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Gastautor

BAG zur Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel – AGB-Kontrolle

AGB-Recht, Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Saskia Wubbernitz veröffentlichen zu können. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Uni Bonn tätig.

In einer aktuellen Entscheidung (Urteil v. 10.11.2021 – 5 AZR 334/21) befasste sich der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit der Frage betreffend des Anspruchs auf Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel. Im Zeitalter der Lieferdienste stellt diese Entscheidung, die die materiell-rechtlichen Anforderungen an die AGB-Kontrolle erfasst, eine führende Entscheidung zu zahlreichen Parallelsachen dar.

I. Sachverhalt

Als Fahrradlieferant ist K bei der B seit Juni 2016 beschäftigt. K liefert Speisen und Getränke mittels Fahrrad an die Kunden aus, welche zuvor die entsprechenden Produkte über das Internet bestellt hatten. Etwaige Daten, wie die  Einsatzpläne oder die Adressen der Restaurants und der jeweiligen Kunden, bekommt K über eine Software-Applikation Scoober („App“) übermittelt. Die „App“ verbracht üblicherweise bis zu zwei GB Datenvolumen pro Monat. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses verwendet K sowohl sein eigenes Smartphone als auch sein eigenes Fahrrad. 

B regelt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass die Arbeitnehmer sowohl ihr eigenes Smartphone als auch ihr eigenes Fahrrad zu benutzen haben. Im Gegenzug gewährt B ihnen für den Einsatz der Fahrräder eine Reparaturgutschrift von 0,25 € pro gearbeitete Stunde. Diese Gutschrift kann ausschließlich bei einem von B zuvor bestimmten Unternehmen eingelöst werden. Für die Nutzung des Smartphones ist keine entsprechende Gutschrift vorgesehen.

Mit eingereichter Klage vom 03.09.2019 verlangt K von B die Überlassung eines internetfähigen Smartphones sowie ein verkehrstüchtiges Fahrrad zur weiteren Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant. K betont, dass die entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingung mangels Ausgleichsregelung unwirksam sei, §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.   

B hält die Allgemeine Geschäftsbedingung hingegen für wirksam. Die Arbeitnehmer werden nicht unangemessen benachteiligt.  Denn die Arbeitnehmer verfügen ohnehin über ein Smartphone mit Datenflatrate und ein Fahrrad. Hinsichtlich der Fahrradnutzung sei zudem die Möglichkeit der Reparaturgutschrift gegeben. 

Gerichtlich geklärt werden sollte die Frage, ob K gegen B einen Anspruch auf Bereitstellung der begehrten essentiellen Arbeitsmittel habe. 

II. Entscheidung

Das BAG hat die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts  (v. 12.3.2021 – 14 Sa 306/20) zurückgewiesen. Hierbei wurde festgestellt, dass K einen Anspruch auf die begehrten Arbeitsmittel aus § 611a Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag habe. 

Aus § 611a Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag ergibt sich jedenfalls ein Anspruch auf die Bereitstellung von Arbeitsmittel, ohne die die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht erbracht werden kann. 

Als Fahrradlieferant ist das Fahrrad ein zwingend notwendiges Arbeitsmittel. Als solches ist ebenso ein internetfähiges Mobiltelefon einzuordnen. Denn die vereinbarte Tätigkeit kann nur unter Verwendung der Scoober App ausgeübt werden, über welche die erforderlichen Daten übermittelt werden. Der Zugriff auf die Scoober App setzt wiederum ein bestehendes Datenvolumen voraus. 

Der Anspruch auf Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel wurde auch nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des B abbedungen.

Die Vereinbarungen halten einer materiell-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 1 S. 1 BGB nicht stand. Die Vereinbarung ist unangemessen und damit unwirksam. 

Aufgrund der Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Arbeitsmittel selbst zu stellen hat, ist eine abweichende Regelung im Sinne des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB gegeben, welche ihrerseits der uneingeschränkten Inhaltskontrolle unterliegt. 

In § 611a BGB ist normiert, dass der Arbeitnehmer nur verpflichtet ist, seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Essentielle erforderliche Arbeitsmittel hat der Arbeitgeber bereitzustellen. Der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung stützt sich auf die beiderseitigen Interessen und zu berücksichtigenden Gerechtigkeitserwägungen (BGH 23. November 2018 – V ZR 33/18 – Rn. 15; BAG 25. April 2007 – 5 AZR627/06 – Rn. 19, BAGE 122, 182). Der Arbeitnehmer unterliegt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO und gliedert sich in die arbeitgeberseitig organisierten Arbeitsabläufe ein, sodass ein berechtigtes Interesse an der Bereitstellung der Arbeitsmittel gegeben ist. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung und damit die Unwirksamkeit der Klausel gegeben, wenn  die Klausel auf Grundlage einer umfassenden Interessensabwägung in ihrer Gesamtheit den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. In der erforderlichen Abwägung ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners am Wegfall der Klausel nebst deren Ersetzung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen abzuwägen. Dadurch, dass der Arbeitnehmer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. 

Nach Abwägung der gegenseitigen Interessen stellt das BAG eine unangemessene Benachteiligung fest. Denn bereits die Gewährung der Reparaturgutschrift in Höhe von 0,25 € pro geleistete Arbeitsstunde stellt aufgrund der konstanten Verpflichtung zur Verwendung des eigenen Fahrrads keinen angemessenen Ausgleich dar. Trotz der Möglichkeit des Ansparens der Reparaturgutschrift ist, fehlt aus Arbeitnehmersicht die Möglichkeit über das Geld frei zu verfügen und stellt damit keine angemessene Kompensation dar. 

III. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung des BAG erweist sich als saubere AGB-Kontrolle unter dem Gesetzeswortlaut. 

Die AGB-Prüfung ist regelmäßiger Bestandteil von Abschlussklausuren und Examensklausuren. Kennzeichnend sind hierfür insbesondere der komplexe Aufbau, die vielfältige Möglichkeit der Einbettung im Gutachten sowie die Unterscheidung zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle.  Jedoch kann die AGB-Prüfung gut gelingen, sofern man stringent mit dem Gesetzestext arbeitet. Zu beachten ist hierbei insbesondere die Prüfungsreihenfolge der Inhaltskontrolle anhand §§ 307 – 309 BGB. 

Ungeachtet der Relevanz einer AGB-Kontrolle in Klausuren sind, sind diese aus dem modernen Wirtschafts- und Vertragswesen nicht mehr wegzudenken. Für den Verwender bieten sie oft erhebliche Vorteile, wohingegen sie sich oft für den Vertragspartner als nachteilhaft erweisen. Die jeweiligen Interessen müssen in einen Ausgleich gebracht werden, damit sie einer gesetzlichen AGB-Kontrolle standhalten können.

15.12.2022/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-12-15 08:07:102022-12-23 08:49:33BAG zur Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel – AGB-Kontrolle
Tobias Vogt

BAG bejaht Arbeitnehmereigenschaft eines Crowdworkers

Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Rechtsprechung, Startseite

Im Verlaufe der letzten Jahre entfachte eine Diskussion darüber, wie arbeitsrechtlich mit neuartigen Beschäftigungsformen wie etwa der Vermittlung oder dem Abschluss von Einzelaufträgen über Online-Plattformen (sog. Crowdworking) umgegangen werden soll. Kernpunkt war die Frage, ob Crowdworker Arbeitnehmer sind. Dementsprechend gespannt wurde die erste Entscheidung des BAG zu dieser Frage erwartet. Und nun der Paukenschlag aus Erfurt: Der neunte Senat des BAG qualifiziert entgegen vieler Erwartungen in seiner gestrigen Entscheidung (BAG, Urteil vom 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20) den klagenden Crowdworker als Arbeitnehmer. Doch der Reihe nach:
I. Sachverhalt (aus der Pressemitteilung des BAG entnommen):
Die Beklagte kontrolliert im Auftrag ihrer Kunden die Präsentation von Markenprodukten im Einzelhandel und an Tankstellen. Die Kontrolltätigkeiten selbst lässt sie durch Crowdworker ausführen. Deren Aufgabe besteht insbesondere darin, Fotos von der Warenpräsentation anzufertigen und Fragen zur Werbung von Produkten zu beantworten. Auf der Grundlage einer „Basis-Vereinbarung“ und allgemeiner Geschäftsbedingungen bietet die Beklagte die „Mikrojobs“ über eine Online-Plattform an. Über einen persönlich eingerichteten Account kann jeder Nutzer der Online-Plattform auf bestimmte Verkaufsstellen bezogene Aufträge annehmen, ohne dazu vertraglich verpflichtet zu sein. Übernimmt der Crowdworker einen Auftrag, muss er diesen regelmäßig binnen zwei Stunden nach detaillierten Vorgaben des Crowdsourcers erledigen. Für erledigte Aufträge werden ihm auf seinem Nutzerkonto Erfahrungspunkte gutgeschrieben. Das System erhöht mit der Anzahl erledigter Aufträge das Level und gestattet die gleichzeitige Annahme mehrerer Aufträge.
Der Kläger führte für die Beklagte zuletzt in einem Zeitraum von elf Monaten 2978 Aufträge aus, bevor sie im Februar 2018 mitteilte, ihm zur Vermeidung künftiger Unstimmigkeiten keine weiteren Aufträge mehr anzubieten. Mit seiner Klage hat er zunächst beantragt festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Im Verlauf des Rechtsstreits kündigte die Beklagte am 24. Juni 2019 ein etwaig bestehendes Arbeitsverhältnis vorsorglich. Daraufhin hat der Kläger seine Klage, mit der er außerdem ua. Vergütungsansprüche verfolgt, um einen Kündigungsschutzantrag erweitert.
Die Vorinstanzen ArbG München, Urteil vom 20. Februar 2019 – 19 Ca 6915/18 und LAG München, Urteil vom 04. Dezember 2019 – 8 Sa 146/19 wiesen die Klage noch mit deutlichen Worten ab. Zur Begründung verwiesen sie insbesondere auf die fehlende Verpflichtung des Crowdworkers, Einzelaufträge anzunehmen und enthielten hierfür überwiegend Zustimmung aus der Literatur (so etwa Fischer, jurisPR-ArbR 12/2020 Anm. 2.; Spitz, jurisPR-ITR 6/2020 Anm. 3) Anders nun das BAG:
II. BAG bejaht Arbeitsverhältnis des Crowdworkers
Der Arbeitsvertrag ist seit 2017 ausdrücklich gesetzlich normiert in § 611a BGB, der zur Klarstellung die bisherigen Grundsätze des BAG festschreibt. Demnach hängt die Arbeitgebereigenschaft in erster Linie davon ab, dass der Beschäftigte weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet, § 611a Abs. 1 S. 1 BGB. Zeigt die tatsächliche Durchführung eines Vertragsverhältnisses, dass es sich hierbei um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an, § 611a Abs. 1 S. 6 BGB. Maßgeblich ist stets eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, vgl. § 611a Abs. 1 S. 5 BGB.
Diese vom Gesetz verlangte Gesamtabwägung aller Umstände kann ergeben, dass Crowdworker als Arbeitnehmer anzusehen sind, so das BAG in seiner Pressemitteilung. Für ein Arbeitsverhältnis spreche es, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer infolge dessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann. Dies sei im entschiedenen Verfahren der Fall gewesen. Das BAG berücksichtigt zwar, dass der klagende Crowdworker vertraglich nicht zur Annahme von Angeboten der Beklagten verpflichtet gewesen ist. Dennoch habe er in arbeitnehmertypischer Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit geleistet. In der Pressemitteilung stützt das BAG seine Begründung vor allem auf ein Anreizsystem der Plattform, dass den Kläger veranlasste, einen Großteil seiner Arbeitszeit für diese aufzuwenden:
„Die Organisationsstruktur der von der Beklagten betriebenen Online-Plattform war aber darauf ausgerichtet, dass über einen Account angemeldete und eingearbeitete Nutzer kontinuierlich Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge annehmen, um diese persönlich zu erledigen. Erst ein mit der Anzahl durchgeführter Aufträge erhöhtes Level im Bewertungssystem ermöglicht es den Nutzern der Online-Plattform, gleichzeitig mehrere Aufträge anzunehmen, um diese auf einer Route zu erledigen und damit faktisch einen höheren Stundenlohn zu erzielen. Durch dieses Anreizsystem wurde der Kläger dazu veranlasst, in dem Bezirk seines gewöhnlichen Aufenthaltsorts kontinuierlich Kontrolltätigkeiten zu erledigen.“
Obwohl das BAG die Arbeitnehmereigenschaft bejahte, wies es die Revision dennoch überwiegend zurück. Denn die vorsorglich erklärte Kündigung des Plattformbetreibers beendete das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis. Zudem verwies das BAG die Sache zurück an das LAG, das die vom Kläger begehrten Vergütungsansprüche neu berechnen muss. Der Kläger könne nicht ohne weiteres Vergütungszahlung nach Maßgabe seiner bisher als vermeintlich freier Mitarbeiter bezogenen Honorare verlangen. Stellt sich ein vermeintlich freies Dienstverhältnis im Nachhinein als Arbeitsverhältnis dar, könne in der Regel nicht davon ausgegangen werden, die für den freien Mitarbeiter vereinbarte Vergütung sei der Höhe nach auch für eine Beschäftigung als Arbeitnehmer verabredet. Geschuldet sei die übliche Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB, deren Höhe das Landesarbeitsgericht aufzuklären habe.
III. Ausblick
Doch was bedeutet diese Entscheidung für andere Fälle von Crowdworking?
Zunächst einmal ist die Einordnung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis eine Einzelfallentscheidung. Um die Entscheidung und ihre Übertragbarkeit letztendlich beurteilen zu können, sind die derzeit noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe abzuwarten. Dies gilt auch deshalb, da die Bejahung eines Arbeitsverhältnisses ohne Verpflichtung zur Annahme von Aufträgen auf den ersten Blick einen Widerspruch darstellt, dessen Überwindung enormen Begründungsaufwand bedarf. Eine solche vertiefte Begründung kann eine Pressemitteilung naturgemäß nicht liefern.
Durch das BAG geklärt ist immerhin, dass auch Crowdworker – jedenfalls im Einzelfall – Arbeitnehmer sein können.
Hinsichtlich einer Verallgemeinerung ist jedoch Vorsicht geboten. Denn es gibt nicht den einen Crowdworker. Gerade das Crowdworking ist durch eine Vielzahl unterschiedlicher Ausgestaltungen gekennzeichnet. So betraf der hiesige Fall eine Zweier-Konstellation, in der der Crowdworker Tätigkeiten direkt für den Plattformbetreiber ausführte. Oftmals generiert sich die Plattform aber als Vermittler für diverse Aufträge zu unterschiedlichen Drittkunden. Auch verfügt nicht jede Plattform über ein entsprechendes Anreizsystem.
Es ist demnach nicht ausgeschlossen, dass das BAG in künftigen Entscheidungen aufgrund der Besonderheiten des dann gegenständlichen Einzelfalls ein Arbeitsverhältnis eines Crowdworkers verneint – ohne sich dabei in Widerspruch zu seiner aktuellen Entscheidung stellen zu müssen. Es bleibt also spannend.

02.12.2020/1 Kommentar/von Tobias Vogt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tobias Vogt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tobias Vogt2020-12-02 16:00:362020-12-02 16:00:36BAG bejaht Arbeitnehmereigenschaft eines Crowdworkers
Gastautor

BAG: Neues zum Zugang einer Kündigungserklärung

Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Wir freuen uns sehr, nachfolgend einen Gastbeitrag von Hannah Linke veröffentlichen zu können. Die Autorin hat Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert und ist derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP am Düsseldorfer Standort im Arbeitsrechtsteam tätig. 
 
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Im Fokus der Entscheidung des BAG (Urt. v. 22.8.2019 – 2 AZR 111/19) steht der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Vom Zugangszeitpunkt hängt es insbesondere ab, ob die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist, oder ob die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG eingehalten wird. Letzteres ist auch in dem hier zu besprechenden Urteil problematisch. Sollte Arbeitsrecht einmal Thema einer Examensklausur sein, ist in der Regel die Wirksamkeit einer Kündigung, ggf. eingebettet in die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage, zu prüfen. Aber nicht nur für Examenskandidaten ist der folgende Beitrag von Interesse: Es geht maßgeblich um die Zugangsvoraussetzungen einer empfangsbedürftigen Willenserklärung unter Abwesenden. Unter Punkt III. findet sich ein informativer Exkurs zu diesem Komplex, sodass auch Studierende in den Anfangssemestern angesprochen werden.
 
I. Sachverhalt
Die Beklagte ließ das Kündigungsschreiben von einer Mitarbeiterin gegen 13.25 Uhr am 27.1.2017 (Freitag) in den Briefkasten des bei ihr angestellten Klägers werfen. Die Postzustellung im Wohnort des Klägers ist in aller Regel bis 11.00 Uhr abgeschlossen. Die Kündigungsschutzklage des Klägers ging am 20.2.2017 (Montag) beim Arbeitsgericht ein. Der Kläger macht geltend, er habe das Kündigungsschreiben erst am 30.1.2017 seinem Briefkasten entnommen. Der Zugang habe folglich frühestens an dem auf den 27.1.2017 folgenden Tag stattfinden können.
 
II. Vorinstanzen
Die Vorinstanzen (ArbG Karlsruhe v. 17.4.2018 – 2 Ca 60/17; LAG Baden-Württemberg v. 14.12.2018 – 9 Sa 69/18) haben die Klage abgewiesen. Mangels Einhaltung der maßgeblichen Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG gelte die außerordentliche Kündigung nach § 13 Abs. 1 S. 2 iVm § 7 Hs. 1 KSchG als von Anfang an wirksam. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben mithin einen Zugang des Kündigungsschreibens bereits am 27.1.2017 angenommen. Nach dem LAG könne der Verkehrsanschauung entsprechend mit einer Kenntnisnahme von Schriftstücken, die im Briefkasten eines Arbeitnehmers hinterlassen werden, bis 17.00 Uhr gerechnet werden. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses der örtlichen Postzustellung komme es hingegen nicht (mehr) an. Heutzutage könne bei Berufstätigen mit einer Leerung des Briefkastens erst nach Rückkehr von der Arbeit gerechnet werden.
 
