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Schlagwortarchiv für: Strafprozessrecht

Redaktion

Die Untersuchungshaft (§§ 112 ff. StPO)

Karteikarten, Strafrecht, Uncategorized

Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Ermittlungsrichters angeordnet: §§ 114, 125 StPO

I. Voraussetzungen nach § 112 StPO

1. Dringender Tatverdacht

Wenn nach aktuellem Stand er Ermittlungen eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist

2. Haftgrund nach § 112 II oder III StPO

Besonderheiten für Haftgrund nach § 112 III StPO: Verfassungskonforme Auslegung – Haftgrund nach § 112 II StPO muss hinzutreten, aber Lockerung der strengen Voraussetzungen an dessen Nachweis

3. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: § 112 I 2 StPO

4. Antrag durch Staatsanwaltschaft: § 125 StPO

Ausnahme: Gefahr im Verzug: Möglichkeit Haftbefehl von Amts wegen zu erlassen

II. Rechtsschutz

1. Haftbeschwer: § 304 StPO

Devolutiveffekt, kein Suspensiveffekt

2. Haftprüfungsverfahren: § 117 StPO

Kein Devolutiveffekt, kein Suspensiveffekt

17.10.2022/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2022-10-17 14:22:262023-10-04 14:41:25Die Untersuchungshaft (§§ 112 ff. StPO)
Redaktion

Strafrecht – Berlin/Brandenburg – Oktober 2020 – 1. Staatsexamen

Berlin, Brandenburg, Examensreport

Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zu einer Examensklausur im Strafrecht, die im Oktober 2020 in Berlin/Brandenburg gestellt wurde. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt.
 
A braucht Geld und will aus der Tiefgarage seines Wohnhauses, in der auch andere Mieter ihre Autos lagern, ein Auto stehlen. Er geht zu P und erklärt er wöllte ein Auto klauen und es P verkaufen. P sagt zu, 15.000 Euro für jedes Auto zu zahlen.
A geht in die Tiefgarage und öffnet mit einem Werkzeug ein Auto, schließt es kurz und fährt davon.
Um in dem gestohlenen Wagen nicht entdeckt zu werden, fährt A statt auf der Autobahn über diverse Landstraßen um den, mittlerweile telefonisch vereinbarten, Treffpunkt mit P zu erreichen. In einem dunkeln Dorf fährt er auf der Hauptstraße ordnungsgemäß an eine Kreuzung heran. Der von einer Nebenstraße kommende Mopedfahrer M sieht den A zu spät und muss eine Vollbremsung hinlegen, um nicht mit A zu kollidieren. Dabei stürzt M, ohne das Auto zu berühren und verletzt sich schwer. M bleibt bewegungsunfähig liegen. A denkt, da er nichts falsch gemacht habe und sich die beiden nicht berührt haben, müsse er nicht helfen. A fährt weiter.
B kommt mit seine Auto vom Nachbardorf mit 0,7 Promille Blutalkoholkonzentration auf der Straße entlanggefahren, auf der M liegt. B hat alkoholbedingte Ausfallerscheinungen und weiß das. Aufgrund der Alkoholisierung sieht er den M zu spät auf der Straße liegen und kann nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Er überfährt den M und verletzt ihn dabei schwer. B ruft jedoch sofort Hilfe herbei. Durch die Hilfeleistung konnte M später wieder voll genesen.
A hat P mittlerweile angetroffen und ihm das Auto übergeben. P überreicht dem A im Gegenzug einen Koffer mit (im Dunklen nicht erkennbaren) 15.000 Euro Falschgeld. A bemerkt nicht, dass es sich um Falschgeld handelt. A zeigt P noch wie man das Auto kurzschließt, um es zu starten und geht. P fährt weg. Später merkt A, dass es sich bei den von P überreichten Banknoten um Falschgeld handelt.
Strafbarkeit der Beteiligten?
 
Zusatzfrage
Im Verfahren schweigt A. Dies empfindet der Vater (V) des M als gehässig und entführt den A deshalb eines Abends. V fesselt den A an einen Stuhl ein schlägt ihn mehrfach. Daraufhin erzählt A dem V das komplette, wahre Unfallgeschehen. Kann V im Prozess über das, was A ihm deshalb erzählt hat, vernommen werden?

18.01.2021/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2021-01-18 09:00:442021-01-18 09:00:44Strafrecht – Berlin/Brandenburg – Oktober 2020 – 1. Staatsexamen
Gastautor

Revisited: § 252 StPO und das Erfordernis der sog. qualifizierten Belehrung

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, StPO, Strafrecht

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Ass. iur. Dr. Lorenz Bode, LL.M. veröffentlichen zu können.
 
Nichts Neues, aber – wie diese höchstrichterliche Entscheidung (BGH, Beschl. v. 25.08.2020 – 2 StR 202/20) einmal mehr zeigt – ein echter Klassiker auch in der tatgerichtlichen Praxis: die qualifizierte Belehrung bei § 252 StPO.
1. Dem Sachverhalt nach ging es um die Aussage der Mutter des zu lebenslanger Haft verurteilten Angeklagten. Diese hatte den Angeklagten bei ihrer polizeilichen Vernehmung schwer belastet, sich in der späteren Hauptverhandlung jedoch auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 StPO berufen. Das Gericht ließ sich hiervon nicht beirren und brachte die Mutter durch weiteres Nachhaken („auf Befragen“) schließlich dazu, dass sie sich mit der Verwertung ihrer polizeilichen Angaben sowie der Befragung ihres früheren Vernehmungsbeamten einverstanden erklärte.
2. Der BGH stellt klar, dass das Landgericht § 252 StPO missachtet hat. Es hätte die Zeugenaussage der Mutter nicht – auch nicht durch die Vernehmung der Verhörsperson – in die Hauptverhandlung einführen dürfen. Denn, und darin liegt (noch immer) die Krux, aus § 252 StPO folgt, entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, ein allgemeines Beweisverwertungsverbot. Damit ist – so der BGH – neben der Verlesung einer früheren Zeugenaussage auch „jede andere Verwertung der bei einer nichtrichterlichen Vernehmung gemachten Aussage, insbesondere die Vernehmung von Verhörspersonen“, in der Hauptverhandlung ausgeschlossen. Wichtig ist zu betonen, dass dies nur für nichtrichterliche Vernehmungen gilt. Im Falle einer früheren Vernehmung durch den Richter, und sofern dieser den Zeugen nach § 52 Abs. 3 S. 1 StPO ordnungsgemäß belehrt hatte, bleibt die Verwertung der Aussage (durch Vernehmung der richterlichen Verhörsperson) zulässig (BGH, Beschl. v. 15.07.2016 – GSSt 1/16 = BGHSt 61, 221). Diese Differenzierung geht zurück auf den sog. Blutschande-Fall des BGH aus dem Jahr 1952 (Az. 1 StR 341/15 = BGHSt 2, 99).
3. Der einzige „Rettungsanker“ bestand für das Schwurgericht darin, das Einverständnis der Mutter zur Verwertung ihrer früheren Angaben einzuholen. Insoweit steht zwar die Geltendmachung des Zeugnisverweigerungsrechts der Zustimmung zur Verwertung bzw. einem isolierten Verzicht auf das Verwertungsverbot nicht entgegen (BGH, Urt. v. 23.09.1999 – 4 StR 189/99 = BGHSt 45, 203). Die Wirksamkeit dieser Zeugenerklärung hängt nach dem Willen des BGH jedoch von einer qualifizierten Belehrung durch das Gericht ab. Demnach kann ein zeugnisverweigerungsberechtigter Zeuge die Verwertung seiner früheren Angaben nur gestatten, wenn (!) „er zuvor über die Folgen des Verzichts ausdrücklich belehrt worden ist“.
Dabei kommt es für die Revision(sklausur) entscheidend darauf an, welchen Inhalt das Hauptverhandlungsprotokoll hat. Denn sowohl bei der gerichtlichen Belehrung wie auch der Erklärung des Zeugen handelt es sich um wesentliche Förmlichkeiten i.S.d. § 273 Abs. 1 StPO, die zu protokollieren sind – andernfalls gelten sie als nicht erfolgt (vgl. § 274 S. 1 StPO). Vorliegend gelangt der BGH zu dem Ergebnis, dass es an einer qualifizierten Belehrung fehlt. Dazu seziert er die relevanten Passagen des Protokolls und macht deutlich:
„Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich, dass die Einverständniserklärung der Zeugin weder auf deren Initiative zurückging noch ‚nach Belehrung‘ erfolgte, sie sich vielmehr ‚auf Befragen‘ erklärte. Damit lässt sich dem Protokoll nicht entnehmen, dass die Zeugin hinreichend belehrt worden oder ihr die Tragweite ihrer Erklärung bewusst war.“
Kurz gesprochen: qualifizierte Belehrung minus.
4. Die Konsequenz dieser BGH-Entscheidung war: Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg. Das Schwurgericht (gem. § 76 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 GVG immerhin mit drei Berufsrichtern besetzt) hatte es schlicht versäumt, qualifiziert zu belehren. Der BGH zeigte sich insofern unnachgiebig und war – anders als bei der Vernehmung richterlicher Verhörspersonen (siehe nur Farthofer/Rückert, HRRS 2017, 123 ff. m.w.N.) – nicht bereit, den über § 252 StPO umfassend gewährleisteten Zeugenschutz aufzuweichen. Für die Revisionspraxis bedeutet dies: Das Hauptverhandlungsprotokoll ist insbesondere mit Blick auf Art und Umfang der dort dokumentierten, tatgerichtlichen Belehrung sorgfältig auszuwerten; es gilt – dem BGH folgend – ein strenger Maßstab; bloßes Befragen stellt jedenfalls keine qualifizierte Belehrung dar. Zudem kann sich aus Verteidigersicht im Falle des offenkundigen Fehlens einer entsprechenden Belehrung ausnahmsweise auch einmal der Weg über die Sprungrevision (§ 335 StPO) anbieten.

