Rezension: Staudinger BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts, 4. Auflage 2012/2013
Staudinger BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts, 4. Auflage 2012/2013, Verlag de Gruyter, 59,95 €, ISBN 978-3-8059-1142-9
Das Werk „Eckpfeiler des Zivilrechts“ versteht sich konzeptionell als Ergänzung zur Vorbereitung auf das Staatsexamen anhand anderweitiger Lernmaterialien. Die Autoren bezwecken Grund- und Hintergrundverständnis zu vermitteln, wie es im Examen von besseren Kandidaten erwartet wird. Man mag sich fragen, ob die ohnehin schon knapp bemessene Zeit der Examensvorbereitung die Lektüre eines zusätzlichen Werkes mit immerhin beinahe 1500 Seiten zulässt. Nach Ansicht des Rezensenten ist diese Frage klar mit „Ja“ zu beantworten, denn zum einen sollte das Werk lediglich häppchenweise neben der Examensvorbereitung konsumiert werden und zum anderen dienen die im Werk gesammelten Beiträge dem Aufbau von Grundverständnis, so dass jeder Abschnitt auch wirklich nur einmal gelesen werden braucht.
1. Erscheinungsbild
Von der Aufmachung her erinnert das Layout weniger an Lehrbücher oder Repetitorenskripte als vielmehr an Aufsätze in juristischen Fachzeitschriften. Gleichwohl bleibt die Übersichtlichkeit gewahrt, da sich das Werk in 25 kleinere Einzelabschnitte aufgliedert, denen jeweils ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis vorangestellt ist. Diese Abschnitte sind für sich gesehen gut in einem Durchgang durchzulesen, wobei wichtige Schlagworte meist nochmals durch Fettdruck hervorgehoben wurden.
Von den extensiven Quellenangaben braucht sich der Leser im Übrigen nicht abschrecken lassen. Diese dienen lediglich dem Zweck, einem gewissen wissenschaftlichen Anspruch zu genügen, was gleichzeitig zur Folge hat, dass der ambitionierte Examenskandidat keine einzige dieser Quellen wirklich nachschlagen muss; das Werk ist vielmehr aus sich heraus verständlich.
Besonders hervorzuheben ist das wirklich umfangreiche Sachregister am Ende des Buches. Angesichts der Tatsache, dass das Werk einen Großteil des examensrelevanten Rechts abdeckt, kann man hierdurch – fast schon wie bei einem BGB-Kommentar – eine Vielzahl von Problemkreisen gezielt nachschlagen.
2. Aufbau und Inhalt
Der erste rund 75 Seiten umfassende Abschnitt des Werkes befasst sich mit relevanten Gesetzesänderungen, die das examensrelevante Zivilrecht betreffen. Nicht alle, jedoch die meisten der hier behandelten Gesetzesnovellierungen sind examensrelevant. Aus diesem Grunde lohnt sich ein kurzes Überfliegen dieses Abschnitts für die meisten Kandidaten sehr. Sei es als Referendar, wenn die Vorbereitung auf das erste Examen bereits etwas zurückliegt oder als Examenskandidat, wenn zwischen dem Absolvieren der großen Übungen und dem Beginn der Examensphase wieder etwas Zeit vergangen ist.
Im Anschluss folgen die jeweiligen Abschnitte zu den einzelnen Rechtsgebieten. Diese haben meist einen Umfang von etwa 30 Seiten (z.B. „Abschnitt E. Allgemeine Geschäftsbedingungen“) bis hin zu über 100 Seiten (z.B. „Abschnitt I. Leistungsstörungen“).
Thematisch erfasst wird insofern das gesamte examensrelevante Zivilrecht einschließlich bedeutsamer Nebengebiete wie das Familien-, Erb- und (in Grundzügen auch) das Arbeitsrecht.
