• Suche
  • Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Drittschadensliquidation

Schlagwortarchiv für: Drittschadensliquidation

Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Drittschadensliquidation ohne Zuordnung zu bestimmter Fallgruppe!

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Der BGH hat am 14.1.2016 – VII ZR 271/14 ein besonders examensrelevantes Urteil zur Drittschadensliquidation gesprochen. Nicht nur kann die Entscheidung zur Wiederholung der Grundlagen dieses Klausurklassikers genutzt werden, sondern sollte darüber hinaus auch bekannt sein, um die neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet zu kennen.
I. Sachverhalt
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Halle, die sie an die A verpachtet hat. Nach dem Pachtvertrag hat die Pächterin alle während der Pachtzeit erforderlichen Ausbesserungen und Erneuerungen rechtzeitig und ordnungsgemäß auszuführen und zu zahlen. Die Verpächterin beauftragt später einen Architekten mit Baumaßnahmen zur Erweiterung des Pachtsobjekts. Der Architekt arbeitet mangelhaft und der Pächter bessert auf Grund seiner pachtvertraglichen Pflicht die Mängel auf eigene Kosten aus.
II. Lösung
Die Klägerin begehrte nun Schadensersatz vom Architekten. Der haftungsbegründende Tatbestand liegt unproblematisch wegen der mangelhaften Leistung vor. Doch ist der Klägerin überhaupt ein Schaden entstanden? Schließlich hat der Pächter die Mängel auf eigene Kosten behoben.
Das OLG Oldenburg ging noch davon aus, dass der Klägerin „in Form der mangelhaften Leistung“ selbst ein Schaden entstanden sei. Dieser sei jedoch durch die vom Pächter vorgenommenen Nachbesserungen im Wege der Vorteilsausgleichung kompensiert worden. Dies ist in zweierlei Hinsicht – so letztlich auch der BGH – fehlerhaft. Zunächst ist die mangelhafte Leistung schon gar kein Schaden, sondern eine Pflichtverletzung. Eine derartige Vermengung wäre in der Klausur sicherlich fatal. Die Vermögenseinbuße liegt nämlich beim auf Grund vertraglicher Verpflichtung nachbessernden Pächter vor. Folglich ist auch die Argumentation zur Vorteilsausgleichung fehlgehend: Wenn schon kein eigener Schaden besteht, kann auch keine Vorteilsausgleichung geprüft werden. Dies macht auch der BGH ganz deutlich:

Im Streitfall geht es nicht um eine nachträgliche Beseitigung oder -verminderung eines bereits eingetretenen Schadens aufgrund eines derartigen vom Ersatzberechtigten geschlossenen Vertrags. Vielmehr hat sich bei der Klägerin unter Berücksichtigung der bereits zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bestehenden Vereinbarung in § 5 des Pachtvertrags vom 5. September 1991 hinsichtlich der Sanierungskosten von vornherein keine Vermögenseinbuße verwirklicht.

Der BGH verneint daher das Vorliegen eines eigenen Schadens und geht zur Prüfung der Drittschadensliquidation über. Der Obersatz ist hierbei geradezu schulbuchmäßig:

Aufgrund einer Vertragspflichtverletzung kann der Vertragspartner den daraus entstehenden Schaden grundsätzlich nur insoweit geltend machen, als er bei ihm selbst eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 – IX ZR 41/97, NJW 1998, 1864, 1865, juris Rn. 6). In besonders gelagerten Fällen lässt die Rechtsprechung allerdings eine Drittschadensliquidation zu, bei der der Vertragspartner den Schaden geltend machen kann, der bei dem Dritten eingetreten ist, der selbst keinen Anspruch gegen den Schädiger hat. Für die Zulassung einer Drittschadensliquidation ist der Gesichtspunkt maßgebend, dass der Schädiger keinen Vorteil daraus ziehen soll, wenn ein Schaden, der eigentlich bei dem Vertragspartner eintreten müsste, zufällig aufgrund eines zu dem Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses auf diesen verlagert ist. Die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation scheidet aus, wenn die Drittschadensliquidation zu einer dem allgemeinen Vertragsrecht widersprechenden Schadenshäufung führen würde.

Üblicherweise – und für die Klausur auch empfehlenswert – folgen dann Ausführungen zu den klassischen Fallgruppen der Drittschadensliquidation (s. unseren Grundlagenbeitrag). Im vorliegenden Fall rekurriert der BGH maßgeblich auf die zufällige Schadensverlagerung auf Grund vertraglicher Vereinbarung von Geschädigtem und Anspruchsinhaber. Dies könnte eine deutliche Erweiterung der Anwendung der Drittschadensliquidation bedeuten, ist aber sicherlich richtig: Fallgruppen bilden typische Konstellationen ab, ohne hierbei abschließend zu sein. Letztlich ist die Drittschadensliquidation ein wertendes Instrument: Die Drittschadensliquidation soll dem BGH zufolge nur verhindern, dass dem Schädiger durch vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Geschädigten und einem Dritten, die den Schaden vom Geschädigten auf den Dritten verlagern, ein ungerechtfertigter Vorteil entsteht.
Besonders aufmerksame Prüflinge könnten dann noch das Problem der Schadenshäufung ansprechen. Das Institut der Drittschadensliquidation darf nicht zu einer dem allgemeinen Vertragsrecht widersprechenden Vermehrung von Anspruchsgegner führen – anders als der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, bei welchem gerade ein weiterer Gläubiger generiert wird. Der BGH führt hierzu aus:

Eine die Zulässigkeit der Drittschadensliquidation hindernde Schadenshäufung kann im Streitfall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Erwägung angenommen werden, dass bei der Klägerin ein Schaden in Form der von dem Architekten N. schuldhaft verursachten Mängel des Architektenwerks eingetreten sei. Denn um den Ersatz eines solchen Schadens geht es bei dem Schadensersatzbegehren der Klägerin nicht. Dieses bezieht sich nur auf die entstandenen Sanierungskosten, bei denen es sich um Folgeschäden der von dem Architekten N. schuldhaft verursachten Mängel des Architektenwerks handelt und aus denen eine Vermögenseinbuße lediglich bei der A. GmbH & Co. KG resultiert.

Zudem weist der BGH noch darauf hin, dass eine Versagung der Zahlung an den (ohne die Schadensverlagerung) nicht geschädigten Verpächter nur unter engen Grenzen in Betracht kommt:

Bei einer Drittschadensliquidation, bei der der nach dem Vertrag Ersatzberechtigte Leistung an sich verlangt, ist es dessen Sache, die grundsätzlich den Schädiger nichts angeht, die Ersatzleistung an den geschädigten Dritten weiterzuleiten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 – IX ZR 41/97, NJW 1998, 1864, 1865, juris Rn. 7). Nur wenn feststeht, dass der geschädigte Dritte tatsächlich nichts davon erhalten würde, ist es gerechtfertigt, den Anspruch zu versagen. Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls ist vom Schädiger zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 – IX ZR 41/97, aaO).

