BGH: Wichtiges zur Betriebsgefahr bei sicherungsübereignetem PKW
Mit Urteil vom 7.3.2017 – VI ZR 125/16 hat der BGH eine auf den ersten Blick überraschende Entscheidung zur Zurechnung der Betriebsgefahr im Anwendungsbereich des StVG getroffen. Demnach kann dem Schadensersatzanspruch des nichthaltenden Sicherungseigentümers aus § 7 Abs. 1 StVG die reine Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten Kraftfahrzeugs nicht entgegengehalten werden. Eine in vielerlei Hinsicht spannende Konstellation, die genauerer Betrachtung verdient.
I. Sachverhalt (dem Urteil entnommen)
Der Kläger nimmt nach einem Verkehrsunfall die Beklagten auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Anspruch. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter des an eine Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs. Die den Fahrzeugkredit finanzierende Bank und Sicherungseigentümerin des beschädigten Fahrzeugs (hiernach „Sicherungseigentümerin“) ermächtigte den Kläger, ihre Schadensersatzansprüche aus dem Unfallgeschehen gegen die Beklagten im eigenen Namen geltend zu machen. Der Kläger begehrte in gewillkürter Prozessstandschaft Ersatz restlicher Reparaturkosten, der Wertminderung des Fahrzeugs und vorgerichtlicher Sachverständigenkosten sowie aus eigenem Recht Ersatz des Nutzungsausfalls und einer allgemeinen Kostenpauschale. Der Hergang des Unfalls ließ sich nicht aufklären, ein Verschulden der jeweiligen Fahrzeugführer ebenso wenig feststellen.
II. Rechtliche Würdigung
Die grundsätzliche Haftung der Beklagten als Halter bzw. als Haftpflichtversicherung aus § 7 Abs. 1 StVG sowie § 115 VVG war zwischen den Parteien unstreitig. Fraglich war hingegen deren quotale Höhe: Diese hing davon ab, ob die das (Sicherungs-)Eigentum am beschädigten PKW innehabende Bank sich die Betriebsgefahr des PKW anrechnen bzw. das Verschulden des Halters zurechnen lassen muss. Ohne Normanknüpfung könnte man zunächst denken: Natürlich! Schließlich geht von dem PKW, der im Eigentum der Beklagten steht, die Betriebsgefahr aus. Anders wertet jedoch das StVG in §§ 17, 7 StVG. Danach wird die Betriebsgefahr gerade nur zwischen den Haltern berücksichtigt, wobei das Eigentum keine Rolle spielt. Schließlich sind Haltereigenschaft und Eigentum gerade nicht das gleiche!
Eine direkte Anwendung von § 17 Abs. 1, 2 StVG muss damit ausscheiden. Auch einer analogen Anwendung erteilt der BGH eine Absage:
Eine Erstreckung des Normanwendungsbereichs auf den nicht haltenden Sicherungseigentümer ist abzulehnen, insbesondere nachdem der Gesetzgeber durch die Änderung des § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG mit dem 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I, S. 2674) zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich der Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung bewusst war (BT-Drucks 14/8780, S. 22 f.), und eine über § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG hinausgehende Änderung nicht vorgenommen hat. Eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Auch ist der Wortlaut der Vorschrift insoweit eindeutig.
Übrig bleibt damit nur ein Mitverschulden nach § 9 StVG iVm. § 254 BGB. Danach findet § 254 BGB im Fall der Beschädigung einer Sache mit der Maßgabe Anwendung, dass das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht. Folglich müsste ein Verschulden des Fahrzeugführers festgestellt werden, dass dann dem Sicherungseigentümer zugerechnet werden könnte. Dies war jedoch gerade nicht der Fall, der Unfallhergang war letztlich unaufklärbar.
Auch kommt eine Zurechnung gem. § 278 BGB mangels Bestehens einer Sonderverbindung zwischen der Sicherungseigentümerin und den Bekl. nicht in Betracht. § 278 BGB setzte schließlich voraus, dass im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits eine pflichtenbegründende Rechtsbeziehung vorlag – hier hätte sie ohnehin erst durch den Unfall selbst entstehen können.
