Strafrecht SI – Januar 2015 – 1. Staatsexamen NRW
Vielen Dank für das Zusenden eines Gedächtnisprotokolls der ersten Klausur im Strafrecht des 1. Staatsexamens in NRW im Januar 2015. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
A hat eine in seinem Eigentum stehende Wohnung an den O vermietet. Allerdings möchte er den O nun aus dieser Wohnung vertreiben, womit O jedoch nicht einverstanden ist. Da A den O nicht auf zivilrechtlichem Wege rechtmäßig kündigen kann, überlegt er sich, die Angelegenheit anderweitig zu regeln.
Daher heuert er B und C an, die den O vertreiben sollen. A gibt an, dass B und C in die Wohnung des O eindringen, den O schlagen und dann im Bad einsperren sollen. Dabei überlässt A den beiden die nähere Tatplanung und Tatausführung.
Nachdem B und C die Tat detailliert geplant haben, dringen sie am nächsten Tag in die Wohnung des O ein.
Sie teilen dem O mit, dass A sie geschickt habe, weil er nicht ausziehen wolle. Sodann beginnen B und C, auf den O einzuschlagen.
Danach sperren sie O in sein Badezimmer ein, wobei sie – wie von Anfang an beabsichtigt – davon ausgehen, dass O spätestens eine Stunde später entdeckt und befreit würde.
Kurz vorher hatten B und C den A informiert, dass sie in die Wohnung eindringen würden. Dies hatte A ihnen vorgegeben.
Als A abgewartet hat, dass der O eingesperrt wurde, betritt er ebenfalls die Wohnung des O, wobei B und C ihn nicht bemerken.
Bevor A entdeckt wird, geht er in O`s Wohnzimmer und nimmt die wertvolle Armbanduhr des O an sich.
Dies hatte A von Anfang an geplant und B und C nur engagiert, um eben diese Uhr an sich nehmen und später von seinem Bekannten, dem Uhrenhändler U, veräußern zu können. B und C wussten davon nichts.
A verlässt sodann mit B und C die Wohnung. Der O wird tatsächlich eine Stunde später befreit.
A begibt sich nun zu U, der die Uhr gegen eine Provision veräußern soll. Dabei erzählt ihm A umfassend, wie er an die Uhr gelangt ist.
Allerdings findet U keinen Abnehmer, da niemand seiner Kunden bereit ist, die von A vorgegebene Summe zu zahlen.
Wie haben sich A, B, C und U strafbar gemacht?
Hat jemand Lösungsvorschläge?
Hier sind meine Gedanken zu dem Fall. ( Ich hoffe ich habe nichts übersehen)
A. 1 TK: Das Geschehen in der Wohnung des O:
I. Strafbarkeit von B und C (gemeinsam) wegen der Schläge
ggü. O KV §§ 223, 25 II StGB.
1. Obj. TB (+) Beide schlagen gemeinsam auf O ein.
2. Subj. TB (+) VS (+)
3. Mittäterschaft §
25 II BGB
a) Tatplan (+)
b) Kausale Verursachungsbeiträge
B,C (+)
c) Zurechnung der Tatbeiträge
aa) nach Rechtsprechung
(Animus Auctoris) (+)
bb) Nach h. Lit. (Tatherrschaftslehre) (+)
4. RW und SCH (+)
II. Strafbarkeit von B und C (gemeinsam) wegen Freiheitsberaubung
§§ 239 ,25 II StGB.
1. Obj. TB:
a) O = taugliches Tatobjekt, da fortbewegungsfähiger Mensch.
b) (p) Tathandlung :Einsperren. Verhindern des Verlassens
des Raumes durch äußere Vorkehrung(+)
Aber 1 Std als ausreichende Dauer? Verbreitete Ansicht:
Dauer eines „Vater- Unser“ also wohl (+)
(ansonsten Versuch § 239 II)
2. Subj. TB: VS (+) da Absicht.
3. Mittäterschaft § 25 II (+)
3. RW und SCH (+)
III. §§ 242, 25 II StGB an der Uhr?
(-) da nicht vom Tatplan erfasst und keine Kenntnis von B,C.
IV. §§ 123, 25 II
StGB
(+), eindringen: da ohne den Willen des O.
