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Schlagwortarchiv für: BGB

Gastautor

BAG zur Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel – AGB-Kontrolle

AGB-Recht, Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Saskia Wubbernitz veröffentlichen zu können. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Uni Bonn tätig.

In einer aktuellen Entscheidung (Urteil v. 10.11.2021 – 5 AZR 334/21) befasste sich der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit der Frage betreffend des Anspruchs auf Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel. Im Zeitalter der Lieferdienste stellt diese Entscheidung, die die materiell-rechtlichen Anforderungen an die AGB-Kontrolle erfasst, eine führende Entscheidung zu zahlreichen Parallelsachen dar.

I. Sachverhalt

Als Fahrradlieferant ist K bei der B seit Juni 2016 beschäftigt. K liefert Speisen und Getränke mittels Fahrrad an die Kunden aus, welche zuvor die entsprechenden Produkte über das Internet bestellt hatten. Etwaige Daten, wie die  Einsatzpläne oder die Adressen der Restaurants und der jeweiligen Kunden, bekommt K über eine Software-Applikation Scoober („App“) übermittelt. Die „App“ verbracht üblicherweise bis zu zwei GB Datenvolumen pro Monat. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses verwendet K sowohl sein eigenes Smartphone als auch sein eigenes Fahrrad. 

B regelt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass die Arbeitnehmer sowohl ihr eigenes Smartphone als auch ihr eigenes Fahrrad zu benutzen haben. Im Gegenzug gewährt B ihnen für den Einsatz der Fahrräder eine Reparaturgutschrift von 0,25 € pro gearbeitete Stunde. Diese Gutschrift kann ausschließlich bei einem von B zuvor bestimmten Unternehmen eingelöst werden. Für die Nutzung des Smartphones ist keine entsprechende Gutschrift vorgesehen.

Mit eingereichter Klage vom 03.09.2019 verlangt K von B die Überlassung eines internetfähigen Smartphones sowie ein verkehrstüchtiges Fahrrad zur weiteren Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant. K betont, dass die entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingung mangels Ausgleichsregelung unwirksam sei, §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.   

B hält die Allgemeine Geschäftsbedingung hingegen für wirksam. Die Arbeitnehmer werden nicht unangemessen benachteiligt.  Denn die Arbeitnehmer verfügen ohnehin über ein Smartphone mit Datenflatrate und ein Fahrrad. Hinsichtlich der Fahrradnutzung sei zudem die Möglichkeit der Reparaturgutschrift gegeben. 

Gerichtlich geklärt werden sollte die Frage, ob K gegen B einen Anspruch auf Bereitstellung der begehrten essentiellen Arbeitsmittel habe. 

II. Entscheidung

Das BAG hat die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts  (v. 12.3.2021 – 14 Sa 306/20) zurückgewiesen. Hierbei wurde festgestellt, dass K einen Anspruch auf die begehrten Arbeitsmittel aus § 611a Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag habe. 

Aus § 611a Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag ergibt sich jedenfalls ein Anspruch auf die Bereitstellung von Arbeitsmittel, ohne die die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht erbracht werden kann. 

Als Fahrradlieferant ist das Fahrrad ein zwingend notwendiges Arbeitsmittel. Als solches ist ebenso ein internetfähiges Mobiltelefon einzuordnen. Denn die vereinbarte Tätigkeit kann nur unter Verwendung der Scoober App ausgeübt werden, über welche die erforderlichen Daten übermittelt werden. Der Zugriff auf die Scoober App setzt wiederum ein bestehendes Datenvolumen voraus. 

Der Anspruch auf Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel wurde auch nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des B abbedungen.

Die Vereinbarungen halten einer materiell-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 1 S. 1 BGB nicht stand. Die Vereinbarung ist unangemessen und damit unwirksam. 

Aufgrund der Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Arbeitsmittel selbst zu stellen hat, ist eine abweichende Regelung im Sinne des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB gegeben, welche ihrerseits der uneingeschränkten Inhaltskontrolle unterliegt. 

In § 611a BGB ist normiert, dass der Arbeitnehmer nur verpflichtet ist, seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Essentielle erforderliche Arbeitsmittel hat der Arbeitgeber bereitzustellen. Der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung stützt sich auf die beiderseitigen Interessen und zu berücksichtigenden Gerechtigkeitserwägungen (BGH 23. November 2018 – V ZR 33/18 – Rn. 15; BAG 25. April 2007 – 5 AZR627/06 – Rn. 19, BAGE 122, 182). Der Arbeitnehmer unterliegt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO und gliedert sich in die arbeitgeberseitig organisierten Arbeitsabläufe ein, sodass ein berechtigtes Interesse an der Bereitstellung der Arbeitsmittel gegeben ist. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung und damit die Unwirksamkeit der Klausel gegeben, wenn  die Klausel auf Grundlage einer umfassenden Interessensabwägung in ihrer Gesamtheit den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. In der erforderlichen Abwägung ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners am Wegfall der Klausel nebst deren Ersetzung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen abzuwägen. Dadurch, dass der Arbeitnehmer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. 

Nach Abwägung der gegenseitigen Interessen stellt das BAG eine unangemessene Benachteiligung fest. Denn bereits die Gewährung der Reparaturgutschrift in Höhe von 0,25 € pro geleistete Arbeitsstunde stellt aufgrund der konstanten Verpflichtung zur Verwendung des eigenen Fahrrads keinen angemessenen Ausgleich dar. Trotz der Möglichkeit des Ansparens der Reparaturgutschrift ist, fehlt aus Arbeitnehmersicht die Möglichkeit über das Geld frei zu verfügen und stellt damit keine angemessene Kompensation dar. 

III. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung des BAG erweist sich als saubere AGB-Kontrolle unter dem Gesetzeswortlaut. 

Die AGB-Prüfung ist regelmäßiger Bestandteil von Abschlussklausuren und Examensklausuren. Kennzeichnend sind hierfür insbesondere der komplexe Aufbau, die vielfältige Möglichkeit der Einbettung im Gutachten sowie die Unterscheidung zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle.  Jedoch kann die AGB-Prüfung gut gelingen, sofern man stringent mit dem Gesetzestext arbeitet. Zu beachten ist hierbei insbesondere die Prüfungsreihenfolge der Inhaltskontrolle anhand §§ 307 – 309 BGB. 

Ungeachtet der Relevanz einer AGB-Kontrolle in Klausuren sind, sind diese aus dem modernen Wirtschafts- und Vertragswesen nicht mehr wegzudenken. Für den Verwender bieten sie oft erhebliche Vorteile, wohingegen sie sich oft für den Vertragspartner als nachteilhaft erweisen. Die jeweiligen Interessen müssen in einen Ausgleich gebracht werden, damit sie einer gesetzlichen AGB-Kontrolle standhalten können.

15.12.2022/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-12-15 08:07:102022-12-23 08:49:33BAG zur Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel – AGB-Kontrolle
Charlotte Schippers

Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 4: Der Verbrauchsgüterkauf

Aktuelles, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Jurastudenten und auch Praktiker werden die Nachricht mit gemischten Gefühlen entgegengenommen haben – mit dem Beginn des Jahres 2022 stehen größere Änderungen im allseits prüfungs- und praxisrelevanten Kaufrecht an. Juraexamen.info gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, die aufgrund der Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 im Kaufrecht der §§ 433 ff. BGB erfolgen. Hierzu veröffentlichen wir eine Reihe von Beiträgen – in diesem vierten Teil der Reihe steht das Verbrauchsgüterkaufrecht im Fokus.
I. Vorbemerkung zur Richtlinie (EU) 2019/771 (Warenkaufrichtlinie)
Die Warenkaufrichtlinie (WKRL), die die bisher geltende Verbrauchsgüterkaufrichtlinie von 1999 ablöst, trifft entsprechend ihres Zwecks, für ein hohes Verbraucherschutzniveau zu sorgen, s. Art. 1 WKRL, umfangreiche Regelungen, die den Verbrauchsgüterkauf betreffen, und das Verbrauchsgüterkaufrecht enger mit dem allgemeinen Schuldrecht verknüpfen. Auf die im deutschen Verbrauchsgüterkaufrecht umgesetzten Vorschriften der WKRL wird in der Folge an passender Stelle verwiesen. Die Regelungen zu den Verbrauchsgüterkaufverträgen über digitale Produkte (vor allem §§ 475a ff. BGB) sollen hier noch ausgeklammert werden.
II. Die Umsetzung in deutschen Recht
Die neuen Vorgaben für den Verbrauchsgüterkauf sind an vielen Stellen in das deutsche Kaufrecht eingeflossen und haben dort größere und kleinere Änderungen der Rechtslage bewirkt. Eine schrittweise, chronologische Betrachtung der neu gefassten Normen bietet sich an dieser Stelle an.
1. Verbrauchsgüterkauf, § 474 BGB
Zunächst hat § 474 BGB Änderungen erfahren: Der Anwendungsbereich der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf wurde dabei vor allem begrifflich, auch und insbesondere an die WKRL, angepasst (BT-Drs. 19/31116, S. 14 f.). So heißt es (wie im Weiteren auch) jetzt „Ware“ in § 474 I 1 BGB n.F. statt „beweglicher Sache“, wobei auf die Legaldefinition des § 241a I BGB verwiesen wird. Die Ware ist danach eine bewegliche Sache, „die nicht auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft“ wird – das entspricht auch den Richtlinienvorgaben, s. Art. 3 IV b) WKRL. Im Kern ändert sich hierdurch nichts.
Des Weiteren wurde der Anwendbarkeitsausschluss des § 474 II 2 BGB eingegrenzt: Keine Anwendung findet das Verbrauchsgüterkaufrecht danach auf gebrauchte Sachen, die bei öffentlich zugänglichen Versteigerungen verkauft werden – so weit so bekannt (neu ist dabei zunächst lediglich der Verweis auf § 312g II Nr. 10 BGB). Der Ausschluss der Anwendbarkeit erfordert nunmehr jedoch darüber hinaus, dass dem Verbraucher „klare und umfassende Informationen darüber, dass die Vorschriften dieses Untertitels nicht gelten, leicht verfügbar gemacht wurden.“ Zu beachten ist, dass der Begriff „umfassend“ in diesem Kontext weder im BGB noch in Art. 3 WKRL nähere Bestimmung erfahren hat – der Umfang der Informationsobliegenheit des Unternehmers ist damit unklar und wird noch zu konkretisieren sein (Wilke, VuR 2021, 283, 289). Für den Fall, dass es sich um eine Versteigerung aufgrund einer gerichtlichen oder behördlichen Zwangsvollstreckungsmaßnahme handelt, bestehen allgemein keine kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche, § 806 ZPO, § 283 AO (BT-Drs. 19/27424, S. 28).
2. Anwendbare Vorschriften, § 475 BGB
Erhebliche Änderungen finden sich in § 475 BGB n.F., der die auf den Verbrauchsgüterkauf anwendbaren Vorschriften festlegt. Gestrichen wurden § 475 IV, V BGB a.F. hinsichtlich des relativen Verweigerungsrechts des Unternehmers bei Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung, um der geänderten europarechtlichen Rechtslage gerecht zu werden – nach Art. 13 III WKRL nämlich besteht nun ein absolutes Verweigerungsrecht (dazu BT-Drs. 19/27424, S. 29; Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 25).
Relevant ist § 475 III 2 BGB n.F., der neben §§ 445 und 447 II BGB nun auch § 442 BGB für das Verbrauchsgüterkaufrecht ausschließt. Diese Änderung hat zur Folge, dass der Verbraucher auch dann nicht seine Gewährleistungsrechte verliert, wenn er bei Vertragsschluss Kenntnis von dem Mangel hat. Vielmehr müssten für einen Ausschluss der Gewährleistungsrechte die Voraussetzungen des § 476 I 2 BGB n.F. vorliegen; das entspricht den Vorgaben des Art. 7 V WKRL (Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 24).
Auch neu ist § 475 V BGB n.F., der dem Unternehmer in Umsetzung von Art. 14 I WKRL die Rechtspflicht auferlegt, „die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen“. Zu beachten sind dabei die Art der Ware und der Zweck, für den der Verbraucher sie benötigt. Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass dies im Umkehrschluss nicht bedeute,

„dass die Nacherfüllung außerhalb von Verbrauchsgüterkaufverträgen nicht innerhalb angemessener Frist durchgeführt werden muss oder mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Gläubiger verbunden sein darf.“ (BT-Drs. 19/27424, S. 29).

