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Du bist hier: Startseite1 > Kunstfreiheit

Schlagwortarchiv für: Kunstfreiheit

Redaktion

Kunstfreiheit (Art. 5 III 1 Var. 1 GG)

Karteikarten, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Uncategorized, Verfassungsrecht

I. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich

→ Jedermann-Grundrecht

2. Sachlicher Schutzbereich

a) Was ist Kunst?

(1)Formeller Kunstbegriff

(+), wenn Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktypus (Malen, Bildhauen, Dichten, Theaterspielen etc.) erfüllt sind.

(2)Materieller Kunstbegriff

(+), wenn die freie schöpferische Gestaltung, Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formsprache, zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden.

(3) Offener Kunstbegriff

(+), wenn – aufgrund der Mannigfaltigkeit des Aussagegehalts – der Darstellung im Wege fortgesetzter Interpretation immer weitreichende Bedeutung zu entnehmen ist, sodass sich eine praktisch unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung ergibt.

b) Was ist geschützt?

(1)Werkbereich…

→ Künstlerische Betätigungen als solche

(2) und Wirkbereich

→ Zurschaustellung oder Veröffentlichung des Kunstwerks

II. Eingriff

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

→ Vorbehaltslos gewährleistetes Grundrecht. Insbesondere die Schranken aus II sind nicht anwendbar (Systematik)

→ Einschränkbar nur durch kollidierendes Verfassungsrecht

23.10.2023/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-10-23 10:00:002023-10-19 12:29:44Kunstfreiheit (Art. 5 III 1 Var. 1 GG)
Gastautor

