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Schlagwortarchiv für: Betriebsgefahr

Monika Krizic

Die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG

Aktuelles, Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Verkehrsunfälle spielen seit jeher eine bedeutende Rolle im juristischen Alltag, sodass auch die Spezialnormen im StVG für die universitäre Ausbildung und das Examen von enormer Relevanz sind. Insbesondere die Halterhaftung nach § 7 Asb. 1 StVG gehört zum Standarwissen. Der nachfolgende Beitrag soll daher die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG näher durchleuchten und berücksichtigt dabei auch Fälle der jüngsten Rechtsprechung.

Autorin des Gastbeitrags ist Monika Krizic. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn.

I. Kfz

Zunächst bedarf es eines Kraftfahrzeuges. Dies sind gem. § 1 Abs. 2 StVG Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.

II. Anspruchsgegner: Halter

Weiterhin muss der Anspruchsgegner Halter dieses Kfz sein. Halter ist, wer das Fahrzeug nicht nur ganz vorübergehend auf eigene Rechnung hält und die Verfügungsgewalt darüber besitzt (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 2; Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 8). Für die Begründung und den Bestand der Haltereigenschaft kommt es somit nicht auf ein Rechtsgeschäft, sondern vielmehr auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an, welche maßgeblich die Intensität der tatsächlichen Sachherrschaft berücksichtigt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 258).

1. Minderjährigkeit

Entsprechend der Rechtsnatur der Haltereigenschaft, könnten auch beschränkt Geschäftsfähige als Halter qualifiziert werden. Eine solche undifferenzierte Perspektive würde aber den tragenden Pfeilern des zivilrechtlichen Minderjährigenschutzes entgegenstehen.

Daher werden Analogien in Betracht gezogen. Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bei Vergleichbarkeit der Interessenlage voraus. Angesichts der Bedeutung eines umfassenden Minderjährigenschutzes, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Frage planwidrig nicht geregelt hat.

Vor dem Hintergrund des deliktischen Charakters der Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG, könnte eine vergleichbare Interessenlage zu § 828 Abs. 3 BGB bejaht werden (MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, § 833 Rn. 42). Das höhere Schutzniveau für den Minderjährigen bietet aber eine analoge Anwendung der §§ 104 ff. BGB, da nicht auf dessen Einsichtsfähigkeit abgestellt wird, sondern vielmehr stets ein Tätigwerden und Mitwirken der gesetzlichen Vertreter erforderlich ist (Schamberg, JURA 2021, 758, 761).

2. Leasing

Fragen zur Haltereigenschaft ergeben sich aber auch bei den immer beliebter werdenden Leasingverträgen. In diesen verpflichtet sich der Leasinggeber gegenüber dem Leasingnehmer zur Beschaffung und Übergabe eines bestimmten Gegenstandes. Im Gegenzug zahlt der Leasingnehmer die Leasingrate, wodurch sich die Kosten und Ausgaben für den Leasinggeber amortisieren. Das Eigentum verbleibt beim Leasinggeber.

Der BGH hatte die Haltereigenschaft des Leasingnehmers unter bestimmten Voraussetzungen bereits bejaht (BGH, Urt. v. 22.03.1983 – VI ZR 108/81). Begründet wurde dies mit dem Telos des § 7 Abs. 1 StVG und dem Wesen des Leasingvertrags. Haftungsgrund der Norm ist u.a. die von dem Einsatz des Kfz im Verkehr ausgehende Gefahr. Wird nun dem Leasingnehmer die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Fahrzeug überlassen, sodass er dieses nach Belieben zeitlich und örtlich einsetzen kann, ist er in tatsächlicher Hinsicht verantwortlich für die vom Kfz ausgehenden Gefahren, was seine Haltereigenschaft rechtfertigt. Hinzu kommt, dass der Leasingnehmer die Betriebskosten bestreitet und damit das Kfz „für eigene Rechnung“ hält (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 261).

3. Mietvertrag

Anders gestaltet sich die Situation bei Mietverträgen. Hier hängt die Beurteilung vielmehr von den Umständen des Einzelfalles ab. Zieht der Vermieter wirtschaftliche Vorteile und überlasst das Fahrzeug nur für wenige Stunden, einen Tag oder eine bestimmte Fahrt, so hat zwar bei tatsächlicher Betrachtung der Mieter die tatsächliche Sachherrschaft inne, jedoch wird das Fahrzeug immer noch auf Rechnung des Vermieters verwendet (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 283). Zumal ein Kfz auch dann „gebraucht“ wird, wenn man es nicht selber fährt, sondern etwa gegen einen Mietzins einer anderen Person überlässt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 259).

4. Sicherungsübereignung

Durch die Sicherungsübereignung wird der Sicherungsnehmer Eigentümer des Kfz. Gleichwohl fährt der Sicherungsgeber weiterhin in eigener Verfügungsgewalt und trägt die Betriebskosten. Grundsätzlich bleibt der Sicherungsgeber also Halter. Die Haltereigenschaft des Sicherungsnehmers ergibt sich nur dann, wenn er das Kfz zu eigenen Zwecken nutzt und für die Betriebskosten einsteht (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 282).

III. Betriebsspezifische Gefahr

Der Schaden muss bei Betrieb des Kfz entstanden sein. Die Realisierung dieser typischen Betriebsgefahr entspricht insoweit dem Schutzzweck der Norm. Während nach der früheren maschinentechnischen Auffassung erforderlich war, dass der Motor läuft und sich das Kfz bewegt, genügt es nach der heute herrschenden verkehrstechnischen Auffassung, wenn sich das Kfz im öffentlichen Verkehrsraum bewegt oder in verkehrsbeeinflussender Weise darin ruht (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 51). Die Subsumtion kann an dieser Stelle durchaus schwerfallen. Im Laufe der Zeit haben sich im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmales unterschiedliche Fallgruppen herauskristallisiert, die aber stets den Umständen des Einzelfalls hinreichend Rechnung tragen müssen. Einige sollen hier zur Veranschaulichung und besserem Verständnis dargestellt werden.

1. Fahrzeuge mit Arbeitsfunktion

Erfüllt ein Kfz neben der Fortbewegung noch weitere Funktionen, so kann sich die Realisierung der betriebsspezifischen Gefahr als problematisch erweisen.

a) Aktuelle Beispiele aus der Rechtsprechung

Beispiel 1 (BGH, Urt. v. 18.07.2023 – VI ZR 16/23)

Unternehmer B ist Halter eines Traubenvollernters und wurde als solcher von K zur Weinlese beauftragt. Allerdings wies der Traubenvollernter ein Leck in der Dieselleitung auf, wodurch die gesamte Ernte verunreinigt wurde.