Eine Nacherfüllung, welche die hier aufgeführten Pflichten des Unternehmers verletzt – also z.B. zwar erfolgreich, aber mit erheblichen Unannehmlichkeiten verknüpft ist –, hat indes nicht zur Folge, dass der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten kann; er kann lediglich die Nacherfüllung ablehnen oder aber Schadensersatz nach § 280 I BGB verlangen, so dessen Voraussetzungen vorliegen (BT-Drs. 19/27424, S. 37).
Neu sind schließlich noch, entsprechend der Richtlinienvorgabe des Art. 16 III WKRL, die in § 475 VI BGB n.F. enthaltenen, folgenden Klarstellungen in Bezug auf Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung (§ 281 V BGB): Der Verbraucher ist generell bei Rücktritt oder Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung nach § 346 BGB zur Rückgabe der Ware (oder zu Wertersatz) verpflichtet. § 475 VI 1 BGB n.F. legt dem Unternehmer nun die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Rücksendekosten auf. Auch weicht die neue Regelung des § 475 VI 2 BGB n.F. von dem Grundsatz ab, dass die sich nach dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags gem. §§ 346 ff. BGB nach §§ 348, 320 BGB i.d.R. Zug-um-Zug zu erfüllen sind: Ein Rückerstattung des Kaufpreises bzw. Schadensersatzleistung durch den Unternehmer muss nach der neuen Rechtslage bereits dann erfolgen, wenn der Verbraucher nachweist, dass er die Ware abgesendet hat.
3. Sonderbestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz, § 475d BGB
Abweichend von §§ 323 II und 440 BGB legt § 475d I BGB n.F. zur Anpassung an Art. 13 IV WKRL fest, wann bei Rücktritt und Minderung, die automatisch wegen § 441 I 1 BGB miterfasst ist, die grundsätzlich nach § 323 I BGB erforderliche Fristsetzung entbehrlich ist. Die Norm erlangt darüber hinaus gem. § 475d II 1 BGB Geltung für den Schadensersatz statt der Leistung, sodass auch die Fristsetzung nach § 281 I BGB in den aufgezählten Fällen nicht notwendig ist; insoweit werden mit § 475d II 2 BGB n.F. die §§ 281 II und 440 BGB für unanwendbar erklärt. § 475d I BGB n.F. enthält fünf Fälle, in denen die Fristsetzung entbehrlich ist:
Nr. 1: Zunächst ist die Fristsetzung dann entbehrlich, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung trotz Ablaufs einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt der Unterrichtung über den Mangel durch den Verbraucher nicht vorgenommen hat. Das bedeutet, dass der Verbraucher, um die Frist auszulösen, nicht mehr ausdrücklich die Nacherfüllung verlangen muss (Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 41; krit. zum Richtlinientext Wilke, VuR 2021, 283, 290).
Nr. 2: Ein weiterer Grund für die Entbehrlichkeit der Fristsetzung ist das Auftreten eines Mangels trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung. Es besteht damit, als Erleichterung des Rücktritts, die Möglichkeit, bereits nach dem ersten erfolglosen Nacherfüllungsversuch zurückzutreten (Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 42). Das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung wird damit eingeschränkt; § 440 S. 2 BGB kann auf Verbrauchsgüterkäufe nicht mehr angewendet werden (BT-Drs. 19/27424, S. 37).
Zu berücksichtigen ist aber Erwägungsgrund 52 der WKRL, der deutlich macht, dass nicht in jedem Fall ein erfolgloser erster Versuch der Nacherfüllung ein sofortiges Rücktrittsrecht auslöst – Art. 13 IV b) WKRL ist im Zusammenhang mit diesem Erwägungsgrund zu lesen (Wilke, VuR 2021, 283, 290). Hiernach ist eine differenzierte Betrachtung vorzunehmen:

„In bestimmten Fällen könnte es gerechtfertigt sein, dass der Verbraucher Anspruch auf eine sofortige Preisminderung oder Beendigung des Vertrags haben sollte. Wenn der Verkäufer Schritte unternommen hat, um den vertragsgemäßen Zustand der Waren herzustellen, anschließend jedoch eine Vertragswidrigkeit offenbar wird, sollte objektiv bestimmt werden, ob der Verbraucher weitere Bemühungen des Verkäufers, den vertragsgemäßen Zustand der Waren herzustellen, akzeptieren sollte, wobei alle Umstände des Falles wie Art und Wert der Waren und Art und Bedeutung der Vertragswidrigkeit zu berücksichtigen sind. Insbesondere bei teuren oder komplexen Waren könnte es gerechtfertigt sein, dem Verkäufer einen weiteren Versuch zur Behebung der Vertragswidrigkeit zu gestatten. Außerdem sollte berücksichtigt werden, ob vom Verbraucher erwartet werden kann, dass er weiterhin darauf vertraut, dass der Verkäufer in der Lage ist, den vertragsgemäßen Zustand der Waren herzustellen, beispielsweise weil dasselbe Problem zum zweiten Mal auftritt. Gleichermaßen könnte die Vertragswidrigkeit in bestimmten Fällen so schwerwiegend sein, dass der Verbraucher nicht mehr darauf vertrauen kann, dass der Verkäufer in der Lage ist, den vertragsgemäßen Zustand der Waren herzustellen, beispielsweise wenn die Vertragswidrigkeit die Möglichkeit des Verbrauchers zur normalen Verwendung der Waren ernsthaft beeinträchtigt und von ihm nicht erwartet werden kann, darauf zu vertrauen, dass eine Nachbesserung oder Ersatzlieferung durch den Verkäufer dem Problem abhelfen würde.“ (Erwägungsgrund 52 WKRL, Hervorh. d. Verf.)

Nr. 3: Zusätzlich gilt: Bei einem schwerwiegenden Mangel, der den sofortigen Rücktritt rechtfertigt, ist ebenfalls keine Fristsetzung notwendig. Zur Bestimmung, ob ein solch schwerwiegender Mangel vorliegt, ist eine Abwägung der gegenüberstehenden Interessen von Verbraucher und Unternehmer im Einzelfall erforderlich – die genaue Konturierung dieser Abwägung und die Gewichtung der abwägungsrelevanten Belange ist von der Rechtsprechung vorzunehmen (BT-Drs. 19/27424, S. 37 f.).
Nr. 4: Verweigert der Unternehmer die ordnungsgemäße Nacherfüllung, wie sie von §§ 439 I und 475 V BGB n.F. vorgeschrieben wird, kann der Verbraucher ebenfalls ohne Fristsetzung zurücktreten. Ob die Verweigerung berechtigt oder unberechtigt ist, ist nicht entscheidend (BT-Drs. 19/27424, S. 38). Es ist in deutlichem Unterscheid zu §§ 323 II Nr. 1 und 281 II BGB nicht mehr erforderlich, dass der Unternehmer die Nacherfüllung „ernsthaft und endgültig“ verweigert (Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 44).
Nr. 5: Darüber hinaus braucht der Verbraucher dann keine Frist zu setzen, wenn es den Umständen nach offensichtlich ist, dass der Unternehmer nicht ordnungsgemäß nacherfüllen wird.
4. Sonderbestimmungen für Verjährung, § 475e BGB
Neu im BGB aufgenommen ist § 475e BGB: Die Norm regelt besondere Bestimmungen für die Verjährung.
Für den vorliegende Beitrag relevant ist zunächst § 475e III BGB n.F.: Verbraucher sollen die Möglichkeit haben, ihre Gewährleistungsrechte auch kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend zu machen (Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 49). Das legt auch der Gesetzgeber dar:

„Unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass dem Unionsrecht eine möglichst optimale Wirkungskraft zu verleihen ist (effet utile), scheidet eine Gleichsetzung der Länge der Verjährungsfrist mit der Länge der in Artikel 10 Absatz 1 und 2 WKRL bestimmten Gewährleistungsfrist unionsrechtlich aus. Da die Einleitung verjährungshemmender Maßnahmen stets eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, würde eine solche Regelung den Verbraucher faktisch daran hindern, solche Mängel geltend zu machen, die erst zum Ende der Dauer der Gewährleistungsfrist offenbar wurden. Damit würde ein unverändertes Beibehalten der zweijährigen Verjährungsfrist den Vorgaben des Artikel 10 Absatz 5 Satz 2 WKRL nicht gerecht.“ (BT-Drs. 19/27424, S. 40, Hervorh. d. Verf.)

Aus diesem Grund sieht die Vorschrift eine Ablaufhemmung der Verjährung von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt vor, zu dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat.
Auch § 475e IV BGB n.F. kennt einen weiteren Tatbestand der Ablaufhemmung für den Fall, dass der Verbraucher die Ware „zur Nacherfüllung oder zur Erfüllung von Ansprüchen aus einer Garantie […] dem Unternehmer oder auf dessen Veranlassung einem Dritten übergeben“ hat: Die Verjährung tritt nicht vor Ablauf von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt ein, in dem der Verbraucher die nachgebesserte oder ersetzte Ware übergeben wurde. Dies gibt dem Verbraucher die Möglichkeit, die Ware zu überprüfen (BT-Drs. 19/27424, S. 41).
5. Abweichende Vereinbarungen, § 476 BGB
Überarbeitet wurde auch § 476 BGB, der die Möglichkeit zu abweichenden Vereinbarungen zu Lasten des Verbrauchers einschränkt. Im Grunde gleich geblieben ist § 476 I 1 BGB n.F., der grundsätzlich abweichende Vereinbarungen zu Lasten des Verbrauchers verbietet. Das Umgehungsverbot wurde in § 476 IV BGB n.F. verschoben.
Wichtig ist hier insbesondere die Regelung des § 476 I 2 BGB n.F., die Art. 7 V WKRL umsetzt: Früher waren negative Beschaffenheitsvereinbarungen auch beim Verbrauchsgüterkauf generell möglich (Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 55). Diese Möglichkeit erfährt nun eine Einschränkung, da § 476 I 2 BGB n.F. eine Abweichung von den Anforderungen §§ 434 III oder 475b IV BGB n.F. nur dann gestattet, wenn der Verbraucher vor der Abgabe der Vertragserklärung eigens, also besonders, darüber informiert wurde, dass und inwieweit die objektiven Anforderungen an die Ware nicht erfüllt sind, und dies im Vertrag ausdrücklich und gesondert festgehalten wurde. Besonderes Augenmerk ist dabei auf den Begriff „gesondert“ zu werfen:

„Das Merkmal ,gesondert‘, erfordert, dass die Abweichung hervorgehoben wird, damit der Verbraucher sie bewusst in seine Kaufentscheidung einbezieht. Um eine Abweichung von der objektiven Beschaffenheit zu vereinbaren, reicht es daher nicht aus, diese neben zahlreichen anderen Vereinbarungen in einen Formularvertrag oder separate Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzustellen. Die Vertragsunterlagen müssen vielmehr so gestaltet sein, dass dem Verbraucher bei Abgabe seiner Vertragserklärung bewusst wird, dass er eine Kaufsache erwirbt, die von den objektiven Anforderungen an die Vertragsgemäßheit abweicht oder abweichen kann.“ (BT-Drs. 19/27424, S. 42, Hervorh. d. Verf.)

