine Liquidationsgesellschaft umgewandelten Gesellschaft nachfolgt.[41] Dieser Mechanismus ergibt sich aus dem Rechtsbegriff „aufgelöst“ in 727 I Hs. 1 BGB, denn gemäß § 730 I Hs. 1 BGB meint Auflösung den Zeitpunkt der Umwandlung einer werbenden Gesellschaft in eine Auseinandersetzungsgesellschaft (Änderung des Gesellschaftszwecks[42]). Letzteres Stadium der GbR wird durch liquidationslose Vollbeendigung gerade übersprungen. Durch den Eintritt des Erben oder der Erbengemeinschaft in die Liquidationsgesellschaft kommt es zu keinem Zeitpunkt zum Absinken der Gesellschafterzahl unter zwei. Die Erbengemeinschaft kann, obgleich ihres auf Abwicklung gerichteten Zwecks, Gesellschafterin der Liquidationsgesellschaft[43], nicht jedoch einer werbenden Gesellschaft[44] sein. Der Judikatur des BGH[45] zu entnehmen ist nicht zuletzt die Umwandlung einer Ehegatteninnengesellschaft[46] im Zeitpunkt des Todes des Ehemannes in eine Liquidationsgesellschaft zwischen Witwe und Erbengemeinschaft in Ermangelung einer von § 727 I Hs. 1 BGB abweichenden (konkludenten) Vereinbarung.
Im Gesellschaftsvertrag können die Gesellschafter auch ausdrücklich vereinbaren[47], dass beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters das Gesellschaftsvermögen ohne Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den allein verbleibenden Gesellschafter übergehen soll. Dies erscheint bei von Gründung an zweigliedrigen GbR sinnvoller als die Fortsetzungsklausel.
Die Vollbeendigung beim Vorliegen einer von § 727 I Hs. 1 BGB abweichenden Vereinbarung ist logische Folge des Versterbens des vorletzten Gesellschafters, denn eine Einmann-Personengesellschaft kann nicht existieren.[48] Dafür streitet neben der gesetzgeberisch intendierten Beschränkung der Einmann-Gesellschaften auf Kapitalgesellschaften (§ 2 AktG, § 1 GmbHG) bereits der Wortlaut des § 705 BGB de lege lata et ferenda („die Gesellschafter“).
Auch schon bisher plädiert die herrschende Meinung[49] für den Übergang von sowohl Aktiva als auch Passiva auf den verbleibenden „Gesellschafter“ und nunmehrigen Alleineigentümer. Dieser Vorgang wurde jedoch dogmatisch uneinheitlich[50] begründet. Gemäß § 738 I 1 BGB derzeitiger Fassung wächst der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen „den übrigen Gesellschaftern zu“. Bei der zweigliedrigen GbR, bei welcher ein Gesellschafter stirbt, mangelt es an dieser Mehrzahl von übrigen Gesellschaftern, weshalb die Vorschrift nach ihrem Wortlaut keine direkte Anwendung finden kann. Vom BGH wird heute für den Übergang des Anteils auf den letzten Gesellschafter der Terminus der „anwachsungsbedingten Gesamtrechtsnachfolge“[51] verwandt oder selbiger Übergang als Anwachsung bezeichnet. Hiernach handele es sich um einen „allgemeinen, ungeschriebenen gesellschaftsrechtlichen Grundsatz, den auch der Gesetzgeber anerkennt (vgl. BT-Drs. 13/8444, 66)“.[52] Da im Todeszeitpunkt des vorletzten Gesellschafters mit einer vollbeendeten Gesellschaft keine Gesellschafter mehr vorhanden sind, bedarf es der Fiktion des Fortbestands der Gesellschaftereigenschaft des Letztverbleibenden für eine juristische Sekunde, wenn der Begriff des Übergangs auf den letzten „Gesellschafter“ verwandt wird. Daneben wird der Übergang teils als die Umwandlung der Gesamthandsberechtigung zu Alleineigentum[53] in Person des letzten Gesellschafters bezeichnet.
