Gedächtnisprotokoll ZR III August 2022 NRW
Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur ersten Zivilrechtsklausur des August-Durchgangs 2022 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Ibrahim A. ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.
Ihr habt gerade Examen geschrieben, seid mittendrin oder steht kurz davor? Dann helft uns, eine lange Tradition fortzuführen und nachfolgende Generationen von Examenskandidaten zu unterstützen, indem ihr Protokolle eurer eigenen Klausuren unter examensreport@juraexamen.info einreicht.
Ausgangsfall
Die A betreibt ein sehr erfolgreiches und bekanntes veganes Restaurant mit dem Namen „Veganothek“. Für ihr veganes Essen hat A schon mehrere auch internationale Auszeichnungen bekommen. Da das Geschäft besonders gut läuft, möchte A ein weiteres Restaurant eröffnen. Die Eröffnung soll am 14.02.22 erfolgen. Auf der Suche nach einem Gasherd stößt A auf die Webseite der Y-oHG. Das dort bereitgestellte Bestellformular füllt A am 05.01.22 aus und bestellt einen Gasherd zum Preis von 2500€. Am 07.01.22 erhält A von Y, Gesellschafter der Y-oHG, eine Auftragsbestätigung mit folgendem Wortlaut: „Sehr geehrte A, vielen Dank für Ihre Bestellung, die wir hiermit bestätigen. Garantiertes Lieferdatum ist der 28.01.2022. Mit freundlichen Grüßen, Y“.
Am 09.01.22 telefoniert A mit U, dem Geschäftsführer der Z-GmbH, und bestellt bei ihm einen Dampfgarer für 3000€. Am Telefon sichert U der A zu, der Dampfgarer komme spätestens am 29.01.22 an. In der Folgezeit reserviert Geschäftsmann G für ein Geschäftsessen einen Tisch bei A für den 14.02.22 für 10 Personen. Am 30.01. hat A weder Herd noch Dampfgarer erhalten und beginnt, sich Sorgen zu machen. Daher schreibt A der Y-oHG eine E-Mail, in der sie diese auffordert, „sofort“ oder hilfsweise bis zum 10.02.22 zu liefern. Da A auf den Herd angewiesen ist, um ihre Mitarbeiter einzuarbeiten, die geplanten Gerichte vorzukochen und die Speisekarte zu erstellen, schreibt sie der Y-oHG am 02.02.22 erneut eine Nachricht. Als A auch daraufhin keine Antwort erhält, mietet sie sich bei M einen Herd vom 02.02.22 bis zum 07.02.22 für – angemessene – 500€. Für die Zeit ab dem 09.02.22 sind allerdings keine Gasherde zur Miete auf dem Markt verfügbar. Da die Y-oHG auch in der Zwischenzeit nicht reagiert hat,entschließt A sich am 08.02.22 kurzerhand dazu, einen vergleichbaren Herd bei M für – angemessene – 3300€ zu kaufen, da sie sonst ihr Restaurant nicht am 14.02.22 eröffnen kann. Die Y-oHG reagiert und liefert auch im Nachgang nicht. Auch der Z-GmbH schickt A am 30.01.22 per E-Mail eine Aufforderung, „sofort“ oder spätestens bis zum 10.02.22 zu leisten. Den Dampfgarer benötigt A, um das vom G bestellte Gericht am 14.02.22 zubereiten zu können. Am 03.02.22 ruft A den U an. Dieser sichert ihr am Telefon zu, die Lieferung werde zeitnah erfolgen. Da der Dampfgarer am 09.02.22 noch nicht geliefert wurde und A auch nicht mehr mit einer Lieferung rechnet, storniert sie die Reservierung des G telefonisch. Am Morgen des 10.02.22 wird der Dampfgarer geliefert. G hat für den 14.02.22 allerdings schon woanders reserviert. Dadurch entgingen A Einnahmen in Höhe von 300€.
Aufgabe 1
a) Kann A von der Y-oHG Ersatz der angefallenen Mietkosten in Höhe von 500€ haben?
b) Kann A von der Y-oHG Ersatz der Mehrkosten für den bei M gekauften Herd in Höhe von 600€ verlangen?
c) Kann A von der Z-GmbH Ersatz der entgangenen Einnahmen in Höhe von 300€ verlangen?
Fallfortsetzung
A betreibt auf ihrem Grundstück einen zum Restaurant gehörenden Biergarten. Schon seit mehreren Jahren veranstaltet sie dort vegane Grillfeste, die aber nur eintägig stattfanden. Von Freitag, dem 17.06.22 bis Sonntag, dem 19.06.22, möchte A in diesem Jahr aber ein dreitägiges Grillfest veranstalten, bei dem auch über vegane Ernährung gesprochen werden soll. Das Grillfest wurde von der Stadtverwaltung genehmigt und soll an den Tagen um 16 Uhr beginnen und um 21 Uhr enden. Die Grills sollen auf dem Grundstück verteilt aufgestellt werden, um eine zu starke Rauchbildung zu verhindern.Dem Nachbarn N gehört ein auf dem angrenzenden Grundstück befindliches Mehrfamilienhaus, in dem er auch selbst wohnt. Schon in der Vergangenheit hat N sich am Geruch der veganen „Wurst“ gestört. Seiner Meinung nach soll echtes Fleisch gegrillt werden, wie auch bei den anderen Biergärten in der Gegend. Als er davon mitbekommt, dass A ein dreitägiges Grillfest plant, ist N empört. Er sucht daher das Gespräch mit A. Er fordert sie dabei dazu auf, das Grillfest abzusagen. In den anderen Biergärten der Gegend werde schon echtes Fleisch gegrillt, also bedarf es eines veganen Grillfests nicht. Außerdem sei der Geruch eine Zumutung und unerträglich. Ferner wäre die Lautstärke der Gäste zu hoch. N, der gerne schon um 20 Uhr und mit geöffnetem Fenster schlafen geht, werde aufgrund des Festes seines Schlafes beraubt. Bei einem eintägigen Grillfest sei das zu ertragen, drei Tage seien aber zu viel. A hält dementgegen, diese Beschwerde äußere N zum ersten Mal. Zudem ist das Viertel für seine vielen Biergärten und Grillfeste bekannt. Außerdem diene das Grillfest der Völkerverständigung und habe daher besonders hohen kulturellen Wert, weswegen es auch von der Stadt gefördert und beworben wird. Darüber hinaus werden die Grills so aufgestellt, dass nicht durchgängig Rauch an das Fenster des N gelangt. Auch gelte die gesetzliche Nachtruhe für öffentliche Veranstaltungen erst ab 22 Uhr. Wenn N früher schlafen gehen möchte, sei das seine Privatsache. Auch sei N aufgrund des nachbarschaftlichen Verhältnisses zur Duldung des Grillfestes verpflichtet.
Aufgabe 2:
Kann N zivilrechtlich gegen die Durchführung des Grillfestes durch A vorgehen?
Bearbeitervermerk:
1. Auf alle Rechtsfragen ist einzugehen.
2. Bei Aufgabe 1 ist davon auszugehen, dass die Y-oHG wirksam durch Y vertreten wurde.
3. Vorschriften des BImSchG und LImSchG und weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften sind außer Acht zu lassen.
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