§ 90a StGB: Klausurklassiker im Bereich der Grundrechte

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Wir freuen uns sehr, nachfolgend einen Gastbeitrag von Felix Bleckmann veröffentlichen zu können. Der Autor hat an der Universität zu Köln studiert und ist dort Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Staatsrecht.
Für das Posten einer „zerschnittenen“ Deutschlandfahne, bei der der goldene Teil (bis auf einen sichtbaren Rest) abgetrennt war, hat das AG Tiergarten einen Angeklagten mit Urteil vom 31.07.2018 zu einer Geldstrafe von 2.500 € verurteilt.[1] Dieses Urteil bietet Anlass, sich mit der klausur- und examensrelevanten Materie des Verhältnisses von Grundrechten und dem Schutz staatlicher Symbole auseinander zu setzten. Der Beitrag zeigt, wie das wichtige Grundlagenwissen zur Meinungs- und Kunstfreiheit in einer Klausur mit speziellen Tatbeständen wie dem des § 90a StGB verknüpft werden kann und worauf hierbei besonders zu achten ist.
I. § 90a StGB
Der auch im aktuellen Fall einschlägige § 90a StGB ist die wichtigste strafrechtliche Bestimmung zum Schutz staatlicher Symbole.[2] Schutzgegenstand der Norm ist der Bestand der Bundesrepublik, ihrer Länder und Symbole gegen öffentliche Herabsetzung.[3] Nach Abs. 1 wird das Beschimpfen und böswillige verächtlich Machen der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder oder ihrer verfassungsmäßigen Ordnung (Nr. 1) und die Verunglimpfung der Farben, der Flagge oder der Hymne der Bundesrepublik (Nr. 2) in der Öffentlichkeit, in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Schriften mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft. Das selbe Strafmaß sieht Abs. 2 für die Entfernung, Zerstörung, Beschädigung, Unbrauchbar- oder Unkenntlichmachung einer öffentlich gezeigten Flagge der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder oder eines von Behörden öffentlich angebrachten Hoheitszeichens vor.
II. Verfassungsrechtliche Grenzen
Je nach Fallgestaltung steht dieser strafrechtliche Schutz staatlicher Symbole in einem Spannungsverhältnis zu den Grundrechten der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) und Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG). Das Bundeverfassungsgericht hat sich bereits mit verschiedenen Judikaten zu § 90a StGB auseinandergesetzt: So waren etwa die satirische Verfremdung des Deutschlandlieds,[4] die Darstellung des Urinierens auf eine Bundesflagge in einer Collage, die Verwendung des aus der Weimarer Zeit überlieferten Kampfbegriffs „schwarz-rot-senf“[5] oder die Bezeichnung des „BRD-Systems“ als „verkommen“[6] Gegenstand von Entscheidungen der Karlsruher Richter. In der Gesamtbetrachtung ergeben sich aus diesen Entscheidungen einige Besonderheiten, die bei einer Prüfung zu beachten sind.
1. Verfassungsprozessuale Besonderheiten
Die staatsrechtlichen Fallgestaltungen zu § 90a StGB sind prozessual regelmäßig in eine Urteilsverfassungsbeschwerde eingekleidet. Hier sind einige Besonderheiten hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes zu beachten. Abweichend von der sonst üblichen Prüfung der „Verletzung spezifischen Verfassungsrechts“[7] dehnt das Bundesverfassungsgericht betreffend Art. 5 Abs. 3 S.GG[8] und der Meinungsfreiheit[9] den Prüfungsumfang weit aus.
2. Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG)
Die Meinungsfreiheit schützt von den Elementen der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägte Äußerungen, im Rahmen der geistigen Auseinandersetzung, unabhängig von Wert, Richtigkeit oder Vernünftigkeit.[10] Die davon abzugrenzenden, dem Beweis zugänglichen Tatsachenbehauptungen sind vom Schutzbereich nur erfasst, soweit sie Grundlage der Meinungsbildung sind.[11] Äußerungen, die den Tatbestand des § 90a StGB verwirklichen, sind häufig zugleich Meinungsäußerungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Zu beachten ist, dass es auf Schutzbereichsebene irrelevant ist, ob diese gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind, oder ob es sich um eine Form von Schmähkritik handelt. Das Bundeverfassungsgericht sieht auch Äußerungen, die auf eine grundlegende Änderung der politischen Ordnung zielen als vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit erfasst an, unabhängig von der Realisierbarkeit im Rahmen der grundgesetzlichen Ordnung.[12] Dies ist bei den Fällen des § 90a StGB von besonderer Bedeutung. Selbiges gilt für Schmähkritik, die ebenfalls dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfällt.[13]
Die Meinungsfreiheit wird begrenzt durch die Schranke der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Hierunter ist nach der „Kombinationsformel“ des Bundesverfassungsgerichts jede Norm zu fassen, die sich weder gegen die Meinungsfreiheit an sich noch gegen bestimmte Meinungen richtet, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf bestimmte Meinungen, zu schützenden Rechtsguts dient.[14] § 90a StGB ist nach ständiger Rechtsprechung ein solches allgemeines Gesetz und somit eine den Gesetzesvorbehalt ausfüllenden Schrankenregelung.[15]