III. Exkurs: Zugang von Willenserklärungen unter Abwesenden
Neben der Abgabe stellt der Zugang kumulativ vorzuliegende Voraussetzung für das Wirksamwerden empfangsbedürftiger Willenserklärungen dar. Das Erfordernis des Zugangs einer Willenserklärung gegenüber Abwesenden ist in § 130 Abs. 1 S. 1 BGB geregelt. Definiert wird der Begriff des Zugangs im Gesetz jedoch nicht. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Willenserklärung zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Erklärungsempfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.[1]Da nach dieser Definition im Hinblick auf die Komponente der Kenntnisnahmemöglichkeit nur auf die gewöhnlichen Verhältnisse abgestellt wird, ist es für die Annahme eines Zugangs unerheblich, wann die Kenntnisnahme durch den Empfänger tatsächlich erfolgt.[2]Auch die Tatsache, dass der Empfänger im Urlaub, Krankenhaus oder aus sonstigen Gründen für längere Zeit nicht zu Hause ist, steht dem Zugang der Willenserklärung prinzipiell nicht entgegen. Den Erklärungsempfänger trifft die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Kenntnisnahme vom Inhalt von in seinen Machtbereich gelangten Willenserklärungen auch bei seiner Abwesenheit zu gewährleisten, sofern er mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen rechnen muss. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Anbahnung von vertraglichen Beziehungen oder im bestehenden Arbeitsverhältnis.[3]Selbst wenn der Erklärende von der Abwesenheit des Empfängers weiß, gilt grundsätzlich nichts anderes.[4]Das ist auch interessengerecht, da die Risikosphäre des Empfängers eröffnet ist, sobald die Erklärung in seinen Herrschaftsbereich (Briefkasten, Empfangsboten etc.) gelangt ist. Beim Übergabe-Einschreiben ist dabei Folgendes zu beachten: Schlägt die Aushändigung des Einschreibens durch die Zustellungsperson fehl, weil der Empfänger nicht zugegen ist, erfolgt der Zugang der Willenserklärung nicht schon mit der Hinterlegung des Benachrichtigungsscheins im Briefkasten des Empfängers, sondern erst mit Abholung bei der Post.[5]Erst dann gelangt die Erklärung in seinen Machtbereich. Sollte die Erklärung fahrlässig oder vorsätzlich nicht bei der Poststelle abgeholt werden, liegt ein Fall der Zugangsvereitelung vor.
Zu differenzieren ist zwischen der berechtigten und der unberechtigten Zugangsvereitelung.[6]Von der berechtigten Zugangsverweigerung spricht man, wenn der Erklärungsempfänger sich auf einen legitimen Grund für die Verweigerung der Entgegennahme der Erklärung berufen kann. Dieser Fall ist etwa dann einschlägig, wenn der Empfänger ein sog. Nachentgelt zahlen muss, weil das Schreiben vom Absender nicht ausreichend frankiert wurde.[7]Hier fehlt es an einem Zugang und die Willenserklärung wird nicht wirksam. Der Erklärende muss einen erneuten Zustellungsversuch unternehmen. Das Gleiche gilt bei der fahrlässigen Zugangsvereitelung, auch wenn hier keine Rechtfertigungsgründe für die Zugangsverhinderung gegeben sind. Erfolgt unverzüglich ein weiterer Zustellungsversuch, kann der Empfänger sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) indes nicht auf eine verspätete Zustellung berufen. Die fahrlässige Zugangsvereitelung zieht eine Rechtzeitigkeitsfiktion nach sich.[8]Etwas anderes gilt bei der vorsätzlichen Zugangsver-eitelung, bei der ein erneuter Zustellungsversuch nicht unternommen werden muss. Die Zustellung wird hier nach dem Rechtsgedanken der §§ 162 Abs. 1, 815 BGB fingiert.[9]
 
IV. Entscheidung des BAG 
Das BAG hat sich den Vorinstanzen nicht angeschlossen. Zumindest mit der vom LAG angebotenen Begründung hätte der Kündigungsschutzantrag nicht abgewiesen werden dürfen. Zwar sei das Kündigungsschreiben bereits am 27.1.2017 in den Machtbereich des Klägers gelangt. Ob an diesem Tag aber auch bereits mit einer Kenntisnahme durch den Arbeitnehmer gerechnet werden könne, sei problematisch. Vor allem die Aussage des LAG, von einer Leerung des Briefkastens sei bei Arbeitnehmern nach der Verkehrsanschauung um 17.00 Uhr auszugehen, hat das BAG als willkürlich kritisiert:

„Ob die Möglichkeit einer Kenntnisnahme bestand, ist nach den gewöhnlichen Verhältnissen und den Gepflogenheiten des Verkehrs zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist vielmehr eine generalisierende Betrachtung geboten.“[10]

Grundsätzlich sei die Annahme einer Verkehrsanschauung, wonach eine Leerung der Hausbriefkästen unmittelbar nach Abschluss der Regelpostzustellzeiten erfolge, nicht zu beanstanden. Zwar könne das LAG eine davon abweichende Verkehrsanschauung aufgrund sich ändernder Lebensumstände annehmen, jedoch seien die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine solche Anschauung zu begründen. Teilzeitbeschäftigte, im Homeoffice tätige Arbeitnehmer, Nachtarbeiter oder nicht erwerbstätige Personen würden bei Beurteilung der Leerungszeiten von Briefkästen am Wohnort des Klägers durch das LAG außer Betracht bleiben. Hinzukomme, dass der Kläger im Elsass wohnhaft sei, sodass die durch das Gericht in zweiter Instanz herangezogenen Werte und Statistiken in Bezug auf Deutschland nicht herangezogen werden könnten. Auch eine auf Verhältnismäßigkeitserwägungen beruhende Festlegung der Leerungszeit auf 17.00 Uhr sei nicht geeignet, eine dahingehende Verkehrsanschauung zu begründen. Schließlich sei auch die landgerichtliche Argumentation, wonach ein fristwahrender Zugang für den Erklärenden bis 24.00 Uhr möglich sein müsse, da andernfalls eine unzulässige Verkürzung des Fristendes nach § 188 BGB gegeben sei, nicht haltbar. Die Regelung des § 188 BGB bezieht sich auf das Ende einer Frist, trifft aber keine Aussage zum Zugang von Willenserklärungen.
Das BAG hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Es sei dessen Aufgabe festzustellen, wann nach der Verkehrsanschauung mit der Entnahme des am 27.1.2017 in den klägerischen Briefkasten eingeworfenen Schreibens zu rechnen war. Die Feststellung des Inhalts der Verkehrsanschauung sei eine Tatfrage, deren Beurteilung vom Revisionsgericht nur eingeschränkt kontrolliert werden könne. 
Im Jahr 2015 hat das BAG[11]zum Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung festgehalten: „Anders als dann, wenn ein Brief ohne Wissen des Adressaten erst nach den üblichen Postzustellzeiten in dessen Hausbriefkasten eingeworfen wird, ist mit der Kenntnisnahme eines Schreibens, von dem der Adressat weiß oder annehmen muss, dass es gegen 17.00 Uhr eingeworfen wurde, unter gewöhnlichen Verhältnissen noch am selben Tag zu rechnen. Ob die Kl. dazu angesichts ihrer Termine tatsächlich in der Lage war, ist nicht entscheidend.“ Das BAG unterscheidet richtigerweise dazwischen, ob der Arbeitnehmer mit der Zustellung eines Schreibens nach den üblichen Postzustellungszeiten rechnet bzw. rechnen muss. Orientiert man sich hieran, spricht, sofern der Kläger nichts von dem Einwurf des Kündigungsschreibens um 13.25 Uhr wusste oder wissen musste, gegen einen Zugang des Schreibens noch am 27.1.2017. Zu berücksichtigen ist nichtsdestotrotz, dass der Einwurf des Kündigungsschreibens hier am frühen und nicht am späten Nachmittag stattgefunden hat.
Es bleibt somit abzuwarten, wie da LAG Baden-Württemberg im Anschluss an das Urteil des BAG entscheidet.
 
V. Fazit
Auch wenn das BAG noch keine abschließende Entscheidung zu der Frage getroffen hat, wann die Kündigungserklärung dem Kläger im Fall zugegangen ist, enthält das Urteil wichtige Kriterien zur Bestimmung der jeweils einschlägigen Verkehrsanschauung, die den Zugangszeitpunkt bestimmt. Denn sobald die jeweilige Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, kommt es bei der Bestimmung, wann der Empfänger Möglichkeit hatte, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen, nur auf die Verkehrsanschauung an. Ist nach der Verkehrsanschauung die Kenntnisnahmemöglichkeit zu bejahen, gilt die Willenserklärung als zugegangen. Auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Empfänger kommt es hingegen nicht an.
[1]Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. 2019, § 130 Rn. 5.
[2]Noack/Uhlig, JA 2012, 740, 741.
[3]LAG-Schleswig-Holstein v. 1.4.2019 – 1 Ta 29/19, NZA-RR 2019, 528, 529; BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 366/04, NZA 2006, 204, 205.
[4]Vgl. hierzu etwa BAG v. 24.6.2004 – 2 AZR 461/03, NZA 2004, 1330.
[5]Klinkhammer/Schmidbauer, ArbRAktuell 2018, 362, 363.
[6]Noack/Uhlig, JA 2012, 740, 744.
[7]MüKo/Einsele, BGB, 8. Aufl. 2018, § 130 Rn. 36; https://www.deutschepost.de/content/dam/dpag/images/G_g/Gesamtpreisliste/dp-leistungen-und-preise-012019.pdfS. 35 (Stand: 11.1.2020).
[8]Preis, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 5. Aufl. 2017, 1. Teil, Kap. D Rn. 58.
[9]Weiler, JuS 2005, 788, 792 f.
[10]BAG v. 22.8.2019 – 2 AZR 111/19, NJW 2019, 3666, 3667
[11]BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 483/14, NZA 2015, 1183, 1183 f.
 
 

24.01.2020/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-01-24 09:15:472020-01-24 09:15:47BAG: Neues zum Zugang einer Kündigungserklärung
Gastautor

Kein automatischer Verfall des Urlaubsanspruchs wegen nicht gestellten Urlaubsantrags

Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Amir Nassar veröffentlichen zu können. Der Autor ist derzeit Student an der Humboldt Universität zu Berlin und studentischer Mitarbeiter der Wirtschaftskanzlei Raue.

Wer das Thema Urlaub heutzutage noch rechtssicher verstehen und anwenden möchte, ist darauf angewiesen nicht nur einen Blick in das nationale Recht zu werfen, sondern muss darüber hinaus auch die an Bedeutung gewinnende Rechtsprechung des EuGH kennen. Mit seinem Urteil vom 06.11.2018 – C-619/16 (NZA 2018, 1612) hat der Europäische Gerichtshof – neben der Vererblichkeit von Urlaubsansprüchen – einen weiteren Grundstein im deutschen Urlaubsrecht zur Seite geschoben.
I. Sachverhalt und Problematik
Der Rechtsreferendar Kreuziger absolvierte vom 13. Mai 2009 bis 28. Mai 2010 seinen juristischen Vorbereitungsdienst bei dem Land Berlin. In der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum Ende seiner (öffentlich-rechtlichen) Ausbildung beantragte er keinen bezahlten Jahresurlaub. Vielmehr forderte er am 18. Dezember 2010 finanzielle Abgeltung für diesen nicht genommenen Jahresurlaub.
Dieser Antrag und die später erhobene Klage bei dem VG Berlin wurden mit der Begründung abgelehnt, dass die EUrlVO (Verordnung über den Erholungsurlaub der Beamten und Richter) einen solchen Abgeltungsanspruch nicht vorsehe. Zudem leite sich ein Abgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 der RL 2003/88 nur dann ab, wenn der Urlaub aus vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenen Gründen nicht in Anspruch genommen werden könne.
Hier hätte Kreuziger den Urlaubsanspruch geltend machen können, hat jedoch freiwillig davon abgesehen, obwohl für ihn absehbar war, dass sein Arbeitsverhältnis zum 28. Mai 2010 endet. Und überhaupt könne sich Kreuziger auch nicht auf die RL 2003/88 berufen, da diese nur für Arbeitnehmer gelte.
Das Verfahren wurde vor dem OVG Berlin-Brandenburg fortgeführt, welches die RL im Fall des Rechtsreferendars für anwendbar hielt und sich mit der Frage auseinandersetzte, ob neben den beiden Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 der RL, nämlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der Geltendmachung und der fehlenden Inanspruchnahme des zustehenden Urlaubsanspruchs bis zur Beendigung, auch erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer unabhängig von seinem eigenen Willen nicht in der Lage gewesen ist, den Urlaubsanspruch vor Ende des Arbeitsverhältnisses wahrzunehmen. Diese Frage wurde dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

„Steht das Unionsrecht einer nationalen Regelung entgegen, die den Verlust des nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs und den Verlust der finanziellen Vergütung für diesen Urlaub vorsieht, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses beantragt hat?“

II. Bisherige nationale Rechtslage
Nach § 7 Abs. 3 des deutschen Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verfällt der Urlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub bis zum Ende des Kalenderjahres nicht nimmt bzw. keinen Antrag stellt.
Ausnahmsweise ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten (bis zum 31. März) des folgenden Kalenderjahrs genommen werden.
III. Entscheidung des EuGH
Der EuGH entschied am 06. November 2018, dass Arbeitnehmer ihren Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht allein dadurch verlieren, dass der Urlaub nicht beantragt wurde.
Vielmehr kann der gesetzlich garantierte Urlaubsanspruch bzw. die Urlaubsabgeltung nur verfallen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen. Die Beweislast liegt insoweit beim Arbeitgeber.
Der Arbeitgeber versetzt den Arbeitnehmer in die Lage, den bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er seinen Hinweispflichten nachgeht. Er hat den Arbeitnehmer dazu aufzufordern, seinen Urlaub bis zum Ende des Kalenderjahres zu nehmen und darüber zu informieren, dass der Urlaub anderenfalls am Ende des Bezugs- oder zulässigen Übertragungszeitraums oder am Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn dies in einen solchen Zeitraum fällt, verfallen wird.
Begründet wird dies damit, dass der Arbeitnehmer allgemein die schwächere Partei im Arbeitsverhältnis darstellt. Infolge der Unterlegenheit besteht die Gefahr, dass sich der Arbeitnehmer möglicherweise zurückgehalten fühlt seine Rechte gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen, weil er nachteilige Folgen für das Arbeitsverhältnis befürchtet.
Zudem soll hierdurch die praktische Wirksamkeit von Art. 7 der RL 2003/88, Art. 31 Abs. 2 GRCh und somit auch der bezahlte Urlaub als besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union gewährleistet werden.
Wenn der Arbeitgeber jedoch nachweisen kann, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Folgen darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, obwohl er in der Lage gewesen wäre, dann verfällt der Anspruch nach den gesetzlichen Vorschriften. Denn es soll dem Arbeitnehmer nicht ermöglicht werden, bewusst keinen Urlaub zu nehmen, um am Ende durch die Abgeltung eine Vergütung zu erhalten. Dies stünde dem Sinn und Zweck des Urlaubs, nämlich der ausreichenden Erholung und dem Schutz der Gesundheit, entgegen.
IV. Folgen der Entscheidung
Die Entscheidung des EuGH hat spürbare Auswirkungen und bestärkt das Recht auf Urlaub für Arbeitnehmer, Beamten und Personen, die sich in einem öffentlich rechtlichen Ausbildungsverhältnis befinden. Künftig erlischt der Urlaubsanspruch nicht mehr nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Bezugs- oder Übertragungszeitraum, sondern erst, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, den Urlaub zu nehmen. Unterlässt der Arbeitgeber seine Hinweispflichten, wird der Urlaubsanspruch nicht bis zum 31. März verfallen, sondern weiter übertragen. Abzuwarten bleibt, ob der Übertragungszeitraum auf 15 Monate begrenzt wird (EuGH Urt. v. 22. 11. 2011 − C-214/10 KHS), was jedoch zu erwarten ist, da eine unbegrenzte Übertragbarkeit ausufern würde. Im Übrigen verjähren Urlaubsansprüche, wenn sie nicht verfallen sind, nach drei Jahren (§ 195 BGB).
Somit ist § 7 Abs. 3 BUrlG zwar noch im Gesetz zu finden, wird jedoch im Rahmen der europarechtskonformen Auslegung anders interpretiert.
Grundsätzlich kann neben dem gesetzlich garantierten Mindesturlaub von vier Wochen darüber hinaus auch ein vertraglicher Mehrurlaubsanspruch vereinbart werden. Dieser unterliegt der Privatautonomie und kann auch strengere Verfallsregelungen vorsehen.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich diese Rechtsprechung nur auf den gesetzlichen vierwöchigen Mindesturlaub bezieht. Somit kann der vertragliche Mehrurlaub bei entsprechender Vereinbarung am Ende des Kalenderjahres verfallen.
Zum einen bleibt abzuwarten, ob die Befürchtungen der Arbeitnehmer bezüglich der Geltendmachung der Urlaubsansprüche dadurch behoben werden, dass der Arbeitgeber sie nun in einem Schreiben zur Beantragung des Urlaubsanspruches auffordern muss.
Zum anderen stellt sich die Frage, ob bzw. wie der Gesetzgeber das BUrlG an die EuGH Rechtsprechung anpassen wird.

01.08.2019/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2019-08-01 09:30:572019-08-01 09:30:57Kein automatischer Verfall des Urlaubsanspruchs wegen nicht gestellten Urlaubsantrags
Dr. Matthias Denzer

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 2

Lerntipps, Startseite, Verschiedenes

Dieser Beitrag setzt den Rechtsprechungsüberblick im Zivilrecht von Oktober 2018 bis März 2019 fort. Teil 1 des Beitrags findet ihr hier.
 
BGH, Beschluss v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17
„VW-Abgasskandal“: Abschalteinrichtung als Sachmangel
Zunächst stellte der BGH fest, dass der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung ein Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist:

„Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende – Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist.
Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.“ (Leitsätze 1a und 1b)

Eine Nacherfüllung durch Nachlieferung eines gleichwertigen Neuwagens nach § 439 Abs. 1, 2. Alt BGB soll grundsätzlich möglich sein. Auch ein Modellwechsel (im konkreten Fall von einem VW Tiguan I auf einen VW Tiguan II) steht dem nicht entgegen:

„Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist.
Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben.
Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es – nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern können den Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.“ (Leitsätze 2b und 2c).

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die Besprechung von Sebastian Rombey.
 
BGH, Beschluss v. 09.01.2019 – VIII ZB 26/17
Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses und analoge Anwendung des § 566 BGB auf den Erwerb eines Miteigentumsanteils
Die Eheleute M und F waren Miteigentümer einer Mietwohnung. Diese vermieteten sie an den Mieter X. Später übertrug M seinen Miteigentumsanteil auf die F, sodass F nun Alleineigentümerin der Mitwohnung war. Im Februar 2016 kündigte F das Mietverhältnis mit X. Fraglich war nun, ob die Kündigung auch durch den M hätte ausgesprochen werden müssen oder ob § 566 Abs. 1 BGB zur Anwendung komme, mit der Folge, dass die Kündigung allein durch den Erwerber des Miteigentumsanteils ausgesprochen werden konnte. Der BGH verneinte eine direkte Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB:

„Nach dem Wortlaut des § 566 Abs. 1 BGB muss die Veräußerung an einen Dritten erfolgen, das heißt, der veräußernde Eigentümer und der Erwerber müssen personenverschieden sein, der Erwerber darf bis zum Erwerb nicht Vermieter gewesen sein. Eine direkte Anwendung des § 566 BGB kommt damit […] nicht in Betracht.“

Auch eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht. Für eine Analogie bedarf es einer planwidrigen Regelungslücke sowie einer vergleichbaren Interessenlage. Solch eine vergleichbare Interessenlage lehnte der BGH im vorliegenden Fall ab:

„Sinn und Zweck des § 566 BGB ist der Schutz des Mieters vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegenüber einem neuem Erwerber im Falle der Veräußerung der Mietsache. Dieser Schutzzweck ist von vornherein nicht berührt, wenn […] einer von zwei vermietenden Miteigentümern seinen Eigentumsanteil auf den anderen überträgt, so dass dieser Alleineigentümer der Mietsache wird. Denn der nunmehrige Alleineigentümer ist (weiter) an den Mietvertrag gebunden und ein Verlust des Besitzes auf Seiten des Mieters infolge des Veräußerungsvorgangs ist somit nicht zu besorgen. Damit scheidet eine analoge Anwendung des § 566 BGB auf einen solchen Fall aus.“

 
BGH, Urteil v. 15.01.2019 – II ZR 392/17
Vertretung einer Gesellschaft durch den Aufsichtsrat

„Der Aufsichtsrat vertritt die Aktiengesellschaft nicht nur bei Rechtsgeschäften, die mit einem Vorstandsmitglied selbst geschlossen werden, sondern auch bei Rechtsgeschäften mit einer Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter ein Vorstandsmitglied ist.“ (Leitsatz)
„Für eine entsprechende Erweiterung des Anwendungsbereichs spricht insbesondere der Schutzzweck der Norm. § 112 Satz 1 AktG soll Interessenkollisionen vorbeugen und eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern sicherstellen. Dabei ist es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ausreichend, dass aufgrund der gebotenen und typisierenden Betrachtung in den von § 112 Satz 1 AktG geregelten Fällen regelmäßig die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung der Gesellschaft vorhanden ist.
Hierbei kann es keinen entscheidenden Unterschied machen, ob das Vorstandsmitglied einen Vertrag im eigenen Namen mit der Gesellschaft abschließt, oder ob Vertragspartner der Gesellschaft eine Gesellschaft ist, deren alleiniger Gesellschafter das Vorstandsmitglied ist.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BAG, Urteil v. 23.01.2019 – 7 AZR 733/16
Änderung der Rechtsprechung zur Auslegung einer Vorbeschäftigung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG  
Nach bisheriger Rechtsprechung des BAG (Urteil v. 06.05.2011 – 7 AZR 716/09) waren Arbeitsverhältnisse, die länger als drei Jahre zurücklagen, nicht als Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG anzusehen. Nun nimmt die Rechtsprechung Abstand von einer rein zeitlichen Betrachtung:

„Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.“

Siehe zu dieser Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Yannik Beden, M.A.
 