Beim Kaufvertragsschluss online z.B. muss der Unternehmer eine entsprechende Schaltfläche vorsehen, die der Verbraucher betätigen können muss, die Option, ein bereits gesetztes Häkchen abzuwählen, reicht nicht (BT-Drs. 19/27424, S. 42).
Des Weiteren untersagt § 476 II 1 BGB n.F. vertragliche Verjährungsvereinbarungen, die kürzer als zwei Jahre, bei gebrauchten Waren kürzer als ein Jahr sind (dies gestattet Art. 10 VI WKRL ausdrücklich). Für jede Verkürzung der Verjährungsfrist setzt § 476 II 2 BGB n.F. voraus, dass der Verbraucher erneut eigens in Kenntnis gesetzt und die Verkürzung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 476 II 2 BGB n.F. auf Vereinbarungen über die Verkürzung der Verjährung bei gebrauchten Waren erschließt sich nicht (so aber Lorenz, NJW 2021, 2065 Rn. 58) und ist im Wortlaut der Norm auch nicht angelegt. Die höheren Anforderungen an die Vereinbarungen dienen im Wege der Vereinheitlichung der Rechtsklarheit und Vereinfachung der Rechtsanwendung (BT-Drs. 19/27424, S. 43); das gilt für neue wie für gebrauchte Waren.
Kurz gesagt enthält § 476 BGB n.F. also folgende Regelungen: Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht ist beim Verbrauchsgüterkauf zwingend und Abweichungen zu Lasten des Verbrauchers sind unzulässig. Die Möglichkeit, eine negative Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen, wird eingeschränkt und die Verjährungsverkürzung erhält neue Wirksamkeitserfordernisse. Unverändert bleibt übrigens § 476 III BGB, der die Anwendbarkeit der Absätze 1 und 2 unbeschadet der §§ 307 bis 309 BGB für Schadensersatzansprüche verneint.
6. Beweislastumkehr, § 477 BGB
Der höchst examensrelevante § 477 BGB wurde an Art. 11 I WKRL angepasst, sodass die Beweislastumkehr nach § 477 I 1 BGB n.F. nun ein Jahr ab Gefahrübergang beträgt – zeigt sich der Mangel innerhalb dieser Zeit, wird die Mangelhaftigkeit der Ware bereits bei Gefahrübergang vermutet. Der Kauf lebender Tiere erhält eine Sonderregelung, diesbezüglich gilt weiterhin die Frist von sechs Monaten, § 477 I 2 BGB n.F. Die Mitgliedstaaten hätten sich nach Art. 11 2 WKRL auch für eine generelle Frist für die Beweislastumkehr von zwei Jahren entscheiden können (Ausnahme von der Vollharmonisierung). Der deutsche Gesetzgeber hat sich jedoch bewusst dagegen entschieden, da der Informationsvorsprung über den Zustand der Ware des Verkäufers gegenüber dem Verbraucher, welcher der Grund für die Beweislastumkehr ist, sich verringert und der Käufer den größeren Einfluss auf die Ware und ihren Zustand hat (BT-Drs. 19/27424, S. 44). Dies ist sachgerecht.
7. Sonderbestimmungen für Garantien, § 479 BGB
Eine letzte Anpassung soll hier noch betrachtet werden: § 479 BGB n.F., der Sonderbestimmungen für Garantien enthält, wurde den Richtlinienvorgaben des Art. 17 WKRL entsprechend geändert. Die Transparenzanforderungen an die Garantie wurden erweitert und strenger gefasst, § 479 I Nr. 1-5 BGB n.F. Darüber hinaus ist dem Verbraucher die Garantieerklärung spätestens bei Lieferung der Ware zur Verfügung zu stellen, er muss ihre Mitteilung in Textform also nicht mehr selbstständig verlangen, vgl. § 479 II BGB n.F. und a.F. Darüber hinaus regelt die Norm jetzt einen Mindestinhalt der Herstellergarantie, § 479 III BGB n.F.
III. Summa
Auch für das neue Verbrauchsgüterkaufrecht gilt: Vieles erschließt sich bei gründlicher Lektüre der neuen BGB-Normen. Stellenweise schadet es dabei auch nicht, die WKRL und ihre Erwägungsgründe daneben zu legen – diese enthalten wertvolle Hinweise zur Arbeit mit den neuen Vorschriften und helfen dabei, sich Sinn und Zweck der Regelungen vor Augen zu führen. Vor einer Klausur, die sich im neuen Kaufrecht bewegt, braucht niemand Angst zu haben. Wichtig ist es, sich mit den neuen Normen vertraut zu machen und sie zu kennen. Ein kaufrechtlicher Fall, der sich dazu im Verbrauchsgüterkaufrecht abspielt, sollte sich dann bei sauberer Arbeit mit dem Gesetz und gründlicher Subsumtion gut bewältigen lassen.

01.02.2022/1 Kommentar/von Charlotte Schippers
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Charlotte Schippers https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Charlotte Schippers2022-02-01 10:12:292024-04-11 07:37:30Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 4: Der Verbrauchsgüterkauf
Gastautor

Schriftformerfordernisse in Klausur und Praxis

BGB AT, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Tashina Kopf veröffentlichen zu können. Die Autorin hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Jura studiert und ist derzeit Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Flick Gocke Schaumburg.
Die Schriftform ist im juristischen Studium ab dem ersten Semester Vorlesungsstoff und prüfungsrelevant. Auch in längeren Klausuren des fortgeschrittenen Studiums können Schriftformprobleme gut eingebaut werden. Der folgende Beitrag soll daher einen abstrakten Überblick über die Regelungen der §§ 126, 126a BGB geben. Insbesondere die elektronische Form nach § 126a BGB soll näher erläutert werden.
I. Allgemeines
Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt. Nach Absatz 1 muss danach „die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden“. Die Schriftform kann auf zwei Weisen ersetzt werden: nach Absatz 3 durch die elektronische Form (siehe unten), nach Absatz 4 durch die notarielle Beurkundung.
II. Anforderungen
Die Anforderungen gelten einheitlich für alle gesetzlichen Schriftformerfordernisse. Dabei ist es unerheblich, wie die einzelne Norm formuliert ist, z.B. „schriftliche Erklärung“ oder „schriftliche Mitteilung“.
1. Urkunde
Die rechtsgeschäftliche Erklärung muss in einer Urkunde niedergeschrieben werden. Eine Urkunde ist jede durch Schriftzeichen dauerhaft verkörperte Willenserklärung, die einen Aussteller erkennen lässt und geeignet sowie bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweise zu erbringen. Die Art und Weise der Niederlegung der Schriftzeichen auf dem Urkundenmaterial spielt für das Schriftformerfordernis keine Rolle – sie können handschriftlich, aber auch durch einen Computerausdruck oder sonstige Weise aufgebracht werden. Das Rechtsgeschäft muss in einer Urkunde niedergelegt werden; bei mehreren Blättern muss die Verbindung deutlich gemacht werden (z.B. durch zusammenheften, aber auch Nummerierung der Seiten, einheitliche optische Gestaltung).
2. Inhalt
Die Urkunde muss das gesamte formbedürftige Rechtsgeschäft mit allen Einzelheiten darlegen. Nicht nötig ist hingegen die Angabe von Ort und Datum der Erstellung der Urkunde. Der notwendige Inhalt bestimmt sich nach dem jeweiligen Zweck des Schriftformerfordernisses im Einzelfall.
3. Unterzeichnung
Der Aussteller muss auf der Urkunde unterschreiben. Dies muss in der Regel am Ende der Urkunde geschehen, um einen räumlichen Abschluss darzustellen. Unter eine Unterschrift ergänzte Nachträge müssen erneut unterschrieben werden. Die Unterschrift kann jedoch auch bereits vor der schriftlichen Niederlegung des Inhalts erfolgen. Dabei kann sowohl ein teilweise fertiger Text unterschrieben werden, der später noch vervollständigt werden muss, sowie eine Blankounterschrift abgegeben werden. Bei einer solchen ist zu beachten, dass sich aus dem Zweck des Schriftformerfordernisses ergeben kann, dass auch die Ausfüllungsermächtigung der Schriftform genügen muss (z.B. Bürgschaft oder Kreditvertrag).
Der Aussteller hat mit seinem Namen zu unterzeichnen, um sich kenntlich zu machen. Dabei ist erforderlich, dass die Person zweifelsfrei feststellbar ist. Es ist deshalb auch ausreichend, mit nur einem Teil des Namens (insbesondere dem Nachnamen) zu unterschreiben oder einem Künstlernamen, wenn dieser hinreichenden Bezug auf die Person des Unterzeichners nimmt.
III. Elektronische Unterschrift
Im heutigen vermehrt digitalen Geschäftsverkehr ist das Festhalten an der händischen Unterschrift für die Erklärenden häufig mit zusätzlichen Umständen verbunden. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt, der mit § 126a BGB die Möglichkeit einer elektronischen Form eingeführt hat. Davon abzugrenzen sind bloße, nicht digital signierte elektronische Textdateien. Diese genügen NICHT der elektronischen Form.
1. Arten
Es gibt verschiedene Arten elektronischer Signaturen, die je nach Anwendungsbereich genutzt werden können. Neben der einfachen elektronischen Signatur kennt die eIDAS-Verordnung der Europäischen Union zu digitalen Unterschriften die fortgeschrittene elektronische Signatur sowie die qualifizierte elektronische Signatur. Die qualifizierte elektronische Signatur enthält alle Merkmale einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur sowie erhöhte Sicherheitsanforderungen.
Mit der qualifiziert elektronischen Signatur wird auch das Schriftformerfordernis eingehalten (§§ 126 Abs. 3, 126a Abs. 1 BGB). Eine einfache elektronische Signatur, z.B. durch Unterschrift auf einem Tablet oder Scannen einer handschriftlichen Unterschrift, ist für die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform nie ausreichend. Durch sie wird das Sicherheitserfordernis der Schriftform nicht eingehalten, da sie ohne weiteres von einer anderen Person kopiert und weiterverwendet oder aus dem Dokument gelöscht werden kann. Sie kann also lediglich im Interesse der Vertragsparteien verwendet werden.
Die qualifiziert elektronische Signatur setzt hohe Anforderungen für ein digitales Sicherheitszertifikat, Identifizierung und Verschlüsselung. Die qualifizierte elektronische Signatur muss einem einzigen, dadurch identifizierbaren Schlüsselinhaber zugeordnet sein. Eine nachträgliche Veränderung muss erkennbar sein. Sie kann nur durch einen dazu qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter hergestellt werden, welcher ein Signaturschlüssel-Zertifikat ausstellt. Der genaue Vorgang des elektronischen Signierens befindet sich im dauernden Wandel. Eine Möglichkeit ist beispielsweise das Einführen einer Chipkarte in ein Kartenlesegerät und die anschließende Eingabe einer PIN.
Der Adressat der Willenserklärung, der Kenntnis über den öffentlichen Schlüssel des Erklärenden erhält, kann sich durch Einsichtnahme in das Zertifikat über die Identität des Unterzeichnenden versichern. Wegen des hohen zeitlichen und technischen Aufwands wird die qualifizierte elektronische Signatur deshalb bisher in der Praxis nicht viel eingesetzt. Ferner sind die Kosten nicht zu vergessen: eine Komplettausstattung mit Kartenlesegerät, Signaturkarte und Zertifikat mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren kosten circa 120 bis 160€ (Quelle: Umweltministerium, abrufbar unter https://www.bmu.de/faq/was-kostet-eine-ausstattung-zur-qualifizierten-elektronischen-signatur, letzter Abruf v. 13.12.2021). Nach Ablauf der Gültigkeit muss eine Nachfolgekarte beantragt werden.
2. Keine Ersetzungsmöglichkeit
Jedoch gibt es auch weiterhin Vorschriften, die eine Schriftform vorschreiben, welche nicht durch die elektronische Form ersetzt werden kann (s.u. „QES –“). Dies ist der Fall, um die Zwecke der Schriftform einzuhalten, z.B. Schutz vor Übereilung.
3. Verwendung
Die elektronische Form setzt ein elektronisches Dokument voraus. Darunter sind elektronische Daten zu verstehen, die auf einem Schriftträger dauerhaft gespeichert sind und ohne technische Geräte nicht lesbar sind. Eine elektronische Wiedergabemöglichkeit muss bestehen.
Auch die qualifizierte elektronische Signatur muss das zu unterzeichnende Dokument abschließen. Sie kann deshalb erst hinzugefügt werden, nachdem das Dokument fertiggestellt ist. Dadurch erübrigt sich aber die Voraussetzung, dass die Unterschrift einen räumlichen Abschluss unter der Urkunde darstellen muss. Sie kann mithin an beliebiger Stelle eingefügt werden.
Bei gegenseitigen Verträgen müssen entgegen des unmittelbaren Verständnisses von § 126a Abs. 2 BGB die Vertragsparteien dasselbe elektronische Vertragsdokument signieren. Es reicht jedoch aus, wenn mehrere identische elektronische Exemplare eines Vertrages erstellt werden, und jeder Vertragspartner die Ausführung für den anderen Teil signiert.
Es ist nicht notwendig, dass beide Vertragsparteien die elektronische Form verwenden. Es ist möglich, dass eine Partei das Vertragsdokument elektronisch signiert, und der andere Teil ein identisches physisches Exemplar in der Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB unterschreibt.
4. Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr
Für die Verwendung der elektronischen Form ist kein Einverständnis des anderen Teils erforderlich. Dem Empfänger einer Willenserklärung kann die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr jedoch nicht aufgezwungen werden. Er ist grundsätzlich auch nicht verpflichtet, Vorrichtungen bereitzustellen, die für den Empfang von elektronischen Willenserklärungen notwendig sind. Hat der Empfänger keinerlei Vorrichtungen dafür, kann ihm die Willenserklärung auch nicht nach § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zugehen. Die fehlenden Vorkehrungen gehen also grundsätzlich zulasten des Erklärenden.
In der Praxis wird die elektronische Form deshalb regelmäßig nur verwendet, wenn die Beteiligten sich ausdrücklich oder durch ihren bisherigen Geschäftsverkehr konkludent darauf geeinigt haben.
IV. Examensrelevante Schriftformerfordernisse

  • 409 Abs. 1 S. 2 BGB – Abtretungsanzeige
  • 492 Abs. 1 – Verbraucherdarlehensvertrag (QES -)
  • 568 Abs. 1 BGB – Kündigung eines Mietvertrages
  • 623 BGB – Kündigung eines Arbeitsvertrages (QES -)
  • 766 S. 1 BGB – Bürgschaftsvertrag (QES -)
  • § 14 Abs. 4, 15 TzBfG – Befristung eines Arbeitsvertrages; umstritten, ob eine elektronische Unterschrift zulässig ist
11.01.2022/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-01-11 08:43:042022-06-07 06:27:22Schriftformerfordernisse in Klausur und Praxis
Charlotte Schippers

Grundzüge des Minderjährigenrechts für die BGB-AT-Klausur

BGB AT, Für die ersten Semester, Lerntipps, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

In Kürze stehen die Abschlussklausuren, so auch im BGB AT, an. Besonders klausurrelevant ist hier das Minderjährigenrecht. Beherrscht werden sollte daher in diesem Zusammenhang die Prüfung des Zustandekommens von Verträgen mit beschränkt Geschäftsfähigen und von Herausgabeansprüchen. Wichtig zur gelungenen Klausur ist eine strukturierte Herangehensweise an die Falllösung, wobei der folgende Beitrag helfen soll.
 
