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Schlagwortarchiv für: eigentum

Redaktion

Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG)

Karteikarten, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Uncategorized, Verfassungsrecht

I. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich:

→ „Jedermann-Grundrecht“

2. Sachlicher Schutzbereich:

→ Eigentum ist jede vermögenswerte Rechtsposition, die dem Einzelnen nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts zugeordnet ist

→ Dazu zählen alle privatrechtlichen vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung dergestalt zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlichen Entscheidungen zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (Privatnützigkeit des Eigentums)

II. Eigentumsrelevante Maßnahme

1. Inhalts- und Schrankenbestimmung, Art. 14 I 2 GG

→ Verkürzung einer bestehenden Eigentumsposition durch abstrakt-generelle Festlegung von neuen Rechten und Pflichten des Eigentümers

2. Enteignung, Art. 14 III

→ Jede finale konkret-individuelle Entziehung eigentumsrechtlicher Positionen für öffentliche Zwecke

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

1. Inhalts- und Schrankenbestimmung

→ Einfacher Gesetzesvorbehalt des Art. 14 I 2 GG

2. Enteignung

→ Qualifizierter Gesetzesvorbehalt des Art. 14 III GG

23.10.2023/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-10-23 10:00:002023-10-19 12:24:11Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG)
Dr. Melanie Jänsch

BGH: Neues zum Gewahrsamsbruch am Geldautomaten

Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT

Mit aktuellem Beschluss vom 03.03.2021 hat sich der BGH (Az.: 4 StR 338/20) wieder einmal zu Feinheiten des Gewahrsamsbruchs beim Diebstahl geäußert: Konkret widmete sich der BGH der Frage, wie sich die Gewahrsamsverhältnisse am Bargeld im Ausgabefach eines Geldautomaten darstellen, wenn der Kunde den Auszahlungsvorgang durch Einführen seiner Karte und Eingabe der PIN bereits ausgelöst hat. Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass mit der Bereitstellung des Geldes im Ausgabefach und der hierdurch eröffneten Zugriffsmöglichkeit jedenfalls ein (Mit-)Gewahrsam des Berechtigten begründet wird. Dessen antizipierter Erlangungswille genügt für die Annahme eines erforderlichen subjektiven Herrschaftswillens. Ein Blick in die Grundzüge der Entscheidung lohnt sich nicht nur für Examenskandidaten: Die der Entscheidung zugrunde liegende Konstellation lässt sich problemlos in Klausuren ab dem Grundstudium einfügen und eignet sich auch hervorragend für mündliche Prüfungen. Das Setting des Falls ­– der Kunde am Bankautomaten – lädt dabei dazu ein, die erforderliche saubere Prüfung der Diebstahlsmerkmale mit der regelmäßig folgenden Abgrenzung Raub / räuberische Erpressung und sogar mit EC-Karten-Problemen zu kombinieren.
 
A) Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt)
Der Sachverhalt ist schnell erzählt: Der Täter (T) stellte sich in einer Bankfiliale in die Nähe seines Opfers (O). Er wartete darauf, dass der O in der Absicht, Bargeld abzuheben, seine EC-Karte in einen Geldautomaten eingeführt und seine PIN-Nummer ordnungsgemäß eingegeben hatte. Sodann bedrängte T den O, indem er ihn zur Seite schubste, und gab in das Bedienfeld einen Betrag von 500,00 Euro ein. Das sodann anforderungsgemäß ausgegebene Bargeld entnahm T dem Automaten und entfernte sich.
 
Strafbarkeit des T nach § 242 Abs. 1 StGB?
 
Anmerkung: In einem Fall mit einer offensichtlichen qualifizierten Nötigungshandlung wäre die Prüfung einer Strafbarkeit wegen Raubes gemäß § 249 StGB vorrangig. Aus didaktischen Gründen – und weil die vollendete qualifizierte Nötigung in der hier zu besprechenden Entscheidung durch die Vorinstanz nicht festgestellt wurde – erfolgen die nachstehenden Ausführungen zum Gewahrsamsbruch im Rahmen einer Diebstahlsprüfung. Diese sind freilich für die Prüfung einer Wegnahme im Rahmen von § 249 StGB bei einer entsprechenden Sachverhaltskonstellation dieselben.
 
B) Rechtserwägungen
In Betracht kommt eine Strafbarkeit des T wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB.
 
I. Objektiver Tatbestand
1. Fremde bewegliche Sache
Es müsste sich hierfür bei den Geldscheinen zunächst um fremde bewegliche Sachen handeln. Fremd ist eine Sache, wenn sie jedenfalls nicht im Alleineigentum des Täters steht (MüKoStGB/Schmitz, 3. Aufl. 2017, StGB § 242 StGB Rn. 31). Vorliegend ist mithin zu klären, ob die Bank das Geld an den T gemäß § 929 S. 1 BGB durch Ausgabe der Scheine übereignet hat. Adressat des mit dem Ausgabevorgang verbundenen Einigungsangebots ist nach den vertraglichen Beziehungen zwischen Kontoinhaber und Geldinstitut und der Interessenlage der Parteien gleichwohl lediglich der Kontoinhaber, nicht aber ein unberechtigter Benutzer des Geldautomaten. Dies gilt nach der ganz herrschenden Meinung auch dann, wenn eine technisch ordnungsgemäße Bedienung des Automaten vorangegangen ist (BGH, Beschluss v. 21.03.2019 – 3 StR 333/18, NStZ 2019, 726 Rn. 8; BGH, Beschluss v. 16.11.2017 – 2 StR 154/17, NJW 2018, 245 Rn. 9 m.w.N.). Denn bei der Auslegung der konkludenten rechtsgeschäftlichen Erklärung der Bank sind die Interessen und Zwecke, die mit einer dinglichen Einigung verfolgt werden, zu berücksichtigen. Danach hat ein Geldinstitut keinen Anlass, das in seinem Automaten befindliche Geld an einen unberechtigten Benutzer der Bankkarte und der Geheimzahl des Kontoinhabers zu übereignen. Im Gegenteil richtet sich sein Übereignungsangebot erkennbar ausschließlich an den Kontoinhaber (BGH, Beschluss v. 21.03.2019 – 3 StR 333/18, NStZ 2019, 726 Rn. 9; BGH, Beschluss v. 16.11.2017 – 2 StR 154/17, NJW 2018, 245 Rn. 10). Da der O an einer Annahme durch den T gehindert worden ist, ist das Eigentum an den Geldscheinen mithin bei der Bank verblieben.
 
Anmerkung: Im aktuellen Beschluss stellt der BGH die Fremdheit unter Verweis auf die oben genannten Entscheidungen lediglich fest, ohne selbst eine mögliche Übereignung zu prüfen. In einer Klausur müsste selbstverständlich schon an dieser Stelle eine ausführliche Prüfung erfolgen.
 
2. Wegnahme 
Diese müsste der T aber auch weggenommen haben. Unter Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendiger Weise tätereigenen Gewahrsams zu verstehen. Gewahrsam bedeutet die von einem natürlichen Willen getragene tatsächliche Sachherrschaft, deren Umfang nach der Verkehrsauffassung bestimmt wird. Maßgeblich ist hierbei, dass objektiv keine Hindernisse bestehen, den Willen zur unmittelbaren Einwirkung auf die Sache zu verwirklichen. Hierzu muss nicht notwendigerweise eine räumliche Nähe zur Sache bestehen. Vielmehr genügt es, wenn die Sachherrschaft bei einer räumlichen Trennung im Bereich des sozial Üblichen für eine bestimmte Zeit ausgeübt werden kann. Subjektiv ist ein Herrschaftswille erforderlich, der sich aber auch auf eine Vielzahl von Sachen in einem bestimmten Bereich beziehen kann. Beispielsweise hat der abwesende Wohnungsinhaber einen generellen Gewahrsamswillen hinsichtlich aller Sachen in der Wohnung, auch wenn er nicht zugegen ist (Lackner/Kühl/Kühl, 29. Aufl. 2018, § 242 StGB Rn. 9, 11) und insoweit eine sogenannte Gewahrsamslockerung besteht.
 
a) Bruch des Gewahrsams des Geldinstituts?
Vorliegend könnte der T den Gewahrsam des Geldinstituts gebrochen haben, indem er die Scheine dem Ausgabefach entnahm. Es stellt sich jedoch diesbezüglich die Frage, ob die Herausnahme von Bargeld, das ein Geldautomat nach äußerlich ordnungsgemäßer Bedienung ausgibt, den Bruch des – gelockert fortbestehenden – Gewahrsams des den Automaten betreibenden Geldinstituts bzw. der für dieses handelnden natürlichen Personen (vgl. LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 242 Rn. 57 mwN) darstellt oder ob die Freigabe des Geldes als willentliche Aufgabe des Gewahrsams zu werten ist. Dies ist umstritten und wird auch in der höchstinstanzlichen Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt (für eine willentliche Aufgabe des Gewahrsams – mit der Folge, dass dieser nicht mehr gebrochen werden kann – hat sich der zweite Strafsenat des BGH im Jahr 2017 ausgesprochen, s. BGH, Beschluss v. 16.11.2017 – 2 StR 154/17, NJW 2018, 245; dagegen hat der dritte Strafsenat im Jahr 2019 einen fortbestehenden Gewahrsam des Geldinstituts an im Ausgabefach liegenden Scheinen angenommen, s. hierzu BGH, Beschluss v. 21.03.2019 – 3 StR 333/18, NStZ 2019, 726).
 