BAG, Urteil v. 07.02.2019 – VII ZR 63/18
Abgrenzung Schadensersatz statt und neben der Leistung im Werkvertragsrecht
Die Klägerin ließ ihr Kfz (Volvo V 70) beim Beklagten, der eine Kfz-Werkstatt betreibt, warten. Im Rahmen dieser Wartungsarbeiten tauschte der Beklagte u.a. den Keilrippenriemen, den Riemenspanner und den Zahnriemen aus. Aufgrund von Problemen mit der Lenkung bring die Klägerin circa einen Monat später ihr Kfz in die Werkstatt des L – der Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt Betriebsferien. In der Werkstatt des L wird festgestellt, dass der Beklagte den Keilrippenriemen nicht richtig gespannt hatte und dieser daher gerissen war. Infolgedessen sind Schäden am Riemenspanner, am Zahnriemen, der Servolenkungspumpe sowie der Lichtmaschine entstanden. Die Klägerin ließ die beschädigten Teile in der Werkstatt des L austauschen und verlangte nun von der Beklagten Schadensersatz. Es stellte sich somit die Frage, ob die entstandenen Schäden unter den Voraussetzungen des Schadensersatz statt der Leistung (§§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB) oder als Mangelfolgeschäden unter den Voraussetzungen des Schadensersatz neben der Leistung (§§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB) ersatzfähig seien.
Der BGH differenzierte insoweit zwischen dem Austausch von Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen und dem Austausch von Servolenkungspumpe und Lichtmaschine.

„Liegt eine Pflichtverletzung in Form einer mangelhaften Werkleistung vor, ist danach zwischen dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB und dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zu unterscheiden. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst damit das Leistungsinteresse des Bestellers. Er erfordert zunächst – vorbehaltlich der geregelten Ausnahmen – eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, um dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit zur Erbringung der geschuldeten Werkleistung, also zur Herstellung des mangelfreien Werks, zu geben. Demgegenüber sind gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB die über das Leistungsinteresse hinausgehenden Vermögensnachteile, insbesondere Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst oder an dessen Vermögen, zu ersetzen:“

Die Schäden an Servolenkungspumpe und Lichtmaschine (diese Teile waren nicht Gegenstand der Wartungsarbeiten des Beklagten) qualifizierte er dabei als Mangelfolgeschäden, die als Schadensersatz neben der Leistung zu ersetzen sind. Das heißt: Eine Fristsetzung war insoweit nicht erforderlich:

„Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten. […]
Von […] Schäden, die im Zuge der Nacherfüllung zwangsläufig entstehen, sind diejenigen Schäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen zu unterscheiden, die durch die mangelhafte Werkleistung verursacht wurden. Sie werden von der Nacherfüllung nicht erfasst, sondern können nur Gegenstand des – verschuldensabhängigen – Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB sein.“

Die Nacherfüllung auch auf Mangelfolgeschäden zu erstrecken – und in der Folge einen Schadensersatzanspruch als Schadensersatz statt der Leistung zu qualifizieren – würde „zu einer nicht gerechtfertigten Einschränkung des Bestellers führen, wenn er bei mangelbedingten (engen) Folgeschäden nicht mehr entscheiden könnte, durch wen sie beseitigt werden sollen. […]Den Interessen des Unternehmers wird in Bezug auf Folgeschäden durch das in § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB geregelte Verschuldenserfordernis hinreichend Rechnung getragen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)
Die Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens qualifizierte das Gericht als Schadensersatz statt der Leistung.

„Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst das Leistungsinteresse des Bestellers. Er knüpft daran an, dass eine ordnungsgemäße Nacherfüllung nicht erfolgt ist. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich damit nach der Reichweite der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gemäß § 634 Nr. 1, § 635 BGB auf Herstellung des geschuldeten Werks gerichtet ist, bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.“

Damit wäre hinsichtlich der Schäden an Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen eine Fristsetzung grundsätzlich erforderlich gewesen. Eine solche hatte die Klägerin nicht gesetzt. Der BGH stellte jedoch fest, dass eine Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich sei, da besondere Umstände vorlägen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigten:

„Solche Umstände sind hier zu bejahen. Danach besteht ein besonderes Interesse der Klägerin an einer einheitlichen Reparatur, bei der die erforderlichen Austauscharbeiten im Zuge der Beseitigung der wirtschaftlich im Vordergrund stehenden Folgeschäden an der Lichtmaschine und der Servolenkung miterledigt werden. Demgegenüber tritt das – grundsätzlich bestehende – Interesse des Beklagten an der Möglichkeit einer Nacherfüllung betreffend Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen zurück […].

 
BAG, Urteil v. 07.02.2019 – 6 AZR 75/18
Gebot fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen

„Ein Aufhebungsvertrag kann […] unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist. […]
Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte hätte dann Schadensersatz zu leisten. Sie müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies führte zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.“ (Pressemitteilung das BAG, Nr. 6/19 v. 07.02.2019)

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Yannik Beden, M.A.
 
BGH, Urteil v. 02.04.2019 – VI ZR 13/18

„Weiterleben“ als Schaden
Ärzte haften grundsätzlich nicht, wenn sie einen Patienten länger als medizinisch sinnvoll am Leben erhalten und somit sein Leiden verlängern.
Geklagt hatte der Sohn eines an fortgeschrittener Demenz leidenden Patienten. Durch künstliche Ernährung sei das krankheitsbedingte Leiden seines Vaters verlängert worden; die Ärzte hätten das Therapieziel dahingehend ändern sollen, dass das Sterben des Patienten durch die Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen zugelassen werde. Der Kläger machte Schmerzensgeld aus ererbtem Recht sowie den Ersatz von Behandlungs- und Pflegeaufwendungen geltend.

„Nach Auffassung des BGH steht dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu. Dabei könne dahinstehen, ob der Beklagte Pflichten verletzt habe. Denn jedenfalls fehle es an einem immateriellen Schaden. Hier stehe der durch die künstliche Ernährung ermöglichte Zustand des Weiterlebens mit krankheitsbedingten Leiden dem Zustand gegenüber, wie er bei Abbruch der künstlichen Ernährung eingetreten wäre, also dem Tod. Das menschliche Leben sei ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert stehe keinem Dritten zu. Deshalb verbiete es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch wenn ein Patient selbst sein Leben als lebensunwert erachten möge mit der Folge, dass eine lebenserhaltende Maßnahme gegen seinen Willen zu unterbleiben habe, verbiete die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich der Rechtsprechung ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden. 
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Ersatz der durch das Weiterleben des Patienten bedingten Behandlungs- und Pflegeaufwendungen zu. Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen sei es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden seien, zu verhindern. Insbesondere dienten diese Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.“ Pressemitteilung des BGH Nr. 40/2019 v. 02.04.2019

Siehe zu dieser besonders examensrelevanten Entscheidung auch die ausführliche Besprechung von Charlotte Schippers. 
 
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15.04.2019/1 Kommentar/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-04-15 09:30:362019-04-15 09:30:36Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 2
Dr. Matthias Denzer

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 1

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Viele Examenskandidaten stehen unmittelbar vor dem Antritt ihres „Freischusses“ im nächsten Monat. Empfehlenswert ist es dabei stets, sich die Rechtsprechung der letzten Monate noch einmal vor Augen zu führen – angesichts des zumeist straffen Zeitplans aus Lernen, Wiederholen und der Teilnahme am Klausurenkurs kein leichtes Unterfangen. In unserem Rechtsprechungsüberblick sollen daher die – aus unserer Sicht – examensrelevanten Entscheidungen auf ihre wesentlichen Aussagen reduziert dargestellt werden. Teil 2 des Rechtsprechungsüberblicks im Zivilrecht erscheint nächsten Montag (15.4.2019).
Einen Rechtsprechungsüberblick für die Monate Juli – September 2019 findet ihr unter den folgenden Links:
            Rechtsprechungsüberblick Zivilrecht (Juli – September 2018)
            Rechtsprechungsüberblick Strafrecht (Juli – September 2018)
            Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Juli – September 2018)
 
BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – XII ZB 231/18
Kann die Ehefrau der ein Kind gebärenden Frau als Mit-Elternteil im Geburtenregister eingetragen werden?
Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kinders der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Der BGH verneinte die Frage, ob diese Regelung direkt oder analog auch auf die Ehefrau der in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebenden Mutter eines Kindes Anwendung finde:

„Die Ehefrau der ein Kind gebärenden Frau wird weder in direkter noch in entsprechender Anwendung des § 1592 Nr. 1 BGB Mit-Elternteil des Kindes. Die darin liegende unterschiedliche Behandlung von verschieden- und gleichgeschlechtlichen Ehepaaren trifft nicht auf verfassungs- oder konventionsrechtliche Bedenken.“ (Leitsätze 1 und 2)

 
BGH, Urteil v. 16.10.2018 – XI ZR 69/18
Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen
Grundsätzlich beträgt die Widerrufsfrist bei Verbraucherdarlehensverträgen 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB) ab Vertragsschluss und Aushändigung der Vertragsurkunde, die die nach § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Pflichtangaben enthalten muss (§ 356b Abs. 1, 2 BGB). Dazu gehört insbesondere auch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. (Gesetzesangaben entsprechen der Neufassung v. 13.06.2014.)
Im entschiedenen Fall schloss der Kläger mit der Beklagten im September 2005 einen Verbraucherdarlehensvertrag. Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung enthielt dieser nicht, die Widerrufsfrist begann damit nach § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen. Im September 2011 einigte sich der Kläger mit der Beklagen auf eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags und zahlte an die Beklagte eine „Vorfälligkeitsentschädigung“. Die Beklagte gab daraufhin vom Kläger bestellte Sicherheiten frei. Im November 2014 widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
Der BGH führte aus, dass das Widerrufsrecht des Klägers 9 Jahre nach Abschluss des Darlehnsvertrags und drei Jahre nach der vorzeitigen Beendigung verwirkt sei:

„Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. […] Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen.“

Solche Umstände hat der BGH in der Freigabe von Sicherheiten gesehen:

„Dem steht nicht entgegen, dass der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten ohnehin freizugeben hätte. Vom Darlehensgeber bestellte Sicherheiten sichern regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB. Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an. Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag, kann darin die Ausübung beachtlichen Vertrauens im Sinne des § 242 BGB liegen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17
Ausübung eines Gestaltungsrechts (hier: Widerruf gem. § 312b, 312g, 355 f. BGB) nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung

„Der Vortrag einer Partei, dass ein Gestaltungsrecht erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung ausgeübt worden ist – vorliegend durch die Erklärung des Widerrufs gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB – ist grundsätzlich unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Denn die prozessrechtliche Präklusionsvorschrift in § 531 Abs. 2 ZPO soll die Parteien lediglich dazu anhalten, zu einem bereits vorliegenden und rechtlich relevanten Tatsachenstoff rechtzeitig vorzutragen (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 102). Sie verfolgt hingegen nicht den Zweck, auf eine (beschleunigte) Veränderung der materiellen Rechtslage hinzuwirken.“

 
BGH, Urteil v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17
Zur Sachmängelhaftung eines mit einem Softwarefehler behafteten Neufahrzeugs

„Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn die Software der Kupplungsüberhitzungsanzeige eine Warnmeldung einblendet, die den Fahrer zum Anhalten auffordert, um die Kupplung abkühlen zu lassen, obwohl dies auch bei Fortsetzung der Fahrt möglich ist.
An der Beurteilung als Sachmangel ändert es nichts, wenn der Verkäufer dem Käufer mitteilt, es sei nicht notwendig, die irreführende Warnmeldung zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer zugleich der Hersteller des Fahrzeugs ist.“ (Leitsatz 1a und b)
 

BGH, Urteil v. 07.11.2018 – XII ZR 109/17
Werbung auf einem Kraftfahrzeug gegen Entgelt – Qualifizierung des Vertragstyps

„In der Zurverfügungstellung einer konkreten Werbefläche auf dem der Klägerin gehörenden Fahrzeug liegt eine Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 BGB, bei der es einer Besitzverschaffung ausnahmsweise nicht bedarf. Die Überlassung einer Werbefläche auf einem in Benutzung der Bildungseinrichtung stehenden Kraftfahrzeug unterscheidet sich rechtlich nicht von der Reklame an Straßenbahnen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Mietverhältnis qualifiziert worden ist. Soweit der Senat ähnlich gelagerte Werbegestattungen als Rechtspacht eingestuft hat, führt dies gemäß § 581 Abs. 2 BGB ebenfalls zur Anwendung von Mietrecht.
Dem steht auch nicht das Urteil des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 1984 (X ZR 93/83 – NJW 1984, 2406, 2407) entgegen. In jenem Fall lag der Schwerpunkt – anders als im vorliegenden Fall – ersichtlich auf werksvertragstypischen Leistungen.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 07.11.2018 – IX ZA 16/17
Zur Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

„Die Kläger meinen zu Recht, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters ergebe sich daraus, dass dieser als Mitverfasser eines Geleitworts zu einer Festschrift anlässlich des 70. Geburtstags des Beklagten dessen Person und Lebenswerk in heraushebender Weise gewürdigt hat. In dem Geleitwort bezeichnet der abgelehnte Richter den Beklagten als einen Mann, „der sich wie kein zweiter in vielfältiger Weise um das Insolvenzrecht und die angrenzenden Rechtsgebiete verdient gemacht“ habe; der „zu der seltenen Spezies Insolvenzverwalter gehört, die unternehmerisches Denken mit scharfsinniger juristischer Analyse verbinden können“, der „unternehmerisch mit dem bestmöglichen Bemühen um die Sanierung als die ökonomisch vorzugswürdige Lösung“ vorgehe, „mit seinen Publikationen seine Qualifikation als Vordenker für die Praxis“ beweise und „den Acker «Insolvenz und Sanierung» in sehr unterschiedlichen, einander aber immer wieder befruchtenden Funktionen bestellt und daraus reiche Ernte hervorgebracht“ habe.
Die damit verlautbarte Hochachtung nicht nur von Person und Lebenswerk des Beklagten, sondern auch seiner besonderen insolvenzrechtlichen Treffsicherheit und seiner Vorbildfunktion für Insolvenzverwalter, kann bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, in einem Rechtsstreit, in dem der Beklagte wegen angeblicher Pflichtverletzung bei der Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.“

 
BGH, Urteil v. 14.11.2018 – XII ZB 107/18
Zur Auslegung einer Patientenverfügung

„Urkunden über formbedürftige Willenserklärungen sind nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen dabei aber nur berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille des Erklärenden in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat.“ (2. Leitsatz)

 
BGH, Urteil v. 05.12.2018 – VIII ZR 271/17
Gefahr einer Schimmelpilzbildung aufgrund von Wärmebrücken in den Außenwänden als Mangel der Mietsache bei Altbauwohnung

„Wärmebrücken in den Außenwänden einer Mietwohnung und eine deshalb – bei unzureichender Lüftung und Heizung – bestehende Gefahr einer Schimmelpilzbildung sind, sofern die Vertragsparteien Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache nicht getroffen haben, nicht als Sachmangel der Wohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht.
Welche Beheizung und Lüftung einer Wohnung dem Mieter zumutbar ist, kann nicht abstrakt-generell und unabhängig insbesondere von dem Alter und der Ausstattung des Gebäudes sowie dem Nutzungsverhalten des Mieters, sondern nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bestimmt werden“ (Leitsätze, Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 06.12.2018 – VII ZR 71/15
Zur Bemessung des Schadens nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bei Nichtbeseitigung der Mängel im Rahmen eines Werkvertrags

„Die Ermittlung der Höhe des Vermögensschadens der Klägerin durch das Berufungsgericht beruht auf der Annahme, er lasse sich nach den erforderlichen, tatsächlich jedoch nicht angefallenen (Netto-)Mängelbeseitigungskosten […] bemessen, wenn der Besteller den Mangel eines Werks […] nicht beseitigt hat. Diese im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats stehende Auffassung trifft nicht zu. Der Senat hat […] unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Besteller, der den Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen kann.“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
BGH, Urteil v. 19.12.2018 – XII ZR 5/18
Zur Verjährung des Anspruchs des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache
Der Beklagte mietete Räumlichkeiten des Vermieters zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros an. Teile dieser Räumlichkeiten nutze der Beklagte zu Wohnzwecken. Der Vermieter machte gegen den Mieter einen Anspruch auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache nach § 541 BGB geltend. Dem wendet der Beklagte die Einrede der Verjährung entgegen.

„Der Bundesgerichtshof hat für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts bereits entschieden, dass bei einer zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnraum der Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer aus § 1004 Abs. 1 BGB bzw. § 15 Abs. 3 WEG nicht verjährt, solange die Nutzung andauert. Zur Begründung wurde dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass in diesem Fall der Schwerpunkt der Störung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung liegt, sondern die übrigen Wohnungseigentümer in gleicher Weise dadurch beeinträchtigt werden, dass die zweckwidrige Nutzung dauerhaft aufrechterhalten wird“ (Nachweise in Zitat ausgelassen)

 
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10.04.2019/2 Kommentare/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2019-04-10 09:30:002019-04-10 09:30:00Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick – Zivilrecht (Oktober 2018 – März 2019) – Teil 1
Dr. Yannik Beden, M.A.