III. Fazit
Ein toller Fall fürs Examen – Durcharbeiten lohnt sich!

 

14.04.2016/10 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2016-04-14 12:08:272016-04-14 12:08:27BGH: Drittschadensliquidation ohne Zuordnung zu bestimmter Fallgruppe!
Dr. Patrick Christian Otto

Der Dritte im Schuldverhältnis

Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen weiteren Gastbeitrag von Patrick Otto [Studium in Hannover. Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht (Prof. Dr. Volker Epping) sowie am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft (Prof. Dr. Veith Mehde)] veröffentlichen zu können.
Der Beitrag behandelt das examensrelevante Thema des „Dritten im Schuldverhältnis“.
Der Dritte im Schuldverhältnis
Der Dritte im Schuldverhältnis begegnet einem im Studium immer wieder in den verschiedensten Konstellationen und ist stets beliebter Prüfungs- und Examensstoff. Die besondere Schwierigkeit liegt darin, dass wechselweise mit geschriebenen und ungeschriebenen Ansprüchen operiert werden muss, weshalb viele Studierende beim Anblick von Sachverhalten im Dreipersonenverhältnis wie beim Anblick der Medusa zu Stein erstarren. Dass eine solch panische Reaktion nicht sein muss, möchte der folgende Beitrag zeigen. Dieser verfolgt daher den Anspruch, die bestehenden Unsicherheiten zu beseitigen und einen systematischen Überblick zu den jeweiligen Ansprüchen und Fallgruppen zu geben.
A. Einleitung
Der BGH hat einen schuldrechtlichen Liebling: den Dritten. Da es der Gesetzgeber versäumt hat, alle Fallgestaltungen, in denen Dritte im Schuldverhältnis eine Rolle spielen, selbst positivgesetzlich zu regeln, hat die Rechtsprechung neue Institute entwickeln müssen. Dies hat zwar dazu geführt, dass alle denkbaren Fallkonstellationen rechtlich lösbar sind, jedoch existiert mittlerweile ein nicht ganz leicht durchschaubares Dickicht. Dies wird noch zusätzlich durch den Umstand erschwert, dass die einzelnen Institute relativ ähnlich klingen und daher eine begriffliche Abgrenzung auf den ersten Blick schwierig ist. So fallen unter den Begriff Dritte im Schuldverhältnis vor allem die Leistungserbringung durch Dritte, die Leistungsbestimmung durch Dritte, der Vertrag zugunsten Dritter, der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und die Drittschadensliquidation. Ergänzend dazu ist auch ein Austausch von Gläubiger und/oder Schuldner möglich, allerdings würde eine umfassende Darstellung hierzu den Umfang dieses Beitrags übersteigen.
Der Beitrag gibt zunächst einen kurzen Überblick zu den Grundlagen des Dritten im Schuldverhältnis (II.) und erläutert sodann die einzelnen Institute (III. – VI.) mit ihren individuellen Besonderheiten und grenzt diese voneinander ab. Damit der studentische Leser das erlernte Wissen auch in der Klausur anzuwenden weiß, werden kompliziertere Ausführungen anhand von Beispielsfällen verdeutlicht. Alle Arbeitsergebnisse werden schlussendlich in einem Resümee zusammengefasst (VII.).
B. Grundlagen zum Dritten im Schuldverhältnis
Bevor auf die einzelnen Institute des Dritten im Schuldverhältnis eingegangen wird, ist zunächst einmal ein Grundverständnis von dessen Konstruktion erforderlich. Die Tatsache, dass Dritte in einem an sich nur inter partes wirkenden Rechtsverhältnis einbezogen werden, ist eine besondere Ausprägung der Vertragsfreiheit und daher an sich unbedenklich. Die Vertragsfreiheit gebietet dabei, dass Dritte stets nur begünstigt, jedoch nie belastet werden dürfen (Stichwort: Verbot des Vertrags zulasten Dritter).
Beispiel: A und B vereinbaren, dass ihr gemeinsamer Strebergarten an C übergeben und übereignet wird. Die Parteivereinbarung zwischen den beiden erlegt ihm allerdings gleichwohl die Pflicht auferlegt, den Rasen des Gartens einmal im Monat zu mähen und zu bewässern.
Allgemein gilt bei vielen Rechtsinstituten zum Dritten im Schuldverhältnis, dass diese ihre Rechtfertigung und Erforderlichkeit in dem fragmentarischen Charakter des Deliktsrechts finden, der ein zu geringes Schutzniveau für Dritte gewährleistet, sodass es vertraglicher Ansprüche bedarf.
C. Die Leistungserbringung durch Dritte und die Leistungsbestimmung durch Dritte
Die Leistungserbringung zwischen zwei Vertragspartnern kann durch Dritte erfolgen (I.) oder die Leistung wird von diesen bestimmt (II.).
I. Leistungserbringung durch Dritte, § 267 I BGB
Eine Leistungserbringung durch Dritte ist von vornherein ausgeschlossen, wenn der Schuldner höchstpersönlich zur Leistung verpflichtet ist. Die persönliche Leistungspflicht lässt sich dabei auf dreierlei Weise konstruieren. Erstens können es die Vertragsparteien vereinbaren. Zweitens gibt es bestimmte gesetzliche Schuldverhältnisse, bei denen in der Regel in Person zu leisten ist (vgl. §§ 613, 664, 691, 713 BGB). Drittens kann sich die Höchstpersönlichkeit der Leistungspflicht auch aus der Natur des Schuldverhältnisses ergeben. Soweit die höchstpersönliche Leistungspflicht jedoch nicht gegeben ist, kann er sich gem. § 267 I BGB eines Dritten bedienen. Zu beachten ist dabei wiederum, dass bei einer Leistung durch Dritte stets der Schuldner gegenüber dem Gläubiger zur Leistung verpflichtet ist, sodass die Relativität des Schuldverhältnisses gewahrt bleibt. § 267 I BGB selbst ist nur unter engen Voraussetzungen einschlägig.
1. Eigenschaft des Dritten
Zunächst einmal muss es sich bei dem Leistungserbringer um einen Dritten handeln. Dies ist nur dann gegeben, wenn der Dritte eine eigene Leistung erbringt. Kein Erbringen einer eigenen Leistung liegt etwa beim Einsatz eines Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB vor.
2. Leistung auf eine fremde Schuld
Zudem ist erforderlich, dass auf eine fremde Schuld geleistet wird. Anhand dessen erfolgt die Abgrenzung zur Gesamtschuldnerschaft nach § 421 BGB sowie zur Bürgschaft nach § 765 BGB. Gesamtschuldner und Bürgen leisten nämlich auf eine eigene Schuld.
3. Fremdtilgungswille
Der Leistende muss auch einen Fremdtilgungswillen aufweisen, der sich nach außen manifestiert (vgl. BGH NJW 2012, 525). Am Fremdtilgungswillen fehlt es etwa bei gemischten Geschäften, bei denen der Dritte auch eine eigene Schuld tilgen möchte.
4. Rechtsfolgen
Hat der Dritte die fremde Schuld beglichen, so erlischt der Anspruch gegenüber dem Schuldner nach § 362 BGB durch Erfüllung (BGH, NJW-RR 2004, 983). Die durch den Dritten erfüllte Schuld geht allerdings nicht im Wege eines gesetzlichen Forderungsübergangs vom Gläubiger auf diesen über. Etwaige Rückgriffsansprüche müssen vielmehr entweder vertraglich zwischen Schuldner und Drittem vereinbart werden oder aus der Geschäftsordnung ohne Auftrag nach den §§ 677 ff. BGB herzuleiten sein.
II. Leistungsbestimmung durch Dritte, §§ 317 – 319 BGB