Beispiel 2 (OLG Celle, Urt. v. 15.11.2023 – 14 U 56/23)

A hatte bei B Heizöl bestellt. Indes zeigten die Füllstandsanzeigen an den Tanks von A nicht den tatsächlichen Füllstand auf, sodass infolge der Befüllung Öl austrat und Gebäude sowie Grundstück von A beschädigte.

Beispiel 3 (BGH, Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15)

A hatte bei B Heizöl bestellt und wollte sich dieses anliefern lassen. Am Liefertermin stellte B den Tanklastwagen vor dem Haus von A auf der öffentlichen Straße ab und verband die Öltanks des Fahrzeugs mithilfe eines Schlauchs mit Öleinfüllstutzen am Haus des A. Jedoch konnte es zu keiner Beladung des Öltanks kommen, da ein Verbindungsschlauch undicht war. Dies hatte wiederum zur Folge, dass das Öl nach allen Seiten herausspritze und letztendlich auch Hausfassade und Küche von A sowie die öffentliche Straße verschmutzte.

In allen drei Fällen hatten die Gerichte stets auf Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 StVG verwiesen. So ist die Gefährdungshaftung der „Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Fahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen“ (BGH, Urt. v. 18.07.2023 – VI ZR 16/23, Rn. 10).

Hinsichtlich Beispiel 1 könnte auf den ersten Blick die Realisierung der Betriebsgefahr bejaht werden, schließlich fuhr der Traubenvollernter durch die Weinberge und verunreinigte die Trauben noch während genau dieser Fahrt. Darauf hatte sich auch das Berufungsgericht (OLG Koblenz, Urt. v. 12.12.2022 – 12 U 636/22) bezogen und betont, dass nicht nur die Maschinen zur Ernteleistung, sondern der Wagen als solcher in Bewegung war. Dem wurde aber entgegengehalten, dass das Fahren durch die Weinberge gerade der bestimmungsgemäßen Arbeitsfunktion der Maschine diente und sich folglich allein diesem Zweck unterordnete. Die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Traubenvollernters hatte damit keine eigenständige Rolle inne. Hinzu kommt auch noch, dass sich der Traubenvollernter während des schädigenden Ereignisses auf einer privaten Verkehrsfläche, fernab des öffentlichen Straßenverkehrs befand und sich folglich nicht die Gefahren realisiert haben, die von dem Traubenvollernter in seiner Eigenschaft als Verkehrsmittel hervorgehen.

Letzteres trifft vorliegend auch auf Beispiel 2 zu, das dem OLG Celle zuletzt zur Entscheidung vorlag. Gefahren für den Verkehr, für die § 7 Abs. 1 StVG schadlos halten will, verwirklichen sich auch dann nicht, wenn ein völlig anderer Gefahrenbereich betroffen ist. So resultierten die Schäden in Beispiel 2 aus den falschen Füllanzeigen des Tanks, nicht aber aus dem Tanklastwagen selber oder seinem Entladevorgang.

Anders sieht die Situation in Fallbeispiel 3 aus. Der BGH führte dabei aus, dass nicht der Einsatz des Motors für den Betrieb der Ölpumpe ausschlaggebend war, sondern vielmehr die Tatsache, dass der Tankwagen seinen Entladevorgang im öffentlichen Verkehrsraum verrichtete. Mithin war durch den auf der öffentlichen Straße stehenden Tankwagen auch der öffentliche Verkehr gefährdet und damit der Schutzzweck von § 7 Abs. 1 StVG tangiert (BGH, Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15, Rn. 15).

b) Zwischenfazit

Die vorliegenden Beispiele zeigen, dass eine Beurteilung nach starren Kriterien wie z.B. Stehen oder Fahren ins Leere gehen. Vielmehr muss untersucht werden, ob sich Gefahren des Fahrzeugs als Verkehrsmittel oder reine Arbeitsmaschine verwirklichen (Beispiel 1), das Kfz nur rein zufällig in einen anderen Gefahrenkreis involviert ist (Beispiel 2) oder diejenigen Schutzgüter betroffen sind, nach denen die Haftungsvorschrift einen Ausgleichsanspruch gewähren soll (Beispiel 3) (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 14).

2. Stehendes Kfz

Beispiel 4 (BGH, Urt. v. 12.12.2023 – VI ZR 76/23)

K stellte sein Fahrzeug innerorts an einer Straße mit leichtem Gefälle ab. Oberhalb dessen war das Fahrzeug des B geparkt, von dem nachts brennendes Benzin auslief und die Straße herunterfloss. Infolgedessen gerieten beide Fahrzeuge in einen Brand, wodurch das Fahrzeug von K zerstört wurde.

Das OLG hatte vor dem Hintergrund der weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals einen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG bejaht. So reiche es aus, dass der Unfall in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zu einem Betriebsvorgang, hier dem Einparken, stehe. Allerdings wurde im Rahmen dessen die Beweislast von K durch das OLG verkannt. Durch das Auslaufen des Benzins bestand nur ein räumlicher Zusammenhang, die Ursache des Brandes selber blieb aber ungeklärt. Umstände, aus denen sich schließen lässt, dass der Brand auf einen Betriebsvorgang des Autos zurückzuführen ist, ergeben sich nicht.

3. Fahrzeugteile

Beispiel 5 (BGH, Urt. v. 24.01.2023 – VI ZR 1234/20)

B brachte seinen Elektroroller zur Inspektion in die Werkstatt von W. Der dort angestellte M entnahm die Batterie aus dem Elektroroller, um diese aufzuladen. Als M bemerkte, dass sich die Batterie stark erhitzte, trennte er sie vom Stromnetz und wollte sie abkühlen lassen. Gleichwohl explodierte die Batterie und setzte das Gebäude von W in Brand.

Auch einzelne Fahrzeugteile können beim Betrieb des Kfz einen Schaden verursachen, wenn sie mit einem Verkehrsvorgang zusammenhängen. So etwa das Abfallen des Auspuffs während der Fahrt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 134). In Beispiel 4 führte der BGH aus, dass die Explosion nicht mehr in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Rollers stand. Gerade weil die Batterie bereits aus dem Roller ausgebaut war, fehle es am örtlichen und zeitlichen Zusammenhang der Explosion mit einem Betriebsvorgang (BGH, Urt. v. 24.01.2023 – VI ZR 1234/20, Rn. 10).

III. Haftungsausschluss

Ausschlusstatbestände für die Halterhaftung ergeben sich aus §§ 7 Abs. 2 und 3, 8 StVG.