Examensrelevante Entscheidung des BAG: Gebot fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen

Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Ein für die zivilrechtliche Examensprüfung besonders relevantes Urteil hat der Sechste Senat des BAG am 7.2.2019 – 6 AZR 75/18 gefällt. Das Gericht hat nochmals Stellung zum Widerruf von Aufhebungsverträgen bei Arbeitsverhältnissen genommen und sich darüber hinaus zum bislang wenig diskutierten „Gebot fairen Verhandelns“ geäußert. Die Entscheidung legt nahe, dass dieser schuldrechtliche Grundsatz in der arbeitsrechtlichen Praxis nunmehr zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, nicht zuletzt, da ihm ähnliche Erwägungen vorgeschaltet sind wie dem Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen. In der Folge muss damit gerechnet werden, dass die Entscheidung auch Einzug in die Examensprüfungen finden wird. Ein vertiefter Blick in das Urteil des BAG ist deshalb dringend geboten:
I. Der Sachverhalt (Pressemitteilung entnommen)
„Die Klägerin war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten der Beklagten einen Aufhebungsvertrag, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsieht. Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen sind umstritten. Nach Darstellung der Klägerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie hat den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wendet sie sich ua. gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.“
II. Kein Widerrufsrecht des Arbeitnehmers nach §§ 312 I, 312g I, 355 BGB
Der Sechste Senat stellte zunächst fest, dass dem Vortrag der Arbeitnehmerin keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Anfechtungsgrunds entnommen werden konnten. Ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB stünde ihr ebenso wenig zu: Nach der gefestigten Rechtsprechung des BAG sind Arbeitnehmer zwar Verbraucher i.S.v. § 13 BGB. Gleichermaßen entspricht es der Judikatur des Gerichts zur alten Gesetzeslage, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht vom Anwendungsbereich der Widerrufsvorschriften umfasst werden sollen (BAG Urteil v. 27.11.2003 – 2 AZR 135/03, NZA 2004, 597). Dieses Verständnis legte auch die Vorinstanz zugrunde: Das streitgegenständliche Widerrufsrecht stelle ein „vertragstypenbezogenes Verbraucherschutzrecht“ dar und finde nur bei besonderen Formen des Vertriebs Anwendung – der Arbeitsvertrag und der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertragen fielen hierunter eben nicht (LAG Niedersachsen Urteil v. 7.11.2017 – 10 Sa 1159/16, NZA-RR 2018, 361 (362). Blickt man in die Gesetzesmaterialien zum reformierten Verbraucherwiderrufsrecht, bestätigt sich diese Bewertung nochmals. Ein Verbrauchervertrag liegt danach nur vor, wenn ein Unternehmer (§ 14 BGB) zur Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung und der Verbraucher (§ 13 BGB) zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet werden (BT-Drucks. 17/12637, S. 45). Da der Aufhebungsvertrag keine entgeltliche Leistung des Arbeitgebers zum Gegenstand hat, fehlt es insofern bereits an der zuvor erläuterten vertraglichen Charakteristik von Verbraucherverträgen. Auch § 312 Abs. 1 BGB spricht von einer „entgeltlichen Leistung“ des Unternehmers. Dass eine solche fehlt dürfte wohl auch dann anzunehmen sein, wenn der Aufhebungsvertrag eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer vorsieht. Auch diese kann offenkundig weder als Warenlieferung noch als Erbringung einer Dienstleistung verstanden werden.
Damit steht fest: Dass der Aufhebungsvertrag in den Räumlichkeiten der Wohnung der Arbeitnehmerin abgeschlossen wurde führte deshalb nicht darüber hinweg, dass ihr kein Widerrufsrecht für ein außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers geschlossenes Rechtsgeschäft zusteht. Der Aufhebungsvertrag konnte von der Beschäftigten weder wirksam angefochten noch widerrufen werden. Allerdings war das rechtliche Schicksal des Arbeitsverhältnisses damit noch nicht besiegelt. Das BAG führt nunmehr eine neue Überlegung ein, die bei genauerer Betrachtung das Fehlen eines Verbraucherwiderrufsrechts in gewisser Hinsicht „abfedert“.
III. Aber: Gebot fairen Verhandelns als vertragliche Nebenpflicht – § 280 I 1 BGB
Auch wenn dem Arbeitnehmer bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags außerhalb der Räumlichkeiten im Betrieb des Arbeitgebers kein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht, liegt auf der Hand, dass eine „Überrumpelungsgefahr“ oftmals nicht auszuräumen ist. Aufgrund des dem Arbeitsvertrag immanenten Abhängigkeitsverhältnisses sowie der strukturellen Disparität von Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann im Einzelfall Grund zur Annahme bestehen, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht vollständig aus freien Stücken hat schließen wollen. Es stellt sich dann die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang derartige Umstände rechtlich zu berücksichtigen sind. Das BAG erkennt die Problemstellung und reagiert hierauf mit einem Rückgriff auf ein Rechtsinstitut, das in der Literatur bereits mehrfach Anklang gefunden hat. Mit dem sog. Gebot fairen Verhandelns soll der allgemeinen Gefahr einer potentiellen Überrumpelung des Arbeitnehmers über das Statuieren von Informationspflichten vorgebeugt werden (Thüsing, RdA 2005, 257 (268)). Bereits im Diskurs über eine etwaige analoge Anwendung der §§ 312 ff. BGB auf arbeitsvertragliche Aufhebungsverträge wurde argumentiert, dass eine Regelungslücke schon fehle, weil durch das Gebot fairen Verhandelns die strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmer hinreichend Berücksichtigung finde (Däubler, NZA 2001, 1329 (1334); Henssler, RdA 2002, 129 (135)). Es handelt sich mithin um einen Rechtsgedanken, der dem Arbeitsrecht seit einiger Zeit vertraut ist.
Was aber folgt nun konkret aus diesem Gebot? Das BAG stellt in seiner Entscheidung ausdrücklich fest, dass das Gebot fairen Handelns eine vertragliche Nebenpflicht sei. Verletzt werde sie, wenn eine der Vertragsparteien z.B. eine psychische Drucksituation schaffe, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erhebliche erschwere. In seinen Grundzügen soll das Gebot fairen Verhandelns also vor zumindest ähnlichen Fehlentscheidungen schützen, die auch mit dem Widerrufsrecht für Verbraucher adressiert werden. Allerdings werden bereits an dieser Stelle maßgebliche Unterschiedliche deutlich: Das Widerrufsrecht kann bedingungslos in Anspruch genommen werden, an das Gebot fairen Verhandelns können Rechtsfolgen nur geknüpft werden, wenn der Arbeitgeber eine schuldhafte Pflichtverletzung begeht. Im Einzelnen urteilte das BAG, dass eine psychische Drucksituation etwa in der krankheitsbedingten Schwäche der klagenden Arbeitnehmerin gesehen werden könnte, die der Arbeitgeber ggf. zu seinen Gunsten ausgenutzt hat. Verletzt der Arbeitgeber das Gebot fairen Verhandelns und damit eine vertragliche Nebenpflicht (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB), ist gem. § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich Naturalrestitution zu leisten. Das BAG schlussfolgert daraus, dass die Arbeitnehmerin so zu stellen sei, wie sie stünde, hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Im Ergebnis führt der Schadensersatzanspruch dann zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Damit kann festgehalten werden, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nunmehr nicht ausschließlich im Lichte des Anfechtungsrechts betrachtet werden müssen. Auch aus dem allgemeinen Schadensersatzrecht können sich Auswirkungen auf das rechtliche Schicksal des Aufhebungs- und damit auch Arbeitsvertrags ergeben, nämlich dann, wenn der Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen ist.      
IV. Kurze Summa
Die Wirksamkeit arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge muss in der (Examens-)Klausur nunmehr unter einem weiteren Gesichtspunkt geprüft werden. In einem ersten Schritt gilt es wie gewohnt zu prüfen, ob der Aufhebungsvertrag durch wirksame Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB ex-tunc nichtig ist. Ist das zu verneinen, sollte eine kurze Auseinandersetzung mit den §§ 312 ff. BGB stattfinden, mit dem Ergebnis, dass der Vertragstypus des Aufhebungsvertrags nicht unter die Verbraucherschutzvorschriften fällt. Zuletzt muss dann ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB geprüft werden, wobei das Gebot fairen Verhandelns als vertragliche Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag den Anknüpfungspunkt bildet. Auf der Rechtsfolgenseite sollte dann herausgearbeitet werden, dass sich § 249 BGB auf die Wiederherstellung das status quo ante bezieht, das Arbeitsverhältnis mithin fortbesteht. Wer diese Punkte sauber abarbeitet, sollte eine stringente Lösung präsentieren können.
 
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25.03.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2019-03-25 09:30:352019-03-25 09:30:35Examensrelevante Entscheidung des BAG: Gebot fairen Verhandelns bei Aufhebungsverträgen
Dr. Yannik Beden, M.A.

BAG: Änderung der Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung

Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Eine der derzeit rechtspolitisch kontroversesten Vorschriften des Befristungsrechts ist erneut Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Mit seinem Urteil vom 23.1.2019 – 7 AZR 733/16 äußert sich das BAG nochmals zur Reichweite der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG – und vollzieht dabei eine klare Kehrtwende von seiner bisherigen Judikatur. Die Entscheidung ist nicht nur für die arbeitsrechtliche Praxis von höchster Bedeutung, denn auch im Examen können die Grundzüge des Individualarbeitsrechts abgeprüft werden. Kenntnisse zur Befristung von Arbeitsverträgen sollten deshalb zumindest überblicksartig bei jedem Kandidaten vorhanden sein. Aufgrund der Aktualität der Entscheidung gilt es deshalb umso mehr, sich mit der sachgrundlosen Befristung vertieft zu beschäftigen:
I. Befristung eines Arbeitsvertrags mit und ohne sachlichen Grund
Wollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keinen unbefristeten Arbeitsvertrag, der nach Ablauf der Wartezeit den Schutzbestimmungen des KSchG unterläge, abschließen, können sie das Beschäftigungsverhältnis auch für nur vorübergehende Zeit eingehen. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gibt in § 14 zwei Möglichkeiten vor: Nach § 14 Abs. 1 TzBfG kann der Arbeitsvertrag befristet werden, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 – 8 TzBfG enthält sodann einen nicht abschließenden Katalog an Gründen, die eine Befristung rechtfertigen können. Aus Arbeitgebersicht ist die Befristung mit sachlichem Grund in mehrerer Hinsicht problematisch: Zunächst bedarf es überhaupt eines anerkennenswerten Grundes für die Befristung. Der Arbeitgeber ist dabei für das Vorliegen eines solchen Grundes beweisbelastet. Wird der Vertrag befristet geschlossen und besteht jedoch tatsächlich kein Sachgrund, ordnet § 16 S. 1 Hs. 1 TzBfG an, dass der Vertrag als unbefristet geschlossen gilt. Das Gesetz ordnet also die Fiktion eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses an. Mit anderen Worten: Sachgrundbefristungen gehen aus Arbeitgebersicht mit diversen Transaktions- und Prozessrisiken einher.
Um das Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers dennoch angemessen zu berücksichtigen, sieht § 14 Abs. 2 TzBfG die Möglichkeit zur Vertragsbefristung ohne eines solchen Sachgrundes vor. Danach ist eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages möglich. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG sieht allerdings eine Einschränkung dieses Instruments vor: Eine Befristung ohne sachlichen Grund ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Entscheidend ist demzufolge das Kriterium der Vorbeschäftigung. War der Arbeitnehmer bereits im Unternehmen des Arbeitgebers (auf den einzelnen Betrieb kommt es nicht an) in der Vergangenheit tätig, kommt eine Befristung ohne Sachgrund nicht mehr in Betracht. Hierdurch sollen vor allem Befristungsketten vermieden werden. Auch weiß der Arbeitgeber bei einer Vorbeschäftigung bereits um die Person und Fähigkeiten des Arbeitnehmers. Die maßgebliche Frage ist indes: Was ist unter dem Begriff der Vorbeschäftigung zu verstehen? Und wie weit kann diese zurückliegen, um die Sperrwirkung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG auszulösen?
II. Bisherige Rechtsprechung des BAG / entgegenstehender Beschluss des BVerfG

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG ist der Begriff der Vorbeschäftigung rein zeitlich zu verstehen gewesen. Das Gericht nahm an, dass Arbeitsverhältnisse, die länger als drei Jahre zurückliegen, nicht das Verbot der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG auslösen:

„Der Senat hat sich dabei insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit statt der ebenso in Betracht kommenden Anknüpfung an die Art und Dauer der Vorbeschäftigung für eine zeitliche Grenze entschieden, nach deren Überschreitung eine Vorbeschäftigung i. S. des § 14 II 2 TzBfG nicht mehr anzunehmen ist. Für die genaue Festlegung des zeitlichen Abstands zwischen dem Ende des vorangegangenen und dem Beginn des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses war in erster Linie der Zweck des § 14 II 2 TzBfG, „Befristungsketten“ und den Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zu verhindern, maßgeblich. Ein Zeitraum von drei Jahren erscheint geeignet, erforderlich und angemessen, der Missbrauchsverhinderung Rechnung zu tragen.“ (BAG v. 6.4.2011 – 7 AZR 716/09, NZA 2011, 905)

Das Gericht begründete diese Auslegung damit, dass eine schutzzwecküberschießende und die Berufsfreiheit unverhältnismäßig beschränkende Folge durch die zeitliche Eingrenzung vermieden werde. Ebenso nahm es eine Parallelwertung zur zivilrechtlichen Regelverjährung nach § 195 BGB vor. Auch dort werde durch die Grenzziehung bei drei Jahren vermieden, dass der Betroffene durch länger zurückliegende Lebenssachverhalte noch in Anspruch genommen wird. Diese Belange der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes seien auch für § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG maßgebend.
Dieser Auslegung schob das BVerfG im Jahr 2018 einen Riegel vor (Beschl. v. 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, NZA 2018, 774). Das Fachgericht ersetze das gesetzliche Regelungskonzept der nur einmaligen sachgrundlosen Befristung durch das Konzept einer wiederholt möglichen sachgrundlosen Befristung nach Einhaltung einer Karenzzeit, das den vom Gesetzgeber gewollten Ausschluss von Kettenbefristungen nicht verwirkliche. Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung würden damit eindeutig überschritten. Das Verbot von Kettenbefristung sei durch die bisherige Handhabe der Norm konterkariert, zumal auch eine unzumutbare Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Interessen der betroffenen Arbeitnehmer hierdurch nicht vermieden werde. Das Ergebnis ist eindeutig: Es bedarf einer neuen Entscheidung des BAG zur (verfassungskonformen) Auslegung des Vorbeschäftigungsbegriffs.
III. Kehrtwende im aktuellen Urteil vom 23.1.2019
Mit seinem Urteil vom 23.1.2019 erklärt der Siebte Senat des BAG nun ausdrücklich die aufgrund der Entscheidung des BVerfG angezeigte Kehrtwende von seiner bisherigen Rechtsprechung: Der Begriff der Vorbeschäftigung i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG könnenicht dahingehend ausgelegt werden, dass vergangene Beschäftigungsverhältnisse, die länger als drei Jahre zum Zeitpunkt des Abschlusses der Befristungsabrede zurückliegen, kategorisch nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen. Die Grenzen vertretbarer Gesetzesauslegung würden hierdurch – entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts – überschritten, da der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit erkennbar nicht regeln wollte. Damit steht zunächst fest, dass eine starre Begrenzung des Vorbeschäftigungsbegriffs auf eine absolute Zahl, die losgelöst von den Umständen des konkreten Beschäftigungsverhältnisses für alle Befristungen generell gelten soll, nicht (mehr) möglich ist. Allerdings geht das BAG nicht so weit, hieraus im Umkehrschluss zu folgern, dass sämtliche Vorbeschäftigungen, mögen sie auch noch so weit zurückliegen und inhaltlich vollkommen anders ausgestaltet gewesen sein, unter die Präklusionsvorschrift fallen:

„Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.“

Nach dem jetzigen Normverständnis des Gerichts bedarf es also keiner starren Karenzzeit, vielmehr muss neben der zeitlichen Prüfung des einzelnen Arbeitsverhältnisses auch ein inhaltlicher Abgleich der vergangenen und aktuellen Beschäftigung des Arbeitnehmers vorgenommen werden. Klarheit bringt das Urteil deshalb dahingehend, dass der Vorbeschäftigungsbegriff nicht sämtliche Beschäftigungen der Vergangenheit miteinbezieht. Andererseits liegt auf der Hand, dass durch die nunmehr vorgesehene Einzelfallprüfung deutlich mehr Rechtsunsicherheit für Arbeitgeber besteht. Letztlich kann diese nur reduziert werden, indem das BAG durch einzelfallbezogene Entscheidungen einen groben Orientierungsrahmen vorgibt; dies gilt insbesondere für die zeitliche Komponente der Befristungskontrolle. Der Entscheidung vom 23.1.2019 lag ein Fall zugrunde, in dem die Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers acht Jahre zurücklag. Das BAG stellte fest, dass diese Zeitspanne nicht ausreiche, um von einer Vorbeschäftigung ausgehen zu können, die „sehr lang zurückliegt“. Im Ergebnis war das Befristungsverbot nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG deshalb im zu entscheidenden Rechtsstreit anwendbar.
IV. Zusammenfassung und Ausblick
Das Befristungsverbot bei Vorbeschäftigung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG kann nicht als starre Karenzzeit von drei Jahren verstanden werden. Nach Auffassung des BAG bedarf es jedoch im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung des Vorbeschäftigungsbegriffs einer an Sinn und Zweck der Norm orientierten Begrenzung. Dies läuft im Ergebnis auf eine zeitliche und inhaltsbezogene Gesamtwürdigung des individuellen Arbeitsverhältnisses hinaus, die angesichts der bislang noch fehlenden Konturierung durch die Fachgerichte zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen wird. Abzuwarten bleibt, ob der Gesetzgeber auf die derzeitige Entwicklung in der Rechtsprechung reagieren wird. Da eine Reform der sachgrundlosen Befristung sowieso beabsichtigt ist, wäre eine gesetzgeberische Neuformulierung des Vorbeschäftigungsverbots sinnvoll und naheliegend.
 
