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Schlagwortarchiv für: Gebrauchtwagen

Gastautor

OLG Hamm: Zur erforderlichen Darlegung des Vermögensschadens bei Verurteilung wegen Betruges aufgrund Verheimlichens von Vorschäden beim Gebrauchtwagenkauf

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Ass. iur. Dr. Lorenz Bode, LL.M. veröffentlichen zu können.

Die spannendsten Geschichten schreibt bekanntlich das Leben. Auch gerichtliche Entscheidungen sind letztlich nichts anderes als geronnenes Leben, aufbereitet und beurteilt als juristischer Sachverhalt. Spannend sind sie allerdings, zumindest für Juristinnen und Juristen, nur dann, wenn es in den Verfahren um für die Rechtspraxis oder -ausbildung bedeutsame Rechtsfragen geht.

Der Beschluss des OLG Hamm vom 7.4.2022 – 5 RVs 35/22 (= BeckRS 2022, 8093) ist insofern in doppelter Hinsicht spannend. Es ging in dem Strafverfahren – kurz gesagt – um einen Gebrauchtwagenverkauf, bei dem vom Verkäufer einige Vorschäden verschwiegen worden waren. Er wurde daraufhin strafrechtlich belangt und sowohl vom AG als auch – auf die Berufung hin – vom LG wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen wandte sich der Verkäufer (als Angeklagter) mit der Revision an das OLG Hamm – mit einem für ihn erfreulichen Ergebnis: Das OLG hob das (Berufungs-)Urteil des LG auf und verwies die Sache an eine andere Kammer des LG zurück. So viel zum Prozessverlauf.

Materiell-rechtlich betrachtet hält die Entscheidung einen für die Ausbildung und Praxis gleichermaßen spannenden Aspekt bereit. Denn das OLG (aaO, Rn. 7) schließt sich den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft an und betont, dass der Betrug „kein bloßes Vergehen gegen die Wahrheit und das Vertrauen im Geschäftsverkehr“ ist, „sondern eine Vermögensstraftat“. Demgemäß sei für die Schadensbewertung „grundsätzlich die objektive Sicht eines sachlichen Beurteilers maßgebend, die sich nicht an der Schadensbewertung des Getäuschten, sondern an den Marktverhältnissen auszurichten hat“. Weiter heißt es: „Für einen Vermögensschaden reicht es nicht aus, dass der Käufer ohne die Täuschung durch den Verkäufer den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Durch den Betrugstatbestand wird lediglich das Vermögen, nicht aber die Verfügungsfreiheit geschützt.“

Die Ausführungen des OLG überzeugen. Schon wegen des Wortlauts von § 263 Absatz 1 StGB („das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt“) kann es nicht sein, dass sich eine Verurteilung wegen Betrugs auf die bloße Feststellung von Unwahrheiten stützt. Würde man dies anders sehen, so wäre zu befürchten, dass der Deliktscharakter der Strafrechtsnorm überdehnt wird, nämlich weg von einem Erfolgsdelikt hin zu einem bloßen Gefährdungsdelikt (Lorenz, FD-StrafR 2022, 448468). Der geprellte Käufer wird insoweit nicht schutzlos gestellt. Denn ihm steht neben dem Schutz durch das Strafrecht auch der Zivilrechtsweg offen.

Abschließend ein Hinweis zur Bedeutung der Entscheidung für die Ausbildung: Bekanntermaßen gehört das Justizprüfungsamt beim OLG Hamm zu den bundesweit eifrigsten Produzenten von Examensklausuren. Klausuren von dort gelangen im sogenannten Ringtausch der Bundesländer auch über die Landesgrenzen von Nordrhein-Westfalen hinaus zum Einsatz. Wenn es sich bei diesem Beschluss also nicht nur um eine Entscheidung handelt, die hervorragend als Tatkomplex in einer Strafrechtsklausur dienen kann, sondern auch um ein Judikat, das direkt vom OLG Hamm stammt, dann ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Hinzu kommt, dass Klausurerstellerinnen und Klausurersteller – besonders im zweiten Examen – oftmals auf Fälle aus der Rechtsprechung zurückgreifen. Insofern ist auf den Aktendeckeln bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften zumeist ein eigenes Ankreuz-Feld vorgesehen, um geeignete Akten nach Abschluss dem Prüfungsamt vorzulegen. Die Rechtsprechung regelmäßig im Blick zu behalten, lohnt sich also doppelt: für den Autokauf und fürs Examen.

06.07.2022/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-07-06 09:00:002022-07-21 09:00:24OLG Hamm: Zur erforderlichen Darlegung des Vermögensschadens bei Verurteilung wegen Betruges aufgrund Verheimlichens von Vorschäden beim Gebrauchtwagenkauf
Dr. Melanie Jänsch

OLG Frankfurt zur Auslegung beim Vertragsschluss über eBay: Kein Auto für 1€

BGB AT, Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Das OLG Frankfurt hat mit Hinweisbeschluss vom 14.05.2020 (Az.: 6 U 155/19) festgestellt, dass ein Verkäufer, der einen Pkw versehentlich zum Sofortkauf-Preis von einem Euro auf eBay einstellt, dem Käufer keinen Schadensersatz leisten muss. Die Internetplattform eBay ist nicht nur eines der beliebtesten Examensthemen im BGB AT und Schuldrecht, sondern findet – da diverse Probleme des Vertragsschlusses, des Schuldrecht AT oder des Gewährleistungsrechts abgeprüft werden können – auch immer wieder Einzug in Zwischenprüfungsklausuren. Die Entscheidung soll daher zum Anlass genommen werden, Grundprobleme des Zivilrechts unter Fokussierung des Vertragsschlusses bei eBay darzustellen und zu erläutern.
 
A) Sachverhalt
Auf der Internetauktionsplattform eBay bot der V einen BMW 318d, Erstzulassung April 2011, Laufleistung 172.000 km, mit einem Wert von ca. 13.000 Euro an. Nach ausführlicher Beschreibung des Fahrzeugs und der Ausstattung formulierte er: „Preis: Euro 1,00“ sowie: „Fahrzeug muss innerhalb drei Tagen noch Auktionsende – vom Höchstbietenden abgeholt und bar vor Ort gezahlt werden…, Sofortkaufangebote sind gerne erwünscht.“ Versehentlich legte der V den Preis von einem Euro jedoch nicht als Starpreis der Auktion, sondern als Sofortkauf-Preis fest. Der K stieß auf das Inserat, bot einen Euro und erhielt automatisiert den Zuschlag. Vor regulärem Ende der Auktion beendete der V manuell die Auktion und wies den K darauf hin, dass der Preis von einem Euro als Start- und nicht als Sofortkaufpreis gemeint gewesen sei. Zu einem Verkauf für einen Euro sei er keinesfalls bereit. K sah dies nicht ein; schließlich sei die Summe von einem Euro ausdrücklich als Sofortkauf-Preis und nicht als Gebotsuntergrenze ausgewiesen. Er begehrt nunmehr Schadensersatz in Höhe von 13.000 Euro, die er für ein vergleichbares Fahrzeug aufbringen müsste.
 