Bei der Prüfung der Schranken-Schranken sind die Besonderheiten der Wechselwirkungslehre zu beachten.[16] Die Gerichte haben bei Auslegung und Anwendung strafrechtlicher Vorschriften die Bedeutung der Meinungsfreiheit zu beachten.[17] Hierzu gehört insbesondere eine Erfassung des Sinns der umstrittenen Äußerung und die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aus Sicht eines „unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums“. Bei den Staatsschutznormen wie § 90a StGB ist hier besonders sorgfältig zwischen zulässiger Polemik einerseits und einer Beschimpfung oder böswilligen Verächtlichmachung andererseits zu differenzieren.[18] Das Bundesverfassungsgericht überträgt die Maßstäbe seiner Schmähkritik-Rechtsprechung auf die Staatsschutzdelikte.[19] Bei der Bejahung von Schmähung  ist an dieser Stelle Zurückhaltung geboten:[20] Nicht einmal das offenkundige Anknüpfen an die Mostrich-Rhetorik der Weimarer Zeit in Verbindung mit den Aussagen „Heil dem deutschen Reich“ und „wird dereinst unser Volk und Reich in neuem Glanz erstehen“ waren nach Ansicht des Gerichts hierfür ausreichend.[21]
Die zahlreichen ablehnenden Judikate zu Verurteilungen nach § 90a StGB dürfen aber nicht dahingehend fehlinterpretiert werden, dass der Meinungsfreiheit ein grundsätzlicher Vorrang zukomme. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gilt es genau zu prüfen: handelt es sich um „eine böswillige Verächtlichmachung, die über eine – Systemkritik einschließende – Polemik hinausgeht“[22] und unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs eine Verurteilung nach § 90a StGB zu rechtfertigen vermag?
3. Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG)
Die für den sachlichen Schutzbereich der Kunstfreiheit zentrale Bestimmung des Kunstbegriffs nimmt das Bundesverfassungsgericht anhand von drei kumulativ anwendbaren Kunstbegriffen vor: formal, materiell und offen.[23] Ausgehend von dem sich daraus ergebenden weiten Schutzbereich der Kunstfreiheit ergibt sich das Konfliktpotential der von § 90a StGB erfassten Verhaltensweisen.
Einschränkungen der vorbehaltlos gewährleisteten Kunstfreiheit sind anders als Eingriffe in die Meinungsfreiheit nur auf Grundlage kollidierenden Verfassungsrechts möglich. Dies ist bei den Schutzgütern des § 90a StGB nicht unproblematisch und in der Klausur ist an dieser Stelle eine umfassende Argumentation gefragt. Die Bundesflagge betreffend ist zunächst ein Anknüpfen an Art. 22 Abs. 2 GG geboten. Da sich dessen normative Aussage allerdings auf die Festlegung der Bundesfarben beschränkt, ist er nur Ausgangspunkt der Argumentation und enthält alleine keine unmittelbare oder ausschließliche Begründung für strafrechtlichen Schutz der Bundesflagge.[24] Das Bundesverfassungsgericht sieht eine über den unmittelbaren Inhalt der Norm hinausgehende Bedeutung in der Form, dass mit dem dort vorausgesetzten Recht des Staates, sich zur Selbstdarstellung solcher Symbole zu bedienen, der Zweck einhergehe, an das Staatsgefühl der Bürger zu appellieren.[25] Das Grundgesetz nehme diese Wirkung der Flagge nicht lediglich in Kauf, vielmehr sei die Bundesrepublik als freiheitlicher Staat auf die Identifikation ihrer Bürger mit den in der Flagge versinnbildlichten Grundwerten angewiesen. Die in Art. 22 Abs. 2 GG enthaltenen Staatsfarben ständen für diese Werte und für die freiheitlich demokratische Grundordnung. Aus dieser Bedeutung ergebe sich das der Kunstfreiheit widerstreitende Schutzgut. Diene die Flagge als wichtiges Integrationsmittel, so könne ihre Verunglimpfung die für den inneren Frieden notwendige Autorität des Staates beeinträchtigen.[26]
Anknüpfend an diese Argumentation räumt das Bundverfassungsgericht auch dem Schutz der Hymne Verfassungsrang ein, da diese ebenso wie die Bundesflagge Symbol der Bundesrepublik sei.[27] Problematisch ist, dass die Hymne im Gegensatz zur Flagge nicht im Grundgesetz erwähnt ist. Vor dem Hintergrund der oben genannten Argumente und des wenig ergiebigen Wortlauts des Art. 22 Abs. 2 GG erscheint eine Verschiedenbehandlung nicht geboten, sodass auch in Fällen der Hymne oder anderer von § 90a StGB geschützter Symbole eine verfassungsimmanente Begrenzung der Kunstfreiheit zu bejahen ist.[28]
Das Bundesverfassungsgericht setzt hohe Hürden für die verfassungsrechtliche Angemessenheit von mit § 90a StGB verbundenen Eingriffen in die Kunstfreiheit.[29] Im Lichte des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG dürfe der Symbolschutz nicht zur Immunisierung des Staates gegen Kritik und Ablehnung führen.[30] Aus diesem Grund spricht eine Vermutung für den Vorrang der Kunstfreiheit und der Unzulässigkeit einer strafrechtlichen Verurteilung, solange die Kunst bei kunstspezifischer Betrachtung noch als (wenn auch überzogene) Kritik gedeutet werden kann.[31]
4. Verhältnis von Kunst und Meinungsfreiheit
Sind Kunst- und Meinungsfreiheit einschlägig, stellt sich die Frage der Spezialität. Dieses Verhältnis ist nicht unumstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat die Kunstfreiheit im Mephisto-Beschluss als „lex specialis“ gegenüber der Meinungsfreiheit eingestuft.[32] Teile des Schrifttums kritisieren die Widersprüchlichkeit der Ausführungen des Gerichts an dieser Stelle und lehnen eine Spezialität ab, mit der Folge, dass die Grundrechte nebeneinander zur Anwendung kommen.[33] Beide Ansichten sind vertretbar, nicht zu empfehlen ist die Lösung über einen Erst-Recht-Schluss, da hier die unterschiedlichen Anforderungen an die Grundrechte nicht hinreichend berücksichtigt werden.[34]
III. Ausblick
Die Berliner Entscheidung zeigt die Aktualität des „Klausurklassikers“, der dem Klausursteller vielfältigen Gestaltungsspielraum eröffnet und sich eignet klassische grundrechtliche Problemstellung in Kombination mit bereichspezifischem Wissen abzuprüfen. Vor dem Hintergrund der hohen verfassungsrechtlichen Hürden erscheint es sehr fraglich, ob die Entscheidung des AG-Tiergarten – die Anwältin des Verurteilten hat die Einlegung von Rechtsmittel angekündigt[35] –  Bestand haben wird.
 