1. Höhere Gewalt

Zunächst ist die Halterhaftung gem. § 7 Abs. 2 StVG bei höherer Gewalt ausgeschlossen. Dabei ist höhere Gewalt zu definieren als ein „außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen dritter Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis, das mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch nach den Umständen durch äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann und das auch nicht im Hinblick auf reine Häufigkeit in Kauf genommen werden muss“ (BGH, Urt. v. 17.10.1985 – III ZR 99/84, Rn. 17).

§ 7 Abs. 2 StVG ist folglich nur bei Vorgängen einschlägig, die außerhalb des Kfz und dessen Betrieb beruhen. Dazu gehören neben Naturereignissen auch technische Versagen wie etwa Explosionen (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 356). Lag ein unabwendbares Ereignis vor, muss zusätzlich auch noch das Einhalten der gebotenen Sorgfalt dargelegt werden (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 358).

2. Unbefugte Benutzung

Daneben kann ein Haftungsausschluss auch im Falle der sog. Schwarzfahrt eintreten. Hierzu trifft § 7 Abs. 3 StVG differenzierte Regelungen.

Wird das Kfz von einem völlig unbekannten Dritten in Gebrauch genommen, so wird nur dieser Anspruchsgegner. Eine Haftung des Halters scheidet in diesem Fall gem. § 7 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 StVG aus.

Hat der Halter hingegen die Benutzung des Kfz durch den Dritten schuldhaft ermöglicht, so können Halter und Dritter als Gesamtschuldner haften, § 7 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 StVG. Für das Verschulden genügt bloße Fahrlässigkeit. Gem. § 14 Abs. 2 S. 2 StVO sind Fahrzeuge gegen unbefugte Benutzung zu sichern.

Schließlich ist noch der Fall des Exzesses des befugten Benutzers in § 7 Abs. 3 S. 2 StVG normiert. Ist der Benutzer vom Halter für den Betrieb des Kfz angestellt oder ist ihm dieser überlassen worden, so haftet der Halter weiterhin aus § 7 Abs. 1 StVG. Erfasst ist vor allen Dingen die Konstellation, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer oder Angestellten die Befugnis einräumt, das Kfz zu verwenden (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 322).

3. Ausnahmen

Ausdrücklich normierte Haftungsausschlüsse finden sich ebenfalls in § 8 StVG wieder. Nach § 8 Nr. 2 StVG ist ein Ersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Kfz tätig war.

Beispiel 6 (BGH, Urt. v. 12.01.2021 – VI ZR 662/20)

A ist Halter eines Fahrzeugs, das für ihn behindertengerecht umgebaut wurde. Als A nach einem Arztbesuch zu seinem geparkten Kfz gelangen möchte, muss er feststellen, dass dieses von einem anderen zugeparkt wurde, sodass A mit seinem Rollstuhl nicht mehr an die Fahrertür gelangen kann.

B möchte A helfen und bietet ihm an, sein Fahrzeug aus der Parklücke zu fahren. A willigt ein, macht B aber deutlich, dass es sich um ein umgebautes Fahrzeug handelt, dessen Gas und Bremse mit der Hand bedient werden. B schenkt den Worten des A nicht hinreichend Beachtung und verliert kurze Zeit später die Kontrolle über das Fahrzeug. Infolgedessen wird das dahinterstehende Kfz des B beschädigt.

In teleologischer Hinsicht will die Ausnahmevorschrift dem Umstand Rechnung tragen, dass derjenige, der sich bewusst den Gefahren eines Kfz aussetzt, nicht den besonderen Schutz der Gefährdungshaftung verdient (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 203). Dazu gehören u.a. Personen, die sich beim Be- und Entladen, Tanken oder einer Reparatur beteiligen (Wandt/Schwart, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 26). Im vorliegenden Fall war fraglich, ob § 8 Nr. 2 StVG auch dann eingreift, wenn der Kraftfahrzeugführer mit einem fremden Kfz sein eigenes Fahrzeug beschädigt.

Zum Teil wird dies mit der Begründung abgelehnt, dass das beschädigte Fahrzeug nicht freiwillig, sondern nur zufällig dem Gefahrenbereich des geführten Fahrzeugs ausgesetzt sei. Im Gegensatz zu Personenschäden könne bei einem solchen Sachschaden von einem freiwilligen Aussetzen in den Gefahrenbereich nicht die Rede sein (Hentschel/König/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 8 Rn. 4).

Dem hielt der BGH aber entgegen, dass § 8 Nr. 2 StVG sowohl seinem Wortlaut als auch seiner teleologischen Zweckrichtung nach auf Personen- sowie Sachschäden anwendbar sei, wobei im konkreten Fall stets Einzelfallumstände zu würdigen seien. In Fallbeispiel 5 hat sich B bewusst für das Ausparken entschieden, womit er auch wusste, dass er sein danebenstehendes Fahrzeug diesem Gefahrenbereich aussetzte.

4. Unabwendbares Ereignis

Blättert man weiter im StVG, so findet sich § 17 Abs. 3. Im Vergleich zu § 7 Abs. 2 StVG handelt es sich um eine einfacherer zu erreichende Enthaftung, welche aber nur im Verhältnis zu den Ansprüchen von anderen Kfz-Haltern, -Führern und -Eigentümern gilt und damit im haftungsausfüllenden Tatbestand zu thematisieren ist (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 19).

Demnach scheidet die Ersatzpflicht bei einem unabwendbaren Ereignis aus. Nach § 17 Abs. 3 S. 1 und 2 StVG gilt ein Ereignis als unabwendbar, wenn es nicht auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kfz oder einem Versagen seiner Einrichtungen beruht und der Halter sowie der Führer des Kfz jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben. Sinn und Zweck dieser Norm ist es, den Idealfahrer trotz der typischen Betriebsgefahr von der Haftung freizustellen (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 205). Im Gegensatz zu § 276 Abs. 1 und 2 BGB muss ein Handeln an den Tag gelegt werden, dass der Umsichtigkeit und Aufmerksamkeit eines Idealfahrers entspricht, sich aber noch im Rahmen des Menschenmöglichen bewegt (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 20). So ist etwa dem Fahrer eines Kfz bei einer plötzlichen Gefahrenlage ein „Schreckzeit“ zu gewähren (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 377).

5. Konkludenter Haftungsausschluss

Schließlich kann sich eine Enthaftung auch aus einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung ergeben. Dabei besteht aber gem. § 8a S. 1 StVG bei entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderungen ein Verbot des Haftungsausschlusses. Umgekehrt kann bei unentgeltlicher Beförderung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB eine strengere oder mildere Haftung vereinbart werden. Insbesondere bei Gefälligkeitsfahrten kann sich eine konkludierte Haftungsbeschränkung ergeben (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 204).