12.11.2020/2 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-11-12 09:00:162020-11-12 09:00:16Revisited: § 252 StPO und das Erfordernis der sog. qualifizierten Belehrung
Charlotte Schippers

Rechtsprechungsübersicht Strafrecht und Strafprozessrecht 1. Halbjahr 2020

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Bei der Vorbereitung auf die schriftliche und vor allem mündliche Examensprüfung, aber auch auf Klausuren des Studiums, ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung unbedingt erforderlich. Neue Urteile und Beschlüsse werden immer wieder als ein Teil der Prüfung herangezogen oder bei besonders wichtigen Entscheidungen ausdrücklich abgefragt. Der folgende Überblick soll für die examensrelevanten Entscheidungen in Strafsachen des Jahres 2020 (und Ende 2019) als Stütze dienen und Ausgangspunkt für eine tiefere Auseinandersetzung sein.
 
Strafrecht

BGH, Urt. v. 26.11.2019 – 2 StR 557/18: Strafrechtliche Verantwortlichkeit von JVA-Beamten für den Mord eines Häftlings während eines Freigangs

Zu folgendem Fall urteilte der BGH Ende letzten Jahres: T, Häftling in einer JVA, beging während eines Freigangs mehrere Straftaten, u.a. tötete er bei einer Flucht vor der Polizei, indem er mit rasanter Geschwindigkeit als „Geisterfahrer“ auf die Gegenfahrbahn fuhr, eine im Gegenverkehr befindliche junge Frau. Wegen dieser Tat wurde er wegen Mordes rechtskräftig zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Relevant war hier nun die Strafbarkeit der zuständigen JVA-Beamten.
Die Vorinstanz hatte eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung gem. § 222 StGB angenommen, der BGH sprach die Beamten nun frei: In ihrer Entscheidung, den Strafgefangenen in den offenen Vollzug zu verlegen und ihm weitere Lockerungen in Form von Freigängen zu gewähren, liege keine Sorgfaltspflichtverletzung; den Beamten stehen Beurteilungsspielraum und Ermessen zu, sodass

„die getroffene Entscheidung bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen [ist]. Bei der Beurteilung der Sorgfaltswidrigkeit darf sich das Gericht weder von einer aus dem späteren Kenntnisstand rückschauenden Wertung (ex post) leiten lassen, dass sich eine Prognoseentscheidung im Ergebnis als ,falsch‘ erwiesen hat, noch seine eigene, abweichende Prognoseentscheidung als Maßstab anlegen. Maßgebend ist vielmehr die fachliche und rechtliche Vertretbarkeit der Entscheidung aus der Perspektive der Lockerungsentscheidung (ex ante). Eine im Ergebnis falsche Prognose erweist sich als pflichtwidrig, wenn die Missbrauchsgefahr aufgrund relevant unvollständiger oder unzutreffender Tatsachengrundlage oder unter nicht vertretbarer Bewertung der festgestellten Tatsachen verneint worden ist.“ (Rn. 25)

Der BGH erläutert in der Folge, die Angeklagten hätten sich aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht den Anforderungen entsprechend verhalten.
Diese examensrelevante Entscheidung hat Tobias Vogt besprochen.
 

BGH, Beschl. v. 17.12.2019 – 1 StR 364/18: Unvermeidbarer Verbotsirrtum bei Auskunft eines Rechtsanwalts und einer unzuständigen Behörde?

Mit Betäubungsmitteldelikten beschäftigte der BGH sich Ende letzten Jahres und erhielt hierbei auch die Gelegenheit, sich zu den Anforderungen an die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums zu äußern. Kurz gefasst ging es um den Apotheker A, der mit anderen zusammen einen Versandhandel mit über das Internet bestellten verschreibungspflichtigen Medikamenten, die Abhängigkeitserkrankungen verursachen können, führte. Diese wurden an Kunden aus dem Ausland, überwiegend in die USA, geliefert. Über die für die Ausfuhr nach dem BtMG erforderliche Erlaubnis verfügte keiner der Beteiligten. Rechtsanwalt R, der A an die anderen vermittelt hatte, hatte ihm mitgeteilt, das Vertriebssystem sei von weiteren Rechtsanwälten geprüft. Dazu zeigte er ihm mehrere Blätter, die er als Gutachten bezeichnete, ohne sie ihm aber zum Lesen zu überlassen. Zudem erhielt A von der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz die telefonische Auskunft, gegen den Versand von Medikamenten ins Ausland auf der Grundlage von Rezepten bestünden keine Bedenken.
Festgestellt wurde ein Verbotsirrtum gem. § 17 S. 1 StGB des A. Fraglich war nun, ob dieser vermeidbar war oder nicht. Zu den Anforderungen an die Unvermeidbarkeit führt der BGH aus:

„Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum erst dann, wenn der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet, sie muss insbesondere sachkundig und unvoreingenommen sein und mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgen. Zudem darf der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen.“ (Rn. 21)

Daher ist auch der Rat eines Rechtsanwalts nicht ohne weiteres vertrauenswürdig. Der Rat muss, von notwendiger Sachkenntnis getragen, nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgen. Sind die Auskünfte offenkundig mangelhaft, reicht das nicht zur Entlastung, notwendig ist bei komplexen Sachverhalten ein detailliertes, schriftliches Gutachten. Die durch R erteilten Hinweise, ohne die Möglichkeit, die Blätter durchzulesen, hätten durch A hinterfragt werden müssen, subsumiert der BGH.
Hinsichtlich der telefonischen Auskunft ist zu berücksichtigen, dass unzutreffende Auskünfte unzuständiger Behörden nur dann zur Unvermeidbarkeit des Irrtums führen können, wenn sich für den Täter die fehlende Zuständigkeit und Beurteilungskompetenz nicht aufdrängt (s. dazu BGH, Beschl. v. 2.2.2000 – 1 StR 597/99).

„Bei [A] handelt es sich um einen approbierten Apotheker mit langjähriger Berufserfahrung. Zur Ausbildung eines Apothekers gehören auch Grundkenntnisse im Betäubungsmittel- und Arzneirecht. Gerade aufgrund seiner beruflichen Stellung und der hiermit verbundenen Verpflichtungen war von [A] zu erwarten, dass ihm bekannt ist, dass der Handel mit Benzodiazepinen und NonBenzodiazepinen wegen der erhöhten Gefahr einer Abhängigkeitserkrankung bei dauerhaftem Konsum einer besonderen betäubungsmittelrechtlichen Kontrolle unterliegt und daher einer betäubungsmittelrechtlichen Erlaubnis bedarf. Jedenfalls hätte er dies bei gebotener Anstrengung von Verstand und Gewissen erkennen können. Gleichermaßen hätte er – unter Berücksichtigung seiner beruflichen Stellung und Erfahrung – erkennen können, dass er sich an das für die Erteilung von Erlaubnissen und Genehmigungen im Betäubungsmittelrecht zuständige BfArM [Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte] hätte wenden müssen.“ (Rn. 21)

Schließlich verneint der BGH, dass das BfArM ebenfalls dieselbe Auskunft gegeben hätte:

„Hat der Täter einer Erkundigungspflicht nicht genügt, so setzt die Feststellung von Vermeidbarkeit voraus, dass die Erkundigung zu einer richtigen Auskunft geführt hätte.“ (Rn. 21)

Insbesondere wegen der Ausführungen zu den Anforderungen an die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums handelt es sich hierbei somit um eine wichtige und examensrelevante Entscheidung.
 

BGH, Beschl. v. 8.1.2020 – 4 StR 548/19: Erpressung bei Nötigung zur Begehung von Eigentumsdelikten?

