I. Regelungen über die Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts
Hier ausgeblendet werden die besonderen Regelungen über die Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts. Diese sind in deutschen Spezialgesetzen und auch teilweise noch im Besatzungsrecht geregelt (vgl. dazu BGH v. 16.3.2012 – V ZR 279/10, Rn. 10ff.). Es handelt sich um eine so spezielle Rechtsmaterie, dass hierzu Fragen in schriftlichem oder mündlichem Examen entweder nicht kommen oder aber die entscheidenden Normen zur Verfügung gestellt werden.
Die zivilrechtlichen Ansprüche bleiben jedenfalls im Fall Gurlitt wohl daneben anwendbar. Nach älterer Rspr. des BGH können Ansprüche wegen nationalsozialistischem Unrecht zwar grundsätzlich nur nach Maßgabe der zur Wiedergutmachung erlassenen Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze und in den dort vorgesehenen Verfahren verfolgt werden. Hiervon weicht die jüngere Literatur ab, da das entsprechende Recht die Betroffenen nur bevorzugen, ihnen nicht aber Ansprüche abschneiden sollte. Der BGH hat offengelassen, ob er dieser Ansicht folgen wird, aber jedenfalls klargestellt (v. 16.3.2012 – V ZR 79/10, Rn. 16):
„Den alliierten Rückerstattungsvorschriften kommt jedenfalls dann kein Vorrang gegenüber einem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zu, wenn der verfolgungsbedingt entzogene Vermögensgegenstand wie hier und anders als in den bislang durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen nach dem Krieg verschollen war und der Berechtigte erst nach Ablauf der für die Anmeldung eines Rückerstattungsanspruchs bestimmten Frist von seinem Verbleib Kenntnis erlangt hat.“
Dieser Gedanke dürfte auch für jedenfalls den Großteil der Bilder der Sammlung Gurlitt, deren Besitz der Rechtsvorgänger von Herrn Gurlitt noch in der NS-Zeit erworben hat, zutreffen.
II. Die Eigentumslage
Im Zivilrecht kann sich Herr Gurlitt zunächst auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB berufen. Denn er hatte vor der Beschlagnahme unmittelbaren Eigenbesitz an den Bildern. Durch die Beschlagnahme (dazu 2. Teil) durch die Staatsanwaltschaft hat er den unmittelbaren Besitz verloren. Er dürfte aber weiterhin mittelbaren Besitz haben, weshalb die Vermutung gem. § 1006 Abs. 3 BGB weiter gilt. Jedenfalls aber kann er sich auf die Vermutung nach § 1006 Abs. 2 BGB berufen. Da die Beschlagnahme durch die StA nicht zu einem Eigentumsverlust geführt hat und dies Herr Gurlitt auch ohne weiteres darlegen und beweisen kann, muss das Gericht damit weiterhin von seinem Eigentum ausgehen.
Der mögliche Anspruchssteller muss diese Vermutung also widerlegen. Das kann auf zwei Arten geschehen:
- Sie gilt nicht gegenüber einem früheren Besitzer, dem die Sache abhandenkam (§ 1006 Abs. 1 S. 2 BGB). In diesem Fall wird das Eigentum des früheren Besitzers für die Dauer seines Besitzes vermutet (§ 1006 Abs. 2 BGB).
- Außerdem kann die Vermutung nach allgemeinen Grundsätzen widerlegt werden. Das ist möglich, wenn dargelegt und bewiesen werden kann, dass der Rechtsvorgänger Eigentümer des Bildes war die Unwirksamkeit des Erwerbsaktes des aktuellen (Eigen-)besitzers dargelegt und bewiesen wird oder dargelegt und bewiesen wird, dass damals nur Fremdbesitz erworben werden sollte. Gelingt dass, kann das Gericht nach § 286 Abs. 1 ZPO zur Überzeugung gelangen, dass ein Eigentumswechsel nicht stattgefunden hat und der Anspruchssteller weiterhin der Eigentümer ist. Hier zu verlangen, auch späteren Nichterwerb darzulegen und zu beweisen wäre dem Anspruchssteller nicht möglich und würde die Anspruchsverfolgung unmöglich machen (vgl. Palandt/Bassenge, § 1006 Rn. 7). Letztlich beruht das auf dem Gedanken, dass ein späterer Eigentumserwerb kaum mehr möglich ist.