In besonderen Ausnahmefällen betrauen die Vertragsparteien eine besonders vertrauenswürdige und sachkundige Person damit, ihre Leistungspflichten festzulegen. Diese Rechtsfigur heißt Leistungsbestimmung durch Dritte und findet ihren gesetzlichen Niederschlag in den §§ 317 – 319 BGB. Zu nennen ist hier etwa, dass der Dritte seine Entscheidung gem. § 317 I BGB nach billigem Ermessen zu treffen hat, wenngleich es auch möglich ist, dass der gröbere Maßstab des freien Beliebens vereinbart wird (§ 319 II BGB). Der Dritte wird wiederum selbst zu keinem Zeitpunkt Vertragspartner, sondern bleibt stets außerhalb des Schuldverhältnisses. Praktisch wird jedoch meist ein eigenes Schuldverhältnis zwischen dem Dritten und den Vertragspartnern vorliegen, das den Dritten in die Haftung nimmt, wenn dieser der Verpflichtung zur Leistungsbestimmung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt. Praktisch relevant wird dies etwa bei Industrie- und Handelskammern (BGH, NJW 2001, 3775) oder bei paritätisch besetzten und unabhängigen Gremien im Arbeitsrecht (BAG, DB 1996, 2630).
D. Der Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328 ff. BGB
Fall 1: Vater V legt für seinen Sohn S bei der Bank B ein Sparkonto auf dessen Namen an, auf das er monatlich 100, – € einzahlt und über das S an seinem 18. Geburtstag verfügen darf.
Der Vertrag zugunsten Dritter ist geregelt in den §§ 328 ff. BGB und hat aufgrund seiner zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten inzwischen Eingang in jeden Vertragstypus gefunden, sodass er in der Praxis sehr beliebt ist. So sind etwa die betriebliche Altersvorsorge eins Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer oder die Lebensversicherung der Eltern zugunsten der Kinder auch Verträge zugunsten Dritter, um nur einige Beispiele zu nennen. Bei diesem ist wiederum nach dem echtem und dem unechtem Vertrag zugunsten Dritter zu differenzieren. Beim echten bzw. berechtigenden Vertrag zugunsten Dritter erhält der Dritte ein eigenes, vollumfängliches Forderungsrecht gegenüber dem Schuldner, dass er in eigenem Namen geltend machen kann. Beim unechten bzw. ermächtigenden Vertrag zugunsten Dritter ist dieses Forderungsrecht des Dritten gerade nicht vorhanden, sondern dieser ermächtigt einerseits den Schuldner, an den Dritten schuldbefreiend zu leisten und andererseits den Dritten, die Leistung entgegen zu nehmen. Welche der beiden Formen vorliegt, kann entweder durch Parteivereinbarung explizit geregelt sein oder muss andernfalls durch Auslegung anhand der §§ 329, 330 BGB ermittelt werden. Der Vertrag zugunsten Dritter ist allerdings keinesfalls ein eigener Vertragstypus, sondern die Drittbegünstigung folgt vielmehr aus der inhaltlichen Ausgestaltung des jeweiligen Vertrags.
I. Die Beteiligten beim Vertrag zugunsten Dritter
Die drei Beteiligten werden dabei als Versprechender, Versprechensempfänger sowie Dritter bezeichnet. Im eingangs beschriebenen Fall verspricht die Bank B (= Versprechende) dem Vater V (= Versprechensempfänger), dass diese an den Sohn S (= Dritter) an seinem 18. Geburtstag die Spareinlage auszahlt. Die entsprechenden Rechtsverhältnisse zwischen B, V und S heißen Deckungsverhältnis, Valutaverhältnis sowie Vollzugsverhältnis. Während sich die ersten beiden Begriffe bereits vollständig durchgesetzt haben, wird statt des Begriffs des Vollzugsverhältnisses auch häufiger von direktem Leistungsverhältnis, Leistungsverhältnis oder Zuwendungsverhältnis gesprochen.
Im Deckungsverhältnis stehen sich Versprechender und Versprechensempfänger gegenüber, die gemeinsam eine Drittbegünstigung vereinbaren. Diese Begünstigung kann auch später durch eine Änderung des betreffenden Schuldverhältnisses geschaffen werden. Im Valutaverhältnis sind der Versprechensempfänger und der Dritte die handelnden Akteure. Diese sind regelmäßig bereits im Vorfeld durch eine schuldrechtliche Beziehung verbunden oder wollen diese zumindest durch die Drittbegünstigung schaffen. Im Vollzugsverhältnis sind Versprechender und Dritter betroffen, die durch die Drittbegünstigungsabrede in einem echten Schuldverhältnis zueinander stehen.
II. Grafische Veranschaulichung
1
III. Rechtsfolge des Vertrags zugunsten Dritter
Durch den Vertrag zugunsten Dritter erwirbt der Dritte einen eigenen Anspruch (§ 328 I BGB). Dieser entsteht automatisch und sogar ohne dessen Kenntnisnahme. Der genaue Anspruchsinhalt wird durch die Vereinbarung im Deckungsverhältnis vorgegeben, sodass anhand dieser auch zu bestimmen ist, ob ein echter oder ein unechter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt. Soweit dabei keine ausdrückliche Vereinbarung über die Rechte des Dritten getroffen wurde, sind die gesamten Umstände, insb. auch der Vertragszweck und der Parteiwille, in die Abwägung zwischen echtem und unechtem Vertrag mit einzubeziehen (vgl. § 328 II BGB). Als grobe Faustformel kann man sich hierbei merken, dass Verträge, welche die Versorgung eines Dritten bezwecken, i.d.R. als echte Verträge zugunsten Dritter zu werten sind, während Erfüllungsübernahmen zur Befriedigung anderer Gläubiger eher unechte Verträge zugunsten Dritter sind.
IV. Der Schutz des Dritten
Um den Dritten gegen unliebsame Begünstigungen zu schützten, räumt § 333 BGB diesem ein Zurückweisungsrecht durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Versprechenden oder dem Versprechensempfänger ein. Dies hat etwa den Grund, dass der Dritte an der Leistung kein Interesse hat oder die Folgekosten scheut.
Beispiel: A und B vereinbaren, dem C einen Husky (US-Amerikanische Hunderasse) zu schenken. Dieser muss wiederum mindestens dreimal am Tag über 20 Kilometer Auslauf erhalten und kann zudem nur mit einem Spezialfutter ernährt werden.
V. Vertragsstörungen durch Pflichtverletzungen
1. Pflichtverletzungen des Versprechensempfänger
Bei einer Pflichtverletzung im Deckungsverhältnis seitens des Versprechungsempfängers kann der Versprechende Schadensersatzansprüche aus den §§ 280 ff. BGB oder auch nach den §§ 323 ff. BGB vom Vertrag zurücktreten, sodass sich keine spezifischen Besonderheiten ergeben.
2. Pflichtverletzungen des Versprechenden
Verletzt der Versprechende eine Pflicht aus dem Deckungs- oder Vollzugsverhältnis, können sowohl Versprechensempfänger als auch Dritter einen Schadensersatzanspruch aus den §§ 280 ff. BGB geltend machen (vgl. § 335 BGB). Der Dritte ist jedoch privilegiert, da ihm ein Leistungsanspruch an sich selbst zusteht, während der Versprechensempfänger nur Leistung an den Dritten verlangen kann. Zurücktreten kann demgegenüber nur der Versprechensempfänger, da der Dritte nicht selbst Vertragspartner ist. Soweit der Dritte allerdings selbst eine nicht mehr entziehbare Forderung gegen den Versprechenden hat, ist nach h.M. seine Zustimmung zur Rücktrittserklärung des Versprechensempfängers erforderlich.