IV. Fazit

Es zeigt sich also, dass die Halterhaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG in vielerlei Hinsicht für eine Klausur geeignet ist. Sowohl das Können in der teleologischen Argumentation als auch systematisches Gesetzesverständnis lassen sich daran gut abprüfen. Mit einem strukturierten Aufbau, gerade im Prüfungspunkt „Betriebsspezifische Gefahr“, lassen sich die Fälle jedoch gut meistern und wer dazu  die aktuelle Rechtsprechung, gerade vor der mündlichen Prüfung, im Blick behält, sollte gut für die Prüfung gerüstet sein.

23.04.2024/1 Kommentar/von Monika Krizic
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Monika Krizic https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Monika Krizic2024-04-23 08:00:002024-11-27 18:21:45Die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG
Simon Mantsch

BGH zur Haftung des Halters eines KFZ mit Arbeitsfunktion

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Der BGH hatte sich in einem jüngst bekannt gewordenen Urteil mal wieder mit der Frage zu beschäftigen, wann ein nach § 7 Abs. 1 StVG ersatzfähiger Schaden „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ entstanden ist (BGH, Urt. v. 18.7.2023 – VI ZR 16/23). Die Halterhaftung nach dem StVG gilt als absoluter Examensklassiker, sodass Prüflingen auch etliche Problemkonstellationen im Zusammenhang mit der Frage, wann ein Schaden „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ entstanden ist, bekannt sein müssen.

I. Der Sachverhalt (leicht abgewandelt)

Kläger K betreibt ein Weingut. Da er selbst nicht über die für die Ernte der Trauben notwenigen Maschine verfügt, beauftragte er den Lohnunternehmer und Beklagten B. Dieser soll mit einem sog. Traubenvollautomaten die notwendigen Weinlesearbeiten durchführen, wobei B selbst der Halter der einzusetzenden Maschine ist. Derartige Maschinen fahren zwecks Weinlese in Schrittgeschwindigkeit über die Rebstöcke hinweg und lösen die Trauben durch maschinenverursachte Rüttelbewegungen von den Rebstöcken. Die geernteten Trauben gelangen sodann in ein Auffangbehältnis im Geräteinneren. Um zum jeweiligen Einsatzort zu gelangen, nehmen die Maschinen am Straßenverkehr teil und erreichen dort Geschwindigkeiten von bis zu 40 km/h. Die Ernte erfolgte am 30.9.2018. Geführt wurde die Maschine von M, einem Mitarbeiter des B, obgleich auch K anwesend war und die Ernte verfolgte. Es kam zur Ernte von insgesamt 2,5 Tonnen Trauben, als K und M plötzlich Dieselgeruch bemerkten. M untersuchte daraufhin die Maschine und entdeckte ein Leck in der Dieselleitung. Die Ernte wurde daraufhin eingestellt. Die bereits geernteten Trauben wurden dennoch gepresst und im Anschluss chemisch-analytisch untersucht. Festgestellt werden konnte eine Kontaminierung mit Dieselkraftstoff, die einer Weiterverarbeitung der Trauben entgegensteht. Auch wenn K nicht an ein Verschulden von B oder M glaubt, da die Maschine fast neu war und das Leck in der Dieselleitung nicht auf Anhieb erkennbar war, verlangt er von B Schadensersatz in Höhe von 17.000 EUR nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten. Zu Recht?

II. Die Entscheidung (leicht abgewandelt)

Das erstinstanzlich zuständige Landgericht lehnte Ansprüche des K gegen B aus § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB und § 280 Abs. 1 BGB ab. Auf die Berufung des K hin, wurde das erstinstanzliche Urteil jedoch aufgehoben und B dem Grunde nach verurteilt, 100 % des Schadens sowie die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Der Grund: Die Erntemaschine ist ein KFZ iSd § 7 Abs. 1 StVG und war darüber hinaus in Bewegung, als die Erntearbeiten durchgeführt und die Früchte dabei kontaminiert wurden, sodass der Schaden gerade „bei dem Betrieb“ verursacht worden ist. Die Fortbewegungs- und Transportfunktion habe eine maßgebliche Rolle gespielt, da es sich insoweit um eine „fahrbare Arbeitsmaschine“ handele, der zweckbestimmte Einsatz der Maschine also denklogisch voraussetze, dass sie auch in Bewegung ist. Ohne Fortbewegung kann die Maschine ihren Zweck nicht erfüllen. Da sie überdies, wenn auch nicht bei der Ernte selbst, eine Geschwindigkeit von über 20 km/h erreichen kann, greift der Ausschlussgrund des § 8 Nr. 1 StVG nicht. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Nr. 3 StVG komme ebenso wenig in Betracht, da die Trauben nicht zum Zwecke eines Ortswechsels transportiert wurden, sondern sich nur innerhalb des KFZ befanden, weil dies eine automatische Folge des Erntevorgangs sei. Angesichts dessen kann nicht von der gesetzlich verlangten „Beförderung“ gesprochen werden.

Diesen Ausführungen tritt der BGH jedoch nunmehr zuwider. Es fehle an der Schadensherbeiführung „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ nach § 7 Abs. 1 StVG. Dies sei Ausfluss des Schutzzwecks der Norm.

„Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. […]. Erforderlich ist […] stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist“ (BGH, Urt. v. 18.7.2023 – VI ZR 16/23, Rn. 10).

Entscheidend ist mithin die Verwirklichung der Betriebsgefahr. Handelt es sich um ein KFZ mit Arbeitsfunktion muss differenziert werden. Wird es im Verkehr bewegt und verursacht dabei einen Schaden, so liegt ein die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG auslösendes Ereignis vor. Anders muss die Situation hingegen bewertet werden, wenn das KFZ nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird, die Fortbewegungs- und Transportfunktion also überhaupt keine Rolle mehr spielt. Ereignet sich in letzterer Konstellation ein Schaden, so kann nicht mehr von einer Betriebsgefahr gesprochen werden. Vielmehr hat sich ein eigenständiger Gefahrenkreis verwirklicht, vor dem § 7 Abs. 1 StVG nicht schützen soll.

Schwieriger ist es hingegen in Fällen wie dem Vorliegenden. Zwar stellt auch der Traubenvollautomat ein KFZ mit Arbeitsfunktion im vorstehend genannten Sinn dar, doch kommt in diesem Fall die Besonderheit hinzu, dass es sich in Bewegung befindet, wenn es die Ernte vornimmt. Fortbewegungs- und Arbeitsvorgang lassen sich folglich nicht sauber trennen. Wann und inwieweit auch in derartigen Fallkonstellationen noch von der Verwirklichung einer im Rahmen des § 7 Abs. 1 StVG obligatorischen Betriebsgefahr gesprochen werden kann, ist Ausfluss einer Gesamtbetrachtung aller Umstände. Im Rahmen dieser ist zu ermitteln, ob die Bestimmung des KFZ als Fortbewegungsmittel den Schadensablauf entscheidend mitgeprägt hat oder nicht. Nur in ersterem Fall würde sich eine Betriebsgefahr realisieren und eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG käme in Betracht.

