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Schlagwortarchiv für: Steuern

Gastautor

Ertragsteuern – Steuersubjekte im Überblick

Lerntipps, Schwerpunktbereich, Startseite, Verschiedenes

Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Daniel Bahn veröffentlichen zu können. Der Autor ist Finanzwirt und arbeitet aktuell im Veranlagungsbereich des Finanzamtes Schweinfurt, zudem befindet er sich in seinem letzten Semester zum Bachelor of Laws (LL.B.) an der FernUniversität Hagen.
Der nachfolgende Beitrag soll Studierenden, die sich überlegen, ihr Schwerpunktstudium im Steuerrecht zu absolvieren, einen Einblick in die Mateire gewähren und darüber hinaus Schwerpunktstudierenden einen Grundlagenüberblick verschaffen. 
 
Ertragsteuern – Steuersubjekte im Überblick
Die meisten Studenten, die sich für den Schwerpunktbereich Steuer entscheiden, werden früher oder später mit dem Bereich der Ertragsteuern konfrontiert. Doch auch bei jeder Gründungsentscheidung von Unternehmen hat die ertragsteuerliche Beleuchtung meist einen hohen Stellenwert, was das Thema zumindest in Grundzügen für alle interessant macht, die sich im Unternehmensbereich beschäftigen (wollen).
Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die Steuersubjekte der deutschen Ertragsteuern. Hierbei wird nur auf die Grundfälle der Steuerpflicht eingegangen, die den weit überwiegenden Teil der Steuerpflichtigen der BRD ausmacht. Beschränkte Steuerpflicht sowie sonstige Sondertatbestände bleiben in diesem Einführungsartikel ungenannt.
Begriff der Ertragsteuer
Wie sich bereits aus dem Wort „Ertragsteuern“ erkennen lässt, werden diese auf (zu definierende) Ertragsgrößen erhoben. Hier kommt beispielsweise ganz allgemein ein Einkommen oder ein Gewinn in Betracht. Die wichtigsten Steuern vom Ertrag in Deutschland sind die Einkommensteuer (ESt)[1], die Körperschaftsteuer (KSt) und die Gewerbesteuer (GewSt). Zur größenmäßigen Einordnung dieser Steuerarten hilft folgende Übersicht[2]:
 

Steuerart Jahr 2013 Jahr 2014
Einkommensteuer 42.280 45.613
Körperschaftsteuer 19.508 20.044
Gewerbesteuer 43.027 43.756
Umsatzsteuer 196.843 203.110
Erbschaftsteuer 4.633 5.452

                                                                                                                 Werte in Mio. €

Es ist auf den ersten Blick zu erkennen, dass die kumulierten Ertragsteueraufkommen etwas mehr als die Hälfte des Umsatzsteueraufkommens ausmachen. Der Verwaltungsaufwand von ESt, KSt und GewSt ist jedoch wesentlich komplizierter als der der Umsatzsteuer. Der Vergleich zeigt aber auch die im Steueraufkommen vernachlässigbare Erbschaftsteuer, um die seit Jahren ein Streit bis in den Detailbereich besteht.
Einkommensteuer
Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist gem. dem Grundfall des § 1 I 1 EStG jede natürlich Person mit Wohnsitz[3] oder gewöhnlichem Aufenthalt[4] im Inland. Damit sind alle in der BRD lebenden Menschen erfasst, auf ihre Staatsangehörigkeit, das Alter oder die Vermögensverhältnisse wird dabei keine Rücksicht genommen. Schließlich wäre z.B. auch ein Neugeborenes, das zur Geburt eine gewinnbringend vermietete Immobilie in der Münchner Innenstadt (unter Zustimmung eines Ergänzungspflegers) geschenkt bekommt mit den hieraus fließenden Überschüssen zur Einkommensteuer heranzuziehen. Freilich bleibt die Steuerpflicht von Kindern in der Praxis meist unbeachtet, da es hier einfach an einem Einkommen im relevanten Bereich fehlt und so eine Einkommensteuer mit 0 € festzusetzen wäre.
Körperschaftsteuer
Was die Einkommensteuer für natürliche Personen darstellt, übernimmt für den Bereich der juristischen die Körperschaftsteuer. Hier bindet § 1 I KStG listenmäßig ein:

  1. Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung);
  2. Genossenschaften einschließlich der Europäischen Genossenschaften;
  3. Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit;
  4. sonstige juristische Personen des privaten Rechts;
  5. nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts;
  6. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Bei den Steuersubjekten genügt nun ein Sitz[5] oder der Ort der Geschäftsleitung[6] im Inland, um die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht auszulösen. Die gewünschten Ausnahmen erreicht der Gesetzgeber hier durch separate Steuerbefreiungen in § 5 KStG. So sind gem. § 5 I Nr. 9 KStG etwa die gemeinnützigen Vereine von der Steuerpflicht befreit.
Nicht erfasste Rechtssubjekte
Betrachtet man nun eine offene Handelsgesellschaft und versucht hier eine Zuordnung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu erreichen, wird man schnell feststellen, dass weder die eine noch die andere Steuer die Personengesellschaften erfasst. Für die Einkommensteuerpflicht fehlt es an der natürlichen Person der OHG und eine Einordnung in die Punkte des § 1 I KStG scheidet ebenfalls aus. Um eine Kapitalgesellschaft (Nr. 1) handelt es sich ja gerade nicht und eine sonstige juristische Person (Nr. 4) liegt bei Personengesellschaften nach ganz h.M.[7] auch nicht vor.
Natürlich bleibt der Ertrag aus einer Personengesellschaft dennoch nicht steuerfrei. Die Besteuerung erfolgt hier jedoch nicht auf Gesellschaftsebene, sondern erst beim einzelnen Gesellschafter, der dann letztlich natürliche oder juristische Person sein muss. Verschachtelungen von Personengesellschaften sind hier nicht nur denkbar, sondern mittlerweile ein gängiges Phänomen. Zum Schluss an jeder Kette kommt aber eben nur ein Einkommen- oder Körperschaftsteuersubjekt in Frage.
Die Feststellung und Aufteilung der Einkünfte erfolgt durch gesonderte und einheitliche Feststellung gem. §§ 179, 180 I Nr. 2 lit. a AO. Sie ist bindender Grundlagenbescheid (§ 171 X AO) für das zuständige Ertragssteuerfinanzamt (§§ 19, 20 AO). Auf das Verfahren im Einzelnen wird hier nicht weiter eingegangen. Gleichwohl finden Sie hier zum besseren Verständnis eine beispielhafte Darstellung des Grundfalls:
A, B und die C-GmbH sind zu jeweils einem Drittel an der ABC-OHG beteiligt, die in 2014 einen Gewinn von 30.000 € erwirtschaftet hat. Das für die OHG zuständige Feststellungsfinanzamt stellt den Gewinn der OHG i.H.v. 30.000 € gesondert und einheitlich gem. §§ 179, 180 I Nr  2 lit. a AO fest und teilt diesen entsprechend auf die Beteiligten auf. Jeweils eine Mitteilung dieser anteiligen Einkünfte ergeht an die Finanzämter, die für die Ertragsbesteuerung von A, B und der C-GmbH zuständig sind, die dann bei der Jahresveranlagung diesen Betrag berücksichtigen müssen. So werden bei A und B je 10.000 € der Einkommensteuer unterworfen und bei der C-GmbH 10.000 € der Körperschaftsteuer.
Gewerbesteuer
Neben den bereits aufgezeigten Steuern gibt es weiterhin die in Ihrer Existenz immer wieder diskutierte Gewerbesteuer[8]. Für die Gemeinden stellt die Gewerbesteuer die regelmäßig größte Steuerquelle dar, da diese ihnen vollständig zufließt (Art. 106 VI GG), weshalb eine Abschaffung der Steuer wohl zumindest in absehbarer Zeit nicht zur Debatte steht.
Das Steuersubjekt findet sich in § 2 GewStG. Demnach ist der Steuergegenstand der stehende Gewerbebetrieb, also ein Gewerbebetrieb mit ortsfester Betriebsstätte. Paragraph 35a GewStG erweitert diese Steuerpflicht allerdings auch auf Reisegewerbetreibende. Für die Steuerpflicht kommt es mithin nur auf den Begriff des Gewerbebetriebs an. Der Gewerbebegriff wird durch § 2 I 2 GewStG aus dem Einkommensteuerrecht (§ 15 II EStG) übernommen. Hier sind die positiven Merkmale Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr sowie die Gewinnerzielungsabsicht und die negativen Abgrenzungsmerkmale keine Land- und Forstwirtschaft, keine selbständige Arbeit und keine private Vermögensverwaltung zu beachten.[9] In der Praxis kommt es hier vor allem zu Schwierigkeiten bei der Negativabgrenzung. Es stellt sich z.B. die Frage, ab welcher Größenordnung aus einem Landwirtschaftsbetrieb ein Gewerbe entsteht oder ob eine konkrete Tätigkeit als Freiberuf (§ 18 I Nr. 1 EStG) zu erfassen ist. Hier hat der BFH mittlerweile ein ganzes Sammelsurium an Rechtsprechung erlassen.[10]
Für Kapitalgesellschaften gilt die Fiktion des § 2 II GewStG, die einfach kraft Rechtsform das Vorliegen des Gewerbebetriebs feststellt. Und auch die sonstigen juristischen Personen und nichtrechtsfähigen Vereine finden sich in § 2 IV GewStG mit ihrem Wirtschaftsbetrieb wieder; für sie gilt dieselbe Fiktion. Folglich sind die Körperschaftsteuersubjekte komplett erfasst.
Bei den Personengesellschaften ist ebenfalls auf den Gewerbebetrieb des § 2 I GewStG abzustellen. Soweit diese einen solchen betreiben, sind sie (hier wiederum als eigenständiges Steuersubjekt) der Gewerbesteuer zu unterwerfen.
Für die verschiedenen Gewerbesteuersubjekte gelten verschiedene Freibeträge und schließlich Anrechnungsmöglichkeiten auf die Einkommensteuer, was maßgeblichen Einfluss bei Gründungsentscheidungen einnimmt.
Schlusswort
Die Subsumtion einzelner Rechtsformen unter die Ertragsteuerarten bereitet in den meisten Fällen keine Schwierigkeiten. Die anwenderfreundliche Formulierung der Steuergesetze lässt hier selten Freiraum zur Spekulation. Als problematisch können sich lediglich die Personengesellschaften herausstellen. Hier ist insbesondere auf eine steuerartbezogene Einordnung zu achten und für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer der Umweg über die gesonderte und einheitliche Feststellung zu gehen.
Fußnoten:
[1] Hier wird nur auf die veranlagte Einkommensteuer eingegangen. Außer Betracht bleiben in diesem Artikel die Abschlagsteuer, also Lohnsteuer für Einkünfte aus nicht-selbständiger Arbeit und die Kapitalertragsteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen.
[2] Vgl. Steuerspirale 2013 NWB 29/2014, 2154; Steuerspirale 2014 NWB 27/2015, 1979.
[3] Legaldefiniert in § 8 AO.
[4] Legaldefiniert in § 9 AO.
[5] Legaldefiniert in § 11 AO.
[6] Legaldefiniert in § 10 AO.
[7] S. nur: Beck-OK BGB/Bamberger, § 14, Rn. 6.
[8] Zum Streit um die Verfassungsmäßigkeit sei auf die Richtervorlage des Niedersächsischen FG (4 K 317/91) beim BVerfG (1 BvL 2/04) verwiesen: DStRE 2004, 1161.
[9] Lippross /Seibel/Pieper, Basiskommentar Steuerrecht, § 2 GewStG, Rn. 22.
[10] Vgl. H 15 EStH.