3. Pflichtverletzungen des Dritten

Verletzt der Dritte im Valutaverhältnis eine Pflicht gegenüber dem Versprechensempfänger, so wirkt sich dies indes nicht auf das Deckungsverhältnis aus. Verletzt er wiederum eine Pflicht gegenüber dem Versprechenden aus dem Vollzugsverhältnis (etwa Verletzung der Abnahmepflicht aus § 433 II BGB), muss sich der Versprechensempfänger das Verhalten des Dritten zurechnen lassen.
4. Der Vertrag zugunsten Dritter in der Fallbearbeitung
In der Fallbearbeitung ist zunächst die Wirksamkeit des Vertrags zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger zu prüfen. Ergibt sich in dieser Prüfung eine Einwendung des Versprechenden (etwa Gesetzes- und Sittenwidrigkeit oder die Möglichkeit der Anfechtung) gegenüber dem Versprechensempfänger, so greift diese auch auf den Dritten durch, sodass die Frage obsolet ist, ob der Dritte nun Teil eines echten oder unechten Vertrags ist. Wenn der Vertrag hingegen wirksam ist, so ist im Anschluss zu thematisieren, ob der Vertrag dem Dritten auch ein eigenes Forderungsrecht einräumt (Abgrenzung echter/unechter Vertrag zugunsten Dritter), was zumeist den Schwerpunkt einer Klausur darstellt. Wird dann das Bestehen eines echten Vertrags zugunsten Dritter bejaht, geht der Anspruch zumeist auch durch, da eine Aufrechnung (vgl. §§ 387 ff. BGB) des Versprechenden gegenüber dem Drittem mit einer bestehenden Forderung gegen den Versprechensempfänger nicht möglich ist, da es insoweit am Merkmal der Gegenseitigkeit fehlt.
Lösung zu Fall 1: Die Vereinbarung zwischen dem Vater V und der Bank B ist wohl so auszulegen, dass dem Sohn S bei Erreichen des 18. Lebensjahrs ein eigenes Forderungsrecht gegenüber der Bank zustehen soll, da davon auszugehen ist, dass er eine möglichst starke Rechtsposition seines Sohnes begehrt.
E. Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Fall 2: Familie F bewohnt eine renovierungsbedürftige Dachgeschosswohnung, in der u.a. zahlreiche Malerarbeiten durchzuführen sind. Daher beauftragt Vater V den stets sorgfältig arbeitenden Malerbetrieb des M. Dieser schickt seinen sorgfältig ausgesuchten und regelmäßig nachgeschulten Gehilfen G zur Ausführung der Arbeiten. Aus Unachtsamkeit fällt während der Malerarbeiten die Leiter des G auf den 8-Jährigen Sohn S. Dieser erleidet starke Prellungen und Schürfwunden und muss daher medizinisch behandelt werden. V verlangt von M Ersatz der Behandlungskosten i.H.v. 200, – € sowie Schmerzensgeld i.H.v. 300, – €.
Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verschafft Dritten, die selbst nicht Vertragspartner sind, neben den deliktischen Ansprüchen eigene vertragliche Ansprüche. Leider gehörte er, anders als der Vertrag zugunsten Dritter, lange Zeit nicht zu den vom Gesetzgeber geregelten Typen, wenngleich seine Existenz und Erforderlichkeit seit vielen Jahrzehnten durch Rechtsprechung und Literatur anerkannt ist. Daher war man sich über die dogmatische Herleitung im Unklaren. Ursprünglich versuchte bereits das Reichsgericht den Rechtsgedanken des § 328 BGB in Analogie auch auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritte anzuwenden. Dem wurde jedoch berechtigterweise entgegengehalten, dass § 328 BGB eben gerade nur den Vertrag zugunsten Dritter regelt und sich dieser vom Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte erheblich unterscheidet. Andere Lösungsoptionen waren die ergänzende Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB sowie die Herleitung aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB. Um diesen Konflikt zu entschärfen, herrschte zumindest Einigkeit darüber, dass das Rechtsinstitut gewohnheitsrechtlich anerkannt ist. Inzwischen hat der Gesetzgeber diese Lücke erkannt und mit der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 in § 311 III 1 BGB eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die jedoch nicht unisono anerkannt ist, sondern vielmehr von vielen Vertretern im Schrifttum abgelehnt wird.
I. Abgrenzung zum Vertrag zugunsten Dritter
Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erscheint auf den ersten Blick allein schon begrifflich dem Vertrag zugunsten Dritter sehr ähnlich. Hier ist allerdings eine Abgrenzung angezeigt. Während beim Vertrag zugunsten Dritter der Dritte einen eigenen Erfüllungsanspruch auf die vertragsgemäße Primärleistung des Schuldners hat, stehen diesem beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte nur Sekundäransprüche in Form von Schadensersatz zu.
II. Grafische Veranschaulichung
2
III. Sinn und Zweck des Rechtsinstituts
Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wurde, wie bereits unter II. erwähnt, vor dem Hintergrund des fragilen deliktischen Schutzes geschaffen. Seine Notwendigkeit lässt sich plastisch gut mit dem eingangs beschriebenen Fall 2 erklären. Ohne ein zusätzliches Rechtsinstitut hätte der Sohn S nur einen deliktischen Anspruch gegen M aus § 831 BGB. Würde der M wiederum geltend machen, den G sorgfältig ausgesucht und stets geschult zu haben, könnte er sich gem. § 831 I 2 BGB exkulpieren und S ginge sprichwörtlich leer aus. Dieses Ergebnis wird allgemein als unbillig empfunden, da die vertragliche Leistung (= Malerarbeiten) für die ganze Familie gedacht ist und damit auch dem S zugutekommen soll. Somit ist man darum bemüht, auch einen eigenen vertraglichen Schadensersatzanspruch des S zu konstruieren. In genau diese Kerbe schlägt das Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Er dient dabei traditionell dem Ersatz von Körperschäden, jedoch werden auch Vermögensschaden vermehrt über dieses Rechtsinstitut geltend gemacht.
IV. Tatbestandsmerkmale
Auch wenn der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter inzwischen nach jedenfalls zum Teil vertretender Auffassung in § 311 III 1 BGB geregelt ist, gehen aus diesem nicht die Tatbestandsmerkmale hervor. Daher war es Aufgabe der Rechtsprechung, die rechtlichen Grenzen des Anspruchs zu entwickeln (vgl. insbesondere BGH, NJW 1970, 40; NJW 1975, 868; NJW 1976, 1844; NJW 2008, 2245, 2247). Dies war auch insbesondere vor dem Hintergrund erforderlich, dass die Haftung keinesfalls uferlos erfolgen darf, sondern stets die Grenze zwischen vertraglicher und deliktischer Haftung beachtet werden muss (BGH, NJW 1969, 269).
1. Leistungsnähe des Dritten
Zunächst muss der Dritte mit der Leistung des Schuldners in Kontakt kommen und den damit verbundenen Risiken damit gleich dem Gläubiger ausgesetzt sein. In vorvertraglichen Schuldverhältnissen ist der Kontakt zwischen Schuldner und Drittem hingegen irrelevant, sondern dort kommt es ausschließlich darauf an, dass der Dritte mit dem Gefahrenbereich des Schuldverhältnisses in Kontakt kommt, sodass auch von einer Einwirkungsnähe gesprochen werden kann.
2. Gläubigernähe
Hinzu tritt, dass der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Schuldverhältnisses haben muss. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen den einzelnen Schadenstypen. Bei Körper- und Sachschäden bedient sich die Rechtsprechung der sog. „Wohl- und Wehe-Formel“, nach der der Dritte dann einzubeziehen ist, wenn der Schuldner selbst für dessen Schutz und Fürsorge einzustehen hat. Hierunter fällt etwa das Vater-Sohn-Verhältnis oder auch das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis. Im Bereich der wie anfangs erwähnt immer beliebter werdenden Vermögensschäden gilt diese Formel wiederum nicht, sodass teilweise sogar auf den generellen Verzicht des Tatbestandsmerkmals der Gläubigernähe plädiert wird.
3. Erkennbarkeit von Leistungsnähe des Dritten und Gläubigernähe für den Schuldner
Verbindendes Element zwischen der Leistungsnähe des Dritten und der Gläubigernähe ist die Erkennbarkeit für den Schuldner. Diese erfordert indes nicht, dass der Schuldner die Namen oder die Zahl der betreffenden Dritten kennt, jedoch, dass er weiß, dass seine Handlung für einen potenziell überschaubaren und abgrenzbaren Kreis von Personen relevant sein kann. So bejahte der BGH etwa im Bausachverständigen-Fall die Erkennbarkeit schon dadurch, dass der Ersteller eines Baugutachtens wusste, dass dieses für (potenzielle) Käufer relevant werden könnte (vgl. BGH, NJW 1995, 392). Letztlich stellt die Erkennbarkeit der Leistungsnähe des Dritten und der Gläubigernähe für den Schuldner daher keine unüberwindbare Hürde dar, schützt aber gleichsam den Schuldner vor willkürlicher Haftung.

