Pünktlich zum neuen Jahr treten mit dem „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren“ (BGBl. I 2017, 969) einige äußerst prüfungsrelevante Neuregelungen im Bereich des Sachmangelgewährleistungsrechts in Kraft. Im Fokus steht vor allem die Bestimmung zur Kostentragungspflicht bei den sog. Ein- und Ausbaufällen in § 439 Abs. 3 BGB n.F. Die gewährleistungsrechtliche Einordnung erfolgte hier bislang vordergründig durch die Rechtsprechung des BGH – man denke an die Entscheidungen zum Verbau von Parkettstäben und Fliesen. Vertiefte Kenntnisse zur kaufrechtlichen Mängelhaftung werden von jedem Examenskandidaten erwartet. Der nachfolgende Beitrag bietet daher einen Überblick zu den klausurrelevantesten Neuregelungen:
I. Ausgangspunkt
Das Gesetz sieht im Schwerpunkt Novellierungen des Bauvertragsrechts vor. In Anbetracht der durch die stetige Weiterentwicklung der Bautechnik steigenden Komplexität dieser Spezialmaterie und der umfangreichen Rechtsprechung soll mit den gesetzlichen Neuerungen den bisherigen Rechtsanwendungsproblemen ein Stück weit abgeholfen werden. Hiermit einher ging auch eine Überarbeitung der Mängelhaftung im Kaufrecht: Der Gesetzgeber hat insbesondere die Kostentragung bei den sog. Ein- und Ausbaufällen ausdrücklich in § 439 Abs. 3 BGB geregelt. In diesem Zusammenhang finden sich auch diverse Novellierungen zum Verbrauchsgüterkauf, zur Regressregelung bei Lieferketten sowie Neubestimmungen im Recht der AGB.
II. Aufwendungsersatzanspruch bei Ein- und Ausbau
Die wohl prüfungsrelevanteste Änderung stellt die ausdrückliche Anordnung einer Kostentragungspflicht des Verkäufers hinsichtlich des Ausbaus der mangelhaften sowie Einbaus der mangelfreien Sache nach § 439 Abs. 3 S. 1 BGB dar:
„Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.“
Bereits die systematische Verortung macht deutlich, dass der Anwendungsbereich des Anspruchs auf Aufwendungsersatz nicht auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt ist, sondern vielmehr für alle Kaufverträge gleichermaßen gilt. Der bisherige Streit um eine „gespaltene Auslegung“ des § 439 BGB ist daher obsolet geworden. Entgegen der ursprünglichen Entwurfsfassung (BT-Drucks. 18/8486, S. 39) hat der Verkäufer nach der neuen Regelung kein Wahlrecht, den Ein- und Ausbau entweder selbst vorzunehmen oder sich zum Ersatz der hierfür angemessenen Aufwendungen zu verpflichten. Der Gesetzgeber hat sich für eine ausschließliche Kostentragungspflicht des Verkäufers entschieden. Ausweislich der Gesetzesbegründung wurde von einem Recht zur Selbstvornahme des Verkäufers aufgrund von etwaigen Konkurrenzen zwischen Hauptleistungspflichten aus einem Werkvertrag einerseits und Gewährleistungsrechten aus dem Kaufvertrag andererseits bewusst abgesehen (BT-Drucks. 18/11437, S. 2).
Der Verzicht auf ein Wahlrecht des Verkäufers ist sowohl unter rechtlichen als auch ökonomischen Gesichtspunkten durchaus zweifelhaft. Dass der Verkäufer von vornherein auf eine Kostentragungspflicht verwiesen wird, ist in Anbetracht seines Rechts zur zweiten Andienung systematisch wenig überzeugend. Zwar betrifft der Aufwendungsersatzanspruch nicht den Kaufgegenstand selbst, sondern nur die durch den Ein- und Ausbau entstehenden Zusatzbelastungen. Diese stehen jedoch in unmittelbaren Zusammenhang zur Mangelhaftigkeit der Sache. Auch der BGH hat bislang den Ein- und Ausbau unter die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers gefasst. In volkswirtschaftlicher Hinsicht wird der Anspruch auf Aufwendungsersatz regelmäßig zu (eigentlich vermeidbaren) Mehrkosten des Verkäufers führen: Welche Aufwendungen „erforderlich“ sind, soll nach der Intention des Gesetzgebers in Anlehnung an die Judikatur zu § 637 BGB bestimmt werden (BT-Drucks. 18/11437, S. 40). Beauftragt der Käufer einen Dritten mit dem Ein- und Ausbau der Sachen, werden die daraus resultierenden Kosten in den meisten Fällen höher ausfallen als diejenigen, die der Verkäufer bei eigener Durchführung der Arbeiten zu tragen hätte. Dieser kann einen sach- und fachgerechten Aus- und Einbau seines Produktes üblicherweise am kostengünstigsten durchführen.