Wir sehen: Ein in mehrerer Hinsicht schöner Fall. Insbesondere die differenzierte Betrachtung von Zurechnung der Betriebsgefahr auf der einen Seite (§ 17 StVG) und eigenem oder zugerechnetem Mitverschulden (§ 9 StVG) macht die Konstellation des Sicherungseigentums gerade für Klausuren im Zweiten Staatsexamen besonders interessant.
Kann eventuell noch entsprechend der Figur einer „gestörten Gesamtschuld“ eine (neue) Figur wie eine „gestörte Gesamtgläubigerschaft“ mit erwägbar in Betracht kommen?
Man braucht nicht über eine gestörte Gesamtgläubigerschaft nachzudenken, wenn hier ein Fall des Klassikers der Gesamtschuld vorliegt.
Immerhin wird man hier an §§ 280 I iVm. einem zugrundliegenden Schuldverhältnis zwischen Sicherungseigentümerin und Sicherungsgeber (etwa aus Sicherungsvertrag oder anderer Sonderverbindung) denken müssen und an ein wegen der Unaufklärbarkeit der Umstände misslingendes Exkulpationsvorbringen des Sicherungsgebers, § 280 I 2 BGB. Die Pflichtverletzung dürfte nämlich allein in der Beschädigung des KfZ liegen (Obhutspflicht resp. „Vermögensbetreuungspflicht“ der Sicherungsgeberin [und unmittelbaren Besitzerin] im Hinblick auf den PKW). Somit wäre § 426 I, II, 421 BGB auf Seiten der Beklagten eigentlich die Konsequenz. Somit dürfte die Beklagte gem. § 426 II BGB auch gerade diese Ersatzansprüche verfolgen können, womit eine prozessuale Lage äquivalent zu der von Sicherungseigentümerin ./. Sicherungsgeber folgen sollte. Hier könnte man, bei entsprechenden Feststellungen von Haftungsprivilegien zw. Sicherungseigentümerin und Sicherungsgeber etc., sich mit üblichen Problemen einer möglicherweise gestörten Gesamtschuld auseinandersetzen.
Natürlich wäre es auch denkbar, im Rahmen des § 421 BGB eine Gleichstufigkeit abzulehnen und eine bloße Subsidiarität der Haftung der Sicherungsnehmerin anzunehmen, etwa mit dem Argument, dass die Haftung des (hier) Beklagten gem. § 7 I StVG eine gegenüber jedermann wirkende Gefährungshaftung begründet, während § 280 I zw. Sicherungseigentümerin und Sicherungsgeber bloße subsidiäre Innenhaftung darstellt. In diesem Falle müsste man (in einem hypothetischen Prozess der Sicherungseigentümerin ./. Sicherungsgeberin auf vollständigen Ersatz) der Sicherungsgeberin §§ 255 BGB, 7 I StVG, § 398 BGB zur Seite stellen, weshalb die Sichehrungsgeberin sich dann auch dabei schadlos halten könnte.
Bitte nochmal die zugrundeliegend gemeinte Konstellation verdeutlichen: wenn der Schädiger Sicherungsgeber sein sollte, soll doch ein Verschulden als grundsätzliche Haftungsvoraussetzung von diesem gerade nicht feststehen können. Wieso sollte hier zudem eine Sicherungseigentümerin gegenüber dem Kläger haften? Es soll doch gerade um abgertetenes Recht der Sicherungseigentümerin gehen. Eine angeführte Konstellation von Gesamtschuld kann damit noch weiter klärungsbedürftig scheinen.