4. Schutzbedürftigkeit des Dritten

Zuletzt kann die Geltendmachung von Schäden von an der fehlenden Schutzbedürftigkeit des Dritten scheitern. Dies ist etwa dann der Fall, wenn dem Geschädigten Dritten ein eigener gleichwertiger vertraglicher Anspruch zusteht. Virulent wird dies etwa im Bereich der Untermietverhältnisse, bei denen der Untervermieter von der Rechtsprechung nicht in den Schutzbereich zwischen Hauptmieter und Vermieter einbezogen wird, da der Untermieter einen eigenen Anspruch aus § 536 a I BGB gegen den Hauptmieter hat (BGH, NJW 1978, 883).
V. Rechtsfolge
Liegen alle tatbestandlichen Voraussetzungen vor, erhält der Dritte einen Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld, den er in eigenem Namen geltend machen kann. Einziger Wehrmutstropfen aus Sicht des Dritten ist allerdings, dass er sich ein etwaiges Mitverschulden des Gläubigers jedenfalls nach h.M. anrechnen lassen muss, die dies über eine Analogie des § 334 BGB konstruiert. Dem hält jedoch die Gegenansicht m.E. zurecht entgegen, dass der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ein eigenes Rechtsverhältnis schafft, auf dass das Verschulden des Gläubigers nur dann Einfluss haben kann, wenn dieser Erfüllungsgehilfe oder gesetzlicher Vertreter ist (vgl. §§ 254 II, 278 BGB).

VI. Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in der Fallbearbeitung

In Klausuren ist der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter stets unter dem Prüfungspunkt „Schuldverhältnis“ im Rahmen des § 280 I BGB zu thematisieren. Gleichwohl hat der BGH im sog. „Gemüseblattfall“ auch die Existenz eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses zugunsten Dritter anerkannt, sodass die Prüfung dann im Rahmen der §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB unter dem Prüfungspunkt „Schuldverhältnis kraft vorvertraglichen Vertrauens“ zu erfolgen hat. Bevor mit der Prüfung der Tatbestandsmerkmale des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter begonnen wird, sollten jedoch Ausführungen zur dogmatischen Herleitung angestellt werden, da der § 311 III 1 BGB als Anspruchsgrundlage teilweise nicht anerkannt wird und deshalb nicht per se verwendet werden darf.
Lösung zu Fall 2: Wie bereits oberhalb angesprochen scheidet ein deliktischer Anspruch aus § 831 BGB wegen der Möglichkeit der Exkulpation des M nach § 831 I 2 BGB aus. S ist als Sohn des V wiederum in einer unmittelbaren Leistungsnähe und ist als 8-Jähriger auch schutzwürdig. Damit steht ihm ein Anspruch aus dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu.
F. Die Drittschadensliquidation
Fall 3: Der Harley-Davidson-Liebhaber E lässt sein Motorrad im Winter stets in der Garage seines Nachbarn N stehen. Da N gerne zum Sommer eine schicke und frisch gestrichene Garage haben möchte, beauftragt er den Malermeister M, die Innenwände neu zu streichen. Dieser schickt den stets zuverlässigen und seit 10 Jahren im Betrieb des M stehenden Gesellen G. Diesem fällt aus Unachtsamkeit ein Farbeimer aus der Hand, der sich über das Motorrad des E ergießt und beträchtliche Schäden anrichtet. E verlangt Schadensersatz von M. Zu Recht?
Die Drittschadensliquidation ist im Kanon der Ansprüche Dritter das wohl dem ersten Anschein nach schwierigste Rechtsinstitut und betrifft den Fall, dass ein Schaden, der an sich den Vertragspartner getroffen hätte, aufgrund unvorhersehbarer Umstände auf einen anderen verlagert wird. Seine Besonderheit liegt darin, dass er sich nicht an konkreten Tatbestandsmerkmalen begründen lässt, sondern vielmehr feste Fallgruppen entwickelt wurden, die in gewisser Weise checklistenartig durchgegangen werden müssen. Es ist grundsätzlich zwar auch möglich, eigene Fallgruppen zu bilden, jedoch ist dies äußerst kompliziert und sollte daher vermieden werden, zumal dann häufig auch andere Institute greifen. Liegen die Voraussetzungen vor, ist allerdings nicht der geschädigte Dritte Anspruchsinhaber, sondern stets nur derjenige, in dessen Rechtsposition eingriffen wurde, also der Gläubiger.

