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Schlagwortarchiv für: Arbeitsrecht

Moritz Augel

Was das AGG mit sexueller Belästigung zu tun hat

Aktuelles, Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Eine Studie der deutschen Antidiskriminierungsstelle des Bundes “Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz” aus dem Jahr 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass etwa die Hälfte der Befragten schon einmal sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ausgesetzt war. Ein erschreckender Befund, doch was genau hat das AGG damit zu tun? Dieser Frage widmet sich unser Gastautor Moritz Augel. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hat gem. § 1 AGG das Ziel Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Zahlreiche Phänomene, in denen das AGG thematisiert wird, wie etwa die Ablehnung der Einstellung von Menschen mit Behinderung, die Kündigung einer Muslima, weil sie ein Kopftuch trägt, oder Altershöchstgrenzen für den Berufseinstieg, etwa bei der Feuerwehr, sind vielen bekannt. Wohl die wenigsten jedoch assoziieren das AGG mit sexuellen Belästigungen.

Ein Fall der sexuellen Belästigung im Rahmen einer Betriebsfeier, über den kürzlich das Arbeitsgericht Siegburg (Urt. v. 24.7.2024 – 3 Ca 387/24) zu entscheiden hatte, gibt Anlass einen Blick auf § 3 Abs. 4 AGG zu werfen.

I. Tatbestand des § 3 Abs. 4 AGG:

§ 3 Abs. 4 AGG:

Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

Sexuelle Belästigung kann viele Formen haben und das AGG erfasst diese Weite: Sowohl körperliche Berührungen – etwa Streicheln, Tätscheln oder Küssen – als auch verbale Belästigungen – etwa in Form von zweideutigen Kommentaren, anzüglichen Bemerkungen oder gar Aufforderungen zu sexuellen Handlungen – stellen eine sexuelle Belästigung dar. Auch non-verbale Belästigungen in Form von anzüglichen Blicken, Gesten oder Hinterherpfeifen sind vom Tatbestand erfasst (vgl. Blattner, DB 2019, 487 (488)).

Stets muss ein „sexuell bestimmtes Verhalten“ vorliegen. Das bedeutet, dass ein Sexualbezug gegeben sein muss, also das Geschlechtliche des Menschen in den Vordergrund gestellt wird, wobei ein großzügiger Maßstab anzulegen ist. Der Gesetzgeber hat insoweit in Betracht kommende Tatbestandsalternativen beispielhaft (mithin nicht abschließend) aufgezählt (Horcher, BeckOK BGB, § 3 AGG, Rn. 71).

Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit erfordert nicht, dass die Betroffenen ihre ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen aktiv verdeutlicht haben. Vielmehr genügt es, wenn die Unerwünschtheit objektiv erkennbar war (vgl. BAG, Urt. v. 9.6.2011 – 2 AZR 323/10). Auch erfordert das „Bewirken“ kein vorsätzliches Handeln. Es genügt der bloße Eintritt der Belästigung (BAG, Urt. v. 9. 6. 2011 − 2 AZR 323/10).

Wesentlicher Unterschied zur „einfachen Belästigung“ in § 3 Abs. 3 AGG ist, dass das von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnete Umfeld nicht Voraussetzung, sondern lediglich unwiderlegbares Indiz einer die Würde verletzenden Verhaltensweise ist, so dass eine einmalige Handlung den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen kann (vgl. BAG Urt. v. 20.5.2021 – 2 AZR 596/20).

II. Pflichten des Arbeitgebers:

1. Vorbeugende Maßnahmen

Der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten vor Benachteiligungen und sexuellen Belästigungen schützen. Dies ergibt sich nicht nur aus § 12 Abs. 1 AGG iVm § 3 Abs. 4 AGG, sondern folgt bereits aus den allgemeinen Schutz- und Fürsorgepflichten, die jeden Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrags treffen (Benkert, NJW-Spezial 2018, 690 (690)). Die allgemeinen Schutz- und Fürsorgepflichten gelten jedoch auch gegenüber der beschuldigten Person, sodass es keine Vorverurteilung geben darf (Benkert, NJW-Spezial 2018, 690 (690)).

Allerdings fordert § 12 Abs. 1 AGG, dass der Arbeitgeber organisatorisch darauf hinwirkt, dass solche Belästigungen unterbleiben. Kommt es gleichwohl zu einer sexuellen Belästigung, muss sich der Arbeitgeber die Frage gefallen lassen, ob seine bisherigen Maßnahmen ausreichend waren. Insbesondere dann, wenn es bereits in der Vergangenheit zu ähnlichen Vorfällen gekommen ist. Eine nicht pflichtgemäße Reaktion kann dazu führen, dass er sich gegebenenfalls selbst schadensersatzpflichtig macht (§ 15 AGG) (vgl. Benkert, NJW-Spezial 2018, 690 (690)).

2. Maßnahmen im Falle eines Verstoßes

Der Arbeitgeber hat im Falle eines Verstoßes die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung zu ergreifen. Ausdrücklich nennt das Gericht auch die Möglichkeit der Kündigung (§ 12 Abs. 3 AGG). Wie sich aus der vollständigen Aufzählung: „Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung“ ergibt, gilt jedoch auch hier das Ultima-ratio Prinzip (vgl. Benkert, NJW-Spezial 2018, 690 (690)).

III. Rechtsfolgen einer sexuellen Belästigung:

Eine sexuelle Belästigung iSv § 3 Abs. 4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar. Sie ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv § 626 Abs. 1 BGB geeignet und kann damit eine fristlose Kündigung begründen (vgl. BAG, Urt. v. 29.6.2017 – 2 AZR 302/16).

Wiederholung: Schema des § 626 Abs. 1 BGB.

Folgerichtig führte daher der Klaps auf den Po, sowie das Festhalten einer Kollegin gegen ihren erkennbaren Willen, trotz vorheriger Abmahnung wegen unflätigen Verhaltens, in dem eingangs geschilderten Fall des Arbeitsgericht Siegburg zur fristlosen Kündigung, die erstinstanzlich für rechtmäßig erklärt wurde.

Dies gilt im Übrigen auch, wenn die sexuelle Belästigung außerhalb der Arbeitszeit erfolgt, sofern dies negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat (LAG Niedersachsen, Urt. v. 28.2.2024 – 2 Sa 375/23) (vertiefend zum Erfordernis des Bezugs zum Beschäftigungsverhältnis: Horcher, BeckOK BGB, § 3 AGG, Rn. 74). Ebenfalls kann bereits der Verdacht einer erheblichen sexuellen Belästigung unter den allgemeinen Voraussetzungen einer Verdachtskündigung eine Entlassung rechtfertigen (BAG Urt. v. 26.9.2013 – 8 AZR 1026/12).

Jedoch sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bei erstmaligen und einmaligen Entgleisungen ist auch der Ausspruch einer Abmahnung in Betracht zu ziehen (BAG, Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 651/13). Hingegen bedarf es einer solchen Abmahnung nicht, wenn das Verhalten besonders schwer wiegt, etwa weil es gegenüber einer hierarchisch nachgeordneten Mitarbeiterin erfolgt und es wiederholt zu Vorfällen dieser Art kam (LAG Köln, Urt. v. 2.3.2018 – 6 Sa 952/17).

05.09.2024/1 Kommentar/von Moritz Augel
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Moritz Augel https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Moritz Augel2024-09-05 08:00:002024-10-11 06:55:46Was das AGG mit sexueller Belästigung zu tun hat
Gastautor

Der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Aktuelles, Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Startseite, Zivilrecht

Ein arbeitsrechtlicher Klassiker für die Examensvorbereitung: Wann hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung, obwohl er nicht gearbeitet hat? Dieser Frage geht Tyrrell Blum in einem Gastbeitrag nach. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sowie Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei „ARQIS“.

A. Einleitung

Auch im ersten Staatsexamen ist das Arbeitsrecht aufgrund der engen Verknüpfung mit dem Schuldrecht als Prüfungsgegenstand äußerst relevant. Die Haftung im Arbeitsverhältnis (Stichwort: Innerbetrieblicher Schadensausgleich) und die Kündigung des Arbeitnehmers nehmen hierbei eine prominente Stellung ein. Geprägt wird der arbeitsrechtliche Pflichtfachstoff jedoch auch durch den Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ und die dazugehörigen Ausnahmen. Dieser soll im folgenden Beitrag mit Schwerpunktsetzung auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall näher dargestellt werden.

B. Der Grundsatz und dessen rechtliche Einordnung

Bevor eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalls erfolgt, müssen zunächst der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ sowie dessen zahlreichen Ausnahmen näher beleuchtet werden. Im Anschluss gilt es sodann, diese Ausnahmen rechtlich einzuordnen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den Entgeltfortzahlungsanspruch gelegt wird.

I. „Ohne Arbeit kein Lohn“: Kein Grundsatz ohne Ausnahmen

Der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ ist für sich genommen keine arbeitsrechtliche Besonderheit, sondern schlichtweg eine konsequente Anwendung der schuldrechtlichen Regelungen. Das Leistungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist synallagmatischer Natur uns wird maßgeblich durch § 611a BGB bestimmt.  Die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers besteht gem. § 611a Abs. 1 S. 1 BGB in der Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit, während die des Arbeitgebers gem. § 611a Abs. 2 BGB in der Zahlung der vereinbarten Vergütung besteht. Kommt der Arbeitnehmer seiner Arbeit nach, entsteht sein Lohnanspruch nach § 611a Abs. 2 BGB. Denn er (der Arbeitnehmer) ist gem. § 614 BGB vorleistungspflichtig.

(Rechtlich) interessant wird es immer dann, wenn der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat: Bei der Arbeitsleistung handelt es sich nämlich um eine absolute Fixschuld, sodass im Falle der Nichtleistung Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB eintritt. Dies hat gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zur Folge, dass der Anspruch auf die Gegenleistung – in diesem Falle also der Anspruch auf den Lohn – untergeht (siehe hierzu Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 249).

Doch gilt dies im Arbeitsrecht, wie auch sonst, nicht absolut: In bestimmten Fällen besteht auch ohne eine erbrachte Arbeitsleistung ein Anspruch des Arbeitnehmers auf seinen Lohn („Lohn ohne Arbeit“). Diese Fälle stellen eine Ausnahme von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Derartige Ausnahmen sind auch aus dem Schuldrecht bekannt (man denke hier etwa an § 326 Abs. 2 BGB), doch kommen im Arbeitsrecht noch weitere hinzu.

Die wichtigsten Ausnahmeregelungen, die es zu beachten gilt, lauten wie folgt:

  • Krankheit des Arbeitnehmers (§ 3 EFZG) und Feiertage (§ 2 EFZG)
  • Annahmeverzug des Arbeitgebers, § 615 S. 1 BGB
  • Betriebsrisiko des Arbeitgebers, § 615 S. 3 BGB
  • Unmöglichkeit ist vom Arbeitgeber zu vertreten, § 326 Abs. 2
  • Mutterschaftsentgelt (§§ 18 ff. MuSchG) und Erholungsurlaub (§ 11 BurlG)
II. Die rechtliche Einordnung der Ausnahmen

Alle oben aufgezählten Fallgruppen stellen grundsätzlich eine Ausnahme von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Sie führen – wie im Falle des § 326 Abs. 1 S. 2 BGB – dazu, dass Satz 1 nicht eingreift und der Anspruch demnach nicht untergeht. Sollte beispielsweise ein Annahmeverzug des Arbeitgebers gem. § 615 S. 1 BGB dazu geführt haben, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht erbringen konnte, stellt dies eine Ausnahme zu § 326 Abs. 1 S. 1 BGB dar und der Vergütungsanspruch bleibt erhalten.

Anders verhält sich dies allein mit Blick auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG. Die rechtliche Einordnung dessen ist umstritten: Teilweise wird hierin ebenfalls eine Ausnahme von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB gesehen (ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, EFZG § 3 Rn. 3; MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 3). Andere sehen hierin eine eigene Anspruchsgrundlage, die den nach § 326 Abs. 1 BGB entfallenden Anspruch auf Arbeitsentgelt ersetzt (BeckOK ArbR/Ricken, 72. Ed. 1.6.2024, EFZG § 3 Rn. 2; Schmitt EFZG/Schmitt, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 8). Für letztere Ansicht spricht vor allem der klare Wortlaut der Vorschrift („so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung“).

Beide Ansichten unterscheiden sich jedoch nur im dogmatischen Anknüpfungspunkt und wirken sich nicht auf die rechtliche Qualität des Anspruchs aus (siehe ausführlich zum Meinungsstand BeckOK ArbR/Ricken, 72. Ed. 1.6.2024, EFZG § 3 Rn. 2 f.)  Folglich handelt es sich hierbei lediglich um eine Frage des Klausuraufbaus, weshalb ein Meinungsstreit nicht geführt werden muss. Es bleibt demnach dem Prüfling überlassen, welche Variante er bevorzugt – eine Begründung der gewählten Herangehensweise sollte in der Klausur in jedem Falle unterbleiben.

Hinweis: Vereinzelt wird in Vorlesungen empfohlen, alle Fallgruppen als eigene „Anspruchsgrundlage“ zu prüfen, um sich so den „Umweg“ über § 326 BGB zu sparen. Dies stellt jedoch eine äußerst unsaubere und juristisch zu beanstandende Prüfung dar, weshalb hiervon dringend abgeraten wird. Eine solche Prüfungsweise zeigt dem Prüfer, dass man den rechtlichen Gehalt der Fallgruppen „Lohn ohne Arbeit“ nicht verstanden hat.

C. Prüfungsweise in der Klausur

„Hat A einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April?“ So (oder so ähnlich) sieht eine typische Fallfrage aus, die auf die hier dargestellte Problematik abzielt. Als Bearbeiter steht man nun vor der Frage, wie man das Gelernte umsetzen und darstellen soll. Hierfür muss auf Grundlage der oben dargestellten rechtlichen Einordnung zwischen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und den sonstigen Ausnahmen differenziert werden.

Aus didaktischen Gründen wird die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in diesem Beitrag als eigene Anspruchsgrundlage klassifiziert, um so die unterschiedlichen Aufbauvarianten in einer Klausur darzustellen. Außerdem wird die Prüfungsweise in der Klausur aus Gründen der besseren Übersicht und Verständlichkeit im Rahmen eines gutachterlichen Aufbaus dargestellt.

I. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Im Falle der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall liegt stets eine zweigliedrige Prüfung vor. Zuerst muss in gewohnter Weise ein Anspruch auf Lohnzahlung nach § 611a Abs. 2 BGB geprüft werden und wegen dem Untergang nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB abgelehnt werden. Im Anschluss wird der Entgeltfortzahlungsanspruch gem. § 3 Abs. 1 EFZG als eigene Anspruchsgrundlage geprüft.

A. § 611a Abs. 2 BGB

A könnte gem. § 611a Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April haben.

I. Anspruch entstanden

Ein wirksamer Arbeitsvertrag liegt vor. Es ist ein monatliches Entgelt in Höhe von 4.000 € vereinbart worden.

Hinweis: Unter „Anspruch entstanden“ muss geprüft werden, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag bzw. ein wirksames Arbeitsverhältnis vorliegt. Das häufigste Problem wird hierbei eine mögliche Anfechtung oder Kündigung des Arbeitgebers sein. Außerdem kann hier die Höhe des Anspruchs – also das vereinbarte Monatsgehalt – genannt werden.

II. Anspruch erloschen

Im Monat April hat der Arbeitnehmer jedoch nicht gearbeitet. Der Anspruch könnte daher gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen sein (Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“).

Bei dem Arbeitsvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag. Darüber hinaus müsste die geschuldete Leistung gem. § 275 BGB unmöglich geworden sein. Die Arbeitsleistung ist eine absolute Fixschuld, die nach Zeitablauf nicht nachgeholt werden kann. Dies muss vor allem aus Arbeitnehmerschutzerwägungen gelten, damit dieser nicht neben der regulär anfallenden Arbeit, zusätzlich auch noch die ausgefallene Arbeit nachholen muss. Folglich tritt mit Zeitablauf eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB ein, weshalb der Anspruch auf die Gegenleistung, also auf den Lohn, gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt. Etwaige Ausnahmetatbestände greifen hier nicht ein.

Somit ist der Anspruch gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen.

Hinweis: Unter „Anspruch erloschen“ muss nach den allgemeinen schuldrechtlichen Grundregeln das Erlöschen des Lohnanspruchs nach § 326 Abs. 1 BGB aufgrund der synallagmatischen Verknüpfung mit der Arbeitsleistung geprüft werden („Ohne Arbeit kein Lohn“). Die obigen Ausführungen stellen den Regelfall dar und können daher grundsätzlich in der Form übernommen werden.

III. Ergebnis

A hat gem. § 611a Abs. 2 BGB keinen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April.

B. § 3 Abs. 1 EFZG

A könnte gem. § 3 Abs. 1 EFZG einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April haben.

Hinweis: Hier müssen nun die Tatbestandsvoraussetzungen des Entgeltfortzahlungsanspruchs der Reihe nach geprüft werden (siehe hierzu C.).

II. Die sonstigen Ausnahmen

Hinweis: Die sonstigen Ausnahmen müssen dagegen im Rahmen des § 326 BGB angesprochen werden. Der Einstieg in die Klausur beginnt demnach auch hier mit § 611a Abs. 2 BGB und eben nicht direkt mit der Ausnahmeregelung.

A könnte gem. § 611a Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April haben.

A. Anspruch entstanden

Ein wirksamer Arbeitsvertrag liegt vor. Es ist ein monatliches Entgelt in Höhe von 4.000 € vereinbart worden.

Hinweis: Auch hier muss unter „Anspruch entstanden“ natürlich geprüft werden, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag bzw. ein wirksames Arbeitsverhältnis vorliegt.

B. Anspruch erloschen

Im Monat April hat der Arbeitnehmer jedoch nicht gearbeitet. Der Anspruch könnte daher gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen sein (Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“).

Bei dem Arbeitsvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag. Darüber hinaus müsste die geschuldete Leistung gem. § 275 BGB unmöglich geworden sein. Die Arbeitsleistung ist eine absolute Fixschuld, die nach Zeitablauf nicht nachgeholt werden kann. Dies muss vor allem aus Arbeitnehmerschutzerwägungen gelten, damit dieser nicht neben der regulär anfallenden Arbeit, zusätzlich auch noch die ausgefallene Arbeit nachholen muss. Folglich tritt mit Zeitablauf eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB ein, weshalb der Anspruch auf die Gegenleistung, also auf den Lohn, zunächst gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt.

Dem könnte jedoch die Ausnahmeregelung des § 615 S. 3 BGB i.V.m. Betriebsrisiko des Arbeitgebers entgegenstehen.

Hinweis: § 615 S. 3 BGB i.V.m. Betriebsrisiko dient hier nur als Beispiel für eine Ausnahmeregelung. Es könnte natürlich ebenso § 615 S. 1 BGB oder etwa § 326 Abs. 2 BGB sein. Anders als oben beim Entgeltfortzahlungsanspruch gem. § 3 Abs. 1 EFZG steigt man in diesen Fällen also nicht aus der Prüfung aus, sondern prüft den Ausnahmetatbestand unmittelbar als Ausnahme zu § 326 Abs. 1 BGB. An dieser Stelle müssen dann die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Ausnahmeregelung geprüft werden.

C. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Abschließend soll im Folgenden näher auf das Prüfungsschema des Entgeltfortzahlungsanspruchs und dessen Tatbestandsvoraussetzungen eingegangen werden.

I. Prüfungsschema des § 3 Abs. 1 EZG
  1.         Wirksamer Arbeitsvertrag

2.         Ablauf der Wartefrist, § 3 Abs. 3 EFZG

3.         Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit

4.         Ohne Verschulden des Arbeitnehmers

5.         Rechtsfolge, §§ 3, 4 EFZG

Hinweis: Das Prüfungsschema des Entgeltfortzahlungsanspruchs gem. § 3 Abs. 1 EFZG muss (und sollte!) keinesfalls auswendig gelernt werden, sondern lässt sich in Gänze aus dem Gesetz herleiten. Das vorgestellte Prüfungsschema dient lediglich als Empfehlung und Orientierung.

II. Einzelne Tatbestandsvoraussetzungen

Im Folgenden sollen die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen – entsprechend ihrem jeweiligen Bedeutungsgehalt in einer Klausur – in angemessenem Umfang dargestellt werden.

Hinweis: Die Verletzung der Pflicht des Arbeitnehmers zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 5 Abs. 1 EFZG) sowie zur Angabe seiner ausländischen Urlaubsanschrift (§ 5 Abs. 2 EFZG) sind keine Tatbestandsvoraussetzungen des Entgeltsfortzahlungsanspruchs (MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 5 Rn. 2). Diese Nebenpflichtverletzungen lösen lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG aus (zu prüfen unter „Anspruch durchsetzbar“) bzw. können auch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers begründen.

1. Wirksamer Arbeitsvertrag

Zu Beginn muss (wieder einmal) geprüft werden, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag bzw. ein wirksames Arbeitsverhältnis vorliegt. Dem kann – insbesondere im Rahmen von Krankheitsfällen – vor allem eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung oder eine Anfechtung entgegenstehen. Dies muss an dieser Stelle dann gegebenenfalls inzident geprüft werden. Im Rahmen dieses Prüfungspunktes kann auch in gebotener Kürze die Anwendbarkeit des EFZG nach § 1 EFZG hinterfragt werden, sofern dem Sachverhalt Bedenken hinsichtlich der Arbeitnehmereigenschaft zu entnehmen sind.

2. Ablauf der Wartefrist, § 3 Abs. 3 EFZG

Der Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht gem. § 3 Abs. 3 EFZG erst, wenn das Arbeitsverhältnis 4 Wochen lang ununterbrochen bestanden hat. Der Arbeitnehmer muss hierbei nicht tatsächlich beschäftigt worden sein, es reicht der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses. Sollte er während dieser 4 Wochen krank werden, sind diese Krankheitstage nicht anzurechnen (MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 48).

Hinweis: Dies kann auch bereits unter dem ersten Prüfungspunkt geprüft werden. Insbesondere wenn beide Aspekte unproblematisch gegeben sind, empfiehlt es sich diese in gebotener Kürze im (verkürzten) Gutachtenstil oder direkt im Urteilsstil zu prüfen.

3. Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit

Der Arbeitnehmer muss infolge der Krankheit außerstande sein, seine Arbeitsleistung zu erbringen („durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert“, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG). Kerngegenstand der Prüfung ist hierbei, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein muss (Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 224a). Diese geforderte Kausalität kann dann zu Problemen führen, wenn mehrere mögliche Ursachen für den Arbeitsausfall bestehen. In solchen Fällen muss dann die Kausalität im Detail geprüft werden. Ist der Arbeitnehmer beispielsweise an einem Feiertag krank, so bleibt dennoch die Krankheit weiterhin die Ursache für den Arbeitsausfall. Es bleibt demnach bei der Anspruchsgrundlage des § 3 EFZG, lediglich die Höhe richtet sich sodann nach § 2 EFZG (§ 4 Abs. 2 EFZG; siehe auch Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 224a).