Für die demnach vorzunehmende Gesamtabwägung ist es auch von Bedeutung, ob sich der durch die Arbeitsmaschine verursachte Schaden ereignet hat, als selbige auf einem Privatgelände, im öffentlichen Straßenverkehr oder in der Nähe zu diesem genutzt wurde. Dabei ist es unschädlich, dass der BGH bereits mehrfach entschieden hat, dass die Schadensverursachung auf Privatgelände einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG nicht entgegensteht. Vorliegend wurde der Traubenvollautomat im Weinberg des K und somit weit weg vom öffentlichen Straßenverkehr genutzt. Die Arbeitsfunktion hat klar im Vordergrund gestanden, während die Fortbewegung der Maschine nur erfolgte, damit die Ernte der Trauben vorgenommen werden konnte. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn feststünde, dass die Kontaminierung erst während des Transports vom Weinberg zum Weingut stattgefunden hat. In diesem Zeitraum stünde schließlich der Transport und nicht die Arbeitsfunktion im Vordergrund. Für einen derartigen Sachverhalt fehlen jedoch vorliegend Anhaltspunkte.

Es muss also dabei bleiben, dass der Schaden nicht „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ verursacht wurde. Ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG scheidet folglich aus. Ein anderer zivilrechtlicher Anspruch, etwa aus § 823 Abs. 1 BGB oder gar aus § 280 Abs. 1 BGB scheidet in Ermangelung eines Verschuldens aus.

III. Einordnung der Entscheidung

Es ist nicht die erste Entscheidung des BGH zur Halterhaftung bei Schäden, die im Zusammenhang mit Arbeitsmaschinen entstehen. Dabei scheint sich zunehmend herauszustellen, dass es in derartigen Fällen vor allem darauf ankommt, wo das Schadensereignis stattfindet. Fehlt beim Einsatz der Arbeitsmaschine eine Nähe zum öffentlichen Verkehrsraum, so scheidet eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG regelmäßig aus. Ähnlich entschied der BGH bereits 2021 bei der Schadensverursachung durch einen Traktor beim Mähen einer als Weideland genutzten Wiesenfläche mittels Kreiselmähers (Urt. v. 21.9.2021 – VI ZR 726/20). Verursacht hingegen eine Straßenkehrmaschine oder ein Streufahrzeug beim Einsatz im öffentlichen Straßenverkehr einen Schaden (etwa durch hochgeschleuderte Steine), so wird man annehmen müssen, dass diese Schäden „bei dem Betrieb“ eines KFZ verursacht worden sind (so entschieden für das Streufahrzeug BGH, Urt. v. 5.7.1988 – VI ZR 726/20; ähnlich für ein am Seitenrand der Autobahn eingesetztes Mähfahrzeug BGH, Urt. v. 18.1.2005 – VI ZR 346/87). Etwas zu weit gehen dürften hingegen die Ausführungen des BGH, wonach der Schadensablauf nicht durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs geprägt ist, wenn vielmehr die Funktion des Kraftfahrzeugs als Arbeitsmaschine im Vordergrund steht. Mit dieser Argumentation dürfte die Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG wohl in (zu) vielen Fällen abgelehnt werden. Schließlich wird auch die Straßenkehrmaschine oder die Mähmaschine am Straßenrand nicht zu Fortbewegungs- und Transportzwecken, sondern primär als Arbeitsmaschine genutzt. Gleichwohl muss eine Halterhaftung in derartigen Fällen – wie auch vom BGH festgestellt – noch in Betracht kommen.

Steht nicht der Einsatz von derartigen Arbeitsmaschinen in Rede, so sollte man mit einer Argumentation, die zwischen Schadensversuchung im und außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs unterscheidet, äußerst vorsichtig sein. § 7 Abs. 1 StVG setzt nach ständiger Rechtsprechung insoweit nicht die Schadensverursachung im öffentlichen Straßenverkehr voraus.

Die Entscheidung sollte zum Anlass genommen werden, sich nochmals mit der Haftung nach dem StVG zu befassen. Soweit die in Prüfungsarbeiten oftmals zu diskutierende Frage in Rede steht, ob ein KFZ überhaupt im Betrieb war, sollte einem die Argumentation mit der „verkehrstechnische Auffassung“ und der „maschinentechnische Auffassung“ keine größere Schwierigkeiten bereiten. Sollte eine Haftung des Kraftfahrzeugführers in Rede stehen, so ist auf § 18 Abs. 1 StVG abzustellen. Dabei handelt es sich jedoch – anders als bei § 7 Abs. 1 StVG – nicht um eine Gefährdungshaftung, sondern um eine verschuldensabhängige Haftung, auch wenn das Verschulden vermutet wird. In Fallkonstellationen mit Verkehrsunfällen ist derweil auch immer an § 823 Abs. 1 BGB zu denken, obgleich es dann einer positiven Feststellung des Verschuldens bedarf.

12.10.2023/1 Kommentar/von Simon Mantsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Simon Mantsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Simon Mantsch2023-10-12 09:32:412023-10-12 09:32:43BGH zur Haftung des Halters eines KFZ mit Arbeitsfunktion
Gastautor