Die Beiträge zielen inhaltlich in der Regel weniger darauf ab, das gesamte examensrelevante Wissen inklusive aller Einzelprobleme zu erfassen. Es geht vielmehr darum, Ursprung sowie Regelungsgehalt der verschiedenen Rechtsgebiete zu erläutern. Hierbei wird stets besonderer Wert auf die Erörterung der zugrunde liegenden Systematik der einzelnen Gebiete gelegt. So beginnt etwa „Abschnitt L. Verbraucherschutz“ mit einer Darstellung der Entwicklung, der Perspektiven und der Struktur des privaten Verbraucherrechts. Sodann wird die Methodik der Auslegung von Verbraucherschutznormen veranschaulicht. Anschließend werden die Instrumente des privatrechtlichen Verbraucherschutzes in einer Zusammenschau dargestellt, um dem Leser aufzuzeigen, wie die verschiedenen Instrumente miteinander verknüpft sind. Erst danach werden die einzelnen verbraucherrechtlich geregelten Bereiche nach und nach behandelt.
Hinsichtlich des Inhalts ist besonders hervorzuheben, dass in beinahe jedem der Abschnitte ein besonderer Fokus auf die europarechtlichen Grundlagen gelegt wird. Die Examensdurchgänge der letzten Jahre zeigen, dass vermehrt europarechtliche Grundlagen in die Fallbearbeitung beim Examen Eingang finden. Aus diesem Grunde ist es nach Ansicht des Rezensenten unerlässlich, dass sich die Kandidaten zumindest ein Basishintergrundwissen in den für das Examen relevanten Zivilrechtsgebieten aneignen. Dieser Aspekt wird in der Lehrbuchliteratur meist nur bruchstückhaft vermittelt und findet in den Werken der Repetitoren oftmals noch weniger Beachtung.
Das Zivilprozessrecht findet hingegen nur an den Stellen Einzug, wo es für die materiellrechtliche Bewertung relevant ist. Insofern werden die Grundlagen des Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht so umfassend wie die übrige Materie behandelt. Da gerade auch im Zivilprozessrecht Systemverständnis und weniger das Auswendiglernen von Problemen im Vordergrund steht, bleibt indes zu hoffen, dass eine Ergänzung dieser Topoi in der nächsten Auflage berücksichtigt wird.
3. Zur Arbeit mit diesem Werk
Mit dem Werk „Eckpfeiler des Zivilrechts“ wurde eine neue Kategorie von Zivilrechtslehrbüchern geschaffen. Wie bereits zu Eingang erwähnt, ersetzt das Werk nicht das Aneignen von Grundlagenwissen mithilfe von anderweitiger Lehrbuchliteratur und Falllösungen. Nach Ansicht des Rezensenten empfiehlt es sich deshalb – unabhängig davon, ob sich der Student am Anfang des Studiums oder in der Examensvorbereitung befindet – ein Thema zunächst mit der gewohnten Methodik zu erarbeiten. Sofern man sich dann einigermaßen sicher in den Grundlagen fühlt, sollte der einschlägige Abschnitt des „Eckpfeiler des Zivilrechts“ gelesen werden. Bei der Lektüre werden sich bei den allermeisten Studenten gewisse „Aha-Effekte“ einstellen, da nun nicht nur klar ist, ob und dass bestimmte gesetzliche Regelungen existieren, sondern auch warum dies der Fall ist. Der Zugewinn durch dieses Hintergrund- und Systemwissen wird sich zunächst nicht messbar in der Vorbereitung niederschlagen. Aber gerade dann, wenn unbekannte Fallgestaltungen zu lösen sind (was im Staatsexamen – auch mit noch so viel Lernen – den Regelfall darstellt), wird sich das zusätzliche Wissen bemerkbar machen.
4. Fazit
Die Beitragssammlung „Staudinger BGB – Eckpfeiler des Zivilrechts“ stellt eine sinnvolle Ergänzung zur gängigen Lehrbuchliteratur dar. Das hierdurch zusätzlich gewonnene Systemverständnis kann ein besonderer Zugewinn für das Klausuren Schreiben sein. Noch bedeutsamer werden das Hintergrundwissen und insbesondere auch die zahlreichen rechtsgeschichtlichen Aspekte im Rahmen der mündlichen Prüfung. Insofern ist das Werk auch als besonderer Tipp für all diejenigen zu sehen, die den schriftlichen Teil bereits hinter sich gebracht haben und nun nicht schon wieder die altbekannten Unterlagen wiederholen möchten.
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