4. Ohne Verschulden des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer darf die Krankheit nicht zu verschulden haben („ohne dass ihn ein Verschulden trifft“, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG).

Hierunter ist nicht Vorsatz und Fahrlässigkeit i.S.d. § 276 BGB zu verstehen, da ansonsten ausnahmslos jede Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sofort zum Ausschluss des Entgeltfortzahlungsanspruchs führen würde. Vielmehr muss hierunter ein grobes Verschulden gegen sich selbst zu verstehen sein, das einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen darstellt (Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 224b). Das Verhalten des Arbeitnehmers muss demzufolge vorsätzlich oder besonders leichtfertig gewesen sein (MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 36).

Hierzu hat sich über die Jahre eine sehr umfassende Kasuistik gebildet. Der Versuch diese auswendig zu lernen wäre vergeblich und führt nicht zum Ziel. Daher sollte man hier – wie so oft – auf sein juristisches Verständnis vertrauen.

Nichtsdestotrotz muss man im Hinblick auf Sportverletzungen mit der bestehenden Rechtsprechung vertraut sein: Allein die Ausübung eines Sports kann dem Arbeitnehmer wegen dem positiven Wert der sportlichen Betätigung nicht angelastet werden. Anders verhält sich dies jedoch bei besonders gefährlichen Sportarten, bei denen sich selbst ein professioneller Sportler unter Beachtung sämtlicher Regeln einem Verletzungsrisiko in gesteigertem Maße ausgesetzt sieht. Die Beurteilung des Verschuldens bleibt jedoch eine Einzelfallentscheidung. Maßgeblich ist, ob der Arbeitnehmer im Rahmen seines Sportunfalls besonders leichtfertig gegen die anerkannten Regeln des konkreten Sports verstoßen hat oder ob er an dem Sport in einer Weise teilgenommen hat, die seine bisherigen Fähigkeiten und Kräfte überstiegen hat. Als häufiges Beispiel lässt sich hierfür die vorsätzliche Nichtbeachtung von Schutzvorkehrungen anführen, vor allem, wenn der Arbeitnehmer auf die entsprechende Schutzausrüstung (z.B. ein Helm) verzichtet (vgl. zur Problematik der Sportverletzungen MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 40).

5. Rechtsfolge, §§ 3, 4 EFZG

Nach § 4 EFZG hat der Arbeitnehmer ein Anspruch auf Fortzahlung seines Entgelts.

Die Dauer des Anspruchs bestimmt sich grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, wonach der Arbeitnehmer den Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen hat. Sollte der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig werden, so steht ihm der Entgeltfortzahlungsanspruch für sechs weitere Wochen nur in den beiden Fällen des § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG zu. Nach Nr. 1 darf er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Wochen nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen sein. Nach Nr. 2 müssen seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit mindestens zwölf Monate vergangen sein.

Die Höhe dieses Anspruchs bestimmt sich gem. § 4 Abs. 1 bis 3 EFZG nach dem sog. Lohnausfallprinzip in modifizierter Form (siehe hierzu im Detail Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 227). Hiernach muss das Entgelt fortentrichtet werden, das ohne Eintritt der Krankheit zu zahlen gewesen wäre. Überstunden und Überstundenzuschläge bleiben hierbei im Rahmen des § 4 Abs. 1a EFZG außer Betracht. Per Tarifvertrag kann gem. §§ 4 Abs. 4, 12 EFZG von diesen Grundsätzen abgewichen werden. In der Klausur muss zu der Dauer des Anspruches nur bei Anlass im Sachverhalt etwas geschrieben werden. Die Höhe des Anspruchs bemisst sich in erster Linie nach der Höhe des normalen monatlichen Gehalts des Arbeitnehmers – weitergehende Berechnungen mit Blick auf etwaige Überstunden oder Ähnlichem sind in einer Klausur eher atypisch (Stichwort: „iudex non calculat“ – Ausnahme: im Schadensrecht, im Erbrecht und bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs im Familienrecht…).

16.07.2024/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2024-07-16 17:00:092024-07-16 17:04:45Der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Moritz Augel

Kleidung nach Weisung – Warum die schwarze Hose ein Kündigungsgrund sein kann

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Darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorgeben, welche Kleidung er während der Arbeit zu tragen hat? Eine Frage, deren Antwort in der Reichweite des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts nach § 106 GewO liegt. Wie ist das billige Ermessen des § 106 GewO zu bestimmen und wie wird es durch die Rechtsprechung konkretisiert? Diesen Fragen widmet sich unser Gastautor Moritz Augel. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist dort studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit.

Ein eher kurios anmutender Fall machte kürzlich Schlagzeilen: Eine rote Arbeitsschutzhose wurde zum Gegenstand eines Kündigungsschutzprozesses, mit dem jüngst das Landesarbeitsgericht Düsseldorf befasst war. Die Entscheidung soll nachstehend zusammengefasst werden. Sie soll aber auch zum Anlass genommen werden, um die rechtlichen Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers in Bezug auf Kleidungsvorschriften ganz grundlegend darzustellen.

I. Ausgangspunkt der Betrachtung

Ausgangspunkt der Betrachtung soll zunächst, ob der Aktualität, der jüngst vom LAG Düsseldorf (Urteil vom 21.5.2024 – 3 SLa 224/24) entschiedene Fall sein, in dem es um die Frage ging, ob dem Kläger aufgrund seiner Weigerung eine rote Arbeitsschutzhose zu tragen rechtmäßig gekündigt werden konnte.

1. Der Sachverhalt

Angestellt war der Kläger seit 2014 im Produktionsbereich eines Industriebetriebs. Die betriebliche Kleiderordnung sieht vor, dass für alle Tätigkeiten in Montage, Produktion und Logistik funktionelle Arbeitskleidung, gestellt vom Betrieb, getragen werden muss. Dazu gehört auch eine rote Arbeitsschutzhose. Diese jedoch wollte der 43-jährige Handwerksmeister nicht tragen und weigerte sich beharrlich und trug stattdessen eine schwarze bzw. graue Hose. Infolgedessen wurde er zwei Mal abgemahnt – ohne Erfolg. Der Arbeitgeber sah sich nunmehr zur Kündigung veranlasst und erklärte die ordentliche Kündigung, welche Ende Februar 2024 wirksam wurde – das Ende eines immerhin neun-jährigen Arbeitsverhältnisses. Viel Aufregung um Stoff mag man meinen; insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der Arbeitnehmer zuvor jahrelang die rote Hose getragen hatte.

2. Die Entscheidung

Die 3. Kammer des LAG Düsseldorf, wie auch zuvor das Arbeitsgericht Solingen (Urteil vom 15.3.2024 – 1 Ca 1749/23) entschieden, dass die Kündigung rechtmäßig war. Dem Arbeitgeber habe das Recht zugestanden, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen vorzuschreiben. Die entsprechende Weisung des Arbeitgebers unterliegt dabei gemäß § 106 GewO iVm. § 315 Abs. 3 S. 1 BGB dem billigen Ermessen, sodass eine Abwägung zwischen den wechselseitigen konkreten Interessen des Beschäftigten, sowie denen des Arbeitgebers vorzunehmen ist. Hierbei sind auch im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte, die Wertungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall tritt das ästhetische Empfinden des Kläger nach Auffassung der Gerichte hinter dem Weisungsrecht des Arbeitgebers zurück. Zwar liegt ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) des Arbeitnehmers vor, dieser betrifft jedoch allein die Sozialsphäre, sodass sachliche Gründe den Eingriff rechtfertigen können.

a) Arbeitsschutz

Zunächst führte der Arbeitgeber an, dass die rote Hose der Arbeitssicherheit diene: Rot sei eine Signalfarbe, die in den Hallen besser als dunkle Farben zu sehen sei und damit Zusammenstöße beispielsweise mit umherfahrenden Gabelstaplern verhindert werden sollen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst auch, das Tragen persönlicher Schutzausrüstung anzuweisen (Stück/Zapp, ARP 2022, 84 (84)).

Es gehört nach § 3 Abs. 1 S. 1 ArbSchG zu den Grundpflichten des Arbeitgebers, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Die Normen des ArbSchG konkretisieren dabei den Inhalt der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers nach § 618 BGB. Korrespondierend hierzu besteht die Pflicht des Arbeitnehmers, nach seinen Möglichkeiten, sowie nach Weisung des Arbeitgebers für seine Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu sorgen, § 15 Abs. 1 S. 1 ArbSchG.

Die Signalfarbe rot ist in besonderer Weise dazu geeignet die Sichtbarkeit der Arbeitnehmer zu erhöhen und damit Zusammenstöße mit anderen Arbeitsmitteln zu verhindern. Damit liegt ein sachlicher Grund – die Förderung des Arbeitsschutzes vor.

b) Corporate Identity

Weiterhin stellte die Wahrung der Corporate Identity in den Werkshallen aus Sicht des LAG Düsseldorf einen weiteren sachlichen Grund dar, der den Eingriff in das APR rechtfertigt. Dabei geht es um ein einheitliches Erscheinungsbild nach außen. Die Implementierung einer Corporate Identity durch eine (ungewöhnliche) farbliche Gestaltung der Arbeitskleidung um hierdurch einen werbewirtschaftlich relevanten Wiedererkennungswert bei der Kundschaft zu erzeugen und sich von der Konkurrenz abzusetzen ist rechtlich nicht zu beanstanden (so VG Berlin, Urteil vom 24.3.2015 – 14 K 150.12).

c) Vorverhalten des Klägers

Darüber hinaus spielte auch das Vorverhalten des Klägers eine Rolle, der jahrelang beanstandungslos die rote Hose getragen hatte. Woher der Stimmungswandel kam und warum sich der Mann so beharrlich weigerte war für das Gericht nicht nachvollziehbar.

Insgesamt lagen damit aus Sicht des LAG Düsseldorf ausreichend sachliche Gründe vor, welche den Eingriff rechtfertigen. Letztlich überwog damit am Ende das Beendigungsinteresse des Betriebes – trotz der langen beanstandungsfreien Beschäftigungsdauer. Und das alles, wegen einer roten Arbeitsschutzhose.

II. Grundsätze zur Bekleidung des Arbeitnehmers

Grundsätzlich sind die Arbeitnehmer frei darin, welche Kleidung sie auf der Arbeit tragen, sofern sie nicht gezwungen sind, Schutzkleidung zu tragen. Zwar ist der Arbeitnehmer verpflichtet, sein Äußeres den Gegebenheiten des Arbeitsverhältnisses anzupassen; Anforderungen des Arbeitgebers, kommen jedoch nur in Betracht, wenn die vom Arbeitnehmer übernommene Funktion dies, beispielsweise weil Kundenkontakt besteht, erfordert (Linck, Schaub Arbeitsrechts-Handbuch, § 53, Rn. 21). Sofern kein Publikumsverkehr besteht – und ja, auch darüber hatte bereits ein Arbeitsgericht zu entscheiden – darf daher auch von männlichen Arbeitnehmern an heißen Tagen eine kurze Hose getragen werden (ArbG Mannheim, Urteil vom 16.2.1989 – 7 Ca 222/88). Umgekehrt kann der Arbeitgeber im Verkauf von Waren gehobenen Grades durchaus verlangen, dass der Arbeitnehmer mit Hemd, Krawatte und Sakko zur Arbeit erscheint und das Tragen von Jeans und Turnschuhen unterlässt (LAG Hamm, Urteil vom 22.10.1991 – 13 Ta BV 36/91).

III. Weitere Beispiele, in denen um die Arbeitskleidung gestritten wurde

Der Fall der roten Arbeitsschutzhose mag zunächst ein wenig skurril erscheinen. Tatsächlich sind Streitigkeiten, die die Bekleidung am Arbeitsplatz betreffen recht häufig anzutreffen. Anhand prominenter Beispiele soll die Relevanz dieses Themas aufgezeigt werden:

1. Dienstmützenvorschrift für Piloten

Im Jahr 2014 hatte das BAG über die Frage zu entscheiden, ob männliche Lufthansa-Piloten, anders als ihre weiblichen Kolleginnen verpflichtet sind, in der Öffentlichkeit eine zur Dienstuniform gehörende Mütze zu tragen (BAG, Urteil vom 30.9.2014 – 1 AZR 1083/12). Grundlage hierfür ist eine Betriebsvereinbarung gewesen, die aus Sicht des BAG gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstieß. Unterschiedliche Tragepflichten seien demnach nur gerechtfertigt, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Einen solchen sah das BAG jedoch vorliegend nicht für gegeben an.

Offen gelassen hatte das BAG die Frage, ob in dem Verzicht auf die Tragepflicht der Mütze bei Frauen eine geschlechtsbezogene Benachteiligung im Sinne des § 3 AGG liegt. Das LAG Köln hatte dies zuvor verneint. Die unterschiedliche Ausgestaltung der Dienstkleidung in der Betriebsvereinbarung stelle keine weniger günstigere Behandlung der Männer dar. Dies sei allenfalls dann der Fall, wenn durch die Ausgestaltung der Bekleidungsvorschriften eine unterschiedliche Wertschätzung der Geschlechter zu erkennen ist (Thüsing, MüKo BGB, § 7 AGG, Rn. 2).

Exkurs: Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates für Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Hiervon erfasst ist auch die Verpflichtung zum Tragen von Dienstkleidung. Der Mitbestimmungstatbestand hat grundsätzlich das Ziel, das arbeitgeberseitige Direktionsrecht gegen individuelle Freiheitsrechte des Arbeitnehmers auszutarieren und eine vernünftige Balance zwischen den betrieblichen Ansprüchen und der Individualität der Arbeitnehmer, zu finden (Fischer, NZA-RR 2015, 169 (171)).

[das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gehört regelmäßig nicht zum Pflichtfachstoff des 1. Staatsexamens]

2. Kopftuch

Immer wieder führen Verbote religiöse Bekleidungen wie etwa ein islamisches Kopftuch zu tragen zu Rechtsstreitigkeiten. Dabei spielt insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Rolle, das Benachteiligungen wegen der Religion verbietet (§ 7 Abs. 1 AGG). Eine Benachteiligung liegt demnach vor, wenn eine Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt werden kann. Differenzieren muss man dabei zwischen unmittelbaren Benachteiligungen, also solcher die direkt, an ein verpöntes Merkmal iSd. § 1 AGG anknüpfen (§ 3 Abs. 1 AGG) und mittelbaren  Benachteiligungen, die auf dem Anschein nach neutralen Regelungen beruhen, jedoch bestimmte Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen in besonderer Weise benachteiligen (§ 3 Abs. 2 AGG).

Eine interne Unternehmensregelung, die das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens am Arbeitsplatz verbietet, stellt nach Auffassung des EuGH keine unmittelbare, sondern allein eine mittelbare Diskriminierung dar (EuGH, Urteil vom 14.3.2017 – C-157/15, RS Achbita). Dies jedoch nur unter der Prämisse, dass der Arbeitgeber seine Neutralitätspolitik in kohärenter und systematischer Weise verfolgt. Ferner darf sich ein solches Verbot nur an die Arbeitnehmerinnen richten, die mit Kunden in Kontakt treten und sofern dies der Fall ist, ist vor einer Entlassung stets zu erwägen, ob eine Versetzung auf einen Arbeitsplatz ohne Kundenkontakt möglich ist.

Eine solche mittelbare Benachteiligung kann gerechtfertigt werden, wenn ein rechtmäßiges Ziel verfolgt wird und das gewählte Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Es bedarf insoweit einer Abwägung zwischen der Religionsfreiheit der Arbeitnehmerin, sowie der Unternehmerfreiheit, die grundsätzlich auch den Wunsch des Arbeitgebers erfasst, den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln. Dabei muss der Arbeitgeber in Anbetracht des hohen Stellenwertes des Grundrechts der Religionsfreiheit reale Gefährdungen, konkrete Störungen oder wirtschaftliche Einbußen im Einzelfall darlegen können (BAG, Urteil vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01). Jedenfalls ist eine solche Regelung auf das „unbedingt Erforderliche“ zu begrenzen (EuGH Urteil vom 14.3.2017 – C-157/15).

Ein auf das Tragen auffälliger großflächiger Zeichen beschränktes Verbot kann jedoch eine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung darstellen (EuGH, Urteil vom 15.7.2021 – C-804/18, C-341/19). Die Rechtfertigung einer solchen unmittelbaren Benachteiligung kann allenfalls dann erfolgen, wenn das Verbot durch wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen begründet ist. Eine Anforderung ist dann „entscheidend“ für eine bestimmte berufliche Tätigkeit, wenn die Tätigkeit ohne sie nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Die zusätzliche Einschränkung auf „wesentliche“ Anforderungen soll eine gewisse Erheblichkeitsschwelle statuieren: Hierbei ist ein Vergleich nötig zwischen dem gesamten Aufgabenbereich, der dem Beschäftigten zugewiesen werden soll, und dem Teilbereich, den er auf Grund seiner Benachteiligung nicht ordnungsgemäß ausüben kann (Thüsing, MüKo BGB, § 8 AGG, Rn. 6).

Das Tragen einer Burka wird der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin jedenfalls dann untersagen können, wenn diese auch kommunikativ mit Arbeitskollegen oder – erst recht – mit Kunden arbeitet (Linck, Schaub Arbeitsrechts-Handbuch, § 53, Rn. 21; Brose/Greiner/Preis, NZA 2011, 369 (380). Besonderheiten bestehen darüber hinaus auch in kirchlichen Arbeitsverhältnissen (s. bspw. BAG Urteil vom 24.9.2014 – 5 AZR 611/12).

IV. Summa

Es lässt sich insgesamt konstatieren, dass das Sprichwort „Kleider machen Leute“ und die durch die Bekleidung zum Ausdruck gebrachte Persönlichkeit immer wieder Gegenstand arbeitsgerichtlicher Entscheidungen ist. Dabei gilt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht grundsätzlich erlaubt, sich nach eigenem Belieben zu kleiden. Grenzen bestehen insbesondere dort, wo der Arbeitsschutz es erfordert: Weder ein schönes Paar Schuhe, noch ein Basecap haben etwas auf der Baustelle verloren – hier erfordert der Schutz des Arbeitnehmers das Tragen vom Helm und Schutzschuhen. Auch das Tragen einer mehr oder weniger modischen Warnweste kann hier verpflichtend sein. Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern mit Kundenkontakt erwarten, sich dem Charakter des Handelsgeschäfts und dessen Kundenstamm entsprechend branchenüblich zu kleiden (BAG, Urteil vom 10.10.2002 – 2 AZR 472/01).

Ein freies Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht jedoch gerade nicht. Das Direktionsrecht findet seine Grenzen, wo keine sachlichen Gründe vorliegen, oder die Grundrechte des Arbeitnehmers überwiegen. Festzuhalten bleibt: Die beharrliche Weigerung einer berechtigten Kleiderordnung Folge zu leisten, kann eine Kündigung rechtfertigen – auch, wenn nur um die Farbe geht.

14.06.2024/4 Kommentare/von Moritz Augel
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Moritz Augel https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Moritz Augel2024-06-14 06:49:232024-10-11 06:56:13Kleidung nach Weisung – Warum die schwarze Hose ein Kündigungsgrund sein kann
Gastautor

BAG zur Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel – AGB-Kontrolle

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Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Saskia Wubbernitz veröffentlichen zu können. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Uni Bonn tätig.

In einer aktuellen Entscheidung (Urteil v. 10.11.2021 – 5 AZR 334/21) befasste sich der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit der Frage betreffend des Anspruchs auf Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel. Im Zeitalter der Lieferdienste stellt diese Entscheidung, die die materiell-rechtlichen Anforderungen an die AGB-Kontrolle erfasst, eine führende Entscheidung zu zahlreichen Parallelsachen dar.

I. Sachverhalt

Als Fahrradlieferant ist K bei der B seit Juni 2016 beschäftigt. K liefert Speisen und Getränke mittels Fahrrad an die Kunden aus, welche zuvor die entsprechenden Produkte über das Internet bestellt hatten. Etwaige Daten, wie die  Einsatzpläne oder die Adressen der Restaurants und der jeweiligen Kunden, bekommt K über eine Software-Applikation Scoober („App“) übermittelt. Die „App“ verbracht üblicherweise bis zu zwei GB Datenvolumen pro Monat. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses verwendet K sowohl sein eigenes Smartphone als auch sein eigenes Fahrrad. 

B regelt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass die Arbeitnehmer sowohl ihr eigenes Smartphone als auch ihr eigenes Fahrrad zu benutzen haben. Im Gegenzug gewährt B ihnen für den Einsatz der Fahrräder eine Reparaturgutschrift von 0,25 € pro gearbeitete Stunde. Diese Gutschrift kann ausschließlich bei einem von B zuvor bestimmten Unternehmen eingelöst werden. Für die Nutzung des Smartphones ist keine entsprechende Gutschrift vorgesehen.

Mit eingereichter Klage vom 03.09.2019 verlangt K von B die Überlassung eines internetfähigen Smartphones sowie ein verkehrstüchtiges Fahrrad zur weiteren Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrradlieferant. K betont, dass die entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingung mangels Ausgleichsregelung unwirksam sei, §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.   

B hält die Allgemeine Geschäftsbedingung hingegen für wirksam. Die Arbeitnehmer werden nicht unangemessen benachteiligt.  Denn die Arbeitnehmer verfügen ohnehin über ein Smartphone mit Datenflatrate und ein Fahrrad. Hinsichtlich der Fahrradnutzung sei zudem die Möglichkeit der Reparaturgutschrift gegeben. 

Gerichtlich geklärt werden sollte die Frage, ob K gegen B einen Anspruch auf Bereitstellung der begehrten essentiellen Arbeitsmittel habe. 

II. Entscheidung

Das BAG hat die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts  (v. 12.3.2021 – 14 Sa 306/20) zurückgewiesen. Hierbei wurde festgestellt, dass K einen Anspruch auf die begehrten Arbeitsmittel aus § 611a Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag habe. 

Aus § 611a Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag ergibt sich jedenfalls ein Anspruch auf die Bereitstellung von Arbeitsmittel, ohne die die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht erbracht werden kann. 

Als Fahrradlieferant ist das Fahrrad ein zwingend notwendiges Arbeitsmittel. Als solches ist ebenso ein internetfähiges Mobiltelefon einzuordnen. Denn die vereinbarte Tätigkeit kann nur unter Verwendung der Scoober App ausgeübt werden, über welche die erforderlichen Daten übermittelt werden. Der Zugriff auf die Scoober App setzt wiederum ein bestehendes Datenvolumen voraus. 

Der Anspruch auf Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel wurde auch nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des B abbedungen.

Die Vereinbarungen halten einer materiell-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 1 S. 1 BGB nicht stand. Die Vereinbarung ist unangemessen und damit unwirksam. 