Konstellation ist folgende:
A. Hier zugrundeliegend:
Sicherungsnehmerin und Eigentümerin (SN) ./. Dritten (§ 7 I StVG) (+)
B. SN ./. Sicherungsgeber und Halter (SG) (hypothetisch)
Aus §§ 280 I, keine Exkulpation wegen fehlender Feststellbarkeit des Unfallhergangs (Pflichtverletzung durch Beschädigung des Sicherungsguts in eigener Sphäre = 241 II)
wenn Exkulpation (-)
C. Dritter ./. SG
I. §§ 280 I, 426 II BGB (möglicherweise)
II. § 426 I BGB (möglicherweise)
Hier scheint eventuell etwas durcheinander: es soll um einen eingeklagten Schadensersatzanspruch gehen, welchen einzuklagen die Sicherungsnehmerin als Gläubigerin ermächtigt hat. Wie soll die Sicherungsnehmerin dafür zugleich ganz Schuldnerin sein können? Wenn sie dafür zugleich ganz Schuldnerin wäre, kann kein Schadensersatzanspruch bestehen, welchen einzuklagen die Sicherungsnehmerin ermächtigt haben kann.
Gewillkürte Prozessstandschaft ist komplett derivativ, ist also die Konstellation unter A. Es geht ja um den Anspruch der Sicherungsnehmerin gegen den Dritten.
Also A. Hier zugrundeliegend:
SN und Eigentümerin (verfolgt [als „Klägerin“] durch SG im Rahmen gewillkürter Prozessstandschaft) ./. Dritter:
Sicherungsnehmerin und Eigentümerin (SN) ./. Dritten (§ 7 I StVG) (+)
Ob der Dritte gg. SG Ansprüche hat, bleibt außen vor. Der SG kann ebenso auch Schuldnerin eines SE-Anspruchs der SN sein. Das war aber hier nicht Streitfrage, sondern anscheinend allein der Umstand, dass eine Anrechnung der Betriebsgefahr erfolgte, so wie es noch die erste Instanz annahm.
Sicherungsgeberin und Dritter sollen anscheinend (Gesamt-?)Schuldner der Sicherungsnehmerin sein. Zudem soll der Sicherungsgeber ermächtigt sein, den Anspruch der Sicherungsnhmerin gegen den Dritten einzuklagen. Der Sicherungsgeber scheint also dabei zugleich einerseits Schuldner, wie auch Gläubiger des Anspruches sein zu können. In solcher Konstellation eines Zusammenfallens von Gläubiger und Schuldner soll eine Gesamtschuld eventuell entfallen können.
Der Sicherungsgeber könnte einen Anspruch der Sicherungsnehmerin damit nicht einklagen.
Es scheint doch eher eventuell um quotenmäßige Haftungsanteile zu gehen, um welche die Haftung des Dritten eine Haftung des Sicherungsgebers übersteigt. Der Sicherungsgeber schiene dabei kaum zugleich (Gesamt-)Schuldner sein zu können?
Also bei Prozessstandschaft ist Gläubiger nicht der SG, sondern bleibt die SN, die SN behält die Forderungszuständigkeit. Es besteht meines Wissens nur ein Auftragsverhältnis (§§ 662, 675), wobei die Titulierung des Anspruchs „zugunsten“ der „einziehenden“ Partei den Schuldner zwar befreit (§§ 362 II, 185 BGB), eine Gläubierstellung aber nicht besteht. Der Dritte iSd § 362 II BGB ist nicht Gläubiger.
Bei einer Gesamtschuldnerstellung kann dann hier der Dritte auch wenig gegen die Verfolgung des Anspruchs durch den SG, der nicht Gläubiger ist, tun. Der SG macht ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend. Dem Dritten dürfte dann, bei fehlenden Einwendungen gegen den (eigentlich der SN zustehenden) Anspruch, auch kein ANchteil aus der fremden Prozessführung erwachsen.
Korrektur: SN bleibt ForderungsINHABERIN (§§ 398, 145 (-))
Pardon, Prozessstandschaft war nicht richtig realisiert.
Ernstgemeinte Frage wegen mangelnder Literatureinsichtsmöglichkeit: gibt es Nachweise dafür, dass, wer ermächtigt ist, eine Forderung im eigenen Namen einzuziehen, kein Gläubiger sein kann?