OLG Koblenz zur Betriebsgefahr nach § 7 StVG

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Lukas Piroth veröffentlichen zu können. Der Autor ist Wiss. Mitarbeiter am Institut für deutsches und internationales Zivilverfahrensrecht der Universität Bonn bei Prof. Dr. Moritz Brinkmann.
Mit Beschluss vom 05.08.2019 hat das OLG Koblenz sich zur Reichweite der Betriebsgefahr im Rahmen des § 7 StVG geäußert (Az. 12 U 57/19, BeckRS 2019, 18385). Wird ein Fahrzeug bei ausgeschaltetem Motor von einem automatischen Förderband durch eine Waschstraße gezogen, sei es nicht „in Betrieb“, sodass die Gefährdungshaftung des § 7 StVG ausscheide.
Geht es in Examensklausuren um die StVG-Haftung, spielen Probleme häufig im Bereich der Betriebsgefahr. Die Subsumtion kann schwer fallen, zumal die Betriebsgefahr in der Rechtsprechung bisweilen erstaunlich freigiebig bejaht wird. Die Entscheidung gibt Anlass, sich die Anforderungen an die Betriebsgefahr nochmals zu vergegenwärtigen.
I. Sachverhalt
Die Beklagte und hinter ihr der Kläger befanden sich am Steuer ihrer Fahrzeuge in einer automatischen Waschstraße. Die Motoren der Wagen waren ausgeschaltet, die Fahrzeuge wurden von Rollen durch die Anlage gezogen. Der PKW der Beklagten wurde durch ein „Hindurchziehen“ der Mitnehmrolle unter dem Rad gestoppt, was wiederum den Kläger veranlasste, durch ein Betätigen der Bremse eine Kollision zu vermeiden. Hierdurch blieb sein Fahrzeug in der Gebläsetrocknung der Anlage stehen, die am Heck des Wagens Schäden i. H. v. rund 4 500 € verursachte. Diese verlangte der Kläger neben § 823 BGB auch aus § 7 StVG ersetzt. Das LG Koblenz verneinte Schadensersatzansprüche.
II. Entscheidung des OLG Koblenz
Das OLG Koblenz wies mit dem Beschluss die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Koblenz vom 10.12.2018 (Az. 5 O 373/16) zurück. Ein Anspruch aus § 823 BGB scheiterte nach den tatsächlichen Feststellungen am Verschulden der Beklagten. In rechtlicher Hinsicht interessant sind allein die Ausführungen zu § 7 StVG und dort zur Frage, ob das Fahrzeug des Klägers „bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs“ der Beklagten beschädigt wurde.
Hierzu wiederholt das OLG die ständige Rechtsprechung des BGH, wonach das Merkmal zwar weit auszulegen ist, es sich aber bei dem Schaden stets um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln muss, um deren Willen die Haftungsvorschrift erlassen worden sei. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebsvorrichtung des Kfz stehe. Spiele hingegen die Fortbewegungs- und Transportfunktion keine Rolle, scheide eine Haftung nach § 7 StVG aus.
Nach diesen Maßstäben verneint das OLG eine Rechtsverletzung „bei Betrieb des Kfz“. Ein Kfz sei nicht „in Betrieb“, wenn es ohne eigene Motorkraft durch eine automatische Waschanlage gezogen werde. Weder die Fortbewegungs- noch die Transportfunktion komme zum Tragen. Vielmehr sei das Fahrzeug vollständig abhängig von den Vorgängen in der Waschstraße wie jeder andere Gegenstand, der automatisch bewegt werde. Die besonderen Gefahren des Kfz-Betriebs (Geschwindigkeit, Ausmaße, Gewicht) blieben ohne Relevanz.
III. Einordnung der Entscheidung
Bei unbefangener Betrachtung scheint die Entscheidung wenig überraschend – das Fahrzeug wurde schließlich nicht „betrieben“. Bezieht man jedoch Urteile mit ein, in denen die Schadensentstehung „bei Betrieb des Kfz“ bejaht wurde, kann sich die Perspektive verschieben.
Der BGH nahm eine Haftung erst kürzlich an, obwohl zwischen dem Unfall und der Verletzung des Eigentums in Form eines Brandes, der durch einen Kurzschluss in der Batterie des Kfz entstand, eineinhalb Tage lagen  (vgl. Urt. v. 26.03.2019 – VI ZR 236/18 und unseren Beitrag hier). Damit folgte er seiner Linie einer immer ausufernderen Bejahung des Merkmals „bei Betrieb“, die sich bereits im Urteil v. 21.01.2014 (VI ZR 253/13) abzeichnete. Damals hatte der BGH klargestellt, dass sich die Betriebsgefahr eines Kfz bereits dann verwirklicht, wenn ein bereits mehrere Stunden abgestelltes Fahrzeug durch eine Selbstentzündung der Batterie in Brand gerät, auch wenn der Batteriedefekt nicht auf die letzte Fahrt zurückgeführt werden kann. Auf eine etwaige Relevanz der Fortbewegungs- und Transportfunktion für das Merkmal „bei Betrieb“ ging er nicht ein.
In der Folge hatte bspw. auch das OLG Köln (Urt. v. 06.04.2017 – 3 U 111/15) eine Schadensentstehung „bei Betrieb des Kfz“ bejaht, wenn in einer Kfz-Werkstatt ein Brand entsteht, der auf einen Defekt in der Primärelektrik des in Reparatur befindlichen Fahrzeugs zurückzuführen ist – und das obwohl ein Reifen demontiert war, sodass die Fortbewegungsfunktion mindestens ebenso wenig zum Tragen kommen dürfte wie bei einer Fahrt durch eine Waschstraße. Gerade deshalb hatte das LG Köln den Schaden „bei Betrieb des Fahrzeugs“ auch noch verneint (Urt. v. 19.06.2015 – 17 O 224/14). Wie das OLG Koblenz hatte das LG Köln hierfür die Kontrollüberlegung bemüht, dass statt dem Fahrzeug unter denselben Umständen auch eine andere Maschine (ohne theoretische Transportfunktion) den Schaden verursacht hätte.
Der Rechtsprechung seit dem Jahr 2014 lässt sich der Trend entnehmen, einen Zusammenhang mit der Fortbewegungs- und Transportfunktion nur noch als eine Variante der Betriebsgefahr aufzufassen („Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang“) und daneben großzügig einen bloßen „Zusammenhang des Schadens mit einer Betriebseinrichtung“ des Kfz ausreichen zu lassen. Den Wandel veranschaulichen zwei Entscheidungen des OLG Karlsruhe, das in einem Urteil v. 28.04.2014 (13 U 15/14) eine Betriebsgefahr noch verneinte, wenn ein auf ein Abschleppfahrzeug aufgeladenes Kfz in Brand gerät, später in einem Beschluss v. 09.03.2015 (9 W 3/15) aber eine Haftung bei einem zwei Tage abgestellten Fahrzeug bejahte.
Das OLG Koblenz vollzieht insoweit durchaus einen Schritt zurück, indem es stärker die Verknüpfung zwischen Schaden und Fortbewegungs- und Transportfunktion in den Fokus nimmt. Ob der BGH genauso entschieden hätte, darf bezweifelt werden. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen war das Durcheinander in der Waschstraße durch ein kurzzeitiges Blockieren der Vorderräder der Fahrzeugs der Beklagten entstanden, stand also durchaus mit einer Betriebseinrichtung des Fahrzeugs (Räder) in Zusammenhang und hat – in den Worten des BGH – das Schadensgeschehen „entscheidend (mit)geprägt“.
IV. Fazit
Das Merkmal der Betriebsgefahr bleibt in der Examensklausur ein Punkt, bei dem es entscheidend auf eine überzeugende Argumentation ankommt. Ob mit dem BGH die Voraussetzungen niedrig angelegt werden oder mit dem OLG Koblenz der Zusammenhang der Rechts(guts)verletzung mit der Transport- und Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs ins Zentrum gestellt wird, dürfte gleichermaßen vertretbar sein.
Von der Haftung nach § 7 StVG zu trennen ist selbstverständlich die Frage, inwieweit der Betreiber der Waschstraße für entstandene Schäden haftet. Zu den Schutzpflichten eines Waschanlagenbetreibers für einen Autounfall hat der BGH letztes Jahr Stellung bezogen, unseren Beitrag dazu findet ihr hier.