B) Rechtsausführungen
Die Entscheidung des Landgerichts (Urt. v. 18.07.2019, Az. 2-20 O 77/18), das die Klage abgewiesen hatte, ist rechtskräftig, nachdem der klagende Käufer nach einem Hinweisbeschluss des OLG Frankfurt (Hinweisbeschl. v. 14.05.2020, Az. 6 U 155/19) seine Berufung zurückgenommen hatte. Doch der Reihe nach:
 
I. Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB
Den Verkäufer trifft die Pflicht, die von ihm angebotene Ware zu liefern. Er hat den Kaufgegenstand gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB zu übergeben und zu übereignen. Tut er dies nicht, so kann der Käufer unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB verlangen. Der Schaden bemisst sich nach der Differenzhypothese und beträgt grundsätzlich den Wert des Kaufgegenstandes abzüglich des Kaufpreises. Ein Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 13.000 Euro könnte sich also aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ergeben.
 
Achtung: Zwar geht es hier um einen Kaufvertrag, jedoch greift – mangels Anwendungsbereichs – nicht das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht. Damit ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB hergeleitet werden kann, ist ein Mangel bei Gefahrübergang erforderlich. Im vorliegenden Fall geht es aber um eine Nichtleistung vor Gefahrübergang, sodass die Grundsätze des Schuldrecht AT Anwendung finden.
 
1. Schuldverhältnis
Dies setzt zunächst das Vorliegen eines Schuldverhältnisses voraus. Vorliegend kommt ein vertragliches Schuldverhältnis in Form eines Kaufvertrags i.S.v. § 433 BGB in Betracht. Ein solcher verlangt eine Einigung, also zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen. Ein Vertragsschluss bei eBay richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen, d.h. ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme gemäß den §§ 145 ff. BGB zustande – nicht etwa durch Zuschlag nach § 156 BGB, da eBay-Auktionen keine Versteigerungen i.S.d. Norm darstellen. Dabei handelt es sich bereits bei dem Erstellen einer Auktion auf eBay bzw. beim Einstellen eines Sofortangebots um ein verbindliches Angebot, das durch die Bestellung des Kunden angenommen wird, so dass in diesem Moment der Vertrag geschlossen ist (also unmittelbar bei der Option „Sofort-Kaufen“) oder mit Zeitablauf einer Auktion zustande kommt (s. zum Zustandekommen eines Vertrags über die Sofort-Kaufen-Option auch unseren Beitrag). Dies ergibt sich aus den AGB von eBay, die zwar zwischen Käufer und Verkäufer nicht unmittelbar gelten, aber nach h.M. bei der Auslegung der Willenserklärungen zu berücksichtigen sind (s. hierzu BGH, Urt. v. 15.2.2017, Az.: VIII ZR 59/16).
Nach diesen Maßstäben hat der V zweifelsohne durch Einstellen des Autos auf der Plattform eBay ein verbindliches Angebot abgegeben. Jedoch ist problematisch – und Schwerpunkt der vorliegenden Entscheidung –, ob er ein Angebot für einen Sofortkauf des Pkw für einen Euro oder für die Option „Auktion“ mit dem Startgebot in Höhe von einem Euro abgegeben hat. Die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen erfolgt gemäß §§ 133, 157 BGB nach Maßgabe des objektiven Empfängerhorizonts; das heißt, zu prüfen ist, wie sich das Angebot aus der Sicht eines verständigen, objektiven Betrachters darstellt. Hiervon ausgehend durfte der K die Preisangabe von einem Euro nach Ansicht des OLG Frankfurt nicht als Angebot zum Sofortkauf-Preis von einem Euro auffassen. Das Gericht erachtet die Auslegung der Willenserklärung des V nach dem objektiven Empfängerhorizont insofern als „eindeutig“: Er müsse sich nicht daran festhalten lassen, dass ihm bei der Eingabe seines Angebots ein Fehler unterlaufen sei, indem er versehentlich den Sofortkauf-Preis und nicht den Starpreis der Auktion festgelegt habe. Vielmehr sei aus dem Kontext klar ersichtlich, dass eine Versteigerung gewollt gewesen sei. Damit liege schon kein Sofortkauf-Angebot vor, das angenommen werden könnte.
 
Anmerkung: Unterstellt man eine wirksame Einigung, wäre in einem zweiten Schritt eine mögliche Nichtigkeit nach § 142 Abs. 1 BGB infolge einer Anfechtung seitens des V zu prüfen. Dass wirksam angefochten werden könnte, hat auch das OLG Frankfurt betont: Indem V gegenüber dem K erklärt habe, dass der Preis als Startpreis, nicht als Sofortkauf-Preis gemeint gewesen sei und die Transaktion abgebrochen habe, habe er konkludent die Anfechtung erklärt. In einer Klausur wäre sodann schwerpunktmäßig zu diskutieren, welcher Anfechtungsgrund – Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB – in Betracht kommt. Geklärt werden müsste also, ob der Fehler bereits auf der Ebene der Willensbildung (dann Inhaltsirrtum) oder bei der Vornahme der Erklärungshandlung, also etwa durch Vertippen / Verklicken (dann Erklärungsirrtum), erfolgt ist – hierzu bedürfte es ergänzender Hinweise im Sachverhalt. Auch über den Schadensersatzanspruch des § 122 Abs. 1 BGB könnte dann aber keine Zahlung der 13.000 Euro verlangt werden, denn hiernach wird lediglich das negative und nicht das positive Interesse ersetzt.
 
2. Zwischenergebnis
Mithin liegt schon kein wirksamer Kaufvertrag und damit kein Schuldverhältnis zwischen den Parteien vor.
 
II. Ergebnis
Ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB scheidet infolgedessen aus.
 
C) Fazit
In summa: Wenn ein eBay-Verkäufer ein Auto zum Sofortkauf für einen Euro anbietet, muss er dem Verkäufer keinen Schadensersatz leisten, sofern nach der Auslegung der Willenserklärung vom objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB offensichtlich ist, dass es sich um ein Auktionsstartgebot und nicht um einen Sofortkauf-Preis handelt. Wer sich in einer entsprechenden Klausur also direkt auf die Anfechtung der Willenserklärung stürzt, der verkennt, dass der Auslegung stets  Vorrang gebührt. Ergibt diese bereits einen Versteigerungswillen, verbleibt für die Anfechtung kein Raum. Unklar bleibt freilich, ab welchem Preis auf einen „offensichtlichen“ Versteigerungswillen trotz versehentlicher Wahl der Sofortkauf-Option zu schließen ist, ist doch – auch vom BGH –anerkannt, dass durch die Nutzung der Plattform eBay ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bewusst in Kauf genommen wird (hierzu beispielhaft BGH, Urt. v. 12.11.2014, Az.: VIII ZR 42/14).
 