Es kann doch unklar sein, wie es ist, wenn man als Gesamtschuldner vom ursprünglichen Gläubiger ermächtigt sein soll, die Forderung vollständig gegenüber den anderen Gesamtschuldner einzuziehen. Man ist hier ermächtigt etwas einzuziehen, was man gleichzieitg grundsätzlich voll selbst schuldet. M.E. kann hier nur ein durchsetzbarer Anspruch bestehen, soweit die Haftung des anderen die eigenen Haftung im Gesamtschuldverhältnis übersteigt. Abweichendes kann treuwidrig sein. Der SG könnte vorliegend nicht gegenüber der SN als Gesamtschuldner haften, soweit eine quotale Haftung des Dritten eine Haftung des SG gegenüber der SN übersteigt.
A. Inkassozession
„Die Inkassozession dient dazu, dem Zessionar die Rechtsmacht zur Geltendmachung der Forderung zu verschaffen. Von der bloßen Einziehungsermächtigung (→ Rn. 91) unterscheidet sie sich dadurch, dass der Zessionar die volle Gläubigerstellung im Außenverhältnis erlangt (Vollabtretung) (BGHZ 25, 360 [367] = NJW 1958, 18; RGRK/Weber Rn. 144 mwN).“
(BeckOK BGB/Rohe BGB § 398 Rn. 86-90, beck-online)
B. Einziehungsermächtigung und gewillkürte Proezssstandschaft
„Weniger weit als die Inkassozession (→ Rn. 86) reicht die Einziehungsermächtigung (vgl. zur Abgrenzung → Rn. 90). Sie ist ein von der Forderung abgespaltenes Gläubiger(teil-)recht, das den Ermächtigten legitimiert, Leistung an sich selbst zu verlangen (BGHZ 125, 196 [205] = NJW 1994, 2549; BGH NJW 1999, 2110 [2111] mwN). Der Ermächtigte macht also eine fremde Forderung im eigenen Namen geltend (BGH NJW 1999, 2110 [2111]). Dem Ermächtigten stehen nur die Befugnisse zu, welche zur Einziehung der Forderung notwendig sind. Hierin ist idR die Befugnis eingeschlossen, alle Erklärungen abzugeben, welche iRd Geltendmachung der Forderung erforderlich werden (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 752; Palandt/Grüneberg Rn. 34). […] Der Ermächtigte kann die Forderung im Wege gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen. Zu solcher Ermächtigung bei der stillen Sicherungsabtretung → Rn. 83 (BGH NJW 1999, 2110 [2111]). Sie setzt nach allgemeinen Regeln ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters voraus (vgl. nur Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 50 Rn. 44, 52 mwN zur stRspr). Ein Provisionsinteresse kann ausreichen (BGH NJW 1988, 1210; Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 50 Rn. 52 mwN auch zur aA). Kein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die Prozessstandschaft nur dazu dienen soll, Prozesskosten zu vermeiden oder die prozessuale Stellung des Ermächtigenden zu verbessern (BGHZ 96, 151; OLG Karlsruhe WM 1991, 276; Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 50 Rn. 50; zur Abgrenzung BGH NJW 1995, 3186). Das im Wege zulässiger Prozessstandschaft erstrittene Urteil entfaltet Rechtskraft für und gegen den Ermächtigenden (BGH NJW 1993, 3073; Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 50 Rn. 54). 95 IÜ verbleiben die Rechte beim bisherigen Gläubiger (statt aller MüKoBGB/Roth/Kieninger Rn. 41). Der Ermächtigte kann also die Forderung anders als der Inkassozessionar nicht abtreten. Der Schuldner kann nach wie vor alle Rechte/Einwendungen gegen den Ermächtigenden/Gläubiger geltend machen. So kann er ohne die Beschränkung des § 406 mit Forderungen gegen den Ermächtigenden aufrechnen. Dagegen ist keine Aufrechnung mit Forderungen gegen den Ermächtigten zulässig (Palandt/Grüneberg Rn. 35). Ebenso wenig kann sich der Schuldner gegenüber dem Ermächtigenden auf seine Rechtsbeziehungen mit dem Ermächtigten berufen (OLG Bd. 23 S. 19 am Beispiel der Aufrechnung mit einer Forderung gegen den Ermächtigten). Auf die Ermächtigung betreffende Einwendungen aus dem Innenverhältnis zwischen Ermächtigendem und Ermächtigtem kann sich auch der Schuldner stützen (RGZ 53, 416 [419]; MüKoBGB/Roth/Kieninger Rn. 48).
