Rechtsprechungsüberblick in Strafsachen
Im Folgenden eine Übersicht über im Februar veröffentlichte, interessante Entscheidungen des BGH in Strafsachen (materielles Recht).
I. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 – 3 StR 69/13
Die Verurteilung wegen vollendeter Hehlerei durch Absetzen setzt die Feststellung eines Absatzerfolges voraus (zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen; Aufgabe der bisherigen ständigen Rechtsprechung).
II. BGH, Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13
Die Beantragung eines Mahn- und eines Vollstreckungsbescheides im automatisierten Mahnverfahren auf der Grundlage einer fingierten, tatsächlich nicht bestehenden Forderung stellt eine Verwendung unrichtiger Daten im Sinne des § 263a Abs. 1, 2. Var. StGB dar. Demgegenüber ist der spätere Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kein durch konkludente Täuschung über das Bestehen einer vollstreckbaren Forderung verwirklichter Betrug, da der Rechtspfleger bei Erlass des entsprechenden Beschlusses nach den Vorschriften der ZPO das Bestehen der Forderung nicht prüft. Auch liegt in diesem Verhalten kein Betrug durch Unterlassen unter dem Gesichtspunkt eines pflichtwidrigen Vorverhaltens (Erlass des Mahn- und Vollstreckungsbescheides) vor, da sich allein aus dem Erlass des Vollstreckungsbescheides noch keine hinreichende Gefährdung des Vermögens des Opfers ergibt, sondern erst durch den anschließenden Antrag auf Pfändung und Überweisung (zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
III. BGH, Beschluss vom 20. November 2013 – 1 StR 544/13
Der Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG) ist nicht verletzt, wenn eine Begriffskonkretisierung von Straftatbestandsmerkmalen durch Verweisung auf eine inhaltlich eindeutige Rechtsvorschrift erfolgt, die nicht (mehr) in Kraft ist (hier: Verweis auf eine nicht mehr in Geltung befindliche europäische Richtlinie; zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
IV. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 1 StR 526/13
Leitet ein Versicherungsmakler mit Inkassovollmacht eine eingezogene Versicherungsprämie an den Versicherer zum Fälligkeitszeitpunkt nicht weiter, stellt dies eine Untreue durch Unterlassen i.F. des Treuebruchtatbestandes dar. (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB). Dass die Konten aufgrund privater Schulden des Versicherungsmaklers nicht gedeckt waren, so dass ihm eine Weiterleitung der eingezogenen Prämien nicht möglich war, ist nach dem Rechtsgedanken der omissio libera in causa unbeachtlich, da der Versicherungsmakler verpflichtet ist, für seine Leistungsfähigkeit zu den verschiedenen Fälligkeitszeitpunkten Sorge zu tragen.
V. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – 2 StR 154/13
Die telefonische Zusage, die Täter nach einem gelungenen Einbruch, nachdem das Diebesgut bereits aus dem räumlichen Bereich des Entwendungsortes entfernt und Rückholaktivitäten des Eigentümers nicht mehr zu erwarten waren, abzuholen sowie deren spätere Umsetzung stellt keine Beihilfe zum Diebstahl mehr dar, da dieser zum Zeitpunkt des relevanten Verhaltens bereits beendet war.
VI. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 4 StR 453/13
Das gezielte Anfahren einer auf einem Motorrad vorausfahrenden Person mit einem Kraftfahrzeug stellt nur dann eine gefährliche Körperverletzung unter Einsatz eines anderen gefährlichen Werkzeugs i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB dar, wenn bei dem Opfer nicht erst durch den anschließenden Sturz, sondern bereits durch den Zusammenstoß selbst eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen, die nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen sind, können dagegen für sich allein die Beurteilung als gefährliche Körperverletzung nach §224 Abs.1 Nr.2 StGB nicht tragen (ständige Rspr. des Senats).
VII. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 4 StR 509/13
Der Schuss des Täters mit einer mit Schrotpatronen geladenen Pumpgun in das rechte Knie des Opfers, welcher dazu führt, dass dem Geschädigten dauerhaft keine schweren körperlichen Belastungen, sondern nur noch sitzende Tätigkeiten möglich sein werden und eine Minderung der Erwerbstätigkeit von 30 % besteht, stellt keine schwere Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB dar. Denn die Gebrauchsfähigkeit des rechten Beins ist damit nicht derartig stark eingeschränkt, dass sie dem vollständigen Verlust eines wichtigen Gliedes nach der 1. Alt. der Regelung gleichgestellt werden kann.
VIII. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 1 StR 389/13
Zur Abgrenzung zwischen eigenverantwortlicher Selbstgefährdung und strafbarer Körperverletzung mit Todesfolge bzw. fahrlässiger Tötung bei einem Arzt, der drogenabhängigen Patienten opiathaltige Schmerzpflaster ohne genaue Untersuchung verschrieb, wobei zwei Patienten aufgrund sich missbräuchlich selbst intravenös verabreichter Überdosen der aus den Pflastern ausgekochten Opiate verstarben (unbedingt anschauen!!!).
IX. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12
Zu den Anforderungen an eine Beihilfe bei berufstypischen Handlungen (hier: professionelle Einziehung von Forderungen durch den Geschäftsführer eines Finanzdienstleistungsunternehmens, die betrügerischen Machenschaften der Auftraggeber entstammten).
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