A) Zustandekommen von Verträgen
Zunächst stellt sich also die Frage nach dem Abschluss eines Vertrags mit beschränkt Geschäftsfähigen. Prüft man einen solchen Vertragsschluss, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Normen und Überlegungen in die Prüfung einzubauen. So ist es möglich, zunächst den Vertragsschluss an sich zu bejahen und ihn dann auf seine Wirksamkeit hin zu untersuchen. Aber auch direkt iRd Willenserklärung des Minderjährigen kann eine Prüfung der Normen sinnvoll sein. Grundsätzlich steht der Aufbau insofern frei.
 
I. Ausgangspunkt der Prüfung: § 107 BGB
1. Rechtlich lediglich vorteilhaft?
Am Beginn der Prüfung steht die Frage, ob das Rechtsgeschäft für den beschränkt Geschäftsfähigen (Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren, §§ 2, 106 BGB) rechtlich lediglich vorteilhaft ist. Solche Rechtsgeschäfte darf er nämlich selbst vornehmen, sie fallen in seine eigene Rechtsmacht. Voraussetzung ist, dass seine Rechtsstellung hierdurch ausschließlich verbessert wird. Maßgeblich bei der Bestimmung, ob das der Fall ist, ist ausschließlich die rechtliche Sichtweise. Wirtschaftliche Gesichtspunkte bleiben nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut außer Betracht. Allerdings sind mit einer teleologischen Reduktion der Norm auch rechtlich neutrale Geschäfte hiervon erfasst (arg. ex § 165 BGB).
 
2. Beispiele

  • Der Abschluss eines Kaufvertrags bedeutet für den beschränkt Geschäftsfähigen einen rechtlichen Nachteil: Er verpflichtet sich hierdurch gem. § 433 Abs. 2 BGB zur Kaufpreiszahlung. Ob der Vertrag wirtschaftlich sinnvoll oder gar ein Schnäppchen ist, ist nicht relevant.
  • Gibt der beschränkt Geschäftsfähige das verbindliche Angebot auf Abschluss des Kaufvertrags ab, beinhaltet dieses bereits den rechtlichen Nachteil: Das Zustandekommen des ihn verpflichtenden Vertrags liegt nicht mehr in seinen Händen, sondern ist alleine von der Annahme des Erklärungsempfängers abhängig.
  • Eine dingliche Einigung i.S.d. § 929 S. 1 BGB, die auf Eigentumsübertragung an den Minderjährigen gerichtet ist, ist rechtlich lediglich vorteilhaft.

 
3. Zwischenfazit
Stellt sich also die Willenserklärung als rechtlich lediglich vorteilhaft heraus, ist sie auch ohne Zustimmung wirksam. Ist sie es hingegen nicht, geht die Prüfung weiter:
 
II. Einwilligung
1. Einwilligung nach § 183 S. 1 BGB
Zu prüfen ist dann, ob die gesetzlichen Vertreter, i.d.R. die Eltern, §§ 1626, 1629 Abs. 1 BGB, ihre Einwilligung erteilt haben. Hierbei handelt es sich um die vorherige Zustimmung, vgl. § 183 S. 1 BGB. Sie kann als Einzeleinwilligung, also für ein bestimmtes Geschäft, oder (beschränkter) Generalkonsens, also noch nicht näher bestimmte Geschäfte z.B. für eine Reise mit Freunden, erteilt werden. Eine ausdrückliche Erklärung hierüber ist nicht erforderlich.
 
2. Der Taschengeldparagraph: § 110 BGB
Wenn es an einer ausdrücklichen Einwilligung fehlt, ist an § 110 BGB (Taschengeldparagraph) zu denken: Hiernach wird ein durch einen beschränkt Geschäftsfähigen geschlossener Vertrag wirksam, wenn dieser seine vertragsgemäße Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden sind. Ein Bewirken der Leistung setzt voraus, dass der Leistungserfolg vollständig erbracht wurde, vgl. auch § 362 Abs. 1 BGB.
Bei der Überlegung, ob Mittel zur freien Verfügung überlassen worden sind, ist auch die Frage einzubeziehen, ob das infrage stehende Rechtsgeschäft mit dem von den Eltern zu verfolgenden Erziehungszweck der Mittelüberlassung (s. dazu auch Art. 6 Abs. 1, 2 GG) in Einklang steht.
Hinsichtlich des Bewirkens gilt zu beachten, dass auch die Vereinbarung von Ratenzahlung grundsätzlich zwar möglich ist. Ein Bewirken liegt aber erst dann vor, wenn die letzte Rate bezahlt wurde.
 
3. Beispiele

  • Die Eltern des minderjährigen M geben ihm 50 €, damit er sich neue Schulbücher kaufen kann, willigen also in solche Geschäfte ein.
  • Darüber hinaus bekommt M 10 € Taschengeld pro Woche, damit er lernt, mit Geld umzugehen. Hiervon kauft er sich meistens am Kiosk Comic-Hefte und Süßigkeiten, die er dort sofort bezahlt. Diese Verträge sind von Anfang an nach § 110 BGB wirksam.

 
4. Zwischenfazit
Wenn die Einwilligung der Eltern also wirksam erteilt wurde oder § 110 BGB einschlägig ist, ist das Rechtsgeschäft wirksam. Fehlt eine Einwilligung, ist noch an die Genehmigung zu denken, § 108 Abs. 1 BGB: „Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab“. Die Willenserklärung ist also zunächst schwebend unwirksam.
 
III. Genehmigung
1. Genehmigungserteilung
Die Genehmigung ist die nachträgliche Zustimmung, durch sie wird das Rechtsgeschäft rückwirkend, also von Anfang an, ex tunc, wirksam gem. § 184 Abs. 1 BGB. Wird sie verweigert, ist der Vertrag endgültig unwirksam. Sie kann gem. § 182 Abs. 1 BGB sowohl gegenüber dem Minderjährigen als auch seinem Vertragspartner gegenüber erteilt werden.
 
2. Aufforderung zur Genehmigung, § 108 Abs. 2 BGB
Fordert der Vertragspartner den Vertreter des beschränkt Geschäftsfähigen zur Genehmigung auf, hat dies mehrere Folgen: Zunächst wird eine etwaige Genehmigung oder Verweigerung, die zuvor gegenüber dem Minderjährigen erteilt wurde, unwirksam, § 108 Abs. 2 S. 1 HS. 2 BGB. Eine Erklärung über die Genehmigung kann dann nur noch dem Geschäftspartner gegenüber erfolgen, § 108 Abs. 2 S. 1 HS. 1 BGB. Wird die Genehmigung nicht bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Empfang dieser Aufforderung (vgl. zur Fristberechnung §§ 187 ff. BGB), gilt sie als verweigert gem. § 108 Abs. 2 S. 2 HS. 2.
 
3. Minderjähriger wird volljährig, § 108 Abs. 3 BGB
Wird der Minderjährige volljährig, also voll geschäftsfähig, sind seine Eltern nicht mehr i.S.d. § 108 BGB für ihn zuständig – als Volljähriger hat er keine gesetzlichen Vertreter mehr. Deshalb kann er selbst ab diesem Zeitpunkt die erforderliche Genehmigung erteilen oder verweigern, § 108 Abs. 3 BGB. Das gilt auch, wenn die Eltern bereits zur Erklärung über die Genehmigung aufgefordert wurden. Wurde noch keine Aufforderung ausgesprochen, kann dies auch nur noch ihm gegenüber erfolgen (MüKo BGB/Spickhoff § 108 Rn. 36).
 
4. Zwischenfazit
Hier endet in der Regel die Prüfung des Vertragsschlusses. Entweder ist der Vertrag durch die Genehmigung ex tunc wirksam geworden oder aufgrund Verweigerung oder Verweigerungsfiktion endgültig unwirksam. Wichtig ist, hier gründlich mit den entsprechenden Vorschriften zu arbeiten und diese strukturiert durchzuprüfen.
 
B) Herausgabeansprüche im Kontext des Minderjährigenrechts
Häufig wird in der BGB-Klausur die Kaufsache auch schon an den Minderjährigen übergeben und übereignet worden sein, sodass sich darüber hinaus die Frage nach Herausgabeansprüchen stellen wird. Bekannt sein sollten euch auf jeden Fall § 985 BGB und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
 
I. § 985 BGB
985 BGB ist der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer ohne Besitzrecht. Dieser muss, wenn nach Herausgabe gefragt ist, zuerst geprüft werden.
 
1. Voraussetzungen
 

I. Anspruchssteller ist Eigentümer
II. Anspruchsgegner ist Besitzer
III. Besitzer hat kein Recht zum Besitz, § 986 BGB

 
Der Schwerpunkt der Prüfung wird normalerweise bei Punkt I. liegen. Hier ist die Prüfung chronologisch vorzunehmen, es kommt also darauf an, wer ursprünglicher Eigentümer war und an wen und wodurch er sein Eigentum verloren haben könnte.
 
2. Beispiel
V und der minderjährige M haben einen Kaufvertrag über ein Handy geschlossen, der aber mangels Zustimmung der Eltern des M unwirksam ist. V hat M das Handy bereits mit nach Hause gegeben und beide wollten auch, dass M das Eigentum hieran erhält.
Ursprünglich war also V Eigentümer des Handys. Er hat sein Eigentum an M durch Übergabe und Übereignung gem. § 929 S. 1 BGB verloren. Hierbei gilt es, i.R.d. dinglichen Einigung auf das Trennungs- und Abstraktionsprinzip zu achten: Während der Kaufvertrag (der hier gar nicht erst anzusprechen ist!) unwirksam ist, ist das Verfügungsgeschäft unabhängig davon wirksam: M erhält hierdurch Eigentum an dem Handy, also rechtlich lediglich einen Vorteil, sodass dieses keiner Zustimmung bedarf. Ein Anspruch aus § 985 BGB scheitert daher an der fehlenden Eigentümerstellung des V.
 
II. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB
Als nächstes zu prüfen ist der Anspruch aus Bereicherungsrecht, der eine ungerechtfertigte Bereicherung rückabwickeln soll.
 
Voraussetzungen
 

I. Etwas erlangt

  •  jeder vermögenswerte Vorteil

II. Durch Leistung

  •  bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens

III. Ohne rechtlichen Grund

 
Bei der Prüfung dieses Anspruchs ist darauf zu achten, dass iRd erlangten Etwas die genaue Rechtsposition zu benennen ist. Nicht ausreichend ist es, an dieser Stelle davon zu sprechen, der Minderjährige habe „das Handy“ erlangt. Richtig muss es heißen: „Eigentum und Besitz an dem Handy“.
I.R.d. Prüfung des rechtlichen Grundes kann es je nach Fallkonstellation auch vorkommen, dass die Prüfung des Zustandekommens des Vertrags hier eingeschachtelt werden muss. Hat man diese bereits vorgenommen, reicht insoweit ein Verweis.
 
C) Fazit
Das Minderjährigenrecht in der BGB-Klausur bietet viele Stellen, an denen der Klausursteller Wissen und Strukturverständnis abfragen kann. Mit einer gründlichen, strukturierten Lösung unter Zuhilfenahme der umfassenden Regelungen des BGB kann aber jede BGB-Klausur vernünftig gemeistert werden. Führt euch immer vor Augen, dass der Gesetzgeber den Minderjährigen vollumfänglich schützen wollte und schon das Gesetz euch daher für (fast) alle Fälle ausreichend wappnet, wenn ihr es nur richtig anwendet. Viel Erfolg bei den Klausuren!

20.01.2020/3 Kommentare/von Charlotte Schippers
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Charlotte Schippers https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Charlotte Schippers2020-01-20 09:29:362020-01-20 09:29:36Grundzüge des Minderjährigenrechts für die BGB-AT-Klausur
Charlotte Schippers

Wohnraummiete: Schnarchen des Nachbarn als Mangel im Altbau?

Mietrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Etwas älter ist das nachfolgend besprochene Urteil des AG Bonn vom 25. März 2010 (Az.: 6 C 598/08). Nichtsdestoweniger ist der Sachverhalt unterhaltsam und sorgte für mediales Aufsehen. Mit dem Fall können einerseits das Basiswissen der Prüflinge im Mietrecht, einem beliebten Examensthema, und andererseits ihre Fähigkeit zur Argumentation mit den Sachverhaltsangaben abgefragt werden. Mithin ist das vorliegende Urteil auch für den Klausursteller im Examen attraktiv und sollte deshalb jedem Examenskandidaten geläufig sein.
Das AG Bonn hatte sich also nun damit zu beschäftigen, ob das Schnarchen eines Mieters für die Mieter der Nachbarwohnung einen Sachmangel an der Mietwohnung darstellt. Wie es dazu kam, ist schnell erzählt:
 
Sachverhalt (leicht abgewandelt und gekürzt)
Geklagt hatten die Mieter (M und N) gegen ihre Vermieterin (V). Die betreffende Altbauwohnung wurde unter anderem als „renoviert“, „modernisiert“ sowie „in ruhiger Lage“ befindlich inseriert. Auch beim dem Telefonat mit der Maklerin wurde auf Nachfrage darauf hingewiesen, dass es sich um eine ruhige Wohnung handle, über der Wohnung sei schließlich nur noch der Speicher. Allerdings war die Wohnung tatsächlich hellhörig. Insbesondere störend für M und N war, dass das Schnarchen des Mieters der unter ihrer Wohnung liegenden Wohnung so laut war, dass sie in ihrem eigenen Schlafzimmer nicht schlafen konnten, was auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte. Ein Hinweis auf fehlende Schallisolierung sowie das Schnarchen erfolgte durch die Maklerin nicht.
V machte geltend, dass sich bisher noch kein Mieter über die schlechte Isolierung beklagt habe. Auch würden Mieter der unter dem schnarchenden Mieter liegenden Wohnung sich nicht darüber beschweren. Außerdem handelt es sich bei dem Haus um eines aus der Gründerzeit: Maßgeblich seien technischen Gegebenheiten zur Zeit der Errichtung des Gebäudes – der Schallschutz sei jedenfalls nicht schlechter als der, der bei Altbauten üblich ist.
M und N rügten eine fehlerhafte Schallisolierung der Wohnung und machten eine Minderung der Miete geltend.
War die Minderung gerechtfertigt?
 
Lösung
Infrage kommt eine Minderung der Miete nach § 536 BGB. Gem. § 536 Abs. 1 BGB ist der Mieter bei Vorliegen eines Mangels, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache aufhebt oder mindert, von der Pflicht zur Zahlung der Miete entweder vollständig oder in angemessener Höhe befreit.
Nach Feststellung, dass ein wirksamer Mietvertrag vorliegt, ist entscheidend, ob der Wohnung ein Mangel anhaftet. Ein Mangel ist jede negative Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit.
 
I. Zunächst ist die Frage nach einem Mangel mit Blick auf die möglicherweise nicht hinreichende Schallisolierung zu begutachten:
Hierfür ist der Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes maßgeblich, vgl. BGH, Urt. v. 26.7.2004 – VIII ZR 281/03. So kann der Mieter von einem Altbau ohne besondere Absprachen mit dem Vermieter nicht mehr als einen Mindeststandard, der heutigen Maßstäben gerecht wird, erwarten. Das Gleiche gilt auch für ein modernisiertes Mietobjekt: Dass ein neuzeitlicher Standard bzgl. Schalldämmung etc. eingehalten wurde, kann nicht zugrunde gelegt werden; insbesondere wegen der für Altbauten typischen Deckenkonstruktionen. Da der Schallschutz aber, wie auch gutachterlich festgestellt wurde, nicht schlechter war als der, der bei Altbauten üblich ist, kann hierin also kein Mangel begründet werden.
 
II. Auch in den Schnarchgeräuschen des Nachbarn liegt kein Mangel:

„Zum einen kann bei der Anmietung einer Altbauwohnung, die regelmäßig über die für Altbauwohnungen charakteristischen Holzbalkendecken – (und damit nach Feststellungen des Sachverständigen einhergehend auch über geringeren Schallschutz) – verfügt, vom Mieter nicht vorausgesetzt werden, dass keinerlei Wohngeräusche der Nachbarn in die Wohnung dringen. […] Darüber hinaus haben die Parteien auch keine weitergehende Vereinbarung über den Schallschutz der Mietsache getroffen, wonach das aus der Nachbarwohnung durchdringende Geräusch eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit einen Mietmangel darstellte.“

Der Mangel kann nach Auffassung des AG Bonn hierüber nur dann begründet werden,

„wenn die Parteien über den allgemein von einen (sic!) Altbau zu fordernden Schallschutz hinaus eine Vereinbarung dahingehend getroffen hätten, dass jedwede Wohngeräusche, auch solche mit einer tiefen Frequenz nicht aus der Nachbarwohnung zu vernehmen seien“.

Es untersuchte demnach noch, ob nicht eine Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der nachbarlichen Wohngeräusche getroffen wurde.
 
1. Eine solche könnte sich durch die Werbung für die Wohnung als „in ruhiger Lage“ begründen lassen. Allerdings sind nach der Verkehrsauffassung hiermit Lage und Außenverhältnisse gemeint, nicht aber die Geräuschquellen im Haus, sodass dies ausscheidet.
 
2. Die Vereinbarung, es handle sich um eine „ruhige Wohnung“ mit Bezug auf den darüber gelegenen Speicher spricht ebenfalls gegen eine Vereinbarung darüber, dass sonstige Wohngeräusche nicht zu vernehmen wären:

„Die Vereinbarung einer „ruhigen Wohnung” bezieht sich nach der Verkehrsanschauung in erster Linie auf das Wohnverhalten der Mitmieter und den damit einhergehenden Wohngeräuschen, insbesondere im Hausflur, Balkonen und Kellerräumen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass zur Begründung des Merkmals „ruhige Wohnung” nach dem Vortrag der Kl. auf den über der Wohnung liegenden Speicher Bezug genommen worden ist. Dass es sich vorliegend um ein „unruhiges Haus” handele, wonach durch entsprechendes Wohnverhalten der Mitmieter mannigfaltige Wohngeräusche in die Wohnung der Kl. dringen, wurde von den Kl. schon nicht vorgetragen.

 
3. Eine weitere Auslegung dahingehend, dass eine Zusicherung getroffen werden sollte, dass über den normalen Schallschutz hinaus das Durchdringen sämtlicher Wohngeräusche, auch solcher wie Schnarchen des Nachbarn, ausgeschlossen sei, kann demnach nicht stattfinden. Dies bedürfe einer detaillierteren Vereinbarung, die dies ausdrücklich aufgreift.
Folglich liegt kein Mangel vor.
 
III. Damit waren M und N, da kein Mangel vorliegt, nicht zur Minderung der Miete gem. § 536 BGB berechtigt.
 
Fazit
Es zeigt sich, dass es in Fällen wie diesen auf die Kenntnis mietrechtlicher Gewährleistung ankommt. Infrage kommt beispielsweise auch die Überlegung, wie sie im Originalfall zugrunde lag, ob ein Kündigungsfolgeschaden geltend gemacht werden kann: Dabei käme es auf ein Kündigungsrecht von M und N an, also wiederum auf das Vorliegen eines Mangels. Maßgeblich geht es darum, die relevanten Punkte strukturiert in der Prüfung unterzubringen.

12.12.2019/3 Kommentare/von Charlotte Schippers
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Charlotte Schippers https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Charlotte Schippers2019-12-12 09:12:032019-12-12 09:12:03Wohnraummiete: Schnarchen des Nachbarn als Mangel im Altbau?
Redaktion

Zivilrecht II – Juni 2019 – Hessen – 1. Staatsexamen

Examensreport, Hessen, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zur Examensklausur Zivilrecht II (Teilaufgabe 1), 1. Staatsexamen, Hessen, Juni 2019. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt.
 
Der Abitur-Jahrgang (A) möchte für seinen Abiball am 14.6.2019 T-Shirts bedrucken lassen, um einheitlich aufzutreten. Die 80 T-Shirts wurden von den Eltern eines Schülers gestellt.
Die Stufensprecherin S des A hat sich bereit erklärt, sich um das Bedrucken der T-Shirts zu kümmern.
Hierzu suchte sie am 24. Mai 2019 den Copy-Shop des B auf, der unter anderem auch T-Shirts bedruckte. S einigte sich mit B über das Bedrucken der 80 T-Shirts zum Preis von 240€, wobei das Bedrucken an sich 2€ pro T-Shirt kostet, und 1€ pro T-Shirt für die (notwendige) chemische Fixierung des Drucks. Hierbei gehen 50% für Materialien drauf, 50% sind Gewinn. Die T-Shirts lies S gleich am 24.Mai bei B. Als Abholtermin wurde der 7. Juni festgelegt, die Schüler sollten die T-Shirts noch vor Pfingsten (9. & 10. Juni) erhalten.
Als S am 7. Juni bei B ankam um die T-Shirts abzuholen, teilte dieser ihr mit, dass er aufgrund eines Maschinendefekts noch nicht fertig sei. Es seien erst 20 T-Shirts fertig bedruckt. S ist hierüber verärgert, sieht jedoch keine andere Möglichkeit und gewährt B eine letzte Frist bis zum 11. Juni 2019, dann müssen die T-Shirts aber fertig sein, da der Abiturjahrgang am Abiball am 14. Juni geschlossen und einheitlich auftreten will. B verspricht S, die T-Shirts bis zum 11. Juni fertig zu haben, er werde extra eine Sonderschicht über Pfingsten einlegen.
Als S nun am 11. Juni 2019 die T-Shirts bei B abholen möchte muss sie jedoch feststellen, dass dieser immer noch nicht fertig ist. Er hat nun 40 T-Shirts komplett fertig, 20 weitere sind schon bedruckt, es fehlt jedoch noch die chemische Fixierung. B meint er bräuchte noch zwei weitere Tage um die T-Shirts fertigzustellen, er hatte wieder einige Probleme gehabt. S ist hierüber erbost, sie fordert umgehend alle T-Shirts von B heraus. Die teilweise fertigen T-Shirts bringen dem Abiturjahrgang gar nichts, da dieser einheitlich und geschlossen am Abiball auftreten wolle. B gibt S daraufhin die T-Shirts heraus.
S bringt die T-Shirts zu C, der die 20 angefangenen T-Shirts chemisch fixiert und die restlichen 20 T-Shirts komplett bedruckt. Hierfür verlangt C 120€ (2€ für die chemische Fixierung und 4€ für Fixierung und Druck). C bekommt die T-Shirts bis zum Abend des 12. Juni 2019 fertig. S bezahlt.
Der Abiturjahrgang trägt am Abiball am 14. Juni 2019 die T-Shirts.
B möchte nun den vereinbarten Preis von 240€. S weigert sich im Namen des A, meint, es müssen zumindest die 120€, die bei C angefallen sind, verrechnet werden.
Fallfrage: Hat B einen Vergütungsanspruch gegen A in Höhe von 240€?
Bearbeitervermerk: Es ist davon auszugehen, dass S stets im Namen und mit Vollmacht des A gehandelt hat. Der Abiturjahrgang ist rechtsfähig. Gesellschaftsrecht ist nicht zu prüfen. Zudem ist B hinsichtlich des Maschinendefekts und auch bei den anderen Problemen zumindest fahrlässiges Organisationsverschulden zu unterstellen.

02.08.2019/12 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2019-08-02 11:37:392019-08-02 11:37:39Zivilrecht II – Juni 2019 – Hessen – 1. Staatsexamen
Dr. Yannik Beden, M.A.