Die letztlich angenommene Universalsukzession, welche sich etwa bei den §§ 1922, 2139, 1416 BGB (bei der Gütergemeinschaft sind jedoch Sonder- und Vorbehaltsgut gemäß §§ 1417 I, 1418 I BGB von der Vergemeinschaftung ausgenommen), §§ 46 S. 1, 88 S. 2 BGB (bzw. § 87 c I S. 3 BGB in der Fassung nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts zum 01.07.2023) oder im UmwG bei der Verschmelzung gemäß §§ 1 I Nr. 1, 20 UmwG sowie der Vermögensübertragung gemäß §§ 1 I Nr. 3, 174 UmwG[54] (mitunter als partielle Gesamtrechtsnachfolge) aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, findet im Wortlaut der bisherigen §§ 705 ff. BGB allerdings keine unmittelbare Stütze. Mit Ausnahme der Gütergemeinschaft, deren Vereinbarung gemäß §§ 1415, 1416 I S. 1 BGB eine Gesamtrechtsnachfolge wenn überhaupt erst begründet, ist gemeinsames Wesensmerkmal der übrigen aufgeführten Tatbestände das Erlöschen[55] des übertragenden Rechtsträgers. Erloschen ist auch die vollbeendete GbR, sodass sich die entsprechend § 738 I S. 1 BGB angenommene Gesamtrechtsnachfolge zumindest in eine Gesamtbetrachtung zivilrechtlicher Universalsukzessions-Tatbestände einfügt.
Wie auch immer man eine Gesamtrechtsnachfolge zu rechtfertigen vermag, besteht schon heute Einigkeit darüber, dass jedenfalls die Aktiva (nach dem BGH auch die Passiva) der Gesellschaft auf den neuen Alleineigentümer übergehen, ohne dass es einer Abwicklung nach den §§ 730 ff. BGB bedarf.
Diese Rechtsfolge der liquidationslosen Vollbeendigung wird mit § 712 a I S. 1 BGB n. F. nunmehr ipso iure eintreten. Die Gesamtrechtsnachfolge des letzten „Gesellschafters“ wurde in S. 2 der Vorschrift aufgenommen und ein weiterer Meinungsstreit bzw. ein Begründungserfordernis wird in der Fallbearbeitung obsolet.
VII. Verzicht auf das Gesamthandsprinzip
Nach dem Willen des Reformgesetzgebers unterliegt daneben die Struktur der Vermögenszuordnung bei der GbR zum 01.01.2024 einem Wandel.[56]
Wie sich der amtlichen Überschrift des § 719 BGB „Gesamthänderische Bindung“ entnehmen lässt, handelt es sich bei der GbR bisher um eine Gesamthandsgemeinschaft, nach Flume sei sie gar die „Urfigur“[57] selbigen Vermögenszuordnungsprinzips. Träger des Gesellschaftsvermögens ist nicht die Gesellschaft selbst, vielmehr die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit.
Zur Einordnung darf an die vier Gesamthandsgemeinschaften im BGB erinnert werden: die GbR (§§ 705 ff. BGB), die eheliche Gütergemeinschaft (§ 1419 BGB) (auch in Form der fortgesetzten Gütergemeinschaft, vgl. Wortlaut des § 1485 BGB „Gesamtgut“), die Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) sowie den nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 S. 1 BGB).