Aufgrund der Neuregelung in § 439 Abs. 3 S. 2 BGB kann der Käufer den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nur verlangen, wenn er im Zeitpunkt des Einbaus bzw. Anbringens der mangelhaften Sache im guten Glauben bzgl. der Mangelfreiheit war. Anderes gilt wohl unter Berücksichtigung des Verweises auf § 442 Abs. 1 BGB nur dann, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat.
III. Anwendbare Vorschriften beim Verbrauchsgüterkauf und Vorschusspflicht
§ 475 Abs. 4 S. 2 BGB verschafft dem Verkäufer ein als Einrede ausgestaltetes, beschränktes Leistungsverweigerungsrecht im Verbrauchsgüterkauf (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 43). Führt die einzig mögliche Art der Nacherfüllung aufgrund von Ein- und Ausbaukosten zu unverhältnismäßigen Kosten, kann der Unternehmer den Aufwendungsersatz auf einen angemessenen Betrag beschränken. In der Klausur muss hier genau zwischen den einzelnen Kostenposten differenziert werden, da eine Kostenbeteiligung des Käufers über die Ein- und Ausbaukosten hinaus ausdrücklich nicht angeordnet wird. Insbesondere sind also die durch die Mangelhaftigkeit der Sache entstehenden Kosten der Nachbesserung bzw. Nacherfüllung nicht zu berücksichtigen. § 475 Abs. 4 S. 3 BGB beinhaltet die rechtstatsächlich wenig hilfreiche Bestimmung, dass bei der Bemessung des „angemessenen“ Betrags insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen sind. Der bewusst weit gefasste Wortlaut wird demzufolge von der Rechtsprechung (erneut) zu konkretisieren sein.
§ 475 Abs. 6 BGB räumt dem Verbraucher für Aufwendungen, die im Rahmen des Aus- und Einbaus entstehen und vom Unternehmer zu tragen sind, einen Anspruch auf Vorschuss gegen den Verkäufer ein. Der Anwendungsbereich der Norm ist allerdings nicht auf die Aus- und Einbaukosten beschränkt, sondern umfasst den gesamten Nacherfüllungsanspruch nach § 439 Abs. 2, 3 BGB.
IV. Regress bei Lieferketten
Da die Neuregelung zur Kostentragungspflicht nunmehr für sämtliche Kaufverträge und unabhängig vom Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs gilt, wurden auch die Bestimmungen zu Regressansprüchen bei Lieferketten im allgemeinen Kaufrecht implementiert. Je nachdem, in welchem Zeitpunkt der Mangel bereits besteht, können die Nacherfüllungskosten sowie die durch den Aufwendungsersatzanspruch nach § 439 Abs. 3 S. 1 BGB entstandenen Kosten gem. § 445a Abs. 1 BGB in der Lieferkette „durchgereicht“ werden:
„Der Verkäufer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von dem Verkäufer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Absatz 2 und 3 sowie § 475 Absatz 4 und 6 zu tragen hatte, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war.“
§ 445a Abs. 3 BGB ordnet eine entsprechende Anwendung des ersten Absatzes auf die Ansprüche des Lieferanten sowie der übrigen Käufer in der Lieferkette an, sodass der Aufwendungsersatzanspruch ggf. auch gegenüber dem Hersteller der Kaufsache geltend gemacht werden kann. Nachteile aus der Mangelhaftigkeit sollen also zu dem Unternehmer weitergegeben werden, in dessen Bereich der Mangel entstanden ist (BT-Drucks. 18/8486, S. 42). In der Klausur muss beachtet werden, dass etwaige Fristsetzungen als Voraussetzungen für Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz innerhalb der Lieferkette entbehrlich sind, wenn der jeweilige Gläubiger die Sache von seinem Abnehmer zurücknehmen musste. Die Bestimmungen zur Verjährung von Rückgriffsansprüchen in § 445b BGB entsprechen im Wesentlichen den bisherigen Regelungen des § 479 Abs. 1 BGB im Verbrauchsgüterkauf.