b) Jedenfalls Bruch des (Mit-)Gewahrsams des Bankkunden
In dem aktuellen Beschluss vom 03.03.2021 hat sich der vierte Strafsenat des BGH es leicht gemacht und die Problematik offengelassen: Denn jedenfalls war nach der Ansicht des BGH im Zeitpunkt der Entnahme des Geldes durch den T bereits ein (Mit-)Gewahrsam des O an dem Geld begründet worden. Der BGH hat hierbei darauf hingewiesen, dass die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf die Geldscheine nicht maßgeblich für die Bestimmung der Gewahrsamsverhältnisse sind:

„Hiernach kommt es für die Sachherrschaft zwar nicht auf eine Berechtigung an der Sache an, denn sonst könnte ein deliktischer Gewahrsam niemals erlangt werden (vgl. Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 242 Rn. 25); vielmehr ist der Gewahrsam ein faktisches Herrschaftsverhältnis über eine Sache. Dessen Bestehen oder Nichtbestehen beurteilt sich auch danach, ob Regeln der sozialen Anschauung bestehen, nach denen die Sache einer bestimmten, ihr nicht unbedingt körperlich am nächsten stehenden Person zugeordnet wird (vgl. Schmitz in MK-StGB, 3. Aufl., § 242 Rn. 70).“ (Rn. 8)

Ausgehend von diesen Maßstäben hat der BGH angenommen, dass mit der Bereitstellung im Ausgabefach und der hierdurch eröffneten Zugriffsmöglichkeit jedenfalls ein (Mit-)Gewahrsam des Berechtigten, der durch die Einführung der Karte und die ordnungsgemäße Eingabe der PIN den Auszahlungsvorgang eingeleitet hat, begründet worden ist. Denn:

„Der Verkehr ordnet das Geld ab diesem Zeitpunkt jedenfalls auch dieser Person als das „ihre“ zu, wie sich auch daran zeigt, dass es sozial üblich ist und teils auch durch entsprechende Hinweise oder Vorrichtungen der Banken eingefordert wird, dass Dritte während des Abhebevorgangs Abstand zu dem Automaten und dem an ihm tätigen Kunden halten.“ (Rn. 10)

Das Vorliegen eines entsprechenden Herrschaftswillens des Bankkunden hat der BGH ebenfalls bejaht. Der in subjektiver Hinsicht erforderliche Herrschaftswille wird ebenfalls durch die Verkehrsanschauung geprägt. Es genügt zur Annahme eines Herrschaftswillens ein genereller, auf sämtliche in der eigenen Herrschaftssphäre befindlichen Sachen bezogener Wille ebenso wie der nur potentielle Beherrschungswille des schlafenden Gewahrsamsinhabers und ein antizipierter Erlangungswille in Bezug auf Sachen, die erst noch in den eigenen Herrschaftsbereich gelangen werden. Einen ebensolchen antizipierten Erlangungswillen hat der BGH im vorliegenden Fall angenommen:

„Der Abhebevorgang wird gerade zu dem Zweck und mit dem Willen zur Sachherrschaft über das ausgegebene Bargeld in Gang gesetzt. Dabei bezieht sich der antizipierte Herrschaftswille jedenfalls dann, wenn es sich – wie hier – bei dem Kartennutzer um den Kontoinhaber handelt, auf sämtliches Bargeld, das infolge des von ihm ausgelösten Vorgangs durch den Automaten ausgegeben wird. Denn das Bargeld wird – wie ihm bewusst ist – gerade unter entsprechender Belastung seines Bankkontos freigegeben. Für die Frage des Herrschaftswillens ist es deshalb unerheblich, dass im vorliegenden Fall jeweils nicht die Geschädigten, sondern die Angeklagten den Auszahlungsbetrag eingaben. Auch kommt es nicht darauf an, ob das Ansichnehmen des im Ausgabefach liegenden Geldes durch die Angeklagten von den Geschädigten wahrgenommen wurde oder ob dies heimlich geschah. Denn auch ein vom Bankkunden unbemerktes Ansichnehmen des Geldes änderte nichts an dessen Willen, an dem infolge seiner Eingabe bereitgestellten Geld die Sachherrschaft auszuüben.“ (Rn. 11)

Indem der T das Geld dem Ausgabefach entnommen hat, hat er mithin jedenfalls den (Mit-)Gewahrsam des O gebrochen und durch das Ansichnehmen und Fortlaufen eigenen Gewahrsam begründet.
 
II. Subjektiver Tatbestand
1. Vorsatz
T handelte auch mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich.
2. Zueignungsabsicht
Er handelte zudem in der Absicht, sich die Geldscheine rechtswidrig zuzueignen.
 
III. Rechtswidrigkeit, Schuld
Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
 
IV. T hat sich wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
 
C) Fazit und Ausblick
Nach der aktuellen Entscheidung des BGH wird jedenfalls ein (Mit-)Gewahrsam des Bankkunden an den Geldscheinen begründet, die der Bankautomat nach ordnungsgemäßer Einführung der EC-Karte und Eingabe der PIN im Ausgabefach freigibt. Wenn nun ein anderer diese Geldscheine nimmt, bricht er also – unabhängig von der Frage, ob zu diesem Zeitpunkt noch das Bankinstitut (Mit-)Gewahrsamsinhaber ist, und unabhängig von den Eigentumsverhältnissen in Bezug auf die Geldscheine – jedenfalls den Gewahrsam des Bankkunden. Dies hat der BGH freilich nur für den berechtigten Karteninhaber entschieden. Hiervon ausgehend stellt sich als Ausblick beispielsweise die Frage, wie zu entscheiden wäre, wenn es sich um den nicht berechtigten oder den „nicht so“-berechtigten Karteninhaber handeln würde – eine komplexe Problematik, die im Rahmen von Hausarbeiten oder Examensklausuren in jedem Fall eine fundierte Argumentation erfordert. 
 

26.04.2021/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2021-04-26 09:20:412021-04-26 09:20:41BGH: Neues zum Gewahrsamsbruch am Geldautomaten
Dr. Lena Bleckmann

BVerfG: Strafrechtliche Verurteilung wegen „Containerns“ verfassungsgemäß

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Wie schon die vorangegangenen Entscheidungen der Strafgerichte hat auch die Entscheidung des BVerfG (Az. 2 BvR 1985/19, 2 BvR 1986/19) zur strafrechtlichen Relevanz des sogenannten „Containerns“ große mediale Aufmerksamkeit erfahren. Die wesentlichen Entscheidungsgründe des BVerfG sollen Gegenstand des vorliegenden Beitrags sein.
I. Worum es geht
Die beiden Beschwerdeführerinnen wenden sich in ihren Verfassungsbeschwerden jeweils gegen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB. Die Studentinnen hatten mehrere Lebensmittel aus einem Abfallcontainer eines Supermarktes entwendet. Der Abfallcontainer war für solche Lebensmittel vorgesehen, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen war oder die wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes nicht mehr verkauft werden konnten. Er war – in Reaktion auf vorangegangene Entnahmen von Lebensmitteln – verschlossen und befand sich auf dem Gelände des Supermarktes.
Während sich die Beschwerdeführerinnen in den strafrechtlichen Verfahren darauf beriefen, die Lebensmittel seien infolge des Wegwerfens, das eine Eigentumsaufgabe darstelle, keine fremden Sachen i.S.d. § 242 Abs.1 StGB, sondern vielmehr herrenlos gewesen, sahen die Strafgerichte dies anders.
Eine Eigentumsaufgabe durch den Supermarktinhaber setze den vorherrschenden Willen voraus, sich der Sache ungezielt zu entäußern. Dies sei bei der Entsorgung in dem Abfallcontainer nicht gegeben, sodass die Lebensmittel weiterhin im Eigentum des Supermarktinhabers standen und taugliche Tatobjekte i.R.d. § 242 Abs. 1 StGB darstellten. Die Beschwerdeführerinnen wurden zu acht Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.
Hiergegen legten sie Verfassungsbeschwerden ein, mit der Begründung, die Verurteilung verletze sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Der Supermarkt habe kein schutzwürdiges Interesse an den Lebensmitteln und die Strafbarkeit des Verhaltens verstoße gegen das Übermaßverbot. Insbesondere sei die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG zu beachten, die auch zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln verpflichte.
II. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. In der Begründetheitsprüfung setzte sich das BVerfG zunächst mit einem möglichen Verstoß der Entscheidung gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot auseinander. Maßgeblich dafür, ob eine Gerichtsentscheidung gegen das Willkürverbot verstößt, ist, ob sie auf sachfremdem Erwägungen beruht:

„Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Die fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung allerdings nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Eine Maßnahme ist willkürlich, die im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich.“ (BVerfG, NJW 2010, 1349 (1350)).

Einen solchen Verstoß konnte das BVerfG in der vorliegenden strafrechtlichen Entscheidung nicht erkennen. Die Erwägungen der Strafgerichte zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Fremdheit, wonach die Wertlosigkeit allein nicht entscheidend sei und allein die Entsorgung in einem Abfallcontainer nicht zwingend auf einen Eigentumsaufgabewillen schließen lasse, zumal der Container verschlossen war, beruhen nach Ansicht des BVerfG auf sachgemäßen und nachvollziehbaren Erwägungen und sind daher nicht willkürlich.
Weiterhin ging das BVerfG auf die Verfassungsmäßigkeit der strafrechtlichen Beweiswürdigung ein. Entscheidend war hier, ob die Feststellung, dass die Entsorgung der Lebensmittel in dem Abfallcontainer keine Eigentumsaufgabe i.S.d. § 959 BGB darstelle, verfassungsrechtlich zu beanstanden sei. Hierzu führte das BVerfG aus:

„Die Feststellung, ob die Entnahme von Lebensmitteln aus einem Abfallbehälter eine strafbare Wegnahme einer fremden Sache darstellt, obliegt grundsätzlich den Fachgerichten. Diese haben unter Würdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Sachverhalts zu entscheiden, ob die Abfälle durch eine Eigentumsaufgabe gemäß § 959 BGB herrenlos geworden sind, ob ein Übereignungsangebot an beliebige Dritte vorlag oder ob die Abfälle im Eigentum des bisherigen Eigentümers verblieben. Die Fachgerichte haben maßgeblich darauf abgestellt, dass sich der Abfallcontainer in der Anlieferzone des Supermarktes und damit auf dessen eigenem Gelände befunden habe und darüber hinaus verschlossen gewesen sei. Zudem hätten die Abfälle zur Übergabe an ein spezialisiertes und vom Inhaber bezahltes Entsorgungsunternehmen bereitgestanden. Schließlich habe das Verschließen der Container eine Reaktion auf vorherige, unbefugte Entnahmen Dritter dargestellt. Aufgrund dieser Umstände sei auf den Willen des Unternehmens zu schließen, dass es weiterhin Eigentümer der Abfälle habe bleiben wollen. Gegen diese Beweiswürdigung ist aus Verfassungssicht nichts einzuwenden.“ (BVerfG, Pressemitteilung Nr. 75/2020).