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28.01.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Gastautor

Jur:next Urteil: „Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses“

Arbeitsrecht, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Der nachfolgende Beitrag stammt aus unserer gemeinsamen Kooperation mit jur:next und befasst sich mit einem examensrelevanten Urteil des BAG, welches über das Vorliegen von Ansprüchen auf Unterlassung und Schmerzensgeld in einer arbeitsrechtlichen Fallgestaltung zu entscheiden hatte.
BAG Urteil vom 19.02.2015 – 8 AZR 1011/13
Videoaufnahme eines Arbeitnehmers in Werbefilm des Arbeitgebers, Unterlassungsanspruch und Widerruf der Einwilligung nach § 22 KUG
Entscheidungsname: Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses
Fundstelle: Entscheidungsdatenbank des BAG (http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi- bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid=9ee988b47de1f04c8beab428bb a65ad1&nr=18052&pos=0&anz=1)
Problemaufriss
Kernfrage des hier besprochenen BAG-Urteils ist, ob und wann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses verlangen kann, dass dieser z.B. Videos mit Aufnahmen des Arbeitnehmers nicht mehr verwendet.
Anspruchsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch ist §§ 1004 I 2, 823 I, II BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG und Art. 1 I, 2 I GG. Das BAG legt in seinem Urteil lehrbuchhaft das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22,23 KUG dar und stellt das Verhältnis von KUG und BDSG dar.
Ferner klärt das BAG die sehr relevante Frage, ob eine Einwilligung des Arbeitnehmers der Schriftform bedarf (i.E. ja) und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung widerrufen werden kann (nämlich nur mit substantiiertem Grund).
Gem. § 241 Abs. 2 BGB sind die Interessen des Arbeitgebers, nämlich das Veröffentlichungsinteresse und das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung des erstellten Videomaterials, sowie die Interessen des Arbeitnehmers, nämlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, in Einklang zu bringen.
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung eines Videos zu Werbezwecken im Internet sowie um die Zahlung eines vom Kläger beanspruchten Schmerzensgeldes.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik. Mit Arbeitsvertrag vom 10. Januar 2007 trat der Kläger am 15. Januar 2007 als Monteur in ihre Dienste. Am 30. Oktober 2008 erklärte der Kläger – wie 25 weitere Arbeitnehmer der Beklagten – durch Unterschrift auf einer Namensliste, dass Filmaufnahmen von seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten „verwendet und ausgestrahlt werden dürfen“. Auf dieser Grundlage ließ die Beklagte 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wurde. Der Kläger ist in zwei kurzen Sequenzen von jeweils zwei bis drei Sekunden zu sehen, nämlich einmal an einem Schaltschrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend. In der Folgezeit konnte das Video im Rahmen eines neuen Internetauftritts der Beklagten von ihrer Homepage aus angesteuert und eingesehen werden.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 15. September 2011. Mit Anwaltsschreiben vom 4. November 2011 ließ der Kläger den Widerruf seiner „möglicherweise“ erteilten Einwilligung zur Verwendung seiner Bilder erklären und die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 13. November 2011 auffordern, das Video von der Homepage zu entfernen. Ein vom Kläger eingeleitetes einstweiliges Verfügungsverfahren blieb in zwei Instanzen erfolglos. Die Beklagte hat am 26. Januar 2012 das Video von der Homepage genommen, sich jedoch vorbehalten, es in Zukunft erneut auf diesem Wege zu veröffentlichen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anfertigung und Veröffentlichung der Videoaufnahme stelle die Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 BDSG dar, zu der der Kläger nicht formwirksam im Sinne des § 4a BDSG seine Einwilligung erteilt habe. Die Formvorschriften des BDSG seien nicht eingehalten worden, sodass die Beklagte die Daten des Klägers von Anfang an nicht habe nutzen dürfen. Daraus resultiere sowohl der Unterlassungsanspruch des Klägers nach § 35 BDSG, als auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus den §§ 611, 242 BGB aufgrund der mehrjährigen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Selbst wenn von einer wirksam erteilten Einwilligung auszugehen wäre, sei diese von vornherein auf die Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses begrenzt gewesen. Zudem ergebe sich der Unterlassungs- und Schmerzensgeldanspruch auch aus den §§ 823, 1004 BGB.
Der Kläger begehrt Unterlassung der weiteren Verbreitung des Videos sowie ein angemessenes Schmerzensgeld für die erfolgte Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der Sachverhalt sei nach dem – spezielleren – § 22 KUG zu beurteilen. Die danach an eine wirksame Einwilligung zu stellenden Anforderungen seien erfüllt. Die Einwilligung sei zeitlich unbefristet, jedenfalls aber nicht befristet auf das Ende des Arbeitsverhältnisses vom Kläger erteilt worden. Gründe für einen Widerruf dieser Einwilligung habe der Kläger nicht vorgetragen. Zudem liege ein individueller Bezug zur Person und zur Persönlichkeit des Klägers bei beiden fraglichen Videoszenen nicht vor. In Ermangelung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, komme ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers nicht in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 12. Dezember 2013 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Das BAG hat die Revision des Klägers zurück gewiesen.
Entscheidung des Gerichts

Das Gericht weist die zulässige Revision als unbegründet zurück. Die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung hat der Kläger wirksam erteilt. Die Einwilligung war nicht auf den Bestand des Arbeitsvertrages befristet. Einen Grund für den nun erklärten Widerruf hat der Kläger nicht dargelegt. Es besteht daher kein Anspruch auf Unterlassung oder Schmerzensgeld.
1. Anspruch auf Unterlassung aus §§ 1004 I 2, 823 I, II BGB, §§ 22,23 KUG und Art. 1I, 2 I GG
a) Einwilligung erforderlich nach § 22 KUG
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Das Persönlichkeitsrecht kann nur dann tangiert sein, wenn die abgebildete Person überhaupt erkennbar und individualisierbar ist. „Bildnisse“ einer Person dürfen nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 S. 1 KUG. Eine Ausnahme besteht nach § 23 I Nr. 1 KUG nur bei Personen der Zeitgeschichte. Dies war jedoch im vorliegenden Sachverhalt nicht relevant.
Das BDSG ist gem. § 1 III 1 BDSG subsidiär. Andere Bundesvorschriften wie das KUG gehen hier vor. Hier geht es um die Veröffentlichung von Videoaufnahmen. Auch bewegte Aufnahmen können „Bildnisse“ im Sinne des KUG sein. Um die Erhebung personenbezogener Daten wie im BDSG geregelt geht es gerade nicht.
Da der Kläger in dem Video eindeutig erkennbar und individualisierbar ist, ist § 22 KUG einschlägig. Die „Bildnisse“ des Klägers dürfen daher nur mit seiner Einwilligung verbreitet oder benutzt werden.

b) Wirksamkeit der Einwilligung
Einwilligung ist die vorherige Zustimmung gem. § 183 Satz 1 BGB. Das KUG sieht keine Formerfordernisse vor. Dies stellt einen erkennbaren Widerspruch zu § 4a I 3 BDSG dar, der Schriftform verlangt. Zwar geht das KUG dem BDSG vor, jedoch ist das KUG verfassungskonform auszulegen. Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, wonach die betroffenen Belange, nämlich Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung, abzuwägen sind und zu prüfen ist, ob eine Erlaubnis erforderlich ist und wenn ja in welcher Form.
Das BAG kommt infolge der Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Einwilligung auch und gerade im Arbeitsverhältnis der Schriftform bedarf. Dies folgt aus der erheblichen Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Arbeitnehmer kann im Arbeitsverhältnis völlig frei entscheiden, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen. Hier gilt kein Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO.
Der Kläger als Arbeitnehmer hat im vorliegenden Fall schriftlich und anlassbezogen in die Verwertung der Videoaufnahmen eingewilligt.
c) Ende des Arbeitsverhältnisses irrelevant
Die wirksame Einwilligung ist nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen. Die Einwilligung wurde unbefristet erteilt. Vorliegend dient das Video allein Illustrationszwecken von Betriebsabläufen. Das Video hat keinerlei individuellen Bezug zum Kläger. Daher hätte der Kläger ausdrücklich erklären müssen, dass seine Einwilligung trotzdem nur befristet gilt, das hat er aber nicht.
d) Kein wirksamer Widerruf der Einwilligung
Aus § 241 II BGB und der daraus folgenden Rücksichtnahmepflicht folgt, dass ein Widerruf nicht grundlos erfolgen kann. Es muss eine Abwägung beider Interessen stattfinden. Auf Arbeitgeberseite steht das wirtschaftliche Interesse, das Video kostendeckend zu Werbezwecken zu verwerten. Der Arbeitnehmer hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Wenn in dem Video mit der Person des ausscheidenden Arbeitnehmers bzw. seiner konkret ausgeübten Tätigkeit geworben wird, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass nach seinem Ausscheiden nicht mehr mit seiner Person geworben wird.

Wenn aber – wie hier – der Arbeitnehmer in einer allgemeinen Darstellung gezeigt wird, nicht hervorgehoben, namentlich genannt oder sonst wie individualisiert, so darf der Arbeitgeber das Video auch nach dem Ausscheiden weiter verwerten.
Allein das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis berechtigt nicht zum Widerruf der erteilten Einwilligung. Es bedarf eines darüber hinausgehenden Grundes für den Widerruf. Ein solcher ist hier nicht dargelegt.
2. Anspruch aus §§ 823 I, 253 II BGB, Art. 1 I, 2 I GG auf Schmerzensgeld
Ein Schmerzensgeldanspruch für eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung auf Ersatz des immateriellen Schadens besteht nicht.
Examensrelevanz
Die vorliegende Entscheidung des BAG ist m.E. sehr examensrelevant, da der Problemkreis KUG, allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht am eigenen Bild und daraus folgende Ansprüche auf Unterlassung und Schmerzensgeld Dauerbrenner im Staatsexamen sind. Diese klassische Problematik aus dem Zivilrecht taucht hier in einer arbeitsrechtlichen Fallgestaltung auf. Dies ist zuerst einmal untypisch und muss von den Bearbeitern auch erst einmal erkannt werden. Darüber hinaus sind Besonderheiten des Arbeitsrechts, z.B. die Rücksichtnahmepflichten aus § 241 II BGB, zu beachten.
Die Anspruchsgrundlagen auf Unterlassung und Schmerzensgeld sind nicht ganz leicht zu erkennen. Die hier besprochene Entscheidung prüft diese Ansprüche systematisch durch und wiederholt nebenbei die Rechtsprechung zum Thema KUG. Diese Thematik wird dadurch wieder sehr interessant für eine Examensklausur…

30.06.2015/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-06-30 12:30:562015-06-30 12:30:56Jur:next Urteil: „Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses“
Gastautor

Jur:Next Urteil des Monats: Je älter der Arbeitnehmer, desto erhohlungsbedürftiger…

Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns auch heute wieder einen Beitrag aus der gemeinsamen Kooperation mit jur:next veröffentlichen zu können. Nachfolgend wird ein examensrelevantes Urteil des Bundesarbeitsgerichts besprochen, das auf die Alterdiskriminierung von Arbeitnehmern eingeht.

BAG Urteil vom 21.10.2014 – 9 AZR 956/12: Urlaubsdauer, Staffelung nach dem Alter der Arbeitnehmer, Diskriminierung und Ungleichbehandlung
Fundstelle: Entscheidungsdatenbank des BAG (http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2014-10&nr=17871&pos=16&anz=30)
 
Problemaufriss
Das Urteil des BAG stellt die immer wieder examensrelevante Thematik der Altersdiskriminierung in den Mittelpunkt. In der vorliegenden Entscheidung geht es um die Frage, ob ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ab 58 Jahren freiwillig zwei zusätzliche Urlaubstage gewähren darf oder ob er dadurch andere, jüngere Arbeitnehmer diskriminiert. Relevant werden dabei Normen aus dem AGG sowie der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz.
Interessant und damit examensrelevant macht dieses Urteil, dass eine Ungleichbehandlung wegen des Alters beim Urlaub anders zu behandeln ist als bei der Kündigungsfrist: Bei § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB war lange strittig, ob diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist oder nicht. Inzwischen hat der EuGH im Jahr 2010 (Urteil EuGH vom 19.01.2010 (Rechtssache C-555/07) entschieden, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB eine nicht gerechtfertigte Altersdiskriminierung darstellt. Die Norm verstößt gegen Europarecht und ist damit unwirksam. Solange der Gesetzgeber diesen Passus der Norm nicht streicht, darf die Norm nicht angewendet werden. Das BAG ist dieser Rechtsprechung uneingeschränkt gefolgt.
Anders verhält es sich jedoch in der hier vorliegenden Entscheidung des BAG. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters bei der Gewährung von freiwilligem Zusatzurlaub kann gerechtfertigt und damit zulässig sein.
Leitsatz:
„Gewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 AGG zulässig sein.“
Entscheidend ist daher, dass zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt. Diese ist jedoch nach § 10 Satz 1, 2 und Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt.
Die Rechtfertigung prüft das Gericht beinahe lehrbuchmäßig anhand einer Verhältnismäßigkeitsprüfung entsprechend dem Wortlaut der Norm in § 10 AGG:
Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.“
Die Rechtfertigung nach § 10 AGG schlägt auch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz durch. Eine Diskriminierung liegt daher im Ergebnis nicht vor.
Sachverhalt
Streitgegenstand ist die Höhe des jährlichen Urlaubsanspruchs der Klägerin.
Die Beklagte stellt Schuhe her. Die am 10. April 1960 geborene Klägerin ist seit 1. Juli 1994 dort als Produktionsmitarbeiterin beschäftigt.
Im Arbeitsvertrag vom 13. November 2000 ist vereinbart, dass der jährliche Urlaubsanspruch 34 Tage beträgt. Die Beklagte gewährt allen AN, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, 36 Arbeitstage Jahresurlaub. Die Klägerin wollte mit der Klage feststellen lassen, dass ihr ebenfalls 36 anstatt 34 Urlaubstage zustehen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Urlaubsregelung altersdiskriminierend sei. Die Behauptung, ältere AN benötigen im Produktionsbetrieb längere Erholungsphasen, sei nicht belegt. Das BUrlG stelle bezüglich der Urlaubsdauer auch nicht auf physische Belastung oder das Alter des AN ab. Außerdem gebe es keinen Grund, warum ein gesteigertes Erholungsbedürfnis ausgerechnet mit 58 Jahren entstehen soll. Mit nur 2 zusätzlichen Urlaubstagen könne ein etwaiger erhöhter Erholungsbedarf ohnehin nicht ausgeglichen werden. Bei einem stetig steigenden Erholungsbedarf müsse auch der Urlaub gestaffelt werden. Auch andere AN, wie z.B. junge Eltern, hätten erhöhten Erholungsbedarf, bekämen aber keinen Zusatzurlaub. Daher müsse die Beklagte ihr zwei weitere Urlaubstage gewähren.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Die Regelung sei nicht diskriminierend. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung benötigen ältere AN, gerade wenn sie körperlich anstrengende, ermüdende Arbeiten verrichten, längere Erholungsphasen. Zwei zusätzliche Urlaubstage seien angemessen.
Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage abgewiesen, das LAG hat die Berufung der Klägerin zurück gewiesen. Beide Gerichte sahen keine Diskriminierung. Das BAG hat die Revision der Klägerin im Ergebnis ebenfalls zurück gewiesen.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht weist die zulässige Revision als unbegründet zurück, weil die Urlaubsregelung nicht gem. § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Der Klägerin stehen nach §§ 1, 3 Abs. 1, 7 Abs.1 und Abs. 2 AGG nicht zwei weitere Urlaubstage zu. Der Urlaubsanspruch der Klägerin wird daher nicht „nach oben angepasst“.
Zwar liegt nach Ansicht des BAG auf der ersten Stufe eine Ungleichbehandlung wegen des Alters gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor. Eine Person erfährt allein aufgrund ihres Alters eine andere, weniger günstige Behandlung als eine andere. Die Ungleichbehandlung ist auch unmittelbar, da zwischen der Benachteiligung und einem der in § 1 AGG genannten Gründe – hier dem Lebensalter – ein direkter Kausalzusammenhang besteht. Der Zusatzurlaub von zwei Tagen knüpft allein an die Vollendung des 58. Lebensjahres und damit das Lebensalter an.
Auf der zweiten Stufe bejaht das BAG jedoch eine Rechtfertigung nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Sinn und Zweck dieser Regelung ist u.a. der Schutz älterer AN. Hierbei hat der AG bei der Gewährung von freiwilligen Zusatzleistungen wie hier einen Gestaltungs- und Ermessenspielraum, der nur die Verhältnismäßigkeit nach § 10 S. 1 und 2 AGG („geeignet, erforderlich und angemessen“) einhalten muss. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH sowie dem EU-Recht.
Die Regelung der Beklagten dient allein dem Schutz älterer AN. Durch die zwei zusätzlichen Urlaubstage soll ihrem gesteigerten Erholungsbedürfnis Rechnung getragen werden. Das Gesetz normiert jedoch nicht, wann ein AN „älter“ und damit schutzbedürftiger ist. Fraglich ist daher, ab wann genau der AN aufgrund seines Alters des besonderen Schutzes bedarf.
Das BAG ist 2012 in einer anderen Entscheidung bereits davon ausgegangen, dass bei AN zwischen 50 und 60 ein altersbedingt gesteigertes Erholungsbedürfnis „eher nachvollziehbar“ sei (BAG 20.03.2012 – 9 AZR 529/10).
Die Vorinstanz ist entsprechend der h.M. davon ausgegangen, dass ein steigendes Erholungsbedürfnis im Alter per se ein belastbarer Erfahrungssatz sei. Dagegen wird u.a. die Individualität der Alterungsprozesse eingewandt. Nicht jeder AN ist pauschal ab einem bestimmten Alter erholungsbedürftiger oder kränklicher. Ferner unterscheide auch das BUrlG nicht nach dem Lebensalter. Der Gesetzgeber gehe also auch nicht von einem unterschiedlichen Erholungsbedürfnis aus.
Das BAG schließt sich der Ansicht der h.M. sowie der Vorinstanz an. Erfahrungssätze sind zulässige Hilfsmittel der Tatsacheninstanzen. Zwischen Alter und Krankheitsanfälligkeit gibt es einen Wirkungszusammenhang. Auf dieser Erkenntnis beruhen sämtliche privaten und öffentlichen Systeme der Kranken-, Renten- und Lebensversicherung.
Wenn ein solcher Erfahrungssatz nicht greift oder passt, müssten die Gerichte Sachverständige heranziehen. Hier sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz kein Sachverständigengutachten zu der Frage, dass das Erholungsbedürfnis im Betrieb der Beklagten mit zunehmendem Alter steigt, eingeholt hat.
Die Vorinstanz hatte nämlich überdies festgestellt, dass im Betrieb der Beklagten körperlich anstrengende Arbeiten zu verrichten waren. Bei körperlich anstrengenden Arbeiten gesteht sogar die Gegenmeinung zu, dass ein Zusammenhang zwischen Alter und Erholungsbedürftigkeit bzw. Krankheitsanfälligkeit besteht. Daher durfte das Gericht vom allgemeinen Erfahrungssatz, dass mit zunehmendem Alter bei körperlich anstrengenden Arbeiten das Erholungsbedürfnis steigt, ausgehen.
Das Argument auf die fehlende Altersstaffelung in § 3 BUrlG greift nach Ansicht des BAG nicht durch, weil hier nur das unterste Maß geregelt sei.
Die Regelung der Beklagten ist nach Ansicht des BAG auch geeignet, den Schutz älterer AN zu fördern. Die Geeignetheit ist nicht zu verneinen, nur weil der zusätzliche Urlaub von 2 Tagen den gesteigerten Erholungsbedarf nicht vollständig, sondern nur partiell ausgleicht. Es handelt sich hier um eine freiwillige Leistung des AG, bei der er einen Ermessensspielraum hat.
Die Regelung ist auch erforderlich und angemessen. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Zwar könnte die Beklagte kostenneutral z.B. auch einen zusätzlichen Urlaubstag ab einer niedrigeren Altersgrenze (z.B. 40) gewähren. Es liegt jedoch im Gestaltungsermessen des AG, welche Regelung er hier zum Schutz älterer AN treffen möchte.
Das Argument, dass auch jüngere Menschen z.B. mit kleinen Kindern erhöhten Erholungsbedarf haben, hilft nicht. Denn es ist dem AG nicht zumutbar, für jeden AN individuell, nach seiner momentanen Lebenssituation, einen jeweiligen Urlaubsanspruch zu gewähren. Dies wäre nach Ansicht des BAG nicht mehr praktikabel. Der AG darf daher in einer typisierenden Betrachtung im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes den Schutz älterer AN fördern.
Auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt nichts anderes. Die Klägerin hat auch daraus keinen Anspruch auf zwei weitere Urlaubstage. Denn wenn wie hier eine Rechtfertigung nach § 10 AGG vorliegt, muss dies auch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz „durchschlagen“. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liegt daher auch hier nicht vor.
Bewertung der Entscheidung
Die Entscheidung des Gerichts überzeugt. Das BAG bejaht zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, nimmt aber eine Rechtfertigung zum Schutz älterer AN nach § 10 AGG an. Das BAG prüft die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nach dem AGG streng am Gesetzestext in Form einer ausführlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Alle Argumente der Klägerin, die eine Altersdiskriminierung stützen sollen, widerlegt das Gericht der Reihe nach in seiner Entscheidung.
Interessant ist auch die umstrittene Frage, wann ein Erfahrungssatz herangezogen werden darf und wann ein Sachverständigengutachten einzuholen ist. Auch diese Streitfrage legt das BAG lehrbuchmäßig dar.
Die Entscheidung zeichnet insgesamt eine sehr leichte Lesbarkeit aus. Die Urteilsbegründung ist aus sich heraus sehr gut verständlich. Daher kann diese Entscheidung gut beim Durcharbeiten des sehr examensrelevanten AGG herangezogen werden.
Examensrelevanz
Die Entscheidung hat Examensrelevanz. Zum einen, weil das AGG nach wie vor per se „prüfungsgefährlich“ ist. Zum anderen liegt hier im Unterschied zu § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB der Fall einer gerechtfertigten Ungleichbehandlung wegen des Alters vor. Bei der Gewährung von Zusatzurlaub kann wie im vorliegenden Fall eine Unterscheidung nach dem Alter erfolgen, ohne dass eine Altersdiskriminierung vorliegt. Bei der Berechnung der Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB liegt dagegen eine Altersdiskriminierung vor, die Norm muss daher unangewendet bleiben.
Allein diese Unterscheidung von Altersdiskriminierung bei Berechnung der Kündigungsfrist und Urlaub sowie die damit verbundene „Verwechslungsgefahr“ machen dieses Urteil des BAG examensrelevant.
 