I. Abgrenzung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter

Die Drittschadensliquidation unterscheidet sich dadurch vom Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, dass der Dritte bei der Drittschadensliquidation keinen eigenen Ersatzanspruch gegen den Schuldner erhält, sondern der Gläubiger den Anspruch des Dritten geltend machen muss. Damit wird der Schaden zur Anspruchsgrundlage gezogen, während dies beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter von der Anspruchsgrundlage zum Schaden erfolgt.

II. Grafische Veranschaulichung

3
III. Die anerkannten Fallgruppen
1. Fallgruppe 1: Obligatorische Gefahrentlastung
Die lange Zeit prominenteste Fallgruppe der obligatorischen Gefahrentlastung war dann gegeben, wenn der Schaden auf Grundlage einer speziellen Bestimmung über die vertragliche Gefahrtragung auf einen Dritten verlagert wird, was vor allem beim Versendungskauf nach § 447 BGB der Fall ist. In der Praxis konnten dadurch vor allem Rechtsprobleme bei der Versendung durch einen gewerbsmäßigen Frachtführer gelöst werden. Der Gesetzgeber hat dies allerdings auch selbst erkannt und schuf daher im Rahmen der Transportrechtsreform 1998 die §§ 421 I 2, 425 I HGB, die vorsehen, dass der Empfänger der Fracht seine Ansprüche direkt gegenüber dem Frachtführer geltend machen kann. Damit fristet die obligatorische Gefahrentlastung heutzutage eher ein Schattendasein.
2. Fallgruppe 2: Mittelbare Stellvertretung
Bis heute nicht an Bedeutung verloren hat wiederum die Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung, bei der jemand im eigenen Namen aber für fremde Rechnung auftritt und Verträge abschließt (sog. Kommissionsverträge). Schäden treten dann häufig beim Geschäftsherrn ein, sodass der mittelbare Stellvertreter an sich keine Möglichkeit hat, die Schäden direkt beim Vertragspartner geltend zu machen. Um diesen misslichen Umstand zu beseitigen, ist gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass die Inanspruchnahme des Vertragspartners durch den Stellvertreter über die Drittschadensliquidation möglich ist (BGH, NJW 1996, 2734).
3. Fallgruppe 3: Obhut für Fremde Sachen
Die dritte und letzte Fallgruppe betrifft die Konstellation, dass der ersatzberechtigte Vertragspartner die Obhut über fremde Sachen ausübt. Werden diese Sachen vom Vertragspartner der zur Obhut verpflichteten Person beschädigt oder sogar gänzlich zerstört, so kann der Ersatzberechtigte den Schaden des Eigentümers geltend machen. Teilweise stößt allerdings auch diese Figur auf Kritik, da in solchen Fällen auch ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter konstruierbar sei, der den Eigentümer mit einbezieht.
IV. Die Drittschadensliquidation in der Fallbearbeitung
Dadurch, dass Grundvoraussetzung der Drittschadensliquidation ist, dass dem Geschädigten kein eigener Schadensersatzanspruch zusteht, ist der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vorrangig zu prüfen. Wird dieser verneint, so ist die Drittschadensliquidation nach dem folgenden Schema zu prüfen:
– Der Anspruchsinhaber hat einen Anspruch, aber keinen Schaden
– Der Geschädigte hat einen Anspruch, aber keinen Schaden
– Zufällige Schadensverlagerung (Prüfung der drei Fallgruppen)
Liegen die drei Voraussetzungen kumulativ vor, kann der Gläubiger den Anspruch für den Geschädigten gegenüber dem Schuldner geltend machen.
Lösung zu Fall 3: Dieser Fall ist ein Beispiel für die Übernahme der Obhut für fremde Sachen. N hat freundlicherweise für den E die Obhut über sein Motorrad übernommen. Wird dieses beschädigt, hätte zwar N einen Anspruch gegen M, jedoch hat dieser nicht den Schaden, sondern E. Damit E in einer solchen Situation selbst geschützt wird, kann der N für ihn im Wege der Drittschadensliquidation Ersatz für die Beschädigung der Harley-Davidson verlangen.

G. Resümee

Dritte im Schuldverhältnis hebeln die Systematik des BGB nicht aus, sondern der Grundsatz der Relativität des Schuldrechts (Geltung inter partes, vgl. § 241 BGB) zwischen Gläubiger und Schuldner wird beibehalten. Nur ausnahmsweise begründet ein Schuldverhältnis auch originäre Rechte und Pflichten Dritter. Die Leistungserbringung an Dritte sowie die Leistungsbestimmung durch Dritte ist Ausfluss des modernen Geschäftsverkehrs, in dem eben nicht mehr nur Zweipersonenverhältnisse existieren, sondern das Funktionieren des Wirtschaftslebens gerade vom Dritten abhängt. Ebenfalls geringe Besonderheiten weist der Vertrag zugunsten Dritter auf, bei dem die Begünstigung des Dritten auf expliziter Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger beruht. Auch der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter trägt zumindest dem Willen des Vertragspartners adäquat Rechnung, der in einem besonderen Näheverhältnis zum Dritten steht. Einzig die Drittschadensliquidation ist bisweilen systemfremd und bedarf daher einer restriktiven und an ausgewählten Fallgruppen orientierten Handhabung, wenngleich sie an sich aus Billigkeits- und Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten ist. Zusammenfassend zeigt der Beitrag, dass die Beteiligung von Dritten im Schuldverhältnis mit soliden Grundkenntnissen gut zu beherrschen ist und den Prüfling nicht vor unüberwindbare Hürden stellt. Es empfiehlt sich jedoch aufgrund der starken richterrechtlichen Implikationen die Judikatur des BGH im Blick zu behalten, um auch auf neuartige Fallgestaltungen vorbereitet zu sein.
 
