Mündliche Prüfung im Zivilrecht – 2. Staatsexamen – April 2017 – Bayern
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Die nachfolgende Zivilrechtsprüfung aus dem 2. Examen hat Ende April 2017 in Bayern stattgefunden:
- Zum Vorgespräch und zum Prüfer
Herr X ist ein sehr ruhiger und freundlicher Prüfer. Er hat uns als einziger alle persönlich vor dem Prüfungsraum begrüßt und die Hand geschüttelt.
Er führt einen auf die geforderten Antworten hin und unterstützt einen mit einem zustimmenden Nicken. Für die Beantwortung seiner Fragen hat man immer ausreichend Zeit, wobei er auch manchmal ungeduldig wurde, wenn er die Antwort als leicht empfand.
- Zur Prüfung
Anfangs schilderte uns Herr X folgenden Fall:
B hat ein Haus in München, das er renovieren will. Er setzt sich dann mit der BauGbR in Verbindung. Diese ist kein Kaufmann. Die Gesellschafter sind U und G. Diese haben keine Vereinbarung über die Vertretung der Gesellschaft getroffen und keinen Geschäftsführer bestellt.
Die BauGbR gab ein Renovierungsangebot über 110 000 Euro ab. Dies war dem B zu teuer. Dann hat U dem B vorgeschlagen 50 000 Euro ohne Rechnung als Vergütung zu vereinbaren und 30 000 Euro mit Rechnung. G hatte davon keine Kenntnis.
Es begannen die Renovierungsarbeiten. Es erfolgt eine Abnahme durch B. Die Lebensgefährtin des B, die L, überweist dann die 30 000 Euro.
Sodann treten Mängel auf. Der B verlangt Nacherfüllung. Es erfolgen Mängelbeseitigungen in Höhe von 10 500 Euro. Dann hat die GbR keine Lust mehr. B fordert die GbR mit einer Frist zur Nacherfüllung auf. Die GbR reagiert nicht.
B erhebt Klage mit folgenden Anträgen:
- Vorschuss für Mängelbeseitigung in Höhe von 8000 Euro.
- Hilfsweise Rückzahlung der 30 000 Euro im eigenen Namen an B
Zuvor hatte die L den B hierzu eine Ermächtigung erteilt.
Nun sollten wir zunächst die Zulässigkeit der Klage prüfen:
Das sachlich zuständige Gericht ist das Landgericht, §§ 23, 71 GVG.
Prozessführungsbefugnis des Hautantrags ist gegeben. Beim Hilfsantrag ist diese problematisch. Es liegt eine Prozessstandschaft vor, eine gewillkürte.
- 253 ZPO wurde durgeprüft und war erfüllt.
- 78 ZPO wurde geprüft. Am Landgericht herrscht Anwaltszwang.
- 260 ZPO wurde geprüft, es liegt eine Anspruchshäufung vor. Haupt- und Hilfsantrag.
Es wurden die Partei- und Prozessfähigkeit geprüft. Die GbR ist Rechtsfähig. Kurz sollte man dieses Problem und die Änderung der Rechtsprechung diesbezüglich darstellen.
Hier ist die BauGbR auch rechtsfähig, da diese im Geschäftsverkehr nach außen hin auftritt.
Rechtsfähigkeit nach §§ 1, 21 BGB. Man sollte die Rechtsfähigkeit definieren. Fähigkeit Träger von Rechten und Pflichten zu sein.
Dann sollte die Prozessfähigkeit definiert werden. Die Fähigkeit innerhalb eines Gerichtsverfahrens Erklärungen abzugeben, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen.
Er fragte, wer für die GbR handelt. Dies sind üblicherweise die Gesellschafter gemeinsam.
Dann sollte die Prozessführungsbefugnis definiert werden. Das Recht, einen Gerichtsprozess über ein behauptetes Recht als die richtige Person im eigenen Namen zu führen. Hier liegt ja beim Hilfsantrag eine gewillkürte Prozessstandschaft vor.
Die örtliche Zuständigkeit sollte geprüft werden, §§ 12 ff ZPO.
- § 12, 17 ZPO wurden angeprüft. Jedoch passt § 17 ZPO nicht. Vielleicht kann dieser Paragraph aber dahingehend ausgelegt werden. Dagegen spricht aber die amtliche Überschrift. „ Juristische Person“. Es wurde gefragt, ob die GbR eine Juristische Person darstelle. Dies ist nicht der Fall.
Dann sollte § 29 ZPO geprüft werden. Dieser ist hier einschlägig. Durch diesen kommt man dann zu §§ 269, 270 BGB. Der Erfüllungsort nach § 169 BGB ist hier München als Baustelle für die Renovierungsarbeiten bei dem Werkvertrag.
Somit war die Prüfung der Zulässigkeit der Klage beendet.
Nun sollte die Begründetheit der Klage geprüft werden.