Einhergehend mit diesem Vermögenszuordnungsprinzip[58] können Gesellschafter gemäß § 719 I Alt. 2 BGB de lege lata über Anteile an den einzelnen, zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen nicht selbstständig verfügen. Entsprechende Charakteristika finden sich gemäß § 1419 I Alt. 2 BGB bei der Gütergemeinschaft sowie gemäß § 2033 II BGB bei der Erbengemeinschaft. Vielmehr hält jeder Gesellschafter einen Anteil am Gesellschaftsvermögen als Ganzen, wobei auch dieser nach § 719 I Alt. 1 BGB nicht frei verfügbar ist. Selbst beim Ausscheiden eines Gesellschafters bleibt aufgrund des Anwachsungsprinzips des § 738 I S. 1 BGB das Gesellschaftsvermögen gebunden, während der Ausscheidende (bzw. sein Rechtsnachfolger gemäß § 1922 I BGB) lediglich einen Ausgleichsanspruch nach § 738 I S. 2 BGB erhält. Der Bestand dieses Sondervermögens wird zudem durch gesetzliche Surrogation gemäß § 718 II BGB gesichert.
Diese gesamthänderische Vermögenszuordnung der GbR ändert sich zum 01.01.2024, sodass Gesellschaftsvermögen nunmehr Vermögen der Gesellschaft und nicht Vermögen zur gesamten Hand darstellt. Denn nicht zuletzt der Wortlaut des § 713 BGB n. F. wirft die Frage auf, ob fortwährend von einem Gesamthandsvermögen ausgegangen werden darf, insbesondere in Anbetracht des zugleich ersatzlosen Wegfalls der Terminologie „Gesamthänderische Bindung“ aus der amtlichen Überschrift des § 719 BGB derzeitiger Fassung. § 713 BGB n.F. lautet nunmehr:
„Die Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten sind Vermögen der Gesellschaft.“
Gesetzgeberischer Wille und Gesetzeswortlaut sind insofern unmissverständlich:
„§ 713 BGB-E ersetzt den geltenden § 718 BGB, der zusammen mit § 719 und § 738 BGB die Grundlage für das historisch überholte Gesamthandsprinzip bildet. Ausgangspunkt des Gesamthandsprinzips ist die in § 718 BGB ausdrücklich artikulierte Vorstellung, dass das dem gemeinsamen Zweck gewidmete oder bei Zweckerfüllung erworbene Vermögen den Gesellschaftern gemeinsam gehört. Mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft ist das Gesamthandsprinzip unter dem Gesichtspunkt der Vermögenstrennung entbehrlich geworden und hat sich folglich der dogmatische Ausgangspunkt von § 718 BGB überholt. § 713 BGB-E stellt daher klar, dass das dem gemeinsamen Zweck gewidmete wie auch das daraufhin erworbene Vermögen nicht den Gesellschaftern zur gesamten Hand, sondernder Gesellschaft selbst gehört.“[59]
Weiterhin fand die Formulierung des „Verzicht[s] auf das Gesamthandsprinzip“[60] Einzug in die Begründung zum Allgemeinen Teil des RegE MoPeG. Gänzlich unumstritten erscheint die künftige Vermögenszuordnung dennoch nicht. So konstatiert Karsten Schmidt, die Lehre von der Gesamthandsgemeinschaft sei ins Gesetz übernommen[61] worden. Demgegenüber spricht Gregor Bachmann von einem „Schnitt“[62] und lehnt das Prinzip eines Gesamthandsvermögens für die GbR im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut ab.
Für die Ablehnung sprechen die besseren Argumente. Mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft und gleichzeitiger Statuierung gesellschaftseigenen Vermögens weicht jeder Raum für eine dingliche Mitberechtigung der Gesellschafter an den der Gesellschaft zugeordneten Vermögensgegenständen – das Bestreben der Lehre vom Gesamthandsvermögen, die zugunsten der GbR angeschafften Vermögenswerte vor Zugriffen einzelner Gesellschafter zu bewahren, wird obsolet.[63]
VIII. Ausblick auf weitere Änderungen
Das MoPeG normiert die höchstrichterlich judizierte analoge Anwendung der §§ 128 ff. HGB. Persönliche Haftung der GbR-Gesellschafter wird in sachlicher Übereinstimmung mit dem OHG-Recht in die §§ 721-721b BGB integriert, während Nachhaftung und Sonderverjährung die Regelungsmaterie der §§ 728b, 739 BGB darstellen werden.[64] Änderungen hinsichtlich der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnisse sowie die modifizierte Haftungsverfassung sprengen jedoch, etwa mit Blick auf § 724 I BGB n. F. – die Möglichkeit gesellschaftsrechtlicher Haftungsbeschränkung durch Umwandlung in eine KG bei Nachfolge von Todes wegen[65] – oder die Nachhaftungsbegrenzung gemäß § 728 b I S. 2 BGB n. F., den Umfang dieses Artikels.