Ob die Widerlegung der Vermutung gelingt, hängt entscheidend davon ab, wie Herr Gurlitts Vater als sein Rechtsvorgänger (§ 1922 BGB) die Kunstwerke erworben hat.
1. Enteignung durch Hoheitsakt oder „Diebstahl“
Die besten Karten dürften diejenigen „Alteigentümer“ haben, denen die Kunst durch einen nationalsozialistischen Hoheitsakt wie das „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst vom 31. 5. 1938“ entzogen wurde. Diese Akte werden jedenfalls nach verbreiteter Meinung für unwirksam gehalten. Teilweise ergibt sich dies aus dem – hier ausgeblendeten – Rückerstattungsrecht. Zusätzlich oder im Sinne einer „jedenfalls“-Argumentation wird aber auch auf die Radbruch’sche Formel rekurriert. Danach ist einem Gesetz, dass sich in unerträglichem Widerspruch zur materiellen Gerechtigkeit setzt, die Wirksamkeit zu verweigern. Ergänzt wird das noch durch die Verleugnungsthese, wonach ein Gesetz überhaupt der Rechtsnatur entbehrt, wenn es einer allgemein rechtsverleugnenden Intention entspricht. Hierunter fällt jedenfalls ein Großteil der „Enteignungsgesetze“, wie etwa das Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst vom 31. 5. 1938 (Reich, NJW 1993, 1417, 1419; Müller-Katzenburg, NJW 1999, 2551, 2552; zurückhaltender Heuer, NJW 1999, 2558, 2559 f.).
Danach fand kein Eigentumserwerb des Deutschen Reiches durch diese Gesetze statt. Entsprechend konnte das Reich auch nicht durch spätere Veräußerungen den Erwerbern Eigentum verschaffen. Möglich war vielmehr nur ein gutgläubiger Erwerb gem. §§ 932 ff. BGB. Dieser scheitert nach hM jedoch häufig schon an der Bösgläubigkeit der Erwerber. Das ist auf den ersten Blick nicht selbstverständlich, da sie vom Staat Eigentum zu erwerben glaubten, das dieser auf Grund eines Hoheitsaktes (und damit lastenfrei) erworben hatte. Da man regelmäßig auf die Wirksamkeit von Hoheitsakten vertrauen kann, liegt Bösgläubigkeit zunächst eher fern. Auch hier wird aber damit argumentiert, dass sich auch die Erwerber der schreienden Ungerechtigkeit des Enteignungsvorgangs nicht verschließen konnten (Reich, NJW 1993, 1417, 1420). Jedenfalls aber geht die allgM davon aus, dass der Verlust des Besitzes in den Fällen des Entzuges durch unwirksamen staatlichen Hoheitsakt ein Abhandenkommen iSd § 935 Abs. 1 BGB darstellt und daher zumindest danach gutgläubiger Erwerb ausscheidet (Reich, NJW 1993, 1417, 1419; Müller-Katzenburg, NJW 1999, 2551, 2552; Heuer, NJW 1999, 2558, 2559 f.). Der Besitzverlust geschah ohne oder gegen den Willen des Berechtigten, der Hoheitsakt, der diesen gestattet hätte, ist unwirksam.
Diesen Fällen gleich zu behandeln sind solche, in denen es zu einer einfachen Wegnahme von Kunstgegenständen – etwa im Rahmen der sog. Reichskristallnacht – kam.
Dies dürfte auch prozessual relativ unproblematisch darzulegen und zu beweisen sein. Die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB ist schon nach dessen S. 2 widerlegt, da die Sache dem früheren Besitzer abhandengekommen ist. Dessen früheres Eigentum wird gemäß § 1006 Abs. 2 BGB vermutetet. Ein Verlust dieses Eigentums ist wegen § 935 Abs. 1 BGB nicht anzunehmen. Das Gericht dürfte vielmehr nach § 286 Abs. 1 ZPO vom grundsätzlichen Fortbestehen des Eigentums des Voreigentümers ausgehen.
