Ultimate Fighting im Strafrecht
Beim sog. Ultimate Fighting gibt es nicht bloß im öffentlichen Recht bei der Genehmigung bzw. beim Verbot solcher Events rechtliche Fragestellungen. Interessant ist ebenso, inwiefern sich die Kontrahenden bei einem solchen Spektakel strafbar machen, wenn sie ihren Gegener verletzen:
Strafrecht überhaupt anwendbar?
Zunächst kann man bei Verletzungen im Rahmen von „Sportveranstaltungen“ problematisieren, ob das deutsche Strafrecht überhaupt anwendbar sein kann. Aus den §§ 1 ff. StGB lässt sich jedoch kein gegenteiliger Schluss ziehen – ansonsten käme es außerdem zu evtl. strafrechtsfreien Räumen und es stellt sich das schwierige Problem abzugrenzen, ab wann Strafrecht doch anzuwenden wäre.
Körperverletzung?
Sodann besteht die Möglichkeit bei den objektiven Tatbestandsmerkmalen der „körperlichen Misshandlung“ und der „Gesundheitsschädigung“ im Rahmen von § 223 I StGB eine für den Einzelfall angemessene Auslegung vorzunehmen, so dass sozialadäquates Verhalten bereits nicht zur Verwirklichung dieser Merkmale führt. Hiergegen spricht aber, dass diese Merkmale nach einem objektiven Maßstab auszulegen sind.
Objektive Zurechnung
Die wohl h.M. nimmt eine Einschränkung im Rahmen der objektiven Zurechnung vor, indem sie gewöhliche Sportverletzungen als sog. sozialadäquates Verhalten einstuft. Eine solche Abgrenzung birgt fürwahr Abgrenzungsschwierigkeiten. Fraglich wäre hier dann nämlich, inwiefern eine Verletzung beim Ultimate Fighting noch als sozialadäquat gelten könnte. Letzenendes sind hier somit im Rahmen einer Abwägung wertende Erwägungen zugrunde zu ziehen. Im Ergebnis sprechen wohl die hohe Verletzungsgefahr und das lockere Regelwerk eher gegen die sozialadäquanz des Ultimate Fightings, so dass der objektive Tatbestand damit zu bejahen wäre.
Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB
Bei § 224 I Nr. 1 StGB ist dann fraglich, ob die Faust des Fighters bereits ein gefährliches Werkzeug darstellt. Die Norm ist aber gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen, so dass ein Gliedmaß kein Werkzeug in diesem Sinne darstellen kann.
Bei § 224 I Nr. 5 StGB kann dann noch diskutiert werden, ob Lebensgefahr hier abstrakt oder konkret vorliegen muss. Der Streit kann aber in der Regel dahingestellt bleiben, da beim Ultimate Fighting i.d.R. nicht einmal eine abstrakte Lebensgefahr vorliegen wird – dies wird gerade durch das – wenn auch nur rudimentäre – Regelwert verhindert.
Rechtswidrigkeit – Einwilligung
Im Rahmen der Rechtswidrigkeit gilt es sodann die Voraussetzungen einer Einwilligung zu prüfen. Problematisch ist hier dann die Schranke des § 228 StGB. Fraglich ist insofern, wann eine Tat gegen die guten Sitten verstößt:
Eine Möglichkeit besteht darin, sich letztlich an unserem gesellschaftlichem Wertebild zu orientieren. Mit einer solchen Betrachtungsweise sollte man allerdings zurückhaltend argumentieren, da sich unsere Wertevorstellung mit den jeweiligen Zeitgeist ständig ändert. So hat der BGH Verletzungen beim Sado-Maso oder das Spritzen von Heroin nicht als per se sittenwidrig angesehen. Das Herausnehmen von Organen zum Zwecke des Organhandels wurde hingegen alleine aufgrund der sittlichen Verwerflichkeit unabhängig von der bestehenden Gefahr als sittenwidrig angesehen – ebenso das willkürliche Amputieren von Gliedmaßen.
Die Fälle aber, wo eine konkrete Todesgefahr herbeigeführt wird, sollen stets als sittenwidrig eingestuft werden. So wurde z.B. die Fahrt bei einem Beschleunigungsrennen als konkrete Lebensgefahr für den mitfahrenden Beifahrer gewertet, so dass dieser nicht einwilligen konnte. Andererseits muss aber in manchen Fällen trotz der konkreten Lebensgefahr ebenso eine Einwilligung möglich sein (z.B. bei der Einwilligung in eine zwar lebensgefährliche, aber dafür evtl. lebensrettende Operation).
Beim Ultimate Fighting wird eine konkrete Lebensgefahr wohl solange anzulehnen sein, als dass ein einzuhaltendes Reglement vorliegt, wonach z.B. Tritte an den Kopf am Boden verboten werden. Es muss dann eine Abwägung im Rahmen der erstgenannten Fallgruppe der Sittenwidrigkeit erfolgen, wobei aber Zurückhaltung geboten ist. Da das Ultimate Fighting im Prinzip deckungsgleiche Gefahren wie das Kickboxen oder Boxen birgt, kann man diesen Sport wohl noch nicht als per se als sittenwidrig einstufen – eine Einwilligung ist daher möglich.
Folglich macht sich der Ultimate Fighter im Normalfall nicht strafbar. In einer Klausur darf man es sich trotzdem nicht erlauben, all diese Probleme nicht anzusprechen, da die Kenntnis dieser Problematik absoluten Pflichtfachstoff darstellt.
Die Todesgefahr entsteht erst durch das Regelwerk. Früher hatte Ultimate Fighting keine Regeln und es wurde mit bloßen Fäusten gekämpft. Bloße Fäuste brechen sofort, wenn man damit den Schädel trifft.
Deshalb wurden Handschuhe eingeführt. Nun gab es die ersten Toten.
Die meisten Toten gibt es im Boxsport. Es gibt nur eine Aktion, nämlich den Schlag zum Kopf, der pausenlos wiederholt wird.
Je mehr Regeln, desto höher die Todeswahrscheinlichkeit.