Sachverhalt
Torwart Tim Wiese muss kein Schmerzensgeld an Jens Lehmann zahlen. Mit Urteil vom 25.08.2011 wies das Landgericht München II die Klage des früheren Torhüters der deutschen Nationalmannschaft auf 20.000 Euro ab. Nachdem Wiese von einem Journalisten mit einer Kritik Lehmanns an seiner Spielweise konfrontiert worden war hatte er in Richtung Lehmann unter anderem geäußert: «Der Mann gehört auf die Couch. Vielleicht wird ihm da geholfen. Einweisen – am besten in die Geschlossene!». Nach Auffassung der Kammer ist in dieser Äußerung kein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zu sehen (Az: 8 O 127/11). [Quelle: Beck-aktuell]
Im vorliegenden aktuellen Fall, der sich hervorragend für das Abfragen der Grundsätze zum aPR in der mündlichen Prüfung eignet, ging es um eine altbekannte Problematik. Solche Fälle drehen sich materiellrechtlich um Ansprüche aus § 823 I, BGB, wobei das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG) als verletztes Schutzrecht in Frage kommt. Gleichermaßen kommt ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 i.V.m. 185 StGB in Betracht.
Besonderheiten bei Rahmenrechten
Da es sich beim APR um ein sog. Rahmenrecht (wie den eigerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) handelt, gilt es die Rechtswidrigkeit des Eingriffs positiv festzustellen. Im konkreten Fall heißt das, dass die gegenläufigen Rechtspositionen miteinander abgewogen werden müssen – es findet also eine Verhältnismäßigkeitsprüfung statt: Hier stand die Meinungsfreiheit von Wiese gegen das aPR von Lehmann im Raum. Im Rahmen der Abwägung entschied das LG München II, dass keine reine Schmähkritik vorliege, da sich Wiese auch sachlich mit der vorangegangenen Stellungnahme von Lehmann auseinandergesetzt habe. Die Meinungsfreiheit decke zudem auch härtere Formulierungen bzw. einen etwas ausfallenderen Tonfall ab. Insbesondere im Milieu des Profifußballs seien Schimpfwörter und die Austragung von Konflikten zwischen Sportlern über die Medien ganz üblich.
Des Weiterem gilt es zu berücksichtigen, dass es sich bei Lehmann wohl um eine absolute Person der Zeitgeschichte handelt. Bei solchen Persönlichkeiten, die in der Öffentlichkeit stehen, fällt die Abwägung ohnehin prinzipiell schlechter aus. Als Person, die in der kontemporären Diskussion quasi jedermann bekannt ist, muss eben auch ein gewisses Maß an Toleranz für Kritik von dritter Seite (insbesondere auch von der Presse) akzeptiert werden.
Im Rahmen einer Diskussion von §§ 823 Abs. 2 i.V.m. 185 StGB sind ähnliche Erwägungen anzustellen. Hier muss die Meinungsfreiheit des Äußernden ebenfalls bei der wertenden Betrachtung, ob eine Beleidigung im strafrechtlichen Sinne vorliegt, mit einbezogen werden. Das Ergebnis fällt demnach genauso aus, so dass es zu keiner Haftung kommt.
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