23.07.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-07-23 08:35:432020-07-23 08:35:43OLG Frankfurt zur Auslegung beim Vertragsschluss über eBay: Kein Auto für 1€
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Gebrauchtwagenkäufer darf Transportkostenvorschuss nach § 439 Abs. 2 BGB vor Nacherfüllung verlangen

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Ohne vertiefte Grundkenntnisse im Kaufrecht geht im Examen nichts: Wer die neueste BGH-Rechtsprechung nicht kennt, wird i.d.R. die amtliche Lösung nicht treffen und läuft Gefahr, falsche Schwerpunkte zu setzen. Da im nun vom BGH entschiedenen Fall (Urt. v. 19.7.2017 – VIII ZR 278/16) der Gebrauchtwagenkauf und die Vorschrift des § 439 Abs. 2 BGB inmitten standen, ist diese Konstellation ein heißer Kandidat für das Erste und Zweite Staatsexamen.
I. Der Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen, Herv. d. Verf.)

Die in Schleswig-Holstein ansässige Klägerin kaufte von der Beklagten, die in Berlin einen Fahrzeughandel betreibt, zum Preis von 2.700 Euro einen gebrauchten Pkw Smart, den die Beklagte in einem Internetportal angeboten hatte. Kurze Zeit nach Übergabe des Fahrzeugs wandte sich die Klägerin wegen eines nach ihrer Behauptung aufgetretenen Motordefekts an die Beklagte, um mit ihr die weitere Vorgehensweise zur Schadensbehebung im Rahmen der Gewährleistung zu klären. Nachdem eine Reaktion der Beklagten ausgeblieben war, forderte die Klägerin sie unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Hierauf bot die Beklagte telefonisch eine Nachbesserung an ihrem Sitz in Berlin an. Die Klägerin verlangte daraufhin unter Aufrechterhaltung der gesetzten Frist die Überweisung eines Transportkostenvorschusses von 280 Euro zwecks Transports des nach ihrer Behauptung nicht fahrbereiten Pkw nach Berlin beziehungsweise die Abholung des Fahrzeugs durch die Beklagte auf deren Kosten. Nachdem diese sich nicht gemeldet hatte, setzte die Klägerin ihr eine Nachfrist zur Mängelbeseitigung und ließ, als die Beklagte hierauf wiederum nicht reagierte, die Reparatur des Pkw in einer Werkstatt bei Kassel durchführen. Für ihr entstandene Reparatur-, Transport- und Reisekosten verlangt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 2.332,32 Euro.

II. Die Lösung
Inmitten stand nun der Anspruch nicht unmittelbar auf den zunächst begehrten Transportkostenvorschuss, sondern diesem nachgelagert ein Schadensersatzanspruch vorwiegend wegen der Reparaturkosten.
Ein solcher Anspruch könnte sich aus §§433, 434, 437 Nr. 3 BGB i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB ergeben  (sog. Schadensersatz statt der Leistung, in concreto: der Nacherfüllung).
Nach Feststellung des Abschlusses eines Kaufvertrages und eines Mangels ist zu klären, ob die Klägerin eine wirksame Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, die abgelaufen ist.

Das Vorliegen eines Mangels könnte offen bleiben, wenn man ohnehin eine wirksame Fristsetzung ablehnen würde. So ging das LG Berlin in der Vorinstanz vor. Eine wohl nur für das Zweite Staatsexamen in einer Urteilsklausur zu empfehlendes Vorgehen.

Die Klägerin müsste also eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben, d.h. die Leistung durch die Beklagte so verlangt haben, wie diese sie zu erbringen hat. Maßgeblich hierfür ist, was das Nacherfüllungsverlangen voraussetzt. Zunächst ist festzuhalten, dass die Nacherfüllung in Form der Mängelbeseitigung als Leistung des Schuldners, also des Verkäufers, nach § 269 Abs. 1 BGB in Ermangelung einer anderen vertraglichen Regelung an dessen Wohnsitz zu erbringen ist. Der Käufer muss daher grundsätzlich die Bereitschaft haben, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen (in diese Richtung BGH, Urteil vom 01.07.2015, VIII ZR 226/14, juris.). Andernfalls kann der Verkäufer die Nacherfüllung nicht vornehmen, so dass auch keine wirksame Frist zur Vornahme dieser Nacherfüllung gegeben ist. Hierbei bleibt es auch nach dem vorliegenden Urteil des BGH:

Dementsprechend sei der Verkäufer grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben habe. Der Erfüllungsort der Nacherfüllung befinde sich, solange die Parteien nicht Abweichendes vereinbaren oder besondere Umstände vorlägen, am Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners (§ 269 Abs. 1 BGB), vorliegend mithin am Geschäftssitz der Beklagten in Berlin.
Anm. d. Verf.: Je nach Fallkonstellation kann jedoch ein Blick auf eine anderweitige Vertragsgestaltung sinnvoll sein, etwa wenn gerade für den Fall der Nacherfüllung Regelungen im Vertrag getroffen worden sind, die dann § 269 Abs. 1 BGB als Auffangtatbestand vorgehen können.

An diesem Punkt ist nun § 439 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen, der letztlich die Rechtsfolge des § 269 Abs. 1 BGB im Kaufrecht modifiziert: Zwar muss der Käufer die mangelhafte Sache nach § 269 Abs. 1 BGB weiterhin zum Wohnsitz des Schuldners zur Nacherfüllung bringen, doch hat der Verkäufer hierfür die Kosten nach § 439 Abs. 2 BGB zu tragen. § 439 Abs. 2 ist eine Kostentragungsregelung mit Anspruchscharakter (!), welche die Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung gewährleisten soll. Dem Wortlaut zufolge („hat zu tragen“) könnte man zunächst von einer nachgelagerten Anspruchsgrundlage sprechen, die erst Rechtsfolgen zeitigt, wenn tatsächlich nacherfüllt werden muss. Der BGH legt § 439 Abs. 2 BGB jedoch aus Gründen des Käuferschutzes weit aus – und das ist die entscheidende Stelle dieses Falles:

Der Käufer könne nach dem Schutzzweck des Unentgeltlichkeitsgebots vielmehr grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen. Denn die dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Kaufsache unentgeltlich zu bewirken, solle den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, solche Ansprüche geltend zu machen. Ein solcher Hinderungsgrund könne sich auch daraus ergeben, dass der Verbraucher mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten müsse.

