Rechtsprechungsüberblick in Strafsachen
Im Folgenden eine Übersicht über im Mai veröffentlichte, interessante Entscheidungen des BGH in Strafsachen (materielles Recht).
I. BGH, Beschluss vom 3. März 2015 – 3 StR 595/14
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB reicht es zur Begehung eines schweren Raubes als Mitglied einer Bande auch aus, dass die Bande sich zur fortgesetzten Begehung von Diebstahlstaten verbunden hat; dass die künftigen Wertgegenstände unter zusätzlichem Einsatz von Nötigungsmitteln erlangt werden sollen, ist danach nicht erforderlich (Abweichung zu einer – nicht tragenden – Erwägung in BGH, Beschl. v. 13. Apr. 1999 – 1 StR 77/99 –).
II. BGH, Urteil vom 17. März 2015 – 2 StR 379/14
Die Vorschrift des Art. 12 Abs. 1 EGStGB, wonach neben Freiheitsstrafe die wahlweise Androhung von Geldstrafe auch dann tritt, wenn das Gesetz neben Freiheitsstrafe ohne besonderes Mindestmaß diese Strafart nicht ausdrücklich vorsieht, ist auch dann anwendbar, wenn zwar der Normalstrafrahmen des anzuwendenden Straftatbestands eine erhöhte Mindeststrafe vorsieht, dieser Strafrahmen im Einzelfall aber durch einen vertypten Milderungsgrund (hier: wegen Beihilfe gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB) so abgesenkt wird, dass er im Ergebnis bei der gesetzlichen Mindeststrafe beginnt (zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
III. BGH, Beschluss vom 9. April 2015 – 2 StR 424/14
Bedroht der Täter das Opfer mit einer Spielzeugpistole, um die Aushändigung von Bargeld zu erreichen, und schlägt er ihm im Anschluss mit dem Knauf der Pistole auf den Kopf, so dass das Opfer eine blutende Platzwunde davonträgt, liegt nicht nur eine schwere Erpressung nach §§ 255 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB, sondern eine besonders schwere räuberische Erpressung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vor, da der Täter ein anderes gefährliches Werkzeug „bei der Tat“ verwendet hat. Eine solche Verwendung bei der Tat ist auch nach Vollendung der räuberischen Erpressung (durch Übergabe des Bargeldes) noch möglich, solange die Tat noch nicht beendet ist.
IV. BGH, Urteil vom 23. April 2015 – 4 StR 607/14
Für einen räuberischen Angriff auf einen Kraftfahrer (§ 316a StGB) ist erforderlich, aber auch ausreichend eine gegen die Entschlussfreiheit gerichtete Handlung, sofern das Opfer jedenfalls deren objektiven Nötigungscharakter wahrnimmt; die feindliche Willensrichtung des Täters muss das Opfer nicht erkannt haben. Daher ist auch eine vorgetäuschte Polizeikontrolle, bei der das Opfer mittels Haltezeichen durch einen Scheinpolizisten zum Anhalten gebracht wird, ein solcher Angriff. Von reinem Vorgehen mit List (etwa: Vortäuschen einer Anhaltersituation), was nicht tatbestandsmäßig wäre, unterscheidet sich die Konstellation der vorgetäuschten Polizeikontrolle dadurch, dass dem Kraftfahrzeugführer bei der Einwirkung durch das Haltezeichen eines Polizeibeamten kein Ermessen eingeräumt ist; er ist vielmehr bei Androhung von Geldbuße (§49 Abs. 3 Nr. 1 StVO) verpflichtet, Haltezeichen Folge zu leisten.
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Zuletzt noch eine strafprozessuale Entscheidung, die sich mit den Vorschriften über die Verständigung befasst:
V. BGH, Urteil vom 14. April 2015 – 5 StR 20/15
Weder dem gesetzlichen Schutzkonzept zur Verständigung noch übergeordneten Grundsätzen lässt sich ein an Gericht oder Staatsanwaltschaft gerichtetes Verbot entnehmen, in einem gegen mehrere Angeklagte gerichteten Strafverfahren nur an einer „Gesamtverständigung“ mitzuwirken. Ein subjektives Recht eines Angeklagten auf Verständigung existiert nicht. Gerade in Umfangsverfahren kann eine Verständigung mit nur einzelnen Angeklagten unter dem Aspekt der Verfahrensökonomie im Wesentlichen wertlos sein, im Gegenteil sogar gewisse Gefahren für den Bestand des Urteils in sich bergen, zumal dann, wenn die Tatbeiträge der Angeklagten –wie im vorliegenden Fall – in besonderer Weise miteinander verwoben sind.
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