20.07.2015/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-07-20 08:30:312015-07-20 08:30:31Ertragsteuern – Steuersubjekte im Überblick
Tom Stiebert

Islam als Körperschaft des Öffentlichen Rechts – Ein Überblick

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

In den letzten Wochen erschienen in den Medien einige Meldungen darüber, dass neue Religionsgemeinschaften den Status als Körperschaft des Öffentlichen Rechts zuerkannt bekommen haben. Namentlich sind dies die Ahmadiyya Muslim Jamaat in Hessen als erste muslimische Gemeinde sowie ein Hindu-Tempelverein.

Juristisch relevant ist vor allem die Frage, welche Bedeutung der Status als Körperschaft des Öffentlichen Rechts überhaupt hat und wo dessen Ursprünge liegen.

I. Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage zur Zuerkennung des Körperschaftsstatus“ ergibt sich aus Art. 140 GG iVm. 137 Abs. 5 S. 2 WRV. Die Art. 136-139, 141 WRV sind vom Grundgesetzgeber in das GG übernommen worden und daher geltendes Verfassungsrecht, sodass sie auch eine taugliche Anspruchsgrundlage bieten können.

Nach Art. 137 Abs. 5 WRV sind damit diejenigen Religionsgemeinschaften Körperschaft des öffentlichen Rechts, die dies bereits zum Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung 1919 waren. Das Verfahren zur Zulassung weiterer Religionsgemeinschaften regelt Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV:

Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

Folge der Zuerkennung des Status“ als Körperschaft des Öffentlichen Rechts ist, dass diese Religionsgemeinschaften zumindest partiell hoheitlich tätig werden können und insbesondere nach Art. 137 Abs. 6 WRV Steuern erheben können. Den Religionsgemeinschaften stehen damit die Handlungsformen des Öffentlichen Rechts zu. Gleichwohl darf dieser Status nicht dazu führen, dass die Religionsgemeinschaften als Teil des Staates anzusehen sind; eine Staatskirche besteht nach Art. 137 Abs.1 WRV explizit nicht. Es herrscht eine strikte Trennung von Kirche und Staat. Insofern zeigt sich ein starker dogmatischer Unterschied zu anderen Körperschaften des Öffentlichen Rechts (bspw. Universitäten oder Rundfunkanstalten) bei denen der Bezug zum Staat deutlich stärker ist.

Dass die Kirchen nicht Teil des Staates werden ergibt sich auch daraus, dass sie vollumfänglich grundrechtsfähig bleiben; hingegen sind sie nicht grundrechtsgebunden.

Dogmatisch liegt also ein gravierender Unterschied zu anderen Körperschaften des Öffentlichen Rechts vor. Dieser sollte auf jeden Fall bekannt sein.

II. Verfahren zur Zuerkennung

Wie erhält man aber nun den Status der Körperschaft des Öffentlichen Rechts? Ein konkretes Verfahren mit strengen Voraussetzungen sieht die WRV nicht vor. Stattdessen hat die Rechtsprechung hier umfangreiche Kriterien über den Gesetzeswortlaut hinaus entwickelt.

1. Geschriebene Voraussetzung: Gewähr der Dauer

Explizit spricht das Gesetz davon, dass die Religionsgemeinschaft durch Verfassung und Zahl der Mitglieder die Gewähr der Dauer bildet. Der Status soll nicht an Gemeinschaften verliehen werden, die nur kurzzeitig bestehen. Eine feste zahlenmäßige Grenze ist dabei nicht zu beachten; vielmehr gebietet sich eine Prognose (BVerwG Urt. v. 28.11.2012 – ). Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob auch eine vielgestaltige Altersstruktur vorliegt, sodass von einem Untergang der Religionsgemeinschaft nicht auszugehen ist.