V. Bestimmungen zur Kostentragung bei Ein- und Ausbaufällen in AGB
Nach der neuen Regelung in § 309 Nr. 8 lit. b, cc BGB sind bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen Bestimmungen unwirksam, denen zufolge
„die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 und 3 oder § 635 Absatz 2 zu tragen oder zu ersetzen“.
Die Bestimmung soll verhindern, dass der Käufer in Ermangelung eines Selbstvornahmerechts des Verkäufers weder von diesem den Ein- und Ausbau kostenfrei erhält, noch die durch eigene Vornahme des Ein- und Ausbaus entstehenden Kosten vom Verkäufer ersetzt bekommt. Im Rahmen der Gesetzesfindung wurde sogar diskutiert, ob der Anwendungsbereich des Klauselverbots ausdrücklich auf den unternehmerischen Bereich erstreckt werden soll, wovon jedoch in Anbetracht der Rechtsprechung des BGH zur Indizwirkung der Klauselverbote letztlich abgesehen wurde (BT-Drucks. 18/11437, S. 39). Der das Verbot prägende Schutzzweck – Vermeidung einer Kostenabwälzung auf den Käufer – ist jedoch nicht konterkariert, wenn sich der Verkäufer zum kostenfreien Ein- und Ausbau vertraglich verpflichtet. Ob die Rechtsprechung ein Abbedingen der Kostenübernahmeregelung aus § 439 Abs. 3 BGB – und damit letztlich ein vertragliches Selbstvornahmerecht des Verkäufers – in diesen Fällen akzeptieren wird, bleibt abzuwarten. Unter Berücksichtigung der klaren Absage des Gesetzgebers gegenüber einem Wahlrecht des Verkäufers wird man hiervon nicht ausgehen können.
VI. Ausblick
Mit der Reform der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung hat sich der Gesetzgeber der bereits seit einigen Jahren bestehenden Problematiken der Ein- und Ausbaufälle endlich angenommen. Ob der Weg über einen Aufwendungsersatzanspruch des Käufers ohne Möglichkeit des Verkäufers zur Selbstvornahme rechtssystematisch und ökonomisch überzeugt, ist äußerst fraglich. Für die Klausur müssen neben § 439 Abs. 3 BGB auch die Neuregelungen zu den Regressansprüchen sowie die Bestimmungen zur Einrede der absoluten Unverhältnismäßigkeit beim Verbrauchsgüterkauf beherrscht werden. Die Gesetzesreform bietet eine Fülle an neuem Prüfungsstoff und sollte deshalb von jedem Prüfling eingehend studiert werden.
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Schlagwortarchiv für: Mängelhaftung
Bundesjustizminister Heiko Maas läuft zunehmend Gefahr, bei Prüfern und Klausurstellern im 1. und 2. Juristischen Staatsexamen in Ungnade zu fallen.
Nach seinem Angriff auf manches Strafrechtlers liebstes Kind, dem Mordparagraphen § 211 StGB (s. dazu bereits hier), plant der Minister nun, den Zivilrechtlern ihre Fliesen-, Parkettstäbe- und Dachziegelfälle im Zuge einer normativen Konkretisierung der Rechtsprechung von EuGH (s. dazu bereits hier und hier) und BGH (s. dazu bereits hier) zu § 439 BGB zu nehmen. Nicht minder spektakulär ist die beabsichtigte Erstreckung des Rechts der Mängelhaftung auf B2B-Geschäfte, die der BGH jüngst unter Zugrundelegung des geltenden Rechts abgelehnt hatte (s. dazu bereits hier und hier ).
Ein höchst examensrelevantes Vorhaben.
Den Referentenentwurf des BMJV gibt’s hier.
In einer aktuellen Entscheidung des BGH (VIII ZR 266/09 – Urteil vom 09.03.2011) geht es um die die Frage, ob ein Käufer bei zweimaliger erfolgloser Nachbesserung beweisen muss, dass die Ursache für den Mangel (und nicht nur lediglich das erkennbare Mangelsymptom) weiterhin fortbesteht.
Sachverhalt
Die Leasing GmbH K hat von V ein Cabriolet erworben und und den Kaufpreis in Höhe von 68.000 Euro an V gezahlt. Daraufhin schließt die K mit dem L, der das Fahrzeug zu Geschäftszwecken benötigt, im Mai 2004 einen Leasingvertrag über das Cabriolet unter Abtretung aller ihr zustehenden Mängelrechte aus dem Kaufvertrag gegen V. Die Lieferung des Fahrzeugs an L erfolgt bereits Anfang Juni 2004.