Mit anderen Worten: Wenn der Käufer keinen Anspruch auf einen Vorschuss hinsichtlich der Transportkosten hätte, könnte dies ihn von der Geltendmachung seiner Ansprüche aus §§ 434, 437 BGB abhalten. Noch einmal: § 439 Abs. 2 BGB verändert nicht den Erfüllungsort, sondern regelt allein die (auch vorläufige!) Kostentragung der Verbringung an diesen Ort.
Somit hat die Klägerin durch ihre Bereitschaft, das Fahrzeug allein nach Zahlung eines dafür erforderlichen Transportkostenvorschusses nach Berlin transportieren zu lassen, ein den Anforderungen des § 439 Abs. 1 BGB genügendes Nacherfüllungsverlangen geltend gemacht. Eine wirksame Fristsetzung liegt mithin vor; die Frist ist auch fruchtlos abgelaufen. Da die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (insbes. das Vertretenmüssen, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB) und auch ein kausaler Schaden eingetreten ist, hat die Klägerin mithin den geltend gemachten Anspruch aus §§ 433 Abs. 1, 434, 437 Nr. 3 BGB i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB.
III. Was muss man sich merken?

  • Die Anspruchsgrundlage sauber herausarbeiten – geht es unmittelbar um die Transportkosten oder einen weitergehenden Schadensersatzanspruch? Nur im ersten Fall direkt auf § 439 Abs. 2 BGB springen.
  • Die Frage der wirksamen Fristsetzung aufwerfen und inzident den Erfüllungsort der Nacherfüllung bestimmen – gibt es eine vertragliche Regelung oder bleibt es bei § 269 Abs. 1 BGB (= am Wohnsitz des Schuldners)?
  • § 439 Abs. 2 BGB auslegen und zum Ergebnis kommen, dass dieser eine Kosten- und keine Erfüllungsortregelung ist.
  • § 439 Abs. 2 BGB wegen des Unentgeltlichkeitsgebots aus Käuferschutzgründen als Vorschussregelung auslegen.

20.07.2017/2 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2017-07-20 11:49:542017-07-20 11:49:54BGH: Gebrauchtwagenkäufer darf Transportkostenvorschuss nach § 439 Abs. 2 BGB vor Nacherfüllung verlangen
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Fehlen noch laufender Herstellergarantie ist Sachmangel bei Gebrauchtwagenkauf

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Der BGH hat mit Urteil vom 15.06.2016 – VIII ZR 134/15  entschieden, dass das Fehlen einer nach den Angaben des Verkäufers noch laufenden Herstellergarantie beim Kauf eines Gebrauchtwagens ein Sachmangel ist, der den Käufer zum Rücktritt berechtigen kann.
I. Sachverhalt (aus der Pressemitteilung des BGH)

Der Kläger kaufte vom Beklagten, einem Kraftfahrzeughändler, einen Gebrauchtwagen, den dieser zuvor auf einer Internetplattform zum Verkauf angeboten und dort mit einer noch mehr als ein Jahr laufenden Herstellergarantie beworben hatte. Kurz nach dem Kauf mussten infolge von Motorproblemen Reparaturen durchgeführt werden, die für den Kläger aufgrund der Herstellergarantie zunächst kostenfrei blieben. Später verweigerte der Hersteller mit der Begründung, im Rahmen einer Motoranalyse seien Anzeichen für eine Manipulation des Kilometerstandes – vor Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger – festgestellt worden, weitere Garantieleistungen; die Kosten der bereits durchgeführten Reparaturleistungen und des während der letzten Reparatur zur Verfügung gestellten Ersatzfahrzeugs wurden dem Kläger nunmehr teilweise in Rechnung gestellt. Daraufhin trat dieser unter Verweis auf die fehlende Herstellergarantie vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises sowie den Ersatz ihm entstandener Aufwendungen.

II. Lösung des BGH
Ein notwendiger Rücktrittsgrund konnte sich allein aus der Mangelhaftigkeit des PKW ergeben. Der Sachmangel bei einem Kaufvertrag ist bekanntlich in § 434 BGB geregelt und liegt vor, wenn die Soll- von der Ist-Beschaffenheit abweicht. Zu bestimmen ist zunächst die Soll-Beschaffenheit, die sich entweder aus einer vertraglichen Vereinbarung (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) oder aus den Umständen ( § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB) ergeben kann. Hinsichtlich der Beschaffenheit wurde vor der Schuldrechtsmodernisierung weitgehend davon ausgegangen, dass dies grundsätzlich nur Faktoren sein können, die der Sache selbst anhaften.  Nach 2001 nahm der BGH einen erweiterten Beschaffenheitsbegriff an und führt diesen in der vorliegenden Entscheidung fort:

Der BGH – so auch der Senat – habe seit der Schuldrechtsmodernisierung bereits mehrfach entschieden, dass als Beschaffenheitsmerkmale einer Kaufsache nicht nur die Faktoren anzusehen seien, die ihr selbst unmittelbar anhafteten, sondern vielmehr auch all jene Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache hätten.

Maßgeblich ist also nicht, ob der Faktor gleichsam Teil der Sache selbst ist, sondern ob er – auch durch seine Beziehung zur Umwelt – wertbildenden Charakter hat. Somit kommt es vor allem auf das wirtschaftliche Gewicht des vereinbarten oder vorausgesetzten Umstandes an. Bei einer Herstellergarantie liegt ein solch wertbildender Faktor klar vor: Reparaturen von PKW sind teuer, und wenn der Hersteller diese ohne weitere Kosten vornehmen muss, ist dies ein ganz entscheidendes Kaufargument:

Das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Kraftfahrzeug erfülle diese Voraussetzungen. Ihr komme beim Autokauf regelmäßig sogar ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht zu. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen könne das Fehlen der beworbenen Herstellergarantie deshalb – bei Vorliegen der weiteren, vom Berufungsgericht nicht geprüften Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 BGB – auch im vorliegenden Fall einen Mangel des verkauften Gebrauchtwagens begründen und den Kläger zum Rücktritt berechtigen.

Hieran ändert auch der Umstand, dass nicht direkt vom Hersteller erworben wird, sondern es sich um einen Gebrauchtwagen handelt, nichts. Zwar handelt es sich um einen der Sache nicht mehr unmittelbar anhaftenden Faktor, doch ist eine Herstellergarantie, also die Eintrittspflicht des Herstellers selbst und nicht bloß des Verkäufers des Gebrauchtwagens, wirtschaftlich von besonderer Bedeutung. Letztlich kann man die Frage stellen: Wäre der Vertrag zu den Konditionen auch ohne die vereinbarte Herstellergarantie zustande gekommen? Nein – und daher ist diese Teil der Beschaffenheit der Kaufsache. Der BGB geht insoweit sogar davon aus, dass nach allen Tatbestandsvarianten des § 434 Abs. 1 BGB ein Beschaffenheitsmerkmal gegeben ist.
III. Fazit
Für die Klausur bedeutet dies: Der Beschaffenheitsbegriff des § 434 Abs. 1 BGB muss weit sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen ausgelegt werden und erfasst daher auch Beziehungen der Kaufsache zur Umwelt.