Desweiteren ist aber auch die Verfassung der Religionsgemeinschaft zu überprüfen. Dabei ist insbesondere auf die selbst entwickelten Ziele und Zwecke abzustellen. Hier zeigt sich eine dogmatische Nähe zum Begriff der Religionsgemeinschaft an sich. Maßgeblich ist aber stets das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft.

In einer Klausur sollte an dieser Stelle folglich kurz geprüft werden, ob es sich überhaupt um eine Religionsgemeinschaft handelt (eine Religionsgemeinschaft ist eine Vereinigung von mehreren Personen, die durch einen gemeinsamen Glauben einander innerlich verbunden sind – Pieroth/Schlink, StaatsR II, 17. Aufl., Rn. 517ff). Damit verbunden sollte dann geprüft werden, ob dieser gemeinsame zweck der Verbundenheit gerade dauerhaft gelten soll oder ob sich bereits jetzt zeigt, dass die Verbindung nur temporär ist.

Hinweis: Dabei ist es freilich unerheblich, wenn die Religionsgemeinschaft an den nahen Weltuntergang glaubt und deshalb – nach ihrem Verständnis – bald nicht mehr besteht. Die Dauerhaftigkeit bis zu einem hypothetischen Weltuntergang wäre ausreichend. Ansonsten würde der Glaube der Religionsgemeinschaft selbst „zensiert“.

2. Ungeschriebene Voraussetzungen

Neben diese formellen Voraussetzungen treten aber nach Ansicht des BVerfG noch weitere Kriterien. Obgleich die Religionsgemeinschaft nach dem oben Gezeigten nicht unmittelbar Teil des Staates wird, gibt es dennoch eine gewisse nähe zum Staat. Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass die Verleihung dieser Stellung – sie umfasst z.B. Dienstherrenfähigkeit, Besteuerungsrecht gem. Art. 137 Abs. 6 WRV u.a. hoheitliche Befugnisse – mit erhöhten Einflussmöglichkeiten und damit mit erhöhter Missbrauchsgefahr verbunden ist. Bei der Bestimmung der Voraussetzungen für die Erlangung dieser Vergünstigungen muss daher auch die Verantwortung des Staates zur Geltung gebracht werden, welche das GG ihm auferlegt. Damit entspricht es der einhelligen Meinung, dass die Anforderungen des Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV um ein ungeschriebenes Erfordernis der Rechtstreue zu ergänzen sind

Fraglich ist aber, wie stark diese Rechtstreue ausgestaltet sein muss. Hier werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Letztlich ist eine Abwägung zwischen den Prinzipien der absoluten Staatstreue und dem Interesse der Religionsgemeinschaften an Selbstbestimmung zu treffen. Zu beachten bleibt dabei, dass die Religionsgemeinschaften dogmatisch dem staat wie jedermann gegenüberstehen. Ihr durch Art. 4 GG gewährleisteter Schutz ist damit von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund kann von Religionsgemeinschaften, die den Körperschaftsstatus innehaben oder anstreben, nicht die gleiche Loyalität zum Staat gefordert werden, wie von sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Damit ist einer weiten Ansicht zu folgen. Rechtstreue iSv. Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV erschöpft sich folglich darin, dass die Religionsgemeinschaft Gewähr dafür bietet, dass ihr künftiges Verhalten die in Art. 79 Abs. 3 GG niedergelegten fundamentalen Verfassungsprinzipien, Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährdet.

Eine vollständige Bindung an die Grundrechte unterbleibt dabei. Nur fundamentale Verfassungsprinzipien dürfen nicht verletzt sein.

Exemplarisch hierfür sind die Urteile zu den zeugen Jehovas, bei denen es insbesondere um die Tatsache geht, dass Bluttransfusionen untersagt werden (siehe hierzu BVerfG, Urteil vom 19. 12. 2000 – 2 BvR 1500/97 und OVG Berlin v. 2.12.2004 – 5 B 12/01, NVwZ 2005, 1450).

3. Verfahren

Abschließend noch einige Worte zum Verfahren zur Zubilligung des Körperschaftsstatus“: Das Grundgesetz bzw. die Weimarer Reichsverfassung schweigen sich zur Zuständigkeit der Behörden vollständig aus. Aus Art. 30 GG ergibt sich aber klar, dass die Zuständigkeit hierfür bei den Ländern liegt; die Wirkung einer Verleihung des Körperschaftsstatus“ erstreckt sich hingegen auf das gesamte Bundesgebiet.

III. Zusammenfassung

Die Bedeutung von Religionsgemeinschaften im Status der Körperschaft des Öffentlichen Rechts sollte im Examen zumindest in Grundlagen bekannt sein. Die Materie eignet sich – gerade aufgrund der Vielzahl von neuen Fällen – sehr gut für die mündliche Prüfung. Aber auch in der schriftlichen Prüfung lässt sich bspw. der Fall der Zeugen Jehovas sehr gut abfragen.