Schon nach kurzer Zeit zeigen sich erste Mängel an dem Kfz. Der Motor läuft nicht „rund“, während der Fahrt treten Rüttelgeräusche auf und insgesamt lässt sich ein erheblicher Leistungsverlust feststellen. Dazu kommen unregelmäßige „Verbrennungsaussetzer“, die jeweils einen Neustart des Cabrio notwendig machen. Bei zwei Reparaturen im Juli und im September 2004 werden von V verschiedene Einzelteile ausgetauscht, die er für die Ursache der Störung hält. Als im Oktober 2004 die Probleme erneut auftreten, hat L genug. Er tritt von dem Kaufvertrag in Ausübung der an ihn abgetretenen Mängelrechte zurück und verlangt die Rückzahlung des Kaufpreises an die K abzüglich der ihm entstandenen Gebrauchsvorteile, Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs an V. V ist der Ansicht, es ließe sich nicht klären, ob die Nachbesserungsversuche tatsächlich erfolglos waren und ob die auftretenden Probleme nicht möglicherweise auf andere Ursachen zurückzuführen seien, die nicht von seiner Pflicht zur Nacherfüllung umfasst sind. Jedenfalls müsse L die Erfolglosigkeit der Nachbesserung darlegen und beweisen. Kann L gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 439, 323 BGB zurücktreten?
Käufer muss nicht die Ursache für den Fehlschlag der Nachbesserung beweisen
Grundsätzlich gilt, dass sich der Verkäufer nicht mehr auf die Mangelfreiheit der Sache bei Gefahrübergang berufen kann, sobald er den Kaufgegenstand zur Nachbesserung angenommen hat. Nach Ansicht des Berufungsgericht gelte dementsprechend, dass die Empfangnahme der Sache durch den Käufer nach dem Nachbesserungsversuch zu einer Umkehr der Beweislast führe (vgl. auch § 363 BGB zur Beweislast bei Annahme als Erfüllung). Wer sich als Käufer auf eine Nachbesserung einlasse, müsse die Beweislast bei einem Fehlschlag bezüglich dessen Ursachen tragen. Der BGH tritt dem entgegen:
Das Berufungsgericht verkennt, dass der Käufer grundsätzlich nicht die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, auf welche Ursache ein Sachmangel der verkauften Sache zurückzuführen ist.Etwas anderes gilt nur, wenn nach einer vorausgegangenen Nachbesserung durch den Verkäufer ungeklärt bleibt, ob das erneute Auftreten des Mangels auf der erfolglosen Nachbesserung oder auf einer unsachgemäßen Behandlung der Kaufsache nach deren erneuter Übernahme durch den Käufer beruht(Senatsurteil vom 11. Februar 2009 – VIII ZR 274/07, NJW 2009, 1341 Rn. 23). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Der Käufer ist beweisbelastet dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache (§ 434 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 446 Satz 1 BGB) vorlag und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Die aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt gleichermaßen, wenn der Käufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder entgegengenommen hat. In diesem Fall muss der Käufer das Fortbestehen des Mangels, mithin die Erfolglosigkeit des Nachbesserungsversuchs, beweisen.
Daher kommt es auch nicht darauf an, auf welche Ursache der Mangel konkret zurückzuführen ist. Ob möglicherweise ein anderer Defekt ursächlich für den erkennbaren Mangel geworden ist, ist nicht ausschlaggebend.Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts obliegt es dem Kläger dagegen nicht nachzuweisen, dass die vom Sachverständigen bestätigten Verbrennungsaussetzer auf derselben Ursache wie die kurz nach der Übergabe des Fahrzeugs aufgetretenen Motorstörungen beruhen. Das Berufungsgericht verkennt, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Sachmangel möglicherweise auf eine neue Mangelursache zurückgeführt werden kann, wenn die Mangelursache allein im Fahrzeug zu suchen ist und nicht auf einer unsachgemäßen Behandlung seitens des Käufers oder eines Dritten beruhen kann. So ist es hier.
Da eine unsachgemäße Behandlung des Fahrzeugs durch den Käufer im vorliegend Fall nicht erkennbar ist, trifft L diesbezüglich auch keine Beweispflicht. Dass das Fahrzeug weiterhin die gleichen Motorstörungen aufzeigt, genügt.