T brauchte dringend Geld, um sich Marihuana kaufen zu können. Deswegen bedrohte er zwei 13-jährige Jungen mit einem Messer und forderte sie auf, für ihn in der Innenstadt Wertgegenstände zu stehlen. Wie beabsichtigt, hatten die beiden Jungen Angst vor ihm und waren von dem vorgehaltenen Messer so beeindruckt, dass sie sich nicht zu widersetzen wagten. Auf dem Weg in die Innenstadt konnten sie aber weglaufen.
Der BGH beschäftigte sich mit der Strafbarkeit des T wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gem. §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB. Die Erpressung scheitert am Vermögensnachteil der Genötigten – das abverlangte Verhalten liegt „nur“ in der Begehung strafbarer Handlungen, ein Vermögensschaden auf Seiten des Nötigungsopfers fehlt. Weiterhin wäre für eine Dreieckserpressung ein Näheverhältnis zwischen dem Genötigten und dem zu Schädigenden erforderlich, an dem es hier, wie der BGH knapp feststellt, fehlte (vgl. auch BGH,  Urt. v.  20. 4.1995 ‒ 4 StR 27/95). Somit kam hier nur eine Strafbarkeit wegen versuchter Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen gem. §§ 240 Abs. 1, 2, 3, 22, 23 Abs. 1 StGB infrage.
 

BGH, Beschl. v. 22.1.2020 – 3 StR 526/19: Wohnungen i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB

Der BGH beschäftigte sich zur Klärung der Frage, ob die Wohnung eines Verstorbenen auch eine Wohnung i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist, mit folgendem (leicht abgewandeltem und gekürztem) Sachverhalt: Einbrecher E beschloss, vorrangig in die Häuser von Verstorbenen einzubrechen. Über entsprechende Todesfälle informierte er sich durch Traueranzeigen in der Tageszeitung. In der Folgezeit brach er, entsprechend seines Plans, unter Aufhebeln von Fenstern und Terassentüren in verschiedene Wohnungen von Verstorbenen ein.
In dem Beschluss bejahte der BGH, dass es sich bei den Immobilien, die noch voll eingerichtet und funktionsfähig waren, um Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB handelte mit einer lehrbuchartigen Gesetzesauslegung:

„Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. Der Begriff „Wohnung“ bezeichnet eine für die private Lebensführung geeignete und in sich abgeschlossene Einheit von gewöhnlich mehreren Räumen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist somit der Zweck der Stätte maßgebend, nicht deren tatsächlicher Gebrauch. […].
Diese Betrachtungsweise erfährt ihre Bestätigung in der Gesetzessystematik. Das Strafgesetzbuch sieht bei Einbruchdiebstählen eine Staffelung in Deliktsschwere und Strafmaß vor, die vom besonders schweren Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB über den Wohnungseinbruch im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB bis zum Einbruch in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung nach § 244 Abs. 4 StGB reicht. Spätestens mit Einführung der letztgenannten Vorschrift im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die (dauerhafte) Nutzung der Wohnung nicht als tatbestandliche Voraussetzung des einfachen Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB verstanden wissen will. Die sprachliche Betonung dieses zusätzlichen Tatbestandsmerkmals in § 244 Abs. 4 StGB wäre sonst nicht geboten gewesen.“ (Rn. 16 f.)

Er argumentiert an dieser Stelle mit weiteren Delikten, namentlich § 123 Abs. 1 StGB, § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB, die sich auch in der Klausur gut zur Begründung heranziehen lassen!

„Schließlich gebieten Sinn und Zweck der Qualifikation aus § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB die Einbeziehung von unbewohnten Immobilien, jedenfalls so lange sie nicht als Wohnstätte entwidmet sind. Die Vorschrift soll das Eigentum an höchstpersönlichen Gegenständen und die häusliche Integrität an sich schützen. Diese Rechtsgüter können auch dann verletzt sein, wenn sie neben den aktuellen Bewohnern weiteren Personen zuzuordnen sind, die einen Bezug zu den Räumlichkeiten aufweisen – etwa, weil sie sich häufig in ihnen aufhalten, weil es sich um ihr Elternhaus handelt oder weil sie in dem Haus private Gegenstände lagern.“

Somit bejahte der BGH den Wohnungseinbruchsdiebstahl.
 

OLG Hamm, Beschl. v. 7.4.2020 – 4 RVs 12/20: Verwendung einer fremden EC-Karte zum kontaktlosen Zahlen

Ein Dauerbrenner im Examen sind die EC-Karten-Fälle, sodass sich ein Blick auf die aktuelle Entscheidung des OLG Hamm zum kontaktlosen Zahlen mit einer fremden EC-Karte lohnt. Folgender Fall (leicht abgewandelt und gekürzt) wurde entschieden: T erhielt von seiner Bekannten B die auf der Straße gefundene Geldbörse des O, in der sich neben ein wenig Bargeld und diversen Papieren und Karten auch eine EC-Karte befand. Mit dieser Karte tätigte T Einkäufe, u.a. im H-Markt, durch kontaktloses Bezahlen – also Auflegen der Karte auf das Lesegerät –, die jeweils einen Wert von unter 25 Euro hatten, sodass die Eingabe der PIN nicht erforderlich war. Diese Tatsache war T bekannt und er nutzte sie bewusst aus.
Eine Strafbarkeit wegen Betrugs gem. § 263 StGB lehnte das OLG ab, denn eine Täuschung liege bei der Zahlung ohne PIN-Abfrage nicht vor. Nach lesenswerten Ausführungen zu den Elementen der kontaktlosen Zahlung, folgert das OLG:

„Vor dem Hintergrund dieser Zahlungsmodalitäten hatten die Kassenkräfte des H-Marktes vorliegend keinerlei Anlass, sich Vorstellungen über die Berechtigung des Angeklagten zur Kartenverwendung zu machen. Im Gegenteil liefen sie vielmehr Gefahr, bei positiver Kenntnis von der Nichtberechtigung wegen kollusiven Zusammenwirkens mit dem Kartenverwender ihren Zahlungsanspruch gegen die […] kartenausgebende[…] Bank zu verlieren, weshalb aus Händlersicht gerade kein Anreiz bestand, über die Berechtigung des Angeklagten nachzudenken und so womöglich bösgläubig zu werden. Auch traf den Betreiber des H-Marktes bzw. seine Kassenmitarbeiter nach den Händlerbedingungen gegenüber der […] kartenausgebende[n] Bank keine Pflicht, die Berechtigung des Angeklagten anderweitig zu überprüfen, etwa durch Ausweiskontrolle. Damit aber fehlt es an einer Grundlage für die Annahme, dass der Angeklagte als Kunde seine Berechtigung zur Kartennutzung nach der Verkehrsanschauung fälschlich konkludent erklärt hätte und dass die Kassenmitarbeiter wenigstens im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins einer entsprechenden irrigen Vorstellung unterlegen wären.“ (Rn. 14)

Gleichfalls scheidet auch ein Computerbetrug nach § 263a StGB aus, insbesondere wird nicht die einzig in Betracht kommende Variante der unbefugten Verwendung von Daten erfüllt – die h.M. setzt nämlich für das Merkmal „unbefugt“ voraus, dass die Verwendung gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter hätte. Das scheidet hier aber aus, denn geprüft werden mit dem Vorhalten der Karte vor das Lesegerät nur die Einhaltung des Verfügungsrahmens, die Nicht-Eintragung in eine Sperrdatei und das Vorliegen der Voraussetzungen für das Absehen von der starken Kundenauthentifizierung.
In Betracht zieht das OLG nach Verneinung einiger anderer Delikte schließlich noch eine Urkundenunterdrückung nach § 274 I Nr. 2 StGB: Die Verwendung der Karte im kontaktlosen Bezahlvorgang stellt eine Löschung/Veränderung beweiserheblicher Daten dar:

„Der noch bestehende Verfügungsrahmen sowie die Umstände der bisherigen Kartennutzung seit der letzten PIN-Abfrage stellen Gedankenerklärungen dar, die durch die Speicherung im Autorisierungssystem bzw. auf dem Chip der ec-Karte perpetuiert sind. Weiterhin sind diese Daten auch beweiserheblich, weil sie für die Autorisierung weiterer Bezahlvorgänge mit der ec-Karte relevant sind. Nur wenn der Verfügungsrahmen noch nicht ausgeschöpft ist und in Bezug auf die Umstände der bisherigen Kartennutzung die Voraussetzungen […] für das Absehen von der PIN-Abfrage erfüllt sind, erteilt die kartenausgebende Bank im POS-Verfahren die Autorisierung der Zahlung (ohne PIN-Abfrage). Anders als im Hinblick auf die Transaktionsdaten ist in Bezug auf den Verfügungsrahmen und die Umstände der bisherigen Kartennutzung auch die Garantiefunktion des Urkundenbegriffs erfüllt. Es ist nämlich die kartenausstellende Bank als Aussteller dieser Daten ohne Weiteres erkennbar.“ (Rn. 37)

Verwirklicht wurde darüber hinaus auch § 303a Abs. 1 StGB.
Insgesamt ist das hier also eine wichtige und examensrelevante Entscheidung, die man sich genauer anschauen sollte!
 