17.07.2013/0 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-07-17 16:30:382013-07-17 16:30:38Islam als Körperschaft des Öffentlichen Rechts – Ein Überblick
werbung

Event: Perspektive Wirtschaftskanzlei 2012

Verschiedenes

Eine Reihe von Jurastudenten kann sich vorstellen nach dem Studium als Jurist in einer Wirtschaftskanzlei tätig zu werden. Was den Bewerbern regelmäßig fehlt sind Informationen, um zwischen den jeweiligen Angeboten der Arbeitgeber zu differenzieren. Für diejenigen, die konkretere Informationen über diese Berufsperspektive ergründen möchten, bietet sich diese Gelegenheit im Rahmen einer Veranstaltung unserer Partner e-fellows.net.
Das Event trägt den Namen „Perspektive Wirtschaftskanzlei“. Ziel ist es den Teilnehmern in einem zweitägigen Programm, bestehend aus Gruppenworkshops und Einzelgesprächen, die jeweiligen Berufsträger von immerhin neun überregional tätigen Wirtschaftskanzleien näher zu bringen. Es sollen dabei insbesondere die individuellen Einstiegsmöglichkeiten und Karriereoptionen bei den vorgenannten Sozietäten ausgelotet werden. Auch Informationen im Hinblick auf mögliche Referendarstationen können in diesem Rahmen erlangt werden.
Die Veranstaltung richtet sich an Juristen mit der Note „vollbefriedigend“ im staatlichen Teil des Examens und findet am 21./22. September 2012 in Schloss Montabaur statt. Ein Fahrtkostenzuschuss für die Anreise ist vorgesehen.
Bewerbungsschluss ist der 29. Juli 2012. Weitere Informationen und die entsprechenden Online-Anmelde-Formulare findet Ihr hier.

24.07.2012/0 Kommentare/von werbung
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 werbung https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg werbung2012-07-24 09:00:492012-07-24 09:00:49Event: Perspektive Wirtschaftskanzlei 2012
Zaid Mansour

Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion

Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Verfassungsrecht, Verschiedenes

