Aktuell: Karlsruhe verhandelt über die Bundesversammlung
Seit heute verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die Bundesversammlung. Insbesondere soll darüber entschieden werden, was unter einer Wahl des Bundespräsidenten „ohne Aussprache“ in Art. 54 GG zu verstehen ist. Fraglich ist dabei, ob, wie bisher angenommen, Kandidaten und Wählende tatsächlich während des Wahlvorganges kein Rederecht besitzen. Daneben wird auch über die Zusammensetzung der Bundesversammlung, insbesondere die Vetreter der Länder, verhandelt. Die NPD hatte entsprechende Anträge im Organstreitverfahren gestellt.
Anlass für uns, uns nochmal kurz einen Überblick darüber zu verschaffen, wie der Bundespräsident gewählt wird:
Der Bundespräsident wird durch die Bundesversammlung gewählt.
Die Bundesversammlung ist ein sich zu diesem Zweck konstituierendes Verfassungsorgan, Degenhart, § 10, Rn. 728. Sie setzt sich zu gleichen Teilen aus Mitgliedern des Bundestages und einer Anzahl von Vertretern der Länder, die von den Landesparlamenten gewählt werden, ihnen jedoch nicht angehören müssen, zusammen, Degenhart, § 10, Rn. 728; Art. 54 GG. Die Mitglieder des Bundestages werden „geborene“ Mitglieder genannt, weil sie als gewählte Volksvertreter des Bundestages automatisch ein Wahlrecht besitzen. Die Vertreter der Länderparlamente sind dagegen „gekorene“ Mitglieder. Häufig werden von den Ländern prominente Persöhnlichkeiten, die der jeweiligen Partei nahestehen, bestimmt. So war Alice Schwarzer 2012 Wahlfrau für die CDU NRW, die Berliner SPD entsandte den Comedian Ingo Appelt.
Die Amtsperiode des Bundespräsidenten beträgt fünf Jahre, wobei eine einmalige Wiederwahl zulässig ist.
Alle bisherigen Bundespräsidenten sollten für die mündliche Prüfung zur Sicherheit parat sein, insbesondere der Name des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss (1949-1959).
Wichtig im Zusammenhang mit dem Amt des Bundespräsidenten ist auch sein Prüfungsrecht, außerdem sei auf seine Rolle bei der Wahl des Bundeskanzlers hingewiesen. Schließlich kann der Bundespräsident unter bestimmten Umständen auch den Bundestag auflösen.
Hinweis bzgl. des sog. „Prüfungsrechts“ des Bundespräsidenten:
Dieser hat – wie jeder Mensch in unserem Staat – ein uneingeschränktes Recht, Gesetze auf ihre (formelle und materielle) Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen. Das steht außer Frage. Das tun wir Juristen ja auch ständig.
DIskutabel in Klausuren und mündlichen Prüfungen ist hingegen, ob er die AUSFERTIGUNG eines Gesetzes VERWEIGERN darf, weil er es für verfassungswidrig hält. Hierbei herrscht mittlerweile weitgehend Einvernehmen darüber, dass der Präsident
– die Ausfertigung wegen formeller Verfassungswidrigkeit stets verweigern kann/muss (arg: Wortlaut von Art. 82 GG, wonach es sich um nach dem GG zustande gekommene Gesetze handelt);
– die Aufertigung wegen materieller Verfassungswidrigkeit grds. nicht verweigern darf, es sei denn, dass Verfassungsverstoß evident UND schwerwiegend ist (h.M.);
– die Ausfertigung wegen politischer Meinungsverschiedenheiten (oder wegen anderer Parteizugehörigkeit als z.B. der Regierungschef) niemals verweigern darf.
Um keinen Punktabzug zu riskieren, sollte man in Prüfungen einmal sagen, dass es in der Sache nicht um ein Prüfungsrecht, sondern um ein Ausfertigungsverweigerungsrecht geht. Anschließend kann man dieses dann als Prüfungsrecht bezeichnen.