Aufgrund der Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer die notwendigen Arbeitsmittel selbst zu stellen hat, ist eine abweichende Regelung im Sinne des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB gegeben, welche ihrerseits der uneingeschränkten Inhaltskontrolle unterliegt. 

In § 611a BGB ist normiert, dass der Arbeitnehmer nur verpflichtet ist, seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Essentielle erforderliche Arbeitsmittel hat der Arbeitgeber bereitzustellen. Der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung stützt sich auf die beiderseitigen Interessen und zu berücksichtigenden Gerechtigkeitserwägungen (BGH 23. November 2018 – V ZR 33/18 – Rn. 15; BAG 25. April 2007 – 5 AZR627/06 – Rn. 19, BAGE 122, 182). Der Arbeitnehmer unterliegt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO und gliedert sich in die arbeitgeberseitig organisierten Arbeitsabläufe ein, sodass ein berechtigtes Interesse an der Bereitstellung der Arbeitsmittel gegeben ist. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung und damit die Unwirksamkeit der Klausel gegeben, wenn  die Klausel auf Grundlage einer umfassenden Interessensabwägung in ihrer Gesamtheit den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. In der erforderlichen Abwägung ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners am Wegfall der Klausel nebst deren Ersetzung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen abzuwägen. Dadurch, dass der Arbeitnehmer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. 

Nach Abwägung der gegenseitigen Interessen stellt das BAG eine unangemessene Benachteiligung fest. Denn bereits die Gewährung der Reparaturgutschrift in Höhe von 0,25 € pro geleistete Arbeitsstunde stellt aufgrund der konstanten Verpflichtung zur Verwendung des eigenen Fahrrads keinen angemessenen Ausgleich dar. Trotz der Möglichkeit des Ansparens der Reparaturgutschrift ist, fehlt aus Arbeitnehmersicht die Möglichkeit über das Geld frei zu verfügen und stellt damit keine angemessene Kompensation dar. 

III. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung des BAG erweist sich als saubere AGB-Kontrolle unter dem Gesetzeswortlaut. 

Die AGB-Prüfung ist regelmäßiger Bestandteil von Abschlussklausuren und Examensklausuren. Kennzeichnend sind hierfür insbesondere der komplexe Aufbau, die vielfältige Möglichkeit der Einbettung im Gutachten sowie die Unterscheidung zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle.  Jedoch kann die AGB-Prüfung gut gelingen, sofern man stringent mit dem Gesetzestext arbeitet. Zu beachten ist hierbei insbesondere die Prüfungsreihenfolge der Inhaltskontrolle anhand §§ 307 – 309 BGB. 

Ungeachtet der Relevanz einer AGB-Kontrolle in Klausuren sind, sind diese aus dem modernen Wirtschafts- und Vertragswesen nicht mehr wegzudenken. Für den Verwender bieten sie oft erhebliche Vorteile, wohingegen sie sich oft für den Vertragspartner als nachteilhaft erweisen. Die jeweiligen Interessen müssen in einen Ausgleich gebracht werden, damit sie einer gesetzlichen AGB-Kontrolle standhalten können.

15.12.2022/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-12-15 08:07:102022-12-23 08:49:33BAG zur Bereitstellung essentieller Arbeitsmittel – AGB-Kontrolle
Redaktion

Anzeige: Arbeiten im Arbeitsrecht in der Großkanzlei

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Arbeiten im Arbeitsrecht in der Großkanzlei

 
*Zugunsten der Lesbarkeit haben wir auf geschlechterspezifische Schreibweise verzichtet. Wir bitten um Verständnis.
 
Herr Dr. Pfrang, Sie sind als Anwalt im Arbeitsrecht tätig. Zunächst einmal: Warum stehen arbeitsrechtliche Fragen eigentlich oft im Fokus unternehmerischer Entscheidungen?
Dr. Sebastian Pfrang: Arbeitsrecht hat für Unternehmen eine große wirtschaftliche Bedeutung. So sind es die Arbeitnehmer, die einen wesentlichen Teil der Wertschöpfung erwirtschaften. Der richtige Ausgleich zwischen Erwartungen der Belegschaft einerseits und den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens andererseits trägt wesentlich zum Unternehmenserfolg bei. Daher spielen arbeitsrechtliche Fragen für unternehmerische Entscheidungen oft eine entscheidende Rolle.
 
2021 ist das Jahr der Bundestagswahl in Deutschland. Welche Rolle spielt die Politik für das Arbeitsrecht?  
Dr. Sebastian Pfrang: Arbeitsrecht hat eine starke politische Dimension. Das Arbeitsverhältnis sichert Arbeitnehmern oft nicht nur deren Lebensunterhalt, sondern hat auch eine persönliche Komponente. Arbeitnehmer verbringen einen großen Teil ihrer Zeit am Arbeitsplatz. Das gilt heute unverändert, auch wenn die Arbeit immer öfter im Homeoffice stattfindet. Die Arbeit kann Chance sein, die eigene Persönlichkeit zu entfalten, gleichzeitig aber auch einschränken. Daher ist das Arbeitsrecht oft Gegenstand gesellschaftlicher Debatten – sei es etwa im Hinblick auf die wirtschaftliche Teilhabe von Arbeitnehmern am Unternehmenserfolg oder den Schutz vor Diskriminierung. Wegen dieser wirtschaftlichen und politischen Dimension ist das Arbeitsrecht ständig in Bewegung. Das verdeutlicht auch die Bundestagswahl 2021. So sind in den Wahlprogrammen der Parteien arbeitsrechtliche Fragen oft von zentraler Bedeutung und die Rechtslage ändert sich während einer Legislaturperiode ständig.
 
Was prägt Ihre Arbeit in der Großkanzlei?
Dr. Sebastian Pfrang: In einer Großkanzlei vertritt man üblicherweise Arbeitgeber. Das bedeutet in der Regel, dass man Mandanten langfristig berät und sie in verschiedenen Phasen der Unternehmensentwicklung begleitet. Was mich an meiner Arbeit besonders fasziniert ist, gemeinsam mit Mandanten zu überlegen, welche Möglichkeiten ein Unternehmen rechtlich hat und welche davon wirtschaftlich am sinnvollsten sind. Dabei muss man immer auch die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer sowie eventuell die Mitbestimmung und Mitwirkung von Arbeitnehmervertretungen bedenken. Als Anwalt ist man hier sozusagen „Business Partner“ und setzt sich dafür ein, dass das Unternehmen sich mit seinen Anliegen rechtlich durchsetzen kann. Das beinhaltet oft auch, für das Unternehmen Partei zu ergreifen und mit Arbeitnehmern, Betriebsräten und Gewerkschaften zu verhandeln.
 
Wie sieht Ihre Arbeit in der Kanzlei konkret aus?
Dr. Sebastian Pfrang: Bei meiner Arbeit beschäftige mich mit allen Bereichen des Arbeitsrechts, denn diese sind auch für unsere Mandanten relevant. Meine Arbeit reicht von individualarbeitsrechtlichen Themen wie Fragen zur Elternzeit und Kündigungen, über kollektivarbeitsrechtliche Fragen, z.B. im Zusammenhang mit der Mitbestimmung und Mitwirkung eines Betriebsrats, bis hin zu strategischen Themen. Letzteres kann Restrukturierungen oder den Kauf bzw. Verkauf von Betrieben oder Unternehmen umfassen, ebenso wie Fragen der betrieblichen Altersversorgung oder des Beschäftigtendatenschutzes. Für viele Unternehmen ist es derzeit z.B. strategisch wichtig, ob und wie sie ihre Belegschaft nach der Pandemie zurück in die Betriebe holen und wie das für das Unternehmen passende Arbeitsmodell künftig aussehen wird. Diese Bandbreite an Themen macht meine Arbeit spannend und ermöglicht jeden Tag neue Einblicke in arbeitsrechtliche Themen, die unsere Mandanten aktuell beschäftigen.
 
Inwieweit arbeiten Sie im Arbeitsrecht mit Kollegen anderer Rechtsgebiete zusammen?
Dr. Sebastian Pfrang: Unsere Kanzlei deckt alle Rechtsbereiche ab, die für das Wirtschaftsleben relevant sind – nicht nur national, sondern auch international. Durch die Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen Teams und Jurisdiktionen komme ich auch mit anderen Rechtsgebieten und Kollegen aus dem Ausland in Berührung. Das macht meine Arbeit sehr abwechslungsreich. Thematisch gibt es bei unserer arbeitsrechtlichen Beratung beispielsweise oft Schnittstellen zum Steuerrecht, etwa bei Vergütungsfragen. Und auch andere Bereiche wie das Handels- und Vertriebsrecht spielen in arbeitsrechtliche Fragen hinein. So muss man zum Beispiel Risiken einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung bewerten, wenn ein Dienstleister sein Personal direkt beim Kunden einsetzt und das Personal eng mit dem des Kunden zusammenarbeiten soll. Schließlich haben wir Arbeitsrechtlicher, wenn wir Transaktionen betreuen, viel Austausch mit den verschiedenen Corporate/M&A Teams der Kanzlei und lernen so die verschiedenen Arbeitsweisen und Prozesse, die die Kollegen dort beschäftigen, gut kennen.
 
Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit besonders?
Dr. Sebastian Pfrang: Neben den vielen Berührungspunkten zu anderen Rechtsgebieten und Jurisdiktionen ist es die große Bandbreite an arbeitsrechtlichen Themen sowie der direkte Kontakt mit den Mandanten. Meine tägliche Arbeit beschränkt sich nicht darauf, Transaktionen zu betreuen, sondern ich berate zu sämtlichen Aspekten des Arbeitsrechts (inkl. betrieblicher Altersversorgung und Beschäftigtendatenschutz) und nehme auch häufig Gerichtstermine wahr. Bei uns im Team wurde ich vom ersten Tag an in die Mandatsarbeit eingebunden und bin Ansprechpartner für unsere Mandanten. Man trägt somit schon früh Verantwortung, was ich besonders schätze. Außerdem wird auch die persönliche Entwicklung bei uns umfangreich gefördert. So habe ich beispielsweise erst jüngst im Rahmen der kanzleieigenen Inhouse University an einem Seminar zum Thema „Leadership Skills“ teilgenommen und die Kanzlei gewährt z.B. auch einen Zuschuss, um den „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ zu machen. Dass der Erwerb des Fachanwaltstitels bei uns nicht nur gefördert, sondern im Laufe der Entwicklung zum erfahreneren Berater im Arbeitsrecht quasi erwartet wird, zeigt schon die große Bandbreite unserer arbeitsrechtlichen Beratung. In unserer Kanzlei beschäftigen wir uns mit Fällen, die aus allen Bereichen des Arbeitsrechts stammen – und können damit ohne Umwege diese Zusatzqualifikation erlangen.
Herr Dr. Pfrang, vielen Dank für dieses Gespräch.
 
Dr. Sebastian F. Pfrang ist Associate der Praxisgruppe Arbeitsrecht bei Baker McKenzie in Frankfurt am Main und berät zu allen Bereichen des Arbeitsrechts einschließlich des Rechts der betrieblichen Altersversorgung sowie des Beschäftigtendatenschutzes.

 

07.10.2021/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2021-10-07 08:08:142021-10-07 08:08:14Anzeige: Arbeiten im Arbeitsrecht in der Großkanzlei
Gastautor

BAG zur Kündigungsfrist für Geschäftsführerdienstverträge

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Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Ansgar Kalle veröffentlichen zu können. Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn, Lehrstuhl Prof. Dr. Stefan Greiner.
 
Die hier zu besprechende Entscheidung (BAG, Urt. v. 11.6.2020 – 2 AZR 374/19 = NJW 2020, 2824) betrifft das Kündigungsrecht, also einen der klausurrelevantesten Bereiche des Arbeitsrechts. Im Mittelpunkt des Falls steht die rechtliche Einordnung der Kündigung von GmbH-Geschäftsführern. Verträge mit GmbH-Geschäftsführern provozieren einige Abgrenzungsfragen zwischen dem allgemeinen Dienstrecht und dem Arbeitsrecht, die sich gut in eine Examensklausur integrieren lassen. Im Schwerpunkt erörtert das BAG, welche Kündigungsfrist bei GmbH-Geschäftsführern zur Anwendung kommt.
1. Sachverhalt (verkürzt und vereinfacht)
Die Klägerin wurde auf der Grundlage eines Anstellungsvertrags als Geschäftsführerin der beklagten GmbH beschäftigt. Der Vertrag sah eine monatsweise auszuzahlende Jahresvergütung iHv. 100.000 € vor. Als die Alleineigentümerin der GmbH nach acht Jahren der Zusammenarbeit zunehmend aufgrund fachlicher Differenzen mit der Klägerin in Konflikt geriet, mahnte sie die Klägerin ab, entzog ihr die Alleinvertretungsbefugnis und bestellte einen zusätzlichen Geschäftsführer. Da dies die Differenzen nicht beilegte, ließ die Eigentümerin die Klägerin ordentlich kündigen und als Geschäftsführerin abberufen. Die Kündigung wurde der Klägerin am 28.2.2018 zugestellt und beendet das Arbeitsverhältnis „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“, dem 31.5.2018.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass der Anstellungsvertrag nicht durch die Kündigung beendet wurde. Sie hält die Kündigung wegen der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist für unwirksam. Zudem hätte man ihr nicht kündigen dürfen, weil sie nebenbei als ehrenamtliche Richterin arbeitete und daher besonderen Kündigungsschutz genoss. Ist die Kündigungsschutzklage begründet?
2. Entscheidung
Die Klage ist begründet, wenn der Anstellungsvertrag nicht durch die Kündigung beendet worden ist. An der Wirksamkeit der Kündigung kann aus drei Gründen gezweifelt werden: Dem besonderen Kündigungsschutz ehrenamtlicher Richter, dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG und der Kündigungsfrist.
a. Besonderer Kündigungsschutz
aa. § 45 Abs. 1a S. 3 DRiG
Die Kündigung könnte bereits deshalb unwirksam sein, weil die Klägerin als ehrenamtliche Richterin tätig war. Gemäß § 45 Abs. 1a S. 3 DRiG darf der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer nicht wegen der Aufnahme oder Ausübung der Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter kündigen. Dieser Kündigungsschutz ist also nur dann einschlägig, wenn eine Kausalität zwischen Ehrenamt und Kündigung besteht. Eine solche konnte die Klägerin nicht darlegen. Daher ist die Kündigung nicht nach § 134 BGB iVm. § 45 Abs. 1a S. 3 DRiG unwirksam.
bb. Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf
Möglicherweise verstößt die Kündigung allerdings gegen Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf. Hiernach darf ehrenamtlichen Richtern nur gekündigt werden, „wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber oder Dienstherren zur fristlosen Kündigung berechtigen.“ Weitergehender als § 45 Abs. 1a S. 3 DRiG verzichtet diese Vorschrift also auf eine kausale Verknüpfung zwischen Ehrenamt und Kündigung.
(1) Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin
Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf adressiert ausdrücklich Arbeitgeber. Daher stellt sich die Frage, ob die Klägerin Arbeitnehmerin der Beklagten war. Arbeitnehmer ist gemäß § 611a Abs. 1 S. 1 BGB, wer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.
Die Gesellschafter können den Geschäftsführer durch Beschluss (§ 47 GmbHG) jederzeit zu einem bestimmten Verhalten anweisen, § 37 Abs. 1 GmbHG. Sie sind ihm gegenüber also weisungsbefugt. Hieraus kann jedoch nicht ohne Weiteres auf ein Weisungsrecht iSv. § 611a Abs. 1 S. 1 BGB geschlossen werden. Da der GmbH-Geschäftsführer ein Organ seiner Gesellschaft ist, ist zwischen der Organstellung und dem zugrundeliegenden Beschäftigungsverhältnis zu unterscheiden. Erstere betrifft die Befugnisse des Geschäftsführers als Organ der GmbH, letzteres die Beziehungen zum Geschäftsführer als Person. Nur wenn die Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer als Person besteht, also über eine gesellschaftsrechtliche Kompetenzabgrenzung hinausgeht, kann dieser als Arbeitnehmer angesehen werden.
§ 37 Abs. 1 GmbH trifft lediglich eine Aussage zur Organstellung des Geschäftsführers. Er regelt das Kompetenzverhältnis zwischen dem Geschäftsführer und den Gesellschaftern. Eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer als Person enthält die Norm nicht. Daher lässt sich aus § 37 Abs. 1 GmbHG nicht auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses schließen.
Es bedarf deshalb anderer Anhaltspunkte für die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin. Solche sah das BAG nicht; es erblickte in der Klägerin eine typische GmbH-Geschäftsführerin. Der typische GmbH-Geschäftsführer arbeitet weitgehend eigenständig und eigenverantwortlich, vertritt die GmbH kraft Gesetzes im Rechtsverkehr (§ 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG) und beteiligt sich an deren Willensbildung. Daher hat er weit mehr mit einem Dienstverpflichteten iSv. § 611 BGB gemeinsam als mit einem Arbeitnehmer iSv. § 611a BGB. Folglich hielt das BAG die Klägerin nicht für eine Arbeitnehmerin, sondern für eine Dienstverpflichtete.
(2) Anwendung des Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf auf Dienstverpflichtete
Fraglich ist, ob sich die Klägerin dennoch auf den Schutz des Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf berufen kann. Dies wäre der Fall, wenn die Norm neben abhängig Beschäftigten auch Dienstverpflichtete schützt.
Hiergegen spricht jedoch bereits, dass die Norm ausdrücklich Arbeitgeber und Dienstherren anspricht. Keine Erwähnung findet demgegenüber der Dienstberechtigte, wie der Gläubiger der Dienstleistung im Dienstvertragsrecht bezeichnet wird (§§ 615 S. 1, 617, 618, 619, 627, 629 BGB).
Auch bei teleologischer Betrachtung bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschrift auch auf freie Dienstverhältnisse Anwendung finden will. Das BAG geht davon aus, dass die Vorschrift den allgemeinen Kündigungsschutz verschärfen will, indem sie über § 1 KSchG hinausgehend einen wichtigen Grund fordert. Sie wolle verhindern, dass der allgemeine Kündigungsschutz durch vorgeschobene Kündigungsgründe umgangen wird. Beim Dienstverhältnis besteht eine solche Gefahr nicht, weil dieses ohne Grund beendet werden kann. Daher passt Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf auch seinem Zweck nach nicht auf allgemeine Dienstverhältnisse.
Deshalb findet Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf auf Dienstverhältnisse keine Anwendung.
(3) Anwendung des Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf auf arbeitnehmerähnliche Personen
Etwas anderes könnte sich allerdings aus der Figur der arbeitnehmerähnlichen Person ergeben. Arbeitnehmerähnlich ist gemäß § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG, wer sich trotz geringer persönlicher Abhängigkeit in einer ausgeprägten wirtschaftlichen Abhängigkeit zum Dienstverpflichteten befindet und sozial ähnlich schutzbedürftig wie ein Arbeitnehmer ist. Man könnte erwägen, Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf auf Arbeitnehmerähnliche anzuwenden.
Ob dies möglich ist, kann jedoch offenbleiben, wenn die Klägerin keine arbeitnehmerähnliche Person ist. Wie bereits beschrieben unterscheidet sich die Beschäftigung eines GmbH-Geschäftsführers deutlich von der eines herkömmlichen Arbeitnehmers. Daher befindet sich ein GmbH-Geschäftsführer regelmäßig nicht in einer ähnlichen sozialen Stellung wie ein Arbeitnehmer.
In Bezug auf den Sachverhalt ging das BAG davon aus, dass die Klägerin ungeachtet der Beschränkung ihrer Vertretungsmacht im Innenverhältnis bis zu ihrer Abberufung die GmbH nach außen hin vertrat. Die nach außen hin nicht beschränkbaren Vertretungsbefugnisse des GmbH-Geschäftsführers stellten aus Sicht des BAG den entscheidenden Unterschied zwischen der Klägerin und anderen leitenden Angestellten dar. Folglich hielt das Gericht die Klägerin nicht für eine arbeitnehmerähnliche Person.
(4) Zwischenergebnis
Art. 110 Abs. 1 S. 2 BbgVerf steht der Kündigung der Klägerin nicht entgegen.
b. Allgemeiner Kündigungsschutz
Mit der Feststellung, dass die Klägerin keine Arbeitnehmerin war (s.o.), ist zugleich geklärt, dass § 1 KSchG keine Anwendung findet. Überdies hätte die Vorschrift selbst dann, wenn die Klägerin Arbeitnehmerin gewesen wäre, gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG keine Anwendung gefunden. Schließlich war die Klägerin bei Zugang der Kündigung als Geschäftsführerin das gesetzliche Vertretungsorgan der GmbH. Dass ihre Vertretungsbefugnisse bereits zuvor begrenzt worden waren, änderte hieran nichts. Daher steht auch § 1 KSchG ihrer Kündigung nicht entgegen.
c. Kündigungsfrist
Fraglich ist schließlich, ob die Kündigung fristgerecht erklärt wurde.
aa. Prüfungsmaßstab
Das BGB enthält mit §§ 621, 622 BGB zwei unterschiedliche Fristenkataloge: § 621 BGB findet Anwendung auf allgemeine Dienstverträge, § 622 BGB hingegen auf Arbeitsverhältnisse. Während § 621 BGB die Frist anhand der zeitlichen Bemessung der Vergütung bestimmt, stellt § 622 BGB auf die Dauer des Vertragsverhältnisses ab. Da bereits ermittelt wurde, dass die Klägerin keine Arbeitnehmerin war, liegt es nah, § 621 BGB anzuwenden. Dies ist jedoch umstritten.
Der BGH hatte vor einiger Zeit in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass § 622 BGB jedenfalls auf die Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers analog anzuwenden ist, der kein Mehrheitsgesellschafter ist. Zwar sei ein solcher Geschäftsführer kein Arbeitnehmer, er sei jedoch mit einem Arbeitnehmer vergleichbar, weil er seine Arbeitskraft der GmbH hauptberuflich zur Verfügung stellt. Durch die Ausrichtung seiner Tätigkeit auf lediglich einen Vertragspartner, die GmbH, benötige er einen hinreichenden Zeitraum, um eine neue hauptberufliche Tätigkeit zu finden. Diesen verschaffen ihm die Fristen des § 622 BGB. Längere Kündigungsfristen seien aber auch aus Sicht der Gesellschaft interessengerecht, die einen größeres Zeitfenster erhält, um nach Nachfolgern für den Gekündigten zu suchen (BGHZ 79, 291; BGHZ 91, 217; BGH NJW 1987, 2073).
Anders entschied nun das BAG. Es liege bereits keine planwidrige Regelungslücke vor, da das Gesetz bezüglich der Kündigungsfristen ausdrücklich zwischen Arbeits- und Dienstverhältnissen unterscheidet. Überdies wurde § 622 BGB seit den Entscheidungen des BGH mehrfach geändert. Hätte der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BGH anerkennen wollen, hätte er dies im Gesetz klargestellt. Dies ist indessen nicht geschehen. Schließlich gelte § 622 BGB nicht einmal für arbeitnehmerähnliche Personen (BAG, Urt. v. 8.5.2007 – 9 AZR 777/06 = AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 15 Rn. 19-24). Seine Anwendung auf einen weniger schutzbedürftigen GmbH-Geschäftsführer wäre daher ein Wertungswiderspruch.
Deshalb ging das BAG davon aus, dass sich die Frist zur Kündigung der Klägerin nicht nach § 622 BGB bestimmte, sondern nach § 621 BGB. Es kam also nicht auf die Dauer des Vertragsverhältnisses an, sondern auf die Art und Weise der Vergütungszahlung. Da diese jahresweise bemessen wurde, war § 621 Nr. 4 BGB einschlägig.
bb. Einhaltung der Frist
Die Kündigung ist dem Kläger am 28.2.2018 zugegangen und sprach die Kündigung zum 31.5.2018 aus. Nach § 621 Nr. 4 BGB beträgt die Kündigungsfrist sechs Wochen zum Ende eines Quartals. Daher war die Kündigung frühestens zum 30.6.2018 möglich. Die Kündigung kann daher nur dann als fristgerecht angesehen werden, wenn sie sich als Kündigung zum 30.6.2018 auslegen lässt. Hiervon ging das BAG aus: Die Kündigung sollte ihrem Wortlaut nach „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erfolgen. Diese Formulierung sei dahingehend auszulegen, dass das Vertragsverhältnis zum frühesten rechtlich zulässigen Zeitpunkt erfolgen sollte (krit. zu dieser Auslegungspraxis des zweiten Senats BAG, Urt. v. 1.9.2010 – 5 AZR 700/09 BAGE 135, 255 Rn. 23 ff). Dies war der 30.6.2018. Die Angabe des falschen Datums im Kündigungsschreiben hielt das BAG also für unerheblich.
4. Zusammenfassung
GmbH-Geschäftsführer sind in aller Regel keine Arbeitnehmer (eingehend hierzu Boemke RdA 2018, 1 ff.). Daher richtet sich die Frist zur Kündigung ihrer Anstellungsverträge nach § 621 BGB. Eine Analogie zu § 622 lässt sich aus schlüssig begründeter Sicht des BAG methodisch nicht begründen, weil es an der planwidrigen Lücke fehlt und sogar bei den sozial schutzbedürftigeren arbeitnehmerähnlichen Personen die Fristen des § 621 BGB Anwendung finden.