24.10.2019/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2019-10-24 09:08:472019-10-24 09:08:47OLG Koblenz zur Betriebsgefahr nach § 7 StVG
Dr. Sebastian Rombey

BGH: Neues zur Betriebsgefahr eines Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wie weit reicht die Betriebsgefahr eines Kfz in zeitlicher Hinsicht? Mit dieser für die Halterhaftung und damit für die Praxis überragend wichtigen Frage hatte sich der BGH jüngst zu befassen. Da grundlegende Auslegungsschwierigkeiten zu § 7 Abs. 1 StVG äußerst selten in Karlsruhe geklärt werden, StVG-Ansprüche sich problemlos in das allgemeine deliktische Haftungsregime einfügen und überdies gerne als Zusatzproblem in Examensklausuren eingebaut werden, lohnt sich ein Blick auf die wichtigsten Erwägungen des VI. Senats.
I. Sachverhalt (vereinfacht)
Reduziert man den Sachverhalt auf das Wesentliche, stellt er sich wie folgt dar: Ein bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigtes Fahrzeug wurde von einem Abschleppdienst in eine Werkstatt verbracht, wo ein Mitarbeiter der Werkstatt vergaß, die Batterie abzuklemmen. Eineinhalb Tage nach dem Unfall ging das Fahrzeug in Folge eines Kurzschlusses, der auf den durch den Halter selbstverschuldeten Unfall zurückgeführt werden konnte, in Flammen auf. Der so entstandene, großflächige Brand beschädigte große Teile des Werkstattgeländes sowie angrenzende Wohngebäude. Der Inhaber der Werkstatt verlangt nun vom Halter des Unfallfahrzeugs materiellen Schadensersatz gemäß § 7 Abs. 1 StVG.
II. Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 26.03.2019 – VI ZR 236/18, BeckRS 2019, 9268)
Alle relevanten Rechtsprobleme drehen sich mithin um die Frage, ob der eineinhalb Tage nach dem Verkehrsunfall eingetretene Schaden „bei Betrieb eines Kfz“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG erfolgt ist. Der BGH legt dieses Tatbestandsmerkmal seit jeher weit aus. Es muss – kurzgesagt – eine wertende Betrachtung erfolgen, die den Schutzzweck der Gefährdungshaftung berücksichtigt, sodass im Ergebnis alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten oder durch das Kraftfahrzeug mitgeprägten Schadensabläufe erfasst werden. Dazu der BGH (Rn. 8):

„Erforderlich ist […] stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist […]. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht […].“

Wendet man eben diese Erwägungen auf die vorliegende Fallkonstellation an, ergibt sich ein klares rechtliches Bild:
Der Kurzschluss war nach den Feststellungen der Vorinstanzen unmittelbar auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Ist dies der Fall, kann es keine Rolle spielen, dass sich der Folgeschaden, hier der Brand auf dem Werkstattgelände, der auch auf die umliegenden Wohnhäuser übergriff, erst eineinhalb Tage später realisiert, soweit die einmal geschaffene Gefahrenlage fort- bzw. nachwirkt. Und genau so liegt es hier, da der Kurzschluss und damit auch der Brandschaden eben unmittelbar durch den Fahrbetrieb hervorgerufen wurden. Denn: Fahrzeuge sind nicht vollends kontrollierbare, aber dennoch erlaubte Gefahrquellen, was auch der Grund für die weitreichende Gefährdungshaftung des § 7 Abs. 1 StVG ist und dazu führt, dass im Zweifel der Halter für daraus resultierende Schäden haften soll.
Gleichwohl könnte der für die Kausalität notwendige Zurechnungszusammenhang dadurch unterbrochen worden sein, dass ein Mitarbeiter des geschädigten Werkstattinhabers in sorgfaltswidriger und damit fahrlässiger Weise vergessen hatte, die Batterie des Fahrzeugs abzuklemmen, und damit dazwischengetreten sein könnte. So hatte es noch das Berufsgericht gesehen (OLG Celle, Urt. v. 03.05.2018 – 5 U 132/17, juris). Das Dazwischentreten eines Dritten lässt den Zurechnungszusammenhang – das stellt der BGH abermals klar – indes nur dann entfallen, wenn damit vernünftigerweise nicht gerechnet werden konnte, sodass die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch den Zweitschädiger keine unbillige Entlastung des Erstschädigers darstellt. Andersherum formuliert geht es um Fälle, in denen der Zweitschaden durch den Erstschädiger herausgefordert wurde, der Erstschädiger also vernünftigerweise damit hätte rechnen können, dass der Zweitschaden eintritt, sodass eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs nicht sachgemäß erscheint. Nur bei zufälligen Zusammenhängen kann dem Erstschädiger die Zurechnung des Zweiteingriffs nicht mehr zugemutet werden. Der BGH drückt dies freilich komplizierter, dafür aber auch exakter aus (Rn. 12):

„Hat sich aus dieser Sicht im Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht, war dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen und besteht deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein „äußerlicher“, gleichsam „zufälliger“ Zusammenhang, dann kann vom Erstschädiger billigerweise nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs einstehen zu müsse […]. Allein ein – auch grob fahrlässiger – Sorgfaltspflichtverstoß des hinzutretenden Dritten reicht hierfür jedoch in der Regel nicht […].“

