BGH: Schutzpflichten eines Waschanlagenbetreibers bei Autounfall
Mit Urteil vom heutigen Tag hat der VII. Zivilsenat zum Umfang der Schutzpflichten eines Waschanlagenbetreibers für einen Autounfall, der sich in seiner Waschanlage durch das Fehlverhalten eines Nutzers ereignet hat, Stellung genommen. Da sich die Entscheidung gut in andere Problemfelder einbetten lässt und daher neben ihrer grundsätzlichen Bedeutung auch für Prüfungen relevant sein kann, lohnt sich ein Blick auf die wesentlichen Erwägungen des BGH.
I. Sachverhalt (der PM Nr. 120/2018 v. 19.08.2018 entnommen, vereinfacht und gekürzt)
A verlangt von der B Schadensersatz in Höhe von 1.223,19 € wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs in einer durch B betriebenen Waschstraße mit einer vollautomatisierten Anlage, durch die die Fahrzeuge während des Waschvorgangs von einem Schleppband mit einer geringen Geschwindigkeit gezogen werden.
A befand sich gerade mit seinem BMW in der besagten Waschstraße, als vor ihm der Fahrer eines Mercedes grundlos die Bremse betätigte, sodass der Mercedes aus dem Schleppband geriet und zum Stehen kam, während der BMW und der dahinter befindliche Hyundai weitergezogen wurden. Hierbei wurde der BMW auf den Mercedes und der Hyundai auf den BMW geschoben.
II. Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 19.08.2018 – VII ZR 251/17)
Fraglich ist, ob A gegen B ein Anspruch auf Schadensersatz in der oben beschriebenen Höhe zusteht. Ein solcher könnte sich aus §§ 280 I, 241 II BGB ergeben.
Bei dem Reinigungsvertrag über das Auto in der Waschstraße handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand nun aber die Frage, ob der Waschanlagenbetreiber eine Pflicht gegenüber seinen Kunden verletzt hat. Insoweit stellte der BGH klar:
„Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs besteht die Schutzpflicht des Betreibers der Waschstraße, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren.“
Gleichwohl betonte der BGH, dass der Waschanlagenbetreiber im Rahmen seiner Schutzpflicht nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugen könne – nur erforderliche und zumutbare Vorkehrungen müssen demnach getroffen werden. Dabei arbeitet der Senat die folgenden Kriterien heraus, die als Maßstab zur Beurteilung der Zumutbarkeit dienen können:
„Die Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen bestimmt sich dabei unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen und der Höhe des Kostenaufwands, der mit den Sicherungsvorkehrungen einhergeht.“
Nach diesen Maßstäben seien technische Sicherungsvorkehrungen nicht branchenüblich, weshalb das Auffahren bei einem Bremsvorgang eines Kunden nicht verhindert werden müsse, zumal eine hypothetisch hinzugedachte Überwachung der Mitarbeiter, die das Schleppband kontrollieren, datenschutzrechtlich hoch problematisch und wohl auch persönlichkeitsrechtlich unverhältnismäßig wäre. Gleichwohl müssen die allgemeinen Regeln der Technik beachtet werden, um Zusammenstöße möglichst zu vermeiden.
Allerdings betont der BGH, dass „zu den gebotenen Sicherungsvorkehrungen […] auch die Erfüllung von Hinweispflichten gehören [kann]. […] Den Betreiber einer Waschstraße trifft deshalb die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren.“
Da die Vorinstanz (das LG Wuppertal, Urt. v. 17.10. 2017 – 16 S 107/15, BeckRS 2017, 147423) hierzu allerdings keine Feststellungen getroffen hatte, wurde die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Von der Erfüllung der besagten Hinweispflichten wird es mithin abhängen, ob der vertragliche Schadensersatzanspruch gegeben ist oder nicht.