 

10.11.2015/1 Kommentar/von Dr. Patrick Christian Otto
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Patrick Christian Otto https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Patrick Christian Otto2015-11-10 08:18:072015-11-10 08:18:07Der Dritte im Schuldverhältnis
Dr. Gerrit Forst

Übersicht: Drittschadensliquidation

Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Für die zivilrechtlichen Klausuren im 1. Staatsexamen muss man einige dogmatische Konstruktionen auswendig kennen, die sich im Ernstfall nicht aus dem Gesetz ableiten lassen. Dazu zählt unter anderem auch die Drittschadensliquidation (DSL). Die folgende Übersicht soll Euch einen kurzen Überblick über diese Rechtsfigur verschaffen. Abzugrenzen ist sie vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (s. dazu diesen Artikel).
1. Warum überhaupt DSL?
Wozu braucht man überhaupt die DSL? Um eine Rechtsfigur zu verstehen, hilft es, sich zuerst einmal die Interessen der Beteiligten vor Augen zu führen. Die DSL spielt normalerweise in einem Dreipersonenverhältnis. Die Grundkonstellation ist immer dieselbe: Ein Beteiligte fügt einem der anderen Beteiligten einen Schaden zu. Dieser wirtschaftlich Geschädigte (im Folgenden: „Dritter“) hat aber keinen Anspruch gegen den Schädiger (meistens, weil keine Vertragsbeziehung besteht und das Deliktsrecht keinen Anspruch gewährt) und auch nicht aufgrund seiner vertraglichen Beziehung mit dem „formal“ Geschädigten (im Folgenden: „Geschädigter“). Der Geschädigte unterhält seinerseits zwar meistens eine Vertragsbeziehung zu dem Schädiger und hätte deshalb „formal“ einen Ersatzanspruch, jedoch entsteht ihm kein Schaden, weil dieser durch den Vertrag mit dem Dritten auf diesen abgewälzt wird. Die Gläubigerseite zerfällt also in zwei Parteien: Den Dritten einerseits und den Geschädigten andererseits.
Das Interesse des Dritten muss nun darin bestehen, seinen Schaden mit dem Anspruch des Geschädigten zu kombinieren, um so gegen den Schädiger vorgehen zu können. Dieser wird einwenden, dass er nun einmal nach den allgemeinen Regeln nicht hafte.
Die Rechtsprechung sieht dieses Problem. Die DSL soll dem BGH zufolge nur verhindern, dass dem Schädiger durch vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Geschädigten und einem Dritten, die den Schaden vom Geschädigten auf den Dritten verlagern, ein ungerechtfertigter Vorteil entsteht (Urt. v. 18.3.2010 – I ZR 181/08, juris Rn. 47 ). Deshalb beschränkt die Rechtsprechung die DSL auf recht eng umgrenzte Konstellationen. Als Rechtsgrundlage verweist der BGH auf „Gewohnheitsrecht“ (BAG, Urt. v. 18.7.2006 – 1 AZR 578/05, NJW 2007, 1305 Rn. 15). Das ist zweifelhaft, da die DSL bis heute von Teilen der Literatur bekämpft wird (z.B. Junker, AcP 193 (1993), 348 ff.; Stamm, AcP 203 (2003), 366, 367) und dies der Entstehung von Gewohnheitsrecht eigentlich entgegensteht.
2. Tatbestand der DSL
Die DSL hat drei Voraussetzungen, von denen die dritte in der Regel die einzig problematische ist:
a) Dritter hat keinen Anspruch
Erste Voraussetzung einer DSL ist in jedem Fall, dass dem Dritten kein eigener Anspruch gegen den Schädiger zusteht (s. etwa BGH, Urt. v. 16.11.2006 – I ZR 257/03, NJW 2007, 1809 Rn. 17). Allerdings soll ein eigener deliktischer Anspruch des Dritten in bestimmten Konstellationen (Obhutspflicht, s. unten) die DSL nicht hindern (BGH, Urt. v. 10.5.1984 – I ZR 52/82, NJW 1985, 2411, 2412), sondern mit einem Anspruch aus DSL konkurrieren können.
b) Geschädigter hat keinen Schaden
Zweite Voraussetzung der DSL ist, dass dem Geschädigten „formal“ bzw. „an sich“ zwar ein Anspruch zusteht, dass dieser Anspruch aber im Ergebnis nur deshalb nicht besteht, weil ihm kein Schaden entsteht (BAG, Urt. v. 18.7.2006 – 1 AZR 578/05, NJW 2007, 1305 Rn. 15). Dies ist im haftungsausfüllenden Tatbestand an erster Stelle zu prüfen, wobei die Differenzhypothese gilt: Zu vergleichen ist das Vermögen des Anspruchstellers wie es ohne das schädigende Ereignis stünde mit dem aktuellen Vermögen.
c) Zufällige Schadensverlagerung
Das problematische Tatbestandsmerkmal der DSL ist das der „zufälligen“ oder „ungerechtfertigten“ Schadensverlagerung. Es handelt sich dabei um ein Tatbestandsmerkmal, dass letztlich durch Wertungen ausgefüllt werden muss. Die Testfrage lautet: Ist es unbillig bzw. ungerechtfertigt, dass der Schädiger von seiner Schadensersatzpflicht befreit wird? In der Klausur sammelt Punkte, wer hier eigenständig und nah am Sachverhalt argumentiert. Zu bedenken ist aber immer: Die DSL ist eine Ausnahme von den allgemeinen Grundsätzen. Von ihr ist deshalb mit Zurückhaltung Gebrauch zu machen. In der Rechtsprechung haben sich aber einige Fallgruppen herausgebildet, in denen die DSL anerkannt ist:

  • Mittelbare Stellvertretung: Bei der mittelbaren Stellvertretung tritt der Mittler im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung auf. Es handelt sich dabei deshalb nicht um eine Stellvertretung i.S.d. § 164 BGB. Beispiel (nach BGH, Urt. v. 20.4.1989 – I ZR 154/87, NJW 1989, 3099): Spediteur S beauftragt den Nichtkaufmann N im eigenen Namen für Rechnung des V mit dem Transport von Frachtgut. Dieses hat der V dem K verkauft, aber noch nicht übereignet. Nach dem Kaufvertrag geht die Preisgefahr (§ 447 Abs. 1 BGB) mit der Übergabe des Gutes an S auf den K über. S hat N sorgfältig ausgesucht und instruiert. Infolge eines Verschuldens des N geht die Ware unter. Folge: S hätte „an sich“ einen Anspruch gegen N aus dem Frachtvertrag, doch entsteht ihm kein Schaden, weil ihm das Gut nicht gehörte und er seinen Anspruch auf Vergütung gegen V behält. V entsteht nach § 447 BGB kein Schaden, weil die Preisgefahr auf K übergegangen ist. K entsteht ein Schaden, weil er den Kaufpreis zahlen muss. Er hat aber weder einen vertraglichen noch einen deliktischen Anspruch gegen N. Ein deliktischer Anspruch scheidet aus, weil K noch nicht Eigentümer des Gutes geworden ist. Der BGH bejaht im Ergebnis die DSL.
  • Obhut für fremde Sachen: Nach der Rechtsprechung kann der berechtigte Besitzer einer Sache, der diese einem anderen zur Obhut überlässt, den Schaden des Eigentümers der Sache liquidieren, der diesem aus einer Beschädigung der Sache durch den Obhutsverpflichteten entsteht (BGH, Urt. v. 10.5.1984 – I ZR 52/82, NJW 1985, 2411, 2412). Das ist zweifelhaft, denn dem Eigentümer steht dann gegen den Schädiger ein eigener Anspruch aus den §§ 823 ff. BGB zu. Sollte dieser Anspruch durch Einwendungen des Schädigers ausgeschlossen sein, darf die „beschränkte“ gesetzliche Haftung nach dem Deliktsrecht nicht einfach durch die DSL umgangen werden.
  • Obligatorische Gefahrentlastung: Die auch in Klausuren wichtigste Fallgruppe ist die der obligatorischen Gefahrentlastung. Gemeint sind insbesondere die Fälle des Versendungskaufs (§ 447 BGB), bei denen die Transportperson die Sache beschädigt. Dem Verkäufer entsteht kein Schaden, weil die Preisgefahr schon auf den Käufer übergegangen ist. Der Käufer hat aber noch keinen eigenen (deliktischen) Anspruch, da er noch nicht Eigentümer der Sache ist.

3. Rechtsfolgen der DSL
Rechtsfolge der DSL ist, dass der Schaden zum Anspruch „wandert“ (vgl. BGH, Beschl. v. 29.2.1996 – III ZR 4/95, NJW-RR 1996, 724). Anspruchsberechtigter ist also grundsätzlich der Geschädigte, nicht der Dritte. Der Dritte hat aber meistens einen Anspruch aus § 285 BGB, § 812 BGB oder notfalls § 242 BGB gegen den Geschädigten auf Abtretung des „komplettierten“ Anspruchs. Auf keinen Fall „wandert“ der Anspruch zum Schaden! Grund: Ohne zwischengeschaltete Abtretung könnten die Schuldnerschutzvorschriften der §§ 404 ff. BGB umgangen werden. Der Schädiger könnte dadurch Einwendungen verlieren.
Der Umfang des Schadens berechnet sich nach der Rechtsprechung aus der Sicht des Dritten, nicht der des Geschädigten (BGH, Urt. v. 14.7.1972 – I ZR 33/71, VersR 1972, 1138, 1140 – streitig!). Der Dritte muss sich nach der Rechtsprechung sowohl sein eigenes Verschulden als auch das Verschulden des Geschädigten anspruchsmindernd über § 254 BGB i.V.m. § 278 BGB analog anrechnen lassen (BGH, Urt. v. 25. 11. 1971 – VII ZR 37/70, NJW 1972, 289).
4. DSL in der Klausur
Die hier zitierten, meist älteren Urteile zeigen es bereits: Die DSL kommt in der Praxis nicht sehr oft vor. Dennoch gehört sie zum Standardrepertoire für die Klausuren im 1. Staatsexamen. Für den Klausursteller bietet es sich an, zweigeteilt zu prüfen: Im ersten Prüfungsteil wird nach den Ansprüchen des Geschädigten gefragt . Diese Prüfung endet idealerweise mit dem Ergebnis, dass diesem zwar dem Grunde nach ein Anspruch zusteht, dass es aber an einem Schaden fehlt.
Sollte in Eurer Klausur dann nach den Ansprüchen eines weiteren Beteiligten gegen den Schädiger gefragt sein, müssen bei Euch alle Alarmglocken schrillen! Die DSL ist gerade deshalb „gemein“, weil sie ganz versteckt daherkommt. Am besten prüft Ihr dann zunächst kurz mögliche eigene Ansprüche des Dritten (und verneint diese). Anschließend überlegt Ihr, ob der Dritte aus abgetretenem Recht gegen den Schädiger vorgehen könnte. Im Rahmen der Abtretung (wurde diese noch nicht erklärt, müsstet ihr hypothetisch davon ausgehen, dass diese noch erklärt werden könnte) ist dann bei dem Prüfungspunkt „Berechtigung des Zedenten“ die DSL einzubauen.
Nachtrag v. 9.11.2011: Einen aktuellen Fall der Drittschadensliquidation im Werkvertragsrecht betrifft OLG München, Urt.  v. 19. 7. 2011 – 9 U 1027/11, NJW 2011, 3375.
Nachtrag vom 6.1.2013: Die DSL kann auch im öffentlichen Recht eine Rolle spielen, wie der Fall VG Augsburg, Urt. v. 30.8.2012 – Au 2 K 11.1231 belegt. Das Gericht hielt den Dienstherrn (Land) einer Lehrkraft für verpflichtet, gegen diese einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, obwohl der Schaden bei dem Schulaufwandsträger (Gemeinde) entstanden war.

26.10.2011/29 Kommentare/von Dr. Gerrit Forst
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Gerrit Forst https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Gerrit Forst2011-10-26 15:37:022011-10-26 15:37:02Übersicht: Drittschadensliquidation

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • BGH zur Halterhaftung nach dem StVG
  • Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien
  • Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Redaktion

BGH zur Halterhaftung nach dem StVG

Rechtsprechung, Startseite

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. In einer kürzlich veröffentlichten […]

Weiterlesen
16.03.2023/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-03-16 08:30:022023-03-16 08:33:08BGH zur Halterhaftung nach dem StVG
Alexandra Ritter

Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen

Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Uncategorized, Verschiedenes, Zivilrecht

Viele Jahre bereitet man sich durch Studium und Repetitorium darauf vor und irgendwann ist es soweit: man schreibt das erste Staatsexamen. Sechs Klausuren und eine mündliche Prüfung (so zumindest in […]

Weiterlesen
06.03.2023/2 Kommentare/von Alexandra Ritter
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Alexandra Ritter https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Alexandra Ritter2023-03-06 09:00:002023-03-13 08:18:47Die mündliche Prüfung im ersten Staatsexamen
Gastautor

Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien

Rechtsgebiete, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Sabrina Prem veröffentlichen zu können. Die Autorin ist Volljuristin. Ihr Studium und Referendariat absolvierte sie in Düsseldorf. Was genau verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Kriminologie“? […]

Weiterlesen
06.03.2023/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-03-06 09:00:002023-03-15 09:06:21Basiswissen Kriminologie – über Genese, bekannte Persönlichkeiten und die relativen Straftheorien

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen