Vielen Dank für die Zusendung des Originalsachverhalts der im September 2013 in NRW gelaufenen ersten Klausur im Öffentlichen Recht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
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Sachverhalt
Im Sommer 2012 sitzen A und b in einem Lokal der kreisfreien Stadt S (NRW) und unterhalten sich.
A zieht aus seiner Hosentasche 10 50€ Scheine, reicht diese B und sagt: “ Damit kaufst du uns jetzt den besten Stoff, danach wird gefeiert.Und damit -er zeigt auf die mitgeführte Sporttasche- gehe ich dahin, wo mich keiner kennt, um dort ganz neu anzufangen oder zumindest zu warten, bis Gras über die Sache gewachasen ist. Morgen früh gehts los.“Am Nebentisch ist C schockiert, hatte er doch kurz zuvor in der Zeitung von einem „Unterweltmord an D“ in der Region gelesen.
Er zahlt, verlässt das Lokal und ruft die Polizei. Diese erscheint Minuten später und nimmt A vorläufig fest. In der Sporttasche findet sich Bargeld iHv insgesamt 100.000€, aufgeteilt in fünf nummerierte und verschweißte Plastikbeutel, welches die Beamten nach
§111 c StPO beschlagnahmen. A wird in Untersuchungshaft genommen.
Unmittelbar nach C hat auch B das Lokal verlassen. Dieser wird durch Polizeibeamte in einem Park, über den wesentliche Teile des Drogenhandels der Stadt abgewickelt werden, im Gespräch mit einer unbekannten Person angetroffen. Sobald der Unbekannte die Polizisten wahrnimmt, flieht er. Die zehn im Besitz des B befindliche 50 €-Scheine werden ebenfalls nach
§ 11o c StPO beschlagnahmt.
Nach Feststellung seiner Identität kann B die Örtlichkeit verlassen.
Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass A den „Unterweltmord“ begangen und bei dieser Gelegenheit aus dem Besitz des D die Beutel mit den 100.000 € erlangt hat. Die Ermittlungen gegen A verlaufen jedoch derart, dass das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts nach
§170 II 1 StPO eingestellt und A aus der Untersuchungshaft entlassen wird.
Enttäuscht ist A allerdings darüber, dass zwar die Beschlagnahme der Gelder (der 100.000€ aus den Plastikbeuteln sowie der 10 50€-Scheine) aufgehoben wurde, jedoch der Oberbürgermeister von S als zuständige Ordnungsbehörde unmittelbar nach Aufhebung der Beschlagnahme ihm ggü formell ordnungsgemäß die Sicherstellung sowohl der 100.000€ wie auch der zehn 50€- Scheine angeordnet hat,um die Eigentümer des sichergestellten Geldes vor dessen Verlust zu schützen und eine nach
§29 I Nr. 1 BtMG strafbare Verwendung im Drogenhandel zu verhindern.
Aus dem Ermittlungsverfahren ergebe sich, dass ursprünglich D Eigentümer der 100.000€ aus den Plastikbeuteln gewesen sei.
Insofern sei davon auszugehen, dass die Erben des D nunmehr Eigentum erlangt hätten. Zwar seien die Geldscheine im Zeitpunkt der Beschlagnahme im Besitz des A gewesen, A habe aber keine Tatsachen vorgetragen, die für einen Eigentumserwerb sprächen.
Tatsächlich hat A zunächst behauptet, das Geld zwischen 1982 bis 1996 angespart zu haben. Auf den Hinweis, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine Euro-Scheine gegeben habe,hat A ergänzt, er habe das Geld zwischen 2002 und 2009 nach und nach umgetauscht und sodann verschweißt. Die Frage, warum sich auch etliche Scheine aus dem Jahr 2010-2011 unter dem Bargeld befänden, hat A mit dem nachweislich unhaltbaren Vorwurf gekontert,diese habe die Polizei ihm untergeschoben.
A hingegen ist der Auffassung, die Stadt S müsse ihm erst einmal nachweisen, dass er nicht Eigentümer der 100.000€ aus den Plastikbeuteln sei. Immerhin sei er Besitzer dieser Geldscheine gewesen.
Hinsichtlich der zehn 50€-Scheine behauptet A gegenüber der Stadt S – was nicht widerlegt werden kann -, dass er diese in seinem Beruf als Taxifahrer verdient habe.
A möchte verwaltungsgerichtlich gegen die Sicherstellug vorgehen und „sein Geld endlich zurück haben“. Sowohl die zehn 50€- Scheine, welche bei B beschlagnahmt wurden, als auch die 100.000€ aus den Plastikbeuteln lagern in einem Tresor der Ordnungsbehörde.
Fallfrage: Wird das Vorgehen des A Erfolg haben?
Abwandlung:
Als der Beamte O die zehn 50€-Scheine im Tresor des Ordnungsamtes deponieren will, werden zwei Scheine Scheine durch einen Windstoß aus dem vorher wegen der Hitze von O weit geöffneten Fenster davongetragen.
Die Scheine bleiben unauffindbar.
Fallfrage zur Abwandlung:
Hat A Ansprüche bzgl. der zwei 50€-Scheine, wenn man – unabhängig von der Bearbeitung des Ausgangsfalls- unterstellt, dass A tasächlich ein Herausgabeanspruch hinsichtlich der zehn 50€-Scheine zusteht?
Bearbeitervermerk:
Es ist auf alle aufgeworfenen Fragen, ggf. hilfsgutachterlich einzugehen.
Zum Ausgangsfall:
Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist nicht zu prüfen.
Von der fristgemäßen Einlegung eines Rechtsbehelfs des A ist auszugehen.
Zur Abwandlung:
Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehungen , Art 34 GG iVm 839 BGB , Enteignung, enteignungsgleichem und enteignendem Eingriff sind nicht zu prüfen.
= ?
wichtig ist hier vorallem die saubere Trenung zwischen dem Bestehen der „Gefahr“ bzgl der ursprünglichen Maßnahmen der Polizeibehörde und der des (zeitlich nachfolgenden und nach Aufhebung der Beschlagnahme) erfolgenden Maßnahmen des OBM (in deren Zeitpunkt eine „Gefahr“ wohl nicht mehr bestand).
Prozessual gesehen muss die Maßnahme des OBM bzgl der Scherstellung wohl anhand einer AK geprüft werden.
Bzgl. der Herausgabe (der 100.000€ und der zehn 50€ Scheine) wäre hier vermutlich ein Annexantrag gem §113 I 2 statthaft gewesen, welcher im Hinblick auf die zehn 50€ Scheine auch wohl begründet war.
Bzgl Frage 2 war wohl §39 b) OBG die einschlägige AGL.
meint ihr 80 V oder „normal“? Bei so m haufen kohle?
dachte 80 V wegen „endlich zurück haben“…
Für 80 V sehe ich keine besondere Eilbedürftigkeit. Allerdings frage ich mich, wieso er die 100.000 nicht zurückbekommen soll, da das Strafverfahren doch eingestellt wurde. Das D einmal Eigentümer war kann also auch nicht bewiesen werden und A hatte nunmal Besitz, § 1006 BGB.
Wie war die Herausgabe der scheine zu prüfen?
Vll: Annexantrag §113 I 2 -> 24 Nr.13 OBG, §46 I PolG