Schließlich setzt sich die Entscheidung mit der Verhältnismäßigkeit der Verurteilung auseinander. Hierbei lässt das BVerfG jedenfalls im Rahmen der bislang veröffentlichten Pressemitteilung offen, welches der von den Beschwerdeführerinnen gerügten Grundrechte verletzt sein könnte, jedenfalls eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG kommt jedoch in Betracht.
Die Verurteilung zu acht Stunden gemeinnütziger Arbeit stellt eindeutig einen Eingriff dar. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Eingriffs kommt es darauf an, ob das Grundrecht beschränkbar ist und die Grenzen der Einschränkungsmöglichkeit gewahrt wurden. Die allgemeine Handlungsfreiheit unterliegt einem einfachen Gesetzesvorbehalt. Bei der Prüfung einer Urteilsverfassungsbeschwerde ist eine zweistufige Prüfung erforderlich: Zunächst muss die Einschränkung auf einem seinerseits verfassungsgemäßen Gesetz beruhen (Normprüfungsebene).
In Bezug auf § 242 Abs. 1 StGB führt das BVerfG aus:

„Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Es wacht lediglich darüber, dass die Strafvorschrift materiell in Einklang mit der Verfassung steht. Der Gesetzgeber, der bisher Initiativen zur Entkriminalisierung des Containerns nicht aufgegriffen hat, ist insofern frei, das zivilrechtliche Eigentum auch in Fällen der wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Sache mit Mitteln des Strafrechts zu schützen.“ (BVerfG, Pressemitteilung Nr. 75/2020).

Weiterhin muss auch die gerichtliche Entscheidung verfassungsgemäß sein (Einzelaktsebene). Bei Vorliegen eines einfachen Gesetzesvorbehalts kommt es hier maßgeblich auf die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung an. Das BVerfG führt zur Rechtfertigung vor allem den Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG an:

„Im vorliegenden Fall dient die Strafbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführerinnen dem Schutz des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG als Rechtsgut von Verfassungsrang. Der Eigentümer der Lebensmittel wollte diese bewusst einer Vernichtung durch den Abfallentsorger zuführen, um etwaige Haftungsrisiken beim Verzehr der teils abgelaufenen und möglicherweise auch verdorbenen Ware auszuschließen. Bereits das Interesse des Eigentümers daran, etwaige rechtliche Streitigkeiten und Prozessrisiken auszuschließen und keinen erhöhten Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Sicherheit der Lebensmittel ausgesetzt zu sein, ist im Rahmen der Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich zu akzeptieren.“ (BVerfG, Pressemitteilung Nr. 75/2020).

Weiterhin biete das Straf- und Strafprozessrecht die Möglichkeit, der geringen Schuld des Täters im Einzelfall Rechnung zu tragen, was auch im vorliegenden Fall erfolgt sei. Insgesamt sei die Entscheidung daher nicht verfassungsgerichtlich zu beanstanden.
Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet.
III. Ausblick
Im Hinblick auf die Berücksichtigung der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG stellte das BVerfG lediglich fest, diese sei vorliegend ohne Bedeutung, sie betreffe lediglich die Fragen, ob der Gesetzgeber auch eine alternative Regelung hinsichtlich des Umgangs mit entsorgten Lebensmitteln treffen könnte. Gerade die fehlende Berücksichtigung dieser Bestimmung für die vorliegende Entscheidung ist auf Kritik in den Medien gestoßen. Hatte man sich von der Entscheidung des BVerfG einen Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit im Umgang mit Lebensmitteln erhofft, so wurde dies nicht erfüllt. Soll sich hier etwas ändern, ist nun der Gesetzgeber gefragt.

31.08.2020/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2020-08-31 08:51:532020-08-31 08:51:53BVerfG: Strafrechtliche Verurteilung wegen „Containerns“ verfassungsgemäß
Dr. Yannik Beden, M.A.

Grundrechte: Die 30 wichtigsten Definitionen für Klausur und Examen

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Wer das juristische Studium erfolgreich absolvieren will, muss Zusammenhänge verstehen und auch für Unbekanntes praktikable Lösungsansätze entwickeln können. Bloßes Auswendiglernen führt nicht zum Ziel. Trotzdem gilt, dass einige wesentliche Begrifflichkeiten in fast jedem Rechtsgebiet bekannt sein sollten – nicht zuletzt, um in der Klausur wertvolle Zeit einzusparen. Der Grundrechtskatalog umfasst eine überschaubare Anzahl an Begriffen, die jeder ambitionierte Student und Examenskandidat im Handumdrehen definieren können sollte. Die nachstehende Auflistung enthält diejenigen Definitionen, die für die Grundrechtsklausur notwendig sind. Wer diese beherrscht, ist für den Ernstfall bestens gewappnet:
(1) Eingriff
Nach dem sog. klassischen Eingriffsverständnis ist ein Eingriff jeder staatliche Akt, der final und unmittelbar die Rechtssphäre des Bürgers verkürzt und mit Befehl und Zwang durchsetzbar ist. Nach dem sog. modernen Eingriffsbegriff ist ein Eingriff bereits jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht.
(2) Geeignetheit
Geeignet ist eine Maßnahme, wenn sie zur Erreichung des verfolgten Zwecks dienlich bzw. förderlich sein kann.
(3)Erforderlichkeit
Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn es keine milderen, den Bürger weniger belastende Mittel gibt, die zur Erreichung des verfolgten Zwecks gleich geeignet sind.
(4) Angemessenheit
Angemessen ist eine Maßnahme, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt.
(5) Verfassungsmäßige Ordnung
Verfassungsmäßige Ordnung i.S.v. Art 2 Abs. 1 GG meint alle Rechtsnormen, die formell und materiell mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Beachte: Der Begriff findet sich auch in Art. 9 Abs. 2 GG und Art. 20 Abs. 3 GG und hat in diesen Zusammenhängen andere Bedeutung!
(6) Glaube
Die Auffassung über die Stellung des Menschen in der Welt und seine Beziehung zu höheren Mächten und tieferen Seinsschichten.
(7) Gewissen
Der Begriff meint jede ernste und sittliche, an den Kategorien „Gut“ und „Böse“ orientiere Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, sodass er gegen diese nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
(8) Wissenschaft
Jeder ernsthafte, auf einem gewissen Kenntnisstand aufbauende Versuch zur Ermittlung der wahren Erkenntnisse durch methodisch geordnetes und kritisch reflektierendes Denken.
(9) Formeller Kunstbegriff
Danach sind Kunst nur solche Tätigkeiten, die einer traditionellen Kunstform zuzuordnen sind (Malerei, Theater, Dichtung etc.).
(10) Materieller Kunstbegriff
Kunst liegt vor, wenn das Werk das geformte Ergebnis einer freien, schöpferischen Gestaltung ist, in dem der Künstler seine Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse in einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung bringt und das auf kommunikative Sinnvermittlung nach Außen gerichtet ist.
(11) Offener Kunstbegriff
Ein Kunstwerk liegt vor, wenn das Werk interpretationsfähig und -bedürftig sowie vielfältigen
Interpretationen zugänglich ist. 
(12) Meinung
Meinung ist jedes Werturteil, das durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder des Meinens geprägt ist.
(13) Tatsache
Tatsachen sind dem Beweis zugängliche Zustände oder Ereignisse. Der Wahrheitsgehalt der Äußerung steht bei der Tatsachenbehauptung im Vordergrund.
(14) Allgemeine Gesetze
Hierunter fallen alle Gesetze, die sich nicht gegen die Meinungsfreiheit oder die Freiheit von Presse und Rundfunk an sich oder gegen die Äußerung einer bestimmten Meinung richten, sondern vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen, welches in der Rechtsordnung allgemein geschützt wird.
(15) Presse
Der Begriff meint alle Druckerzeugnisse, die unabhängig von der Anzahl ihrer Vervielfältigung zur allgemeinen Verbreitung geeignet und bestimmt sind (Bücher, Zeitungen, Zeitschriften o.ä.).
(16) Rundfunk
Rundfunk meint jede an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtete, drahtlose oder drahtgebundene Übermittlung von Gedankeninhalten im Wege elektrischer Schwingungen.
(17) Enger Versammlungsbegriff
Nach dem engen Versammlungsbegriff, den das BVerfG vertritt, ist eine Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung.
(18) Erweiterter Versammlungsbegriff
Nach dem erweiterten Versammlungsbegriff bedeutet Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Meinungsbildung und Meinungsäußerung. Im Gegensatz zum engen Versammlungsbegriff muss die kollektive Meinungsbildung nicht auf öffentliche Angelegenheiten gerichtet sein.
(19) Weiter Versammlungsbegriff
Nach dem weiten Versammlungsbegriff versteht man unter einer Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen, zwischen denen durch einen gemeinsamen Zweck eine innere Verbindung besteht. Der weite Versammlungsbegriff verzichtet auf das Merkmal der kollektiven Meinungsäußerung und Meinungsbildung und lässt jede Art von Verbundenheit der Teilnehmer ausreichen.
(20) Verein
Verein ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.
(21) Beruf
Unter Beruf ist jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient.
(22) Berufsausübungsregelung
Eine solche liegt vor, wenn der Gesetzgeber eine reine Ausübungsregelung trifft, die auf die Freiheit der Berufswahl nicht zurückwirkt, vielmehr nur bestimmt, in welcher Art und Weise die Berufsangehörigen ihre Berufstätigkeit im Einzelnen zu gestalten haben.
(23) Subjektive Berufswahlregelung
Bei der subjektiven Berufswahlregelung wird auf persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten, erworbene Abschlüsse oder erbrachte Leistungen abgestellt, wobei es nicht auf den Einfluss des Betroffenen auf die Eigenschaften ankommt.
(24) Objektive Berufswahlregelung
Bei der objektiven Berufswahlregelung erfolgt die Beschränkung der Berufsfreiheit anhand von objektiven Kriterien, die nicht in der Person des Betroffenen liegen und auf die der Betroffene keinen Einfluss hat.
(25) Freizügigkeit
Freizügigkeit umfasst das Recht, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnung zu nehmen. Hierzu gehört die Einreise nach Deutschland zum Zwecke der Wohnsitznahme und die Freizügigkeit zwischen Ländern, Gemeinden und innerhalb einer Gemeinde.
(26) Wohnung
Der Begriff der Wohnung meint die räumliche Privatsphäre und damit jeden Raum, den der Einzelne der allgemeinen Zugänglichkeit entzieht und zum Mittelpunkt seines Lebens und Wirkens bestimmt. Auch Betriebs- und Geschäftsräume fallen unter den Schutzbereich; wegen des teilweise erheblichen Sozialbezugs von Betriebs- und Geschäftsräumen ist grundsätzlich aber ein im Vergleich zu privaten Wohnräumen geringeres Schutzniveau anzunehmen.
(27) Eigentum
Art. 14 GG ist ein „normgeprägtes Grundrecht“, sodass der Begriff des Eigentums nur schwerlich abschließend definiert werden kann. „Eigentum“ i.S. des GG sind jedenfalls alle vermögenswerten Rechte, die die Rechtsordnung dem Einzelnen dergestalt zuweist, dass dieser ausschließlich über das Recht verfügen kann. Eigentum iSd Art. 14 GG sind alle dinglichen Rechte des Zivilrechts, Ansprüche und Forderungen des privaten Rechts.   
(28) Inhalts- und Schrankenbestimmung
Unter Inhalts- und Schrankenbestimmungen ist die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum geschützt werden, zu verstehen.
(29) Enteignung
Enteignung ist die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter, durch Art. 14 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben. Die Enteignung beschränkt sich auf Vorgänge, bei denen Güter hoheitlich beschafft werden.
(30) Mittelbare Drittwirkung
Grundrechte entfalten mittelbar Wirkung in privaten Rechtsbeziehungen, indem Generalklausen und unbestimmte Rechtsbegriffe des Zivilrechts grundrechtskonform ausgelegt und angewendet werden („Ausstrahlungswirkung“).
 