04.05.2021/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2021-05-04 09:00:102021-05-04 09:00:10BAG zur Kündigungsfrist für Geschäftsführerdienstverträge
Tom Stiebert

Tag 2 der arbeitsrechtlichen Diskussion über den Ruhetag – Ein Überblick über die Argumente

Aktuelles, Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite

Anmerkung: Der Beitrag gibt den Rechtsstand vom 24.03.2021, 10 Uhr, wieder. 
Was genau ein Ruhetag sein soll und auf welcher Grundlage dieser erstellt wird, ist noch völlig offen. Auch wenn die handelnden Personen ursprünglich die Vorstellung gehabt haben mögen, dass die Ruhetage Feiertagen (nach den Feiertagsgesetzen der Länder) gleichgestellt werden („Die Regelung wird analog zu Sonn- und Feiertagen sein„, so Kanzlerin Merkel), so ist es leider nicht so einfach. Bezeichnenderweise endet das vorgenannte Zitat der Kanzlerin dann auch mit „sage ich jetzt einmal„. Das genügt aber nicht.
Das deutsche Arbeitsrecht kennt nur Ersatzruhetage, in einem völlig anderen Kontext Arbeitszeitgesetz.
Welche Optionen gibt es nun, Gründonnerstag und Ostersamstag zum Ruhetag umzuwidmen und welche Folgen hat dies für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Dies soll nachfolgend kurz dargestellt werden.
 
I. Regelung in den Feiertagsgesetzen der Länder
Am effektivsten wäre sicherlich eine Regelung in den Feiertagsgesetzen der Länder aufzunehmen. Alle Folgeprobleme (Entgeltfortzahlung nach EFZG; Arbeitszeit nach ArbZG; Fristabläufe, bspw. § 222 Abs. 2 ZPO) wären damit automatisch gelöst, weil der Begriff des Feiertags in diversen Gesetzen in Bezug genommen wird.
Dies ist allerdings unwahrscheinlich, da es hierfür jeweils eines formellen Gesetzes bedürfte – dies ist in der Kürze der Zeit kaum zu schaffen. Außerdem haben alle Protagonisten bewusst nicht den Begriff des Feiertags verwendet, sodass dies offenbar von Beginn an nicht intendiert war.
 
II. Regelung durch Rechtsverordnung
Insofern scheint eine Regelung in den Coronaschutzverordnungen näherliegend. Bayern hat hierfür bereits einen Entwurf erstellt und schreibt (abrufbar hier):

Betriebe, Ladengeschäfte, Unternehmen und Behörden bleiben am 1. April 2021 (Gründonnerstag) und am 3. April 2021 (Karsamstag) wie an den Osterfeiertagen geschlossen; am Samstag, den 3. April 2021, wird ausschließlich der Lebensmittelhandel geöffnet.

Die Schließung eines Betriebs bedeutet aber zum einen nicht, dass nicht von zu Hause gearbeitet werden kann oder muss und lässt zum anderen die Frage weiterer Rechtsfolgen – Entgeltfortzahlung; Fristabläufe etc. – völlig außen vor.
Rechtlich ist dies im Ergebnis auch richtig, denn die auf das Infektionsschutzgesetz gestütze Verordnung kann solche Bereiche denknotwendig nicht regeln. Betriebe dürfen – nach einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung – geschlossen werden, um das Infektionsrisiko zu senken, die Gewährung eines kompletten arbeitsfreien Tages (auch im Homeoffice) und die Verpflichtung der Arbeitgeber, dennoch die Vergütung zu zahlen, betrifft aber ein vollkommen anderes Thema und kann damit auf diesem Weg nicht geregelt werden.
Insofern ist nach hiesigem Verständnis eine vollständige Gleichstellung der Rechtsfolgen des Ruhetages zu Feiertagen schlichtweg nicht möglich. Geregelt werden kann allein das, was der Vermeidung von Kontakten dient.
 
III. Welche Optionen bleiben?
Nach der hier vertretenen Ansicht ist es damit rechtlich in der Kürze der Zeit kaum möglich, auch die Arbeit im Homeoffice am Ruhetag 1. April 2021 zu versagen.
Aber auch für die zahlreichen Beschäftigten in Betrieben, die zulässigerweise durch die Rechtsverordnung geschlossen werden können, ist allein geklärt, dass eine Schließung möglich ist. Dies beantwortet aber nicht die Frage, ob an diesem Tag auch Entgelt zu gewähren ist und ob dies vom Arbeitgeber oder gar vom Bund bzw. Land zu tragen ist.
Für eine Pflicht des Arbeitgebers zur Gewährung des Entgelts spräche allein das Betriebsrisiko – ob dies aber in dem hiesigen Fall (der eine riesige Anzahl von Betrieben betrifft), einschlägig ist, ist unwahrscheinlich.
Naheliegender ist dagegen, dass Bund und Länder die Lohnkosten für diesen Tag zu tragen haben. Dies jedenfalls dann, wenn die Schließung der Betriebe (oder gar das Verbot jeglicher Tätigkeit) unzulässig sind. Insofern liegen Staatshaftungsansprüche (die insgesamt die Grenze von einer Milliarde Euro erreichen können) nicht fern. Auch das Infektionsschutzgesetz kennt in § 56 IfSG Entschädigungszahlungen an Arbeitgeber in bestimmten Konstellationen, sodass eine solche Sichtweise naheliegend scheint. Ob dies gleichwohl bei der Diskussion bisher bedacht wurde, scheint fraglich.
Ebenso nicht ausgeschlossen ist gleichwohl, dass Arbeitnehmer letztlich auf den Kosten sitzen bleiben – da weder Staat, noch Länder noch der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sind. Auch dies ist jedenfalls dann nicht fernliegend, wenn man die Ansicht teilt, dass die Untersagung der Arbeit zulässig ist, aber das Betriebsrisiko des Arbeitgebers nicht einschlägig ist. Dies wird in der bisherigen Diskussion kaum betrachtet, scheint aber nicht unwahrscheinlich. Insofern würde der Ruhetag dann einem Tag unbezahlten Urlaub gleichen.
 
IV. Ein Ausblick
Welches Ergebnis wird nun am Ende stehen? Vermutlich wird man einen Kompromiss finden. Es erscheint – gerade auch aufgrund der bestehenden Unsicherheit – wahrscheinlich, dass viele Arbeitgeber freiwillig die Ruhetage wie Feiertage behandeln und damit allen Arbeitnehmern (also auch den Beschäftigten im Homeoffice) einen freien Tag bei gleichzeitiger Vergütung gewähren. Ebenso ist zu erwarten, dass auch die Politik in diese Richtung appelieren wird.
Zwingend ist dies aber nicht. Es ist ebenso wahrscheinlich, dass es zu Regressansprüchen gegen Bund und Länder kommt. Unternehmen ist zu raten, diese Optionen sehr genau zu prüfen und entsprechende Maßnahmen ins Auge zu fassen.
Rechtlich ist die Situation jedenfalls extrem problematisch. Als Ausweg bliebe dann allein, den Vorschlag, den 1. April 2021 zum Ruhetag zu deklarieren, als vorzeitigen Aprilscherz zu bezeichnen. Die schlechteste Option wäre dies ganz sicher nicht.
 

24.03.2021/0 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2021-03-24 10:17:522021-03-24 10:17:52Tag 2 der arbeitsrechtlichen Diskussion über den Ruhetag – Ein Überblick über die Argumente
Redaktion

Frage des Arbeitgebers nach Vorstrafen

Arbeitsrecht, Lerntipps, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Beitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) zu einer aktuellen Entscheidung des ArbG Bonn veröffentlichen zu können. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit in Bonn.
 
Das Fragerecht des Arbeitgebers bei Einstellung des Arbeitnehmers gehört zu den Klassikern auch im Examen. Fragen, die unzulässig sind, darf der Bewerber falsch beantworten. Es besteht das Recht zur Lüge.
Doch welche Fragen darf der Bewerber falsch beantworten? Eine solche Frage ist eine Datenerhebung, und die unterliegt der DS-GVO/dem BDSG. Entscheidend ist § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG:

„Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.“

Es kommt also auf die Erforderlichkeit an. Daher kann nur nach für das Arbeitsverhältnis relevanten Vorstrafen gefragt werden. Ein LKW-Fahrer kann nach Straßenverkehrsdelikten und ein Bankmitarbeiter nach Vermögensdelikten gefragt werden. Aber bei der schlichten Frage: „Sind Sie vorbestraft?“ müssten sie auch Bigamie und Freisetzung ionisierter Strahlung offenbaren – beides strafbar, für ihre Tätigkeit aber herzlich uninteressant. Bei Ermittlungsverfahren ist man noch strenger. Hier gilt die Unschuldsvermutung und Fragen zumindest nach eingestellten Ermittlungsverfahren müssen grds. nicht beantwortet werde, bei laufenden Ermittlungsverfahren gibt die die Rechtsprechung tendenziell etwas mehr Spielraum, obwohl ja auch hier die Unschuldsvermutung gilt. Was aber ist, wenn die Frage zu weit gestellt wurde (also generell nach Vorstrafen), aber durchaus relevante Vorstrafen vorliegen, die weite Frage also unzulässig, eine spezifischere Frage also zulässig gewesen wäre? Muss dann der Bewerber die relevanten Vorstrafen und Ermittlungsverfahren offenbaren?
Das ArbG Bonn hat diese Frage nun beantwortet: Ein Arbeitgeber darf von einem Stellenbewerber keine allgemeine Auskunft über Vorstrafen und Ermittlungsverfahren verlangen. Vielmehr dürfe der Arbeitgeber dazu nur dann Informationen einholen, wenn sie für den zu besetzenden Arbeitsplatz relevant sein könnten (Urt. v. 20.5.2020 – AZ: 5 Ca 83/20).
Was war geschehen? Der Kläger hatte eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik begonnen. Bei dieser Tätigkeit hatte er auch Zugriff auf hochwertige Vermögensgüter der Beklagten. Im Rahmen des Einstellungsverfahrens hatte der Kläger auf einem sogenannten Personalblatt bei der Frage nach «Gerichtlichen Verurteilungen/schwebenden Verfahren» die Antwort «Nein» angekreuzt. Tatsächlich wusste er zu dem Zeitpunkt jedoch, dass ihm ein Strafprozess wegen Raubes bevorstand.
Etwa ein Jahr nach seiner Einstellung teilte der Kläger seinem Vorgesetzten mit, dass er eine Haftstrafe antreten müsse und eine Erklärung benötige, dass er seine Ausbildung während seines Freigangs fortführen könne.
Daraufhin wollte der Arbeitgeber den Ausbildungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Das Gericht sah das anders: Die von der Beklagten unspezifisch gestellte Frage nach Ermittlungsverfahren jeder Art sei bei einer Bewerbung um eine Ausbildungsstelle als Fachkraft für Lagerlogistik zu weitgehend und damit unzulässig, entschied das Gericht. Nicht jede denkbare Straftat begründe Zweifel an der Eignung des Klägers für diese Ausbildung. Der Bewerber durfte daher lügen.
Mal sehen, wie es weitergeht. Das Datenschutzrecht gibt die Antwort nicht unmittelbar vor. Aber es leuchtet ein: Ein Arbeitgeber kann die Frage nicht einfach möglichst weit stellen, und damit versuchen, „sanktionslos“ zu viele Informationen abzugreifen. Einzelheiten zum Fragerecht des Arbeitgebers Henssler/Willemsen/Kalb-Thüsing, § 123 BGB Rnr. 18 ff. oder – kompakt zusammengefasst BAG, Urt. v. 20.3.2014 – 2 AZR 1071/12.
 

02.06.2020/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2020-06-02 08:35:402020-06-02 08:35:40Frage des Arbeitgebers nach Vorstrafen
Gastautor

Schutz vor Mobbing am Arbeitsplatz: Eine Aufgabe für den Gesetzgeber?

Aktuelles, Arbeitsrecht, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Beitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing veröffentlichen zu können. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn.
Mobbing am Arbeitsplatz, sei es durch Kollegen oder durch Vorgesetzte, stellt für die Beschäftigten eine tiefgreifende Belastung dar. In den vergangenen Jahren hat sich die Rechtsprechung dem Thema immer wieder angenommen – nun tut es auch die Politik. Gefordert wird ein neues Gesetz zum Schutz der Arbeitnehmer (BT-Drucks. 19/6129 und BT-Drucks. 19/16480). Nur wer sich vergewissert, welche gesetzlichen Regelungen zum Thema Mobbing bereits bestehen und wie die Mobbing-Fälle in der bisherigen Rechtsprechung gehandhabt wurden, kann bewerten, ob ein neues Mobbinggesetz in der geforderten Form tatsächlich erforderlich ist, um einen ausreichenden Beschäftigtenschutz zu gewährleisten. Dazu im Folgenden einige Überlegungen, die helfen, allgemeine Fragen des Schuldrechts nochmal in Erinnerung zu rufen:

  • Das Bundesarbeitsgericht definierte Mobbing zunächst als „das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte.“[1] In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde der Begriff konkretisiert und Mobbing als „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen“ definiert.[2] Das alles sind Formeln, die ohne Ansehung leer sind. Aber präziser wird man das kaum fassen können. Mobbing ist ein typos, der nur in wertender Gesamtschau beschrieben, aber nicht definiert werden kann – wie der Kunstbegriff oder der Religionsbegriff des Grundgesetzes.
  • Arbeitgeber sollen verpflichtet werden, „geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen zur Unterbindung von Mobbing zu ergreifen, wie beispielsweise Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung“.[3] Eine solche Pflicht des Arbeitgebers folgt bereits in Form einer Fürsorgepflicht aus § 242 BGB.[4] Der Arbeitgeber hat die Grundrechte des Arbeitnehmers, in diesem Zusammenhang insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht, zu achten und zu schützen.[5] Dass dieser Grundsatz zum Teil gesetzliche Konkretisierungen erfahren hat, wie etwa vormals in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Beschäftigtenschutzgesetz oder jetzt in § 12 Abs. 3 AGG, ändert nichts an dessen Gemeingültigkeit. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen zur Verhinderung von Mobbing zu ergreifen, soweit ihm diese zumutbar sind. Hierzu kann auch die Abmahnung oder Kündigung des mobbenden Mitarbeiters oder die Umsetzung das Mobbing-Betroffenen in ein anderes Umfeld gehören – ob hierauf tatsächlich ein Anspruch besteht, kann indes nur im Einzelfall beurteilt werden.[6] Niemand aber bestreitet die Möglichkeit, solche Maßnahmen zu ergreifen.[7]
  • Verletzt der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht, indem er geeignete Maßnahmen nicht ergreift, ist ihm die Mobbinghandlung zurechenbar – etwa weil er selbst oder ein Erfüllungsgehilfe gem. § 278 BGB sie vornimmt – oder trifft ihn ein Organisationsverschulden, können dem Arbeitnehmer Ansprüche auf Ersatz sowohl des materiellen als auch des immateriellen Schadens zustehen.[8] Deliktische Ansprüche gegen den Arbeitgeber oder einen mobbenden Mitarbeiter nach den §§ 823 ff. BGB sind ebenso naheliegend.[9] Auch das ist unbestritten.[10]
  • Soweit gefordert wird, eine Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen in Fällen von Mobbing von mindestens drei Jahren festzuschreiben[11], ist erneut auf den gesetzlichen status quo hinzuweisen: Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach §§ 195, 199 BGB gilt bereits. Die Frist für Schadensersatzansprüche bei Verletzung der Gesundheit beträgt nach § 199 Abs. 2 BGB sogar 30 Jahre. Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen gelten nicht für die Haftung wegen Vorsatzes und greifen so in Mobbingfällen regelmäßig nicht ein.[12]
  • Eine geforderte Stärkung der Rechte des Betriebsrats hinsichtlich von Präventionsmaßnahmen[13] wäre rein deklaratorisch: Mobbingregeln in Verhaltenskodizes sind bereits jetzt mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG als Regelungen zur Ordnung des Betriebs.[14]
  • Auch das geplante Maßregelungsverbot[15] bedarf keiner zusätzlichen Rechtsgrundlage – ein solches besteht bereits in § 612a BGB.[16] Gleiches gilt für das geforderte Leistungsverweigerungsrecht – im Falle des nachgewiesenen Mobbings folgt ein solches bereits aus § 273 BGB.[17] Auch hier: unbestritten.[18]
  • Eine wesentliche Änderung der jetzigen Rechtslage würde jedoch die geforderte Beweiserleichterung im gerichtlichen Verfahren mit sich bringen.[19] Es gilt der allgemeine Grundsatz, nach dem der Gläubiger die anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen muss, Beweiserleichterungen greifen nicht ein.[20] Insoweit besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen Mobbing-Fällen, die unter das AGG fallen – hier greift die Beweiserleichterung nach § 22 AGG – und solchen, die nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sind.
  • Die Fraktion Die Linke fordert zudem ein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften.[21] Ein solches Recht wird wegen allem Möglichen gefordert.[22]  Eingeführt wurde es bislang nicht. Es wäre also ein Systembruch, es gerade hier zu tun – und es wäre umso brüchiger, als das deutsche Recht ja (anders als das französische[23]) noch nicht einmal ein Klagerecht der Gewerkschaft zur Durchsetzung des Tariflohns eines einzelnen Arbeitnehmers kennt. Wenn sie sich aber noch nicht einmal in dieser Weise schützend vor den eigenen Tarifvertrag stellen kann, dann wäre es beim Mobbing sicherlich begründungsbedürftig. Und das insbesondere deswegen, weil der Arbeitnehmer vielleicht aus gutem Grund gar nicht will, dass seine Demütigungen und Belästigungen in die (Gerichts-)Öffentlichkeit getragen we

Umgesetzt wird das alles nicht – es handelt sich ja um Anträge der Opposition. Aber wichtig ist so eine Diskussion allemal. Wer mehr wissen, will, der kann am 27.1.2019 Parlamentsfernsehen schauen – die Sachverständigenanhörung in der Ausschusssitzung Arbeit und Soziales wird live übertragen und ist danach in der Mediathek abrufbar.
 
Nachweise
[1] BAG, Beschl. v. 15.1.1997 – 7 ABR 14/96, NZA 1997, 781. 
[2] LAG Thüringen, Urt. v. 15.2.2001 – 5 Sa 102/00, NZA-RR 2001, 577 (579); siehe auch LAG Hamm, Urt. v. 25.6.2002 – 18 (11) Sa 1295/01, NZA-RR 2003, 8 (Ls.); LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.8. 2001 – 6 Sa 415/01, NZA-RR 2002, 121 (122); siehe auch MAH ArbR/Reinfeld, § 34 Rn. 62 m.W.N.
[3] BT-Drucks. 19/6128, S. 3.
[4] BGH, Urt. v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223 (225); ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 615; Benecke, RdA 2008, 357 (359).
[5] BGH, Urt. v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223 (225 f.) m.w.N.; ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 615.
[6] BGH, Urt. v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223 (226); Urt. v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154 (1159).
[7] ErfK/Niemann, § 626 BGB; Rn. 117; Küttner/Poeche, Mobbing, Rn. 3; MAH ArbR/Reinfeld, § 34 Rn. 66; Mengel, Compliance und Arbeitsrecht, Persönlichkeitsrechtsschutz, Rn. 35 ff.; Seel, öAT 2013,158 (159); Benecke, Rda 2008, 357 (364); dies., NZA-RR 2003, 225 (226).
[8] Siehe BGH, Urt. v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223 (227); Urt. v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154 (1165) m.W.N.
[9] BGH, Urt. v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223 (225);
[10] Siehe etwa ErfK/Preis, § 611a BGB, Rn. 617 und 623; Küttner/Poeche, Mobbing, Rn. 3; MAH ArbR/Reinfeld, § 34 Rn. 67; Benecke, RdA 2008, 357 (359); diess.., NZA-RR 2003, 225 (227).
[11] BT-Drucks. 19/16480, S. 2.
[12] BAG, Urt. v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12, NZA 2013, 1265 (1267); siehe auch BAG, Urt. v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154.
[13] So gefordert in BT-Drucks. 19/16480, S. 2.
[14] Henssler, NZA Beilage 2018, 31 (36); siehe dazu auch Schwede, ArbRAktuell 2019, 7 (9); Sasse/Schönfeld, RdA 2016, 346 (349). Aus der Kommentarliteratur: BetrVG/Richardi § 87 Rn. 177 ff. mwN.
[15] BT-Drucks. 19/6128, S. 3.
[16] Dazu umfassend HWK/Thüsing, § 612a BGB Rnr. 1 ff.; Thüsing, NZA 1994, S. 728.
[17] Siehe dazu BGH, Urt. v. 19.1.2016 – 2 AZR 449/15, NZA 2016, 1144 (1149); v. 23.1.2007 – 9 AZR 557/06, NZA 2007, 1166 (1167); hierzu muss die behauptete Pflichtverletzung des Arbeitgebers indes genau bezeichnet werden, ein pauschales Berufen auf Mobbing genügt nicht, siehe BAG, Urt. v. 13.3.2008 – 2 AZR 88/07, BeckRS 2008, 54095.
[18] ErfK/Preis, § 611a Rn. 617; Küttner/Poeche, Mobbing, Rn. 4; Schaub/Koch/Koch, Mobbing; Schaub/Ahrendt, § 36 Rn. 160; Kreitner, DStR 1997, 1292 (1294).
[19] BT-Drucks. 19/6128, S. 3.
[20] Ausführlich BAG, Urt. v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154 (1162); für eine Modifikation zugunsten des Arbeitnehmers noch LAG Thüringen, Urt. v. 15.2.2001 – 5 Sa 102/00, NZA-RR 2001, 577 (580).
[21] BT-Drucks. 19/16480, S. 1.
[22] Ein engagiertes Plädoyer für ein Verbandsklagerecht bei Diskriminierungen Joussen, RdA 2015, S.305, 307. Kraftvoll dagegen Höpfner für das Tarifrecht RdA 2015, 94, 95: „Allen Vorschlägen zur Einführung eines Verbandsklagerecht gemein ist ein völlig unbegründetes Misstrauen gegen die Selbstbestimmungskraft der einzelnen Arbeitnehmer, um derentwillen Tarifautonomie überhaupt nur existiert. Sie führen, konsequent zu Ende gedacht, zu einer Pervertierung von Tarifautonomie als eine kollektivistische Bevormundung des Arbeitnehmers.“
[23] S. hierzu schon Thüsing, DB 1999, 1552.
 

