Tag 2 der arbeitsrechtlichen Diskussion über den Ruhetag – Ein Überblick über die Argumente
Anmerkung: Der Beitrag gibt den Rechtsstand vom 24.03.2021, 10 Uhr, wieder.
Was genau ein Ruhetag sein soll und auf welcher Grundlage dieser erstellt wird, ist noch völlig offen. Auch wenn die handelnden Personen ursprünglich die Vorstellung gehabt haben mögen, dass die Ruhetage Feiertagen (nach den Feiertagsgesetzen der Länder) gleichgestellt werden („Die Regelung wird analog zu Sonn- und Feiertagen sein„, so Kanzlerin Merkel), so ist es leider nicht so einfach. Bezeichnenderweise endet das vorgenannte Zitat der Kanzlerin dann auch mit „sage ich jetzt einmal„. Das genügt aber nicht.
Das deutsche Arbeitsrecht kennt nur Ersatzruhetage, in einem völlig anderen Kontext Arbeitszeitgesetz.
Welche Optionen gibt es nun, Gründonnerstag und Ostersamstag zum Ruhetag umzuwidmen und welche Folgen hat dies für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Dies soll nachfolgend kurz dargestellt werden.
I. Regelung in den Feiertagsgesetzen der Länder
Am effektivsten wäre sicherlich eine Regelung in den Feiertagsgesetzen der Länder aufzunehmen. Alle Folgeprobleme (Entgeltfortzahlung nach EFZG; Arbeitszeit nach ArbZG; Fristabläufe, bspw. § 222 Abs. 2 ZPO) wären damit automatisch gelöst, weil der Begriff des Feiertags in diversen Gesetzen in Bezug genommen wird.
Dies ist allerdings unwahrscheinlich, da es hierfür jeweils eines formellen Gesetzes bedürfte – dies ist in der Kürze der Zeit kaum zu schaffen. Außerdem haben alle Protagonisten bewusst nicht den Begriff des Feiertags verwendet, sodass dies offenbar von Beginn an nicht intendiert war.
II. Regelung durch Rechtsverordnung
Insofern scheint eine Regelung in den Coronaschutzverordnungen näherliegend. Bayern hat hierfür bereits einen Entwurf erstellt und schreibt (abrufbar hier):
Betriebe, Ladengeschäfte, Unternehmen und Behörden bleiben am 1. April 2021 (Gründonnerstag) und am 3. April 2021 (Karsamstag) wie an den Osterfeiertagen geschlossen; am Samstag, den 3. April 2021, wird ausschließlich der Lebensmittelhandel geöffnet.
Die Schließung eines Betriebs bedeutet aber zum einen nicht, dass nicht von zu Hause gearbeitet werden kann oder muss und lässt zum anderen die Frage weiterer Rechtsfolgen – Entgeltfortzahlung; Fristabläufe etc. – völlig außen vor.
Rechtlich ist dies im Ergebnis auch richtig, denn die auf das Infektionsschutzgesetz gestütze Verordnung kann solche Bereiche denknotwendig nicht regeln. Betriebe dürfen – nach einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung – geschlossen werden, um das Infektionsrisiko zu senken, die Gewährung eines kompletten arbeitsfreien Tages (auch im Homeoffice) und die Verpflichtung der Arbeitgeber, dennoch die Vergütung zu zahlen, betrifft aber ein vollkommen anderes Thema und kann damit auf diesem Weg nicht geregelt werden.
Insofern ist nach hiesigem Verständnis eine vollständige Gleichstellung der Rechtsfolgen des Ruhetages zu Feiertagen schlichtweg nicht möglich. Geregelt werden kann allein das, was der Vermeidung von Kontakten dient.
III. Welche Optionen bleiben?
Nach der hier vertretenen Ansicht ist es damit rechtlich in der Kürze der Zeit kaum möglich, auch die Arbeit im Homeoffice am Ruhetag 1. April 2021 zu versagen.
Aber auch für die zahlreichen Beschäftigten in Betrieben, die zulässigerweise durch die Rechtsverordnung geschlossen werden können, ist allein geklärt, dass eine Schließung möglich ist. Dies beantwortet aber nicht die Frage, ob an diesem Tag auch Entgelt zu gewähren ist und ob dies vom Arbeitgeber oder gar vom Bund bzw. Land zu tragen ist.
Für eine Pflicht des Arbeitgebers zur Gewährung des Entgelts spräche allein das Betriebsrisiko – ob dies aber in dem hiesigen Fall (der eine riesige Anzahl von Betrieben betrifft), einschlägig ist, ist unwahrscheinlich.
Naheliegender ist dagegen, dass Bund und Länder die Lohnkosten für diesen Tag zu tragen haben. Dies jedenfalls dann, wenn die Schließung der Betriebe (oder gar das Verbot jeglicher Tätigkeit) unzulässig sind. Insofern liegen Staatshaftungsansprüche (die insgesamt die Grenze von einer Milliarde Euro erreichen können) nicht fern. Auch das Infektionsschutzgesetz kennt in § 56 IfSG Entschädigungszahlungen an Arbeitgeber in bestimmten Konstellationen, sodass eine solche Sichtweise naheliegend scheint. Ob dies gleichwohl bei der Diskussion bisher bedacht wurde, scheint fraglich.
Ebenso nicht ausgeschlossen ist gleichwohl, dass Arbeitnehmer letztlich auf den Kosten sitzen bleiben – da weder Staat, noch Länder noch der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sind. Auch dies ist jedenfalls dann nicht fernliegend, wenn man die Ansicht teilt, dass die Untersagung der Arbeit zulässig ist, aber das Betriebsrisiko des Arbeitgebers nicht einschlägig ist. Dies wird in der bisherigen Diskussion kaum betrachtet, scheint aber nicht unwahrscheinlich. Insofern würde der Ruhetag dann einem Tag unbezahlten Urlaub gleichen.
IV. Ein Ausblick
Welches Ergebnis wird nun am Ende stehen? Vermutlich wird man einen Kompromiss finden. Es erscheint – gerade auch aufgrund der bestehenden Unsicherheit – wahrscheinlich, dass viele Arbeitgeber freiwillig die Ruhetage wie Feiertage behandeln und damit allen Arbeitnehmern (also auch den Beschäftigten im Homeoffice) einen freien Tag bei gleichzeitiger Vergütung gewähren. Ebenso ist zu erwarten, dass auch die Politik in diese Richtung appelieren wird.
Zwingend ist dies aber nicht. Es ist ebenso wahrscheinlich, dass es zu Regressansprüchen gegen Bund und Länder kommt. Unternehmen ist zu raten, diese Optionen sehr genau zu prüfen und entsprechende Maßnahmen ins Auge zu fassen.
Rechtlich ist die Situation jedenfalls extrem problematisch. Als Ausweg bliebe dann allein, den Vorschlag, den 1. April 2021 zum Ruhetag zu deklarieren, als vorzeitigen Aprilscherz zu bezeichnen. Die schlechteste Option wäre dies ganz sicher nicht.
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