Herr Gurlitt könnt allerdings seinerseits die Vermutung wieder erschüttern, indem er seinerseits den Erwerbstatbestand der Ersitzung (§ 937 BGB) darlegt und beweist. Er müsste dafür darlegen und beweisen, dass er die Sache 10 Jahre im Eigenbesitz gehabt hat. Das ist unproblematisch der Fall. Allerdings kommt eine Hemmung der Ersitzung nach § 939 Abs. 2 iVm § 206 BGB in Betracht. Es wird vertreten, dass die Voreigentümer bzw. ihre Rechtsnachfolger im Einzelfall durch höhere Gewalt an der Verfolgung ihres Anspruchs auf Erstattung gehindert gewesen sein können. Das soll in Betracht kommen, wenn sie– etwa in Folge der Beschlagnahme durch das Dritte Reich – den Besitz ohne jedes Verschulden verloren haben und ihnen die (weitere) Existenz des Kunstwerkes dem Voreigentümer oder seinen Rechtsnachfolgern unbekannt (Reich, NJW 1993, 1417, 1420; a.A. Heuer, NJW 1999, 2558, 2563 f.).
Entscheidet man anders, ist ferner zu fragen, ob Herr Gurlitt während des Ersitzungszeitraums gutgläubig war (§ 937 Abs. 2 BGB). Hierfür trägt wiederum derjenige, der die Ersitzung bestreitet, die Darlegungs- und Beweislast (Palandt/Bassenge, BGB, § 937 Rn. 1). Hier die Bösgläubigkeit Gurlitts darzulegen und zu beweisen dürfte schwer fallen. Die Kenntnis des Rechtsvorgängers wird nämlich nicht zugerechnet (Palandt/Bassenge, BGB, § 943 Rn. 1). Es kommt also darauf an, ob Herr Gurlitt junior – der ja den Ersitzungszeitraum auch spielend selbst „abgesessen“ hat – von der Herkunft der Werke wusste oder hätte wissen müssen. Das kann man nicht ohne weiteres annehmen. Man kann in beide Richtungen argumentieren: Es ist einerseits durchaus plausibel, dass er die große Zahl der Werke auch mit legalen Kunsthandelstätigkeiten seines Vaters erklärt haben mag. Das wird natürlich zunehmend unwahrscheinlich je mehr Fachkenntnisse er hatte (und man ihm nachweisen kann). Angesichts der sehr großen Zahl „verdächtiger“ Werke, kann man außerdem auch erwägen, dass er eine Nachforschungspflicht zur Klärung der Herkunft und des rechtmäßigen Erwerbes gehabt hätte (vgl. dazu Müller-Katzenburg, (NJW 1999, 2551, 2556). Das Ergebnis ist also offen.
2. Erwerb durch Rechtsgeschäft
Sehr viel schwieriger ist die Lage, soweit der Erwerb durch ein Rechtsgeschäft geschah. Hier kommt es sehr auf die einzelnen Umstände an. Insbesondere kann nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass jeder Erwerb etwa von Personen, die wegen nationalsozialistischer Verfolgungen ausreisen wollten und deshalb ihre Kunstgegenstände, die sich nicht mitnehmen konnten, veräußern wollten, per se unwirksam war. Soweit das hier nicht betrachtete Rückerstattungsrecht keine Anwendung findet, kommt eine Nichtigkeit nach § 138 BGB in Betracht. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es auf die Sittenwidrigkeit grundsätzlich zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt. Die Diskriminierung von Juden und anderen verfolgten Gruppen war freilich in der Nazi-Zeit gerade „erwünscht“. Hierüber mag man allenfalls hinwegkommen, indem man die Radbruch’schen Formel evtl. „analog“ anwendet. Ansonsten verbleiben für die Anwendung von § 138 BGB Fälle der Äquivalenzstörung. Ein solcher kann gegeben sein, wenn weit unter Wert verkauft wurde. Soweit nachgewiesen werden kann, dass der Rechtsvorgänger von Herrn Gurlitt insofern die Zwangslage eines Veräußerers bewusst ausnutzte, kann der Tatbestand des Wuchers gem. § 138 Abs. 2 BGB gegeben sein. Ansonsten kommt das wucherähnliche Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB in Betracht. Dann stellt sich das weitere Problem, ob der Mangel des Verpflichtungsgeschäfts das regelmäßig sittlich neutrale Verfügungsgeschäft erfasst. Das ist in den Fällen des § 138 Abs. 2 BGB grds. im Hinblick auf das Verfügungsgeschäft des Bewucherten zu bejahen (vgl. Wortlaut „gewähren lässt“). Auch bei den Fallgruppen des § 138 Abs. 1 BGB kann man die Nichtigkeit des Verfügungsgeschäftes bejahen, da gerade durch die Verfügung die rechtswidrige Vermögensverschiebung bewirkt wurde. Die abweichende Wertung ist natürlich auch vertretbar.