02.03.2015/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-03-02 09:00:432015-03-02 09:00:43Jur:Next Urteil des Monats: Je älter der Arbeitnehmer, desto erhohlungsbedürftiger…
Maria Dimartino

Betriebliche Übung – Anspruch auf Weihnachtsgeld?

AGB-Recht, Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Referendariat, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Beispielsfall:
Arbeitgeber A gewährt Arbeitnehmer B seit 2004 ein Weihnachtsgeld/eine Gratifikation in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. Im Vertrag des B steht folgende Klausel:
„§ 10
… die Zahlung eines Weihnachtsgeldes ist freiwillig und jederzeit widerruflich.“
A geht es dieses Jahr wirtschaftlich schlechter, daher sendet er an die Belegschaft einen Brief mit folgendem Inhalt: „Aufgrund der wirtschaftlich schlechten Lage wird dieses Jahr kein Weihnachtsgeld gezahlt.“
Hat B Anspruch auf Auszahlung eines Weihnachtsgeldes?
 
A. Betriebliche Übung – Anspruch auf Weihnachtsgeld?
I. Was ist eine betriebliche Übung?
Unter einer betrieblichen Übung wird ein Tatbestand verstanden, aufgrund dessen ein Arbeitgeber auch für die Zukunft zu Leistungen verpflichtet wird, die er wiederholt ohne vertragliche Verpflichtung erbracht hat, ohne sich den freiwilligen Charakter der Leistung oder ihre Widerruflichkeit vorzubehalten.
Beispiele:

  • Weihnachtsgeld
  • Urlaubsgeld
  • Jubiläumsgratifikation
  • Pausenregelungen
  • Kostenfreies Parken
  • Anwendung bestimmter Tarifverträge zugunsten des Arbeitnehmers
  • Essensgeld
  • Zusage von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, § 1b Abs. 1 S. 4 BetrAVG
  • Freizeit (Silvester, Heilig Abend, Aschermittwoch, Wäldchestag, Geburtstag etc.)

 II. Wie entsteht eine betriebliche Übung?
1. Gewohnheitsrecht
Teilweise wird vertreten, dass die betriebliche Übung Gewohnheitsrecht wäre (Gamillscheg, FS Hilger und Stumpf, 1983, S. 227, 243 ff.). Dagegen spricht jedoch bereits das Fehlen einer allgemeinen Verkehrssitte. Eine auf einen Betrieb beschränkte „Verkehrssitte“ kann nicht mit einer allgemeinen Verkehrssitte gleichgestellt werden (vgl. Richardi/Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, § 8 Rn. 2).
2. Vertrauenstheorie
In der Lehre wird die Vertrauenstheorie vertreten, hier entsteht durch die wiederkehrende Gewährung von gleichförmigen Leistungen dem Arbeitnehmer nach Treu Glauben ein Vertrauenstatbestand, welcher Grund für die Fortsetzung der bisherigen Übung ist (vgl. Canaris, Die Vertrauenshaftung im dt. Privatrecht, 1971, S. 387 ff.).
3. Vertragstheorie
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG v. 16.6.2007 – 5 AZR 849/06) wird ein Anspruch aus betrieblicher Übung nach den Grundsätzen der Vertragstheorie und somit nach den Regeln der allgemeinen Vertragslehre begründet: d.h. durch Angebot und Annahme.
 

  • Das Angebot erfolgt ausdrücklich oder konkludent durch regelmäßige Wiederholung einer bestimmten gleichförmigen Verhaltensweise des Arbeitgebers (unabhängig von einem Verpflichtungswillen). Denn Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (Rechtsbindungswille, Geschäftswille) des Arbeitgebers liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte.
  • Schlussfolgerung des Arbeitnehmers, dass der Arbeitgeber sich binden wollte unter der Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte (§ 242 BGB).

Anmerkung: Ausnahmen gelten für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Vorgaben (vgl. BAG 1.11.2005 – 1 AZR 355/04).

  • Für jährliche Sonderzuwendungen gilt, dass ein Anspruch erworben wird, wenn die Leistungen in drei aufeinander folgenden Jahren vorbehaltslos und in gleich bleibender Höhe gewährt werden (vgl. BAG 24.3.2010 – 10 AZR 43/09).
  • Stillschweigende Annahme gemäß § 151 BGB durch den Arbeitnehmer.

 
Sowohl nach der Vertrauenstheorie als auch nach der Vertragstheorie ist hier eine betriebliche Übung entstanden. Für die Vertragstheorie sprechen vor allem die Aspekte, wie man sich wieder von einer entstandenen betrieblichen Übung löst.
In diesem Fall hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zehn Jahre lang Weihnachtsgeld gleichförmig in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes gewährt. Eine betriebliche Übung war zunächst entstanden.
 
III. Vermeidung der Entstehung einer betrieblichen Übung
Der Arbeitgeber könnte das Entstehen einer betrieblichen Übung durch die Vertragsklausel „freiwillig und widerruflich“ verhindert bzw. für die Zukunft ausgeschlossen haben.
Das Entstehen einer betrieblichen Übung kann vermieden werden, wenn der Erklärende (Arbeitgeber) klar und unmissverständlich zu erkennen gibt, dass die Leistung freiwillig erfolgt und kein Rechtsanspruch entsteht.
Oder der Arbeitgeber darf eine Leistung gar nicht erst gleichförmig gewähren; beispielsweise jedes Jahr ein Weihnachtsgeld in anderer Höhe auf unterschiedlicher Berechnungsgrundlage gewähren (dies ist aber nicht wirklich dauerhaft praktikabel).
 
Freiwilligkeitsvorbehalt oder Widerrufsvorbehalt
In der Regel werden solche Vorbehalte im Vertrag geregelt. Ein Arbeitsvertrag ist regelmäßig ein Formulararbeitsvertrag, der für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist, mithin allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.

„Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf nicht mehrdeutig sein. Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen.“ (BAG v. 8.12.2010 – 10 AZR 671/09)

Wichtig ist jedoch aus Gründen der Transparenz, dass entweder ein Freiwilligkeitsvorbehalt oder ein Widerrufsvorbehalt vereinbart wird, ansonsten wird eine solche Klausel mangels Transparenz (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB) unwirksam sein und das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht verhindern können. Ebenso darf ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht pauschal für alle Leistungen erklärt werden (vgl. BAG 14.9.2011 – 10AZR 526/10).
Möglich ist auch ein Widerrufsvorbehalt. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt wird (max. 20 bis 25 % der Gesamtvergütung), ansonsten ist diese Klausel gem. § 307 Abs. 2 BGB unwirksam.
Ein solcher Vorbehalt kann durch Aushang, Rundschreiben, Erklärung gegenüber jedem einzelnen Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag erfolgen, als Vermerk auf der Lohnauszahlung etc. (vgl. BAG 15.5.2012 – 3 AZR 610/11).

„Bei einer Verknüpfung von Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsvorbehalt in einem Arbeitsvertrag wird für den Arbeitnehmer nicht hinreichend deutlich, dass trotz mehrfacher, ohne weitere Vorbehalte erfolgender Sonderzahlungen, ein Rechtsbindungswille des Arbeitgebers für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.“ (BAG v. 8.12.2010 – 10 AZR/09)

In diesem Fall hält die Klausel dem Transparenzgebot nicht stand, sie ist durch die Verwendung „freiwillig und jederzeit widerruflich“ widersprüchlich, denn entweder gewährt man etwas freiwillig, dann entsteht erst gar kein Anspruch oder man gewährt einen Anspruch und widerruft diesen für die Zukunft. 
Eine geltungserhaltende Reduktion ist nicht erlaubt. Der sog. Blue-Pencil-Test, wonach Teile einer Klausel (soweit diese teilbar ist) gestrichen werden können (vgl. Senat 6. Mai 2009 – 10 AZR 443/08 – Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44) hilft hier auch nicht weiter, da es in diesem Fall willkürlich wäre, ob man nun das Wort „freiwillig“ oder „widerruflich“ streichen würde.
Exkurs:
Ob doppelte Schriftformklauseln das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern können, ist umstritten.
Beispiel:
„Änderungen, Ergänzungen und die Aufhebung dieses Vertrages bedürfen zu Ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Änderung dieser Schriftformklausel selbst. Ausgeschlossen sind damit insbesondere Vertragsänderungen durch betriebliche Übung. Das vorstehende Schriftformerfordernis findet keine Anwendung bei Abreden, die nach Vertragsschluss unmittelbar zwischen den Parteien mündlich getroffen werden.“ 
Wenn man dann zum Ergebnis gelangt, dass nur konstitutive doppelte Schriftformklauseln (Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung der Erklärung) betriebliche Übung verhindern können, so wird man hier letztlich Schwierigkeiten haben zu beweisen, dass der Arbeitsvertrag und somit auch diese Klausel nicht rein deklaratorischer Art sind und der Arbeitgeber nicht nur seiner Verpflichtung aus § 2 Nachweisgesetz (NachwG) nachkommen wollte bzw. der Vertrag nur zu Beweiszwecken schriftlich festgehalten wurde. Ob dies der Fall ist, wird im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln sein (§ 157 BGB).
 
IV. Kann man eine betriebliche Übung aufheben?
Kann sich der Arbeitgeber einseitig von der entstandenen betrieblichen Übung lösen?
Nachdem eine betriebliche Übung entstanden ist und Vertragsinhalt geworden ist (individualrechtlicher Anspruch) kann diese nicht mehr einfach einseitig beseitigt werden. Ein aus betrieblicher Übung entstandener Anspruch geht nicht dadurch unter, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer die Übung einstellt (vgl. Artikel hier im Blog: keine sog. Gegenbetriebliche Übung BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08)
Möglichkeiten sich von einer entstandenen betrieblichen Übung zu lösen:

  • Änderungskündigung
  • Kündigung (keine Teilkündigung einzelner Vertragsbedingungen!)
  • Aufhebungsvertrag

 B. Fazit
Ist eine betriebliche Übung erst einmal entstanden, kann diese nicht mehr einseitig beseitigt werden, es sei denn der Arbeitgeber kündigt den kompletten Arbeitsvertrag. Will der Arbeitgeber das Entstehen einer solchen betrieblichen Übung vermeiden, muss er sich klar ausdrücken, z.B. durch konkreten, auf die Leistung bezogenen Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag.

30.11.2014/0 Kommentare/von Maria Dimartino
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Dimartino https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Dimartino2014-11-30 15:44:382014-11-30 15:44:38Betriebliche Übung – Anspruch auf Weihnachtsgeld?
Tom Stiebert

BAG: Anwendbarkeit KSchG – Betriebsgröße und Leiharbeitnehmer

Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Das Arbeitsrecht hat für das Examen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung: Auch wenn hier keine Spezialkenntnisse gefordert werden können, so ist doch ein fundiertes Wissen der Grundsätze notwendig. Besonders gern geprüft werden insbesondere Fragen zum Kündigungsschutzrecht. Für diesen Themenbereich sollte ein Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 24. Januar 2012 (2 AZR 140/12) bekannt sein (hier die Pressemitteilung).
Es ging hier um die Frage, wann das Kündigungsschutzgesetz überhaupt anwendbar ist und damit eine besondere soziale Rechtfertigung nach § 1 KSchG vorliegen muss. Zur Erinnerung: Eine Kündigung ist bei Anwendung des KSchG nur dann gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (vgl. § 1 Abs. 2 KSchG). Ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar, so ist nur eine allgemeine Missbrauchskontrolle durchzuführen. Eine Kündigung wird damit erleichtert.
Ausgangspunkt: § 23 KSchG
Letztlich ist dieser besondere Kündigungsschutz eine Ausnahme zum Grundsatz der Privatautonomie; es wird hier ein Zwang zum Aufrechterhalten eines Arbeitsverhältnisses begründet. Um aber kleinere Betriebe nicht zu stark zu belasten, ist das Kündigungsschutzgesetz erst ab einer Anzahl von zehn Arbeitnehmern anwendbar – Kleinbetriebe sollen also privilegiert werden. Geregelt ist dies etwas versteckt in § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG. Dieser bestimmt:

In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat.

Eine Ausnahme besteht nur für Arbeitnehmer, die vor dem 1.1.2004 beschäftigt waren; hier liegt die Grenze bei nur fünf Arbeitnehmern. Hintergrund davon ist, dass die Kleinbetriebsausnahme zu diesem Zeitpunkt von fünf auf zehn Arbeitnehmer erhöht wurde, Altfälle davon aber nicht betroffen sein sollten. § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG bestimmt daher:

Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden.

Berechnung im Einzelnen
Zu klären ist dabei, welche Arbeitnehmer bei der Ermittlung dieser Grenzwerte zu berücksichtigen sind. Eine allgemeine Berechnungsregel hierzu enthält § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG:

Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

Geklärt werden muss aber, wer eigentlich als Arbeitnehmer anzusehen ist. Klar ist nur, dass die zur Berufsbildung Beschäftigten nach der klaren Formulierung nicht zu berücksichtigen sind.
Im konkreten Fall war zu klären, ob Leiharbeitnehmer bei dieser Berechnung zu berücksichtigen sind. Dabei muss klar sein, dass der Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis nur mit dem Verleiher, nicht aber zum Entleiher hat. Dennoch übt der Entleiher teilweise das Direktionsrecht aus, das sonst dem Arbeitgeber zusteht. Grund für die Überlassung ist ein Überlassungsvertrag zwischen Entleiher und Verleiher, eine vertragliche Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher liegt hingegen nicht vor. Aus diesem Grund ist der Leiharbeitnehmer kein Arbeitnehmer des Entleihers. Dem Wortlaut des § 23 KSchG nach ist er also nicht bei der Ermittlung der Betriebsgröße zu berücksichtigen.
Das Bundesarbeitsgericht bejaht eine Berücksichtigung in seinem Urteil aber dennoch und begründet dies mit dem Telos der Regelung. Dies gilt zumindest dann, wenn der Personalbedarf, der durch die Überlassung gedeckt wird, „in der Regel besteht“. Das BAG legt in der Pressemitteilung dar:

Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern steht nicht schon entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet haben. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes soll der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belastet. Dies rechtfertigt keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruht.

Leiharbeitnehmer sind damit zumindest im Einzelfall bei der Berechnung zu berücksichtigen. Das Bundesarbeitsgericht schränkt damit die Privilegierung des § 23 KSchG teilweise ein.
Examensrelevanz
Die Entscheidung des BAG sollte für das Examen auf jeden Fall bekannt sein, gerade weil die Anwendbarkeit des KSchG immer als Vorfrage bei einer Kündigung zu berücksichtigen ist. Auch die Grundsätze der Arbeitnehmerüberlassung sollten bekannt sein. In einer Klausur sollte man sich von dieser unbekannten Materie nicht abschrecken lassen. Vertieftes Wissen ist hier gerade nicht erforderlich, sondern es genügt – wie so oft – ein solides Rechtsverständnis.