17.06.2016/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2016-06-17 10:29:522016-06-17 10:29:52BGH: Fehlen noch laufender Herstellergarantie ist Sachmangel bei Gebrauchtwagenkauf
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Notiz: Unzumutbarkeit der Nacherfüllung bei als „TÜV neu“ verkaufter Rostlaube

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Der BGH hat mit Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14 entschieden, dass dem Käufer eine Nacherfüllung durch den Verkäufer gemäß § 440 Satz 1 BGB nicht zugemutet werden kann, wenn der Händler das Fahrzeug trotz fehlender Verkehrssicherheit als «TÜV neu» verkauft hatte.
Die Vertragsparteien hatten einen Kaufvertrag über einen gebrauchten PKW geschlossen, den der Verkäufer aufgrund einer am Tag zuvor durchgeführten TÜV-Hauptuntersuchung als „TÜV neu“ verkauft hatte. Schon am nächsten Tag versagte der Motor mehrfach, zudem stellte der Käufer eine erhebliche Korrosion der Bremsleitungen fest. Daher erklärte er die Anfechtung, hilfsweise den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag.
Da das Vorliegen der Voraussetzungen der Anfechtung nicht eindeutig war, stellte sich die Frage, ob der Käufer vor der Erklärung des Rücktrittes wegen mangelhafter Leistung Nacherfüllung nach § 439 BGB verlangen muss. Dies lehnte der BGH ab, da ein solches Nacherfüllungsverlangen aufgrund Unzumutbarkeit nach § 440 S. 1 Alt. 3 BGB entbehrlich war. Es sei einem redlichen Käufer nicht zumutbar in einem derart krassen Fall, in welchem ein PKW als „TÜV neu“ verkauft und es sich tatsächlich um ein echte Rostlaube handelt, zunächst auf die Nacherfüllung verwiesen zu werden. Zudem habe der Käufer nachvollziehbar jedes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des Gebrauchtwagenhändlers verloren. Daher sei ein sofortiges Lösen vom Kaufvertrag qua Rücktritt möglich.
 

17.04.2015/0 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2015-04-17 10:00:012015-04-17 10:00:01BGH: Notiz: Unzumutbarkeit der Nacherfüllung bei als „TÜV neu“ verkaufter Rostlaube
Nicolas Hohn-Hein

BGH: Keine Abkürzung der Verjährungsfrist im Gebrauchtwagenhandel

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Der BGH hat sich in einer ganz aktuellen Entscheidung (Urteil vom 29.05.2013 – VIII ZR 174/12) mit der Wirksamkeit einer AGB-Klausel zur Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist im Gebrauchtwagenhandel befasst. Das Kaufrecht und insbesondere die Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind Kernthemen in allen Staatsexamina.
 
Sachverhalt (verkürzt)
Die Eheleute E wollen einen Geländewagen beim örtlichen Autohandel kaufen. Im Geschäft des Autohändlers A entscheiden sie sich für einen Gebrauchtwagen. E unterschreiben einen Vertrag, der folgende Klausel enthält:
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger war Folgendes vorgesehen:
„VI. Sachmangel
Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden.
…
VII. Haftung
Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nach Maßgabe dieser Bedingungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt: Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten und ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. Diese Beschränkung gilt nicht bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. …“
Vor Übergabe des Fahrzeugs am 12.10.2006 wird dieses noch mit einer speziellen Anlage für den Betrieb mit Flüssiggas ausgerüstet. In der Folgezeit kommt es mehrfach zu Fehlern an dem Gastank. Der Wagen wird daraufhin mehrfach – erfolglos – von A repariert. Letztlich fordern E den A am 16.10.2008 schriftlich und unter Fristsetzung dazu auf, eine Erklärung zur Reparaturbereitschaft abzugeben. Andernfalls müsse man das Fahrzeug in einem anderen Autohaus reparieren lassen.
Die Eheleute verlangen Zahlung der zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 1.313,70 €, Schadensersatz in Höhe von 800 € sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die A beruft sich auf die Verjährung der Gewährleistungsansprüche.
Ansprüche E gegen A?
 
Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a) und b) BGB
Bei den im Sachverhalt genannten Klauseln handelt es sich unproblematisch um Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 I 1 BGB, da sie einseitig vom Verwender A in das Vertragsverhältnis eingeführt wurden und nicht von E und A gemeinsam ausgehandelt wurden. Soweit zur Charakterisierung als AGB oder zur Frage der wirksamen Einbeziehung nach § 305 II BGB im Sachverhalt keine genaueren Angaben zu finden sind, sollte dies in der Klausur lediglich kurz festgestellt werden. Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträgen) ist zudem auf § 310 III BGB zu achten.
Im vorliegenden Fall erkennt der BGH einen Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a) und b) BGB darin, dass in Ziff. VII der AGB zwar der Haftungsausschluss für Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit nicht gilt. In Ziff. VI erstreckt sich jedoch die kürzere Verjährung der Gewährleistungsrechte von 1 Jahr (§ 438 BGB: 2 Jahre) auf sämtliche Schäden. Der BGH

[…] hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit der die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels der verkauften Sache abgekürzt wird, wegen Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB insgesamt unwirksam ist, wenn die in diesen Klauselverboten bezeichneten Schadensersatzansprüche nicht von der Abkürzung der Verjährungsfrist ausgenommen werden. Ziffer VI. 1. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist daher unwirksam, weil es an einer Ausnahmeregelung für die Verjährung der in § 309 Nr. 7 BGB bezeichneten Schadensersatzansprüche fehlt. Ziffer VII.1. Satz 3 nimmt die Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit zwar von der gegenständlichen Haftungsbeschränkung in Ziffer VII., aber nicht von der zeitlichen Haftungsbegrenzung in Ziffer VI. aus.
(Amtliche Pressemitteilung)
 