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18.11.2019/0 Kommentare/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2019-11-18 09:30:182019-11-18 09:30:18Grundrechte: Die 30 wichtigsten Definitionen für Klausur und Examen
Dr. Yannik Beden, M.A.

Mündliche Prüfung: Ist die „Mietpreisbremse“ verfassungswidrig?

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Nach längerer Pause setzen wir nunmehr unsere Serie „Simulation mündliche Prüfung“ fort und begeben uns hierfür in das Verfassungsrecht. Mit seinem Beschluss vom 18.07.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18, 1 BvL 4/18 hat sich das BVerfG zur Verfassungskonformität der Mietpreisregelung für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten gem. § 556d BGB (sog „Mietpreisbremse“) positioniert. Im Zentrum der Entscheidung steht die Vereinbarkeit der Norm mit der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG, der Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG. Naturgemäß bieten verfassungsrechtliche Fragestellungen weitläufigen Argumentationsspielraum, sodass sie für die mündliche Prüfung im Öffentlichen Recht besonders beliebt sind:
Sehr geehrte Damen und Herren, bitte stellen Sie sich folgenden Sachverhalt vor, der einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Juli 2019 im Wesentlichen zugrunde lag:
Mit der Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz will der Gesetzgeber den in prosperierenden Städten stark ansteigenden, teilweise in erheblichem Maß über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mieten bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen begegnen. Durch die Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten soll u.a. der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähigen Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegengewirkt werden. Betroffen sind nicht nur einkommensschwache Haushalte, sondern auch Durchschnittsverdiener, insbesondere Familien mit Kindern. Die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung solle ihnen in größerem Umfang einen Umzug innerhalb ihres angestammten Quartiers ermöglichen, Wohnraum bezahlbar erhalten und Anreize für Verdrängungsmaßnahmen verringern.
Zu diesem Zweck ergänzt das Mietrechtsnovellierungsgesetz die Bestimmungen über die Wohnraummiete im Bürgerlichen Gesetzbuch. Zentrale Neuregelung ist § 556d BGB, der wie folgt lautet:
„(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2 BGB) höchstens um 10 Prozent übersteigen.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn […]“
Für unsere Belange unterstellen wir zunächst die Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung aus § 556d Abs. 2 BGB. Kandidat A, gegen welches Grundrecht könnte das Gesetz verstoßen?
Mit Blick auf die Freiheitsgrundrechte könnte die Regelung aus § 556d BGB gegen die in Art. 14 Abs. 1 GG verankerte Garantie des Eigentums verstoßen.
In der Tat. Welche Rechtspositionen würden Sie denn unter den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fassen?
Vom Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst ist unter anderem das zivilrechtliche Sacheigentum, dessen Besitz und die Möglichkeit, es zu nutzen. Dazu gehört es, aus der vertraglichen Überlassung des Eigentumsgegenstands zur Nutzung durch andere den Ertrag zu ziehen, der zur finanziellen Grundlage für die eigene Lebensgestaltung beiträgt.
Sehr richtig. Ich frage trotzdem einmal etwas überspitzt: Gewährleistet die Verfassung eine grenzenlose Verfügungsfreiheit?
Nein, aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ergibt sich, dass der Gebrauch des Eigentums auch dem Gemeinwohl zu Gute kommen, ihm jedenfalls aber nicht zuwiderlaufen soll. Zwar ist das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Es soll als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privatem Interesse von Nutzen sein. Zugleich soll aber der Gebrauch des Eigentums dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Dies ist zu beachten, wenn es um die Verfügung über Eigentum geht, das gleichzeitig den Lebensmittelpunkt und den privaten Rückzugsort Dritter bildet. Der Gesetzgeber muss die Freiheitssphäre des Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Orientierungspunkt, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums. Zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden.
Gut, widmen wir uns nun der Frage des Eingriffs. Kandidatin B, wie ordnen Sie § 556d Abs. 1 BGB ein?
Art. 14 Abs. 1 GG kennt zwei Formen der Beschränkung. Genau genommen gibt es keinen Eingriff nach dem klassischen Verständnis, vielmehr handelt es sich stets um eigentumsrelevante Maßnahmen. Zu unterscheiden ist zwischen der Inhalts- und Schrankenbestimmung und der Enteignung.
Sehr interessant, wie würden Sie denn diesbezüglich abgrenzen?
Die Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG verkürzt eine bereits bestehende Eigentumsposition durch abstrakt-generelle Festlegung von Rechten und Pflichten des Eigentümers. Die Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG hingegen ist jede finale, konkret-individuelle Entziehung eigentumsrechtlicher Positionen für öffentliche Zwecke. Dies geht regelmäßig mit einem Güterbeschaffungsvorgang der öffentlichen Hand einher. Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung werden rein formal abgegrenzt, sodass eine besonders schwerwiegende Inhalts- und Schrankenbestimmung in keinem Fall in eine entschädigungspflichtige Enteignung umschlägt.
Das lässt sich hören! Kandidat C, subsumieren Sie doch bitte für die in Rede stehende Norm.
556d Abs. 1 BGB regelt für sämtliche Wohnraummietverträge, die in einem angespannten Wohnungsmarkt liegen, welche Höhe der Mietzins maximal im Vergleich zur ortsüblichen Miete betragen darf. Die Norm regelt in abstrakt-genereller Weise die äußerste Grenze des zivilvertraglich zulässigen Mietzinses. Es handelt sich deshalb um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung.
Kandidatin D, bitte knüpfen Sie hieran an. Ist die Miethöhenregulierung aus § 556d Abs. 1 BGB auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt?
Hierfür müsste Sie insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip muss der Eingriff zur Erreichung eines legitimen Eingriffsziels geeignet sein und darf nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern; ferner müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Genau so ist es. Gibt es denn ein legitimes Ziel für solch eine Regelung?
Mit der Miethöhenregulierung in § 556d Abs. 1 BGB verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, durch die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken, was auch im öffentlichen Interesse liegt. Das Gesetz verfolgt mithin ein legitimes Ziel.
Und halten Sie die Regelung auch für geeignet?
Geeignet ist eine Regelung, wenn Sie zur Erreichung des verfolgten Zwecks zumindest dienlich ist. Verfassungsrechtlich genügt für die Eignung, dass der erstrebte Erfolg gefördert werden kann, dass also die Möglichkeit der Zweckerreichung besteht. Zwar kann eine regulierte Miete die Nachfrage von Wohnungssuchenden in den betroffenen Regionen weiter ansteigen lassen, weil neben einkommensstarken Wohnungssuchenden auch solche mit geringeren Einkommen als Mieter infrage kommen. Es liegt auch nahe, dass Vermieter mit Blick auf die Bonität in der Regel die einkommensstärksten Bewerber auswählen werden, mit der Folge, dass sich die Chancen auf eine bezahlbare Wohnung für einkommensschwächere Wohnungssuchende bei gleichbleibendem Angebot an Mietwohnungen nicht erhöhen. Trotzdem schneidet die Miethöhenregulierung Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten ab und kann damit zumindest die Voraussetzungen für einen Marktzugang einkommensschwächerer Mieter schaffen. Dabei hat sie auch bremsende Wirkung auf die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmieten, in deren Berechnung die regulierten Wiedervermietungsmieten zeitlich verzögert einfließen. Nicht auszuschließen ist zudem, dass die Miethöhenregulierung Wohnungssuchenden aus einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten, die bei einem Wohnungswechsel aufgrund gestiegener Mieten in ihrem bisherigen Stadtteil ohne Miethöhenregulierung keine für sie bezahlbare Wohnung hätten finden können, das Anmieten einer Wohnung in ihrer angestammten Umgebung ermöglicht.