(BeckOK BGB/Rohe BGB § 398 Rn. 91-98, beck-online)Weniger weit als die Inkassozession (→ Rn. 86) reicht die Einziehungsermächtigung (vgl. zur Abgrenzung → Rn. 90). Sie ist ein von der Forderung abgespaltenes Gläubiger(teil-)recht, das den Ermächtigten legitimiert, Leistung an sich selbst zu verlangen (BGHZ 125, 196 [205] = NJW 1994, 2549; BGH NJW 1999, 2110 [2111] mwN). Der Ermächtigte macht also eine fremde Forderung im eigenen Namen geltend (BGH NJW 1999, 2110 [2111]). Dem Ermächtigten stehen nur die Befugnisse zu, welche zur Einziehung der Forderung notwendig sind. Hierin ist idR die Befugnis eingeschlossen, alle Erklärungen abzugeben, welche iRd Geltendmachung der Forderung erforderlich werden (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 752; Palandt/Grüneberg Rn. 34). Der Ermächtigte kann die Forderung im Wege gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen. […] Sie setzt nach allgemeinen Regeln ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters voraus (vgl. nur Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 50 Rn. 44, 52 mwN zur stRspr). […] Kein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die Prozessstandschaft nur dazu dienen soll, Prozesskosten zu vermeiden oder die prozessuale Stellung des Ermächtigenden zu verbessern (BGHZ 96, 151; OLG Karlsruhe WM 1991, 276; Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 50 Rn. 50; zur Abgrenzung BGH NJW 1995, 3186). Das im Wege zulässiger Prozessstandschaft erstrittene Urteil entfaltet Rechtskraft für und gegen den Ermächtigenden (BGH NJW 1993, 3073; Zöller/Vollkommer ZPO Vor § 50 Rn. 54). 95 IÜ verbleiben die Rechte beim bisherigen Gläubiger (statt aller MüKoBGB/Roth/Kieninger Rn. 41). Der Ermächtigte kann also die Forderung anders als der Inkassozessionar nicht abtreten. Der Schuldner kann nach wie vor alle Rechte/Einwendungen gegen den Ermächtigenden/Gläubiger geltend machen. So kann er ohne die Beschränkung des § 406 mit Forderungen gegen den Ermächtigenden aufrechnen. “
[…]
„Dagegen ist keine Aufrechnung mit Forderungen gegen den Ermächtigten zulässig (Palandt/Grüneberg Rn. 35). Ebenso wenig kann sich der Schuldner gegenüber dem Ermächtigenden auf seine Rechtsbeziehungen mit dem Ermächtigten berufen (OLG Bd. 23 S. 19 am Beispiel der Aufrechnung mit einer Forderung gegen den Ermächtigten). Auf die Ermächtigung betreffende Einwendungen aus dem Innenverhältnis zwischen Ermächtigendem und Ermächtigtem kann sich auch der Schuldner stützen (RGZ 53, 416 [419]; MüKoBGB/Roth/Kieninger Rn. 48). “
(BeckOK BGB/Rohe BGB § 398 Rn. 91-98, beck-online)
C. „Ob eine Inkassozession oder eine Einziehungsermächtigung vorliegt, ist eine Frage der Auslegung. Maßgeblich sind vor allem zwei Gesichtspunkte: Zum einen ist zu prüfen, ob der Berechtigte im Außenverhältnis die volle Gläubigerstellung mit bloßer Innenbindung (→ Rn. 86 zum Widerruf; → Rn. 87 zur fiduziarischen Abtretung) erhalten soll oder nicht (BGH WM 1985, 613 [614]). Zum anderen ist bedeutsam, ob der Berechtigte die Forderung als Vollrechtsinhaber (bei Inkassozession) (BGH NJW 1980, 991) oder nur in gewillkürter Prozessstandschaft (bei Einziehungsermächtigung; → Rn. 94) soll geltend machen können (Palandt/Grüneberg Rn. 30 mwN).“
(BeckOK BGB/Rohe BGB § 398 Rn. 86-90, beck-online)
Aber wieso soll denn die Sicherungseigentuemerin gegen den Sicherungsgeber einen Anspruch aus 280 bzw. 823 haben?