26.01.2013/0 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-01-26 14:30:042013-01-26 14:30:04BAG: Anwendbarkeit KSchG – Betriebsgröße und Leiharbeitnehmer
Dr. Deniz Nikolaus

BAG: Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Dankesformel im Arbeitszeugnis

Rechtsprechung, Startseite

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.12.2012 entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch darauf hat, dass das Arbeitszeugnis mit einem Schlusssatz endet, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alles Gute wünscht (BAG, Urteil vom 11.12.2012 9 AZR 227/11). Dies geht aus der jüngst erschienen Pressemitteilung hervor (die Entscheidungsgründe sind bisher noch nicht veröffentlicht). Mit diesem Urteil bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2001 (BAG, Urteil vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00).
Sachverhalt
Der Kläger war Filialleiter eines Baumarktes der Beklagten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte ihm die Beklagte ein Arbeitszeugnis mit einer überdurchschnittlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Das Zeugnis enthielt die Schlussformel: „Herr K scheidet zum 28.02.2009 aus betriebsbedingten Gründen aus unserem Unternehmen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“
Der Kläger vertrat die Auffassung, er habe Anspruch auf eine vollständige Schlussformulierung im Zeugnistext mit Danksagung und Ausdruck des Bedauerns seines Ausscheidens. Er schlug daher folgenden Satz vor: „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Anspruchsgrundlage: § 109 GewO

Für den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein qualifiziertes Zeugnis ist die maßgebliche Rechtsgrundlage § 109 GewO. Diese Regelung sieht vor, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis hat. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer aber auch ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Dieses muss Angaben hinsichtlich Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis beinhalten. Der § 109 Abs. 2 GewO sieht vor, dass das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein muss. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
[Exkurs: Der § 109  GewO ist dem bürgerlich rechtlichen Zeugniserteilungsanspruch aus § 630 BGB nachgebildet. Seit § 109 GewO am 01.01.2003 in Kraft getreten ist, gilt der bürgerlich rechtliche Zeugniserteilungsanspruch nur noch für dauernde Dienstverhältnisse, die keine Arbeitsverhältnisse sind, vgl. § 630 S. 4 BGB.]
Die Erteilung eines Zeugnisses stellt den Arbeitgeber oftmals vor eine schwierige Aufgabe. Er unterliegt dabei nämlich zum einen einer objektiven Wahrheitspflicht. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass er sich durch ein unwahres Zeugnis gegenüber neuen Arbeitgebern des ausgeschiedenen Arbeitnehmers schadensersatzpflichtig machen kann (siehe zu der dogmatischen Konstruktion: BGH, Urteil vom 15.05.1979 – VI ZR 230/76). Um das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig zu erschweren, soll das Zeugnis zudem von verständigem Wohlwollen getragen und klar und verständlich formuliert sein. Außerdem darf es keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Unzulässige Geheimzeichen können auch im Auslassen eines an sich erwarteten Zeugnisinhalts bestehen, sog. „beredtes Schweigen“. Das Spannungsverhältnis zwischen seiner Wahrheitspflicht auf der einen Seite und der Verpflichtung zur wohlwollenden Beurteilung andererseits hat der Arbeitgeber bei der Zeugniserteilung in Einklang zu bringen.
Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Dankesformel
Entsprechend der Pressemitteilung, ist der Arbeitgeber laut des Bundesarbeitsgerichts gesetzlich nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alles Gute wünscht. Diese Entscheidung orientiert sich an die Vorgängerentscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2001 (s.o.).
Die Argumentation des Klägers, eine fehlende bzw. unzureichende „Schlussformel“ entwerte regelmäßig ein besonders gutes Zeugnis, jedenfalls aber entwerte der vorliegend von der Beklagten knapp formulierte Schlusssatz, der weder Dank für die bisherige Zusammenarbeit, noch ein Bedauern seines Ausscheidens beinhalte, deutlich die aus dem übrigen Zeugnistext zuvor hervorgehende gute Leistungs- und Führungsbeurteilung seiner Person, lehnt das Bundesarbeitsgericht ab. Der Senat führt aus, dass sich der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis gemäß § 109 GewO nur auf Angaben, die sich auf die Leistungen und das Verhalten im Arbeitsverhältnis beziehen, erstrecke. Diese Angaben umfassen u.a. die Leistungs- und Führungsbeurteilung, die sich auf das Anforderungsprofil der vom Arbeitnehmer wahrgenommenen Aufgabe beziehen muss, wie es sich aus der Tätigkeitsbeschreibung ablesen lässt. Schlusssätze stellen dagegen Aussagen über persönliche Empfindungen dar und gehören gerade nicht zum notwendigen Zeugnisinhalt. Hierzu hatte das Bundesarbeitsgericht im Urteil aus dem Jahre 2001 bereits folgendes ausgeführt:

Es kommt hinzu, daß nach allgemeinem Sprachverständnis Dank für gute Zusammenarbeit und gute Wünsche für die Zukunft Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers sind. Sie machen die Wertschätzung des Arbeitnehmers und seiner Leistung deutlich; der Arbeitgeber zeigt Teilnahme am weiteren Lebensweg des Arbeitnehmers. […] Ohne gesetzliche Grundlage kann der Arbeitgeber nicht verurteilt werden, das Bestehen solcher Gefühle dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu bescheinigen. Daß Schlußformulierungen oft wohl nur gewählt werden, um ein Arbeitszeugnis mit „üblichem“ Inhalt zu erstellen, ändert daran nichts.

Interessant in diesem Zusammenhang erscheint auch die Ausführung des Bundesarbeitsgericht im Urteil aus dem Jahre 2001 zu der Problematik des beredten Schweigens (s.o.) von Schlusssätzen.

Positive Schlußsätze sind geeignet, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen. Ein Zeugnis mit „passenden“ Schlußsätzen wird daher aufgewertet. Daraus läßt sich aber nicht im Umkehrschluß folgern, ein Zeugnis ohne jede Schlußformulierung werde in unzulässiger Weise „entwertet“. Vielmehr obliegt dem Arbeitgeber die Formulierung und Gestaltung des Zeugnisses. Zu seiner Gestaltungsfreiheit gehört auch die Entscheidung, ob er das Zeugnis um Schlußsätze anreichert.
Wenn ein Zeugnis ohne abschließende Formeln in der Praxis „oft“ als negativ beurteilt wird […], so ist das hinzunehmen.

Aus der Pressemitteilung und der Begründung des Instanzurteils lässt sich folgern, dass Schlusssätze, solange sie nicht im Widerspruch zum sonstigen Zeugnisinhalt stehen und den zuvor stehenden Text als geheimes Zeichen konterkarieren, als persönliche Empfindung bzw. Höflichkeitsbekundung nicht einklagbar sind. Ist der Arbeitnehmer mit der vom Arbeitgeber in das Zeugnis aufgenommenen Schlussformel nicht einverstanden, so kann er nur die Erteilung eines Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen. Auch wenn in der Praxis – vor allem bei Zeugnissen mit überdurchschnittlicher Leistungs- und Verhaltensbeurteilung- häufig dem Arbeitnehmer für seine Arbeit gedankt wird, so kann daraus kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Dankesformel abgeleitet werden.
Fazit
Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2001 bestätigt und klargestellt, dass die Schlussformel als persönliche Empfindung des Arbeitgebers keinen notwendigen Zeugnisinhalt i.S.v. § 109 GewO darstellt.
Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht begründet hat, dass das Fehlen der in der Praxis üblichen Dankes- und Wunschformel kein gesetzlich verbotenes „geheimes Zeichen“ sei. Insbesondere bei überdurchschnittlichen Zeugnissen liegt es nahe, dass das „Fehlen“ solcher Schlusssätze den vorherigen Inhalt abwerten kann und damit mit ihm im Widerspruch steht.

16.12.2012/0 Kommentare/von Dr. Deniz Nikolaus
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Deniz Nikolaus https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Deniz Nikolaus2012-12-16 14:48:452012-12-16 14:48:45BAG: Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Dankesformel im Arbeitszeugnis
Gastautor

BAG: Aufruf von Gewerkschaften zum Streik in kirchlichen Einrichtungen rechtmäßig

Arbeitsrecht, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Marvin Granger veröffentlichen zu können. Der Autor hat seit 2007 an der Universität Münster studiert und in diesem Jahr sein Studium dort erfolgreich abgeschlossen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 20. November 2012 in einem Urteil (Az: 1 AZR 179/11) entschieden, dass der gewerkschaftliche Aufruf zum Streik die Kirche als Arbeitgeberin nicht in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV verletzt. Bislang liegt nur die Presseerklärung zu der Entscheidung vor.
I. Sachverhalt
Geklagt hatte u.a. die Evangelische Kirche von Westfalen, die von der Gewerkschaft ver.di verlangt hatte, Warnstreikaufrufe in kirchlichen diakonischen Werken zu unterlassen. Die Kirche meinte, diese Aufrufe würden sie in ihrem Selbstverwaltungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV verletzen. Dagegen hatte ver.di vorgebracht, wegen der vorbehaltlos gewährleisteten Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG, auch gegen die Kirche als Arbeitgeberin zum Warnstreik aufrufen zu dürfen. Trotz der zwischen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite ausgehandelten Arbeitsbedingungen konnte die Kirche einseitig zwischen verschiedenen Arbeitsregelungen wählen.
Die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Hamm, hatte die Klage der Kirche abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hatte die Kirche Revision eingelegt.
II. Entscheidungsgründe
Das BAG hat nun das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm bestätigt. Zwar habe die Kirche gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV das Recht, ihre Angelegenheiten eigenständig zu ordnen und zu verwalten, doch dieses Recht sei nicht vollumfänglich gewährleistet, sondern

„funktional auf die Verwirklichung der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG“ beschränkt, heißt es in der Presseerklärung. „Sein Schutzbereich umfasst auch die Entscheidung, die Arbeitsbedingungen der in der Diakonie beschäftigten Arbeitnehmer nicht mit Gewerkschaften durch Tarifverträge zu regeln, sondern entsprechend ihrem religiösen Bekenntnis einem eigenständigen, am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichteten Arbeitsrechtsregelungsverfahren zu überantworten.“

Zur Erläuterung: Dieses genannte Arbeitsrechtsregelungsverfahren am Leitbild der Dienstgemeinschaft wird von einem Gremium vorgenommen, das jeweils zum Teil aus Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite zusammengesetzt ist. Kommt es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten, so werden diese durch eine Schlichtungskommission mit einem neutralen Vorsitzenden geklärt. Dieses Arbeitsrechtsregelungsverfahren bezeichnet man als sog. „Dritten Weg“. Daneben gibt es noch die Möglichkeiten, die Arbeitsbedingungen entweder einseitig durch Kirchengesetze (sog. „Erster Weg“) oder durch Tarifvertrag festzulegen (sog. „Zweiter Weg“) (Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 6. Aufl., München 2011, Art. 140, Art. 137 WRV Rn. 10 m.w.N. ).
Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht hat im Rahmen der o.g. Grenzen einen weiten Schutzbereich und umfasst stets die Ausgestaltung kirchlicher Arbeitsverhältnisse (Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 6. Aufl., München 2011, Art. 140, Art. 137 WRV Rn. 10. ) . Konsequenterweise ist deren Ausgestaltung durch staatliche Gerichte auch grundsätzlich nicht überprüfbar, denn in innerkirchliche – religiöse – Angelegenheiten hat der Staat sich wegen des aus Art. 4 Abs. 1 GG folgenden religiösen und weltanschaulichen Neutralitätsgebots nicht einzumischen.
Auch die Gewerkschaften dürfen sich in der Regel nicht in die innerkirchlichen privatrechtlichen Arbeitsregelungen einmischen, so das BAG, doch dies gelte nur,

„sofern diese (Anm.: also die Gewerkschaft) sich innerhalb des Dritten Weges noch koalitionsmäßig betätigen kann, die Arbeitsrechtssetzung auf dem Dritten Weg für die Dienstgeber verbindlich ist und als Mindestarbeitsbedingung den Arbeitsverträgen auch zugrunde gelegt wird.“

Auf die Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG können die Gewerkschaften sich dann also nicht berufen, denn dies würde im vorliegenden Fall die diakonische Tätigkeit der Kirche stark behindern und ihrer Glaubwürdigkeit schädigen, so das BAG. Zwar waren zwischen der Kirche und den Arbeitnehmern im Rahmen des „Dritten Weges“ Arbeitsrechtsregelungen ausgehandelt worden, doch diese waren für die Kirche nicht verbindlich, vielmehr konnte sie einseitig zwischen unterschiedlichen Regelungen wählen. Daher sei die Koalitionsfreiheit in diesem Fall nicht ausgeschlossen, so das BAG.
Die Kirche muss also die Warnstreikaufrufe dulden. Folglich war die Klage vom Landesarbeitsgericht Hamm zu Recht abgewiesen worden und dementsprechend die Revision unbegründet.
Anmerkungen/Prüfungsrelevanz
Der Fall kann auch für Prüfungen in der Ausbildung bzw. im Examen aus mehreren Gründen relevant sein:
• Man kann an der Entscheidung des BAG sehr schön sehen, dass die Gerichte in Fällen mit Grundrechtsbezug die widerstreitenden Grundrechte gegeneinander abwägen und zu einem möglichst schonenden Ausgleich bringen müssen (sog. praktische Konkordanz). Dabei darf nicht das eine Verfassungsgut ohne Rücksicht auf das andere über dieses gestellt werden, sondern beide Güter müssen berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden. Die Verfassungsgüter begrenzen sich gegenseitig, sodass beide zu möglichst optimaler Wirkung gelangen können (Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl., Heidelberg 1995, Rn. 72. ). Wo diese „optimale“ Wirkung beider Güter liegt, muss im Einzelfall durch Abwägung im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung festgestellt werden (Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl., Heidelberg 1995, Rn. 72. ).
Im vorliegenden Fall des BAG standen sich das kirchliche Selbstverwaltungsrecht auf der einen und die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaft auf der anderen Seite gegenüber. Das Gericht hat festgestellt, dass die Koalitionsfreiheit nicht per se hinter das kirchliche Selbstverwaltungsrecht zurücktritt (obgleich dieses sehr weit geht, s.o.), sondern nur, sofern die Gewerkschaften bei der Aushandlung der Arbeitsrechtsregelungen hinreichend beteiligt worden sind und die erzielten Ergebnisse für die Arbeitgeberin (Kirche) als Mindestarbeitsbedingungen verbindlich sind. Streiks und Aufrufe hierzu sind dann rechtswidrig, weil die Arbeitnehmer sich nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen können. Dies war hier nicht der Fall (s.o.).
Es sollte, was die Rechtmäßigkeit von Streiks betrifft, unbedingt die Parallele zu Tarif-verträgen gesehen werden: Solange ein Tarifvertrag Geltung hat, sind Streiks rechtswidrig (sog. Friedensfunktion von Tarifverträgen). Hier wurde zwar kein Tarifvertrag geschlossen (Zweiter Weg), aber im Rahmen des Dritten Weges eine besondere vertragliche Vereinbarung. Auch diese entfaltet eine Friedensfunktion, wenn die Arbeitnehmer hinreichend beteiligt worden sind.
• Der Fall könnte im Examen, jedenfalls in der mündlichen Prüfung, einerseits als arbeitsrechtliche Aufgabe wie oben kommen. Denkbar ist jedoch wegen seiner Grundrechtsrelevanz andererseits auch, dass die Thematik in einer öffentlich-rechtlichen Prüfungsaufgabe gestellt wird, etwa im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde. Bei der Begründetheitsprüfung einer solchen „Urteilsverfassungsbeschwerde“ ist zu beachten, dass das BVerfG nur prüft, ob das Fachgericht (hier das BAG) spezifisches Verfas-sungsrecht verletzt hat. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Fachgericht die Grund-rechtsrelevanz des Falles entweder komplett verkannt hat oder wenn es sie zwar gesehen, aber die widerstreitenden Grundrechte bei der Abwägung nicht hinreichend gewichtet hat (beides kann man dem BAG nicht vorwerfen). Die Sachentscheidung über-prüft das BVerfG dagegen nicht, denn das ist nach seiner ständigen Rechtsprechung al-lein die Aufgabe der Fachgerichte. Das BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz.
Für eine solche Grundrechtsprüfung sei an dieser Stelle auf die etwas versteckten, aber nicht zu unterschätzenden „Weimarer Kirchenartikel“ (Art. 136-139, 141 WRV) hin-zuweisen. Es ist allgemein anerkannt, dass diese Vorschriften, die gem. Art. 140 GG sog. inkorporiertes und damit voll gültiges Verfassungsrecht darstellen, die Religions-freiheit der Glaubensgemeinschaften ergänzen und überlagern. Sie sind besondere Ausprägungen der Religionsfreiheit. Daher sind auch diese Artikel verfassungsbeschwerdefähig. Wenn im Prüfungsfall eine Religionsgesellschaft (z.B. die Evangelische Kirche von Westfalen) also eine Verfassungsbeschwerde erhebt, ist nicht nur auf Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, sondern auch auf Art. 140 GG i.V.m. den Weimarer Kirchenartikeln einzugehen.
• Gerade die Kombination zweier klassischer Rechtsgebiete – Arbeitsrecht und Verfassungsrecht – macht den Fall des BAG für das Examen interessant. Es geht im Kern mal wieder darum, wo die Religionsfreiheit (hier der Kirche, in spezieller Ausprägung des Selbstverwaltungsrechts) ihre Grenzen findet. Mit dem gleichen Problem hatten sich in jüngster Zeit schon andere Gerichte zu beschäftigen (z.B. BVerwG: Berliner Schulgebet; LG Köln: Beschneidung Minderjähriger).

27.11.2012/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2012-11-27 09:30:002012-11-27 09:30:00BAG: Aufruf von Gewerkschaften zum Streik in kirchlichen Einrichtungen rechtmäßig
Tom Stiebert

BAG: Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab erstem Tag nötig

Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Das Bundesarbeitsgerichts hat heute (Az. 5 AZR 886/11) entschieden, dass der Arbeitgeber bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bereits am ersten Krankheitstag die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (sog. Gelber Schein) verlangen kann. Hierzu bedarf es auch keines konkreten Verdachts, dass eine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht wird.
Das Urteil folgt damit exakt der Ansicht der Berufungsinstanz (LAG Köln v. 14.09.2011 – 3 Sa 597/11). Aus diesem Grund verzichten wir auf eine ausführliche Besprechung des Urteils und verweisen nur auf unseren Artikel zu diesem Urteil.
Für die Praxis ist das Urteil auf jeden Fall sehr bedeutend, aber auch fürs Studium sollte man zumindest grobe Kenntnis von der Entscheidung haben.

14.11.2012/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-11-14 12:14:422012-11-14 12:14:42BAG: Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab erstem Tag nötig
Dr. Johannes Traut

BAG: Kündigung im öffentlichen Dienst wegen NPD-Mitgliedschaft?

Arbeitsrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Gestern hat das BAG über die Zulässigkeit der Kündigung eines im öffentlichen Dienst tätigen NPD-Mitglieds geurteilt (v. 6.9.2012 – 2 AZR 372/11, hier die Pressemitteilung, auf der diese Nachricht basiert).
I. Sachverhalt (gekürzt und abgewandelt)

 A ist Mitglied der NPD […] und seit dem Jahr 2003 in der Finanzverwaltung des Landes X tätig. „Er war in einem Versandzentrum für die Planung, Steuerung und Überwachung von Druckaufträgen zuständig. Dabei […] hatte er Zugriff auf personenbezogene, dem Steuergeheimnis unterliegende Daten der Steuerpflichtigen. In seiner Freizeit verbreitete er mittels elektronischer „Newsletter“ Informationen zu Treffen und Veranstaltungen eines NPD-Kreisverbands und der JN sowie Rundbriefe verschiedener Art. Im Jahr 2009 verschickte er einen Aufruf zur Teilnahme an einer Demonstration in Halle/Saale. Unter der Überschrift „17. Juni – Ein Volk steht auf und kämpft sich frei – Zeit einen neuen Aufstand zu wagen!“ heißt es darin, auch die „BRD“ könnte „Angst davor haben“, das Volk könne sich eines Tages erneut „gegen den Alles über Alles raffenden und volksverratenden Staat erheben“. Falls „die bürgerliche Revolution“ erfolgreich wäre, könne es „gut möglich“ erscheinen, dass „diesmal … Tode nicht bei den Demonstranten, sondern bei den etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen (wären). – Dem Volk wär´s recht“. Die Passage endet mit der Aussage: „Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!““

II. Klausurlösung

1. Prozessuale Situation: Kündigungsschutzklage
Regelmäßig wird die Entscheidung in der Klausur im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzklage geprüft werden, weil dies wegen der materiell-rechtlichen Präklusion gem. §§ 4 S. 1, 7 KSchG beinahe die einzige Situation ist, in der sich in der Praxis die Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung stellen wird.
Für Kündigungsschutzklagen gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln der ZPO (§ 46 II S. 1 ArbGG), die durch das ArbGG modifiziert werden. Die Kündigungsschutzklage ist nach ganz hM eine Feststellungsklage (§ 256 ZPO i.V.m. § 46 II S. 1 ArbGG – vgl. nur BAG (GS) NJW 1985, 2968). Abweichend von § 256 ZPO ist ihr Gegenstand allerdings nicht das Bestehen eines Rechtsverhältnis festzustellen, sondern lediglich, ob es durch die streitgegenständliche Kündigung beendet wurde. Man spricht insofern von dem „punktuellen Streitgegenstand“ der Klage (MüKoBGB/Hergenröder, 5. Aufl 2009, § 4 KSchG Rn 15). Dieser erklärt sich daraus, dass nach § 4 S. 1 KSchG Gegenstand der Klage die Wirksamkeit einer Willenserklärung ist. Selbstverständlich kann daneben eine „normale“ Feststellungsklage (§ 256 ZPO i.V.m. § 46 II S. 1 ArbGG) erhoben werden, um zusätzlich auch positiv festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis noch besteht. Das Feststellungsinteresse für die Kündigungsschutzklage folgt immer schon daraus, dass sie erforderlich ist, um den Eintritt der materiellen Präklusion nach §§ 4 S. 1, 7 KSchG zu verhindern. Auch gegen eine außerordentliche Kündigung, die sich im Übrigen nur nach den Regeln des BGB richtet (§ 13 I S. 1 KSchG), muss Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG erhoben werden, um den Eintritt der materiellen Präklusion zu verhindern, §§ 13 I S. 2, 4 S. 1,7 KSchG.