Das ist sehr gut vertretbar. Kandidat A, wie sieht es mit der Erforderlichkeit aus?
Die Erforderlichkeit ist erst dann zu verneinen, wenn ein sachlich gleichwertiges, zweifelsfrei gleich wirksames, die Grundrechte weniger beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung steht, um den mit dem Gesetz verfolgten Zweck zu erreichen. Zwar kommt die regulierte Miete nicht allein einkommensschwächeren, sondern unterschiedslos allen Wohnungssuchenden auf angespannten Wohnungsmärkten zugute. Auch kommen weitere staatliche Maßnahmen zur Linderung oder Behebung der Wohnungsnot in Betracht, etwa die Förderung des Wohnungsbaus oder die Verbesserung der finanziellen Lage der Wohnungssuchenden durch erweiterte Gewährung von Wohngeld. Ungeachtet der mit diesen Maßnahmen verbundenen Kosten ist aber nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber diese im Rahmen seines Prognose- und Beurteilungsspielraums als gegenüber der Miethöhenregulierung mildere und zweifelsfrei – auch kurzfristig – vergleichbar wirksame Mittel hätte heranziehen müssen. Die Regelung ist deshalb auch erforderlich.
So würde ich es auch sehen! Man merkt, Sie kennen sich mit der Materie aus. Kandidatin B, äußern Sie sich bitte kurz zur Angemessenheit.
Die Regelung ist angemessen, wenn sie die Grenze der Zumutbarkeit wahrt. Dazu ist zwischen der Schwere des Eingriffs einerseits und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe andererseits abzuwägen. Sie darf die betroffenen Eigentümer nicht übermäßig belasten. Auch bei Schaffung privatrechtlicher Vorschriften muss der Gesetzgeber den betroffenen Interessen der Beteiligten so weit wie möglich Geltung verschaffen.
Kandidat C, wie würden Sie vor diesem Hintergrund nun für § 556d Abs. 1 BGB argumentieren?
Im Rahmen der Abwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Eigentumsgarantie dem Grundrechtsträger einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich erhalten und dem Einzelnen damit die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglichen soll. Geschützt ist auch die Freiheit, aus der vertraglichen Überlassung des Eigentums zur Nutzung durch andere den Ertrag zu ziehen, der zur finanziellen Grundlage für die eigene Lebensgestaltung beiträgt. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht auf der anderen Seite umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Das trifft auf die Miethöhenregulierung in besonderem Maße zu. Eine Wohnung hat für den Einzelnen und dessen Familie eine hohe Bedeutung. Bei der Abwägung der betroffenen Belange, insbesondere des Eigentums als Sicherung der Freiheit des Einzelnen im persönlichen Bereich einerseits und des Eigentums in seinem sozialen Bezug sowie seiner sozialen Funktion andererseits, verfügt der Gesetzgeber, angesichts des Umstands, dass sich grundrechtlich geschützte Positionen gegenüberstehen, über einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser wird durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse geprägt. Insbesondere kann der Gesetzgeber die jeweiligen Verhältnisse und Umstände auf dem Wohnungsmarkt berücksichtigen und dabei den unterschiedlich zu gewichtenden Interessen bei einer Miethöhenregulierung im Bereich von Bestandsmieten einerseits und Wiedervermietungsmieten andererseits Rechnung tragen. Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums überschreitet die in § 556d Abs. 1 BGB gefundene Regelung vor diesem Hintergrund nicht.
Ganz wunderbar, das sollte uns mit Blick auf Art. 14 GG genügen. Kandidatin D, welches Freiheitsgrundrecht könnte von der Regelung noch betroffen sein?
Denkbar wäre eine Verletzung der Vertragsfreiheit, die ihren Schutz über Art. 2 Abs. 1 GG genießt. Die Freiheit der Vertragsparteien, im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung die Gegenleistung nach ihren Vorstellungen auszuhandeln, erfasst zwar auch Vermieter von Wohnraum, die zivilrechtlich nicht Eigentümer der Mietwohnungen sind und deswegen nicht bereits durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützt werden. Darüber hinaus schützt sie Wohnungssuchende, die sich durch ihre Bereitschaft, eine hohe Miete zu zahlen, Vorteile auf dem Wohnungsmarkt verschaffen wollen. § 556d Abs. 1 BGB hält sich aber innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Rechtsordnung und wahrt insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit gilt nichts anderes als im Rahmen des Art. 14 GG.
Da sind wir wohl alle einer Meinung. Kandidat A, welches Grundrecht ist auch noch in Betracht zu ziehen?
556d Abs. 1 BGB könnte gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Dafür bedarf es zunächst einer Ungleichbehandlung. Die Regelung stellt für die Bestimmung der zulässigen Miethöhe auf regional abweichende ortsübliche Vergleichsmieten ab. Damit geht eine Ungleichbehandlung zwangsläufig einher.
Welchen Maßstab legen Sie für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung an, Kandidatin B?
Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Die regional abweichende ortsübliche Vergleichsmiete und die daraus folgenden Unterschiede bei der zulässigen Miethöhe wirken sich jedenfalls auf die Ausübung der grundrechtlich geschützten Eigentumsgarantie vor allem der Vermieter aus. Betroffen ist darüber hinaus die Freiheit beider Mietvertragsparteien, die Miethöhe im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung nach eigenen Vorstellungen auszuhandeln. Nach diesem Maßstab ist die Ungleichbehandlung hier über das Willkürverbot hinaus an strengeren Verhältnismäßigkeitserfordernissen zu messen.
Sie orientieren sich richtigerweise also an der „neuen Formel“ des Verfassungsgerichts. Lassen sie uns sofort auf die Angemessenheit zu sprechen kommen. Wie sieht es diesbezüglich aus, Kandidat C?
Dass Vermieter die Lage der zu vermietenden Wohnung nicht beeinflussen können, gebietet im Ausgangspunkt nicht, ihnen die Vermietung bis zu einer bundesweit einheitlichen Miethöhe zu ermöglichen. Denn die Wirtschaftlichkeit der Vermietung hängt ebenfalls von den auf den regionalen Mietmärkten vorherrschenden Bedingungen ab. Eine bundesweit einheitliche Mietobergrenze bleibt dazu aber ohne hinreichenden sachlichen Bezug. Zugleich fehlt es ihr an einer hinreichenden Anknüpfung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Mieter, so dass eine solche Regelung der beabsichtigten Verdrängung einkommensschwächerer Mieter aus deren angestammten Wohnvierteln nicht effektiv entgegenwirken kann. Dem steht nicht entgegen, dass mit einer an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientierten Mietobergrenze im Einzelfall aufgrund regionaler Unterschiede wirtschaftliche Nachteile für Vermieterinnen und Vermieter einhergehen können. Eine regional niedrige ortsübliche Vergleichsmiete beruht darauf, dass im vierjährigen Ermittlungszeitraum nach § 558 Abs. 2 BGB für vergleichbare Wohnungen entsprechend niedrigere Mietabschlüsse zu verzeichnen gewesen sind. Eine die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigende Miete würde daher zu einem Mietenanstieg in einem Umfang führen, den die Miethöhenregulierung im Interesse von Wohnungssuchenden und Bestandsmietern gerade verhindern möchte. Das Abstellen auf die örtliche Vergleichsmiete ist im Ergebnis deshalb auch verhältnismäßig.
À la bonne heure! Das soll uns genügen. Wie Sie also sehen, handelt es sich bei der sog. Mietpreisbremse einerseits um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Beachten Sie immer die Sozialbindung von Eigentum, die insbesondere bei Wohnräumen von höchster Bedeutung ist. Hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 GG ist es auch zulässig, die ortsübliche Miete als Referenzpunkt auszuwählen. Damit wird die Marktbezogenheit der regulierten Miete und auch die Wirtschaftlichkeit der Vermietung sichergestellt. Darüber hinaus sind regionale Wohnungsmärkte je nach den Lebensumständen von vornherein unterschiedlich, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt die Differenzierung sachgerecht ist.
Vielen Dank, das war die Prüfung im Öffentlichen Recht.
 