BGH, Beschl. v. 14.4.2020 – 5 StR 93/20: Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel in Abgrenzung zur „Mehrfachtötung“

Im April hat der BGH die Anforderungen an das Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel (speziell für den Fall naturgemäß gemeingefährlicher Mittel) konkretisiert. Folgender Sachverhalt (gekürzt) lag dem zugrunde: T zündete in dem von ihm bewohnten Zimmer im 1. OG eines Wohnkomplexes eine auf seinem Bett liegende Wolldecke an, schloss die Zimmertür und verließ das Haus. Es war ihm bewusst, dass A und B sich im 1. OG aufhielten und C sich möglicherweise im Dachgeschoss befand. Mögliche Verletzungen oder den Tod der anderen nahm T in Kauf. A entdeckte den Brand und alarmierte B und C. Sie flüchteten und alarmierten die Feuerwehr. A und C erlitten Rauchgasvergiftungen. Die Feuerwehr konnte ohne Atemschutz nur bis zur Hälfte der Holztreppe ins OG vordringen; ab dort bestand akute Lebensgefahr. Der im Zimmer des T lodernde Vollbrand konnte schließlich gelöscht werden.
Maßgeblich war zunächst die Frage, ob ein gemeingefährliches Mittel vorliegt, wobei die Tatsache, dass T den Brand in seinem Zimmer gelegt hat, die Gemeingefährlichkeit des Mittels nicht grundsätzlich ausschließt, vielmehr wohnt Handlungen wie der vorliegenden aufgrund ihrer naturgemäß fehlenden Beherrschbarkeit die Gemeingefährlichkeit bereits inne:

„Es gibt nach ihrer Eigenart grundsätzlich gemeingefährliche Mittel, bei denen allenfalls im Einzelfall die Beherrschbarkeit bejaht oder bei der speziellen Art ihrer Handhabung die Gefahr für eine Vielzahl von Menschen ausnahmsweise verneint werden kann. Dazu zählen Brandsetzungsmittel und Explosionsstoffe. Bei ihnen hat der Täter die Folgen seines Tuns typischerweise nicht in der Hand […]. An der gemeingefährlichen Verwendung fehlt es bei an sich nicht beherrschbaren Mitteln nur dann, wenn der Täter im konkreten Fall davon ausgeht, es könne dadurch nur die zur Tötung ins Auge gefasste Person getroffen werden.“ (Rn. 9)

Wichtig war außerdem die Abgrenzung zu „Mehrfachtötungen“, wobei es nach früherer Rspr. darauf ankam, ob sich die Tat trotz Einsatzes eines naturgemäß gemeingefährlichen Mittels gegen einen individualisierten Kreis von Personen richtet – dann war das Vorliegen dieses Mordmerkmals zu verneinen (s. BGH, Beschl. v. 18.7.2018 – 4 StR 170/18). Daran zweifelte der BGH aber nun:

„Es erscheint wertungswidersprüchlich, den Täter, der von vornherein eine konkrete Vielzahl von Opfern durch ein in seinem Gefahrenpotential nicht beherrschbares Mittel tötet, gegenüber demjenigen zu privilegieren, der ohne diese Konkretisierung aufgrund der Gemeingefahr des Tötungsmittels auch nicht bereits individualisierte Opfer in Kauf nimmt. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung müsste in Fällen nicht weiterer Aufklärbarkeit der Tätervorstellung der Zweifelssatz für die Annahme sprechen, dem Täter sei es gerade auf die Tötung aller in die Gefahrenlage einbezogenen Personen angekommen. Weder die Formulierung noch der Sinn und Zweck des Mordmerkmals gebieten nach Ansicht des Senats eine solche Auslegung. Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal stellt lediglich auf die vom Vorsatz umfasste Art des Tatmittels, nicht auf die Konkretisierung des Opfers in der Vorstellung des Täters ab. Die Unbestimmbarkeit des Opferkreises folgt vielmehr aus der besonderen Art des Tötungsmittels, das nach Freisetzung der in ihm ruhenden Kräfte für den Täter nicht mehr beherrschbar ist. Entscheidend muss es deshalb darauf ankommen, ob für den Angeklagten nicht mehr berechenbar ist, wie viele Menschen durch das Tatmittel verletzt und getötet werden können, weil er den Umfang der Gefährdung nicht beherrscht […]. Hat es der Täter bewusst nicht in der Hand, wie viele Menschen in den von ihm geschaffenen Gefahrenbereich geraten und durch sein Verhalten gefährdet werden, tötet er nach Ansicht des Senats auch dann mit gemeingefährlichen Mitteln, wenn er mit dem für ihn unbeherrschbaren Mittel eigentlich nur eine bestimmte Zahl konkreter Menschen töten will […].“ (Rn. 11 f.)

Im vorliegenden Fall fehlte aber sowieso die Individualisierung des Opferkreises, sodass die Frage i.E. nicht abschließend beurteilt werden musste.
Für weitere Details sei auf die ausführliche Besprechung von Melanie Jänsch verwiesen.
 

BGH, Beschl. vom 19.5.2020 – 4 StR 140/20: Habgier bei angestrebter staatlicher Versorgung in einer JVA?

Einen versuchten Mord aus Habgier nahm der BGH in vorliegendem Fall an: Der vermögenslose und nicht krankenversicherte A nahm sich vor, eine schwere Straftat begehen, um langfristig Unterkunft, Verpflegung und Krankenversorgung in einer JVA zu erhalten. In dieser Absicht fuhr er mit seinem Fahrzeug mit mindestens 80 km/h gezielt von hinten auf den auf einem Fahrradweg radelnden B auf. A wollte ihn erheblich verletzen. Zudem hielt er den Eintritt seines Todes ernsthaft für möglich und nahm ihn billigend in Kauf. B wurde von seinem Fahrrad geschleudert und erlitt durch den Aufprall und den Sturz schwere Verletzungen.
Zur Erinnerung:

„Habgier bedeutet ein Streben nach materiellen Gütern oder Vorteilen, das in seiner Hemmungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit das erträgliche Maß weit übersteigt und das in der Regel durch eine ungehemmte triebhafte Eigensucht bestimmt ist. Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Vermögen des Täters ‒ objektiv oder zumindest nach seiner Vorstellung ‒ durch den Tod des Opfers unmittelbar vermehrt oder dass durch die Tat jedenfalls eine sonst nicht vorhandene Aussicht auf eine Vermögensvermehrung entsteht.“ (2. a))

A wollte nun durch seine Tat lediglich eine langfristige Versorgung durch eine staatliche Einrichtung und dadurch eben auch eine Verbesserung seiner Vermögenslage i.S.e. rücksichtslosen Gewinnstrebens erreichen. Dass sich hiermit eine Begehung aus Habgier begründen lässt, wird auch nicht durch die Nachteile der Inhaftierung widerlegt, da diese für A nicht maßgeblich waren und er vornehmlich aufgrund der Vermögensvorteile handelte. Weiter begründet der BGH das Mordmerkmal der Habgier:

„Für die Annahme einer Tötung aus Habgier ist ferner unerheblich, dass der erstrebte Vermögensvorteil nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers stammen sollte. Ebenso steht einem Mordversuch aus Habgier nicht entgegen, dass der Angeklagte eine staatliche Versorgung auch auf legale Weise durch Beantragung von Sozialleistungen hätte erreichen können. Einen funktionalen Zusammenhang zwischen Tötung und Vermögensvermehrung in dem Sinne, dass der Angriff auf das Leben aus Sicht des Täters unerlässliches Mittel zur Zielerreichung ist, setzt das Mordmerkmal nicht voraus; entscheidend ist vielmehr die Motivation des Täters.“ (2. b)).

 

BGH, Beschl. v. 19.5.2020 – 6 StR 85/20: Erpresste Bankkarte und leeres Bankkonto

Der BGH traf ebenfalls am 19. Mai dieses Jahres einen Beschluss, wobei er die Anforderungen an einen Vermögensnachteil i.S.d. § 253 StGB darstellte. Der Sachverhalt ist schnell erzählt: T bedrohte O mit einer Schreckschusspistole und forderte ihn auf, am Automaten Geld abzuheben. Das gelang O aber nicht, da sein Konto nicht ausreichend gedeckt war. Daraufhin zwang T ihn unter Drohung mit der Waffe zur Aushändigung der EC-Karte und der PIN. Eine Strafbarkeit wegen Erpressung scheitert aber am Vermögensschaden:

„Zwar ist der Nachteil für das Vermögen i.S. des § 253 StGB gleichbedeutend mit der Vermögensbeschädigung beim Betrug, so dass auch schon eine bloße Vermögensgefährdung einen Vermögensnachteil darstellt. Dabei kommt es aber entscheidend darauf an, ob im Einzelfall durch die Verfügung das Vermögen konkret gefährdet, also mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu rechnen ist. Durch die Kenntnis der geheimen Zugangsdaten zu einem Bankkonto ist das Vermögen des Opfers grundsätzlich beeinträchtigt, wenn sich der Täter zudem im Besitz der zugehörigen Bankkarte befindet und ihm deshalb die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf den Auszahlungsanspruch des Berechtigten gegenüber der die Karte akzeptierenden Bank eröffnet ist.“ (Rn. 4)

Das setzt aber voraus, dass tatsächlich mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen ist, was hier jedoch mangels Deckung des Kontos nicht der Fall ist.
Auch hierbei handelt es sich also um eine Entscheidung, die man sich in Anbetracht der Examensrelevanz der einschlägigen Delikte zu Gemüte führen sollte.
 