Schema Kündigungsschutzklage:
A. Zulässigkeit
I. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, § 2 I Nr. 3 b) ArbGG
II. Zuständigkeit (sachlich: § 8 I ArbGG; örtlich: § 46 II ArbGG i.V.m. §§ 12 ff ZPO)
III. Partei-, Prozess-, Postulationsfähigkeit (§ 46 II ArbGG i.V.m. §§ 50 ff ZPO;
§ 11 ArbGG)
IV. Klageart: Feststellungsklage, punktueller Streitgegenstand
V. Besonderes Feststellungsinteresse: §§ 4,7 KSchG
VI. Form, § 46 II ArbGG i.V.m. § 253 ZPO
B. Begründetheit

2. Begründetheit: Wirksamkeit der Kündigung

Schema Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung
I. wirksame Erklärung der Kündigung, insbesondere
1. Schriftform, § 623 BGB
2. Stellvertretung
3. Zugang
II. Keine materielle Präklusion, §§ 4, 7 KSchG
III. Kein Ausschluss der ordentlichen Kündigung (individual- oder tarifvertraglich)
IV. Kein Sonderkündigungsschutz (Mütter, Schwerbehinderte etc.)
V. Beteiligung des Betriebsrats, § 102 BetrVG
VI. Unwirksamkeit wegen fehlender sozialer Rechtfertigung, § 1 I KSchG?
1. Anwendbarkeit des KSchG (zeitlich: § 1 I KSchG, sachlich: § 23 KSchG)
2. Vorliegen eines Kündigungsgrundes (§ 1 II S. 1 KSchG)
– Verhaltensbedingte Gründe
– Personenbedingte Gründe
– Betriebsbedingte Gründe
3. Interessenabwägung (Verhältnismäßigkeitsprinzip, insb. Ultima-Ratio-Prinzip)
VII. Rechtsfolge: Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der Kündigungsfrist (§ 622 BGB)

Der Schwerpunkt des Falles liegt dann bei der Frage, ob die Kündigung materiell wirksam ist. Hier wurde lediglich „ordentlich“, d.h. gem. § 622 BGB gekündigt. Anders als nach allgemeinem Zivilrecht bedarf auch diese ordentliche Kündigung im Arbeitsrecht regelmäßig gemäß § 1 I und II KSchG eines rechtfertigenden Grundes, wobei die Anwendungsgrenzen des KSchG in zeitlicher (§ 1 I KSchG) und sachlicher Hinsicht (§ 23 KSchG) zu beachten sind. Der vom BAG entschiedene Fall spielte sicher im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzrechts.
a) Vorliegen eines Kündigungsgrundes
In der Klausur wird das Vorliegen eines Kündigungsgrundes immer einen Schwerpunkt darstellen, gerne werden dann noch etwa im Bereich des Zugangs der Kündigung oder der Form Probleme des BGB AT abgeprüft. Die Kündigungsgründe können im Anschluss an § 1 II KSchG unterschieden werden zwischen personen-, verhaltens- und betriebsbedingten Gründen.
In dem vom BAG entschiedenen Fall wären sowohl an eine verhaltens- als auch an eine personenbedingte Kündigung zu denken. Diese sind im Gutachten (und anders als das BAG es tat) regelmäßig abzugrenzen, denn beide Gründe schließen sich logisch aus. Der Unterschied zwischen der verhaltens- und personenbedingten Kündigung liegt darin, dass dem Arbeitnehmer die Leistungsstörung bei ersterer vorwerfbar ist (ErfK/Oetker, 11. Aufl 2011, § 1 KSchG Rn 99, 188; Ascheid/Preis/Schmidt-Dörner Kündigungsrecht, 3. Aufl 2007, § 1 KSchG Rn 266). Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Handlungsweise, die zu einer Leistungsstörung führt, von dem Arbeitnehmer steuerbar ist (vgl. Hoyningen-Huene/Linck KSchG, 14. Aufl 2007, § 1 KSchG Rn 461; MüKoBGB/Hergenröder, 5. Aufl 2009, § 1 KSchG Rn 136; ErfK/Oetker, 11. Aufl 2011, § 1 KSchG Rn 188). Demgegenüber ist Voraussetzung für eine personenbedingte Kündigung, dass der Arbeitnehmer auf Grund persönlicher Fähigkeiten, Eigenschaften oder nicht vorwerfbarer Einstellungen nicht mehr in der Lage ist, künftig eine vertragsgerechte Leistung zu erbringen (BAG NJW 2007, 1901; BAG NJW 1990, 2953; BAG NZA 1989, 464).
aa) Vorliegen einer Vertragsverletzung / Leistungsstörung
Zunächst muss man hier also herausarbeiten, dass eine Vertragsverletzung vorliegt. Da der Arbeitnehmer in der Freizeit gehandelt hat, kommt nur eine Verletzung von Nebenpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Aus der Natur des Arbeitsverhältnisses als traditionell „personenrechtliches Näheverhältnis“ leitet die Rechtsprechung auch gewisse Loyalitätspflichten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber im privaten Bereich ab (vgl. ErfK/Preis, § 611 Rn. 734). Ob eine solche vorliegt, ist aber im Einzelfall anhand der Auslegung des Arbeitsvertrages gem. §§ 133, 157 BGB unter besonderer Berücksichtigung der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) zu ermitteln. Nach der inzwischen auch im Arbeitsrecht allgemein anerkannten Lehre von der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte ist ihre Ausstrahlungswirkung insbesondere auch bei der Auslegung zivilrechtlicher Verträge zu beachten. Die Auslegung erfolgt nach dem Grundsatz von Treu  und Glauben (§ 242 BGB), der als Generalklausel klassiches Einfallstor für Grundrechte ist.
Beachte: Wegen der Grundrechtsrelevanz des Verhaltens des Arbeitnehmers findet schon bei der durch Auslegung zu beantwortenden Frage, ob überhaupt eine Vertragsverletzung vorliegt, bereits eine Abwägung statt. Diese ist zu trennen von der Interessenabwägung, die zusätzlich noch nach Feststellung einer solchen Vertragsverletzung folgen muss, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung zu begründen (vgl. obiges Schema).
Welche Loyalitätspflichten gegenüber dem Staat bestehen, ist besonders problematisch. In der Literatur (etwa ErfK/Preis, § 611 Rn. 734) ist es zwar selbstverständliche Pflicht, den Ruf des Unternehmens nicht zu schädigen. Dies lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres auf den Staat übertragen, weil dies dazu führen würde, dass staatlichen Beschäftigten politische Betätigung jedenfalls kaum noch möglich wäre. Das würde schwerwiegend in seine Berufsfreiheit nach Art. 12 GG und in seine Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG eingreifen. Deshalb ist nicht jede, auch nicht harte Kritik des Staates, per se unzulässig. Andererseits ist natürlich auch zu berücksichtigen, dass das Ansehen des Staates durch seine Repräsentanten nicht in den „Schmutz“ gezogen werden darf. Bei Lehrern kommt außerdem noch hinzu, dass sie schon aus Gründen des Schutzes ihrer Schüler jedenfalls im Dienst zu politischer und auch religiöser Neutralität in relativ großem Umfang verpflichtet sind.
Zu den hier geltenden Maßstäben führt das BAG aus:

 „Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes müssen ein bestimmtes Maß an Verfassungstreue aufbringen. Welchen Anforderungen sie insoweit unterliegen, richtet sich nach ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit und der Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers. Mitgliedschaft in und Aktivitäten für die NPD oder ihre Jugendorganisation (JN) stehen regelmäßig nicht schon als solche einer Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst entgegen, selbst wenn man die Verfassungsfeindlichkeit der Organisationen – nicht ihre nur vom Bundesverfassungsgericht festzustellende Verfassungswidrigkeit – unterstellt. Allerdings dürfen auch Beschäftigte, die keiner „gesteigerten“, beamtenähnlichen Loyalitätspflicht unterliegen, nicht darauf ausgehen, den Staat oder die Verfassung und deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen. Entfaltet ein Arbeitnehmer – und sei es nur außerdienstlich – Aktivitäten dieser Art, kann dies ein Grund für eine Kündigung durch seinen Arbeitgeber auch dann sein, wenn das Verhalten nicht strafbar ist.“

Dass die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Partei wie der NPD nicht als Vertragsverletzung angesehen werden kann, folgt schon aus Art. 21 Abs. 2 GG, wonach über die Verfassungswidrigkeit von Parteien ausschließlich das BVerfG entscheidet. Auch sonst darf jedenfalls der Staat auch in seiner Rolle als Arbeitnehmer nicht nach politischen Anschauungen diskriminieren (Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG). Dies folgt mittelbar auch aus Art. 33 GG, denn die politische Anschauung ist kein dort genanntes erlaubtes Einstellungskriterium. Deshalb ist im Prinzip auch nicht zu beanstanden, wenn ein Mitarbeiter im öffentlichen Dienst rechtsextreme Ansichten hat.
Auch diese Grundsätze werden wiederum durch verfassungsimmanente Schranken begrenzt. So ist das Interesse des Arbeitgebers daran, dass sein Ruf nicht geschädigt werde, bei privaten Arbeitgebern durch Art. 12 GG geschützt, beim Staat folgt dies implizit aus dem Gesamtzusammenhang des Grundgesetzes und auch aus einer Pflicht zur politischen Neutralität. Letztere kann durch die Wahrnehmung staatlicher Angestellter als Proponnenten rechtsextremer Positionen gefährdet sein. Auch das Funktionieren der staatlichen Verwaltung als Ganzes setzt zumindest in weiten Teilen ein gewisses Mindestbekenntnis zu der staatlichen Grundordnung voraus. Ansonsten droht die Unterwanderung und Zersetzung der Verwaltungsstrukturen von innen heraus, was langfristig ihr Funktionieren in Frage stellt.
In diesem Sinne verlangt die Rspr. entsprechend ein „Mindestmaß an Verfassungstreue“, dass der Arbeitnehmer gegenüber Staat und Verfassung nur eine gleichsam neutrale Haltung einnimmt und – insbesondere im Unterricht – die Grundwerte der Verfassung nicht in Zweifel stellt (vgl. BAG NJW 1983, 779, 781f.).

 „Im Gesamtkontext der Äußerungen treten die Verfasser des Demonstrationsaufrufs für einen gewaltsamen Umsturz ein. Eine andere Deutung erscheint nicht möglich. Der Kläger hat sich den Inhalt des Aufrufs zumindest dadurch zu eigen gemacht, dass er ihn weiterverbreitete. Sein Vorgehen macht deutlich, dass er das auch ihm abzuverlangende Mindestmaß an Verfassungstreue nicht aufbringt. Die Kündigung ist jedenfalls aus Gründen in seiner Person gerechtfertigt.“

Damit liegt nach dem BAG eine Vertragsverletzung vor. In der Klausur sollte man hier freilich einen Schwerpunkt legen und ausführlich auf den geschilderten Sachverhalt eingehen. Insbesondere kann man das Verhalten im konkreten Fall mit vielleicht noch erlaubter Wahlwerbung z.B. für Landtagskandidaten der NPD kontrastieren. Während es dort um die grundgesetzlich stark geschützte (Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG!) Freiheit geht, politische Anschauungen zu haben und sich zu betätigen, zielt das Handeln des A vorliegend auf die Abschaffung gerade des demokratischen, freiheitlichen Rechtsstaates ab. In der Abwägung sollte man auch darauf hinweisen, dass die Position des Arbeitnehmers durchaus eine Rolle spielt. Für exponierte Amtsträger müsste man strengere Maßstäbe anlegen.
bb) Verhaltens- oder Personenbedingt?
Sodann kann man diskutieren, ob es sich um einen verhaltens- oder personenbedingten Kündigungsgrund handelt. Das BAG hat „jedenfalls“ letzteres angenommen, die Frage aber wohl offen gelassen. Ich halte aber auch die Annahme eines verhaltensbedingten Kündigungsgrundes für möglich. Wenn man erst in der Auslegung des Pflichtenkanons lang und breit abwägt, was zumutbar ist für den Arbeitnehmer, so ist es dann nur konsequent, seine Nichteinhaltung des Vertrages auch für steuerbar und damit vorwerfbar zu halten. Er wird schließlich im Zweifel nicht vortragen, ihm sei es unmöglich, rechtsextreme Äußerungen zu unterlassen.
Wofür man sich entscheidet, ist wichtig insbesondere für die Frage, ob im Rahmen der Interessenabwägung eine vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers zu fordern ist. Eine solche macht natürlich nur Sinn, wenn er die Möglichkeit hat, sein Verhalten zu ändern.
Gerade deshalb kann es übrigens für den Arbeitnehmer sogar günstiger sein, einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund anzunehmen. Daher bin ich mir nicht sicher, ob das Vorgehen des BAG, jedenfalls eine personenbedingte Kündigung zuzulassen, wirklich überzeugend ist.
b) Interessenabwägung
Ebenso wie bei der außerordentlichen Kündigung reicht jedoch die Feststellung, dass eine personen- oder verhaltensbedingte Leistungsstörung vorliegt, noch nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Ebenso wie dort bedarf es zusätzlich einer umfassenden Interessenabwägung, um festzustellen, ob die konkrete Leistungsstörung die Kündigung rechtfertigt.
Hier kann man insbesondere abwägen, wie häufig derartige Verletzungen vorgekommen sind, welche sonstigen Leistungen der Arbeitnehmer vorzuweisen hat oder ob abgemahnt wurde. Auch seine relativ wenig „sensible“ Position kann hier noch zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dennoch ist das BAG wohl auch hier der Ansicht gewesen, dass die Kündigung gerechtfertigt war. Ich halte das im Hinblick auf die schwere Schädigung auch für gut vertretbar.
III. Exkurs: Als außerordentliche Kündigung
Häufig wird in solchen Fällen der Arbeitgeber zunächst außerordentlich kündigen, da er dann keine Kündigungsfrist (vgl. §§ 626, 622 BGB) einhalten muss. Allgemein geregelt hat der Gesetzgeber die außerordentliche Kündigung in § 314 BGB, der jedoch für Arbeitsverhältnisse durch den spezielleren § 626 BGB verdrängt wird. Die außerordentliche Kündigung setzt voraus, dass ein wichtiger Grund vorliegt, der die Weiterführung des Dauerschuldverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar macht. Anders als die ordentliche Kündigung ist sie also nicht fristgebunden, sondern erlaubt die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses. Nach allgemeinem Zivilrecht unterscheidet sie sich ferner dadurch von der ordentlichen Kündigung, dass nur sie eines Kündigungsgrundes bedarf.
Dieser Frage nähert man sich entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes (§§ 314 I, 626 I BGB) und der Rspr. des BAG (BAG NJW 1985, 284; ErfK/Müller-Glöge § 626 BGB Rn 15 ff) in einem zweistufigen Vorgehen: Zunächst ist zu untersuchen, ob Tatsachen vorliegen, die „an sich“, also abstrakt-generell die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen können. Sodann ist im konkreten Fall in einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen, ob die Kündigung unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falls gerechtfertigt ist. Hierbei ist insbesondere darzulegen, wieso dem Arbeitgeber noch nicht einmal das Abwarten des Ablaufs der regulären Kündigungsfrist zumutbar ist. Inhaltlich können jedoch die obigen Ausführungen übernommen werden.
Es bietet sich an, die Prüfung nach folgendem Schema aufzubauen:

 I. wirksame Erklärung der Kündigung, insbesondere
1. Schriftform, § 623 BGB
2. Stellvertretung
3. Zugang
II. Keine materielle Präklusion, §§ 4, 7 KSchG
III. kein Sonderkündigungsschutz (Mütter, Schwerbehinderte etc.)
IV. Beteiligung des Betriebsrats, § 102 I, II S. 3 BetrVG
V. Vorliegen eines wichtigen Grundes, § 626 I BGB
1. „an sich“ wichtiger Grund
2. umfassende Interessenabwägung (Prognoseprinzip, ultima ratio-Prinzip, ggf.  Abmahnung)
VI. Kündigungserklärungsfrist, § 626 II BGB

 

11.09.2012/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-09-11 16:39:252012-09-11 16:39:25BAG: Kündigung im öffentlichen Dienst wegen NPD-Mitgliedschaft?
Samuel Ju

Mütze als Kopftuch-Ersatz in der Schule nicht erlaubt

Arbeitsrecht, Zivilrecht

In einem Urteil vom 20. August 2009 (Az.: 2 AZR 499/08) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass sich das Bekundungsverbot auch auf Mützen erstreckt, mit denen Haare, Haaransatz und Ohren einer Frau vollständig bedeckt und die erkennbar als Ersatz für ein islamisches Kopftuch getragen werden.
Sachverhalt
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Lehrerin, die seit 1997 an einer Gesamtschule in NRW tätig ist. Während der Arbeitszeit trug sie ein islamisches Kopftuch als Zeichen ihrer religiösen Zugehörigkeit. Im Jahr 2006 trat jedoch ein neues Schulgesetz in Kraft. Nach dem Landesschulgesetz von Nordrhein-Westfalen (NRW) dürfen Lehrer und pädagogische Mitarbeiter unter anderem keine Kopftücher tragen, wenn sie damit ihre Zugehörigkeit zum Islam bekunden wollen. Auf diese neue Rechtslage wurde sie von ihrem Arbeitgeber, dem Land NRW, nachdrücklich hingewiesen. Seitdem trägt sie eine Mütze mit Strickbund, durch die Haare, Haaransatz und Ohren vollständig bedeckt sind. Mit der Begründung, bei dieser Mütze handele es sich lediglich um einen Ersatz für das verbotene Kopftuch, wurde die Klägerin erneut zur Unterlassung aufgefordert. Schließlich wurde die Klägerin abgemahnt, weil sie sich dieser Aufforderung widersetzte. Mit ihrer Klage verlangte sie die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte.
Entscheidung
Die Klage hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Nach Auffassung der Richter hat die Klägerin die Mütze als religiöse Bekundung und nicht lediglich als modisches Accessoire getragen und damit gegen das Schulgesetz verstoßen. Das Bekundungsverbot verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen das AGG oder europäische Diskriminierungsverbote.
Examensrelevanz
Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts – Beschluss vom 16.12.2008 (Aktenzeichen: 2 B 46.08) Ende letzten Jahres haben wir nun also auch im Arbeitsrecht eine aktuelle Kopftuch-Entscheidung, sodass es durchaus demnächst Gegenstand in der mündlichen als auch in den schriftlichen Prüfung sein könnte.

03.09.2009/0 Kommentare/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2009-09-03 08:28:042009-09-03 08:28:04Mütze als Kopftuch-Ersatz in der Schule nicht erlaubt

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