Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Lars Eckhoff, LL.M. veröffentlichen zu können. Der Autor ist Rechtsanwalt im Kölner Büro der Kanzlei CMS Hasche Sigle. Er ist zudem als Autor für den “Blog CMS” tätig.
Die bisherige Praxis
Nahezu alle Standardverträge oder Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Beispiel von Verkäufern oder Werkunternehmern verwendet werden, enthalten ein Aufrechnungsverbot, welches dem Vertragspartner die Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen erlaubt. Eine so formulierte Klausel entsprach den Anforderungen des § 309 Nr. 3 BGB und die Rechtspraxis war bis vor kurzem davon ausgegangen, dass dies AGB-rechtlich unproblematisch sei. Damit ist es jetzt vorbei.
Verstoß gegen § 307 BGB
Der bisherigen Praxis hat der BGH jetzt eine klare Absage erteilt. Mit Urteil vom 07.04.2011 – Az. VII ZR 209/07 – hat der BGH entschieden, dass eine solche Klausel gegen § 307 BGB verstößt und den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Denn hierdurch werde in das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in für den Vertragspartner unzumutbarer Weise eingegriffen. Die „synallagmatische Verknüpfung“ der Forderung des Verwenders mit der Forderung auf mangelfreie Erfüllung des Vertrages finde ihren Ausdruck in einem Leistungsverweigerungsrecht des Vertragspartners im Falle einer mangelhaften oder nicht fertig gestellten Leistung (§ 320 Abs. 1 BGB). Der Vertragspartner könne sich im Prozess mit dem Leistungsverweigerungsrecht verteidigen mit der Folge, dass die gegen ihn gerichtet Zahlungsforderung ganz oder teilweise nicht durchsetzbar sei. Dies könne in AGB nicht ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 2a BGB). Es wäre nach Ansicht des BGH ein nicht hinnehmbares Ergebnis, wenn eine aus dem Leistungsverweigerungsrecht erwachsene auf Zahlung gerichtete Gegenforderung dazu führte, dass diese Forderung nunmehr doch durchsetzbar ist.
Relevanz
Obwohl das Urteil einen Vertrag eines Architekten mit einem privaten Bauherrn betraf, dürfte es auch für den unternehmerischen Geschäftsverkehr relevant sein. Denn der BGH stützt seine Entscheidung auf die für alle Verträge geltende Regelung des § 307 BGB. Auch die Begründung, welche auf einen mittelbaren Ausschluss des Leistungsverweigerungsrechts und die synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung abstellt, lässt darauf schließen, dass auch in b2b-Verträgen ein an § 309 Nr. 3 BGB angelehntes Aufrechnungsverbot unwirksam ist.
Offengelassenes
Ausdrücklich offengelassen hat der BGH die Frage, ob ein Aufrechnungsverbot wirksam wäre, welches aus dem synallagmatischen Verhältnis erwachsene Gegenforderungen ausdrücklich vom Aufrechnungsverbot ausnimmt. Unklar ist danach auch, ob diese Forderungen konkret bezeichnet werden müssen oder ob es reicht, die aus dem synallagmatischen Verhältnis entstehenden Gegenleistungen allgemein auszunehmen. Fest steht jedenfalls, dass ein Großteil der Reichweite des Aufrechnungsverbotes damit hinfällig ist.
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