In Betracht ziehen kann man auch eine Anfechtung der Übereignung wegen widerrechtlicher Drohung gem. § 123 Abs. 1 Var. 2 BGB. Voraussetzung ist hier das Vorliegen einer solchen Drohung, die namentlich vom NS-Staat ausgegangen sein kann. Dem Erwerber ist sie zuzurechnen, da man davon ausgehen kann, dass er sie kannte (§ 123 Abs. 2 S. 1 BGB). Hier wäre auch Fehleridentität zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft anzunehmen. Die Anfechtungsfrist dürfte aber bereits abgelaufen ist sein Gemäß § 124 Abs. 1 S. 1 BGB beginnt sie in dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Das ist hier wohl das Ende des Dritten Reiches. Sie beträgt ein Jahr (§ 124 Abs. 1 BGB). Selbst wenn man gemäß §§ 124 Abs. 1 S. 2, 206 BGB von einer Hemmung wegen höherer Gewalt ausgeht, wäre sie doch nach § 124 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, da sei Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre vergangen sind.
In den Fällen der (auch erzwungenen) Veräußerung durch den Voreigentümer dürfte aber kein Abhandenkommen der Werke nach § 935 Abs. 1 BGB vorliegen. Daher kommt auch eine Widerlegung der Vermutung nach § 1006 Abs. 1 S. 2 BGB nicht in Betracht. Sie kann jedoch auch nach allgemeinen Grundsätzen widerlegt werden.
Auch hier hat aber Herr Gurlitt junior die Werke wohl selbst ersessen (§ 937 Abs. 1 BGB). Es gelten dieselben Grundsätze wie oben. Insbesondere wird man zumindest ihm (wenn vielleicht auch seinem Vater) Bösgläubigkeit nur schwer vorwerfen können.
3. Fälle der „Kommission“ zum Verkauf sog. „entarteter Kunst“
Kein Eigentumserwerb fand statt, soweit Herr Gurlitt senior Bilder von staatlichen Stellen erhielt, um sie weiter zu verkaufen. Es dürfte sich insofern um ein Auftragsverhältnis (§ 662 BGB), einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungs(dienst-)vertrag (§ 675 Abs. 1 iVm § 611), möglicherweise auch ein Kommissionsvertrag (§ 383 HGB) handeln. All diese Verhältnisse stellen gesetzliche Besitzmittlungsverhältnisse dar (§ 868 BGB).
Soweit nachgewiesen werden kann, dass der Rechtsvorgänger von Herrn Gurlitt die Werke zum Verkauf bekam, dürfte er daher nur Fremdbesitz erworben haben. Die Vermutung des § 1006 BGB wäre dann für ihn widerlegt. Sie gälte vielmehr für das Dt. Reich bzw. Deutschland (§ 1006 Abs. 2 BGB) sowie für mögliche Voreigentümer, denen die Werke durch Hoheitsakt entzogen wurden.
Auch hier kommt eine Ersitzung (§ 937 Abs. 1 BGB) durch Herrn Gurlitt junior in Betracht. Soweit er davon ausging, dass die Werke Erbstücke seines Vaters sind, dürfte er, wenn schon nicht sein Vater, Eigenbesitz gehabt haben. Zur Bösgläubigkeit und höheren Gewalt s.oben.
II. Mögliche Ansprüche und ihre Durchsetzbarkeit
Vorbemerkung: Die Durchsetzbarkeit der Ansprüche wird nach heutigem Verjährungsrecht untersucht.
1. Ansprüche der Voreigentümer
Ansprüche der Voreigentümer aus § 985 BGB scheiden aus, soweit Herr Gurlitt Eigentum erworben hat. Das ist wohl jedenfalls durch Ersitzung der Fall. Selbst wenn man aber anders entscheiden sollte, ist der Anspruch inzwischen nicht mehr durchsetzbar, soweit Herr Gurlitt die Einrede der Verjährung erhebt (§ 214 Abs. 1 BGB). Die Ansprüche aus dem Eigentum (§ 985 BGB) sind – soweit man nicht von einer Hemmung nach § 206 BGB ausgeht – gemäß §§ 200 S. 1, 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB verjährt.