BGH, Beschl. v. 23.6.2020 – 5 StR 164/20: Mehrfacher Einsatz einer fremden EC-Karte an demselben Geldautomaten

Noch ein EC-Karten-Fall hat den BGH diesen Juni beschäftigt, in konkurrenzrechtlicher Hinsicht: T erlangte EC-Karte und PIN des O. Daraufhin hob er an einem Geldautomaten der örtlichen Sparkasse zunächst 400 € und etwa eine Minute später weitere 600 € ab.

„Bei mehrfachem unberechtigtem Einsatz einer fremden ec-Karte an demselben Geldautomaten innerhalb kürzester Zeit – mit von vornherein auf die Erlangung einer möglichst großen Bargeldsumme gerichtetem Vorsatz – stellen die einzelnen Zugriffe eine einheitliche Tat nach § 263a StGB im materiellrechtlichen Sinne dar.“ (Rn. 3)

 
Strafprozessrecht

BGH, Beschl. v. 11.3.2020 – 4 StR 307/19: Kein Strafklageverbrauch durch Einstellung durch die Staatsanwaltschaft gem. § 153 Abs. 1 StPO

In einem Beschluss dieses Jahr stellte der BGH klar, dass eine Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1 StPO ohne Zustimmung des Gerichts kein Verfahrenshindernis begründet und der Aburteilung der Tat daher nicht entgegensteht, es kommt nicht mal ein begrenzter Strafklageverbrauch infrage. Das ist insofern anders als bei einer gerichtlichen Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 2 StPO, nach der eine Verfahrensfortführung nur unter den Voraussetzungen des § 153a Abs. 1 S. 5 StPO möglich ist.

„Denn anders als bei einem gerichtlichen Beschluss nach § 153 Abs. 2 StPO, der auf der Grundlage einer auch für ein Urteil ausreichenden Sachverhaltsaufklärung ergehen kann, handelt es sich bei der staatsanwaltschaftlichen Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO strukturell um eine Entscheidung, der unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensschutzes nicht die einem Urteilsverfahren ähnliche Verlässlichkeit zuzumessen ist. […] Da die Staatsanwaltschaft die von ihr […] verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens auf neue Erkenntnisse und Tatsachen, die den Verdacht einer vorsätzlichen Tatbegehung begründeten, gestützt hat, liegt auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor.“ (Rn. 4)

Alles in allem also eine Entscheidung, die sich gut in einer StPO-Zusatzfrage z.B. abfragen lässt, da man hier gut den Vergleich der Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO und der nach Abs. 2 ziehen kann.
 

BGH, Beschl. v. 27.5.2020 – 5 StR 166/20: Entzug des letzten Wortes bei Missbrauch

Kurz gehalten ist der Beschluss des BGH zu dem Fall, dass der Angeklagte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte, weil ihm nicht ausreichend Gelegenheit zum letzten Wort (§ 258 StPO) gegeben worden sei, als ihm nach fünf Tagen das Wort entzogen wurde:

„Nach zehn Tagen Beweisaufnahme konnte er fünf Tage lang Ausführungen zu seiner Verteidigung machen. Dass er durch die Vorsitzende dabei 31 mal darauf hingewiesen wurde, dass seine Ausführungen Wiederholungen und Weitschweifigkeiten enthalten, und ihm schließlich eine Frist zur Beendigung seiner Ausführungen gesetzt wurde, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Denn ein Vorsitzender darf nach § 238 Abs. 1 StPO einschreiten, wenn sich die Ausführungen des Angeklagten in seinem letzten Wort mit nicht zur Sache gehörenden Umständen befassen, fortwährende Wiederholungen oder andere unnütze Weitschweifigkeiten enthalten oder sonst einen Missbrauch seines letzten Wortes darstellen. Nach mehrmaligen erfolglosen Ermahnungen ist auch der Entzug des letzten Wortes möglich.“ (Rn. 7)

 

Weitere Beiträge

Folgende Beiträge beschäftigen sich nicht mit Entscheidungen aus dem hier betrachteten Zeitraum, sind aber dieses Jahr erschienen und behandeln Examensrelevantes:
 
Unsere ausführliche Besprechung des Beschlusses des OLG Karlsruhe vom 13.3.2019 (1 Rv 3 Ss 691/18) zur Manipulation von Warenetiketten, wobei das Gericht über einen examensrelevanten Fall entschied, der sich im Kontext der Vermögens- und auch Urkundendelikte bewegt: Der Täter tauschte zwei Warenetiketten aus und zahlte an der Kasse in der Folge einen „falschen“ geringeren Preis, was der Kassiererin nicht auffiel. Er machte sich dadurch strafbar wegen Betrugs, woran sich im Hinblick auf den Vermögensschaden auch nichts dadurch ändert, dass er von einer Ladendetektivin beobachtet und vor Verlassen des Ladens aufgehalten wurde:

„Dass der von dem Täter erstrebte Vermögensvorteil erlangt oder auch nur erreichbar ist, ist hingegen wegen der überschießenden Innentendenz zur Tatbestandsvollendung nicht erforderlich. Danach ist erst recht dann von Vollendung auszugehen, wenn der Täter die rechtswidrig erstrebte Vermögensposition – wie hier Eigentum und Besitz an der Schlauchtrommel – bereits erlangt hat, diese aber noch nicht gegen die unmittelbar drohende Erhebung berechtigter Rückgabeansprüche des Geschädigten sichern konnte, weil er sich noch in dessen Herrschaftsbereich aufhält und seine Tat von einem im Auftrag des Geschädigten handelnden, eingriffsbereiten Dritten beobachtet wurde.“ (Rn. 22)

Eine Urkundenunterdrückung hat der Täter ebenfalls verwirklicht, denn das Etikett i.V.m. der Ware stellt eine zusammengesetzte Urkunde dar, die durch das Abreißen des Etiketts, um das Austauschen zu ermöglichen, vernichtet wurde. Eine Urkundenfälschung kam im konkreten Fall aber nicht in Betracht.
 
Der Beitrag von Dr. Lorenz Bode, in dem er klausurtaktische Hinweise zu dem Beschluss des BGH vom 6.6.2019 (STB 14/19) zu Beweisverwertungsverboten und Widerspruchslösung gibt. Hier wurde die Pflicht, dass Beweisverwertungsverbote im Ermittlungsverfahren „unabhängig von einem Widerspruch des Beschuldigten von Amts wegen zu beachten“ sind, „auch wenn der zugrundeliegende Verfahrensmangel eine für ihn disponible Vorschrift betrifft“, festgeschrieben.
 
Keine Gerichtsentscheidung, aber eine brandaktuelle Frage wird im Beitrag von Tobias Vogt behandelt: Es geht um die Strafbarkeit durch Ansteckung mit dem Coronavirus, die im Kontext einer Anzeige gegen eine Strafrichter wegen versuchter Körperverletzung, nachdem dieser auf die Durchführung einer Gerichtsverhandlung bestand, auch im Grundsatz betrachtet wird. Hierbei kommt die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung, §§ 223, 224 StGB, in Betracht, die aber wohl häufig am fehlenden Vorsatz scheitern wird. Dann ist aber an eine fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB, denkbar. Bei tödlichem Verlauf ist natürlich an die Tötungsdelikte zu denken, auch ist immer der Versuch zu berücksichtigen.

03.08.2020/1 Kommentar/von Charlotte Schippers
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Charlotte Schippers https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Charlotte Schippers2020-08-03 08:16:002020-08-03 08:16:00Rechtsprechungsübersicht Strafrecht und Strafprozessrecht 1. Halbjahr 2020
Gastautor

Beweisverwertungsverbote und Widerspruchslösung: Kurze klausurtaktische Hinweise zu BGH, Beschl. v. 6.6.2019 – StB 14/19

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Rechtsprechung, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, StPO, Strafrecht

Wir freuen uns, heute eine Gastbeitrag von Dr. Lorenz Bode veröffentlichen zu können. Lorenz Bode absolviert momentan sein Rechtsreferendariat.
 