Anwendbarkeit der gesetzlichen Gewährleistungsfristen
Nach Auffassung des BGH war die Vertragsklausel damit unwirksam. Aufgrund des Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion und der offensichtlichen Unteilbarkeit der Bestimmung, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, § 306 I BGB. Es gelten stattdessen die gesetzlichen Vorschriften, § 306 II BGB. Das Gericht hat sich, wie aus der Pressemitteilung ohne nähere Angaben hervorgeht, in diesem Zusammenhang mit der Frage befasst, ob die gesetzlichen Gewährleistungsfristen des Kaufrechts gemäß § 438 BGB Anwendung finden und dies bejaht.
Voraussetzung hierfür ist, dass es sich bei der von A und E geschlossenen Vereinbarung um einen Kaufvertrag nach § 433 BGB handelt. Dafür müssten beim Sachkauf die gegenseitigen Hauptpflichten der Vertragspartner schwerpunktmäßig in der Verschaffung des Eigentums und Übergabe der Kaufsache gegen Zahlung des Kaufpreises liegen. Dies hat der BGH, anders als die Vorinstanz, bejaht, denn

[…] im Mittelpunkt steht die Übertragung von Eigentum und Besitz an dem – umgerüsteten – Fahrzeug auf die Kläger; der Verpflichtung zum Einbau der Flüssiggasanlage kommt im Vergleich dazu kein solches Gewicht zu, dass sie den Vertrag prägen würde.

Dies lässt sich mit einfachen Argumenten gut begründen: Im Mittelpunkt steht in erster Linie der Erwerb des Fahrzeugs. Die Ausrüstung des Wagens mit einer Flüssiggasanlage spielt hingegen eine untergeordnete Rolle und kann insoweit als „Sonderausstattung“ angesehen werden.
 
Verjährungshemmung nach § 203 BGB und -neubeginn nach § 438 II BGB
Nach dem Sachverhalt bestehen zudem starke Anhaltspunkte dafür, dass die Mängelrechte der E bereits verjährt sind (zu den Grundlagen instruktiv unser Beitrag). Der BGH hat unter diesem Aspekt den Fall an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Hier stellt sich dann auch in der Klausur die Frage, ob bereits eine Verjährungshemmung nach § 203 BGB eingetreten ist. Dann müsste hinsichtlich der (erfolglosen) Reparaturversuche durch A ein „Verhandeln“ im Sinne der vorgenannten Vorschrift anzunehmen sein.
Dies lässt sich wohl im konkreten Fall bejahen: Der Begriff des „Verhandelns“ wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Voraussetzung ist, dass sich der Unternehmer mit dem geltend gemachten Mangel auseinandersetzt und die Mängelrüge überprüft. Dies ist bei Nachbesserungsarbeiten regelmäßig gegeben (vgl. Palandt/Ellenberger, 70. Aufl. § 203 Rz. 2).
Zugleich lässt sich diskutieren, ob durch die mangelhaften Nachbesserungsversuche die Verjährung gemäß § 438 II BGB jeweils neu begonnen hat. Dies ist bei der Nachbesserung stark umstritten, da sich so in bestimmten Fällen die Verjährungsfrist für den Verkäufer unzumutbar in die Länge ziehen kann. Handelt es sich bei jedem Nachbesserungsversuch um den gleichen Mangel oder um eine Folge der mangelhaften Nachbesserung, ist ein Verjährungsneubeginn zu bejahen (vgl. Palandt/Weidenkaff, 70. Aufl. § 438 Rz. 16a). In der Klausur wären hierzu genaue Angaben im Sachverhalt anzutreffen.
 
Fazit
Ein schöner Fall, nicht nur für das erste Examen, an dem sich die Grundsätze der Wirksamkeit von AGB und der Verjährung im Kaufrecht abprüfen lassen.
In der Klausur wäre insbesondere herauszuarbeiten, an welcher gesetzlichen Vorschrift die Wirksamkeit der benannten Klauseln scheitert. Hier ist zwischen der gegenständlichen (zulässigen) und zeitlichen (unzulässigen) Beschränkung zu differenzieren. Danach ist zu bestimmen, welche gesetzliche Verjährungsfrist gilt. Im Kaufrecht beträgt diese nach § 438 I Nr. 2 BGB 2 Jahre. Vertretbar wäre es wohl auch, in der Vereinbarung einen (gemischten) Werkvertrag zu erkennen – es wird die technische Umrüstung des PKW geschuldet – wobei die gesetzliche Verjährungsfrist hier auch 2 Jahre betragen dürfte, § 634a I Nr. 1 BGB („Veränderung einer Sache“).
Der Fall ist auch aus klausurtaktischen Gründen interessant: Wer vorschnell die Wirksamkeit der Klausel bejaht, schneidet sich die gesamte Problematik zur Verjährung ab. Um zur Problematik des Verjährungsneubeginns bei mangelhafter Nacherfüllung zu kommen, ist die Annahme eines Kaufvertrags ratsam. Eine hilfsgutachterliche Prüfung ist in aller Regel vom Klausurersteller nicht gewollt.

06.06.2013/5 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2013-06-06 15:47:012013-06-06 15:47:01BGH: Keine Abkürzung der Verjährungsfrist im Gebrauchtwagenhandel
Redaktion

OLG Celle: Rücktritt trotz Nachbesserung

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Der Verlag von JURA INTENSIV stellt uns monatlich zwei Beiträge aus der Ausbildungszeitschrift RA (Rechtsprechungs-Auswertung) zwecks freier Veröffentlichung auf juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Rücktritt trotz Nachbesserung“

befasst sich mit einem aktuellen Urteil des OLG Celle. Einmal mehr geht es um die Gewährleistungsrechte beim Gebrauchtwagenkauf. Kann ein Käufer, der zunächst Nacherfüllung verlangt, sich von seinem Nachbesserungsverlangen distanzieren und stattdessen vom Kaufvertrag zurücktreten? Diese Frage steht im Mittelpunkt der (wie immer) gutachterlich aufbereiten Entscheidung.
Den Beitrag findet Ihr hier.

26.02.2013/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-02-26 14:00:022013-02-26 14:00:02OLG Celle: Rücktritt trotz Nachbesserung
Dr. Jan Winzen