27.01.2020/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-01-27 09:34:392020-01-27 09:34:39Schutz vor Mobbing am Arbeitsplatz: Eine Aufgabe für den Gesetzgeber?
Gastautor

BAG: Neues zum Zugang einer Kündigungserklärung

Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Wir freuen uns sehr, nachfolgend einen Gastbeitrag von Hannah Linke veröffentlichen zu können. Die Autorin hat Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert und ist derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP am Düsseldorfer Standort im Arbeitsrechtsteam tätig. 
 
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Im Fokus der Entscheidung des BAG (Urt. v. 22.8.2019 – 2 AZR 111/19) steht der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Vom Zugangszeitpunkt hängt es insbesondere ab, ob die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist, oder ob die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG eingehalten wird. Letzteres ist auch in dem hier zu besprechenden Urteil problematisch. Sollte Arbeitsrecht einmal Thema einer Examensklausur sein, ist in der Regel die Wirksamkeit einer Kündigung, ggf. eingebettet in die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage, zu prüfen. Aber nicht nur für Examenskandidaten ist der folgende Beitrag von Interesse: Es geht maßgeblich um die Zugangsvoraussetzungen einer empfangsbedürftigen Willenserklärung unter Abwesenden. Unter Punkt III. findet sich ein informativer Exkurs zu diesem Komplex, sodass auch Studierende in den Anfangssemestern angesprochen werden.
 
I. Sachverhalt
Die Beklagte ließ das Kündigungsschreiben von einer Mitarbeiterin gegen 13.25 Uhr am 27.1.2017 (Freitag) in den Briefkasten des bei ihr angestellten Klägers werfen. Die Postzustellung im Wohnort des Klägers ist in aller Regel bis 11.00 Uhr abgeschlossen. Die Kündigungsschutzklage des Klägers ging am 20.2.2017 (Montag) beim Arbeitsgericht ein. Der Kläger macht geltend, er habe das Kündigungsschreiben erst am 30.1.2017 seinem Briefkasten entnommen. Der Zugang habe folglich frühestens an dem auf den 27.1.2017 folgenden Tag stattfinden können.
 
II. Vorinstanzen
Die Vorinstanzen (ArbG Karlsruhe v. 17.4.2018 – 2 Ca 60/17; LAG Baden-Württemberg v. 14.12.2018 – 9 Sa 69/18) haben die Klage abgewiesen. Mangels Einhaltung der maßgeblichen Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG gelte die außerordentliche Kündigung nach § 13 Abs. 1 S. 2 iVm § 7 Hs. 1 KSchG als von Anfang an wirksam. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben mithin einen Zugang des Kündigungsschreibens bereits am 27.1.2017 angenommen. Nach dem LAG könne der Verkehrsanschauung entsprechend mit einer Kenntnisnahme von Schriftstücken, die im Briefkasten eines Arbeitnehmers hinterlassen werden, bis 17.00 Uhr gerechnet werden. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses der örtlichen Postzustellung komme es hingegen nicht (mehr) an. Heutzutage könne bei Berufstätigen mit einer Leerung des Briefkastens erst nach Rückkehr von der Arbeit gerechnet werden.
 
III. Exkurs: Zugang von Willenserklärungen unter Abwesenden
Neben der Abgabe stellt der Zugang kumulativ vorzuliegende Voraussetzung für das Wirksamwerden empfangsbedürftiger Willenserklärungen dar. Das Erfordernis des Zugangs einer Willenserklärung gegenüber Abwesenden ist in § 130 Abs. 1 S. 1 BGB geregelt. Definiert wird der Begriff des Zugangs im Gesetz jedoch nicht. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Willenserklärung zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Erklärungsempfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.[1]Da nach dieser Definition im Hinblick auf die Komponente der Kenntnisnahmemöglichkeit nur auf die gewöhnlichen Verhältnisse abgestellt wird, ist es für die Annahme eines Zugangs unerheblich, wann die Kenntnisnahme durch den Empfänger tatsächlich erfolgt.[2]Auch die Tatsache, dass der Empfänger im Urlaub, Krankenhaus oder aus sonstigen Gründen für längere Zeit nicht zu Hause ist, steht dem Zugang der Willenserklärung prinzipiell nicht entgegen. Den Erklärungsempfänger trifft die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um eine Kenntnisnahme vom Inhalt von in seinen Machtbereich gelangten Willenserklärungen auch bei seiner Abwesenheit zu gewährleisten, sofern er mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen rechnen muss. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Anbahnung von vertraglichen Beziehungen oder im bestehenden Arbeitsverhältnis.[3]Selbst wenn der Erklärende von der Abwesenheit des Empfängers weiß, gilt grundsätzlich nichts anderes.[4]Das ist auch interessengerecht, da die Risikosphäre des Empfängers eröffnet ist, sobald die Erklärung in seinen Herrschaftsbereich (Briefkasten, Empfangsboten etc.) gelangt ist. Beim Übergabe-Einschreiben ist dabei Folgendes zu beachten: Schlägt die Aushändigung des Einschreibens durch die Zustellungsperson fehl, weil der Empfänger nicht zugegen ist, erfolgt der Zugang der Willenserklärung nicht schon mit der Hinterlegung des Benachrichtigungsscheins im Briefkasten des Empfängers, sondern erst mit Abholung bei der Post.[5]Erst dann gelangt die Erklärung in seinen Machtbereich. Sollte die Erklärung fahrlässig oder vorsätzlich nicht bei der Poststelle abgeholt werden, liegt ein Fall der Zugangsvereitelung vor.
Zu differenzieren ist zwischen der berechtigten und der unberechtigten Zugangsvereitelung.[6]Von der berechtigten Zugangsverweigerung spricht man, wenn der Erklärungsempfänger sich auf einen legitimen Grund für die Verweigerung der Entgegennahme der Erklärung berufen kann. Dieser Fall ist etwa dann einschlägig, wenn der Empfänger ein sog. Nachentgelt zahlen muss, weil das Schreiben vom Absender nicht ausreichend frankiert wurde.[7]Hier fehlt es an einem Zugang und die Willenserklärung wird nicht wirksam. Der Erklärende muss einen erneuten Zustellungsversuch unternehmen. Das Gleiche gilt bei der fahrlässigen Zugangsvereitelung, auch wenn hier keine Rechtfertigungsgründe für die Zugangsverhinderung gegeben sind. Erfolgt unverzüglich ein weiterer Zustellungsversuch, kann der Empfänger sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) indes nicht auf eine verspätete Zustellung berufen. Die fahrlässige Zugangsvereitelung zieht eine Rechtzeitigkeitsfiktion nach sich.[8]Etwas anderes gilt bei der vorsätzlichen Zugangsver-eitelung, bei der ein erneuter Zustellungsversuch nicht unternommen werden muss. Die Zustellung wird hier nach dem Rechtsgedanken der §§ 162 Abs. 1, 815 BGB fingiert.[9]
 
IV. Entscheidung des BAG 
Das BAG hat sich den Vorinstanzen nicht angeschlossen. Zumindest mit der vom LAG angebotenen Begründung hätte der Kündigungsschutzantrag nicht abgewiesen werden dürfen. Zwar sei das Kündigungsschreiben bereits am 27.1.2017 in den Machtbereich des Klägers gelangt. Ob an diesem Tag aber auch bereits mit einer Kenntisnahme durch den Arbeitnehmer gerechnet werden könne, sei problematisch. Vor allem die Aussage des LAG, von einer Leerung des Briefkastens sei bei Arbeitnehmern nach der Verkehrsanschauung um 17.00 Uhr auszugehen, hat das BAG als willkürlich kritisiert:

„Ob die Möglichkeit einer Kenntnisnahme bestand, ist nach den gewöhnlichen Verhältnissen und den Gepflogenheiten des Verkehrs zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist vielmehr eine generalisierende Betrachtung geboten.“[10]

Grundsätzlich sei die Annahme einer Verkehrsanschauung, wonach eine Leerung der Hausbriefkästen unmittelbar nach Abschluss der Regelpostzustellzeiten erfolge, nicht zu beanstanden. Zwar könne das LAG eine davon abweichende Verkehrsanschauung aufgrund sich ändernder Lebensumstände annehmen, jedoch seien die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, eine solche Anschauung zu begründen. Teilzeitbeschäftigte, im Homeoffice tätige Arbeitnehmer, Nachtarbeiter oder nicht erwerbstätige Personen würden bei Beurteilung der Leerungszeiten von Briefkästen am Wohnort des Klägers durch das LAG außer Betracht bleiben. Hinzukomme, dass der Kläger im Elsass wohnhaft sei, sodass die durch das Gericht in zweiter Instanz herangezogenen Werte und Statistiken in Bezug auf Deutschland nicht herangezogen werden könnten. Auch eine auf Verhältnismäßigkeitserwägungen beruhende Festlegung der Leerungszeit auf 17.00 Uhr sei nicht geeignet, eine dahingehende Verkehrsanschauung zu begründen. Schließlich sei auch die landgerichtliche Argumentation, wonach ein fristwahrender Zugang für den Erklärenden bis 24.00 Uhr möglich sein müsse, da andernfalls eine unzulässige Verkürzung des Fristendes nach § 188 BGB gegeben sei, nicht haltbar. Die Regelung des § 188 BGB bezieht sich auf das Ende einer Frist, trifft aber keine Aussage zum Zugang von Willenserklärungen.
Das BAG hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Es sei dessen Aufgabe festzustellen, wann nach der Verkehrsanschauung mit der Entnahme des am 27.1.2017 in den klägerischen Briefkasten eingeworfenen Schreibens zu rechnen war. Die Feststellung des Inhalts der Verkehrsanschauung sei eine Tatfrage, deren Beurteilung vom Revisionsgericht nur eingeschränkt kontrolliert werden könne. 
Im Jahr 2015 hat das BAG[11]zum Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung festgehalten: „Anders als dann, wenn ein Brief ohne Wissen des Adressaten erst nach den üblichen Postzustellzeiten in dessen Hausbriefkasten eingeworfen wird, ist mit der Kenntnisnahme eines Schreibens, von dem der Adressat weiß oder annehmen muss, dass es gegen 17.00 Uhr eingeworfen wurde, unter gewöhnlichen Verhältnissen noch am selben Tag zu rechnen. Ob die Kl. dazu angesichts ihrer Termine tatsächlich in der Lage war, ist nicht entscheidend.“ Das BAG unterscheidet richtigerweise dazwischen, ob der Arbeitnehmer mit der Zustellung eines Schreibens nach den üblichen Postzustellungszeiten rechnet bzw. rechnen muss. Orientiert man sich hieran, spricht, sofern der Kläger nichts von dem Einwurf des Kündigungsschreibens um 13.25 Uhr wusste oder wissen musste, gegen einen Zugang des Schreibens noch am 27.1.2017. Zu berücksichtigen ist nichtsdestotrotz, dass der Einwurf des Kündigungsschreibens hier am frühen und nicht am späten Nachmittag stattgefunden hat.
Es bleibt somit abzuwarten, wie da LAG Baden-Württemberg im Anschluss an das Urteil des BAG entscheidet.
 
V. Fazit
Auch wenn das BAG noch keine abschließende Entscheidung zu der Frage getroffen hat, wann die Kündigungserklärung dem Kläger im Fall zugegangen ist, enthält das Urteil wichtige Kriterien zur Bestimmung der jeweils einschlägigen Verkehrsanschauung, die den Zugangszeitpunkt bestimmt. Denn sobald die jeweilige Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, kommt es bei der Bestimmung, wann der Empfänger Möglichkeit hatte, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen, nur auf die Verkehrsanschauung an. Ist nach der Verkehrsanschauung die Kenntnisnahmemöglichkeit zu bejahen, gilt die Willenserklärung als zugegangen. Auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Empfänger kommt es hingegen nicht an.
[1]Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. 2019, § 130 Rn. 5.
[2]Noack/Uhlig, JA 2012, 740, 741.
[3]LAG-Schleswig-Holstein v. 1.4.2019 – 1 Ta 29/19, NZA-RR 2019, 528, 529; BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 366/04, NZA 2006, 204, 205.
[4]Vgl. hierzu etwa BAG v. 24.6.2004 – 2 AZR 461/03, NZA 2004, 1330.
[5]Klinkhammer/Schmidbauer, ArbRAktuell 2018, 362, 363.
[6]Noack/Uhlig, JA 2012, 740, 744.
[7]MüKo/Einsele, BGB, 8. Aufl. 2018, § 130 Rn. 36; https://www.deutschepost.de/content/dam/dpag/images/G_g/Gesamtpreisliste/dp-leistungen-und-preise-012019.pdfS. 35 (Stand: 11.1.2020).
[8]Preis, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 5. Aufl. 2017, 1. Teil, Kap. D Rn. 58.
[9]Weiler, JuS 2005, 788, 792 f.
[10]BAG v. 22.8.2019 – 2 AZR 111/19, NJW 2019, 3666, 3667
[11]BAG v. 26.3.2015 – 2 AZR 483/14, NZA 2015, 1183, 1183 f.
 
 

24.01.2020/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-01-24 09:15:472020-01-24 09:15:47BAG: Neues zum Zugang einer Kündigungserklärung
Redaktion

Zivilrecht III – April 2019 – NRW – 1. Staatsexamen

Arbeitsrecht, Examensreport, Examensvorbereitung, Lerntipps, Nordrhein-Westfalen, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Zivilrecht

Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zur Examensklausur Zivilrecht III, 1. Staatsexamen, NRW, April 2019. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
 
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt.
 
Fall:
Der A ist seit 2012 als Erzieherbei der KiTa GmbH beschäftigt. Die Geschäftsführerin der GmbH ist die G. Neben dem A arbeiten noch vier Erzieherinnen und ein weiterer Erzieher bei der KiTa GmbH. Im November 2018 tauchen auf der Plattform „Instaphoto“ Bilder von einem nackten Mann in den Räumlichkeiten der KiTa auf. Um welche Person es sich handelt, kann auf den ersten Blick nicht eindeutig festgestellt werden. Der Statur nach kann es sich um den A handeln, nicht jedoch um den anderen männlichen Erzieher. In dem Zeitraum, in dem das Foto entstanden sein muss, fanden ebenfalls Bauarbeiten in der KiTa statt. Bauarbeiter hätten entsprechend auch zu jeder Tages- und Nachtzeit Zutritt zu den Räumen gehabt. Allein der A steht jedoch unter Verdacht. Die G leitet sofort Ermittlungen ein und stellt den A zunächst zum 15.11.2018 von der Arbeit frei. Er soll so lange zuhause bleiben, bis sich der Verdacht aufgelöst hat. Die Eltern der Kinder sind jedoch mit diesem Vorgehen nicht einverstanden. Die Hälfte der Eltern kündigen an, ihre Kinder von der KiTa abzumelden, sollte der A nicht unverzüglich gekündigt werden. Auch die übrigen ErzieherInnen kündigen an, dass ihnen der Stress bzgl. des Fotos so sehr zu Gemüte schlage, dass die G mit einer Erkrankung ihrerseits zu rechnen habe. Ohne dem A eine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben zu haben, bringt die G am 30.11.2019 ein Kündigungsschreiben in das Büro der Ehefrau des A. Die Ehefrau übergibt dem A das Schreiben noch am Abend desselben Tages. In dem Schreiben kündigt die G den A fristlos zum 1.12.2019. Hiergegen möchte der A vorgehen. Er erhebt form- und fristgemäß eine Kündigungsschutzklage.
 
Frage 1: Wie wird das zuständige Arbeitsgericht entscheiden (Die Zulässigkeit ist nicht zu prüfen)?
 
Frage 2: Es sei anzunehmen, dass die Kündigung unwirksam war. Dies entscheidet das Gericht am 28.2.2019. Hat der A Anspruch auf Lohn vom 1.12.2018 bis zum 28.2.2019, wenn anzunehmen ist, dass der A der KiTa während der ganzen Zeit ferngeblieben ist?
 
Fallfortsetzung:
Dem A wird nicht gekündigt. Er wird jedoch ebenfalls am 15.11.2018 freigestellt. Die G fordert den A auf, den Schlüssel für die KiTa-Räumlichkeiten unverzüglich in der KiTa abzugeben. Hiermit ist der A jedoch nicht einverstanden. Zwar geht er davon aus, dass er zur Herausgabe des Schlüssels verpflichtet ist, er sieht es jedoch nicht ein, hierfür zur KiTa zu fahren. Vielmehr ist er der Meinung, dass die G den Schlüssel bei ihm abholen müsse. Die G fordert den A am 20.11.2018 erneut auf, ihr den Schlüssel in die KiTa zu bringen. Der A weigert sich erneut. Die G spielt mit dem Gedanken die Schließanlage der KiTa auszutauschen. Hierbei hätte sie Kosten i.H.v. 2000 EUR. Schlussendlich entscheidet sie sich jedoch gegen den Austausch. Die 2000 EUR soll der A jedoch trotzdem zahlen.
 
Frage 3: Hat die KiTa GmbH, vertreten durch die G, einen Anspruch i.H.v. 2000 EUR?
 
Fallfortsetzung:
Im Streit um die Kündigung vor dem zuständigen Arbeitsgericht, wird am 28.2.2019 ein Vergleich geschlossen. In dem wird festgehalten, dass der A bis zum 15.4.2019 nicht zur Arbeit erscheinen solle, weiterhin jedoch für diesen Zeitraum den Lohn erhalte. Er dürfe in der Zwischenzeit keine andere Tätigkeit wahrnehmen, solle jedoch gerade die Zeit nutzen, um eine neue Stelle zu finden. Sollte er eine Stelle vor dem 15.4.2019 gefunden haben, sei dies der KiTa GmbH fünf Tage vor dem neuen Arbeitsbeginn mitzuteilen. Die Lohnzahlung werde dann entsprechend eingestellt. Am 7.3.2019 findet der A tatsächlich eine geeignete Stelle, bewirbt sich und erklärt der G, er werde zum 15.3.2019 einer neuen Tätigkeit nachgehen. Am 10.3.2019 erhält der A jedoch für ihn sehr unerwartet eine Absage. Daraufhin möchte er von der KiTa GmbH auch weiterhin seinen Lohn erhalten. Dieser könne durch seine Ankündigung einen neuen Arbeitgeber gefunden zu haben, nicht erloschen sein. Sein Anspruch bestehe weiterhin, da der geschlossene Vergleich ohnehin unwirksam sei. Die angeführte „Ankündigungsfrist“ stehe im Widerspruch mit den gesetzlichen Kündigungsfristen. Er wendet sich an die Rechtsanwälten R mit der Bitte um Rat, da er davon ausgeht einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns vom 15.3.2019 bis zum 15.4.2019 zu haben.
 
Frage 4: Was wird die R ihm mitteilen?
 
 

17.05.2019/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2019-05-17 09:30:102019-05-17 09:30:10Zivilrecht III – April 2019 – NRW – 1. Staatsexamen
Dr. Lena Bleckmann

Die Chefarztentscheidung – Kündigung wegen zweiter Ehe?