Bei diesem – für die amtliche Entscheidungssammlung BGHSt vorgesehenen – Beschluss handelt es sich um eine sorgsam begründete, höchst examensrelevante Entscheidung, die es verdient, einmal im Volltext[1] gelesen zu werden. Sie betrifft insofern auch einen Aspekt, der in besonderer Weise für Referendare interessant ist:
Der BGH statuiert in einem dem Beschluss vorangestellten Leitsatz die Pflicht, dass Beweisverwertungsverbote im Ermittlungsverfahren „unabhängig von einem Widerspruch des Beschuldigten von Amts wegen zu beachten“ sind, „auch wenn der zugrundeliegende Verfahrensmangel eine für ihn disponible Vorschrift betrifft“.
Diese „Segelanweisung“ aus Karlsruhe enthält zugleich eine wichtige Klarstellung für die klausurmäßige Behandlung von Beweisverwertungsverboten mit Widerspruchsobliegenheit. Da Beweisverwertungsverbote im Ermittlungsverfahren – wie der BGH nunmehr ausdrücklich vorgibt – stets „unabhängig von einem Widerspruch des Beschuldigten“ und „von Amts wegen“ zu prüfen sind, entfaltet auch die sog. Widerspruchslösung[2] in eben jenem Verfahrensstadium noch keine unmittelbare Wirkung. Dies gilt einerseits mit Blick auf die Frage, ob die Widerspruchslösung nach aktueller Rechtsprechung[3] überhaupt auf den identifizierten Gesetzesverstoß Anwendung findet. Andererseits bleibt ein Widerspruchserfordernis grundsätzlich sowohl für die staatsanwaltschaftliche Entschließung zur Erhebung der öffentlichen Klage, also im Rahmen der Beurteilung, ob hinreichender Tatverdacht (vgl. §§ 170 Abs. 1, 203 StPO) besteht,[4] als auch bei der Anordnung einzelner Zwangsmittel unerheblich.[5]
Damit sind wichtige Weichen für die Staatsanwaltsklausur im Examen gestellt, was sich wie folgt auf den Punkt bringen lässt:

  1. Zur Begründung eines Verwertungsverbots kommt es auf die Beanstandung des Gesetzesverstoßes nicht an.
  2. Eine derartige Pflicht zur Beanstandung kann erst im Hauptverfahren bestehen.
  3. Hinweise im Sachverhalt, aus denen sich ergibt, dass der Beschuldigte bzw. sein Verteidiger einer Beweisverwertung rein vorsorglich schon im Ermittlungsverfahren widersprochen hat, müssen keineswegs zwingend zum Anlass genommen werden, eine umfassende Prognose über die (erneute) Widerspruchserklärung in der Hauptverhandlung anzustellen.
  4. Es genügt jedenfalls (und spart Zeit), im Gutachten auf die höchstrichterlich anerkannte Praxis hinzuweisen, nach der Beweisverwertungsverbote im Ermittlungsverfahren bereits von Amts wegen zu beachten sind.

[1]  Im Volltext auf juris abrufbar.
[2]  Vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 136 Rn. 25.
[3]  Jüngst dazu BGH, StV 2018, 772 mit treffender Anmerkung von Beining, HRRS 2018, 413; siehe ferner Kudlich, HRRS 2011, 114.
[4]  Vgl. auch BGH, StV 1997, 511.
[5]  Aus Verteidigersicht gilt hier freilich ein anderer Maßstab, vgl. dazu etwa Burhoff, StraFo 2003, 267; bei weiterführendem Interesse: Klemke/Elbs, Einführung in die Praxis der Strafverteidigung, 4. Aufl. 2019, Rn. 460.

06.04.2020/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-04-06 09:00:282020-04-06 09:00:28Beweisverwertungsverbote und Widerspruchslösung: Kurze klausurtaktische Hinweise zu BGH, Beschl. v. 6.6.2019 – StB 14/19
Gastautor

Die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte – ein Beitrag (nicht nur) für Referendare