Auch ein Anspruch aus § 1007 Abs. 2 BGB dürfte nicht bestehen, da Herr Gurlitt junior vermutlich Eigentümer ist. Ein Anspruch nach § 1007 Abs. 1 BGB scheidet zumindest dann aus, wenn er Eigentum an den Werken erworben hat. Außerdem wären auch diese Ansprüche inzwischen verjährt (§§ 195, 199 Abs. 5 BGB), soweit man der Lösung mit der Hemmung (§ 206 BGB) nicht folgt. Auch der Anspruch aus § 861 BGB ist ausgeschlossen, § 864 BGB.
Je nachdem, wie sich die genauen Umstände des Erwerbes darstellten, kommen auch deliktische Ansprüche gegen Herrn Gurlitt in Betracht. Soweit man einen Eigentumserwerb zunächst verneint, bestand ein EBV. Damit ergibt sich eine mögliche Haftung auf Schadensersatz nach §§ 989, 990 BGB. Nach § 992 BGB bleibt bei verbotener Eigenmacht oder Erwerb durch eine Straftat (z.B. §§ 253, 259 StGB) die allgemeine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 und Abs. 2 (z.B. iVm mit vorgenannten Strafnormen) unberührt. Auch all diese Ansprüche sind jedoch verjährt (§§ 199 Abs. 3 BGB). Selbst die Norm des § 852 BGB, die eine Abschöpfung des Gewinns aus einer unerlaubten Handlung auch nach Ablauf der Verjährungsfrist erlaubt, hilft nicht weiter. Auch dieser Anspruch verjährt jedenfalls nach 30 Jahren (§ 852 S. 2 BGB).
Bereicherungsrechtliche Ansprüche sind als Fortwirkungsansprüche zu § 985 nicht durch das EBV gesperrt, scheiden aber aus verschiedenen Gründen aus. Ein Anspruch aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB) kommt nur in Betracht, wenn das ursprüngliche Kausalgeschäft unwirksam war. Das kommt insbesondere beim Kauf direkt vom Voreigentümer in Betracht, eher nicht beim Kauf aus staatlichen Quellen. Auch dieser Anspruch ist aber längst verjährt (§§ 195, 199 Abs. 5 BGB). Gleiches gilt für die Kondiktion nach § 817 S. 1 BGB. Soweit der Eigentumserwerb auf Ersitzung beruht, bildet diese nach hM den Rechtsgrund für das Behaltendürfen (Palandt/Bassenge, BGB, 937 Rn. 1). Eine Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB) scheidet damit aus.
2. Ansprüche des Staates
Gegen den Vater von Herrn Gurlitt bestand ein Anspruch des Deutschen Reiches und damit auch der (identischen) Bundesrepublik Deutschland aus § 667 BGB (ggf. iVm § 675 Abs. 1 BGB) auf Herausgabe der Werke, die im Rahmen des „Verkaufsauftrages“ an ihn übergeben wurden. Dieser Anspruch ist nach § 1922 BGB nunmehr gegen Herrn Gurlitt junior als Rechtsnachfolger seines Vaters gerichtet.
Er ist jedoch verjährt. Er war jedenfalls fällig, als der Auftragszweck endgültig verfehlt war (Palandt/Sprau, BGB, § 667 Rn. 8). Das ist wohl mit dem Ende des Dritten Reiches der Fall. Damit tritt – unabhängig von der Kenntnis des Auftraggebers – gemäß § 199 Abs. 5 BGB Verjährung zehn Jahre nach Entstehung (und Fälligkeit) des Anspruchs ein.
Außerdem hat auch diese Werke Herr Gurlitt vermutlich inzwischen ersessen (§ 937 BGB). Deshalb scheidet auch insofern eine Herausgabe aus, da rechtliche Unmöglichkeit eingetreten ist (§ 275 Abs. 1 BGB).
III. Ergebnis
Zivilrechtlich ist damit gegen Herrn Gurlitt voraussichtlich kein Kraut gewachsen. Ein Ergebnis, das sicherlich nicht jeden zufrieden stellt. Es zeigt, dass das allgemeine Zivilrecht strukturell einfach nicht für die Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen, wie sie im Rahmen von Umwälzungen wie dem 2. Weltkrieg entstanden sind. Das Bestreben nach Rechtssicherheit durch Verjährungshöchstfristen und die Möglichkeit der Ersitzung passt dort nicht, wo durch die Ausrottung ganzer Familien schon das Wissen um Vermögenswerte und damit auch die Möglichkeit ihrer Geltendmachung verloren gegangen sind. Deshalb gibt es auch das spezielle Rückerstattungsrecht, das hier außen vor geblieben ist.