In Zeiten wachsender Staatsverschuldung und stetig steigenden Finanzbedarfs versucht der Staat seine finanziellen Begehrlichkeiten zunehmend durch die Einführung neuer Abgaben zu stillen. Die Finanzierungssonderabgabe ist im Laufe der Jahre trotz vehementer Kritik aus dem Schrifttum zu einem festen Bestandteil unserer Verfassungswirklichkeit geworden. Die vielseitigen Ausgestaltungs- und Zwecksetzungsmöglichkeiten haben die Sonderabgabe zu einer fiskalischen Allzweckwaffe des Gesetzgebers werden lassen. Auch wenn sich dieses Thema nicht unbedingt in den Kanon hochgradig examensrelevanter Themen einreiht, so ist es dennoch, gerade für Studenten mit öffentlich-rechtlichem Schwerpunkt, nicht schädlich sich mit den (finanz)verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen dieser Abgabenart auseinandergesetzt zu haben. Im Folgenden werden zunächst die Gesichtspunkte dargestellt, die aus verfassungsrechtlicher Sicht Bedenken gegenüber dem Finanzierungsmittel der Sonderabgabe aufwerfen (I.), sodann wird die Finanzierungssonderabgabe von den anderen gängigen Abgabenarten, namentlich Steuer, Gebühr und Beitrag, abgegrenzt (II.). Im Anschluss daran werden die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzungen aufgezeigt (III.).
I. Verfassungsrechtlich bedenkliche Gesichtspunkte im Hinblick auf Finanzierungssonderabgaben
1. Ordnungsfunktion der Finanzverfassung
Die verfassungsrechtliche Relevanz von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion ergibt sich zunächst aus der Tatsache, dass sie sich in gesetzgebungskompetenzrechtlicher Hinsicht außerhalb der Regelungen der Art. 104a ff. GG bewegen. Die grundgesetzliche Finanzverfassung regelt die bundesstaatliche Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen im Wesentlichen allein für das Finanzierungsmittel der Steuer, was jedoch die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben nicht ausschließt. Die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung von Sonderabgaben folgt aus der jeweiligen Sachgesetzgebungskompetenz (Art. 70 ff. GG). Die verfassungsrechtliche Brisanz ergibt sich hierbei aus der Gefahr, dass die finanzverfassungsrechtlichen Normen ihren Sinn und ihre Funktion verlören, wenn der Gesetzgeber unter Rekurs auf die Sachgesetzgebungskompetenzen nach seinem Belieben nichtsteuerliche Abgaben erheben könnte und dabei die finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln umgeht. Zudem hätte der Staat damit auch eine weitere Zugriffsmöglichkeit auf das nicht endlose Vermögen seiner Bürger. Insoweit spricht das Bundesverfassungsgericht zu Recht von der grundrechtssichernden Funktion der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung.
2. Vollständigkeit des Haushaltsplans und das parlamentarische Budgetrecht
Zu den verfassungsrechtlichen Budgetgrundsätzen gehören vor allem die Grundsätze der Vollständigkeit und der Einheitlichkeit des Haushaltsplans. Das Prinzip der Vollständigkeit des Haushaltsplans soll vor allem die parlamentarische Entscheidungs- und Kontrollhoheit über alle staatlichen Einnahmen sichern und die Distanz zwischen Finanzier und parlamentarischer Verwendungsentscheidung des Finanzaufkommens gewährleisten. Die besondere Zweckbindung von Sonderabgaben hat zur Folge, dass die dadurch gewonnenen Finanzressourcen außerhalb des Haushaltsplans bleiben und sich damit als „haushaltsflüchtige“ Abgaben der periodische wiederkehrenden Kontrolle durch das Parlament entziehen.
3. Die Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen
Verfassungsrechtliche Bedenken rufen Finanzierungssonderabgaben auch in Bezug auf das Erfordernis der Belastungsgleichheit hervor. Das Erfordernis der Belastungsgleichheit findet seinen dogmatischen Ursprung im Grundsatz der Leistungsfähigkeit, dem Hauptprinzip bei der Erhebung von Steuern. Der Abgabenschuldner einer Sonderabgabe ist regelmäßig auch steuerpflichtig und wird damit schon zur Finanzierung der Gemeinlast herangezogen. Daher bedarf die darüber hinausgehende nichtsteuerliche Inanspruchnahme, die dem Einzelnen eine weitere finanzielle Last aufbürdet, einer besonderen sachlichen Rechtfertigung.
II. Abgrenzung zum Steuer-, Gebühren- und Beitragsbegriff
Da eine abschließende positive Definition des Sonderabgabenbegriffs bislang nicht gelungen ist, konkretisiert das Bundesverfassungsgericht den materiellen Gehalt von Sonderabgaben, indem es Sonderabgaben von den üblichen Instrumenten des Abgabenrechts, namentlich der Steuer, der Gebühr und dem Beitrag, abzugrenzen versucht. Danach liegt eine Sonderabgabe regelmäßig dann vor, wenn es sich bei der jeweiligen Abgabe weder um eine Steuer, Gebühr oder einen Beitrag handelt. Der Rückgriff auf einen Sachgesetzgebungstitel der Art. 70 ff. GG ist nämlich nur dann zulässig, wenn es sich bei der Abgabe nicht um eine Steuer handelt.  Die Abgrenzung stellt dabei im Rahmen der bundesverfassungsgerichtlichen Überprüfung den ersten Prüfungsschritt dar. Die Prüfung der eigentlichen Zulässigkeitskriterien folgt dabei in einem zweiten Schritt.
1. Der Steuerbegriff
Der verfassungsrechtliche Steuerbegriff wird im Grundgesetz nicht explizit konkretisiert, vielmehr knüpft der Steuerbegriff des Grundgesetzes an die Begriffselemente des allgemeinen Abgabenrechts an (vgl. die Legaldefinition aus § 3 AO). Maßgeblich ist hierbei, dass Steuern zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens gegenleistungsfrei erhoben werden. Sonderabgaben dienen demgegenüber der Finanzierung eines besonderen Finanzbedarfs, welchen der Gesetzgeber tatbestandlich als Sonderlast ausweisen muss um ihn so der Finanzierungsverantwortung einer bestimmten Gruppe zuzuordnen. Entscheidend ist also, dass Sonderabgaben zu einem über die bloße Finanzmittelbeschaffung hinausgehenden Zweck erhoben werden. Des Weiteren zieht das Bundesverfassungsgericht das Kriterium des Haushaltszuflusses zur Abgrenzung von Steuern und Sonderabgaben heran. Fließt das Finanzaufkommen der jeweiligen Abgabe nicht in den allgemeinen Haushalt, sondern in einen Sonderfond, so geht das Bundesverfassungsgericht regelmäßig davon aus, dass es sich um eine nichtsteuerliche Sonderabgabe handelt, obwohl es einst ausdrücklich anmerkte, dass die haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe keinen Einfluss auf deren rechtliche Qualifikation habe.