Klar, eine Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutsverletzung liegt vor. Das Verschulden wird zumindest bei 280 vermutet.
Allerdings fehlt es meiner Meinung nach am Schaden. Die Sicherungsabrede fuehrt dazu, dass der PKW zurueckgegeben werden muss, wenn der Sicherungszweck weggefallen ist. Dies ist nicht moeglich, da der PKW beschaedigt bzw. untergegangen ist. Somit muesste die Sicherungsnehmerinn eigentlich dem Sicherungsgeber Schadensersatz leisten, was wiederum den Schaden der Sicherungsnehmerin darstellen wuerde. Da die Sicherungsnehmerin allerdings kein Verschulden gegenueber dem Sicherungsgegner trifft, ist sie nicht zum Ersatz eines Schadens wegen Verschlechterung der Sicherungssache verpflichtet. Damit entfaellt dann auch ein eigener Schaden der Sicherungsnehmerin.
Damit besteht auch keine Gesamtschuld zwischen Sicherungsgeber und Drittem.
Lediglich bei Eintritt des Sicherungsfalls besteht ein Schaden der Sicherungsnehmerin, da sie dann nicht den Sicherungswert realisieren kann. Das ist hier aber noch offen, weshalb momentan noch kein Schaden anzunehmen ist.
Nach den Ueberlegungen waere sogar fraglich, ob ein Schaden des Sicherungsnehmers gegenueber dem Dritten besteht, da dieser ja nur im Sicherungsfall einen Verlust hat.
Waere es dann in der Ausgangsentscheidung nicht sogar korrekt gewesen, wenn der Sicherungsgeber seinen Schaden ueber die Verletzung seines Anwartschaftsrecht auf Rueckuebereignung gesucht haette?
Als Schaden kann etwa noch ein „Entsicherungswert“ in Betracht kommen.
Ja, aber wie ist der den bezifferbar?
Etwa in Höhe eines Minderwertes?
Nein, weil wenn der Sicherungsfall nicht eintritt, ist die Wertminderung egal
Es geht die Sicherheit in Höhe des Minderwertes verloren, d.h. also der Wert der sicherungsabrede in entsprechender Höhe.
Die Sicherungsabrede ist Bedinung für die abgesicherte Vereinbarung. Im Falle des Unterganges der bedinung, d.h. der Sicherungsabrede, geht der rechtsgrund für die in der abgesicherten vereinbarung ausgetrauschten leistungen unter. Der hierbei ausgetauschte Negativsaldo kann noch Schaden sein.
Man kann Dinge stets solange verkomplizierend, sich im Kreise drehend durcheinander werfen, bis kein Schaden mehr klar feststellbar ist.
Es kann kaum sein, dass Sicherungsgut stets zur Beschädigung freigegeben ist, weil bei Beschädigung, was den Begriff Schaden enthält, kein Schaden möglich sein kann.