IX. Fazit
Für Jurastudenten bringt das MoPeG gewisse Vorteile mit sich. Nunmehr wird sich ein Verweis auf die 22 Jahre alte Rechtsprechung hinsichtlich der Rechtsfähigkeit der GbR erübrigen und stattdessen der Gesetzeswortlaut des § 705 II BGB n. F. anzuwenden sein. Sprachliche Defizite im Gesetz werden teils bereinigt: als Beispiel darf (aus dem Recht der KG) die Begriffsvermengung von Einlage und Haftsumme genannt werden. Bisher rekurrieren §§ 162 I S. 1, 171 I Hs. 1 und § 172 HGB auf die Einlage, obschon der Gesetzgeber die Haftsumme meint. Dem Reformgesetzgeber gelingt nun, sogar innerhalb eines Satzes, die Differenzierung zwischen den zwei Rechtsbegriffen (vgl. § 171 I HGB n. F.). An anderer Stelle, etwa bei der Anwendbarkeit des § 15 HGB auf die Ersteintragung, ergeben sich neue Problemfelder, die längst nicht ausgeschrieben sind und viel Spielraum zur Argumentation öffnen.
Jurastudenten und Praktikern ist zu empfehlen, sich eingehend mit den am 01.01.2024 in Kraft tretenden Änderungen des Personengesellschaftsrechts zu beschäftigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich im Recht der Personenhandelsgesellschaften der OHG und KG ebenfalls weitreichende Neuerungen ergeben. Gesellschafter von GbR sollten sich noch vor Ablauf der Übergangsfrist beispielsweise dazu beraten lassen, ob der Geschäftsbetrieb ihrer GbR eine Eintragung in das neue Gesellschaftsregister faktisch erfordert. Gemäß § 708 BGB n. F. handelt es sich bei den Neuregelungen um dispositives Gesetzesrecht, soweit in der konkreten Norm nichts anderweitiges bestimmt ist. Das GbR-Recht ist mithin in weiten Teilen abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zugänglich.
Das Justizprüfungsamt am OLG Köln hat bereits klargestellt, dass es keinen Übergangszeitraum geben wird und die Inhalte des MoPeG ab dem 01.01.2024 Gegenstand von Aufsichtsarbeiten sowie der mündlichen Prüfung in den Staatsexamina sein können. Mithin bieten die Neuregelungen des Personen(handels-)gesellschaftsrechts spannende Lektüre und stellen ein Pflichtprogramm für jeden (angehenden) Juristen dar!
[1] Deutscher Bundestag, Drucksache 19/31105, S. 11.
[2] BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 (1056).
[3] BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 (1061); siehe m.w.N. K. Schmidt, Ein neues Zuhause für das Recht der Personengesellschaften, ZHR 185 (2021), 16 (38).
[4] Freiherr von Proff, Ausscheiden statt Auflösen: Handlungs- und Beratungsbedarf infolge des MoPeG bei der GbR in der Übergangsphase, NZG 2023, 147 (147).
[5] Lieder, Der Regierungsentwurf des MoPeG in der rechtspolitischen Analyse, ZRP 2021, 34 (34).
[6] Beuthien, Zur Grundlagenungewissheit des deutschen Gesellschaftsrechts, NJW 2005, 855 (856).