Sachmangel bei Kauf von Doppelbett: Kein Rücktritt aufgrund von „Kuhlenbildung“

Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Liegt ein Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB vor, wenn sich bei einem zwei Jahre alten Boxspringbett mit doppeltem Matratzenuntergestell eine Kuhle in der Mitte des Bettes bildet? Mit dieser Rechtsfrage durfte sich das LG Koblenz in seinem Beschluss vom 17.8.2018 – 6 S 92/18 beschäftigen. Die Entscheidung beleuchtet das Verständnis des kaufrechtlichen Mangelbegriffs speziell für den Kauf von Betten und bietet dabei gleichzeitig Gelegenheit, die grundlegende Systematik des § 434 BGB zu rekapitulieren:
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen)
„Der Kläger, alleinstehend und Alleinschläfer, interessierte sich für die Anschaffung eines neuen Bettes. Nach kurzem Probeliegen kaufte er bei dem später beklagten Möbelhaus ein Boxspringbett in der Größe 1,60m*2,00m zum Preis von 2.000,00 €. Das Boxspringbett bestand – entsprechend des unterschriebenen Kaufvertrages – aus einem gefederten Untergestell als Basis, zwei aufgelegten Matratzen in den Größen 0,8m*2,00m in einem durchgehenden Bezug und einem noch aufgelegten, durchgehenden sog. Topper. Nach nicht ganz zweijähriger Nutzung hatte sich eine Kuhle in der Mitte des Bettes gebildet, der Schlafkomfort war beeinträchtigt. Der Kläger verlangte daher vom Möbelhaus, diesen Mangel zu beseitigen. Das Möbelhaus verweigerte die Mangelbeseitigung mit dem Hinweis, das Bett sei zur Alleinnutzung nicht geeignet, beim Schlafen in der Mitte des Bettes bilde sich zwangsläufig wegen der zwei Matratzen eine Kuhle, es liege ein bestimmungswidriger Gebrauch vor. Dies wollte der Kläger nicht akzeptieren, schließlich habe er bei den Verkaufsverhandlungen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er das Bett alleine nutzen werde. Er reichte daher Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages beim Amtsgericht Mayen ein.“
II. Überblick zur Regelungssystematik des § 434 Abs. 1 BGB
Wann ist der Kaufgegenstand frei von Sachmängeln i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB? Im Ausgangspunkt bedarf es stets einer negativen Abweichung der „Ist-Beschaffenheit“ von der vertraglich geschuldeten „Soll-Beschaffenheit“ (vgl. BeckOK/Faust, BGB, 46. Ed. Stand 1.5.2018, § 434 Rn. 12). Welchen Zustand die Sache aufweisen soll, können die Vertragsparteien im Rahmen einer Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB selbst festlegen, wobei dies nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen kann. Welche Umstände als „Eigenschaften“ einer Sache zu qualifizieren sind ist mitunter umstritten: Diskutiert wird vor allem, inwieweit eine Beschaffenheit der Sache physisch anhaften muss bzw. ob auch Umweltbeziehungen des Kaufgegenstands zur Bestimmung der Beschaffenheit heranzuziehen sind (ausführlich MüKo/Westermann, BGB, 7. Auflage 2016, § 434 Rn. 9).
Besteht keine (explizite oder stillschweigende) Vereinbarung über die Beschaffenheit der Sache, kann ein Mangel auch vorliegen, wenn sich die Sache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine vertraglich vorausgesetzte Verwendung anzunehmen, sofern beide Parteien eine solche übereinstimmend unterstellen, wobei es keiner vertraglichen Vereinbarung bedarf (BGH Urteil v. 16.3.2012 – V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078). Gibt es keine Beschaffenheitsvereinbarung und wurde keine Verwendungsmöglichkeit vorausgesetzt, ist nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf die Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung bzw. die verkehrsübliche Beschaffenheit des Gegenstands abzustellen. Mangelfrei ist die Sache dabei nur, wenn sie die übliche Beschaffenheit und Eignung zur gewöhnlichen Verwendung kumulativ aufweist (BeckOK/Faust, BGB, 46. Ed. Stand 1.5.2018, § 434 Rn. 53).   
III. Wie entschied das Gericht?
Das LG Koblenz schloss sich der Vorinstanz an und verneinte eine Mangelhaftigkeit des Bettes, sodass kein Rücktrittsgrund bestand. Eine Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB zog das Gericht von vornherein nicht in Erwägung. Auch eine vertragliche vorausgesetzte Verwendungsmöglichkeit i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB nahm das Gericht nicht an. Es entspreche darüber hinaus nicht der üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB) eines Doppelbettes, dass der Bereich zwischen den für jeweils eine Person vorgesehenen Liegeflächen zum Schlafen genutzt werde. Auch der Aufbau des Boxspringbettes bestehend aus zwei Matratzen, die als Untergestell für den Topper fungieren, mache dies deutlich. Ebenso wenig bestehe – so das Gericht – eine Pflicht des Verkäufers des Bettes zur Aufklärung über etwaige Nutzungsmöglichkeiten der Liegefläche. Zuletzt verwies der Käufer noch auf eine Werbung des Möbelhauses, in der eine Frau abgebildet war, die allein und diagonal auf einem großen Boxspringbett lag und ein Prospekt durchblätterte. Doch auch dieser Einwand überzeugte die Zivilkammer nicht: Es sei ersichtlich, dass in der Werbung des Verkäufers keine typische Schlafsituation dargestellt werde. Auch § 434 Abs. 1 S. 3 BGB ist den Ausführungen des Gerichts zufolge deshalb nicht einschlägig. Der Käufer musste sich letztlich also mit der Kuhle in der Mitte seines Bettes abfinden.
Die Wertung des LG Koblenz lässt sich durchaus bestreiten. Auch bei Nutzung des Doppelbettes durch zwei Personen kann – etwa durch unruhigen Schlaf o.ä. – eine Kuhle in der Bettmitte auftreten, insbesondere wenn beide Personen zur Mitte des Toppers rücken. Die Argumentation des Gerichts verfängt insofern nicht vollständig. Allerdings wird man auch bei bestimmungsgemäßer Nutzung des Bettes durch zwei Personen keinen Sachmangel bejahen können: Der Topper eines Boxspringbettes ist üblicherweise in verschiedenen Härten erhältlich, sodass für verschiedene Belastungen unterschiedliche Härtegrade geeignet sind. Zudem müssen auch die unterliegenden Matratzen auf die individuelle Belastung angepasst sein. Die richtige Zusammensetzung des Boxspringbetts liegt jedoch nicht zwangsläufig in der Risikosphäre des Verkäufers, sondern regelmäßig nur dann, wenn ein dahingehender Parteiwille ersichtlich ist.  
IV. Kurzes Resümee
Legt sich ein Alleinstehender ein Boxspringbett mit Doppelunterlage zu, hat er zwei Möglichkeiten: Auf einer Seite des Bettes schlafen oder eine Partnerin bzw. eine Partner finden. Mittiges Schlafen stellt jedenfalls nach der instanzgerichtlichen Rechtsprechung einen bestimmungswidrigen Gebrauch dar, sodass eine Kuhlenbildung hinzunehmen ist. Ob dieses Ergebnis überzeugt, mag dahinstehen. Nicht zuletzt ist das Entstehen einer Vertiefung in der Mitte des Bettes auch denkbar, wenn zwei Personen das Boxspringbett nutzen und während des Schlafens näher zur Mitte des Toppers rücken. Ungeachtet dessen bietet die Entscheidung eine gute Gelegenheit, den kaufrechtlichen Sachmangelbegriff zu vergegenwärtigen und eigene Argumentationsstränge für unbekannte Rechtsfragen zu entwickeln.    

05.09.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-09-05 10:00:512018-09-05 10:00:51Sachmangel bei Kauf von Doppelbett: Kein Rücktritt aufgrund von „Kuhlenbildung“
Dr. David Saive

LAG Schleswig Holstein: Keine Kündigung am Sonntag

Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Das Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein hat sich in seinem Urteil vom 13.10.2015, Aktenzeichen 2 Sa 149/15, das heute veröffentlich worden ist, mit allseits beliebten Fristenproblemen befasst.
 
Zum Sachverhalt:
Im vorliegenden Falle beschäftigte der beklagte Rechtsanwalt eine nun klagende Rechtsanwaltsgehilfin. Dieser wollte er noch innerhalb der Probezeit kündigen. Die Probezeit endete am Sonntag, den 30.11.2014. Innerhalb der Probezeit konnte er das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen beenden; danach mit einer Frist von vier Wochen.
Um noch rechtzeitig innerhalb der Probezeit kündigen zu können, warf der Rechtsanwalt das Kündigungsschreiben bei der Klägerin am Sonntag, den 30.11.2014, in den Briefkasten.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Kündigung sei rechtzeitig zugegangen, wobei die Klägerin dies bestreitet und sich auf die nunmehr gültige Kündigungsfrist von vier Wochen beruft, nach der sie noch bis zum 31.12.2014 beschäftigt gewesen wäre.
 
Aus den Gründen:
Das Gericht gab der Klägerin recht. Als Begründung führte das Gericht an, dass Arbeitnehmer grundsätzlich nicht dazu verpflichtet sind, ihren Briefkasten auch sonntags zu leeren. Dies gelte sogar dann, wenn an diesem Tag die Probezeit endet und am diesen Tag auch gearbeitet werde. Das Schreiben ist der Klägerin somit frühestens am 01.12.2014 zugegangen, sodass das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2014 fortbestand.
 
Anmerkung:
Das Urteil regt dazu an, sich erneut vertieft mit dem Zugang von Willenserklärungen und den damit zusammenhängenden Fristenproblemen zu beschäftigen. Bei allen Kündigungsfristen des BGB ist die Sonntagsregelung des § 193 BGB weder direkt noch analog anwendbar (BGH NJW 2005, 1354, 1355). Nach ganz herrschender Meinung dient § 193 BGB dem Schutz des Gekündigten. Insbesondere bei Arbeitsverhältnissen ist es dem Gekündigten nicht zumutbar, sich mit den komplexen Fristenregelungen des BGB auseinanderzusetzen (MüKo BGB, Grothe, § 193, Rn.7).
Ausnahmsweise mal eine Begründung, die sich jedem Jurastudenten sofort erschließt.
Zur Wiederholung der Fristenberechnung lohnt sich ein Blick hier.

11.11.2015/0 Kommentare/von Dr. David Saive
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. David Saive https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. David Saive2015-11-11 19:18:112015-11-11 19:18:11LAG Schleswig Holstein: Keine Kündigung am Sonntag
Dr. Marius Schäfer

Grundlagen BGB – Die wichtigsten Definitionen II

Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

In einem ersten Beitrag vom 19. September 2012 (siehe hier) haben wir euch bereits eine anfängliche Übersicht hinsichtlich der wichtigsten Definitionen des BGB vorgestellt. Aufgrund der Vielfalt an Definitionen im Zivilrecht kann ein solcher Überblick jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sondern setzt sich mit diesem Beitrag lediglich fort. Bedenkt bei der Wiederholung dieser Standarddefinitionen stets, dass ein bloßes “Abspulen“ von Definitionen eine zivilrechtliche Klausur nicht ausmacht, euch aber eine gewisse Sicherheit während des Schreibens verleiht und dem Korrektor so ein positiver Eindruck eures Wissens vermittelt wird.

  • Abhandenkommen: Hierunter versteht man den unfreiwilligen Verlust des unmittelbaren Besitzes.
  • Abnahme: Unter Abnahme versteht man die körperliche Hinnahme des Werkes durch den Besteller, verbunden mit der Erklärung, dass er das Werk im Wesentlichen als vertragsgemäße Leistung anerkenne.
  • Anwartschaftsrecht: Ein solches liegt dann vor, wenn von einem mehrstufigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der Veräußerer nicht mehr durch eine einseitige Erklärung bzw. das Unterlassen einer Erklärung zu zerstören vermag.
  • Aufwendungen: Dies sind freiwillige Vermögensopfer, die der Geschäftsführer zum Zwecke der Geschäftsführung macht.
  • Bestandteile: Bestandteile sind alle anorganischen, von der Hauptsache getrennten, körperlichen Gegenstände einer einheitlichen Sache.
  • Differenzhypothese: Demnach ist ein Vermögensschaden gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde.
  • Eigentumsbeeinträchtigung: Jede Einwirkung auf die dem Eigentum innewohnende Herrschaftsmacht des Eigentümers (siehe § 903 BGB), also Eingriffe in die rechtliche Stellung des Eigentümers wie auch die tatsächliche Seite der Eigentümerbefugnisse, die nicht unter § 985 BGB fallen.
  • Erfüllungsgehilfe: Ein Erfüllungsgehilfe ist jede Hilfsperson, die mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn die dem Geschäftsherrn als Schuldner aus einem bestehenden (gesetzlichen oder vertraglichen) Schuldverhältnis mit einem Dritten (Gläubiger) obliegenden (Haupt- oder auch nur Neben-)Pflichten wahrnimmt.
  • Erzeugnisse: Dies sind alle organischen, von der Muttersache getrennten, körperlichen Gegenstände.
  • Mahnung: Bei dieser rechtsgeschäftsähnlichen Handlung handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner die Leistung zu erbringen, was eindeutig und hinreichend bestimmt zu formulieren ist.
  • Sachmangel: Abweichen der Ist- von der Sollbeschaffenheit bei Gefahrübergang.
  • Schadensersatz neben der Leistung: Der durch die Lieferung einer mangelhaften Sache bzw. das Unterlassen der Nacherfüllung bereits endgültig eingetretene und durch eine hypothetisch gedachte Nacherfüllung nicht mehr behebbare Schaden.
  • Schadensersatz statt der Leistung: Der durch das endgültige Ausbleiben der mangelfreien Leistung entstandene Schaden, einschließlich des hierdurch verursachten Mangelfolgeschadens.
  • Übergabe: Unter einer Übergabe versteht man die auf Veranlassung des Veräußerers vorgenommene Verschaffung des nicht notwendigerweise unmittelbaren Besitzes an der Sache unter gleichzeitiger Aufgabe jeglicher Besitzpositionen des Veräußerers.
  • Überraschende Klausel: Eine Klausel ist überraschend i.S.d. § 305c I BGB, wenn diese nach den Umständen so außergewöhnlich ist, dass der Vertragspartner mit ihr keinesfalls zu rechnen brauchte.
  • Unangemessene Benachteiligung: Eine Benachteiligung i.S.d. § 307 I BGB liegt insbesondere dann vor, wenn die Interessen des Vertragspartners gegenüber denen des Verwenders so zurückgedrängt sind, dass kein vollständiger Interessenausgleich stattgefunden hat. Unangemessen ist die Benachteiligung, wenn der Verwender mit der Klausel nur seine eigenen Interessen verfolgt und keine hinreichende Rücksicht auf die Interessen seines Vertragspartners nimmt.
  • Unmöglichkeit: Dies ist die dauerhafte Nichterbringbarkeit des Leistungserfolges durch eine Leistungshandlung des Schuldners.
  • Verbotsgesetz: Dies sind Vorschriften, die eine i.S.d. Rechtsordnung grundsätzlich mögliche rechtsgeschäftliche Regelung wegen ihres Inhalts, der Umstände ihres Zustandekommens oder des bezweckten Rechtserfolges untersagen.
  • Verrichtungsgehilfe: Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und dabei dessen Weisungen unterworfen ist.
  • Verwendungen: Alle Aufwendungen (freiwilligen Vermögensopfer), die zumindest auch der Sache unmittelbar zugutekommen, indem sie diese wiederherstellen, erhalten oder verbessern, jedoch ohne sie grundlegend zu ändern (letzteres str.).
  • Wissensvertreter: Ein Wissensvertreter ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherren dazu berufen ist, im Rechtsverkehr bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und dabei anfallende Informationen zur Kenntnis zu nehmen und ggf. weiterzuleiten.