Aktuelles, Arbeitsrecht, Europarecht, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Startseite

Das Urteil des EuGH vom 11.9.2018 erfuhr eine Aufmerksamkeit in den deutschen Medien, wie sie für den Bereich des kirchlichen Arbeitsrechts ausgesprochen selten ist. Die Entscheidung soll hier kurz aufgearbeitet werden, da ihre Kenntnis als Teil des juristischen Tagesgeschehens durchaus vorteilhaft ist und sie gerade im Bereich der Schwerpunktbereichsprüfung im Arbeitsrecht Bedeutung erlangen kann. Dem Examenskandidaten sollte die Entscheidung Anlass liefern, das Selbstbestimmungsrecht der Kirche sowie das Zusammenspiel nationaler und europarechtlicher Normen zu wiederholen.
I. Sachverhalt (gekürzt)
Der Kläger war von 2000 bis 2009 Chefarzt der Inneren Medizin in einem Krankenhaus der Beklagten. Er selbst ist katholischer Konfession, die Beklagte ist eine GmbH unter der Aufsicht der katholischen Kirche.
Nachdem seine erste Ehefrau aus katholisch anerkannter Ehe ihn bereits 2005 verlassen hatte und sich scheiden ließ, ging der Kläger im Jahre 2008 eine zweite standesamtliche Ehe ein. Die katholische Kirche hatte die erste Ehe zuvor nicht für nichtig erklärt.
Als die Beklagte hiervon Kenntnis erlangte, kündigte sie das Dienstverhältnis. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und macht geltend, ein evangelischer Mitarbeiter in derselben Position wäre unter denselben Bedingungen nicht gekündigt worden.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf entschied zugunsten des Klägers, ebenso wie das LAG Düsseldorf und das BAG. Das Urteil des BAG wurde allerdings vom BVerfG wegen mangelnder Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts aufgehoben und zurückverwiesen (siehe zu der wichtigen Entscheidung BVerfG, NZA 2014, 1387). Nun fand der Fall nach einem Vorabentscheidungsersuchen des BAG seinen Weg zum EuGH.
II. Gesetzliche Grundlagen
Das Arbeitsrecht im Rahmen der katholischen Kirche birgt einige Besonderheiten und ist von hoher praktischer Relevanz, da die Kirchen nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands sind.
Die Besonderheiten sowohl im nationalen als auch im europäischen Recht folgen daraus, dass der Status der Kirchen und ihr Selbstbestimmungsrecht ausdrücklich anerkannt werden (siehe Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV; Erwägungsgrund 24 RL 2000/78 EG).
Dem wird auch im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung getragen: Während unmittelbare Diskriminierungen wegen der Religion nach § 7 I AGG i.V.m. § 8 I AGG nur gerechtfertigt werden können, wenn die Religion eine wesentliche berufliche Anforderung darstellt und die Ungleichbehandlung einen legitimen Zweck angemessen verfolgt, so gilt allein für kirchliche Einrichtungen zusätzlich der Rechtfertigungsgrund nach § 9 AGG. Hiernach ist sie auch zulässig, wenn die Religion im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirche oder nach Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Weiterhin dürfen die kirchlichen Einrichtungen nach § 9 II AGG im Hinblick auf ihr Selbstverständnis besondere Loyalitätsobliegenheiten der Mitarbeiter vorsehen.
Dies hat die katholische Kirche in Art.  4 I, 5 II, III GrO 1993 getan, wo festgelegt ist, dass eine nach kirchlichem Verständnis ungültige Ehe einen Kündigungsgrund insbesondere für leitende Mitarbeiter katholischer Konfession darstellt. Demgegenüber wird von nicht katholischen Mitarbeitern lediglich die Achtung der Werte des Evangeliums verlangt (Art. 4 II GrO 1993).
III. Fragen des BAG – Antworten des EuGH
Fraglich war nun zunächst, ob die Loyalitätsobliegenheiten, die die Kirchen nach Art der Tätigkeit und Umständen ihrer Ausübung als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderungen vorsehen können, einer vollständigen gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegen. Dies hat der EuGH bejaht – insbesondere die Vereinbarkeit der Anforderungen mit der RL 2000/78 EG darf der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen werden. Schon im Fall Egenberger (Urt. v. 17.4.2018 – C-414/16) stellte der EuGH fest, dass die Gerichte in der Lage sein müssen zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 4 II RL 2000/78/EG (der von § 9 AGG umgesetzt wird) überhaupt erfüllt sind. Die Ungleichbehandlung wegen der Religion muss tatsächlich wesentliche Anforderung im Hinblick auf das Ethos der Kirche sein und darf kein sachfremdes Ziel verfolgen.
Sollte die Anordnung durch die Kirche insoweit zulässig sein, stellt sich weiterhin die Frage, ob sich die Anforderungen, die an loyales Verhalten gestellt werden, danach unterscheiden dürfen, ob der betreffende Mitarbeiter katholischer Konfession ist oder nicht. Dies bejaht der EuGH mit einem großen „Aber“: Grundsätzlich ist eine solche Ungleichbehandlung nicht unzulässig, solange die Religion oder Weltanschauung (hier genauer gesagt die katholische Konfession und damit verbundene Akzeptanz des unauflöslichen Charakters der Ehe) im Hinblick auf die Tätigkeit wesentliche, gerechtfertigte berufliche Anforderung i.S.d. Art. 4 II RL 2000/78/EG ist. Das wäre der Fall, wenn es dem Ethos der Kirche widerspräche, wenn der Mitarbeiter auf der betreffenden Position die Anforderung nicht erfüllt. In einem Hinweis an die nationalen Gerichte stellt der Gerichtshof sodann fest, dass doch allein die Tatsache, dass auf gleicher Ebene Mitarbeiter beschäftigt seien, die eben nicht katholischer Konfession sind und für die die Loyalitätsobliegenheit somit nicht gilt, gegen eine wesentliche Anforderung spreche. Letztlich obliegt diese Entscheidung aber dem BAG.
IV. Auswirkungen der Entscheidung
Nach dem deutlichen Hinweis des EuGH ist zu erwarten, dass das BAG zugunsten des Arztes entscheiden wird. Zu beachten ist, dass das AGG nach § 2 IV AGG auf Kündigungen grundsätzlich nicht anwendbar ist. Um auch bei Kündigungen einen angemessenen Diskriminierungsschutz zu gewährleisten geht man allerdings davon aus, dass eine diskriminierende Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sein kann und damit nach § 1 I KSchG unwirksam ist.
Das BAG hat nun auch zu entscheiden, ob § 9 AGG europarechtskonform ausgelegt werden kann. Die volle gerichtliche Überprüfbarkeit und die Anforderung, dass jede Ungleichbehandlung nur wegen „wesentlicher, rechtmäßiger und gerechtfertigter“ beruflicher Anforderungen erfolgen kann, darf dem Wortlaut des § 9 AGG nicht widersprechen. Sollte eine europarechtskonforme Auslegung nicht möglich sein, muss die Norm von den deutschen Gerichten unangewendet bleiben – zwar entfaltet die Diskriminierungsrichtlinie selbst keine unmittelbare Wirkung innerhalb der Mitgliedsstaaten, allerdings konkretisiert sie das nun in Art. 21 Grundrechtecharta niedergelegte Diskriminierungsverbot, dessen volle Wirksamkeit durch die Gerichte zu gewährleisten ist (siehe zur Problematik auch ausführlich Thüsing/Mathy, RIW 2018, 559).
Die Reaktion des BAG bleibt gerade wegen dieser folgeträchtigen Frage mit Spannung abzuwarten.

15.10.2018/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2018-10-15 09:55:502018-10-15 09:55:50Die Chefarztentscheidung – Kündigung wegen zweiter Ehe?
Gastautor

Überblick: AGB-Kontrolle unter Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten

AGB-Recht, Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns sehr, nachfolgend einen Beitrag von Lena Bleckmann veröffentlichen zu können. Die Autorin studiert an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms Universität Bonn und ist dort am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit tätig.
 
Die Prüfung der Wirksamkeit von AGB anhand der §§ 305 ff. BGB ist häufiger Bestandteil zivilrechtlicher, insbesondere arbeitsrechtlicher Klausuren. Der folgende Beitrag soll daher zur Wiederholung der Prüfungsschritte dienen und weiterhin auf einige Besonderheiten im Arbeitsrecht aufmerksam machen.
Ausschlussklauseln sind fester Bestandteil der in der Praxis verwendeten Arbeitsverträge und so auch häufig Gegenstand gerichtlicher Überprüfung, wie jüngst in einer Entscheidung des BAG vom 20.06.2018 (Az. 5 AZR 262/17, Pressemitteilung Nr. 32/18). Diese soll Ausgangspunkt der beispielhaften Prüfung sein.
 
Sachverhalt (gekürzt und abgewandelt)
A ist seit dem 1.1.2014 im Unternehmen des B tätig. Sein Arbeitsvertrag enthält folgende Klausel:
„Ausschlussfrist: Sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Ende des Arbeitsverhältnisses schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für Ansprüche, die auf unerlaubten Handlungen oder vorsätzlichen sowie grob fahrlässigen Pflichtverletzungen beruhen.“
Das Arbeitsverhältnis des A endete zum 30.6.2015. Zu diesem Zeitpunkt stehen noch Lohnzahlungen in Höhe von 3000 € aus. Mit einem Schreiben vom 1.11.2015 fordert A den B zur Zahlung auf. B verweigert die Zahlung unter Berufung auf die Ausschlussfrist. Kann A Zahlung verlangen?
 
I. Gutachterliche Überlegungen
Der Anspruch des A auf Zahlung der Vergütung i.H.v. 3.000 € ergibt sich aus § 611a Abs. 2 BGB. Der Anspruch könnte aber wegen verspäteter Geltendmachung seitens des A erloschen sein. Der Arbeitsvertrag des A sieht eine Ausschlussfrist von drei Monaten vor, A hätte den Anspruch gem. der § 186 ff. BGB demnach bis zum 30.9.2015 geltend machen müssen. Die Ausschlussklausel müsste dazu wirksamer Vertragsbestandteil geworden sein.
1. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Arbeitsverträge
Zunächst sollte geprüft werden, ob in § 310 BGB ein Ausschluss der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB für den zu prüfenden Vertrag vorgesehen ist. Die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB auf Arbeitsverträge ergibt sich im Umkehrschluss aus § 310 Abs. 4 S. 2 BGB („Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen“).
2. Vorliegen von AGB
Es müsste sich vorliegend auch um AGB handeln. AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB.
Arbeitnehmer sind Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, sodass die Besonderheiten für Verbraucherverträge nach § 310 Abs. 3 BGB zu beachten sind. Dieses weite Verständnis des Verbraucherbegriffs ist sachgerecht, weil Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich bei Vertragsschluss nicht auf Augenhöhe begegnen. Bei Verwendung eines Formulararbeitsvertrags hat der Arbeitnehmer auf dessen Inhalt keinen Einfluss. Zumeist wird er aber auf den Abschluss des Arbeitsvertrags zur Sicherung seiner Lebensgrundlage angewiesen sein, sodass der Arbeitnehmer sich in einer vergleichbar schutzwürdigen Lage befindet, wie der Verbraucher beim Vertragsschluss mit einem Unternehmer.
Während das Merkmal „für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert“ normalerweise voraussetzt, dass eine mindestens dreimalige Verwendung vorgesehen ist, genügt bei Arbeitsverträgen die einmalige Verwendung (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
Als vom Verwender gestellt gelten alle Bedingungen, bei denen der gesetzesfremde Kern der Klausel nicht ernsthaft zur Disposition gestellt wird. Im Falle von Verbraucherverträgen gelten sie immer als vom Unternehmer gestellt, wenn sie nicht vom Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden, § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Keine AGB liegen vor, wenn es sich um ausgehandelte Individualabreden handelt.
Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte, dass es sich um eine Individualabrede handelt oder dass A die Klausel in den Vertrag eingeführt hat. Es liegen AGB vor.
3. Einbeziehungskontrolle
Die Ausschlussklausel müsste auch Bestandteil des Vertrags geworden sein. Hierzu ist nach § 305 Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB grundsätzlich erforderlich, dass ausdrücklich auf die AGB hingewiesen oder diese zumindest ausgehangen werden und der andere Teil die Möglichkeit zur tatsächlichen Kenntnisnahme hat. Gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 BGB finden diese Anforderungen im Arbeitsrecht allerdings keine Anwendung.
a. Überraschende Klauseln
Nach § 305c Abs. 1 BGB werden solche Klauseln nicht Bestandteil des Vertrags, die so überraschend sind, dass der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen braucht. Hierbei kann zwischen der formellen Überraschung (wenn bestimmte Inhalte z.B. im Kleingedruckten oder unter einer anderen Überschrift versteckt werden) und der materiellen Überraschung (wenn inhaltlich nicht mit der Regelung gerechnet werden muss) unterschieden werden.
Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen sind gängige Praxis und somit nicht inhaltlich überraschend. Auch ist sie hier durch die eindeutige Überschrift gekennzeichnet. Es liegt keine überraschende Klausel vor.
b. Auslegung
AGB-Klauseln sind grundsätzlich auszulegen, wobei alle Zweifel, die nach Ausschöpfung sämtlicher Auslegungsmethoden verbleiben, zu Lasten des Verwenders gehen, § 305c Abs. 2 BGB. Solche Zweifel bestehen aber nur, wenn zwei Ergebnisse in gleichem Maße vertretbar erscheinen und keines den Vorzug verdient.
Die Klausel ist in diesem Fall eindeutig, es bestehen keine solchen Zweifel.
c. Vorrang entgegenstehender Individualabreden, § 305b BGB
Sollten individuelle Abreden den AGB entgegenstehen, haben diese Vorrang, § 305b BGB.
Vorliegend bestehen keine entgegenstehenden Individualabreden. Die Ausschlussklausel ist Bestandteil des Arbeitsvertrags des A geworden.
4. Inhaltskontrolle
Zunächst sind solche Klauseln nach §§ 134, 138 BGB nichtig, die gegen Gesetze oder die guten Sitten verstoßen.
Das ist hier nicht der Fall.
Die Klausel muss auch einer Inhaltskontrolle anhand der § 307 ff. BGB standhalten. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sieht die Unwirksamkeit solcher Klauseln vor, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen.
Da für Gesetze eine Angemessenheitsvermutung gilt, unterliegen nur solche Klauseln der Inhaltskontrolle, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzende Regelungen enthalten, § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten ebenfalls als Gesetze. Soweit diese also übernommen werden, findet keine Inhaltskontrolle statt (umstr., ob diese vollumfänglich übernommen werden müssen, siehe dazu z.B. BeckOK ArbR/Jacobs, § 307 BGB Rn. 24 ff.).
Die Inhaltskontrolle erfolgt anhand der §§ 307 BGB bis 309 BGB, wobei mit den spezielleren Normen zu beginnen ist: Zunächst sollten die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit des § 309 BGB überprüft werden, dann jene mit Wertungsmöglichkeit des § 308 BGB. Ist keines dieser Verbote einschlägig, kann die Unwirksamkeit der Klausel unmittelbar aus § 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB folgen, wenn der Vertragspartner auf sonstige Weise unangemessen benachteiligt wird. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB stellt hierfür ausdrücklich ein Transparenzgebot auf: Klauseln, die die Gefahr bergen, dass der Vertragspartner wegen ihrer unklaren Fassung seine Rechte nicht wahrnimmt, sind unwirksam.
Liegt ein Verstoß gegen die §§ 307 ff. BGB vor, findet keine geltungserhaltende Reduktion statt, die Klausel ist im Ganzen unwirksam, denn sonst würde der Verwender solcher Klauseln keinerlei Risiko tragen. Es ist allerdings zu prüfen, ob die Klausel im Rahmen des sog. „blue-pencil-test“ zumindest teilweise erhalten werden kann: Enthält eine Klausel mehrere Regelungen, von denen nur eine unwirksam oder nicht einbezogen ist, und sind diese sprachlich und inhaltlich klar voneinander trennbar, so ist nur die betroffene Regelung unwirksam. 
Im Übrigen bleibt der Vertrag wirksam, § 306 Abs. 3 BGB. An die Stelle unwirksamer Regelungen tritt die gesetzliche Regelung, § 306 Abs. 2 BGB.
An dieser Stelle ist unbedingt zu beachten, dass keine Angemessenheitskontrolle des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung stattfindet. Hierbei handelt es sich um essentialia negotii, für die das Gesetz nicht hilfsweise eingreifen kann. Es obliegt den Parteien, das Äquivalenzverhältnis der vertraglichen Leistungen im Rahmen ihrer Privatautonomie zu bestimmen, nicht dem Gericht. (Welche Leistungspflichten im Einzelnen der Kontrolle zugänglich sind, ist umstritten, weitere Ausführungen gingen an dieser Stelle allerdings zu weit. Nachzulesen z.B. bei Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 22. Aufl. 2017, Rn. 273)
Die vorliegende Klausel könnte gegen § 309 Nr. 13 lit. b BGB verstoßen, weil sie eine strengere Form als die Textform vorsieht. Dies gilt allerdings gem. Art. 229 § 37 EGBGB nur für Verträge, die nach dem 30.9.2016 geschlossen wurden. Das Arbeitsverhältnis des A besteht seit dem 1.1.2014, das Verlangen der Schriftform ist mithin zulässig. Weitere Verstöße gegen die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB sind nicht ersichtlich.
Allerdings könnte ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliegen, weil der Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns nicht ausdrücklich von der Frist ausgenommen ist. § 3 S. 1 MiLoG bestimmt, dass Vereinbarungen, die die Geltendmachung des Anspruchs auf den Mindestlohn beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam sind. Die Klausel bringt nicht klar zum Ausdruck, dass auch nach Ablauf der Dreimonatsfrist noch ein Anspruch auf den Mindestlohn besteht, sie birgt also die Gefahr, dass der Arbeitnehmer seine Rechte nicht geltend macht.
Fraglich ist, ob der Zusatz „insoweit“ in § 3 S. 1 MiLoG so zu verstehen ist, dass der Anspruch auf den Mindestlohn bestehen bleibt, die Klausel im Übrigen aber voll wirksam ist oder ob die gesamte Klausel entsprechend des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion unwirksam ist. Für die erste Ansicht spricht der Wortlaut des § 3 S. 1 MiLoG; für die zweite Ansicht demgegenüber, dass die strukturell schwächere Position des Arbeitnehmers bei der Vertragsgestaltung durch eben solche Normen gestärkt werden soll. Das BAG hat diese Frage bisher offengelassen, von den Landesarbeitsgerichten wird sie unterschiedlich beurteilt (vgl. für die erste Ansicht LAG Nürnberg, Urt. v. 9.5.2017 – 7 S 560/16; a.A. LAG Hamburg, Urt. v. 20.2.2018 – 4 Sa 69/17). Im Folgenden wird von der Wirksamkeit der übrigen Klausel ausgegangen, da § 3 S. 1 MiLoG insoweit lex specialis zu § 306 BGB ist (andere Ansicht gut vertretbar).
5. Ergebnis
Die Ausschlussfrist ist wirksam, soweit sie nicht den Anspruch auf den Mindestlohn betrifft. Insoweit ist der Anspruch des A aus § 611a Abs. 2 BGB erloschen. Der Anspruch auf den Mindestlohn kann weiterhin geltend gemacht werden.
III. Fazit
Leider musste das BAG diesmal nicht entscheiden, ob eine Ausschlussklausel, die den Mindestlohn nicht ausnimmt, einer AGB-Kontrolle standhält, da die Entscheidung zwecks weiterer Sachverhaltsfeststellungen an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen wurde. Immerhin stellt das Urteil aber ausdrücklich fest, dass Vergleichsverhandlungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien eine Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche entsprechend § 203 S. 1 BGB hemmen.
Formularverträge sind nicht nur im Arbeitsrecht Teil der täglichen Praxis. Es muss also zum Repertoire jedes Examenskandidaten gehören, die AGB-Prüfung anhand der §§ 307 ff. BGB in eine zivilrechtliche Klausurlösung integrieren zu können. Wer das Prüfungsschema aber einmal verinnerlicht hat, dürfte in Klausuren nicht vor unlösbaren Problemen stehen.

19.07.2018/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2018-07-19 09:11:342018-07-19 09:11:34Überblick: AGB-Kontrolle unter Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten
Redaktion

Schema: Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB

Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Die außerordentliche Kündigung, § 626 BGB

I. Wirksamer Arbeitsvertrag

II. Wirksame Kündigungserklärung, § 623 BGB

– Einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, d.h. insbesondere Zugang der Erklärung beim AN erforderlich.
Schriftformerfordernis, § 623 BGB
– Aus der Erklärung muss mit hinreichender Bestimmtheit der Wille zu einer außerordentlichen Kündigung hervorgehen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der AG sich auf einen wichtigen Grund beruft oder fristlos kündigen möchte.

III. Kündigungserklärungsfrist, § 626 II BGB
Dem AN muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Erlangung der Kenntnis von den Gründen, die die Kündigung rechtfertigen, zugehen.

IV. Einhaltung der Klagefrist, § 13 I 2 KSchG iVm § 4 S. 1 KschG
Wenn der Kläger die dreiwöchige Klagefrist gem. § 4 S. 1 KSchG versäumt, greift eine Fiktion der Wirksamkeit der Kündigung.

V. Wichtiger Grund, § 626 I BGB

1. „An sich“ geeignete Kündigungstatsache
Die Tatsachen müssen generell geeignet sein, einen wichtigen Grund für eine Kündigung darzustellen.
Störungen im Arbeitsverhältnis, zB im Vertrauens- oder Leistungsbereich

2. Interessenabwägung
Die Tatsachen müssen auch im konkreten Fall geeignet sein, einen wichtigen Grund darzustellen.
Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablaut der ordentlichen Kündigungsfrist muss unzumutbar sein.

VI. Betriebsratsbeteiligung, § 102 BetrVG
Nur erforderlich, soweit ein Betriebsrat vorhanden ist.

VII. Besonderer Kündigungsschutz

– Mitglied des Betriebsrats, § 103 BetrVG iVm § 15 KSchG
– Schwerbehinderung, §§ 85, 91 SGB IX
– § 9 MuSchG bei Schwangerschaft
– Sonstige Gründe, § 13 KSchG

 

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

13.07.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-07-13 10:00:502017-07-13 10:00:50Schema: Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB
Redaktion

Schema: Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung

Arbeitsrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Schema: Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung

I. Wirksamer Arbeitsvertrag

II. Kündigungserklärung

– Auslegung: Insbesondere Abgrenzung zur außerordentlichen Kündigung.
– Bedingungsfeindlichkeit, nur Potestativbedingungen sind möglich.
– Form: Gem. § 623 BGB ist Schriftform im Sinne von § 126 BGB erforderlich.
– Abgabe und Zugang bestimmten sich nach den allgemeinen Regeln des § 130 BGB.
– Erklärungsberechtigt ist, wer aufgrund seiner organisatorischen Stellung befugt ist, die Kündigung auszusprechen.

III. Einhaltung der Klagefrist, § 4 KSchG
Es handelt sich zwar um eine prozessuale Frist, die jedoch materiell-rechtliche Wirkung hat, § 7 KSchG.

IV. Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung , § 102 BetrVG

1. Ordnungsgemäße Einleitung des Verfahren

2. Vollständige Unterrichtung

3. Richtiger Adressat der Unterrichtung: Grds. der Betriebsratsvorsitzende, bei Verhinderung dessen Stellvertreter, § 26 II BetrVG

4. Kündigungsausspruch erst nach ordnungsgemäßer Beendigung des 
Verfahrens, d.h. nach Zustimmung des Betriebsrats oder nach Ablauf der Widerspruchsfrist (§ 102 II 1 BetrVG).

V. Kein Sonderkündigungsschutz, insbesondere nach

– § 15 KSchG für Mitglieder des Betriebsrats, Personalrats und Jugendvertretungen
– § 9 MuSchG bei Schwangerschaft
– § 85 SGB IX bei Schwerbehinderung
– § 613a IV BGB bei Betriebsübergang
– Ein Sonderkündigungsschutz kann sich auch aus dem individuellen Arbeitsvertrag, dem geltenden Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.

VI. Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem KSchG

1. Betrieblicher Geltungsbereich des KSchG (§ 23 KSchG)

2. Persönliche Anwendbarkeit des KSchG (§§ 1, 14 KSchG)

3. Kündigungsgrund
Gem. § 1 II 1 KSchG ist die Kündigung grundsätzlich sozial ungerechtfertigt, es sei denn, sie ist nach dem KSchG ausnahmsweise gerechtfertigt.

a) Personenbedingt
– Es liegen Gründe vor, die vom Arbeitnehmer nicht beeinflussbar sind, die dazu führen, dass er künftig nicht in der Lage ist, seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen (zB Krankheit).
– Es muss stets eine Interessenabwägung erfolgen, bei der insbesondere zu berücksichtigen ist, wie stark die Störung für das Arbeitsverhältnis ist, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht und ob zukünftig weiterhin mit einer Beeinträchtigung zu rechnen ist.

b)  Verhaltensbedingt

- Es liegt eine durch den Arbeitnehmer hervorgerufene Störung des Arbeitsverhältnisses vor (zB Verweigerung der Arbeit).
– Auch hier hat eine Interessenabwägung zu erfolgen.

c)  Betriebsbedingt
– Es liegen dringende betriebliche Erfordernisse vor, aufgrund derer keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz besteht.

aa) Betriebsbedingter Grund

– Außerbetrieblich, d.h. Gründe auf die der Arbeitgeber selbst keinen Einfluss hat, wie zB ein Auftragsrückgang.