Fußnoten:
[1] AG Berlin-Tiergarten, Urt. v. 31. 07. 2018 – 229 DS 111/17. Siehe dazu auch taz, Deutschland unten ohne , 31.07.2018 (https://www.taz.de/Strafe-fuer-Flaggen-Kuerzung/!5520585/). Das Urteil ist bisher nicht veröffentlicht.
[2] Vgl. Burkiczak, JR , 2005, 50 (51); als weiteres Delikt kommt noch § 124 OWiG in Betracht, bei dem die selben verfassungsrechtlichen Erwägungen zu Grunde zu legen sind.
[3] Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Auflage (2018), § 90a, Rdnr. 1.
[4] BVerfGE 81, 298.
[5] BVerfG, NJW , 2009, 908.
[6] BVerfG, NJW , 2012, 1273.
[7] Zum Prüfungsmaßstab Ehlers/Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, S. 310 ff.
[8] Wittreck, in: Dreier, GG-Kommentar, 3. Auflage (2013), Art. 5 III, Rdnr. 67.
[9] BVerfG, NJW , 2009, 908 (909).
[10] BVerfGE 124, 300 (320).
[11] Epping, Grundrechte, 2017, Rdnrn. 214 f.; nicht erfasst sind erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen.
[12] BVerfGE 124, 300 (320 f.).
[13] BVerfGE 82, 272 (281); Grabenwarter, Maunz/Dürig, Art. 5 Abs. 1, Rdnr. 61 (a.A. vertretbar).
[14] BVerfGE 7, 198 (209 f.).
[15] St. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht BVerfG, NJW , 2009, 908 (909); BVerfG, NJW , 2012, 1273 (1274); zum Begriff der allgemeinen Gesetze Epping (o. Fußn. 11), Rdnrn. 241 ff.
[16] Siehe zur Wechselwirkungslehre Epping (o. Fußn. 11), Rdnrn. 249 ff.
[17] So. st. Rechtsprechung seit BVerfGE 7, 198 (208 f.).
[18] BVerfG, NJW , 2009, 908 (909).
[19] Hufen, JuS , 2009, 951 (951).
[20] Vgl. Schultze-Fielitz, in: Dreier, GG-Kommentar, 3. Auflage (2013), Art. 5 I, II, Rdnr. 179.
[21] Peisner, NJW , 2009, 897 (898) und Hufen, JuS , 2009, 951 (951).
[22] BVerfG, NJW , 2009, 908 (909).
[23] Siehe dazu Epping (o. Fußn. 11), Rdnrn. 274 ff.
[24] BVerfGE 81, 278 (293).
[25] BVerfGE 81, 278 (293).
[26] BVerfGE 81, 278 (293 f.).
[27] BVerfGE 81, 298 (308).
[28] So auch m.w.N. Burkiczak, JR , 2005, 50 (51); ablehnend Gusy, JZ , 1990, 640 (641).
[29] Burkiczak, JR , 2005, 50 (51).
[30] BVerfGE 81, 278 (294).
[31] Wittreck (o. Fußn. 8), Rdnr. 59.
[32] BVerfGE 30, 173 (191 f.); daran anknüpfend Epping (o. Fußn. 11), Rdnr. 266; Wittreck (o. Fußn. 8), Rdnr. 76.
[33] So insbesondere Sachs, Verfassungsrecht II Grundrechte, 2017, S. 414.
[34] So zutreffend Kobor, JuS , 2006, 593 (596).
[35] taz, Schwaz-rot-gelbe Umgangsformen , 01.08.2018 (https://www.taz.de/!5520652/).