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28.10.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2019-10-28 09:30:502019-10-28 09:30:50Mündliche Prüfung: Ist die „Mietpreisbremse“ verfassungswidrig?
Dr. Maike Flink

Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 1: Verfassungsrecht

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Bei der Vorbereitung auf die schriftliche und vor allem mündliche Examensprüfung, aber auch auf Klausuren des Studiums, ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung von entscheidender Bedeutung. Der folgende Überblick ersetzt zwar keinesfalls die vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Entscheidungen, soll hierfür aber Stütze und Ausgangspunkt sein. Dargestellt wird daher eine Auswahl der examensrelevanten Entscheidungen der vergangenen Monate anhand der betreffenden Leitsätze, Pressemitteilungen und ergänzender kurzer Ausführungen aus den Gründen, um einen knappen Überblick aktueller Rechtsprechung auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts zu bieten.
 
BVerfG (Beschl. v. 23.7.2019 – 1 BvR 2433/17): Fälschliche Einordnung prozessualer Äußerung als Schmähkritik verletzt Meinungsfreiheit
Das BVerfG hat kürzlich die Anforderungen an das Vorliegen von Schmähkritik erneut konkretisiert. Dabei hat das Gericht herausgestellt, dass bei der Qualifizierung einer Aussage als Schmähkritik strenge Maßstäbe anzulegen sind. Erforderlich ist, dass die Äußerung tatsächlich auf die bloße Herabsetzung und Diffamierung einer anderen Person gerichtet ist, ohne sich inhaltlich mit der Sache auseinander zu setzen. Besonders hervorgehoben hat das BVerfG, dass auch Anlass und Kontext der Äußerung Berücksichtigung finden müssen um zu ermitteln, ob sie tatsächlich jedes sachlichen Bezugs entbehrt und auf eine persönliche Diffamierung gerichtet ist oder vielmehr ein Anlass für die jeweilige Aussage ausgemacht werden kann. So kann der Vergleich der Verhandlungsführung einer Richterin mit „einschlägigen Gerichtsverfahren vor ehemaligen nationalsozialistischen deutschen Sondergerichten“ oder einem „mittelalterlichen Hexenprozess“ nicht von vornherein als Schmähkritik eingeordnet werden. Das BVerfG formuliert dazu:

„Die Äußerungen entbehren […] nicht eines sachlichen Bezugs. Sie lassen sich wegen der auf die Verhandlungsführung und nicht auf die Richterin als Person gerichteten Formulierungen nicht sinnerhaltend aus diesem Kontext lösen und erscheinen auch nicht als bloße Herabsetzung der Betroffenen. Die Äußerungen lassen nicht ohne weiteres den Schluss zu, der Beschwerdeführer habe der Richterin eine nationalsozialistische oder „mittelalterliche“ Gesinnung unterstellen wollen. Historische Vergleiche mit nationalsozialistischer Praxis begründen für sich besehen nicht die Annahme des Vorliegens von Schmähkritik.“

Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
BVerfG (Beschl. v. 18.7.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18, 1 BvL 4/18) zur Verfassungskonformität der Mietpreisbremse
Ein großes mediales Echo hat auch die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungskonformität der Mietpreisbremse hervorgerufen. So stellte das Gericht fest:

„Die Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch § 556d Abs. 1 BGB verstößt in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren weder gegen die Garantie des Eigentums aus Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen die Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG noch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.“

Schwerpunktmäßig hat das BVerfG sich in seinem Beschluss mit der Vereinbarkeit des § 556d Abs. 1 BGB mit Art. 14 Abs. 1 GG beschäftigt: Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist jedoch abzulehnen, da die Regelung eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG darstellt. Sie verfolgt das legitime Ziel, „durch die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken“. Indem sie Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten abschwächt, kann sie den Zugang einkommensschwacher Mieter zu Wohnraum schaffen und ist damit geeignet, den verfolgten Zweck zu erreichen, ohne dass vergleichbar wirksame, mildere Mittel zur Verfügung stehen. Letztlich ist die Regelung nach Ansicht des Gerichts auch angemessen, denn der Gesetzgeber hat die Belange von Mietern und Vermietern in einen sachgerechten Ausgleich gebracht. Den Interessen der Mieter kommt dabei besonderes Gewicht zu:

„Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht auf der anderen Seite umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht […]. Das trifft auf die Miethöhenregulierung in besonderem Maße zu. Eine Wohnung hat für den Einzelnen und dessen Familie eine hohe Bedeutung […].“

Demgegenüber entsteht keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung seitens der Betroffenen Vermieter, denn auch eine nachträgliche Verschlechterung der Nutzungsmöglichkeiten bestehender Eigentumspositionen kann zulässig sein. So führt das Gericht aus:

„Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen Vermieterinnen und Vermieter […] mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen […]. Ihr Vertrauen, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, wird durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt, weil ein solches Interesse seinerseits vom grundrechtlich geschützten Eigentum nicht umfasst ist.“

Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Interessen der betroffenen Vermieter ist zudem abzulehnen, da die ortsübliche Vergleichsmiete dem Vermieter einen am örtlichen Markt orientierten Mietzins sichert und damit die Wirtschaftlichkeit der Vermietung erhalten bleibt.
 
BVerfG (Beschl. v. 9.7.2019 – 1 BvR 1257/19) zur Strafbarkeit des faktischen Leiters einer nicht angemeldeten Versammlung
Das BVerfG hatte die Vereinbarkeit der Strafnorm des § 26 Nr. 2 VersG mit Art. 8 Abs. 1 GG zu beurteilen. § 26 Nr. 2 VersG bestimmt: „Wer als Veranstalter oder Leiter eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug ohne Anmeldung (§ 14) durchführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ An der Verfassungskonformität der Norm bestehen dabei grundsätzlich keine Zweifel. Dies gilt nach der Ansicht des Gerichts auch, sofern sie dahingehend ausgelegt wird, dass auch der bloß faktische Versammlungsleiter einer nicht angemeldeten Veranstaltung als tauglicher Täter eingeordnet wird:

 „Denn eine solche Auslegung ist geeignet, einer Umgehung des Erfordernisses einer Anmeldung unter Benennung eines Versammlungsleiters entgegenzuwirken, die ansonsten nur gegenüber dem Veranstalter – der gerade bei nicht angemeldeten Versammlungen oftmals nicht ohne weiteres festgestellt werden kann – sanktioniert werden könnte. Sie verwirklicht somit die legitimen Ziele des gesetzlichen Anmeldeerfordernisses, ohne die Versammlungsfreiheit in übermäßiger Weise einzuschränken.“

Es bestehen auch keine Bedenken, dass dies zu einer Sanktionierung der bloßen Teilnahme an einer nicht angemeldeten Veranstaltung führen könnte, denn es ist nur derjenige als Versammlungsleiter einzuordnen, der den Ablauf der Versammlung, ihre Unterbrechungen und ihre Schließung bestimmt. 
Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
BVerfG (Beschl. v. 2.7.2019 – 1 BvR 385/16) zur Verfassungskonformität eines Vereinsverbots
Das BVerfG hat sich mit der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vereinsverbots am Maßstab von Art. 9 Abs. 2 GG beschäftigt. Gem. Art. 9 Abs. 2 GG ist ein Vereinsverbot dabei gerechtfertigt, wenn sich die jeweilige Vereinigung gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, also insbesondere, wenn sie schwerwiegende völkerrechtswidrige Handlungen aktiv propagiert und fördert. Dabei gilt:

„Der Verbotstatbestand kann auch dann erfüllt sein, wenn die Vereinigung sich durch die Förderung Dritter gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet; Dazu gehört die finanzielle Unterstützung terroristischer Handlungen und Organisationen, wenn diese objektiv geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen, und die Vereinigung dies weiß und zumindest billigt.“

30.09.2019/0 Kommentare/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2019-09-30 10:08:312019-09-30 10:08:31Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 1: Verfassungsrecht
Redaktion

Schema: Eigentumsgarantie, Art. 14 GG

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Eigentumsgarantie, Art. 14 GG

A. Schutzbereich

I. Schutzgegenstand: Eigentum
Eigentum = Die vom einfach Gesetzgeber zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährten vermögenswerten Rechte.

 – Privatrechtliche Positionen
 – Öffentlich-rechtliche Positionen, soweit sie auf eigener Leistung beruhen.
 – Nicht geschützt ist das Vermögen als solches.

II. Schutzumfang

– Geschützt ist nur der Bestand des Eigentums, also das Erworbene.
– Nicht geschützt sind bloße Erwartungen auf den künftigen Erwerb.

III. Persönlicher Schutzbereich
Geschützt werden nur natürliche oder juristische Personen des Privatrechts.

B. Eingriff
Eingriffe sind möglich in Form von:
– Inhalts- und Schrankenbestimmungen gem. Art. 14 I 2 GG
– Enteignung Art. 14 III GG

I. Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 I 2 GG)

– Verkürzung einer bestehenden Eigentumsposition durch abstrakt-generelle Festlegung von neuen Rechten und Pflichten des Eigentümers.
– Inhalt des bestehenden und grds. bestehen bleibenden Eigentums wird neu festgelegt und dadurch verkürzt.
– Kann im Einzelfall sogar enteignend wirken.
– Dass der Gesetzgeber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Auswirkungen der Inhalts- und Schrankenbestimmung dadurch abmildert, dass er eine finanzielle Entschädigung vorsieht, steht der Annahme einer Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht entgegen.