BGH: Zur Haftung des Neuwagenkäufers bei Inzahlungnahme seines Gebrauchtwagens

Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Der BGH hatte mit Urteil vom 19.12.2012 (VIII ZR 117/12) über die Haftung des Autokäufers für die Unfallfreiheit seines gleichzeitig in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagens zu entscheiden. Wir hatten hierauf bereits kurz in der Rspr. Übersicht in Zivilsachen (Dezember) hingewiesen. Jetzt liegen die Entscheidungsgründe vor.
Sachverhalt
Die Klägerin (Autohändlerin) begehrt Schadensersatz wegen verschiedener Mängel eines von dem beklagten Autokäufer angekauften (bzw. in Zahlung genommenen) gebrauchten Pkw Audi A 6.
Der Beklagte hatte den Audi selbst vor ca. einem Jahr gebraucht erworben und wenig später damit einen Unfall beim Ausparken erlitten. Der dabei entstandene Schaden an der hinteren rechten Tür und an der Seitenwand des Pkw belief sich ausweislich eines eingeholten Gutachtens auf 2.919,12 €. Der Beklagte ließ das Fahrzeug – nicht fachgerecht – für 819,89 € reparieren.
Etwa ein halbes Jahr später verkaufte die Klägerin dem Beklagten einen VW Passat und nahm den Audi zum Preis von 19.000 € „in Zahlung“. In den Ankaufsunterlagen wurde unter der vorgedruckten Rubrik „Das Fahrzeug hat keine/folgende Unfallschäden erlitten“ das Wort „keine“ eingekreist und unterstrichen.
Ein knappes weiteres Jahr später veräußerte die Klägerin den Audi für 19.500 € als „laut Vorbesitzer unfallfrei“ an einen Kunden. Der Kunde verlangte nur kurze Zeit später wegen verschiedener Mängel Rückabwicklung des Kaufvertrages. Es kam zu einem Rechtsstreit, in dem sich herausstellte, dass an dem Fahrzeug neben einem Schaden an der Seitenwand hinten rechts auch ein schwerer Heckschaden repariert worden war. Die hiesige Klägerin musste das Fahrzeug antragsgemäß gegen Zahlung von 19.421,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5.372,60 € zurücknehmen und begehrt nun von dem Beklagten Zahlung von 30.665,45 € (Erstattung des an den Kunden auf den Kaufpreis zurückgezahlten Betrages von 19.241,56 € nebst Zinsen und Prozesskosten) nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, ferner Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.099 € sowie weiterer Kosten des Vorprozesses in Höhe von 10.441,30 €, ebenfalls jeweils nebst Zinsen. Außerdem begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befände.
Rechtliche Würdigung
Anspruchsgrundlage: §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 Satz 1 BGB
Richtige Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren der Autohändlerin ist im vorliegenden Fall § 437 Nr. 3 i.V.m. § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB.
Der als unfallfrei verkaufte, tatsächlich aber vorbeschädigte, Pkw kann nicht mehr nachträglich unfallfrei werden. Insoweit ist eine Nacherfüllung im Sinne von § 439 BGB unmöglich. Bei Vorliegen eines solchen unbehebbaren Sachmangels ist die richtige Anspruchsgrundlage für einen auf das positive Interesse gerichteten Schadensersatz statt der Leitung entweder §§ 437 Nr. 3 i.V.m. § 283 Satz 1 BGB (wenn die Nacherfüllung nachträglich unmöglich wird) oder §§ 437 Nr. 3 i.V.m. § 311 a Abs. 2 Satz 1 BGB (wenn die Nacherfüllung schon anfänglich unmöglich war). Der Verkauf eines Unfallwagens als unfallfrei ist dabei der Parade-Anwendungsfall für den Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 311a Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. etwa Ernst, in: MüKo BGB, § 311a, Rn. 13).
Merke: Soweit noch eine Nacherfüllung (im Hinblick auf einen bereits bei Vertragsschluss vorliegenden Mangel) möglich ist, hat der Käufer dem Verkäufer nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 437 Nr. 3, 439, 281 Abs. 1 BGB) eine Nachfrist zu setzen, nach deren erfolglosem Ablauf er dann erst – Vertretenmüssen des Verkäufers vorausgesetzt – Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 439, 281 BGB verlangen kann. Anknüpfungspunkt für das Verschulden des Verkäufers ist in diesem Fall die fehlgeschlagene Nacherfüllung.
Im vorliegenden Fall geht das Gericht, wie aus folgendem Passus hervorgeht, aber von einem unbehebbaren Mangel aus:

Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, geht der in der Besitzzeit des Beklagten entstandene Streifschaden an der rechten Fahrzeugseite über einen bloßen Bagatellschaden hinaus, so dass das Fahrzeug als Unfallwagen anzusehen ist und somit ungeachtet der erfolgten Reparatur einen nicht behebbaren Sachmangel aufweist.

Kaufvertrag
Während erster Prüfungspunkt eines kaufrechtlichen Gewährleistungsanspruchs üblicherweise das Vorliegen eines Kaufvertrages ist, geht das Gericht hierauf mit keinem Wort ein. Auf den ersten Blick scheint das nicht verwunderlich. Dass die klagende Autohändlerin dem Beklagten den VW Passat auf Grundlage eines Kaufvertrages verkauft hat, daran dürfte niemand zweifeln. Hier geht es allerdings nicht um Mängel dieses VW Passats. Vielmehr steht die Mangelhaftigkeit des an Stelle des Kaufpreises in Zahlung gegebenen Audi A 6 im Zentrum. Dieser Audi A6 ist aber gar nicht die „Sache“ (Kaufsache) im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dieser Umstand könnte zu der Frage führen, welche rechtliche Konstruktion einer Inzahlungnahme beim Gebrauchtwagenkauf zugrundeliegt. Hier gibt es verschiedene theoretische Ansätze, die im Ergebnis zu der Anwendbarkeit kaufrechtlicher Vorschriften führen. Eine Vertiefung soll deshalb hier nicht erfolgen (zu Einzelheiten siehe die Anm. unten).
Sachmangel
Ein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB liegt unzweifelhaft vor. Das Gericht führt dazu aus:

Das der Klägerin verkaufte Fahrzeug war mit einem Sachmangel behaftet, weil es bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn die Parteien haben im Kaufvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Unfallfreiheit des Fahrzeugs getroffen, indem sie im Ankaufsformular ausdrücklich festgehalten haben, dass das Fahrzeug keine Unfallschäden erlitten habe.

Vertretenmüssen
Das Vertretenmüssen bezieht sich beim Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 439, 311a Abs. 2 BGB auf die Unkenntnis des Leistungshindernisses beim Vertragsschluss (so ausdrücklich § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB). Den Verkäufer trifft mit anderen Worten der Vorwurf, er habe sich trotz des ihm bekannten oder schuldhaft unbekannten Leistungshindernisses zu einer unmöglichen Leistung verpflichtet.
Angesichts des insoweit eindeutigen Sachverhalts hat das Gericht an dieser Stelle auf eine Subsumtion verzichtet.
Kein Ausschluss des Anspruchs
Die eigentlich zentrale Frage der Entscheidung ist nun, ob es (wie von der Vorinstanz – dem OLG Frankfurt – angenommen) zwischen der Autohändlerin und dem Käufer zu einem stillschweigend vereinbarten Gewährleistungsausschluss gekommen war.
Nach der in den Entscheidungsgründen paraphrasierten Ansicht des OLG Frankfurt sei ein solcher