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Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Dr. Philipp Scharenberg veröffentlichen zu können. Der Autor war von 2011 bis 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kriminalwissenschaften der CAU zu Kiel und dort am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht (Prof. Dr. Andreas Hoyer) tätig.
I. Einleitung
„Wer entscheidet am Landgericht denn über Berufungen?“, fragt der Prüfer die Kandidaten in der mündlichen Prüfung. „Die kleine Strafkammer“, antwortet ein Prüfling. „Richtig! Dann haben Sie offenbar ihre Hausaufgaben gemacht und meine Akte gelesen.“, entgegnet der Prüfer. Dieser Dialog ist mir von einer mündlichen Prüfung in Erinnerung, die ich als Gast mit anhören durfte. Er zeigt exemplarisch, welch große Rolle die Gerichtszuständigkeiten im zweiten Staatsexamen spielen und wie launisch Prüfer mit diesem Thema bisweilen umgehen. Mit dieser Thematik kann man sich offenbar leider nur schwer auszeichnen, bei Unwissenheit dafür aber leicht blamieren.
Wann und wo wird die Zuständigkeit der Strafgerichte überhaupt relevant? Die Antwort lautet: In praktisch jeder Klausur – egal welchen Typs – sind Kenntnisse der sachlichen Zuständigkeit erforderlich. An welches Gericht ist die Anklage bei einem Tötungsdelikt zu richten? Welche Spruchkörper gibt es an den Instanzgerichten? Wie werden die dortigen Richter genau bezeichnet? An welches Gericht ist die Revision in der Revisionsklausur aus Anwaltssicht zu richten? Auf diese und zahlreiche weitere Fragen möchte dieser Beitrag Antworten geben.
Ergänzend zur Lektüre kann das Lehrbuch von Beulke zum Strafprozessrecht zur Hand genommen werden. Es enthält als „Übersicht 1“ eine hilfreiche schematische Darstellung des Gerichtsaufbaus in Strafsachen.
II. Instanzen und Spruchkörper
Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen regelt das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Strafsachen sind gemäß § 13 GVG den ordentlichen Gerichten zugeordnet. Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird gemäß § 12 GVG durch Amtsgerichte (AG), Landgerichte (LG), Oberlandesgerichte (OLG) und durch den Bundesgerichtshof (BGH) ausgeübt. Die Spruchkörper an den AGen sind der Strafrichter gemäß § 25 GVG und das Schöffengericht gemäß § 28 GVG. Die Spruchkörper an den LGen werden gemäß § 60 GVG als Strafkammern bezeichnet. An den OLGen werden gemäß § 116 Abs. 1 S. 1 GVG Senate gebildet. Die Spruchkörper beim BGH werden gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 GVG ebenfalls als Senate bezeichnet.
III. Die erstinstanzliche sachliche Zuständigkeit
Erstinstanzlich in Strafsachen können das AG, das LG und das OLG zuständig sein. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BGH existiert nicht.
1. Die erstinstanzliche Zuständigkeit der Amtsgerichte
Bei den AGen liegt gemäß § 24 Abs. 1 GVG die erstinstanzliche Regelzuständigkeit. Nicht zuständig ist das AG, wenn die zwingende Zuständigkeit des Schwurgerichts oder der Staatsschutzkammer des LG oder die Zuständigkeit des OLG begründet ist (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 GVG) oder eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG) oder die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten  der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim LG erhebt (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG).
Die Regelung des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG verfolgt den Zweck, Opfer-Zeugen, die durch die Vernehmung ohnehin schon einer erheblichen psychischen Belastung ausgesetzt sind, eine zweite Tatsacheninstanz und damit eine nochmalige Aussage zu ersparen. Besonders umfangreich ist ein Fall, wenn eine Vielzahl von Angeklagten oder Zeugen beteiligt ist, Beweisschwierigkeiten vorherrschen, die z.B. das Einholen von Gutachten erforderlich machen oder eine lange Verfahrensdauer vorhersehbar ist. Besondere Bedeutung kommt einem Fall zu, wenn er sich durch das Ausmaß der Rechtsverletzung und die Folgen der Tat aus der Masse durchschnittlicher Straftaten deutlich heraushebt.
Der Strafrichter entscheidet gemäß § 25 GVG bei Vergehen, wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt werden oder wenn eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist. Es wird insoweit auch von „leichterer Kriminalität“ gesprochen. Die Zuständigkeit des Schöffengerichts ergibt sich gemäß § 28 GVG aus einer negativen Abgrenzung. Es ist zuständig, wenn die Strafsache gemäß § 24 Abs. 1 GVG dem Amtsgericht zuzuordnen ist und zugleich die Zuständigkeit des Strafrichters aus § 25 GVG nicht gegeben ist. Das Schöffengericht ist gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 GVG besetzt mit einem Richter am Amtsgericht als Vorsitzendem und zwei Schöffen. Wenn die Staatsanwaltschaft es für nötig hält, einen zweiten Berufsrichter hinzuzuziehen, kann sie dies gemäß § 29 Abs. 2 GVG beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag im Rahmen des Eröffnungsbeschlusses. Es wird in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen als erweitertes Schöffengericht bezeichnet.
Die Prognose der Straferwartung im Ermittlungsverfahren und die Entscheidung, bei welchem Spruchkörper die Anklage erfolgen soll, obliegt der Staatsanwaltschaft. Erhebt sie Anklage zum Strafrichter und prognostiziert dieser im Zwischenverfahren eine höhere Strafe als zwei Jahre Freiheitsstrafe, so legt er den Fall gemäß § 209 Abs. 2 StPO dem Vorsitzenden des Schöffengerichts zur Entscheidung vor. Liegt der Fall umgekehrt vor, eröffnet der Vorsitzende des Schöffengerichts das Verfahren gemäß § 209 Abs. 1 StPO vor dem Strafrichter.
Das AG darf gemäß § 24 Abs. 2 GVG nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe erkennen. Bemerkenswert ist aber, dass auch der Strafrichter eine Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren aussprechen darf, wenn sich seine Prognose aus dem Zwischenverfahren im Hauptverfahren als unzutreffend erweist. Strafrichter und Schöffengericht haben also im Ergebnis die gleiche Strafgewalt.
2. Die erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte
Das LG ist in erster Instanz gemäß § 74 Abs. 1 S. 1 GVG zuständig für alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des AG oder des OLG gehören. Gemäß § 74 Abs. 1 S. 2 GVG ist es ebenfalls zuständig für alle Straftaten, bei denen eine höhere Freiheitsstrafe als vier Jahre, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist, oder die Staatsanwaltschaft in den bereits erwähnten Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Anklage beim Landgericht erhebt. Für die in § 74 Abs. 2 GVG genannten Verbrechen ist das Landgericht als Schwurgericht zuständig.
Die für erstinstanzliche Entscheidungen zuständige große Strafkammer ist gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 GVG mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 S. 3 GVG vor, entscheidet die Kammer stets in dieser Besetzung. Dies ist z.B. der Fall, wenn sie als Schwurgericht zuständig ist oder wenn der Umfang und die Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung des dritten Richters erforderlich macht. Wann dies in der Regel der Fall ist, definiert § 76 Abs. 2 S. 4 GVG. Im Übrigen entscheidet die Strafkammer gemäß § 76 Abs. 2 S. 4 GVG in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen.
Die Mitwirkung der Schöffen ist gemäß § 76 Abs. 1 S. 2 GVG auf die Hauptverhandlung beschränkt. Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung, wie etwa die Entscheidung über die Gerichtsbesetzung mit zwei oder drei Berufsrichtern, obliegen also ausschließlich den Berufsrichtern. Auch am Zwischenverfahren sind die Schöffen nicht beteiligt.
Neben den allgemeinen großen Strafkammern gibt es am Landgericht besondere Strafkammern. Dabei handelt es sich konkret um die Wirtschaftsstrafkammer gemäß § 74c GVG, die Jugendschutzkammer gemäß § 74b GVG und die Staatsschutzkammer gemäß § 74a GVG. Sie sind für bestimmte Deliktsgruppen zuständig, sind aber wie die allgemeinen Strafkammern besetzt und verfügen über die gleiche Strafkompetenz.
3. Die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte
Die OLGe, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben, sind für die in § 120 Abs. 1 und 2 GVG genannten Staatsschutzdelikte zuständig. Eine Zuständigkeit der OLGe hinsichtlich der Delikte des § 120 Abs. 2 GVG ist gegeben, wenn der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt. Die Kompetenz des Generalbundesanwalts, derartige Fälle an sich zu ziehen, wird als Evokationsbefugnis bezeichnet. Die Senate sind gemäß § 122 Abs. 1, 2 GVG entweder mit drei oder mit fünf Berufsrichtern besetzt. In Berlin wird das Oberlandesgericht als Kammergericht bezeichnet.
IV. Die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte als Rechtsmittelinstanz
Unter dem Begriff des Rechtsmittels werden die Beschwerde nach § 304 ff. StPO, die Berufung nach § 312 ff. StPO und die Revision nach § 333 ff. StPO zusammengefasst. Als Rechtsmittelinstanz können das LG, das OLG und der BGH zuständig sein. Das AG hat als niedrigste Instanz keine Zuständigkeit in Rechtsmittelsachen. Dies ergibt sich bereits aus dem Devolutiveffekt der Rechtsmittel. Der Rechtsstreit wird also in die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Instanz (iudex ad quem) gehoben.
Einzulegen ist ein Rechtsbehelf im Strafprozess hingegen stets bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (iudex a quo). Für die Berufung ergibt sich dies aus § 314 Abs. 1 StPO, für die Revision aus § 341 Abs. 1 StPO und für die Beschwerde aus § 306 Abs. 1 StPO.
Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann gemäß § 335 Abs. 1 StPO statt mit Berufung mit Revision angefochten werden (Sprungrevision). Über die Revision entscheidet gemäß § 335 Abs. 2 StPO das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.
1. Das Landgericht
Das Landgericht ist als Rechtsmittelinstanz zuständig für Berufungen und Beschwerden. Gegen die Urteile des Strafrichters und des Schöffengerichts ist gemäß § 312 StPO die Berufung zulässig. Für Berufungen ist gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 GVG die kleine Strafkammer zuständig. Sie ist mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt. Bei Berufungen gegen Urteile des erweiterten Schöffengerichts ist gemäß § 76 Abs. 6 S. 1 GVG ein zweiter Berufsrichter hinzuzuziehen. Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung obliegen in diesem Fall gemäß § 76 Abs. 6 S. 2 GVG allerdings dem Vorsitzenden allein.
Das Landgericht ist gemäß § 73 Abs. 1 GVG zudem zur Entscheidung berufen über Beschwerden gegen Verfügungen des Richters beim Amtsgericht sowie gegen Entscheidungen des Richters beim Amtsgericht und der Schöffengerichte. Hierfür ist allerdings die große Strafkammer zuständig. Dies ergibt sich aus §§ 76 Abs. 1 S. 1, 73 GVG.
2. Das Oberlandesgericht
Das OLG ist zuständig für die in § 121 Abs 1 Nr. 1 bis 3 GVG genannten Rechtmittel. Hervorzuheben ist dabei erstens die Zuständigkeit für Revisionen gegen Berufungsurteile des Landgerichts gemäß § 121 Nr. 1b GVG und zweitens für die Sprungrevision gegen Urteile des AG, §§ 335 Abs. 2 StPO, 74 Abs. 3 GVG. Wenn das OLG als Revisions- oder Beschwerdegericht tätig wird, entscheidet der zuständige Senat gemäß § 122 Abs. 1 GVG in einer Besetzung mit drei Berufsrichtern.
3. Der Bundesgerichtshof
Der BGH hat keine erstinstanzliche Zuständigkeit. Er ist gemäß § 135 Abs. 1 GVG zuständig für Revisionen gegen die Urteile der OLGe im ersten Rechtszug und gegen die Urteile der LGe im ersten Rechtszug, soweit nicht die Zuständigkeit der OLGe begründet ist. Zudem ist der BGH zuständig für Beschwerden in den Fällen des § 135 Abs. 2 GVG.
Die Senate sind gemäß § 139 Abs. 1 GVG mit fünf Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt. Bei der Entscheidung über Beschwerden ist der Senat im Regelfall mit drei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt. Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung können am BGH gemäß § 132 GVG Große Senate bzw. Vereinigte große Senate gebildet werden.
Bemerkenswert ist, dass gerade für schwerere Straftaten, welche die erstinstanzliche Zuständigkeit der großen Strafkammer des LG begründen, ausschließlich eine Rechtskontrolle in Form der Revision zum BGH stattfindet. Für leichtere Kriminalität ist hingegen ein dreigliedriger Instanzenzug mit einer zweiten Tatsacheninstanz vorgesehen (AG à Berufung zum LG à Revision zum OLG). Das scheint auf den ersten Blick widersprüchlich. Bei genauerer Betrachtung der jeweiligen Gerichtsbesetzungen fällt jedoch auf, dass die große Strafkammer am LG mit drei Berufsrichtern besetzt ist. Diese umfangreiche Besetzung wird nach allgemeiner Auffassung für hinreichend erachtet, eine umfassende Tatsachenaufklärung zu gewährleisten. Zudem ist die Mitwirkung eines Verteidigers am Verfahren gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO vorgeschrieben, was der umfassenden Sachaufklärung ebenfalls zuträglich ist.
V. Ein kurzer Hinweis auf die Perspektive
Die vorstehende Darstellung folgt der Systematik des GVG und erklärt den strafprozessualen Instanzenzug, indem stets die Frage beantwortet wird: „Welches Gericht ist wofür zuständig?“ Vor allem in der mündlichen Prüfung kann aber eine andere Perspektive gefragt sein, nämlich: „Welche Rechtsmittel gibt es gegen die Urteile eines bestimmten Gerichts?“ Deshalb aus dieser Perspektive nochmals in gebotener Kürze:
Gegen Urteile des Amtsgerichts gibt es die Rechtmittel der Berufung (§ 312 StPO) zur kleinen Strafkammer des LG und die Sprungrevision (§ 335 StPO) zum Strafsenat des OLG. Gegen die Berufungsurteile der kleinen Strafkammer des LG ist die Revision zum Strafsenat des OLG zulässig (§ 333 StPO). Gegen Urteile der großen Strafkammern des LG und der Senate des OLG ist die Revision zum BGH zulässig (§ 333 StPO). Gegen Urteile des BGH gibt es keine Rechtsmittel. Bei Grundrechtsverletzungen kommt ggf. die Verfassungsbeschwerde in Betracht.
VI. Die praktische Umsetzung in der Klausur
1. Die Staatsanwaltsklausur
Im Rahmen der Staatsanwaltsklausur wird die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte an mehreren Stellen relevant. Im Rahmen des prozessualen Gutachtens ist stets ein Satz zur sachlichen (und örtlichen) Zuständigkeit erforderlich, aber in den meisten Fällen auch ausreichend. Ist etwa wegen Mordes Anklage zu erheben, könnte in der Klausur wie folgt formuliert werden:
„Die zu erhebende Anklage ist gemäß § 7 StPO an das örtlich zuständige Landgericht XY und dort an das sachlich zuständige Schwurgericht zu richten, § 74 Abs. 2 Nr. 4 GVG.“
Ist eine Verfügung zu fertigen, endet diese stets mit der Übersendungsverfügung an das zuständige Gericht. Diese könnte dem obigen Beispiel folgend lauten:
„U.m.A.
Dem Landgericht XY
– Vorsitzender des Schwurgerichts –
Unter Bezugnahme auf den Antrag in der Anklageschrift übersandt.
Unterschrift
Staatsanwalt.“
Die Anklageschrift ist an das sachlich zuständige Gericht zu richten. Es ist oben links unterhalb der Bezeichnung der Staatsanwaltschaft und des Aktenzeichens zu nennen. Nach obigem Beispiel also:
„Landgericht XY
– Schwurgericht -“
Die Anklageschrift endet schließlich mit dem Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen. Dieser könnte wie folgt lauten:
„Es wird beantragt,
das Hauptverfahren vor dem Landgericht – Schwurgericht – zu eröffnen.
Unterschrift
Staatsanwalt“
2. Die Revisionsklausur
Die Revision ist gemäß § 341 Abs. 1 S. 1 StPO bei dem Gericht einzulegen, dessen Urteil angefochten wird. Darauf ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Revision kurz unter dem Punkt „Form und Frist“ hinzuweisen.
3.Die Urteilsklausur
Das sachlich zuständige Gericht, welches das Urteil erlässt, ist zentriert direkt unter dem links oben befindlichen Aktenzeichen zu bezeichnen.