– Innerbetrieblich, d.h. Umstände, die der freien unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers unterliegen.

bb) Richtige Sozialauswahl, § 1 III KSchG


- Kriterien: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung

– Ggf. Ausnahmen bzw. Einschränkungen

– Interessenabwägung erforderlich.

VII. Einhaltung der Kündigungsfrist
Grds. § 622 BGB, sofern nicht im Arbeits- oder Tarifvertrag etwas anderes vereinbart ist.

 

Das Schema ist den den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

30.03.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-03-30 10:00:362017-03-30 10:00:36Schema: Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung
Maria Dimartino

Zuvor-Beschäftigung und Befristungsrecht – des LAG Baden-Württemberg Urteil vom 13.10.2016 – 3 Sa 34/16

Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Referendariat, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Zivilrecht, Zivilrecht

Tendenzen in der Landesarbeitsgerichtsrechtsprechung könnten dazu führen, dass die Rechtsprechung des BAG in Bezug auf die sachgrundlose Befristung und „Zuvor Beschäftigung“ sich demnächst (doch) ändert. Auf jeden Fall sollte dieses Thema auch bei Prüflingen auf dem Schirm sein, da es sich hervorragend für eine mündliche Prüfung eignet. Gerade im Arbeitsrecht als sog. Richterrecht ist es wichtig auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung zu sein und auch mögliche Tendenzen aus anderen Rechtsquellen im Auge zu haben. Dieser Beitrag beschäftigt Urteil des LAG Baden-Württemberg Urteil vom 13.10.2016 – 3 Sa 34/16.
Dieses Urteil ist nicht nur wegen der Befristungsrechtsprechung lesenswert, sondern auch wegen der Thematik der Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB und deren Anwendbarkeit im Arbeitsrecht. Auch zuvor gab es bereits LAG Entscheidungen, die von der BAG –Rechtsprechung abgewichen sind beispielsweise: LAG, Baden-Württemberg Urteil vom 21.2.2014 – Az. 7 Sa 64/14; LAG, Baden-Württemberg Urteil vom 26. September 2013 – Az 6 Sa 28/13.
Wer sich das BAG Urteil v. 6.April 2011 – 7 AZR – 716/09 nochmals in Erinnerung rufen möchte findet auch einen Beitrag hierzu hier im Blog.
 
A. Sachverhalt (Kurzdarstellung)
Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Handelsunternehmen, im Zeitraum vom 3. November 2008 bis 30. Dezember 2009 als geringfügige Beschäftigte tätig.
Ab dem 15. September 2014 stellte die Beklagte die Klägerin wieder als teilzeitbeschäftigte Verkäuferin ein. Ein Arbeitsvertrag wurde von den Parteien nicht unterzeichnet, jedoch eine Mitarbeitermeldung, in der eine Befristung schriftlich festgehalten und unterzeichnet war.
Diese lautete: „ X Einstellung zum 15.09.2014 Erstbefristung bis zum 30.09.2015. Das Arbeitsverhältnis ist gem. § 14 Abs. 2 TzBfG befristet und endet mit Ablauf dieser Befristung ohne dass es einer Kündigung bedarf. Soll das Arbeitsverhältnis über den genannten Termin fortgeführt werden, so bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung der Arbeitgeberin in Form einer Mitarbeitermeldung“.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass
„das im Jahr 2008 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung begründete Arbeitsverhältnis dazu führe, dass das am 15. September 2014 neu begründete Arbeitsverhältnis nicht gem. § 14 Abs. 2 TzBfG wirksam befristet werden konnte. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. November 2011 (Az. 7 AZR 716/09), wonach eine Zuvorbeschäftigung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht gegeben sei, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt, halte im Hinblick auf die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2013 (6 Sa 28/13) und vom 21. Februar 2014 (7 Sa 64/13) einer rechtlichen Prüfung nicht mehr stand. Wegen der Unwirksamkeit der Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG bestehe das Arbeitsverhältnis der Parteien unbefristet fort.“
Die Beklagte beantragt eine Klageabweisung,
und beruft sich auf die Rechtsprechung des BAG v. 6. April 2011 – 7 AZR 716/09 sowie läge der Sinn und Zweck darin, rechtsmissbräuchliche „Befristungsketten“ zu verhindern, es bedürfe es keines lebenslangen Anschlussverbots.
 
B. Entscheidungsgründe
Das Gericht stellte fest, dass die Klage begründet ist.
I. Form
Es wurde angenommen, dass die Form für eine Befristung eingehalten worden ist und nicht gegen § 14 Abs. 4 TzBfG bzw. § 305 ff BGB verstößt.
Anmerkung: Die Wirksamkeit der Befristung einzelner Vertragsbedingungen werden am Maßstab der §§ 305 ff BGB gemessen.
II. Problem: Wirksame Befristung
Ist die Befristungsabrede unwirksam wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG mit Folge, dass gem. § 16 S. 1 TzBfG das Arbeitsverhältnis über den 30. September 2015 hinaus fortbesteht.

Das LAG stellt fest: „Die Klägerin war vom 3. November 2008 bis 30. Juni 2009 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages bei der Beklagten beschäftigt und damit „bereits zuvor“ iSd. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, weshalb die Befristung vom 15. September 2014 unwirksam ist. Die Kammer folgt der überzeugenden früheren Rechtsprechung verschiedener Senate des Bundesarbeitsgerichts, wonach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ein zeitlich unbegrenztes Anschlussverbot enthält. Durchgreifende unions- oder verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen sind nicht ersichtlich (…)“
Weiter heißt es: „Auch in Anbetracht der Vorgängerregelungen zu § 14 Abs. 2 TzBfG spricht alles dafür, dass es für das Anschlussverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG grundsätzlich nicht auf den zeitlichen Abstand zum früheren Arbeitsverhältnis ankommt. Der Gesetzgeber musste dies nicht durch ein „jemals zuvor“ nochmals unterstreichen oder gar „zuvor“ durch „in aller Vergangenheit“ ersetzen“.


Argumente sind:

  • Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung ist eindeutig.
  • Kein gesetzgeberisches Redaktionsversehen
  • Sinn- und Zweck der Richtlinie 1999/70/EG
  • Gesetzgeber wäre es ohne weiteres möglich gewesen eine sachgrundlose Befristungen völlig zu verbieten
  • Unerheblich ist es, dass es sich bei der „Zuvor“- Beschäftigung um eine geringfügige Beschäftigung gehandelt hat

Zur Tatsache, dass sich der Arbeitgeber an die aktuelle Rechtsprechung des BAG gehalten hat äußert sich das LAG wie folgt:

„Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (26. Juni 1991 – 1 BvR 779/85 – NJW 1991, 2549) besteht kein schutzwürdiges Vertrauen, wenn die fachgerichtliche Rechtsprechung, von der abgewichen werden soll, „auf so erhebliche Kritik gestoßen ist, dass der unveränderte Fortbestand dieser Rechtsprechung nicht gesichert erscheinen konnte“ (vgl. dazu Gräf jurisPR – ArbR 29/2013 Anmerkung 2).“

III. Frist
Die Befristungskontrollklage wurde auch rechtzeitig innerhalb der 3-Wochen-Frist, des § 17 S. 1 TzBfG eingereicht.
IV. Fazit
Ein schönes Urteil, welches wieder einmal aufzeigt, dass Arbeitsrecht eben Richterrecht ist und der stetigen Änderung der Rechtsprechung unterliegt und daher ein schönes Prüfungsthema auch im Zusammenhang mit der Thematik der Auslegung. Für die Beratungspraxis muss auf jeden Fall auf die Kritik und die Abweichende Rechtsprechung zur BAG-Rechtsprechung hingewiesen werden.

15.12.2016/1 Kommentar/von Maria Dimartino
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Dimartino https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Dimartino2016-12-15 10:15:412016-12-15 10:15:41Zuvor-Beschäftigung und Befristungsrecht – des LAG Baden-Württemberg Urteil vom 13.10.2016 – 3 Sa 34/16
Gastautor

Die betriebsbedingte Kündigung und die Einflüsse des Kollektivarbeitsrechts am Beispiel von § 17 KSchG

Arbeitsrecht, Rechtsprechung, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Marius Marquardt veröffentlichen zu können. Der Autor ist Jurastudent (5. Semester) im Schwerpunktbereich Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Konstanz und studentischer Mitarbeiter der Rechtsanwälte Schmidt und Sellerbeck.
 
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der betriebsbedingten Kündigung. Ausgegangen wird von einer Entscheidung des BAG (NZA 2016 S. 1202) nach Klage gegen die Kündigung bei einer Betriebsstilllegung. Der Fall ist für die Problemdarstellung abgewandelt worden.
Dabei wird auch der Einfluss des Kollektivarbeitsrechts – hier die Beteiligung des Betriebsrats – auf das Kündigungsrecht nach § 17 KSchG berücksichtigt. Die §§ 17, 18 KSchG werden nur kurz besprochen, da sie Gegenstand der Entscheidung waren und im Examen insbesondere zur Notendifferenzierung wenigstens kurz zu behandeln sein können. Vertiefte Kenntnisse dieser speziellen Normen würden wohl nicht erwartet.
 
Zum Sachverhalt:
Die Klägerin war bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer* beschäftigte, seit mehr als 6 Monaten angestellt. Die Stilllegung des Betriebes und die Entlassung aller Beschäftigten wurden wegen Gewinnverfalls beschlossen und durchgeführt.
Verhandlungen über einen Interessenausgleich fanden am 4, 12. und 19.12. statt. Am 19. wurde ein Text verfasst und den Betriebsratsvertretern zugestellt, am 20.12 bestätigte der Betriebsrat den Ausgleich und am 23.12. wurde er unterzeichnet. In diesem Ausgleich war eine Liste mit allen Arbeitnehmer enthalten (Namensliste), der Betriebsrat erklärte, das Verfahren sei gemäß § 102 BetrVG abgeschlossen, das Konsultationsverfahren nach § 17 KSchG durchgeführt worden:

„§ 10: Der Betriebsrat wurde im Rahmen der Verhandlungen zu diesem Interessenausgleich am 4.12. rechtzeitig und vollständig nach § 17 Abs. 2 [KSchG] unterrichtet. Sodann haben [Inhaber] und Betriebsrat am 12.12. nochmals die Möglichkeit beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken oder in ihren Folgen zu mildern. Die Betriebsparteien sind sich einig, dass den in Anlage 1 zu diesem Interessenausgleich aufgeführten Mitarbeitern betriebsbedingt zu kündigen ist … Der Betriebsrat bestätigt die Beendigung des Konsultationsverfahren und erteilt seine Zustimmung“ (NZA 2016, 1203)

(zum weiteren Wortlaut sei auf NZA 2016 S. 1202f. verwiesen).
 
Die Massenentlassung wurde ordnungsgemäß angezeigt und am 1.1. genehmigt. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Schreiben vom 22.2. zum 31.5. gekündigt, der Personalchef unterzeichnete dieses ohne eine Vollmachturkunde beizulegen.
Die Klägerin macht geltend, dass dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden sei, welche Berufsgruppen betroffen sein werden und dass das Interessenausgleichsverfahren mit dem Konsultationsverfahren verbunden worden sei. Außerdem sei die Entlassung nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Massenentlassungsanzeige erfolgt (§ 18 Abs. 4 KSchG).
 
Die Wirksamkeit der Kündigung wird umfassend geprüft:
 
I. Schriftliche Kündigungserklärung
Eine schriftliche Kündigungserklärung gemäß § 623, 130 BGB ist zugegangen.
 
II.   Wirksamkeit nach allgemeinen Regeln
Die Arbeitgeberin kündigte nicht selbst. Vielmehr erklärte der Personalchef die Kündigung. Dieser müsste Vertretungsmacht gehabt haben. Dadurch, dass die Kündigung eine einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung ist, müsste der Kündigende die Vollmachturkunde vorgelegt haben (§ 174 S. 1 BGB). Dies ist nicht geschehen. Die Klägerin hat daher grundsätzlich die Möglichkeit die Kündigung unverzüglich zurückzuweisen. Dies würde zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
Fraglich ist, ob hier etwas anderes gilt, da der Personalchef gekündigt hat. Insofern könnte gemäß § 174 S. 2 BGB die Zurückweisung ausgeschlossen sein. Für die Kenntnis ist ausreichend, wenn die Arbeitnehmerin, entweder wegen Offensichtlichkeit im Betriebsleben oder allgemeiner/ individueller Bekanntgabe, wusste, dass der Kündigende eine Funktion innehatte, die üblicherweise mit einem Kündigungsrecht verbunden ist (etwa Personalleitung, Prokura). Im Fall liegt genau dies vor, sodass eine Zurückweisung der Kündigung ausscheidet.
[Anm.: auch in einer arbeitsrechtlichen Klausur können Probleme aus dem BGB eingebaut werden.]
Mangels Sachverhaltsangaben ist davon auszugehen, dass die Frist des § 622 BGB eingehalten wurde.
 
III.                      Anhörung des Betriebsrates und besonderer Kündigungsschutz
Der Betriebsrat wurde gemäß § 102 BetrVG angehört und bestätigte die Kündigung. Ein besonderer Kündigungsschutz, etwa nach § 9 MuSchG, § 18 BEEG oder §§ 85, 91 SGB IX bestand nicht.
 
IV. Allgemeiner Kündigungsschutz nach KSchG
 
1. Persönliche und sachliche Anwendbarkeit des KSchG
Dadurch, dass im Betrieb regelmäßig mindestens zehn Arbeitnehmer angestellt waren, und die Klägerin selbst mehr als 6 Monate angestellt war ist der sachliche (§ 23 Abs. 1 S. 2, 3 KSchG) und der persönliche (§ 1 Abs. 1 KSchG) Anwendungsbereich des KSchG eröffnet.
 
2. Präklusion
Die Klägerin ist nicht gemäß §§ 4, 7 KSchG präkludiert, da die Klage rechtzeitig erhoben wurde.
 
3. Soziale Rechtfertigung
Dadurch dass die Arbeitgeberin sich nur auf betriebsbedingte Gründe beruft, hat eine Prüfung, ob eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung zulässig wäre, nicht zu erfolgen.
 
a) Kündigungsgrund
Es müsste ein betrieblicher Grund vorliegen, der eine unternehmerische Entscheidung herbeiführt, die den Arbeitsplatz entfallen lässt.
Die Gründe allein (etwa Absatzrückgang, Rohstoffmangel, … (außerbetriebliche Ursachen) oder Änderungen im Fertigungsprozess etwa durch die Einführung von Maschinen, Rationalisierungsmaßnahmen, Outsourcing, … (innerbetriebliche Ursachen)) führen nicht zum Wegfall der Arbeitsplätze. Erst wenn die unternehmerische Entscheidung, die auf Grund der Ursachen getroffen wurde, umgesetzt wird, fällt eine Beschäftigungsmöglichkeit weg.
Gerichtlich überprüfbar ist lediglich, ob die Gründe tatsächlich vorliegen und ob die unternehmerische Entscheidung offensichtlich unrichtig, unsachlich oder willkürlich ist. Diese eingeschränkte Überprüfbarkeit ergibt sich aus Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG, da niemand gezwungen werden kann am Markt tätig zu werden oder zu bleiben.
Dadurch dass die Stilllegung tatsächlich erfolgte, ist zu vermuten, dass sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. In dem Gewinnverfall liegt ein nicht angegriffener Grund, der die Betriebsstilllegung nicht als offensichtlich unsachlich darstellt.
Dadurch dass hier eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorliegt und im Interessenausgleich eine Namensliste vorlag, wird gemäß § 1 Abs. 5 KSchG vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
 
b) Prognose
Die Entscheidung müsste den Wegfall eines Arbeitsplatzes begründen. Hierzu genügt es, wenn mehr Arbeitskräfte vorhanden sind, als für die Arbeit erforderlich wären.
Unzulässig wäre etwa eine sog. Austauschkündigung, bei der die gekündigten Arbeitnehmer durch neue, über den gleichen Vertragstypen verpflichtete, ersetzt werden (bei anderem Vertragstyp (etwa Leiharbeit) nimmt die Rspr. eine unternehmerische Entscheidung an).
Die Arbeitgeberin muss bei äußeren Gründen darlegen, warum diese zu einem Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeiten führen. Dabei darf sie die Kündigung aussprechen, wenn bei einer vernünftigen Betrachtung nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten anzunehmen ist, dass bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die Beschäftigungsmöglichkeit tatsächlich weggefallen ist. Der Einsatz bis zum Ende der Frist ist unschädlich. Bei Änderung der Umstände, kommt allenfalls ein Weiterbeschäftigungsanspruch in Betracht (§ 242 BGB).
Aufgrund dessen, dass der geltend gemachte Grund die Betriebsstilllegung vernünftig begründet und diese Entscheidung tatsächlich zum Wegfall von Arbeitsplätzen führt, hat die Unternehmerentscheidung Einfluss auf die Arbeitsmenge.
 
c) Ultima Ratio
Die Kündigung ist immer ultima ratio. Es muss dem Unternehmer unmöglich sein, seine geplante Änderung durch andere Maßnahmen umzusetzen. Etwa der Überstundenabbau hätte Vorrang. Dadurch, dass hier der Betrieb stillgelegt werden soll, fällt jede Arbeit weg und eine andere Möglichkeit als zu kündigen, um die Entscheidung umzusetzen, kommt nicht in Betracht.
 
d) Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
§ 1 Abs. 2 S. 2 KSchG regelt, dass die Kündigung unwirksam ist, wenn ein Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen frei ist, an dem die Arbeitnehmerin weiterbeschäftigt werden könnte. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 3 Alt. 1 KSchG darf auch eine Weiterbeschäftigung nach Umschulung oder Fortbildung nicht in Betracht kommen und auch änderbare Arbeitsbedingungen stehen der Wirksamkeit der Kündigung entgegen, sofern die Arbeitnehmerin sich damit einverstanden erklärt (§ 1 Abs. 2 S. 3 Alt. 2 KSchG). Bei letzterem ist vor dem Angebot zu prüfen, ob die Änderungen nicht durch Weisungen innerhalb des bestehenden Arbeitsverhältnisses möglich sind.
Dadurch dass hier eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorliegt und im Interessenausgleich eine Namensliste vorlag, wird auch vermutet, dass die Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb nicht möglich ist.
 
e) Sozialauswahl
Die Sozialauswahl soll sicherstellen, dass die konkrete Kündigung soziale Gesichtspunkte berücksichtigt und die Personen entlassen werden, die sozial am wenigsten schutzbedürftig sind.
[Anm.: Hier wäre auf Grund der Stilllegung des gesamten Betriebes eine ausführliche Prüfung entbehrlich, der Vollständigkeit halber wird dennoch darauf eingegangen. Gemäß § 1 Abs. 5 KSchG müsste nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden.]
Die Sozialauswahl bezieht sich nur auf den konkreten Betrieb. Zunächst wäre der einzubeziehende Personenkreis zu ermitteln. Dies sind alle Arbeitnehmer, die seit 6 Monaten im Betrieb beschäftigt sind, bei denen die ordentliche Kündbarkeit weder durch Tarifvertrag noch Gesetz modifiziert ist (str.) und die vergleichbar sind.
Vergleichbarkeit liegt vor, wenn die Arbeitnehmer gegeneinander ausgetauscht werden können. Dies ist eine sog. qualifikationsmäßige Austauschbarkeit, das heißt es kommt nicht auf die Identität der Arbeitsplätze an, sondern darauf, dass der Arbeitnehmer aufgrund von Qualifikation und bisheriger Beschäftigung in der Lage ist, den anderen, aber gleichwertigen Arbeitsplatz zu besetzen. Indizwirkung können etwa die Berufsbildung, die tarifliche Eingruppierung oder die betriebliche Spezialisierung haben. Nicht vergleichbar sind solche Arbeitsplätze, auf die sich das Weisungsrechts des Arbeitgebers nicht erstreckt.
Auswahlkriterien sind die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und das Bestehen einer schweren Behinderung (§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG). Diese Kriterien sind gleichwertig und ausreichend zu berücksichtigen, unbillige Härten können in Einzelfällen ebenfalls zu berücksichtigen sein. Eine Richtlinie nach § 1 Abs. 4 KSchG führt zu einer eingeschränkten Überprüfbarkeit.
Wenn an der Beschäftigung einer Person ein berechtigtes betriebliches Interesse im Sinne des § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG besteht, kann diese Person aus der Auswahl herauslassen werden.
Dadurch dass hier allen Arbeitnehmern des Betriebes gekündigt wurde, kommt eine Sozialauswahl nicht in Betracht.
 
4. Zwischenergebnis
Die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung nach dem KSchG liegen vor.
 
V.    Zu § 17 KSchG
Der Betriebsrat könnte fehlerhaft unterrichtet worden sein. § 17 Abs. 2 KSchG setzt fest, dass der Betriebsrat bei einer Massenentlassung im Sinne des § 17 Abs. 1 KSchG über bestimmte Dinge zu informieren ist, um so ein einem Konsultationsverfahren zu ermitteln, ob Entlassungen beschränkt oder eingeschränkt werden können oder durch soziale Begleitmaßnahmen die Folgen zu dämpfen.
Dadurch dass dem Betriebsrat mitgeteilt wurde, dass der unterbreitete Vorschlag den Interessenausgleich nach § 112 BetrVG und die Konsultation verbindet und er dies gebilligt hat, war dies dem Betriebsrat klar und die Verbindung ist zulässig. Der Betriebsrat hat damit die vollständige Unterrichtung, die Durchführung der Beratung und die Beendigung des Verfahrens bestätigt.
Fraglich bleibt daher, ob die Unterrichtung fehlerhaft war, weil die Berufsgruppen nicht genannt wurden. Dies ist grundsätzlich erforderlich (§ 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3 KSchG). Dieser Mangel könnte durch die Stellungnahme des Betriebsrates (§ 10) geheilt worden sein. Die bloße Erklärung des Betriebsrats reicht hierzu grundsätzlich nicht aus. Eine Heilung kommt aber in Betracht, wenn wegen der Stilllegung alle Arbeitnehmer entlassen werden und der Betriebsrat hierüber ordnungsgemäß informiert wurde. Der Betriebsrat kann dann erkennen, dass offensichtlich alle Beschäftigten betroffen sind. Wenn der Betriebsrat erklärt, dass die Beratung nach § 17 Abs. 2 erfolgt ist, bringt er damit zum Ausdruck, dass er trotz ausreichender Informierung keine weiteren konstruktiven Vorschläge unterbreiten kann. Diese Erklärung kann auch in einem Interessenausgleich enthalten sein.
Der Normzweck von § 17 Abs. 2 wurde im Fall somit erfüllt, der Mangel in der Unterrichtung geheilt. Eine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB liegt nicht vor.
 
VI. Zu § 18 KSchG
Gemäß § 18 Abs. 4 KSchG bedarf eine Massenentlassung der Anzeige bei der Agentur für Arbeit. Dies muss wiederholt werden, wenn 90 Tage später eine Massenentlassung erfolgen soll.
Stellt man auf den Zeitpunkt der Erklärung ab, wäre die Frist gewahrt, beim Abstellen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hingegen nicht. Das BAG geht in seiner Entscheidung davon aus, dass mit „durchführen“ (synonym: verwirklichen, ausführen) die Kündigungserklärung gemeint ist. Begründet wird dies damit, dass der Gesetzgeber „Vorratsanzeigen“ verhindern wollte. Diese Ansicht ist zutreffend. Dies ergibt sich bei systematischer Auslegung auch aus § 622 BGB: Dessen Fristen sind teilweise deutlich länger als 3 Monate und insofern wäre der Arbeitgeber gezwungen auf Grund desselben Sachverhalts wegen der verschiedenen Kündigungsfristen mehrere Anzeigen zu erstellen. Dies ist aber nicht der Sinn des § 18 KSchG, der die Informierung der Agentur für Arbeit über das Ausmaß der Kündigungen vorsieht. [Anm.: mit entsprechender Argumention wäre in einer Klausur wohl auch das Gegenteil gut vertretbar]
 
VII.                    Ergebnis
Im Ergebnis ist die Kündigung daher wirksam.
 
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass viele Dinge hier ausführlicher behandelt wurden, als dies bei einem so unproblematischen Sachverhalt erforderlich wäre. Der Beitrag sollte die Grundlagen für die Prüfung einer betriebsbedingten Kündigung aufzeigen. Spezielle Probleme konnten daher nur angerissen werden.
 
Literatur:
Glöge-Müller, Rudi; Preis. Ulrich; Schmidt, Ingrid (Hrsg): Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht (insbes. §§ 1, 17, 18 KSchG)
Hromadka, Wolfgang; Maschmann, Frank: Arbeitrecht Band 1 (§ 10 Rn. 36 ff.)
Michalski, Lutz: Arbeitsrecht (Vierter Abschnitt, D.; Rn. 335 ff.)
NZA 2016, 1198 ff.; NZA 2016, 1202 ff.
*Zur besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet, es ist stets auch die weibliche gemeint.

16.11.2016/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-11-16 10:00:462016-11-16 10:00:46Die betriebsbedingte Kündigung und die Einflüsse des Kollektivarbeitsrechts am Beispiel von § 17 KSchG
Maria Dimartino

Entschädigungszahlung des Arbeitgebers wegen unterlassener Einladung eines Bewerbers zum Vorstellungsgespräch

Arbeitsrecht, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Referendariat, Schwerpunktbereich, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Aktuelle Pressemeldung des Bundesarbeitsgerichtes zum Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 375/15
Die Thematik der Gleichbehandlung und Diskriminierung beschäftigt die Arbeitsgerichte immer wieder. In der Arbeitswelt kann Diskriminierung in vielen Bereichen und Phasen auftreten z.B. der Anbahnung und Begründung des Arbeitsverhältnisses, während des Arbeitsverhältnisses oder bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.
Diese Entscheidung des BAG hatte sich damit zu beschäftigen, ob die Nichteinladung eines Bewerbers mit Schwerbehinderung eine Diskriminierung darstellt, welche für den Arbeitgeber eine Entschädigungszahlung zu Folge hat. Hier hatte ein öffentlicher Arbeitgeber (Stadt), eine Stelle ordnungsgemäß und diskriminierungsfrei ausgeschrieben:

„Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; …“

Auf diese Stelle hat sich unter anderem auch ein Bewerber mit einer Schwerbehinderung (Grad von 50) beworben.Ein ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich „Alternative Energien“.
I. Besondere Pflichten öffentlichen Arbeitgeber gem. § 82 SGB IX
Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber. Darauf hin hat der Bewerber geklagt und eine Entschädigung verlangt.
Berufen hat sich der Kläger auf § 82 SGB IX darin heißt es:

Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze (§ 73). Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Einer Integrationsvereinbarung nach § 83 bedarf es nicht, wenn für die Dienststellen dem § 83 entsprechende Regelungen bereits bestehen und durchgeführt werden.

Zwar hatte sich die Stadt auf § 82 S. 3 SGB IX berufen und darauf abgestellt diesen Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch hätte einladen müssen, da dieser für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei – dies sahen jedoch das Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht anders.
II. Indiz der Diskriminierung nach § 22 AGG
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben und entschieden, dass durch die unterlasse Einladung zum Vorstellungsgespräch ein Indiz der Diskriminierung nach § 22 AGG gesetzt worden ist, welches die Beklagte nicht wiederlegen konnte. Auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seiner Bewerbung durfte die Beklagte nicht nachvollziehbar davon ausgehen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlte.
III. Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG
Die Beklagte wurde dazu verurteilt an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen. Uneinigkeit gab es in den Instanzen jedoch bezüglich der Höhe der Entschädigung.  Das Arbeitsgericht ging von drei Bruttomonatsgehältern aus, dass Landesarbeitsgericht hingegen nur von einem Bruttomonatsgehalt.

11.08.2016/0 Kommentare/von Maria Dimartino
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Dimartino https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Dimartino2016-08-11 22:30:292016-08-11 22:30:29Entschädigungszahlung des Arbeitgebers wegen unterlassener Einladung eines Bewerbers zum Vorstellungsgespräch
Gastautor

Jur:next Urteil: „Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses“

Arbeitsrecht, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Der nachfolgende Beitrag stammt aus unserer gemeinsamen Kooperation mit jur:next und befasst sich mit einem examensrelevanten Urteil des BAG, welches über das Vorliegen von Ansprüchen auf Unterlassung und Schmerzensgeld in einer arbeitsrechtlichen Fallgestaltung zu entscheiden hatte.
BAG Urteil vom 19.02.2015 – 8 AZR 1011/13
Videoaufnahme eines Arbeitnehmers in Werbefilm des Arbeitgebers, Unterlassungsanspruch und Widerruf der Einwilligung nach § 22 KUG
Entscheidungsname: Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses
Fundstelle: Entscheidungsdatenbank des BAG (https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi- bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid=9ee988b47de1f04c8beab428bb a65ad1&nr=18052&pos=0&anz=1)
Problemaufriss
Kernfrage des hier besprochenen BAG-Urteils ist, ob und wann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses verlangen kann, dass dieser z.B. Videos mit Aufnahmen des Arbeitnehmers nicht mehr verwendet.
Anspruchsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch ist §§ 1004 I 2, 823 I, II BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG und Art. 1 I, 2 I GG. Das BAG legt in seinem Urteil lehrbuchhaft das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22,23 KUG dar und stellt das Verhältnis von KUG und BDSG dar.
Ferner klärt das BAG die sehr relevante Frage, ob eine Einwilligung des Arbeitnehmers der Schriftform bedarf (i.E. ja) und unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung widerrufen werden kann (nämlich nur mit substantiiertem Grund).
Gem. § 241 Abs. 2 BGB sind die Interessen des Arbeitgebers, nämlich das Veröffentlichungsinteresse und das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung des erstellten Videomaterials, sowie die Interessen des Arbeitnehmers, nämlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, in Einklang zu bringen.
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung eines Videos zu Werbezwecken im Internet sowie um die Zahlung eines vom Kläger beanspruchten Schmerzensgeldes.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik. Mit Arbeitsvertrag vom 10. Januar 2007 trat der Kläger am 15. Januar 2007 als Monteur in ihre Dienste. Am 30. Oktober 2008 erklärte der Kläger – wie 25 weitere Arbeitnehmer der Beklagten – durch Unterschrift auf einer Namensliste, dass Filmaufnahmen von seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten „verwendet und ausgestrahlt werden dürfen“. Auf dieser Grundlage ließ die Beklagte 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wurde. Der Kläger ist in zwei kurzen Sequenzen von jeweils zwei bis drei Sekunden zu sehen, nämlich einmal an einem Schaltschrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend. In der Folgezeit konnte das Video im Rahmen eines neuen Internetauftritts der Beklagten von ihrer Homepage aus angesteuert und eingesehen werden.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 15. September 2011. Mit Anwaltsschreiben vom 4. November 2011 ließ der Kläger den Widerruf seiner „möglicherweise“ erteilten Einwilligung zur Verwendung seiner Bilder erklären und die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 13. November 2011 auffordern, das Video von der Homepage zu entfernen. Ein vom Kläger eingeleitetes einstweiliges Verfügungsverfahren blieb in zwei Instanzen erfolglos. Die Beklagte hat am 26. Januar 2012 das Video von der Homepage genommen, sich jedoch vorbehalten, es in Zukunft erneut auf diesem Wege zu veröffentlichen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anfertigung und Veröffentlichung der Videoaufnahme stelle die Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 BDSG dar, zu der der Kläger nicht formwirksam im Sinne des § 4a BDSG seine Einwilligung erteilt habe. Die Formvorschriften des BDSG seien nicht eingehalten worden, sodass die Beklagte die Daten des Klägers von Anfang an nicht habe nutzen dürfen. Daraus resultiere sowohl der Unterlassungsanspruch des Klägers nach § 35 BDSG, als auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus den §§ 611, 242 BGB aufgrund der mehrjährigen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Selbst wenn von einer wirksam erteilten Einwilligung auszugehen wäre, sei diese von vornherein auf die Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses begrenzt gewesen. Zudem ergebe sich der Unterlassungs- und Schmerzensgeldanspruch auch aus den §§ 823, 1004 BGB.
Der Kläger begehrt Unterlassung der weiteren Verbreitung des Videos sowie ein angemessenes Schmerzensgeld für die erfolgte Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der Sachverhalt sei nach dem – spezielleren – § 22 KUG zu beurteilen. Die danach an eine wirksame Einwilligung zu stellenden Anforderungen seien erfüllt. Die Einwilligung sei zeitlich unbefristet, jedenfalls aber nicht befristet auf das Ende des Arbeitsverhältnisses vom Kläger erteilt worden. Gründe für einen Widerruf dieser Einwilligung habe der Kläger nicht vorgetragen. Zudem liege ein individueller Bezug zur Person und zur Persönlichkeit des Klägers bei beiden fraglichen Videoszenen nicht vor. In Ermangelung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, komme ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers nicht in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 12. Dezember 2013 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Das BAG hat die Revision des Klägers zurück gewiesen.
Entscheidung des Gerichts

Das Gericht weist die zulässige Revision als unbegründet zurück. Die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung hat der Kläger wirksam erteilt. Die Einwilligung war nicht auf den Bestand des Arbeitsvertrages befristet. Einen Grund für den nun erklärten Widerruf hat der Kläger nicht dargelegt. Es besteht daher kein Anspruch auf Unterlassung oder Schmerzensgeld.
1. Anspruch auf Unterlassung aus §§ 1004 I 2, 823 I, II BGB, §§ 22,23 KUG und Art. 1I, 2 I GG
a) Einwilligung erforderlich nach § 22 KUG
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Das Persönlichkeitsrecht kann nur dann tangiert sein, wenn die abgebildete Person überhaupt erkennbar und individualisierbar ist. „Bildnisse“ einer Person dürfen nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 S. 1 KUG. Eine Ausnahme besteht nach § 23 I Nr. 1 KUG nur bei Personen der Zeitgeschichte. Dies war jedoch im vorliegenden Sachverhalt nicht relevant.
Das BDSG ist gem. § 1 III 1 BDSG subsidiär. Andere Bundesvorschriften wie das KUG gehen hier vor. Hier geht es um die Veröffentlichung von Videoaufnahmen. Auch bewegte Aufnahmen können „Bildnisse“ im Sinne des KUG sein. Um die Erhebung personenbezogener Daten wie im BDSG geregelt geht es gerade nicht.
Da der Kläger in dem Video eindeutig erkennbar und individualisierbar ist, ist § 22 KUG einschlägig. Die „Bildnisse“ des Klägers dürfen daher nur mit seiner Einwilligung verbreitet oder benutzt werden.

b) Wirksamkeit der Einwilligung
Einwilligung ist die vorherige Zustimmung gem. § 183 Satz 1 BGB. Das KUG sieht keine Formerfordernisse vor. Dies stellt einen erkennbaren Widerspruch zu § 4a I 3 BDSG dar, der Schriftform verlangt. Zwar geht das KUG dem BDSG vor, jedoch ist das KUG verfassungskonform auszulegen. Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, wonach die betroffenen Belange, nämlich Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung, abzuwägen sind und zu prüfen ist, ob eine Erlaubnis erforderlich ist und wenn ja in welcher Form.
Das BAG kommt infolge der Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Einwilligung auch und gerade im Arbeitsverhältnis der Schriftform bedarf. Dies folgt aus der erheblichen Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Arbeitnehmer kann im Arbeitsverhältnis völlig frei entscheiden, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen. Hier gilt kein Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO.
Der Kläger als Arbeitnehmer hat im vorliegenden Fall schriftlich und anlassbezogen in die Verwertung der Videoaufnahmen eingewilligt.
c) Ende des Arbeitsverhältnisses irrelevant
Die wirksame Einwilligung ist nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen. Die Einwilligung wurde unbefristet erteilt. Vorliegend dient das Video allein Illustrationszwecken von Betriebsabläufen. Das Video hat keinerlei individuellen Bezug zum Kläger. Daher hätte der Kläger ausdrücklich erklären müssen, dass seine Einwilligung trotzdem nur befristet gilt, das hat er aber nicht.
d) Kein wirksamer Widerruf der Einwilligung
Aus § 241 II BGB und der daraus folgenden Rücksichtnahmepflicht folgt, dass ein Widerruf nicht grundlos erfolgen kann. Es muss eine Abwägung beider Interessen stattfinden. Auf Arbeitgeberseite steht das wirtschaftliche Interesse, das Video kostendeckend zu Werbezwecken zu verwerten. Der Arbeitnehmer hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Wenn in dem Video mit der Person des ausscheidenden Arbeitnehmers bzw. seiner konkret ausgeübten Tätigkeit geworben wird, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass nach seinem Ausscheiden nicht mehr mit seiner Person geworben wird.

Wenn aber – wie hier – der Arbeitnehmer in einer allgemeinen Darstellung gezeigt wird, nicht hervorgehoben, namentlich genannt oder sonst wie individualisiert, so darf der Arbeitgeber das Video auch nach dem Ausscheiden weiter verwerten.
Allein das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis berechtigt nicht zum Widerruf der erteilten Einwilligung. Es bedarf eines darüber hinausgehenden Grundes für den Widerruf. Ein solcher ist hier nicht dargelegt.
2. Anspruch aus §§ 823 I, 253 II BGB, Art. 1 I, 2 I GG auf Schmerzensgeld
Ein Schmerzensgeldanspruch für eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung auf Ersatz des immateriellen Schadens besteht nicht.
Examensrelevanz
Die vorliegende Entscheidung des BAG ist m.E. sehr examensrelevant, da der Problemkreis KUG, allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht am eigenen Bild und daraus folgende Ansprüche auf Unterlassung und Schmerzensgeld Dauerbrenner im Staatsexamen sind. Diese klassische Problematik aus dem Zivilrecht taucht hier in einer arbeitsrechtlichen Fallgestaltung auf. Dies ist zuerst einmal untypisch und muss von den Bearbeitern auch erst einmal erkannt werden. Darüber hinaus sind Besonderheiten des Arbeitsrechts, z.B. die Rücksichtnahmepflichten aus § 241 II BGB, zu beachten.
Die Anspruchsgrundlagen auf Unterlassung und Schmerzensgeld sind nicht ganz leicht zu erkennen. Die hier besprochene Entscheidung prüft diese Ansprüche systematisch durch und wiederholt nebenbei die Rechtsprechung zum Thema KUG. Diese Thematik wird dadurch wieder sehr interessant für eine Examensklausur…

30.06.2015/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-06-30 12:30:562015-06-30 12:30:56Jur:next Urteil: „Unfreiwillige Werbung für den Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses“
Tom Stiebert

KiTa-Streik und die (arbeitsrechtlichen) Folgen

Aktuelles, Arbeitsrecht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

In ganz Deutschland nehmen derzeit zahlreiche Erzieher in Kindertagesstätten ihr aus Art. 9 Abs. 3 GG resultierendes Recht wahr und streiken. Erstrebt wird eine höhere Eingruppierung, da sich das Bild der Erzieherin in den letzten Jahren stark gewandelt habe.
Eine Vielzahl von Eltern steht nun vor dem Problem, dass zumindest teilweise eine Unterbringung der Kinder in der Kindertagesstätte nicht möglich ist, sie aber auch andererseits nicht die Möglichkeit haben, die Kinder auf Ihrer Arbeitsstelle selbst zu betreuen. Es stellt sich damit die Frage, welche Möglichkeiten die Eltern nun zur Betreuung Ihrer Kinder haben.
Diese Fragen könnten auch in einer mündlichen Prüfung angerissen und vertieft werden. Der Beitrag will aus diesem Grund einen Überblick über den Problemkreis geben und die wesentlichen Fragen beantworten.

I. Inwiefern haben also Eltern, deren wegen des anstehenden Kita-Streiks nicht betreut werden können, Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber? Dürfen sie insbesondere zu Hause bleibe, um sich um die Kleinen zu kümmern?

Beide Fragen sind letztlich gemeinsam zu bearbeiten, denn der einzige Anspruch gegen den Arbeitgeber, mit dem eine arbeitsvertragliche Beziehung besteht, kann ja letztlich die Freistellung von der Tätigkeit sein. Diese ist – gesetzlich geregelt – nur in seltenen Fällen möglich, schließlich ist der Arbeitnehmer stets zur Erbringung seiner – vertraglich vereinbarten – Arbeitsleistung verpflichtet. Unterlässt er dies, drohen Abmahnungen und natürlich im schlimmsten Fall die Kündigung.

Klar ist auch, dass man in einen solchen Fall sein Arbeitsentgelt nicht bekommt – es gilt: „Kein Lohn ohne Arbeit“ sofern das Gesetz hiervon nicht Ausnahmen vorzieht (bspw. bei Krankheit im EFZG oder bei Urlaub; eine besondere Regelung besteht zudem bei der Krankheit von Kindern – § 45 SGB V)

§ 616 BGB sieht allerdings vor, dass der Arbeitnehmer dann, wenn er für eine verhältnismäßig kurze Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist, seinen Anspruch auf den Lohn auch ohne Arbeit behält. Das heißt in einem solchen Fall darf der Arbeitnehmer a) der Arbeit fernbleiben und behält b) sogar seinen Entgeltanspruch.

Hierunter fällt bspw. die Betreuung kranker Kinder (für die es zudem auch spezielle Vorschriften gibt vgl. § 45 SGB V), der Umzug, die Hochzeit, Beerdigungen naher Angehöriger etc. Auch die Betreuung der eigenen Kinder ist eine Pflicht, die die Eltern im Rahmen ihrer elterlichen Sorge (§ 1626 Abs. 1 BGB) zunächst persönlich trifft und die der Pflicht zur Arbeit widerspricht. Und dennoch gilt hier nicht uneingeschränkt das Gleiche. Es müssen besondere Gegebenheiten hinzutreten um einen Fall des § 616 BGB bejahen zu können – so muss der Streik bspw. plötzlich und nicht planbar eingetreten sein – und – das ist die zentrale Voraussetzung – der Arbeitnehmer muss alles zumutbare für eine Ersatzkinderbetreuung getan haben. Nur dann wäre ein solcher Anspruch denkbar. Auf jeden Fall ist der Arbeitnehmer aber verpflichtet, den Arbeitgeber frühzeitig hierüber zu informieren. Ein nicht angekündigtes Fernbleiben ist jedenfalls unzulässig.

Die Hürden, wann ein Streik unter § 616 BGB subsummiert werden kann, dürften recht hoch sein – am ersten überraschenden Streiktag mag der Anspruch noch gegeben sein, ab dem zweiten – planbaren – Tag dann wohl schon nicht mehr. Auch sind familiäre Betreuungsmöglichkeiten (Oma und Opa etc.) vorrangig zu prüfen. Auch wenn den Arbeitgeber die Pflicht zur Betreuung seines Kindes trifft, so darf diese Pflicht nicht pauschal die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung überwiegen, insbesondere weil nach den Grundsätzen des § 616 BGB sogar das Entgelt fortzugewähren ist.
II. Gibt es Ausfallzahlungen oder einen Sonderurlaub?
Greift also die Norm des § 616 BGB, so bedarf es keiner Ausfallszahlungen, da sogar das Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist. Die Kriterien hierfür sind allerdings – wie dargelegt – recht strikt.
Ergänzend treffen den Arbeitgeber aber auch Rücksichtnahmepflichten aus dem Arbeitsvertrag. Aus diesem Grund ist er zumindest verpflichtet, den Arbeitnehmer unbezahlt von der Beschäftigung freizustellen, wenn dieser das verlangt und besondere Gründe (insbesondere wie hier die Betreuung seiner Kinder im Streikfall) hierfür anführt, es sei denn besondere betriebliche Gründe widersprechen dem. Auch hier gilt aber: Der Arbeitnehmer muss dies mit dem Arbeitgeber besprechen; ein Fernbleiben ohne Information und Absprache ist stets unzulässig. Allerdings überwiegt hier – im Gegensatz zu § 616 BGB das Interesse des Arbeitgebers, da diesen sogar eine gesetzliche Pflicht zur Kinderbetreuung trifft. Eine Ablehnung dieses Verlangens ist damit allenfalls im Einzelfall zulässig.

III. Muss das alles individuell in Arbeitsverträgen festgehalten werden oder ist es allgemein gültig?
Das Gesagt ergibt sich aus dem Gesetz, wie § 616 BGB deutlich macht. Auch der unbezahlte Anspruch auf Freistellung ist als eine allgemeine Nebenpflicht des Arbeitgebers im Rahmen der Rücksichtnahmepflicht anzusehen.
Möglich ist allerdings, dass im Arbeitsvertrag bezogen auf § 616 BGB Abweichendes entweder zu Gunsten des Arbeitnehmers oder aber – viel häufiger – zu seinen Lasten vereinbart ist. Dann ist zwar in schwerwiegenden Fällen nicht der Freistellungsanspruch, zumindest aber die Entgeltfortzahlung aus § 616 BGB ausgeschlossen. Eine solche Regelung ist im Grundsatz auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich. Ein Ausschluss der Rücksichtnahmepflichten ist hingegen – jedenfalls durch AGB – nicht zulässig und verstößt zumindest gegen § 307 BGB.

13.04.2015/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2015-04-13 14:44:502015-04-13 14:44:50KiTa-Streik und die (arbeitsrechtlichen) Folgen
Seite 1 von 212

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