2. Der Gebührenbegriff
Gebühren gehören ebenso wie Beiträge zu den traditionellen Abgabenarten, die im Gegensatz zur Steuer nicht „voraussetzungslos“, sondern als Gegenleistung für eine staatliche Leistung erhoben werden. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Sonderabgaben von Gebühren und Beiträgen ist die Gegenleistungsfreiheit der Steuer und die Inanspruchnahme der Gesamtheit einer abgabepflichtigen Gruppe, unabhängig davon, ob eine konkrete oder potentielle Inanspruchnahme staatlicher Leistungen stattgefunden hat. Gebühren zeichnen sich also dadurch aus, dass sie zu individuell zuordenbaren Sondervorteilen führen, die wiederum Behördenkosten nach sich ziehen, die es mit Hilfe einer Gebühr auszugleichen gilt.
3. Der Beitragsbegriff
Beiträge werden für die potentielle Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung oder Einrichtung erhoben, um die Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung zu beteiligen. Anders als bei Gebühren kommt es also nicht auf die tatsächliche Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung an. Maßgeblich ist vielmehr die potentielle Möglichkeit der Nutzung eines staatlich vermittelten Sondervorteils.
III. Verfassungsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion
Die heute maßgeblichen Zulässigkeitskriterien für Finanzierungssonderabgaben hat das Bundesverfassungsgericht erstmals im Jahre 1980 in seiner Entscheidung über die Berufsausbildungsabgabe (vgl. BVerfGE 55, 275 (309 ff.)) herausgearbeitet und im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Maßgebend waren dabei der Aspekt des Schutzes der grundgesetzlichen Finanzverfassung, das Prinzip des Steuerstaates sowie der Individualschutz der Abgabepflichtigen.
1. Verfolgung eines Sachzwecks
Damit sich der Abgabengesetzgeber auf eine spezifische Sachgesetzgebungskompetenz stützen kann muss mit der Sonderabgabe ein Sachzweck verfolgt werden, der einem der in Art. 70 ff. GG genannten Sachtitel zugeordnet werden kann. Nach Lesart des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber sich des Finanzierungsinstruments der Sonderabgabe nur zur Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht.
2. Gruppenhomogenität der Abgabepflichtigen
Eine gesellschaftliche Gruppe darf nur dann mit einer Sonderabgabe belastet werden, wenn sie hinsichtlich des mit der Abgabe verfolgten Zweckes durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch gemeinsame Merkmale von der Allgemeinheit bzw. anderen Gruppen abgrenzbar ist. Eine besondere Rolle spielt dabei die Frage, ob die Abgabepflichtigen bei der Ausübung ihrer (wirtschaftlichen) Tätigkeit den gleichen gesetzlichen Regelungswerken unterworfen sind. Dabei greift das Bundesverfassungsgericht in jüngster Zeit auch europarechtliche Gesichtspunkte auf, indem es darauf verweist, dass die jeweils abgabepflichtige Gruppe von der europäischen Rechtsordnung als Gruppen vorstrukturiert ist.
3. Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck
Die Erhebung einer Finanzierungssonderabgabe setzt außerdem eine spezifische Sachnähe der belasteten Gruppe zum mit der Abgabe verfolgten Zweck voraus. Die Gruppe der Abgabepflichtigen muss also dem mit der Sonderabgabe verfolgten Zweck evident näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler.
4. Besondere Finanzierungsverantwortung
Aus der besonderen Sachnähe der belasteten Gruppe muss sich zudem eine besondere Finanzierungsverantwortung der Abgabepflichtigen hinsichtlich der mit der Abgabe zu finanzierenden Aufgabe ergeben. Dabei greift das Bundesverfassungsgericht regelmäßig den Verursachergedanken auf, wonach es erforderlich ist, dass die belastete Gruppe einen bestimmten Bedarf staatlichen Tätigwerdens zu verantworten haben muss.
5. Gruppennützige Verwendung des Abgabenaufkommens
Eine weitere verfassungsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung für Finanzierungssonderabgaben ist die gruppennützige Verwendung des durch die Sonderabgabe erzielten Finanzaufkommens. Danach muss das Abgabenaufkommen zumindest mittelbar im Interesse der Gesamtgruppe der Abgabepflichtigen verwendet werden.
6. Haushaltsrechtliche Dokumentationspflicht
Die hinsichtlich der Budgetflüchtigkeit von Sonderabgaben bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken hat das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung, mit Blick auf die stetig wachsende Sonderabgabengesetzgebung des Bundes und der Länder, durch das Erfordernis einer haushaltsrechtlichen Informationspflicht entschärft. Zum Schutze des parlamentarischen Budgetrechts sind Sonderabgaben in einer dem Haushaltsplan beigefügten Anlage zu dokumentieren um sicherzustellen, dass es keine der parlamentarischen Kontrolle entzogenen „schwarzen Kassen“ der Exekutive gibt.
7. Überprüfungspflicht des Gesetzgebers
Schließlich muss der jeweilige Sonderabgabengesetzgeber in angemessenen Zeitabständen überprüfen, ob seine Entscheidung für den Einsatz des Finanzierungsinstruments Sonderabgabe wegen veränderter Umstände aufzuheben oder zu ändern ist. Hintergrund dieses Zulässigkeitskriteriums ist der vom Bundesverfassungsgericht in älteren Entscheidungen oftmals zitierte Grundsatz wonach die Sonderabgabe im Vergleich  zur Steuer eine „seltene Ausnahme“ bleiben soll.
 