Also: Der Schaden liegt schlichtweg in der Substanzbeeinträchtigung des Eigentums (§ 249 I, 903 BGB). Auch Sicherungseigentum ist Teil des aktiven Vermögens. Eine Anrechung des gesicherten Anspruchs im Rahmen der Vorteilsausgleichung dürfte nicht möglich sein.
i.Ü. ist nicht klar, ob hier ein Anwartsschaftsrecht des SG überhaupt vorliegt. Dann müsste die Sicherungsübereignung auflösend bedingt sein und dürfte der Vertrag nicht lediglich einen Rückübereignungsanspruch vorsehen (aus ergänzender oder einfach interessengerechter Vertragsauslegung, §§ 133, 157 BGB, oder auch kraft ausdrücklicher Abrede). Wie die Praxis das mittlerweile macht und welche Konstellation hier zugrunde liegt, bleibt Spekulation.
Im Ergebnis dürfte es zumindest kaum ein haltbares Ergebnis sein, dass Banken „ihre Autos“ herumfahren lassen mit wirtschaftlichem Vorteil ihrer Kunden, die Halter sind, und eine Betriebsgefahr keiner der beiden Parteien ins Vermögen schlägt.
Die SN darf Ersatzansprüche evtl. nur im Sicherungsfall behalten und durchsetzen. Damit kann Gesamtschuld u.U. nur soweit möglich bleiben.
So viel vom BGH zum Thema Schaden der SG und des SN:
1. Es besteht tatsächlich ein Anwartschaftsrecht
2. „…Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn man mit den Vorinstanzen und den Parteien von einem dinglichen Anwartschaftsrecht des Kl. bezogen auf das Eigentum an dem unfallbeteiligten Kraftfahrzeug ausgeht. Etwaige eigene Schadensersatzansprüche des Kl. [SG] wegen der Verletzung seines Anwartschaftsrechts oder der Beschädigung des Sicherungsguts stehen im Streitfall seiner Geltendmachung der Rechte der Sicherungseigentümerin [SN] nicht entgegen. Auf solche eigenen Rechte stützt der Kl. seine Klage nämlich nicht, sondern lediglich auf die der Sicherungseigentümerin. Das Sicherungseigentum ist echtes Eigentum iSv § 823 I BGB (vgl. Senat, BGHZ 118, 201 [205] = NJW 1992, 2014), also Volleigentum (vgl. BeckOGK/Klinck, 1.12.2016, § 930 BGB Rn. 194; MüKoBGB/Oechsler, 7. Aufl., Anh. §§ 929–936 Rn. 40). Der Sicherungseigentümer hat bei Beschädigung des Sicherungsgutes grundsätzlich Schadensersatzansprüche aus § 823 I BGB und aus § 7 StVG. Mit der Ermächtigung des Sicherungsgebers durch die Sicherungseigentümerin ist im Streitfall gewährleistet, dass der Substanzschaden in einer Hand geltend gemacht wird. Damit wird zugleich einer doppelten Geltendmachung der Ansprüche vorgebeugt. Der Schädiger könnte einer weiteren Klage der Sicherungseigentümerin den Einwand der Rechtskraft (BGHZ 123, 132 [135 f.] = NJW 1993, 3072; NJW-RR 1986, 158 = WM 1985, 1324 [unter I 3]; NJW-RR 1988, 126 [127]) und einer Klage des anwartschaftsberechtigten Sicherungsgebers aus eigenem Recht jedenfalls den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten.
(NJW 2017, 2352, beck-online)“
Wann wird das Verschulden des Fahrzeugführers dem Sicherungseigentümer iRv § 9 StVG iVm § 254 BGB zugerechnet?
In der Klausur Nr.3 Herbst 2019 (Ba-Wü) wurde ein Verschulden des Sicherungsgebers = Halters bejaht und dennoch dem Eigentümer nicht zugerechnet. Bei dem Wiederbeschaffungsaufwand wurde einfach die Zurechnung verneint und Quotelung abgelehnt. Als Argument steht in der Lösungsskizze „weil die Bank kein eigenes Verschulden trifft“.
Komisch finde ich auch, dass die Sachverständigenkosten der Haftungsquote entsprechend berechnet wurde. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Schaden des Sicherungseigentümers.