Demnach wurde der Zurechnungszusammenhang durch das pflichtwidrig unterlassene Abklemmen der Batterie gerade nicht unterbrochen. Das OLG Celle hatte noch argumentiert, dass spätestens in dem Moment, in dem das Fahrzeug endgültig in einer Werkstatt gesichert werde, der Zurechnungszusammenhang enden müsse und dies erst Recht dann gelte, wenn der Schaden durch einen Dritten herbeigeführt werde. Dem folgt der VI. Senat des BGH jedoch nicht, insbesondere deshalb, da es darauf nicht ankommen könne, schließlich sei das vergessene Abklemmen der Batterie nicht so ungewöhnlich, dass nicht damit gerechnet werden könne. Das sei der alleinige Maßstab.
An dieser Stelle kommt bei genauerem Hinsehen eine Wertung zum Ausdruck, die sich in der Rechtsprechung des BGH des Öfteren wiederfindet: Der BGH bejaht lieber die Haftung und nimmt dann auf Ebene des Schadensumfangs ein (selbst im Umfang äußerst hohes) Mitverschulden an, als die Haftung gänzlich entfallen zu lassen – wohl, um so sachgerechtere, billigere Ergebnisse und damit Einzelfallgerechtigkeit herstellen zu können.
Im Ergebnis bejahte der BGH deshalb eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG, reduzierte den Haftungsumfang nach § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB aber um 40 % wegen der fehlenden Sicherungsmaßnahmen durch den Mitarbeiter des Werkstattinhabers.
III. Fazit: Im Zweifel Halterhaftung bejahen und Haftungsumfang reduzieren
Die Entscheidung lehrt, dass das für die Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG konstituierende Merkmal der Betriebsgefahr extensiv zu interpretieren ist, und zwar nicht nur im Sinne der verkehrstechnischen Auffassung inhaltlich, sondern auch zeitlich, soweit nur die durch das Fahrzeug geschaffene Gefahrenquelle bei einem später eintretenden Folgeschaden fortwirkt. Der hierfür notwendige Zurechnungszusammenhang wird durch einen dazwischentretenden Dritten nur selten unterbrochen; einen hierbei etwaig zu berücksichtigenden Sorgfaltspflichtverstoß führt man also besser auf Ebene des Mitverschuldens an, um den Haftungsumfang zu reduzieren.
Auch wenn sich dieses Judikat recht streng liest, trägt es doch dem Umstand Rechnung, dass die Gefahrquelle Kraftfahrzeug – wenn überhaupt – allein vom Fahrzeughalter beherrscht werden kann  und er deshalb auch die daraus folgenden Risiken tragen muss. Abgefedert wird dies in der Praxis freilich durch die Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters, die auch im vorliegenden Fall dem Gebäudeversicherer des Werkstattinhabers im Prozess entgegentrat, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.

05.06.2019/1 Kommentar/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2019-06-05 09:39:402019-06-05 09:39:40BGH: Neues zur Betriebsgefahr eines Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Wichtiges zur Betriebsgefahr bei sicherungsübereignetem PKW

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Mit Urteil vom 7.3.2017 – VI ZR 125/16 hat der BGH eine auf den ersten Blick überraschende Entscheidung zur Zurechnung der Betriebsgefahr im Anwendungsbereich des StVG getroffen. Demnach kann dem Schadensersatzanspruch des nichthaltenden Sicherungseigentümers aus § 7 Abs. 1 StVG die reine Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten Kraftfahrzeugs nicht entgegengehalten werden. Eine in vielerlei Hinsicht spannende Konstellation, die genauerer Betrachtung verdient.
I. Sachverhalt (dem Urteil entnommen)

Der Kläger nimmt nach einem Verkehrsunfall die Beklagten auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Anspruch. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter des an eine Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs. Die den Fahrzeugkredit finanzierende Bank und Sicherungseigentümerin des beschädigten Fahrzeugs (hiernach „Sicherungseigentümerin“) ermächtigte den Kläger, ihre Schadensersatzansprüche aus dem Unfallgeschehen gegen die Beklagten im eigenen Namen geltend zu machen. Der Kläger begehrte in gewillkürter Prozessstandschaft Ersatz restlicher Reparaturkosten, der Wertminderung des Fahrzeugs und vorgerichtlicher Sachverständigenkosten sowie aus eigenem Recht Ersatz des Nutzungsausfalls und einer allgemeinen Kostenpauschale. Der Hergang des Unfalls ließ sich nicht aufklären, ein Verschulden der jeweiligen Fahrzeugführer ebenso wenig feststellen.

II. Rechtliche Würdigung
Die grundsätzliche Haftung der Beklagten als Halter bzw. als Haftpflichtversicherung aus § 7 Abs. 1 StVG sowie § 115 VVG war zwischen den Parteien unstreitig. Fraglich war hingegen deren quotale Höhe: Diese hing davon ab, ob die das (Sicherungs-)Eigentum am beschädigten PKW innehabende Bank sich die Betriebsgefahr des PKW anrechnen bzw. das Verschulden des Halters zurechnen lassen muss. Ohne Normanknüpfung könnte man zunächst denken: Natürlich! Schließlich geht von dem PKW, der im Eigentum der Beklagten steht, die Betriebsgefahr aus. Anders wertet jedoch das StVG in §§ 17, 7 StVG. Danach wird die Betriebsgefahr gerade nur zwischen den Haltern berücksichtigt, wobei das Eigentum keine Rolle spielt. Schließlich sind Haltereigenschaft und Eigentum gerade nicht das gleiche!
Eine direkte Anwendung von § 17 Abs. 1, 2 StVG muss damit ausscheiden. Auch einer analogen Anwendung erteilt der BGH eine Absage:

Eine Erstreckung des Normanwendungsbereichs auf den nicht haltenden Sicherungseigentümer ist abzulehnen, insbesondere nachdem der Gesetzgeber durch die Änderung des § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG mit dem 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I, S. 2674) zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich der Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung bewusst war (BT-Drucks 14/8780, S. 22 f.), und eine über § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG hinausgehende Änderung nicht vorgenommen hat. Eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Auch ist der Wortlaut der Vorschrift insoweit eindeutig.

Übrig bleibt damit nur ein Mitverschulden nach § 9 StVG iVm. § 254 BGB. Danach findet § 254 BGB im Fall der Beschädigung einer Sache mit der Maßgabe Anwendung, dass das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht. Folglich müsste ein Verschulden des Fahrzeugführers festgestellt werden, dass dann dem Sicherungseigentümer zugerechnet werden könnte. Dies war jedoch gerade nicht der Fall, der Unfallhergang war letztlich unaufklärbar.
Auch kommt eine Zurechnung gem. § 278 BGB mangels Bestehens einer Sonderverbindung zwischen der Sicherungseigentümerin und den Bekl. nicht in Betracht. § 278 BGB setzte schließlich voraus, dass im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits eine pflichtenbegründende Rechtsbeziehung vorlag – hier hätte sie ohnehin erst durch den Unfall selbst entstehen können.
Wir sehen: Ein in mehrerer Hinsicht schöner Fall. Insbesondere die differenzierte Betrachtung von Zurechnung der Betriebsgefahr auf der einen Seite (§ 17 StVG) und eigenem oder zugerechnetem Mitverschulden (§ 9 StVG) macht die Konstellation des Sicherungseigentums gerade für Klausuren im Zweiten Staatsexamen besonders interessant.

16.08.2017/23 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2017-08-16 10:00:052017-08-16 10:00:05BGH: Wichtiges zur Betriebsgefahr bei sicherungsübereignetem PKW

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