[ § 253 (-) da keine Vermögensverfügung (von Lit. gefordert),
weder verwirklicht noch gewollt; kein § § 240 (-) da bislang kein Erfolg. Voneinem genötigten Umzug aus der Wohnung
sagt der SV nichts. Bzgl. des Einsperrens ist § 239 lex specialis]
B. Strafbarkeit des A:
I. §§ 223, 25 II bzgl. Schläge (-)
(P) Zurechnung: Tatherrschaftslehre ; bei
Vorbereitungshandlungen, insbes. Organisation
shandlungen umstritten.
(1M) ausreichend, sofern Beteiligungsminus durch ein
Planungsplus bzw. das Gewicht
der Vorbereitungshandlung ausgeglichen wird.
Meiner Ansicht nach (-) da nur grober Rahmen
vorgegeben wird und keine Detailregelungen bzw. der A keine unverzichtbaren
Detailkenntnisse zur Tatausführung bereitstellte.
(2M) nicht ausreichend: Täterschaft ist Tatbestandsverwirklichung,
somit Mittäterschaft
nur bei Mitherrschaft bei der Tatbestandsverwirklichung
; Vorbereitungshandlungen
sind nicht in der Lage zu beeinflussen oder zu beherrschen.
Nach beiden Ansichten (-): Streitentscheid
entbehrlich.
II. §§ 223, 26 StgB (+)
III. §§ 239, 25 II (-), gleiches Argument wie oben.
IV. §§ 239, 26 StGB (+)
V. § 123 (+)
VI. § 242 an der Uhr (+)
VII. § 259 (-) da A keine „anderer“.
C. Strafbarkeit U:
I. § 259 StGB (+)
a) Absetzen (-) da kein Absatzerfolg.
b) Absetzen helfen:
Absatzbemühungen in wirtschaftlichem Interesse des Vortäters ?
aa) Rspr: objektiv Eignung zur Perpetuierung der
rechtswidrigen
Vermögenslage beizutragen: danach (+)
bb) Lit: In beiden Varianten Absatzerfolg notwendig. Danach
(-)
cc) Streitentscheid: BGH ftw! [Ansonsten Versuch §259
III)
Ich denke Besonderheit und Schwerpunkt des Falles war ein Raub ein mittelbarer Täterschaft durch A
Ja bei genauerem Hinsehen erkenne ich das ebenfalls.
Das war auch lediglich eine Schnellskizze .Hatte ja betont „hoffentlich“ nichts übersehen zu haben und schon ists passiert XD
Habe dazu folgendes gefunden:
https://blog.burhoff.de/2012/09/raub-in-mittelbarer-taeterschaft-geht-das/
Ich denke das ist genau der vorliegende Fall.
Allerdings bereitet mir dieser Punkt etwas Bedenken:
„Bzgl. der finalen Verknüpfung der Gewalt mit der Wegnahme handelten sie (B,C) ohne Vorsatz.“
Es wird also ein mangelnder Vorsatz von B und C als deliktskonstitutives Defizit angenommen.
Wenn man allerdings eine mittäterschaftliche Begehung des 249 durch A,B und C mangels eines gemeinsamen Tatplans (es war nie von einer Wegnahme durch A die Rede) ausschliesst, scheitert bereits die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes durch B,C.
Es macht freilich für den festzustellenden Strafbarkeitsmangel der Vordermänner keinen Unterschied ob dieses Defizit im objektiven oder subjektiven Bereich oder der Tatbestands,- Rechtswidrigkeits- oder Schuldebene liegt. Sodass hier der Raub in mittelbarer Täterschaft für A allemal durchgeht.
Nur der Anknüpfungspunkt in dem genannten Urteil ist m.M.n. fragwürdig.
Weniger die fehlende Wegnahme sondern eher das mangelnde Wissen von B,C das ihre Handlungen eigentlich nur dazu dienen damit A die Uhr wegnehmen kann macht sich dieser ja zunutze. Daher ist der mangelnde Vorsatz bzgl. des Finalzusammenhangs hier der geeignete Anknüpfungspunkt 😉
§ 224 I Nr. 4 StGB nicht zu vergessen.
Fehlt da nicht der Teil mit den Drogen, die die Toilette runtergespült wurden?