16.05.2012/0 Kommentare/von Zaid Mansour
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Zaid Mansour https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Zaid Mansour2012-05-16 07:37:512012-05-16 07:37:51Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion
Dr. Christoph Werkmeister

BGH zur Haftung von Bankkunden nach Weitergabe von TAN-Nummern

Rechtsprechung, Schuldrecht, Zivilrecht

Der BGH entschied vor Kurzem einen äußerst praxisrelevanten Sachverhalt (Urteil vom 24. April 2012, Az. XI ZR 96/11). Das Gericht stellte fest, unter welchen Voraussetzungen ein Bankkunde beim Online-Banking Schadensersatzansprüche der Bank auslöst, wenn er seine TANs fahrlässig an Phishing-Seiten weitergibt. Der Sachverhalt ist für Klausuren etwas zu exotisch. In mündlichen Prüfungen dürfte der Fall jedoch sicherlich laufen:

Im zugrundeliegenden Fall nimmt der Kläger die beklagte Bank wegen einer von ihr im Online-Banking ausgeführten Überweisung von 5.000 € auf Rückzahlung dieses Betrages in Anspruch.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten ein Girokonto und nimmt seit 2001 am Online-Banking teil. Für Überweisungsaufträge verwendet die Beklagte das sog. iTAN-Verfahren, bei dem der Nutzer nach Erhalt des Zugangs durch Eingabe einer korrekten persönlichen Identifikationsnummer (PIN) dazu aufgefordert wird, eine bestimmte, durch eine Positionsnummer gekennzeichnete (indizierte) Transaktionsnummer (TAN) aus einer ihm vorher zur Verfügung gestellten, durchnummerierten TAN-Liste einzugeben.

In der Mitte der Log-In-Seite des Online-Bankings der Beklagten befand sich folgender Hinweis:

„Derzeit sind vermehrt Schadprogramme und sogenannte Phishing-Mails in Umlauf, die Sie auffordern, mehrere Transaktionsnummern oder gar Kreditkartendaten in ein Formular einzugeben. Wir fordern Sie niemals auf, mehrere TAN gleichzeitig preiszugeben! Auch werden wir Sie niemals per E-Mail zu einer Anmeldung im … Net-Banking auffordern!“

Am 26. Januar 2009 wurde vom Girokonto des Klägers nach Eingabe seiner PIN und einer korrekten TAN ein Betrag von 5.000  € auf ein Konto bei einer griechischen Bank überwiesen. Der Kläger, der bestreitet, diese Überweisung veranlasst zu haben, erstattete am 29. Januar 2009 Strafanzeige und gab Folgendes zu Protokoll:

„Im Oktober 2008 – das genaue Datum weiß ich nicht mehr – wollte ich ins Online-banking. Ich habe das Online-banking der … Bank angeklickt. Die Maske hat sich wie gewohnt aufgemacht. Danach kam der Hinweis, dass ich im Moment keinen Zugriff auf Online-banking der … Bank hätte. Danach kam eine Anweisung zehn Tan-Nummern einzugeben. Die Felder waren nicht von 1 bis 10 durchnummeriert, sondern kreuz und quer. Ich habe dann auch die geforderten Tan-Nummern, die ich schon von der Bank hatte, in die Felder chronologisch eingetragen. Danach erhielt ich dann Zugriff auf mein Online-banking. Ich habe dann unter Verwendung einer anderen Tan-Nummer eine Überweisung getätigt.“

Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, da ein Täter nicht ermittelt werden konnte.

Die Klage auf Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision zurückgewiesen.

Die Klage ist unbegründet. Auch wenn der Kläger die Überweisung der 5.000 € nicht veranlasst hat, ist sein Anspruch auf Auszahlung dieses Betrages erloschen, weil die Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe gemäß § 280 Abs. 1 BGB aufgerechnet hat.

Der Kläger ist nach dem in seiner Strafanzeige vorgetragenen Sachverhalt Opfer eines Pharming-Angriffs geworden, bei dem der korrekte Aufruf der Website der Bank technisch in den Aufruf einer betrügerischen Seite umgeleitet worden ist. Der betrügerische Dritte hat die so erlangte TAN genutzt, um der Bank unbefugt den Überweisungsauftrag zu erteilen. Der Kläger hat sich gegenüber der Bank durch seine Reaktion auf diesen Pharming-Angriff schadensersatzpflichtig gemacht. Er hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, indem er beim Log-In-Vorgang, also nicht in Bezug auf einen konkreten Überweisungsvorgang, trotz des ausdrücklichen Warnhinweises der Bank gleichzeitig zehn TAN eingegeben hat. Für die Haftung des Kunden reicht im vorliegenden Fall einfache Fahrlässigkeit aus, weil § 675v Abs. 2 BGB, der eine unbegrenzte Haftung des Kunden bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit vorsieht, erst am 31. Oktober 2009 in Kraft getreten ist.

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Bank hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Nach seinen Feststellungen ist die Bank mit dem Einsatz des im Jahr 2008 dem Stand der Technik entsprechenden iTAN-Verfahrens ihrer Pflicht zur Bereitstellung eines möglichst wenig missbrauchsanfälligen Systems des Online-Banking nachgekommen. Sie hat auch keine Aufklärungs- oder Warnpflichten verletzt. Ob mit der Ausführung der Überweisung der Kreditrahmen des Kunden überschritten wurde, ist unerheblich, weil Kreditinstitute grundsätzlich keine Schutzpflicht haben, Kontoüberziehungen ihrer Kunden zu vermeiden. Einen die einzelne Transaktion unabhängig vom Kontostand beschränkenden Verfügungsrahmen hatten die Parteien nicht vereinbart (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

26.04.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-04-26 23:46:232012-04-26 23:46:23BGH zur Haftung von Bankkunden nach Weitergabe von TAN-Nummern

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