II. Enteignung (Art. 14 III GG)
Jede finale konkret-individuelle Entziehung eigentumsrechtlicher Positionen für öffentliche Zwecke.
Es gilt der formale verfassungsrechtliche Enteignungsbegriff:

1. Ganz oder teilweiser Entzug einer von Art. 14 GG geschützten Rechtsposition.

2. Final, d.h. der die Maßnahme muss bewusst darauf abzielen eigentumsrechtliche Positionen zu entziehen.

3. Durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes

– Legalenteignung = durch Gesetz
– Administrativenteignung = augrund eines Gesetzes

4. Zur Verwendung für einen öffentlichen Zweck, d.h. der Entzug darf nicht (nur) zugunsten Privater erfolgen.

C. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

I. Zulässigkeit einer Enteignung

1. Art. 14 III GG unterliegt einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt

2. Eingriff durch Parlamentsgesetz (Legalenteignung): Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes

a) Formelle Verfassungsmäßigkeit

b) Materielle Verfassungsmäßigkeit

aa) Besondere Anforderungen des Art. 14 GG:

(1) Die Enteignung muss dem Wohl der Allgemeinheit dienen.
(2) Besonderer Grund, der es erforderlich macht, die Enteignung durch Gesetz vorzunehmen. Grund: Nur bei einer Enteignung aufgrund eines Gesetzes steht dem Betroffenen der Rechtsweg zu den Fachgerichten offen.
(3) Entschädigungsregelung, Art. 14 III 2 GG: Das Gesetz, das in Art. 14 GG eingreift, muss eine Entschädigung vorsehen und deren Art und Ausmaß regeln (Junktim-Klausel).

bb) Allgemeine Anforderungen, insbesondere Verhältnismäßigkeit.

cc) Wahrung der Institutsgarantie

3. Eingriff durch Einzelakt (Administrativenteignung):

a) Verfassungsmäßigkeit der Norm, aufgrund derer der Einzelakt erfolgt.

b) Einzelakt muss Anforderungen der Grundrechte genügen

aa) Eingriff muss dem Wohl der Allgemeinheit dienen
bb) Verhältnismäßigkeit des Einzelakts

II. Zulässigkeit einer Inhalts- und Schrankenbestimmung

1. Art. 14 I 2 GG unterliegt einem einfachen Gesetzesvorbehalt.

2. Eingriff durch Parlamentsgesetz (Legaltenteignung):

a) Formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
b) Materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, insbesondere Verhältnismäßigkeit: Im Einzelfall kann bei einer besonders schwerwiegenden Beeinträchtigung ein Entschädigung erforderlich sein (sog. ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung).

3. Eingriff durch Einzelakt (Administrativenteigung):

a) Verfassungsmäßigkeit der Norm, aufgrund derer der Einzelakt erfolgt.

b) Einzelakt muss den Anforderungen der Grundrechte genügen, insb. verhältnismäßig sein.

 

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

22.12.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-12-22 10:00:332016-12-22 10:00:33Schema: Eigentumsgarantie, Art. 14 GG
Dr. Maximilian Schmidt

BVerfG zum Atomausstieg – Was ihr jetzt wissen müsst!

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das BVerfG hat mit Urteil vom 06.12.2016 – 1 BvR 2821/11 u.a. Stellung zum Gesetz zum beschleunigten Atomausstieg vom 31.07.2011 („13. AtG-Novelle“) genommen und dieses größtenteils für verfassungskonform erklärt. Teile des Gesetzes wurden hingegen nicht vom BVerfG gebilligt und bedürfen der Nachbesserung. Nicht nur weil das Urteil in der Tagespresse ausführlich besprochen und debattiert wurde, sondern auch aufgrund der besonderen Relevanz für juristische Prüfungen sollen im Folgenden die wesentlichen Aussagen des Gerichts zusammengefasst werden.
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen, gekürzt)

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die im Jahr 2011 beschlossene Beschleunigung des Ausstiegs aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Die Grundentscheidung für den Ausstieg erfolgte bereits durch die Ausstiegsnovelle im Jahr 2002. Den einzelnen Kernkraftwerken wurden Kontingente an Reststrommengen zugeteilt, die auch auf andere, jüngere Kernkraftwerke übertragen werden durften. Infolge des Tsunamis vom 11. März 2011 und dem dadurch ausgelösten Schmelzen von drei Reaktorkernen im Kernkraftwerk Fukushima in Japan hat der Gesetzgeber mit der 13. AtG-Novelle erstmals feste Endtermine für den Betrieb der Kernkraftwerke gesetzlich verankert und zugleich die durch die 11. AtG-Novelle im Herbst 2010 vorgenommene Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke rückgängig gemacht. Die Beschwerdeführerinnen rügen vornehmlich eine Verletzung der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG).

II. Die wesentlichen Aussagen des BVerfG
1. Grundrechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person in Staatshand, Art. 19 Abs. 3 GG
Beschwerdeführerin Vattenfall ist mittelbar zu 100% in der Hand des schwedischen Staats. Problematisch ist daher die Grundrechtsfähigkeit im Rahmen von Art. 19 Abs. 3 GG in zweierlei Hinsicht:
Zunächst im Hinblick auf die Organisationsstruktur, wonach Vattenfall mittelbar in öffentlicher Hand ist. Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich nicht auf die materiellen Grundrechte berufen. Maßgeblich ist insoweit das sog. Konfusionsargument: Grundrechtsberechtigung und Grundrechtsverpflichtung können nicht in einer Person zusammenfallen. Etwas anderes gilt nur für bestimmte Lebensbereiche, wie Universitäten oder öffentliche Rundfunkanstalten. Diese Argumentation greift jedoch nicht bei ausländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, da die Grundrechtsverpflichtung fehlt und keine innerstaatlichen Machtbefugnisse bestehen.
Daneben erfasst Art. 19 Abs. 3 GG lediglich inländische juristische Personen. Wegen des Bezugs zur Niederlassungsfreiheit als Grundfreiheit dehnt das BVerfG diesen Begriff auch auf ausländische, innereuropäische juristische Personen aus. Auf diese Weise sollen Brüche zwischen der deutschen und der europäischen Rechtsordnung vermieden werden (sog. Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes).
2. Schutzbereich von Art. 14 GG
Art. 14 GG nimmt das Eigentum als Leitbegriff auf. Geschützt ist demnach jede gesicherte Rechtsposition. Die Eigentumsgarantie schützt den konkreten Bestand in der Hand der einzelnen Eigentümer gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt. An öffentlich-rechtlichen Genehmigungen besteht grundsätzlich kein Eigentum.
Allerdings liegt eine Berührung des Eigentums mittelbar durch Entzug der Genehmigungen vor: Die den Kernkraftwerken 2002 und 2010 durch Gesetz zugewiesenen Elektrizitätsmengen bilden zwar keinen selbständigen Gegenstand des Eigentumsschutzes, haben aber als maßgebliche Nutzungsgrößen teil am Eigentumsschutz der Anlagen.
Zudem sind die in der zwischen 2002 und 2011 getätigten Investitionen geschützt (sog. frustrierte Investitionen). Insoweit ist eine Abgrenzung zum bloßen Vermögensschutz vorzunehmen. Nur ausnahmsweise können Investitionen von Art. 14 GG geschützt sein, etwa wenn ein ausreichender Vertrauenstatbestand durch den Staat gesetzt wurde:

Das Eigentumsgrundrecht schützt damit auch berechtigtes Vertrauen in den Bestand der Rechtslage als Grundlage von Investitionen in das Eigentum und seiner Nutzbarkeit; ob und inwieweit ein solches Vertrauen berechtigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine Garantie der Erfüllung aller Investitionserwartungen besteht nicht.

3. Eingriffsbegriff
Maßgeblich zur Bestimmung der Rechtmäßigkeit eines Eingriffs ist im Rahmen von Art. 14 GG, ob es sich um eine Enteignung oder eine Inhalts- und Schrankenbestimmung handelt. Eine Enteignung ist hierbei abschließend definiert als vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben. Das BVerfG nimmt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung an und verneint eine Enteignung, da sich der Staat die Reststrommengen nicht gleichsam beschafft, also keine Güterbeschaffung bezweckt ist. Dies ist aber konstitutiv für eine Enteignung.

Beispielhaft mag die Wegnahme von illegal eingeführten Drogen durch den Zoll sein: Der Staat möchte sich in diesen Fällen die Drogen nicht beschaffen, sondern sie lediglich wegnehmen. 

Allerdings kann der dennoch vorliegende Entzug konkreter Rechtspositionen ein Kriterium in der Verhältnismäßigkeitsprüfung sein: 

Führen Einschränkungen der Nutzungs- und Verfügungsbefugnis am Eigentum als Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu einem Entzug konkreter Eigentumspositionen, ohne der Güterbeschaffung zu dienen, sind gesteigerte Anforderungen an deren Verhältnismäßigkeit zu stellen. Sie werfen stets die Frage nach Ausgleichsregelungen auf.

4. Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmung
Die Beschränkung der Laufzeit und Reststrommengen wird vom BVerfG grundsätzlich als verhältnismäßig gebilligt. In die Abwägung sind insbesondere die schwerwiegenden Allgemeinwohlbelange einzustellen und der Umstand, dass die Sozialbindung des Eigentums bei Kernkraftwerken besonders ausgeprägt ist. 
Etwas anderes gilt nur für bestimmte zugesagte Reststrommengen, da insoweit ein besonderer Vertrauensschutz auf Seiten der Beschwerdeführer eingreift, sowie für frustrierte Aufwendungen. Insoweit ist in der Klausur eine umfassende Abwägung anhand des wiedergegebenen Sachverhalts vorzunehmen. Vertretbar ist vieles, wichtig ist allein die wesentlichen Komponenten der Abwägung zu berücksichtigen: Allgemeinwohl, Gesundheits- und Umweltschutz, Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers sowie Sozialbindung des Eigentums gegenüber Vertrauens- und Eigentumsschutz.
 