21.08.2018/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2018-08-21 09:43:222018-08-21 09:43:22§ 90a StGB: Klausurklassiker im Bereich der Grundrechte
Dr. Marius Schäfer

OVG Berlin-Brandenburg: „Mohammed-Karikaturen“ dürfen gezeigt werden

Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung

Sachverhalt (verkürzt)
Mit Beschluss vom 17.08.2012 (OVG 1 S 117.12) hat das OVG Berlin-Brandenburg den tags zuvor erfolgten Beschluss des VG Berlin bestätigt, wonach es der „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ nicht untersagt werden könne, bei der am 18.08.2012 angemeldeten Demonstration zu dem Thema „Der Islam gehört nicht zu Deutschland – Islamisierung stoppen“ vor den Einrichtungen dreier islamischer Moschee-Vereine sog. „Mohammed-Karikaturen“ darzubieten. Der Eilantrag der betroffenen islamischen Moschee-Vereine blieb insofern ohne Erfolg.
Rechtliche Würdigung
Gerade im Hinblick auf die hier vorliegende Problematik des Zusammentreffens unterschiedlicher Grundrechte bzw. Interessen der Beteiligten bietet sich dieser Sachverhalt ganz besonders dazu an, Gegenstand einer Examensklausur oder zumindest auch einer Anfängerklausur zu sein.
Fraglich sollte zunächst also sein, nach welchen Kriterien und nach welcher Rechtsgrundlage es der Bürgerbewegung verboten werden könnte, die angefertigten „Mohammed-Karikaturen“ im Rahmen ihrer nach § 14 I VersG angemeldeten Versammlung zu verbieten. Dies ist vor dem Hintergrund zu berücksichtigen, dass der Versammlung der grundrechtliche Schutz des Art. 8 I GG zugute kommt und dieser Schutzbereich hier unproblematisch eröffnet ist. Da es sich bei der Versammlung vor den Einrichtungen der islamischen Moschee-Vereine um eine solche „unter freiem Himmel“ handelt, findet sich die Rechtsgrundlage für einen etwaigen Eingriff im Sinne des Art. 8 II GG auch regelmäßig in § 15 I VersG. Stets zu beachten ist dabei jedoch, dass die Grundrechtsbeschränkung nach Art. 8 II GG nur im Lichte der grundlegenden Bedeutung des Art. 8 I GG auszulegen ist.[1] Demnach kann die zuständige Behörde die Durchführung der Versammlung nur dann von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn erkennbare Umstände vorliegen, die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden. Zu beachten ist dabei jedoch gleich vorweg, dass es sich bei dem Begriff der „Auflage“ in § 15 I VersG nicht um eine Nebenbestimmung im Sinne des § 36 II Nr.4 VwVfG handelt, sondern vielmehr eine eigenständige Regelung beinhaltet und damit als Verwaltungsakt (VA) zu bewerten ist.[2]
Unabhängig von der Frage, ob die betroffenen islamischen Moschee-Vereine überhaupt einen Anspruch geltend machen können, das Verbot des Zeigens der „Mohammed-Karikaturen“ durchzusetzen, ist nun zu hinterfragen, ob das Verhalten der Bürgerbewegung bei der Durchführung der Versammlung gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung verstoßen könnte. Um eine übersichtliche Darstellung zu bewahren, beschränken sich diese Ausführung auf das Tatbestandsmerkmal der „Öffentlichen Sicherheit“, welches neben der Unversehrtheit der Individualrechtsgüter sowie der grundlegenden Einrichtungen des Staates auch den Schutz der objektiven Rechtsordnung umfasst. Das OVG sowie die Vorinstanz zogen dabei die Prüfung des § 166 I StGB in Betracht, wonach das Zeigen der „Mohammed-Karikaturen“ möglicherweise als Beschimpfung von Religionsgesellschaften bzw. Weltanschauungsvereinigungen anzusehen sein könnte – eine Verletzung des § 166 I StGB machten insbes. die antragstellenden islamischen Moschee-Vereine geltend. Sollte durch das Zeigen der Karikaturen eine strafbewährte Handlung nach § 166 I StGB vorliegen, so wäre damit auch die Rechtsordnung bzw. die öffentliche Sicherheit verletzt, was nach § 15 I VersG einen Eingriff in Form eines Verbotes rechtfertigen könnte.
Das Rechtsgut des § 166 I StGB ist nach der h.M. der öffentliche Friede[3], während der Gegenstand dieser Vorschrift v.a. der Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer ist.[4] Deutlich wird somit, dass § 166 I StGB auch dem Schutz der Religionsgemeinschaften dient und in einer Abwägung mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 I GG auch Art. 4 I GG Beachtung finden muss. Geht es jedoch um die Beurteilung, ob der Tatbestand des § 166 I StGB erfüllt ist und eine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens durch das Zeigen der Karikaturen vorliegt, so darf dabei auch nicht vernachlässigt werden, dass bei der Auslegung – gerade bei strafrechtlichen Normen – werkgerechte Maßstäbe sowie eine grundrechtsfreundliche Interpretation des Sachverhaltes anzulegen sind.[5] Das OVG Berlin-Brandenburg beurteilt die „Mohammed-Karikaturen“ insoweit als Kunstwerk, sodass auch der Schutzbereich des Art. 5 III GG miteinzubeziehen und zu berücksichtigen sei. Dies führt zu der Schlussfolgerung des Gerichtes, dass, in Folge der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 166 I StGB, eine vom Schutzbereich der Kunstfreiheit erfasste Karikatur, die im Rahmen einer öffentlichen und auf Meinungsdarstellung zielenden Versammlung gezeigt wird, im Zweifel nicht dazu geeignet ist, eine Beschimpfung und somit eine strafbare Handlung darzustellen.
Im Ergebnis lässt sich ein Verbot des Zeigens der „Mohamed-Karikaturen“ demnach nicht auf einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nach § 15 I VersG i.V.m. § 166 I StGB stützen, sodass die antragsstellenden islamischen Moschee-Vereine schließlich auch keinen dementsprechenden Anspruch gelten machen können und deren Eilantrag keine Aussicht auf Erfolg hat.
Bewertung
Im Kern ging es hier insofern um die Frage, ob das Zeigen der „Mohammed-Karikaturen“ im Sinne des § 166 I StGB als Beschimpfung anzusehen ist. Legt das Gericht die einschlägigen Tatbestandsmerkmale aus, so sind insbesondere bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen und Grundrechten mehrerer Beteiligter stets grundrechtsfreundliche Interpretationen und z.B. bei Kunstwerken auch werkgerechte Maßstäbe anzulegen. Der Kunstfreiheit, als Meinungsdarstellung innerhalb der Versammlung, gab das OVG hier zu Recht den Vorrang vor dem Schutze der religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisse, da selbst eine satirische Auseinandersetzung als Inhalt einer Versammlung erlaubt sein müsse, um schließlich eine solche Kundgabe innerhalb der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und die Interessen der Versammlungsteilnehmer im Lichte des Art. 8 I GG zu würdigen.