17.10.2016/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-10-17 09:00:182016-10-17 09:00:18Die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte – ein Beitrag (nicht nur) für Referendare
Dr. Marius Schäfer

„Checkliste“ im Strafrecht – Strafprozessrecht

Für die ersten Semester, Lerntipps, Startseite, StPO, Strafrecht, Verschiedenes

Mit dieser Serie einer „Checkliste“ im Strafrecht soll euch mit kurzen, aber prägnanten Sätzen oder Fragestellungen eine nicht abschließende Übersicht über die bekanntesten und klausurrelevantesten Problemschwerpunkte im Strafrecht an die Hand gegeben werden.
Zum Abschluss unserer Reihe präsentieren wir euch hiermit eine Auswahl der bedeutendsten Problemschwerpunkte im Strafprozessrecht, nachdem euch bereits die des Allgemeinen Teils des Strafrechtes (siehe hier) sowie die des Besonderen Teils des Strafrechtes – in den Ausprägungen der Straftaten gegen die Individual- bzw. Allgemeinrechtsgüter (siehe hier) und der Straftaten gegen das Vermögen (siehe hier) – vorgestellt wurden.
Sofern ihr all diese Problembereiche repetiert habt und dabei feststellt, dass ihr diese überwiegend beherrscht, so solltet ihr für eine Klausur im Strafrecht bestens gerüstet sein!
 
§ 24 StPO (zur Befangenheit)
-Ist im Falle der Zurückverweisung nach § 354 II StPO die Befangenheitsregelung des § 24 II StPO anwendbar?
 
§ 52 StPO (zu den Zeugnisverweigerungsrechten)
– Inwiefern besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn es sich um mehrere Beschuldigte handelt?
 
§ 53 StPO (zu den Zeugnisverweigerungsrechten)
– Besteht ein Verwertungsverbot auch dann, wenn der Zeuge entgegen seiner Schweigepflicht aussagt?
 
§ 55 StPO (zu den Beweisverwertungsverboten)
– Wie ist die Verletzung der Belehrungspflicht über das Auskunftsverweigerungsrecht zu beurteilen?
 
§ 81a StPO (zur körperlichen Untersuchung)
– Besteht ein Beweisverwertungsverbot, wenn die Untersuchung nicht von einem Arzt durchgeführt wurde?
– Besteht ein Beweisverwertungsverbot, wenn der Richtervorbehalt gezielt umgangen wird?
 
§§ 94 ff StPO (zur Sicherstellung und Beschlagnahme)
– Relevante Beschlagnahmeverbote.
 
§ 96 StPO (zum Einsatz verdeckter Ermittler)
– Ausprägungen der Bedingungen für eine Sperrung von verdeckten Ermittlern bzw. V-Leuten im gerichtlichen Verfahren (Stufentheorie).
 
§ 98 StPO (zur Beschlagnahme)
– Ist die Vorschrift auch auf alle übrigen Fälle staatlicher Zwangsmaßnahme durch die Staatsanwaltschaft analog anzuwenden?
– Lassen sich bereits erledigte Zwangsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft durch eine (doppelt) analoge Anwendung überprüfen?
– Welcher Rechtsbehelf ist bei Zwangsmaßnahmen statthaft?
– Inwieweit liegt ein Rechtsschutzbedürfnis vor, wenn sich die Zwangsmaßnahme erledigt hat?
 
§§ 100a ff StPO (zur Aufzeichnung und Überwachung des Fernmeldeverkehrs)
– Problematik der Zufallsfunde.
 
§ 105 StPO (zur Anordnung einer Durchsuchung)
– Erwächst i.R.d. Durchsuchung aus dem Verstoß gegen den Richtervorbehalt ein Verwertungsverbot?
– Gilt hinsichtlich des Verwertungsverbotes die Widerspruchslösung des BGH?
 
§ 110a StPO (zum Einsatz verdeckter Ermittler)
– Möglichkeiten der Verwertbarkeit hinsichtlich gewonnener Informationen durch verdeckte Ermittler bzw. V-Leute.
– Verwertbarkeit von Erkenntnissen bei Verfahrensfehlern.
 
§ 127 StPO (zur vorläufigen Festnahme)
– Reicht ein dringender Tatverdacht für das Festnahmerecht aus?
 
§ 136 StPO (zur Vernehmung des Beschuldigten)
– Begriff des „Beschuldigten“.
– Kann eine Aussage des Beschuldigten verwertet werden, wenn die Belehrung unterblieben ist?
– Wie ist das Mithören bei initiierten, privaten Telefongesprächen zu behandeln?
 
§ 136a StPO (zum Recht auf Beachtung verbotener Vernehmungsmethoden)
– Begriff der „Vernehmung“.
– Anforderungen und Reichweite verbotener Vernehmungsmethoden.
 
§ 137 StPO (zur Verteidigung)
– Rechtsstellung und Pflichten des Strafverteidigers.
 
§ 153 StPO (zur Einstellung des Verfahrens)
– Wie ist der Umfang der sog. beschränkten Rechtskraft eines Beschlusses zu ermitteln?
 
§ 160 StPO (zur Strafverfolgung)
– Ist die Staatsanwaltschaft, bei privater Kenntniserlangung von einer Straftat, zur Verfolgung der Tat verpflichtet?
 
§ 163 StPO (zur Strafverfolgung)
– Ist die Polizei bei privater Kenntniserlangung von einer Straftat zur Verfolgung der Tat verpflichtet?
– Zulässigkeit und Grenzen des Einsatzes von Lockspitzeln und V-Leuten.
 
§ 244 StPO (zur Beweiserhebung)
– Möglichkeit der Beweiserhebung durch den Einsatz eines Lügendetektors.
 
§ 250 StPO (zum Zeugenbeweis)
– Behandlung der Aussage eines Zeugen vom Hörensagen.
 
§ 252 StPO (zu den Beweisverwertungsverboten)
– Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbotes bei einer Wiederholung einer Aussage im Prozess, die jedoch vorher ohne eine Belehrung getroffen wurde.
– Besteht demnach auch für die richterliche Vernehmung ein Beweisverwertungsverbot?
 
§ 257c StPO (zu Absprachen im Strafprozess)
– Zulässigkeit von Absprachen im Strafprozess (sog. Deal).
– Folgen bei einer unzulässigen Absprache.
 
§ 264 StPO (zur Tat)
– Prozessualer Begriff der „Tat“, insbesondere i.R.d. Alternativität von Handlungsabläufen.
 
§ 304 StPO (zur Beschwerde)
– Ist eine Beschwerde gegen eine bereits erledigte Zwangsmaßnahme hiernach möglich?
 
Verschiedenes
– Folgen des Fehlens einer Prozessvoraussetzung.
– Ermittlung von Beweisverwertungsverboten.
– Ermächtigungsgrundlage bzw. Zulässigkeit einer Online-Durchsuchung.
– Entscheidung des Großen Senats des BGH zur sog. „Hörfalle“.
 
 

31.01.2013/3 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-01-31 10:00:162013-01-31 10:00:16„Checkliste“ im Strafrecht – Strafprozessrecht

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