[7] Bachmann, Zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), NZG 2020, 612 (612).
[8] Diem/Jahn, Diem Akquisitionsfinanzierungen, 4. Aufl. 2019, § 31. Kreditkonsortium Rn. 2; Koch, GesR, 12. Aufl. 2020, § 3, Rn 2.
[9] BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 (1058).
[10] Flume, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, Die Personengesellschaft, Bonn, 1977, S. 55.
[11] Sanders/Berisha, Der persönliche haftende Gesellschafter, NZG 2020, 1290 (1291); K. Schmidt, Echte und unechte Quotenhaftung von Personengesellschaftern, NJW 2011, 2001 (2003).
[12] BGH, Urteil vom 25. 9. 2006 – II ZR 218/05 (KG), NJW 2006, 3716 (3716).
[13] BGH, Urteil vom 04.12.2008 – V ZB 74/08, NJW 2009, 594 (596).
[14] vgl. RegE MoPeG, S. 2.
[15] Lange/Kretschmann, Die Nachfolge von Todes wegen in einen Personengesellschaftsanteil nach dem MoPeG – ein erster Überblick, ZEV 2021, 545 (545).
[16] Röß, Die GbR nach dem MoPeG, NZG 2023, 401 (408).
[17] zur Vermutungsregel des § 705 III BGB n. F.: Schäfer in Schäfer, NeuesPersGesR, § 1 Rn. 35.
[18] RegE MoPeG, S. 144.
[19] RegE MoPeG, S. 134.
[20] RegE MoPeG, S. 151.
[21] Röß, Die GbR nach dem MoPeG, NZG 2023, 401 (402); Hermanns in Schäfer, Neues PersGesR, § 2 Rn. 13.
[22] RegE MoPeG, S. 145.
[23] Reymann, Die GbR im Grundbuch – Auf dem Weg vom ERVGBG zum sog. MoPeG, DNotZ 2021, 103 (118).
[24] Aumann, Das MoPeG: ein Überblick über die Praxis, notar 2022, 99 (103).
[25] Hermanns in Schäfer, Neues PersGesR, § 2 Rn. 13.
[26] siehe zur teleologischen Extension Reimer, Juristische Methodenlehre, 2. Aufl. 2020, Rn. 624.
[27] RegE MoPeG, S. 122.
[28] Geibel, Mauracher Entwurf zum Personengesellschaftsrecht – Ein Gesetzgebungsvorschlag mit gewissen Widersprüchen, ZRP 2020, 137 (139).
[29] RegE MoPeG, S. 121.
[30] Werner: Die liechtensteinische Familienstiftung, IStR 2020, 130 (136).
[31] Koch, GesR, 12. Aufl. 2021, § 10 Rn. 48.
[32] RegE MoPeG, S. 120.
[33] Lange/Kretschmann, Die Nachfolge von Todes wegen in einen Personengesellschaftsanteil nach dem MoPeG – ein erster Überblick, ZEV 2021, 545 (547).
[34] st. Rspr.: BGHZ 32, 307, 314 ff.; Urteil vom 13.12.1965 – II ZR 10/64, WM 1966, 62 f.; vom 27.01.1966 – II ZR 54/64, WM 1966, 513; vom 09.03.1992 – II ZR 195/90, NJW 1992, 2757 (2758); vom 12.07.1999 – II ZR 4/98, ZIP 1999, 1526 (1527); Beschluss vom 18.02.2002 – II ZR 331/00, ZIP 2002, 614 (615); siehe auch BGH, Urteil vom 22.09.1993 – IV ZR 183/92, WM 1993, 2259 (2260).
[35] Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl. 2017, § 9 Rn. 10.
[36] Bergmann in Schäfer, Neues PersGesR, § 7 Rn. 30.
[37] Lange, ErbR, Kap. 22, Unternehmensnachfolge, Rn. 38a.