 


[1] BVerfGE 87, 399, 407
[2] Ott/Wächtler, Gesetz über Versammlungen und Aufzüge, § 15 Rdnr. 10
[3] Fischer, § 166 Rn.2
[4] Fischer, § 166 Rn.4
[5] BVerfG, 15.07.1987 – 1 BvR 520/84

24.08.2012/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2012-08-24 19:33:502012-08-24 19:33:50OVG Berlin-Brandenburg: „Mohammed-Karikaturen“ dürfen gezeigt werden
Tom Stiebert

VG Berlin: Tiertötung als Kunst?

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das VG Berlin hat am 24.4.2012 einen Fall (24 L 113.12) entschieden, dessen Ergebnis zwar auf jeden Fall eindeutig und richtig ist, dessen dogmatische Herleitung aber zumindest zweifelhaft wirkt.
I. Sachverhalt
Es ging kurz gesagt um die Frage, ob die Tötung zweier Hundewelpen mittels Kabelbinder zulässig oder unzulässig sei. Der Sachverhalt stellte sich wie folgt dar:

„Die Antragstellerin teilte dem Veterinäramt des Antragsgegners mit Schreiben vom 17. Februar 2012 mit, dass sie die Aufführung ihrer Performance „Der Tod als Metamorphose“ am 30. April 2012 im S… plane. Sie verwies auf ihre Internetseite und auf anliegende „screenshots“, aus denen hervorging, dass sie im Rahmen einer auch musikalisch an traditionelle thailändische Kunstformen orientierten Veranstaltung im Anschluss an eine 15-minütige Meditation zunächst einen und sodann einen zweiten Hundewelpen mittels eines Kabelbinders töten wolle. Nach 2 Minuten trete jeweils die Bewusstlosigkeit eines Tieres ein und nach 5 Minuten seien die Tiere tot. Mit einem Gong und Trauermusik schließe die Performance nach weiteren 10 Minuten. Das Kunstwerk solle provozieren und erregen. Denn in Alaska würden ausgediente Schlittenhunde und in Spanien leistungsschwache Jagdhunde auf gleiche Weise zu Tode stranguliert. Das gleiche Schicksal erlitten Millionen von Hunden in China vor ihrer Schlachtung.“

II. Dogmatisch problematische Lösung des Gerichts
Die Problemlage liegt hier auf der Hand – das Töten von Wirbeltieren ist nach §§ 3 und 4 TierSchG unzulässig; jedenfalls müssen die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für ein schmerzfreies Töten vorliegen. Insbesondere ist es nach § 3 Nr. 6 TierSchG verboten, „ein Tier zu einer Filmaufnahme, Schaustellung, Werbung oder ähnlichen Veranstaltung heranzuziehen, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind“. Dem entgegen steht aber die Kunstfreiheit, die nach § 5 Abs. 3 GG geschützt ist. Nach dem offenen Kunstbegriff (siehe hierzu unseren Beitrag) muss wohl auch die hier durchzuführende Performance als Kunst anzusehen sein.
Es stellt sich damit die Frage, welche Folgen aus der Verortung der Kunstfreiheit im Grundgesetz resultieren, insbesondere weil auch der Tierschutz den Niederschlag in Art. 20a GG gefunden hat. Klausurtechnisch korrekt müsste man hier zunächst prüfen, ob der Schutzbereich der Kunstfreiheit eröffnet ist, sodann einen Eingriff durch das Verbot bejahen und schließlich auf der Rechtfertigungsebene die Abwägung mit Art. 20a GG nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz vornehmen.
Das VG Berlin scheint hier einen anderen Weg zu gehen: Es legt nur kurz dar, dass die geplante Handlung gegen den Tierschutz und insbesondere gegen das TierSchG verstößt und betrachtet sie damit als unzulässig:

„Die geplante Tötung als solche verstößt gegen die Regelung des § 1 Satz 2 TierSchG, wonach niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Der Verstoß ist gemäß § 17 Nr. 1 TierSchG strafbewehrt. Ein vernünftiger Grund für die geplante Tötung der Welpen ist auch unter Berücksichtigung der in Anspruch genommenen Kunst- und möglicherweise der Religionsfreiheit nicht anzuerkennen.“

Klarer wird diese Sichtweise des Gerichts noch, wenn man ein weiteres Urteil des KG Berlin vom 24.07.2009 ((4) 1 Ss 235/09 (150/09)) betrachtet. Auch dieses hatte einen vergleichbaren Sachverhalt zum Inhalt. Das Gericht legte hierzu dar:

„Der Senat lässt dahinstehen, ob angesichts der Regelung in § 3 Nr. 6 TierSchG, der untersagt, ein Tier zu einer Schaustellung, Werbung oder ähnlichen Veranstaltung heranzuziehen, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind, überhaupt eine Abwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem Tierschutz geboten oder ob eine solche – wie teilweise vertreten wird (vgl. Caspar aaO; Ort/Reckewell Rn 160; Pfohl Rn 36; wohl auch Metzger Rn 28 – alle aaO; LG Köln NuR 1991, 42; zur Bedeutung des Verbotskatalogs des § 3 TierSchG für die Frage der Sozialadäquanz s. auch OLG Hamm NStZ 1985, 275) – wegen dieser ausdrücklichen gesetzlichen Grenzziehung entbehrlich ist.“

Lies das Gericht hier noch offen, ob die Tötung von Tieren aufgrund der Regelung in § 3 Nr. 6 TierSchG bereits aus dem Schutzbereich der Kunstfreiheit herausgelöst werden sollte, so scheint das VG Berlin diese Ansicht nun zu teilen. Dies erscheint insbesondere deshalb problematisch, weil die offene Definition des Kunstbegriffs gemeinhin anerkannt ist und das Grundrecht schrankenlos gewährt wird.
III. Normative Begrenzung der Kunstfreiheit?
Eine vergleichbare Wertung ist dem deutschen Recht aber nicht fremd. Auch im – zu Recht – viel gescholtenen Graffiti-Urteil des BVerfG von 19854 – 2 BvR 1/84) wurde festgestellt, dass das Verfassen von Graffitis auf Grund des Verstoßes gegen diverse Strafnormen nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG erfasst ist. Auch dies ist problematisch, wird doch auch hier die Grundrechtsdogmatik entscheidend verändert und bekommt Art. 5 Abs. 3 GG einen stark normativ geprägten Inhalt, der sonst nur von Art. 14 GG bekannt ist. Aus diesen Gründen wurde das Urteil, nicht vom Ergebnis her, wohl aber von der Herleitung, stark kritisiert.
IV. Klausurtipp
Wie sollte nun also in der Klausur verfahren werden, wenn eine mögliche Verletzung der Kunstfreiheit zu prüfen ist. Optimal ist es natürlich, wenn man die hier gezeigten Problemkreise kennt. Dennoch empfiehlt es sich, der bekannten Dogmatik zu folgen und zunächst den (weiten) Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG(und zu bejahen) und danach Eingriff und Rechtfertigung zu prüfen und hierbei die praktische Konkordanz mit weiteren Grundrechten zu beachten. Hier wird man zum selben Ergebnis wie in den gezeigten Urteilen kommen, der Weg dorthin ist aber auf jeden Fall dogmatisch sauberer und wird in der Klausur auch honoriert werden.