III. Summa
Es lässt sich festhalten: Schutzpflichten sind im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Kriterien, die als Anhaltspunkte zur Ermittlung eben dieser Schutzpflichten dienen können, hat der BGH in seiner Entscheidung herausgearbeitet. Diese zu kennen, kann ein unschätzbarer Vorteil sein, da sich mit ihnen auch andere – möglicherweise schwieriger ausgestaltete – Sachverhaltskonstellationen meistern lassen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist es bei Verletzung der hier angenommenen Hinweispflichten auch denkbar, dass ein Waschanlagenbeitreiber für das Fehlverhalten eines Kunden gegenüber einem anderen Kunden haftet, soweit daraus ein Schaden entsteht.
In einer Waschstraße in andere schädigender Weise zu bremsen, kann grundsätzlich schuldhaft gegenüber anderen und dem Betreiber sein. Soweit nicht entschuldbar kann dies Geschädigten entgegenhaltbar sein. Bei mangelnder Entschuldbarkeit kann ein Anspruch gegen einen Schädiger möglich bleiben. Dass man in einer Waschstraßen nicht, ohne Entschuldigung in möglich schädigender Weise bremsen darf, kann, ungeachtet von Hinweisen, grundsätzlich von selbst erkennbar sein. Erwägbar kann noch nur kaum allseits vereinbarte Haftungsübernahme sein.
Sie scheinen den Sachverhalt nicht durchschaut zu haben. Nicht der Geschädigte hatte schuldhaft gebremst, sondern der Schädiger. Dies kann dem Geschädigten aber natürlich nicht entgegengehalten werden.
Ferner hat der Geschädigte nicht den bremsenden Autofahrer, sondern den Waschstraßen-Betreiber verklagt. Abhängig vom Ausgang dieser Klage bemisst sich also möglicherweise auch die Haftung des bremsenden Autofahrers (auch über Mitverschulden natürlich).
Es sollte eine vertragsnahe Mehrpersonenkonstellation zwischen wenigstens drei Personen vorliegen. Da kann es möglich scheinen, einem Geschädigten entgegenhalten zu können, was man einem Schädiger entgegenhalten kann.
Es kann dabei grundsätzlich quotale Haftungsaufteilung zwischen den Beteiligten u.a ebenso hinsichtlich einer grundsätzlichen Betriebsgefahr aufgrund des StVG in Betracht kommen. Geschädigten können selbst mitverantwortlich sein. U.U. kann eine Haftung des Betreibers hinter der Haftung anderer Beteiligter zurückbleiben. Dies kann eventuell Geschädigten vom Betreiber teils entgegenhaltbar sein (s. oben).
Ihre Ausführungen sind wenig bis gar nicht überzeugend. Denn dann müsste man bei dem in der Waschstraße abgestellten Kfz des Geschädigten das Merkmal „bei dem Betrieb eines Kfz“ bejahen, was nach der verkehrstechnischen Auffassung aber gerade nicht der Fall ist, da sich keine betriebsspezifische Gefahr verwirklicht. Überdies differenziert auch das StVG nach Verursachungsbeiträgen, sodass es hier zu einer Ausnahme des Geschädigten von der Haftung kommen dürfte. Wenn zwei reine Betriebsgefahren aufeinandertreffen, kommt es zu einer Quotelung, nicht aber, wenn alleiniges Verschulden vorliegt.
EIne flüchtige Recherche ergab, dass ein Erfordernis „beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ nicht so einfach klar verneinbar scheint. Insbesondere soll dafür grundsätzlich nicht erforderlich sein, dass sich gerade eine spezifische Gefahr beim Betrieb (etwa iSv. beim Fahren) verwirklicht haben muss. Eine klare Ablehnung hiervon scheint damit noch sicherer Begründung zu bedürfen. Eine grundsätzliche Betriebsgefahrhaftung kann eventuell nur bei einem unabwendbaren Ereignis voll auszuschließen sein o.ä. Ein solches könnte ebenso noch einer zwingenderen Begründung bedürfen.
Unabhängig davon kann eventuell ein Verschulden (eines Schädigers), welches vom Betreiber Geschädigten als Einwendung entgegenhaltbar bleiben kann, ein eigenen Verschuldensanteil des Betreibers gegenüber Geschädigten überwiegen.
Möglich bleiben kann wenigstens, dass Einwendungen gegen einen Schädiger Geschädigten teilweise entgegenhaltbar sind.