Auswirkung der (Nicht-) Anwendbarkeit von § 476 BGB auf die Rechtslage
Da es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf nach § 474 BGB handelt, kann sich L zwar insgesamt nicht auf die Beweislastregel gem. § 476 BGB berufen, nach der Art des Mangels (Motorenstörung) hat dieser – nach Meinung des BGH – unzweifelhaft schon bei Gefahrübergang vorgelegen. Die darauf folgende, streitige Sachlage im Zuge der Nachbesserung (Mangelsymptome sind die gleichen geblieben) knüpft hieran an. Dass Beweisschwierigkeiten bestehen und die Vermutung des § 476 BGB nicht greift, darf nicht – im Umkehrschluss – zu Lasten des Käufers gehen bzw. zu einer strengeren Betrachtung der Sach- und Rechtslage führen.
Bei dieser Sachlage kann, auch wenn mangels Vorliegens der Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs nicht die Vermutung des § 476 BGB zugunsten des Klägers eingreift, kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass der Sachmangel – die Ursache der damals aufgetretenen Mangelsymptome – bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs des Fahrzeugs vorlag. […] Diese Ungewissheit [bezüglich der genauen Ursache – Anm.] geht indessen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu Lasten des Klägers. Der Käufer genügt seiner Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung durch den Nachweis, dass das Mangelsymptom – hier: zeitweiliger Leistungsverlust, Rütteln und unrunder Lauf des Motors – weiterhin auftritt. Anders verhält es sich nur dann, wenn das erneute Auftreten des Mangelsymptoms möglicherweise auf einer unsachgemäßen Behandlung der Kaufsache nach deren erneuter Übernahme durch den Käufer beruht. […]Dafür bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
Keine Unwirksamkeit des Rücktritts wegen Unerheblichkeit des Mangels gemäß § 323 Abs.5 S.2 BGB
Durch die vom Berufungsgericht festgestellten Verbrennungsaussetzer wird die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Nach den Angaben des Kraftfahrzeugsachverständigen W. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2008, auf die das Berufungsgericht sich stützt, traten bei einer von dem Sachverständigen durchgeführten Probefahrt mehrmals in kurzer Folge Verbrennungsaussetzer auf, die zur Folge hatten, dass das Fahrzeug jeweils angehalten und neu gestartet werden musste. Derartige Einschränkungen der Gebrauchstauglichkeit, die nicht nur den Fahrkomfort schmälern, sondern je nach der Verkehrssituation, in der sie auftreten, darüber hinaus die Verkehrssicherheit beeinträchtigen können, stellen, auch wenn sie nur sporadisch auftreten, einen erheblichen Mangel dar.
Fazit
L kann von dem Vertrag zurücktreten. Der BGH stärkt damit die Mängelrechte des Käufers, indem auch nach zweimaliger Nachbesserung der Käufer nicht gehalten ist, die Ursache für den Mangel (bzw. für das Fehlschlagen der Nachbesserung) darzulegen. Es genügt somit, dass der Kaufgegenstand weiterhin einen erkennbaren Mangel aufweist, der sich mit dem bis dahin festgestellten Mangel deckt. Der Verkäufer kann sich gerade nicht damit entlasten, er habe die Ursachen für den Defekt beseitigt. Diese Wertung erscheint sachgerecht. Der Käufer würde ansonsten durch Geltendmachung seines Anspruchs auf Nacherfüllung schlechter gestellt werden, wenn er bei einem Rücktritt nach einem Fehlschlag der Nachbesserung nunmehr (auch) die Ursache des Mangels erforschen müsste. Es liegt jedoch regelmäßig in der Verantwortung und im Pflichtenkreis des Verkäufers, dass die Nachbesserung zu dem gewünschten Ergebnis (Beseitigung des Mangels) führt. Warum bei einem zweimaligen Fehlschlag der Verkäufer einen Vorteil bei der Beweisführung erhalten soll, ist nicht ersichtlich. Für diese Auffassung spricht auch die Vorschrift des § 440 S.2 BGB, die regelmäßig zu Lasten des Verkäufers geht (Palandt/Weidenkoff § 440 Rz. 11). Lediglich bei einem nicht ordnungsgemäßen Gebrauch der Sache durch den Käufer, ist eine andere Beweislastverteilung gerechtfertigt, wenn nicht auszuschließen ist, dass der auftretende Mangel auf eine Handlung des Käufers zurückzuführen ist. Es bleibt damit dabei, dass der Käufer stets nur zu beweisen hat, dass an dem Kaufgegenstand ein Mangel erkennbar wird (Palandt/Weidenkaff § 434 Rz. 59).