30.04.2012/0 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-04-30 15:41:542012-04-30 15:41:54VG Berlin: Tiertötung als Kunst?
Dr. Christoph Werkmeister

Tai Chi und Kung Fu als Kunst i.S.d. Art. 5 Abs. 3 GG

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Verfassungsrecht
Das SG Mainz beschäftigte sich im Rahmen eines kürzlich erschienenen Urteils (vom 26.03.2012, Az. S 1 R 340/09) mit der Frage, inwiefern das Lehren von Tai Chi und Kung Fu Kunst darstellen kann:

Der Kläger unterrichtet in Schulen und Sporthallen die aus der chinesischen Kampfkunst abgeleiteten Bewegungsmethoden. Er hat argumentiert, er sei ein nicht versicherungspflichtiger Künstler, weil im Zentrum der von ihm gelehrten Übungen Formen stehen, die sich aus mehreren Bildern und Einzelbewegungen zusammensetzen und die Darbietungen in Gruppen mit Ballettaufführungen vergleichbar seien.
Das SG Mainz hat sich dem nicht angeschlossen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts hat der Gesetzgeber den Begriff der Kunst nicht abschließend definiert. Was als Kunst zu bewerten sei, sei […] deshalb unter Berücksichtigung […] der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu bestimmen. Danach sei Kunst das, was Ergebnis eines kreativen Prozesses sei und von der jeweiligen Gesellschaft als Kunst anerkannt werde. Bei darstellender Kunst werde zwischen den Hauptsparten Theater, Tanz und Film unterschieden. Unter Anwendung dieser Kriterien sei der vom Kläger erteilte Unterricht nach seinem Gesamtbild mehr dem Unterricht eines Fitness- und Gymnastiklehrers als der Tätigkeit eines Künstlers zuzuordnen. Es handele sich nicht um „Lehre von Kunst“, weil Thai Chi und Kung Fu überwiegend pädagogische, therapeutische, gymnastische und meditative Elemente hätten. So seien diese Bewegungsformen beispielsweise in China eine Art Volkssport, dessen Ziel es sei, auf Körper und Seele der Menschen positive Auswirkungen zu erzielen. Die Art der Bewegungsabläufe habe zwar bei beiden Ausübungsformen künstlerische Elemente. Dies sei jedoch – ähnlich wie bei der rhythmischen Sportgymnastik – nicht ausreichend, um den Unterricht oder Aufführungen von Tai Chi und Kung Fu als darstellende Kunst zu bewerten.

Im Ergebnis wurde der Thai Chi-Lehrer damit etwa wie ein Aerobiclehrer behandelt. Je nach Sachvortrag kann sich jedoch anderes ergeben. Ich gehe davon aus, dass insbesondere schauspielartige Kung Fu-Vorstellungen mit weniger Problemen unter Art. 5 Abs. 3 GG zu fassen sein könnten.

27.03.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-03-27 09:30:512012-03-27 09:30:51Tai Chi und Kung Fu als Kunst i.S.d. Art. 5 Abs. 3 GG
Dr. Stephan Pötters

Die wichtigsten Leitentscheidungen des BVerfG – Josephine Mutzenbacher (BVerfGE 83, 130)

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Schon gelesen?

Leitsätze:
1. Ein pornographischer Roman kann Kunst im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sein.
2. Die Indizierung einer als Kunstwerk anzusehenden Schrift setzt auch dann eine Abwägung mit der Kunstfreiheit voraus, wenn die Schrift offensichtlich geeignet ist, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden (§ 6 Nr. 3 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften – GjS -).
3. Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 GjS ist verfassungsrechtlich unzulänglich, weil die Auswahl der Beisitzer für die Bundesprüfstelle nicht ausreichend geregel ist, der Wesensgehaltsgrundsatz also nicht gewahrt ist.
Bedeutung:
In diesem Urteil setzt das BVerfG eindrucksvoll seine sehr weite Interpretation des Kunstbegriffs fort. Weiterhin setzt sich dieses Urteil vorbildlich mit den Anforderungen einer gerechten Abwägung im Wege praktischer Konkordanz und den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips auseinander. Die Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Schriften hatte das Grundrecht des Verlegers des Buches „Josephine Mutzenbacher. Die Geschichte einer Wienerischen Dirne“ bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Das BVerfG hält eine Indizierung mit dem Zweck des Jugendschutzes zwar für möglich, die Bundesprüfstelle hätte aber ausführen müssen, warum Sie dem Jugendschutz im Einzelfall bei der Abwägung Vorrang vor der Kunstfreiheit zukommen lässt.

26.04.2009/1 Kommentar/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2009-04-26 15:25:392009-04-26 15:25:39Die wichtigsten Leitentscheidungen des BVerfG – Josephine Mutzenbacher (BVerfGE 83, 130)

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