den besonderen Umständen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Geschäfts – des Verkaufs eines Pkw durch einen Händler unter Inzahlungnahme eines anderen Fahrzeugs – zu entnehmen. Der Kaufvertrag über den Audi A 6 wäre nicht geschlossen worden, wenn der Beklagte nicht den VW Passat von der Klägerin erworben hätte. Für beide Parteien ersichtlich habe der Kaufvertrag über den VW Passat nur bei endgültiger Veräußerung des bisherigen Fahrzeugs des Beklagten Bestand haben sollen. Vor diesem Hintergrund verstoße die Annahme, die Parteien hätten die Sachmängelgewährleistung für den Audi A 6 nicht ausschließen wollen, gegen die Interessen des Beklagten. Die Klägerin habe nicht erwarten können, dass das Fahrzeug als Gebrauchtfahrzeug im Alter von vier Jahren mit einer Laufleistung von 160.000 Kilometern in jeder Hinsicht mangelfrei sei. Vielmehr habe es nahe gelegen, dass das Fahrzeug einzelne Mängel aufweisen könne, die aber, wenn sie bekannt gewesen wären, dem Abschluss der beiden Kaufverträge nicht entgegengestanden hätten. Es sei anzunehmen, dass die Klägerin bereit gewesen sei, auf die Sachmängelgewährleistung zu verzichten, und die Parteien deshalb einen stillschweigenden Gewährleistungsausschluss vereinbart hätten. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin ohne Weiteres in der Lage gewesen wäre, das zu erwerbende Fahrzeug auf das Vorliegen von Mängeln zu untersuchen. Wenn sie davon abgesehen habe, könne sie sich redlicherweise nicht darauf berufen, dass der Beklagte für sämtliche bei Übergabe vorhandenen Mängel hafte.

Der BGH geht auf die Argumente des OLG Frankfurt freilich gar nicht weiter ein. Vielmehr misst er der zwischen den Parteien geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung über die Unfallfreiheit entscheidende Bedeutung bei. In einem Urteil vom 29.11.2006 (VIII ZR 92/06) hatte der Senat nämlich bereits entschieden, dass ein neben einer vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung ausdrücklich vereinbarter Gewährleistungsausschluss nur dahin ausgelegt werden könne, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für solche Mängel gelte, die darin bestünden, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eigne (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), beziehungsweise sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eigne und keine Beschaffenheit aufweise, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Dass dies gleichermaßen für einen stillschweigend vereinbarten Gewährleistungsausschluss gelten muss, ist dann nur konsequent:

Für einen stillschweigenden Gewährleistungsausschluss kann nichts anderes gelten.

Soweit die Klägerin Rückerstattung des an ihren Kunden in Höhe von 19.241,56 € zurückgezahlten Kaufpreises nebst Zinsen und Ersatz der darauf anfallenden vorgerichtlichen Kosten (859,80 €) verlangt, ergibt sich ihr Anspruch folglich aus §§ 437 Nr. 3, 439, 311a Abs. 2 BGB.
Kein Ersatz darüber hinausgehender Schäden
Anders liegt es nach Ansicht des Senats dagegen, soweit die Klägerin Ersatz der aus dem Rechtsstreit mit ihrem Kunden entstandenen Kosten verlangt. Dieser Prozess war nämlich aus Sicht der Klägerin offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg und die daraus entstandenen Schäden dem Beklagten deshalb nicht mehr zurechenbar:

Diese Schäden hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht ersatzfähig angesehen, denn sie beruhen darauf, dass die Klägerin sich auf einen erkennbar aussichtslosen Prozess mit dem Käufer D. eingelassen hat, und können dem Beklagten deshalb nicht mehr zugerechnet werden. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass in Anbetracht der vom Käufer D. erhobenen Beanstandungen eine eingehende Untersuchung durch einen Fachmann unerlässlich war, so dass die Klägerin angesichts der bei einer solchen Untersuchung ohne Weiteres erkennbaren Unfallschäden der vom Käufer D. begehrten Rückabwicklung des Kaufvertrages unverzüglich hätte zustimmen müssen.

Kein Annahmeverzug
Entsprechendes gilt auch für den Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde.
Merke: Dieser Antrag ist aus vollstreckungsrechtlichen Gründen von Bedeutung. Nach Maßgabe des § 756 Abs. 1 ZPO darf der Gerichtsvollzieher bei einer Zug-um-Zug zu erbringenden Leistung mit der Zwangsvollstreckung u.a. nur dann beginnen, wenn der Beweis, dass der Schuldner im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird – eine solche öffentliche Urkunde ist das Urteil, dessen Tenor die Feststellung des Annahmeverzugs ausweist.
Nach Ansicht des Senats liegen die Voraussetzungen der §§ 293 ff. BGB nicht vor:

Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht einen Annahmeverzug des Beklagten mit der Begründung verneint, dass die Klägerin die Rückgabe des Fahrzeugs nur gegen eine weit überhöhte Schadensersatzforderung und deshalb nicht wie geschuldet (§ 294 BGB) angeboten hat.

Anmerkung
Das Urteil enthält eine ganze Reihe Einfallstore für examensrelevante Fragestellungen. Neben den bereits angesprochenen kaufrechtlichen Themen ist hier insbesondere die Konstruktion einer Inzahlungnahme zu nennen. Während es in der Literatur auch andere Ansätze gibt (etwa eine Kombination aus Kauf- und Tauschvertrag oder der Abschluss zweier Kaufverträge nebeneinander), funktioniert die Inzahlungnahme nach Ansicht des BGH (st. Rspr., vgl. grundlegend BGH, NJW 1967, 553) wie folgt: Die Parteien schließen – mangels entgegenstehender Anhaltspunkte – einen einheitlichen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über das Neufahrzeug. Bestandteil dieses Kaufvertrages ist das Recht des Käufers, einen bestimmten (vertraglich festgelegten) Teil des Kaufpreises durch Hingabe des Altfahrzeugs zu tilgen (Ersetzungsbefugnis). Die Ausübung dieser Ersetzungsbefugnis stellt eine Leistung an Erfüllungs statt im Sinne des § 364 Abs. 1 BGB dar. Wichtig ist nun für die Überleitung die Kenntnis des § 365 BGB. Danach hat, wenn eine Sache an Erfüllungs statt gegeben wird, der Schuldner wegen eines Sachmangels in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten. Dies hat dann etwa zur Folge, dass der Verkäufer des Neufahrzeugs bei Mangelhaftigkeit des in Zahlung gegebenen Altfahrzeugs die Zahlung auch desjenigen Teils des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des Altfahrzeugs verlangen kann, der durch die Inzahlungnahme des Altfahrzeugs getilgt werden sollte, wenn die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für einen insoweitigen Rücktritt vorliegen (vgl. BGHZ 89, 126 und 46, 338).
 

05.02.2013/2 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
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