[38] OLG München, Beschl. v. 4.7.2017 – 34 Wx 123/17, FGPrax 2017, 250 (251).
[39] BGH, Beschluss vom 5.7.2018 – V ZB 10/18, NJW 2018, 3310 Rn. 10; siehe auch OLG Stuttgart, Urteil vom 5. 5. 2004 – 14 U 54/03, NZG 2004, 766 (768).
[40] BGH, Beschluss vom 20.05.1981 – V ZB 25/79, NJW 1982, 170 (171).
[41] OLG München, Beschluss v. 4.7.2017 – 34 Wx 123/17, FGPrax 2017, 250 (251).
[42] Koch, GesR, 12. Aufl. 2021, § 10 Rn. 6.
[43] BGH, Beschluss vom 20.05.1981 – V ZB 25/79, NJW 1982, 170 (171).
[44] Schäfer in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, BGB § 727 Rn. 13.
[45] BGH, Beschluss vom 20.05.1981 – V ZB 25/79, NJW 1982, 170 (171).
[46] siehe zur Ehegatteninnengesellschaft Koch, GesR, 12. Aufl. 2021, § 10 Rn. 51.
[47] BGH, Beschluss vom 31. 5. 2010 – II ZB 9/09 (KG), NJW 2010, 3100 Rn. 7.
[48] st. Rspr. seit RGZ 163, 142 (149); BGHZ 65, 79 (82 f.); siehe auch Fleischer, Zur Rechtsnatur der OHG und ihres Gesellschaftsvertrags, NZG 2021, 949 (952).
[49] BGH, Urteil vom 16. 12. 1999 – VII ZR 53/97, NZG 2000, 474 (474); BGH, Urteil vom 7. 7. 2008 – II ZR 37/07, DStR 2008, 1792 (1792).
[50] Siehe für die Heranziehung von § 142 I HGB a. F. analog BGH, Urteil vom 16. 12. 1999 – VII ZR 53/97, NZG 2000, 474 (474).
[51] BGH, Beschluss vom 5.7.2018 – V ZB 10/18, NJW 2018, 3310 Rn. 8.
[52] BGH, Beschluss vom 5.7.2018 – V ZB 10/18, NJW 2018, 3310 Rn. 10.
[53] BGH, Urteil vom 12.07. 1999 – II ZR 4–98, DStR 1999, 1535 (1536).
[54] Klöhn, Der praktische Fall – Gesellschaftsrecht: Wenn der Komplementär stirbt…, JuS 2003, 360 (364).
[55] Eckhardt, Das Ausscheiden des Komplementärs aus der zweigliedrigen KG
- Zugleich eine Besprechung der Entscheidung BGH, NZG 2000, 474 -, NZG 2000, 449 (451).
[56] zum Abschied vom Gesamthandsprinzip Koch, GesR, 12. Aufl. 2021, § 9 Rn. 23.
[57] Flume, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, Die Personengesellschaft, Bonn, 1977, S. 1.
[58] Koch, GesR, 12. Aufl. 2020 § 3 Rn 7.
[59] RegE MoPeG, S. 169.
[60] RegE MoPeG, S. 119.
[61] K. Schmidt, Ein neues Zuhause für das Recht der Personengesellschaften, ZHR 185 (2021), 16 (28).
[62] Bachmann, Zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), NZG 2020, 612 (615).
[63] Armbrüster in: Schäfer, NeuesPersGesR, § 3 Rn. 45.
[64] Habersack in: Schäfer, NeuesPersGesR, § 4 Rn. 5.
[65] Koch, GesR, 12. Aufl. 2021, § 11 Rn. 12; im Detail zu den Voraussetzungen des § 724 BGB n. F. siehe Lange/Kretschmann, Haftungsfragen bei der Nachfolge von Todes wegen in eine GbR nach dem MoPeG – der neue § 724 BGB, NZG 2023, 351 (351 ff.).