 
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14.02.2013/3 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-02-14 10:00:062013-02-14 10:00:06Grundlagen BGB – Die wichtigsten Definitionen II
Tom Stiebert

Grundlagen BGB – Die wichtigsten Definitionen I

BGB AT, Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Gerade im Zivilrecht ist es insbesondere wichtig die Systematik der Strukturen zu beherrschen und nicht Fakten auswendig zu lernen. Dennoch sollten auch hier – gerade in den Anfangssemestern – einige zentrale Definitionen beherrscht werden, um in der Klausur nicht unnötig Zeit zu verlieren.
Daher werden in diesem Beitrag ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Standarddefinitionen und Begrifflichkeiten aufgelistet, die man für die zivilrechtliche Klausur beherrschen sollte.

  • Abgabe (einer Willenserklärung): Die Abgabe ist das willentliche in den Verkehr bringen der Erklärung.
  • Angebot: Ist eine auf einen Vertragsschluss gerichtete, empfangsbedürftige Willenserklärung, die so bestimmt sein muss, dass sie durch ein einfaches „Ja“ des Empfängers des Angebots angenommen werden kann.
  • Annahme: Durch die Annahme kommt die vertragliche Einigung zum Ausdruck, sodass sie spiegelbildlich deckungsgleich mit dem Angebot sein muss.
  • Anscheinsvollmacht: Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn jemand, ohne bevollmächtigt zu sein, als Vertreter auftritt, der Vertretene dies zwar nicht wusste, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Vertragspartner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene habe das Verhalten des Vertreters erkannt.
  • Anspruch: Ein Anspruch ist das Recht von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Legaldefinition in § 194 Abs. 1 BGB).
  • Arglist: Arglistig handelt, wer weiß und will (zumindest dolus eventualis), dass der Getäuschte eine WE abgibt, die er ohne Täuschung nicht abgegeben hätte. Im Zivilrecht kann Arglist mit „Vorsatz“ gleichgesetzt werden.
  • Duldungsvollmacht: Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn jemand wiederholt als Vertreter des Geschäftsherrn auftritt, der Geschäftsherr trotz Kenntnis nicht dagegen einschreitet und der Vertragspartner nach Treu und Glauben auf das Bestehen einer Vollmacht schließen darf.
  • Erfüllungsschaden: Bei einem Erfüllungsschaden ist der Berechtigte so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre; entspricht dem positiven Interesse.
  • Erklärungsirrtum: Der Erklärungsirrtum (Irrtum in der Erklärungshandlung) nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB umfasst die Fälle des Versprechens, Verschreibens und Vergreifens. Der Erklärende irrt sich über dasjenige, was er erklärt.
  • Falsa demonstratio non nocet – Grundsatz: Trotz einer Falschbezeichnung in einem Vertrag gilt das übereinstimmend von den Parteien Gewollte, auch bei formbedürftigen Verträgen; Ausnahme von §§ 133, 157 BGB, da keine Schutzbedürftigkeit.
  • Geschäftsgrundlage: Die Geschäftsgrundlage bilden die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem zukünftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut.
  • Inhaltsirrtum: Ein Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist ein Irrtum über den Sinn einer Erklärung. Der Erklärende weiß, was er sagt, irrt sich aber über die objektive Bedeutung des Gesagten.
  • Invitatio ad offerendum: Eine bloße Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, eine invitatio ad offerendum und noch kein Vertragsangebot liegt vor, wenn aus der Erklärung kein Rechtsbindungswille des Urhebers hervorgeht; dies ist eine wichtige Bedeutung des Rechtsbindungswillens.
  • Leistung: Eine Leistung ist eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens.
  • Rechtsbindungswillen: Wille, rechtserheblich zu handeln (entspricht Erklärungsbewusstsein); maßgeblich zur Bestimmung ist auch hier der objektive Empfängerhorizont. Wichtige Fallgruppen des fehlenden RBW: Gefälligkeit; invitatio ad offerendum.
  • Rechtsfähigkeit: Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit Träger von Rechten und Pflichten, also Rechtssubjekt, zu sein.
  • Rechtsgeschäft: Ein Rechtsgeschäft ist ein Tatbestand, der mindestens eine Willenserklärung enthält und dessen Wirkungen sich nach dem Inhalt der Willenserklärungen bestimmen.
  • Rechtsverhältnis: Ein Rechtsverhältnis ist eine rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einem Sachgut.
  • Schaden: Ein Schaden ist eine unfreiwillige Einbuße an Rechten oder Rechtsgütern.
  • Schuldverhältnis: Ein Schuldverhältnis ist ein Rechtsverhältnis, aufgrund dessen der Gläubiger vom Schuldner eine Leistung fordern kann.
  • Schutzgesetz: Ein Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm, die ein bestimmtes Verhalten gebietet oder verbietet, um dadurch zumindest auch Einzelpersonen in ihren Rechten und Rechtsgütern zu schützen.
  • Täuschung: Täuschung ist das Hervorrufen oder Aufrechterhalten einer Fehlvorstellung durch Vorspiegelung oder Unterdrücken von Tatsachen.
  • Verfügung: Ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar auf ein bestehendes Recht einwirkt, sei es durch Übertragung, inhaltliche Änderung, Belastung oder Aufhebung eines Rechts.
  • Vertrag: Ein Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen – Angebot/Antrag und Annahme – zustande.
  • Vertrauensschaden: Der Berechtigte ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts vertraut hätte; entspricht negativem Interesse.
  • Willenserklärung: Eine Willenserklärung ist die Äußerung eines privaten Willens, der unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung (einer Rechtsfolge) gerichtet ist. Bestandteile: Handlungswille, Erklärungsbewusstsein (str.), Geschäftswille (vgl. 119 BGB). Zur Bestimmung des Inhalts ist eine Auslegung nötig.
  • Zugang (einer Willenserklärung): Eine Willenserklärung ist (auch ohne tatsächliche Kenntnisnahme) zugegangen, wenn sie in verkehrsüblicher Weise derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich ist, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem nach den Gepflogenheiten des Verkehrs die Kenntnisnahme zu erwarten ist.


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19.09.2012/4 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-09-19 13:30:212012-09-19 13:30:21Grundlagen BGB – Die wichtigsten Definitionen I
Dr. Christoph Werkmeister

Rezension: Staudinger BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts, 4. Auflage 2012/2013

Rezensionen, Verschiedenes

Staudinger BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts, 4. Auflage 2012/2013, Verlag de Gruyter, 59,95 €, ISBN 978-3-8059-1142-9

Das Werk „Eckpfeiler des Zivilrechts“ versteht sich konzeptionell als Ergänzung zur Vorbereitung auf das Staatsexamen anhand anderweitiger Lernmaterialien. Die Autoren bezwecken Grund- und Hintergrundverständnis zu vermitteln, wie es im Examen von besseren Kandidaten erwartet wird. Man mag sich fragen, ob die ohnehin schon knapp bemessene Zeit der Examensvorbereitung die Lektüre eines zusätzlichen Werkes mit immerhin beinahe 1500 Seiten zulässt. Nach Ansicht des Rezensenten ist diese Frage klar mit „Ja“ zu beantworten, denn zum einen sollte das Werk lediglich häppchenweise neben der Examensvorbereitung konsumiert werden und zum anderen dienen die im Werk gesammelten Beiträge dem Aufbau von Grundverständnis, so dass jeder Abschnitt auch wirklich nur einmal gelesen werden braucht.
1. Erscheinungsbild
Von der Aufmachung her erinnert das Layout weniger an Lehrbücher oder Repetitorenskripte als vielmehr an Aufsätze in juristischen Fachzeitschriften. Gleichwohl bleibt die Übersichtlichkeit gewahrt, da sich das Werk in 25 kleinere Einzelabschnitte aufgliedert, denen jeweils ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis vorangestellt ist. Diese Abschnitte sind für sich gesehen gut in einem Durchgang durchzulesen, wobei wichtige Schlagworte meist nochmals durch Fettdruck hervorgehoben wurden.

Von den extensiven Quellenangaben braucht sich der Leser im Übrigen nicht abschrecken lassen. Diese dienen lediglich dem Zweck, einem gewissen wissenschaftlichen Anspruch zu genügen, was gleichzeitig zur Folge hat, dass der ambitionierte Examenskandidat keine einzige dieser Quellen wirklich nachschlagen muss; das Werk ist vielmehr aus sich heraus verständlich.
Besonders hervorzuheben ist das wirklich umfangreiche Sachregister am Ende des Buches. Angesichts der Tatsache, dass das Werk einen Großteil des examensrelevanten Rechts abdeckt, kann man hierdurch – fast schon wie bei einem BGB-Kommentar – eine Vielzahl von Problemkreisen gezielt nachschlagen.
2. Aufbau und Inhalt
Der erste rund 75 Seiten umfassende Abschnitt des Werkes befasst sich mit relevanten Gesetzesänderungen, die das examensrelevante Zivilrecht betreffen. Nicht alle, jedoch die meisten der hier behandelten Gesetzesnovellierungen sind examensrelevant. Aus diesem Grunde lohnt sich ein kurzes Überfliegen dieses Abschnitts für die meisten Kandidaten sehr. Sei es als Referendar, wenn die Vorbereitung auf das erste Examen bereits etwas zurückliegt oder als Examenskandidat, wenn zwischen dem Absolvieren der großen Übungen und dem Beginn der Examensphase wieder etwas Zeit vergangen ist.

