ÖffRecht ÖI – Februar 2013 – 1. Staatsexamen Sachsen
Vielen Dank an Olga für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls zu der im Februar 2013 gelaufenen ersten Klausur im Öffentlichen Recht in Sachsen. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sowie Lösungsansätze sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
Der gemeinnützige Verein V möchte die ehemalige Wohnanlage für Behinderte in eine Wohnanlage für Jugendstrafvollzug umwandeln. Sie stellt die erforderlichen Unterlagen für die Umnutzung bei der sächsischen Stadt S. Es existiert für dieses Gebiet kein Bebauungsplan. Im Süden grenzt die Wohnanlage an eine Wohnanlage für Senioren, während in anderen Teilen die Wohnbebauung überwiegt. Die Wohnanlage für Jugendstrafvollzug soll der Resozialisierung von Jugendlichen dienen. Diese können so näheren Kontakt zu ihren Familienangehörigen aufbauen.
Das zuständige Landratsamt beabsichtigt auch die Genehmigung für die Umnutzung zu erteilen, da keine Bedenken ersichtlich sind. Die Nutzung der Anlange dient insbesondere den sozialen Zwecken i.S.d. § 2 SächsJStVollzG. Die Stadt S hat auch vor, das gemeindliche Einvernehmen zu erteilen.
Es werden aber allmählich bei den Einwohnern des Stadtteils, in der sich die Wohnanlage befindet, negative Stimmen laut. Sie gründen eine Interessengemeinschaft und sammeln Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Es werden drei Bürger der Stadt S – A, B und C – zu Vertretern des Bürgerbegehrens genannt. Sie stellen bei der Stadt S einen schriftlichen Antrag auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens. Das Bürgerbegehren enthält die Frage „Sind Sie dafür, dass das gemeindlichen Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB für die ehemalige Wohnanlage für Behinderte, die in eine Wohnanlage für Jugendstrafvollzug umgewandelt werden soll, erteilt wird?“. Die Bürger begründen ihr Begehren dadurch, dass die Wohnanlage keine sozialen Zwecke verfolgt. Es wird aber keinen Kostendeckungsvorschlag vorgelegt. Dieser ist – was zutrifft – nicht nötig, da die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens gar keine oder sehr geringere Kosten verursacht.
Der Stadtrat hält das Bürgerbegehren für unzulässig und lässt es deshalb nicht zu. Es bestehen allerdings keine bauplanungsrechtlichen Bedenken gegen die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens. Das Bürgerbegehren hat insgesamt 2257 Unterschriften gesammelt. Die Stadt S hat insgesamt 24000 Einwohner, davon sind 15000 Einwohner wahlberechtigt. Die 2257 Unterschriften bestehen aus 2200 Unterschriften der deutschen Bürger, 31davon sind belgischen Bürger, 20 tschechische Bürger und 6 davon Kanadier.
A, B und C legen vorsorglich einen ordnungsgemäßen aber erfolglosen Widerspruch ein, der von der Stadt S abgelehnt wird.
Dann erheben sie eine Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht für Zulassung des Bürgerbegehrens zum Bürgerentscheid.
Aufgaben
1. Hat die Klage von A, B und C Aussicht auf Erfolg?
Bearbeitervermerk:
Es ist auf alle aufgeworfenen Fragen einzugehen. Die Klage wurde frist- und formgerecht erhoben. Es existiert keine Hauptsatzung der Stadt S über Quorum für das Bürgerbegehren. Die Frist des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB ist noch nicht verstrichen.
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