Zunächst wurde die Begründetheit des Hautantrags geprüft. Dabei wird als Anspruch der Vorschuss für die Mängelbeseitigung verlangt. Es sollte die Anspruchsgrundlage gefunden werde.
Es liegt ein Werkvertag nach §§ 631 ff BGB vor. Nach § 633 BGB wird der Mangel bestimmt.
Die Anspruchsgrundlage lautet: §§ 631 I, 634 Nr. 2, 637 I, III BGB.
Nach § 631 I BGB muss ein Werkvertrag vorliegen. Ein Vertrag entsteht durch Angebot und Annahme, §§ 145 ff BGB.
Die 110 000 Euro stellen zwar ein Angebot der GbR dar, dieses wurde aber von B abgelehnt, § 150 II BGB.
Erst die Abrede mit 50 000 Euro ohne Rechnung und 30 000 Euro mit Rechnung stellen einen Vertragsschluss mit Angebot und Annahme dar.
Es hat hier aber nur der B mit dem G gehandelt. Und nicht G und U zusammen. Fraglich ist, ob der G den U wirksam vertreten hat, §§ 164 ff BGB. Es sollte § 164 I BGB durchgeprüft werden.
Es scheitert an der Vollmacht des G. Denn U und G sind als Gesellschafter ohne eine Abrede oder Bestellung eines Gesellschafters nur zusammen zur Vertretung befugt, § 709 BGB.
G handelte hier also als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach §§ 177 ff BGB.
Folge ist § 177 I BGB, die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags.
- 166 BGB passt auch nicht, damit erfolgt nur eine Zurechnung von Willenserklärungen.
Das größere Problem stellt aber die Ohne-Rechnung-Abrede dar.
Damit ist der gesamte Werkvertrag hier nach § 134 BGB nichtig.
Es ist hier § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG gegeben. Das SchwarzArbG stellt eine Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB dar.
Es wurde § 139 BGB angeprüft. Jedoch liegt hier eine Gesamtnichtigkeit vor, denn der Vertag ist einfach nicht trennbar in einen nichtigen und in einen wirksamen Teil. Zwar schon anhand der Vergütung, aber nicht im Hinblick auf die Werkleistung.
Dies ist auch der Sinn und Zweck des § 1 SchwarzArbG und die Intention des Gesetzgebers.
Es wurde an § 242 BGB gedacht, dass es missbräuchlich wäre sich auf die Nichtigkeit des Vertrags zu berufen. Jedoch wiederspricht dies der Wertung des § 242 BGB und somit würde man dann den § 134 BGB aushebeln.
Im Ergebnis besteht kein Anspruch auf Vorschuss für die Mängelbeseitigung aus der Anspruchsgrundalge.
Es bestehen auch keine vertragsähnlichen Ansprüche usw.
Dann sollte der Hilfsantrag geprüft werden.
Durch den unbegründeten Hautantrag ist die innerprozessuale Bedingung für den Hilfsantrag erfüllt.
Ein Anspruch aus Werkvertragsrecht bzw. Rücktritt des Werkvertragsrecht ist wegen § 134 BGB nicht geben.
Wir haben die §§ 812 ff BGB geprüft.
Zunächst wurde Anwendbarkeit von § 812 BGB geprüft. Es besteht ein Vorrang der Leistungskondiktion.
Es liegt eine Leistung der L vor, nicht des B. Jedoch liegt eine Ermächtigung der L vor.
Es wurde die Leistungskondiktion nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB.
Es sollte eine Leistung definiert werden. Jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.
Dann wurde weiter subsumiert mit etwas erlangt. Dies stellen die 30 000 Euro dar.
Sodann sollte ohne Rechtsgrund dargestellt werden.
Dies ist hier der Fall, da der Werkvertrag nach § 134 BGB nichtig ist. Somit besteht von Anfang an kein Rechtsgrund.
Damit wäre § 812 I 1 Alt. 1 BGB erfüllt. Nach § 818 BGB wäre damit Wertersatz zu leisten.
Aber es muss an § 817 BGB gedacht werden. Dieser ist hier erfüllt. Jedoch hat die L gezahlt und die L hat auch nichts von der Ohne-Rechnung-Abrede gewusst.
Aber die L hat für den B geleistet.
Auch an § 814 BGB ist zu denken. Die L hat zwar geleistet und auch nichts gewusst. Aber der B hat es gewusst und die L für ihn bezahlen lassen.
Es würde der Intention des SchwarzArbG widersprechen, wenn nur weil die L für den B gezahlt hat, §§ 814, 817 BGB nicht greifen würden.
Damit ist auch der Hilfsantrag unbegründet.
Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Herr X ist zwar nicht protokollfest, aber ein sehr netter Prüfer. Vor ihm muss man keine Angst haben. Er will vor allem dass man zeigt, am Gesetz arbeiten zu können und mitzudenken. Und mit dem Bestehen des schriftlichen Teils hat man die größte Hürde schon hinter sich.
Viel Erfolg für die mündliche Prüfung!
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