Im Anschluss folgen die jeweiligen Abschnitte zu den einzelnen Rechtsgebieten. Diese haben meist einen Umfang von etwa 30 Seiten (z.B. „Abschnitt E. Allgemeine Geschäftsbedingungen“) bis hin zu über 100 Seiten (z.B. „Abschnitt I. Leistungsstörungen“).
Thematisch erfasst wird insofern das gesamte examensrelevante Zivilrecht einschließlich bedeutsamer Nebengebiete wie das Familien-, Erb- und (in Grundzügen auch) das Arbeitsrecht.
Die Beiträge zielen inhaltlich in der Regel weniger darauf ab, das gesamte examensrelevante Wissen inklusive aller Einzelprobleme zu erfassen. Es geht vielmehr darum, Ursprung sowie Regelungsgehalt der verschiedenen Rechtsgebiete zu erläutern. Hierbei wird stets besonderer Wert auf die Erörterung der zugrunde liegenden Systematik der einzelnen Gebiete gelegt. So beginnt etwa „Abschnitt L. Verbraucherschutz“ mit einer Darstellung der Entwicklung, der Perspektiven und der Struktur des privaten Verbraucherrechts. Sodann wird die Methodik der Auslegung von Verbraucherschutznormen veranschaulicht. Anschließend werden die Instrumente des privatrechtlichen Verbraucherschutzes in einer Zusammenschau dargestellt, um dem Leser aufzuzeigen, wie die verschiedenen Instrumente miteinander verknüpft sind. Erst danach werden die einzelnen verbraucherrechtlich geregelten Bereiche nach und nach behandelt.
Hinsichtlich des Inhalts ist besonders hervorzuheben, dass in beinahe jedem der Abschnitte ein besonderer Fokus auf die europarechtlichen Grundlagen gelegt wird. Die Examensdurchgänge der letzten Jahre zeigen, dass vermehrt europarechtliche Grundlagen in die Fallbearbeitung beim Examen Eingang finden. Aus diesem Grunde ist es nach Ansicht des Rezensenten unerlässlich, dass sich die Kandidaten zumindest ein Basishintergrundwissen in den für das Examen relevanten Zivilrechtsgebieten aneignen. Dieser Aspekt wird in der Lehrbuchliteratur meist nur bruchstückhaft vermittelt und findet in den Werken der Repetitoren oftmals noch weniger Beachtung.
Das Zivilprozessrecht findet hingegen nur an den Stellen Einzug, wo es für die materiellrechtliche Bewertung relevant ist. Insofern werden die Grundlagen des Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht so umfassend wie die übrige Materie behandelt. Da gerade auch im Zivilprozessrecht Systemverständnis und weniger das Auswendiglernen von Problemen im Vordergrund steht, bleibt indes zu hoffen, dass eine Ergänzung dieser Topoi in der nächsten Auflage berücksichtigt wird.
3. Zur Arbeit mit diesem Werk
Mit dem Werk „Eckpfeiler des Zivilrechts“ wurde eine neue Kategorie von Zivilrechtslehrbüchern geschaffen. Wie bereits zu Eingang erwähnt, ersetzt das Werk nicht das Aneignen von Grundlagenwissen mithilfe von anderweitiger Lehrbuchliteratur und Falllösungen. Nach Ansicht des Rezensenten empfiehlt es sich deshalb – unabhängig davon, ob sich der Student am Anfang des Studiums oder in der Examensvorbereitung befindet – ein Thema zunächst mit der gewohnten Methodik zu erarbeiten. Sofern man sich dann einigermaßen sicher in den Grundlagen fühlt, sollte der einschlägige Abschnitt des „Eckpfeiler des Zivilrechts“ gelesen werden. Bei der Lektüre werden sich bei den allermeisten Studenten gewisse „Aha-Effekte“ einstellen, da nun nicht nur klar ist, ob und dass bestimmte gesetzliche Regelungen existieren, sondern auch warum dies der Fall ist. Der Zugewinn durch dieses Hintergrund- und Systemwissen wird sich zunächst nicht messbar in der Vorbereitung niederschlagen. Aber gerade dann, wenn unbekannte Fallgestaltungen zu lösen sind (was im Staatsexamen – auch mit noch so viel Lernen – den Regelfall darstellt), wird sich das zusätzliche Wissen bemerkbar machen.

4. Fazit
Die Beitragssammlung „Staudinger BGB – Eckpfeiler des Zivilrechts“ stellt eine sinnvolle Ergänzung zur gängigen Lehrbuchliteratur dar. Das hierdurch zusätzlich gewonnene Systemverständnis kann ein besonderer Zugewinn für das Klausuren Schreiben sein. Noch bedeutsamer werden das Hintergrundwissen und insbesondere auch die zahlreichen rechtsgeschichtlichen Aspekte im Rahmen der mündlichen Prüfung. Insofern ist das Werk auch als besonderer Tipp für all diejenigen zu sehen, die den schriftlichen Teil bereits hinter sich gebracht haben und nun nicht schon wieder die altbekannten Unterlagen wiederholen möchten.

 

28.05.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-05-28 08:31:542012-05-28 08:31:54Rezension: Staudinger BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts, 4. Auflage 2012/2013
Gastautor

Rezension, Kropholler, Studienkommentar BGB, 13. Auflage 2011

Lerntipps, Rezensionen, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Rezension von Martin Wintermeier  zu Kropholler, Studienkommentar BGB, 13. Auflage, München (2011), 893 S., € 34,90

Der Autor ist Student der Rechtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht und Geistiges Eigentum an der TU München, Prof. Dr. Christoph Ann LL.M. (Duke).
 
(Hand)Kommentare machen sich seit jeher besonders bei Praktikern verdient und sind ein unabdingbares Werkzeug zur Bewältigung juristischer Arbeitlast geworden. Mit der Reihe der Studienkommentare hat der Verlag C.H. Beck eine Handkommentar-Konzeption nach studentischen Bedürfnissen herausgebracht. Nachfolgend soll der „Kropholler“ Studienkommentar zum BGB näher betrachtet werden.
I. Allgemeines
Der Beck’sche Studienkommentar zum BGB wurde von Prof. Dr. Jan Kropholler begründet und befindet sich als gewachsenes Werk mit insgesamt 893 Seiten mittlerweile in der 13. Auflage. Seit Auflage elf wird das Buch Prof. Dr. Florian Jacoby und Dr. Michael von Hinden weitergeführt.
Für die letzten beiden Auflagen betonen die Autoren besonders die Einarbeitung aktuellster Rechtsprechung, sowie verbesserte Lesbarkeit. Der Verwendungsanspruch der Autoren schlägt sich in der ausführlichen Behandlung vor allem der ersten drei Bücher des BGB nieder. Aber auch die Bücher vier und fünf sind nicht außer Acht gelassen und enthalten an den wichtigsten Stellen examensrelevante Kommentierungen. Das Buch soll sich an Studierende der unteren und höheren Semester gleichermaßen richten. Die Autoren empfehlen ein Durcharbeiten der einzelnen Kapitel als optimale Ergänzung zur Prüfungsvorbereitung.
II. Aufbau
Wie bereits erwähnt, liegt der Schwerpunkt der Bearbeitung im Bereich der ersten drei Bücher des BGB. Hier findet der Nutzer eine Bandbreite an Kommentierungen, welche sich vor sonstiger Studienliteratur, aber auch den üblichen Handkommentaren nicht zu verstecken braucht. In die einzelnen Titel sowie wichtige Themenkomplexe wird der Student in bewährter Kommentarmanier mit Vorbemerkungen eingeführt. Die Normkommentierung selbst gliedert sich zumeist in einen einführenden und erklärenden Teil sowie konkrete Fallbeispiele, Hinweise zur gutachterlichen Prüfung sowie sonstigen Abwandlungen und Besonderheiten. Lediglich an den notwendigen Stellen wird der Nutzer mit weiterführenden Fundstellen versorgt.
III. Anwendbarkeit
Ebenso erfreulich wie banal ist die kompakte Aufmachung des Werks, welches dadurch bereits auf dem Weg in die Bibliothek ein angemessener und handlicher Begleiter ist. Dies wird auch nicht durch das neue, größere Format des „Kropholler“ behindert, welches sich schon bei anderen Studienkommentaren aus der Reihe bewährt hat. Sehr positiv fallen die Vorbemerkungen der einzelnen Titel ins Auge. Hierdurch bekommt man schnell einen Blick über die folgenden Normen. Dienen diese einführenden Darstellungen dem Studienanfänger zur Erlangung grundlegender Kenntnisse bezüglich einzelner Themengebiete, kann der Examenskandidat zeitsparend sein Grundlagenwissen auffrischen und sich die eine oder andere angesprochene Konstruktion erneut in das Gedächtnis rufen. Die Kommentierungen überzeugen durch eine klare und sachliche Sprache. Sie beschränken sich auf das für studentische Bedürfnisse Wesentliche. Obgleich man auch in komplexeren Gebieten einfache und leicht verständliche Darstellungen erhält, fühlt man sich auch im Rahmen der Examensvorbereitung nicht unterfordert. Was einen großen Vorteil gegenüber „normalen“ Kommentaren bietet, sind spezifische Hinweise zur Prüfungsverortung in der Klausur. Auf diese Weise sowie durch kleinere Fallbeispiele schwindet die Gefahr durch rein abstrakte Problembehandlung das Gelernte im Gutachten nicht verorten zu können. Positiv fallen die bereits erwähnten Fundstellenangaben auf. Diese setzen ohne den Lesefluss zu stören an ausgewählten Stellen notwendige Akzente und wirken insgesamt an studentische Bedürfnisse angepasst. Was ebenfalls einen für Studenten interessanten Unterschied zu den gängigen Kommentaren bietet, ist die teilweise Lehrbuchähnlichkeit des Studienkommentars. Es lassen sich also nicht nur einzelne Informationen, Fallvarianten, etc. finden. Vielmehr eignen sich die Darstellungen oftmals dazu, wie ein Lehrbuch durchgearbeitet zu werden. Nicht zuletzt darin ist ein echter Mehrwehrt gegenüber herkömmlichen Kommentaren zu sehen.
IV. Fazit
Den Autoren ist mit dem Studienkommentar ein hervorragendes Werk gelungen, welches den Spagat über die Semester schafft und dadurch seine Daseinsberechtigung in jeder studentischen Lehrbuchbibliothek erlangen sollte. Durch die Beschränkung auf wesentliche Inhalte und das gegenüber üblichen Handkommentaren angemessene Preisniveau, ist eine Anschaffung jedenfalls empfehlenswert.

28.04.2012/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2012-04-28 17:55:232012-04-28 17:55:23Rezension, Kropholler, Studienkommentar BGB, 13. Auflage 2011
Gastautor

Rezension: Medicus/Petersen – Bürgerliches Recht

Lerntipps, Rezensionen, Startseite, Verschiedenes

Wir freuen uns, heute die erste Rezension unseres Rezensionswettbewerbs veröffentlichen zu können. Der Autor Sebastian Telle hat in Jena, Thessaloniki und Münster studiert. Er schreibt regelmäßig zu Rechtsfragen der Informationsgesellschaft im Blog telemedicus.info.
Infos zum Werk: Prof. Dr. Dres. h.c. Dieter Medicus/Prof. Dr. Jens Petersen, Bürgerliches Recht – Eine nach Anspruchsgrundlagen geordnete Darstellung zur Examensvorbereitung, 23., neu bearbeitete Auflage, 2011, Verlag Franz Vahlen München, 515 Seiten, 23,90 €, ISBN 978-3-8006-3908-3
Das Werk „Bürgerliches Recht“ wurde von Dieter Medicus begründet und liegt nun in Zusammenarbeit mit Jens Petersen in der 23. Auflage vor. Der Untertitel lautet „Eine nach Anspruchsgrundlagen geordnete Darstellung zur Examensvorbereitung“ und lässt den ersten Leser bereits erahnen, warum es sich hierbei um einen Klassiker der Ausbildungsliteratur handelt.
 
Die Struktur
Was ist so besonders an dem Buch? Die beiden Autoren verzichten weitgehend auf eine reine Darstellung des objektiven Rechts. Stattdessen orientiert sich der Aufbau konsequent am subjektiven Recht, dem Anspruch. Das bringt zwar zunächst eine gewisse Reduzierung mit sich. Allerdings soll der Examensstoff auch nicht neu vermittelt, sondern vertieft werden. Der Aufbau des Buches ist deshalb ebenso einfach wie konsequent:
Grundlegende Fragen des Anspruchsaufbaus werden zunächst ausführlich in der Einleitung besprochen. Danach folgt die Darstellung der verschiedenen Ansprüche in der üblichen Prüfungsreihenfolge einer Klausur. Den Anschluss bildet ein Kapitel über die einem Anspruch entgegensetzbaren Einwendungen. In einem besonderen Abschnitt am Ende werden Sonderfragen besprochen, die sich nicht in einen der bisherigen Bereiche einordnen lassen. Die Nebengebiete werden nur durch Verweise an der entsprechenden Stelle angesprochen.
 
Der Inhalt
Der „Medicus“ wird von Examenskandidaten in ihrer Vorbereitung öfter mit dem Argument vermieden, in ihm seien nur „Mindermeinungen“ vertreten. Dies wird jedoch dem Anspruch des Lehrwerks grundlegend nicht gerecht. Natürlich wird nicht jeder Leser an allen Ecken und Stellen mit allen Meinungen übereinstimmen. Vielleicht vertreten die Autoren sogar öfter Gegenansichten zur “herrschenden Meinung”. Die Stärke dieses Buches liegt aber gerade darin, dass die Autoren nicht bloß ihre eigene Rechtsauffassung absolut und ohne tiefere Begründung wiedergeben. Vielmehr setzen sie sich auf äußerst kreative Weise mit den examensrelevanten Streitständen auseinander. Oberstes Ziel ist für sie dabei, das Verständnis der Leser für die Probleme zu schulen. Vor allem bei absoluten Klassikerfällen vermögen sie so besonders examensprägende Probleme herauszuarbeiten und die verschiedenen vertretenen Ansichten dazu umfassend darzustellen. Im Mittelpunkt steht dabei immer der argumentative Streit, den sie mit einer bestechend klaren Sprache führen. Überlange und verschachtelte Sätze sind eher selten. Durch das gut strukturierte Layout lässt sich das Buch angenehm lesen.
 
Mein Fazit
Der “Medicus” ist ein kompaktes und gut strukturiertes Lehrbuch. Man behält immer einen guten Überblick, ohne gleich oberflächlich zu lernen. Dabei bleibt viel hängen, was vor allem an den klaren Streitdarstellungen liegt. Deshalb eignet sich das Buch aber auch sehr gut als Lektüre in den letzten Wochen vor der Prüfung, wenn es eher darum geht, den Überblick und die Ruhe zu wahren.

03.04.2012/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2012-04-03 10:47:242012-04-03 10:47:24Rezension: Medicus/Petersen – Bürgerliches Recht

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