08.12.2016/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2016-12-08 10:00:132016-12-08 10:00:13BVerfG zum Atomausstieg – Was ihr jetzt wissen müsst!
Dr. Christoph Werkmeister

VG Düsseldorf: Polizei muss auch bei Terrorgefahr die Straßen selbst kontrollieren

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Das VG Düsseldorf entschied vor Kurzem einen Sachverhalt, der ideal zur Diskussion im Rahmen eines mündlichen Prüfungsgesprächs gestellt werden kann (Az. 6 K 254/11). Die Entscheidung eignet sich deshalb besonders gut, da hiermit losgelöst vom einschlägigen Rechtsrahmen ganz abstrakt die Zulässigkeit der Übertragung von originären Aufgaben des Staates auf Private diskutiert werden kann.
Die Entscheidung
In der Sache ging es um die Verpflichtung einer Hafengesellschaft bei bestimmten Terrorwarnstufen  die öffentlichen Straßen, die durch das Hafengebiet verlaufen, mit eigenen Sicherheitskräften und auf eigene Kosten zu kontrollieren. Das VG Düsseldorf entschied, dass an das Hafengelände angrenzende Straßen von der Polizei überwacht werden müssten. Die Auferlegung einer besonderen Sicherungspflicht könne nur für das Hafengelände bestehen.
Gründe

Die Hafengesellschaft ist bereit, ihre eigenen Grundstücke und Anlagen zu schützen. Sie wehrt sich aber gegen die Kontrollpflicht auf den öffentlichen Straßen, die im Hafen verlaufen. Das Verwaltungsgericht hat ihr heute Recht gegeben. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende Richter Dr. Stuttmann u. a. ausgeführt: Die Abwehr von Gefahren, zu denen auch Sabotageakte und terroristische Bedrohungen zählen, obliegt grundsätzlich den staatlichen Organen als Ausfluss des an den Staat gerichteten grundrechtlichen Auftrags, seine Bürger und deren Eigentum zu schützen. Dieser Schutzauftrag ist die Kehrseite des staatlichen Gewaltmonopols. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Bürger gänzlich davon freigestellt ist, zur Gefahrenabwehr beizutragen. Er kann vielmehr zur Gefahrenvorsorge herangezogen werden. Er kann verpflichtet werden, bereits im Vorfeld mitzuhelfen zu verhindern, dass eine Gefahr für sein sensibles Eigentum überhaupt entsteht. So ist allgemein anerkannt, dass Betreiber von besonders gefährdeten Anlagen und Einrichtungen, wie etwa Kernkraftwerken oder Flughäfen, zur Gefahrenvorsorge in Form von Eigensicherungsmaßnahmen verpflichtet werden können. Die Verpflichtung zur Eigensicherung findet aber ihren Grund und ihre Grenze in der privatrechtlichen Eigentümerstellung bzw. unbeschränkten Sachherrschaft. Dem Hafenbetreiber können nur solche Eigensicherungsmaßnahmen auferlegt werden, die von seinem Eigentumsrecht oder seiner ungeschmälerten Sachherrschaft gedeckt sind. Da der Hafengesellschaft die öffentlichen Straßen im Hafen weder gehören noch sie die unbeschränkte Sachherrschaft über sie ausübt, kann sie nicht dazu verpflichtet werden, auf diesen Straßen Zugangskontrollen (Stufe 2: Anhalten und Befragen) durchzuführen oder Straßensperren zu errichten (Stufe 3). Jedermann darf selbst bei ausgerufener Warnstufe 2 und 3 alle öffentlichen Straßen grundsätzlich ohne Einschränkung befahren. Für öffentliche Straßen im Hafengebiet gilt insofern nichts anderes. Auch sie dürfen nur von Polizei- bzw. Zollbeamten kontrolliert werden (Quelle: Pressemitteilung des VG Düsseldorf).

More to come
Gegen das Urteil hat die Kammer des VG Düsseldorf die Berufung zum OVG Münster zugelassen. Insofern ist in Zukunft noch mit einer weiteren gerichtlichen Klärung in diesem Kontext zu rechnen, womit die Examensrelevanz noch einmal zunehmen wird. Die in der Pressemitteilung genannten Argumente des VG überzeugen indes, so dass für die Prüfungssituation bereits mit dieser Entscheidung das notwendige Argumentationsgerüst bereit stehen sollte.

13.03.2012/1 Kommentar/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-03-13 11:51:042012-03-13 11:51:04VG Düsseldorf: Polizei muss auch bei Terrorgefahr die Straßen selbst kontrollieren
Dr. Christoph Werkmeister

OLG Oldenburg zu § 823 Abs. 1 BGB bei Verlust von auf magnetischen Datenträgern gespeicherten Informationen

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Zivilrecht, Zivilrecht

Das OLG Oldenburg entschied, dass die Zerstörung von Daten auf einer Festplatte eine Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstelle (Beschl. v. 24.11.2011, Az. 2 U 98/11). Im Sachverhalt ging es um ein beklagtes Bauunternehmen, welches bei Baumaßnahmen Stromleitungen beschädigte. Aufgrund der beschädigten Kabel kam es in der Folge zu einem Datenverlust bei dem klagenden Unternehmen. Die verlorenen  Daten mussten mithilfe von Software-Experten Wiederhergestellt werden. Hierbei fiel eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Arbeitsstunden an, die das klagende Unternehmen im Wege der Klage geltend machte.
Daten auf magnetischen Laufwerken 
Das Gericht war der Ansicht, dass auf Datenträgern gespeicherte Daten vom Eigentumsschutz erfasst seien. Durch die Zerstörung der Daten sei eine Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB eingetreten, so dass im Ergebnis ein Schadensersatzanspruch bestünde. Als Argument führte das Gericht insbesondere an, dass bei der Speicherung auf magnetischen Datenträgern eine Verkörperung des Datenbestandes im Material vorliege.
Die Entscheidung kommt überraschend, da in solchen Fällen regelmäßig ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB diskutiert wird. Eine solche Verletzung wird in diesen Fällen regelmäßig verneint, da es beim Durchtrennen von Stromkabeln an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs fehlt. Die Entscheidung des OLG stellt insofern eine beträchtliche Haftungserweiterung dar.
Andere Datenträger?
Sofern man der Logik des OLG folgen mag, so stellen sich weitere Abgrenzungsfragen: Wie ist es mit Flashspeichern? Welche Folgen hat das Cloud-Computing? Und wäre es nicht willkürlich nur magnetische Datenträger von der Haftung zu erfassen? Die Fragen zeigen, dass der Tatbestand des § 823 BGB auch heute noch einer Konturierung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bedarf. Die geschilderten Probleme sind deshalb höchst examensrelevant.
 

19.12.2011/2 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2011-12-19 08:11:072011-12-19 08:11:07OLG Oldenburg zu § 823 Abs. 1 BGB bei Verlust von auf magnetischen Datenträgern gespeicherten Informationen
Dr. Stephan Pötters

Die wichtigsten Leitentscheidungen des BVerfG – der Nassauskiesungs-Beschluss (BVerfGE 58, 300)

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Schon gelesen?

Leitsätze:
1. a) Bei Streit über die Rechtmäßigkeit einer enteignenden Maßnahme haben die grundsätzlich zuständigen Verwaltungsgerichte deren Rechtmäßigkeit in vollem Umfang zu prüfen. Hierzu gehört die Feststellung, ob das Gesetz, auf dem der Eingriff beruht, eine Regelung über Art und Ausmaß der zu leistenden Entschädigung enthält.
b) Den ordentlichen Gerichten obliegt bei Streit wegen der Höhe der Enteignungsentschädigung die Prüfung, ob dem Betroffenen eine den (vorhandenen) gesetzlichen Vorschriften entsprechende Entschädigung gewährt worden ist (vgl. BVerfGE 46, 268 [285]).
2. Sieht der Betroffene in einer gegen ihn gerichteten Maßnahme eine Enteignung, so kann er eine Entschädigung nur einklagen, wenn eine gesetzliche Anspruchsgrundlage vorhanden ist. Fehlt sie, muss er sich bei den zuständigen Gerichten um die Aufhebung des Eingriffsaktes bemühen.
3. Bei der Bestimmung der Rechtsstellung des Grundstückseigentümers nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG wirken bürgerliches Recht und öffentlich-rechtliche Gesetze gleichrangig zusammen.
4. Es steht mit dem Grundgesetz in Einklang, dass das Wasserhaushaltsgesetz das unterirdische Wasser zur Sicherung einer funktionsfähigen Wasserbewirtschaftung – insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung – einer vom Grundstückseigentum getrennten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterstellt hat.
Bedeutung:
(s. auch https://de.wikipedia.org/wiki/Nassauskiesungsbeschluss)
Diese Entscheidung ist wesentlich für die Abgrenzung von Enteignungen einerseits und Inhalts- und Schrankenbestimmungen andererseits (Art. 14 GG). Nach dem Beschluss des BVerfG sind diese Rechtsinstitute grundverschieden, sodass die bisherige Auffassung der Instanzgerichte, nach der eine Inhalts- und Schrankenbestimmung bei besonders schweren Belastungen in eine Enteignung „umschlagen“ konnte, nicht mehr haltbar ist. Weiterhin beendete das BVerfG durch den Nassauskiesungsbeschluss die bis dato übliche Praxis des „Dulden und Liquidierens“ (es war zuvor möglich, einen rechtswidrigen Eingriff in Art. 14 GG hinzunehmen und dann Schadensersatz zu verlangen). Somit gewährleistet Art. 14 GG nunmehr in erster Linie einen Bestandsschutz und keinen reinen Wertschutz. Rechtswidrige Beeinträchtigungen seines Eigentums muss der Bürger gerichtlich abwehren, ansonsten kann ihm ein Entschädigungsanspruch (wegen enteignungsgleichem Eingriff) nicht zustehen (analog § 254 BGB).

26.04.2009/0 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2009-04-26 15:03:272009-04-26 15:03:27Die wichtigsten Leitentscheidungen des BVerfG – der Nassauskiesungs-Beschluss (BVerfGE 58, 300)

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